Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. Dezember 2009, Az. 4a O 270/08
I. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt,
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,
Sensoreinrichtungen, die auf der Retroreflexion eines Laserstrahles basieren, mit Mikrotripelrückstrahler
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die einzelnen Mikrotripel jeweils aus drei aneinander angrenzenden, quadratischen Flächen einer Würfelecke gebildet werden und die Projektionsfläche der einzelnen Mikrotripel auf die Rückstrahlerfläche jeweils ein gleichseitiges Sechseck bildet, dessen Schlüsselweite 0,002 mm bis 1,4 mm beträgt und der Laserstrahl mindestens fünf Mikrotripel auf der Rückstrahlerfläche zugleich berührt.
II. Die Beklagten zu 2) und 3) werden verurteilt,
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,
Mikrotripelrückstrahler, bei denen die einzelnen Mikrotripel jeweils aus drei aneinander angrenzenden, quadratischen Flächen einer Würfelecke gebildet werden und die Projektionsfläche der einzelnen Mikrotripel auf die Rückstrahlerfläche jeweils ein gleichseitiges Sechseck bildet, dessen Schlüsselweite 0,002 mm bis 1,4 mm beträgt,
anzubieten und/oder zu liefern,
die geeignet sind, für Sensoreinrichtungen, die auf der Retroreflexion eines Laserstrahls basieren, verwendet zu werden, bei denen der Laserstrahl mindestens fünf Mikrotripel auf der Rückstrahlerfläche zugleich berührt,
ohne im Fall des Anbietens im Angebot oder im Fall der Lieferung in den Lieferunterlagen darauf hinzuweisen, dass derartige Mikrotripelrückstrahler nicht ohne Zustimmung des Inhabers des Patents DE 197 27 XXX, derzeit A ., oder der Klägerin als ausschließlicher Lizenznehmerin in solchen Sensoreinrichtungen verwendet werden dürfen.
III. Die Beklagten zu 1) bis 3) werden verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen und Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie jeweils die vorstehend unter I. und II. bezeichneten Handlungen seit dem 14. November 1999 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflagen und Stückzahlen pro Auflage pro Werbeträger, nach Verbreitungsgebieten und Verbreitungszeiten,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und nicht-gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
IV. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 2.744,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich seit dem 21.11.2008 zu zahlen.
V. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 2.744,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich seit dem 21.11.2008 zu zahlen.
VI. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) und als Gesamtschuldner die Beklagten zu 2) und 3) jeweils verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher dem Inhaber des Patents DE 197 27 XXX Herrn A. durch die jeweils vorstehend unter I. und II. bezeichneten und vom 14. November 1999 bis zum 17.07.2009 jeweils begangenen Handlungen und der Klägerin für die nach dem 17.07.2009 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.
VII. Auf die Widerklage der Beklagten zu 1) wird die Klägerin verurteilt, der Beklagten zu 1) 2.051,00 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 03.06.2009 zu zahlen.
VIII. Im Übrigen werden die Klage und die Widerklagen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) abgewiesen.
IX. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 1/5 der Gerichtskosten. Die Beklagte zu 1) trägt 2/5 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Gerichtskosten. Die Beklagten zu 2) und 3) tragen als Gesamtschuldner 2/5 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Gerichtskosten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
X. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 EUR und für die Beklagte zu 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die jeweilige Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Patents 197 27 XXX (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Zahlung außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Eingetragener Inhaber des Klagepatents ist Herr Aa sen., der das Klagepatent am 30.06.1997 anmeldete. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 14.10.1999 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft. Die Beklagten zu 1) und 2) erhoben mit Schriftsätzen vom 05.05.2009 und 02.06.2009 vor dem Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage mit dem Antrag, das Klagepatent für nichtig zu erklären. Bislang wurde über die Nichtigkeitsklagen nicht entschieden.
Das Klagepatent bezieht sich auf eine auf der Retroreflexion eines Laserstrahles basierende Sensoreinrichtung. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:
Sensoreinrichtung, die auf der Retroreflexion eines Laserstrahles basiert, mit Mikrotripelrückstrahler,
dadurch gekennzeichnet, dass die einzelnen Mikrotripel (9) jeweils aus drei aneinander angrenzenden, quadratischen Flächen (4, 5, 6) einer Würfelecke gebildet werden und die Projektionsfläche der einzelnen Mikrotripel auf die Rückstrahlerfläche jeweils ein gleichseitiges Sechseck bildet, dessen Schlüsselweite 0,002 mm bis 1,4 mm beträgt, und dass der Laserstrahl mindestens fünf Mikrotripel auf der Rückstrahlerfläche zugleich berührt.
Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagepatentschrift stammen. Figur 2 zeigt einen Fullcube-Tripel, der jeweils aus drei angrenzenden quadratischen Flächen einer Würfelecke gebildet wird. In Figur 4 ist ein Ausschnitt eines aus Fullcube-Tripel bestehenden Retroflektors zu sehen, deren projezierte Grundfläche jeweils eine sechseckige Wabe ist.
Der Inhaber des Klagepatents, Herr A., und der Geschäftsführer der Klägerin unterzeichneten am 17.07.2009 eine Vereinbarung, mit der Herr A. der Klägerin rückwirkend auf den Anmeldetag des Klagepatents eine ausschließliche Herstellungs- und Vertriebslizenz am Klagepatent einräumte und – ebenfalls rückwirkend – alle Ansprüche aus der Verletzung des Schutzrechts durch die Beklagten abtrat. Darüber hinaus ermächtigte Herr A. mit der Vereinbarung die Klägerin, Ansprüche aus dem Klagepatent im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegen Dritte geltend zu machen.
Die Beklagte zu 1) vertreibt optoelektronische Sensoren und Barcode-Lesesysteme. Darunter befinden sich auch Reflexionslichtschranken, Lichttaster und Kunststoff-Reflektoren mit Mikro-Tripel-Struktur. Im April 2007 lieferte die Beklagte zu 1) der B GmbH auf deren Bestellung zwei Reflexionslichtschranken des Typs C 8/24.91-XXX, einen Lichttaster des Typs D 318M/P-300XXX und jeweils zwei Kunststoffreflektoren mit Mikro-Tripel-Struktur der Typen E 20×40.1, E 30×50.1 und E 40×60.1 (zusammen: angegriffene Ausführungsform). Weitere Reflektoren, die Gegenstand der Lieferung waren, sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Die angegriffenen Kunststoffreflektoren, die Reflexionslichtschranke und der Lichttaster werden von der Beklagten zu 1) in ihrem Katalog beziehungsweise in ihrem Internetauftritt beworben. Ausschnitte des Katalogs und des Internetauftritts hat die Klägerin als Kopie zur Akte gereicht. Auf die entsprechenden Anlagen K 6, K 7 und K 23 wird wegen des weiteren Inhalts Bezug genommen. Gleiches gilt für die als Anlagen K 8 und K 9 vorgelegten Datenblätter, in denen die angegriffene Reflexionslichtschranke und der beanstandeten Lichttaster näher beschrieben werden. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die Reflexionslichtschranke und den Lichttaster. Außerdem ist neben technischen Zeichnungen der angegriffenen Reflektoren auch die Mikrostruktur eines Reflektors des Typs E 20×40.1 zu sehen.
Die Beklagte zu 2), deren Geschäftsführer der Beklagten zu 3) ist, vertreibt Reflektoren, darunter in der Reihe „Mini-Reflex“ Reflektoren mit Mikro-Tripel-Struktur. Die Schlüsselweite der mit einer aus Perkin-Elmer-Pyramiden bestehenden Oberfläche ausgestatteten Reflektoren beträgt je nach Reflektortyp 1 mm oder 1.1 mm. In ihrem Katalog und in den Produktinformationen weist die Beklagte zu 2) darauf hin, dass bei Verwendung sehr dünner Lichtstrahlen zusammen mit herkömmlichen Reflektoren mit großen Prismen Störungen durch kleinste Bewegungen oder Vibrationen auftreten könnten. Daher sei es sinnvoll, Reflektoren mit kleineren Tripeln mit einer Vielzahl von Prismen auf der gleichen Fläche einzusetzen, so dass der Lichtstrahl mehrere Tripel treffe. Wegen der Einzelheiten der Produktbeschreibungen wird auf die Anlagen K 14 und K 18 Bezug genommen, in denen der Katalog und die Produktinformationen ausschnittweise in Kopie wiedergegeben sind. Die Beklagte zu 2) lieferte unter anderem die angegriffenen Kunststoff-Reflektoren an die Beklagte zu 1). Darüber hinaus erteilte die Beklagte zu 2) der F GmbH mit Email vom 22.10.2007 ein Angebot über die Lieferung eines Reflektors der Reihe Mini-Reflex mit der Bezeichnung 50×50 I (Art.-Nr. 05302510). Vorausgegangen war eine Anfrage für Reflektoren für Laserlichtschranken zur Detektion von transparentem Kunststoff/Glas, bei denen der Laserreflexionskopf einen etwa 5 mm großen Lichtfleck projiziert. Im Anschluss lieferte die Beklagte zu 2) der F GmbH 40 Stück dieser Reflektoren. Wegen der Einzelheiten der Anfrage und des Angebots wird auf die Anlage K 17 Bezug genommen. Nachfolgend ist der Retroreflektor 50×50 I in einer technischen Zeichnung wiedergegeben.
Die Klägerin sandte an die Beklagten zu 1) und 2) zusammen mit einem Klageentwurf ein auf den 16.04.2008 datiertes anwaltliches Schreiben, mit dem sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung aufforderte. Durch die Tätigkeit der von ihr beauftragten Rechts- und Patentanwälte entstanden eine 1,5 Geschäftsgebühr und die gesetzliche Kostenpauschale – bei einem Gegenstandswert von 500.000,00 EUR mithin Kosten in Höhe von 9.028,00 EUR. Von diesen Kosten macht die Klägerin nach Abtrennung des Verfahrens 4a O X/XX im vorliegenden Rechtsstreit noch die Hälfte geltend.
Mit Schreiben des von ihr beauftragten Prozessbevollmächtigten vom 20.06.2008 wies die Beklagte zu 1) die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zurück. Der Prozessbevollmächtigte und der mitwirkende Patentanwalt stellten für ihre außergerichtliche Tätigkeit jeweils eine 1,5 Geschäftsgebühr zuzüglich 20,00 EUR Kostenpauschale bei einem Gegenstandswert von 300.000,00 EUR in Rechnung, mithin insgesamt 6.904,00 EUR. Ebenso wies der von der Beklagten zu 2) beauftragte Patentanwalt mit Schreiben vom 07.05.2008 die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zurück. Für diese und nachfolgende Tätigkeiten stellte er der Beklagten zu 2) einen nach Zeitaufwand berechneten Betrag in Höhe von 2.146,00 EUR (netto), der auch Auslagen in Höhe von 56,00 EUR beinhaltet. Wegen des genauen Inhalts der Rechnung wird auf die Anlage B 5 Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte zu 1) habe die patentgemäße Erfindung unmittelbar benutzt. Sie habe erfindungsgemäße Sensoreinrichtungen hergestellt, indem sie an die B GmbH die beanstandeten Bauteile geliefert habe, die diese nur noch habe montieren müssen. Zudem habe sie die einzelnen Teile im Internet entsprechend beworben. Die Beklagte zu 2) habe die Lehre des Klagepatentanspruchs durch die Werbung für ihre Minireflex-Reflektoren und die Lieferungen an die Beklagte zu 1) und die F GmbH mittelbar verletzt. Kenntnis von der Verwendungsabsicht habe sie jedenfalls durch die Anfrage der G-GmbH gehabt. Hinsichtlich der Nichtigkeitsklagen werde sich das Klagepatent als rechtsbeständig erweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten wie in Ziffer I. bis VI. erkannt zu verurteilen,
– wobei sie mit dem Klageantrag zu I. zugleich beantragt, das Herstellen patentgemäßer Sensoreinrichtungen zu unterlassen;
– wobei sie hilfsweise zum Antrag zu I. beantragt, die Beklagte zu 1) zu verurteilen, es bei Meidung der genannten Ordnungsmittel zu unterlassen,
Laser-Reflexions-Lichttaster wie diejenigen der Baureihe H 318 Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder an diese zu liefern,
die geeignet sind, für Sensoreinrichtungen benutzt zu werden, die auf der Retroreflexion eines Laserstrahls mit Mikrotripelrückstrahlern basieren, bei denen die einzelnen Mikrotripel jeweils aus drei aneinander angrenzenden, quadratischen Flächen einer Würfelecke gebildet werden und die Projektionsfläche der einzelnen Mikrotripel auf die Rückstrahlerfläche jeweils ein gleichseitiges Sechseck bildet, dessen Schlüsselweite 0,002 mm bis 1,4 mm beträgt und der Laserstrahl mindestens fünf Mikrotripel auf der Rückstrahlerfläche zugleich berührt,
ohne Warnhinweise des Inhaltes anzugeben, dass derartige Laser-Reflexions-Lichttaster ohne Zustimmung des Inhabers des Patents DE 197 27 XXX, derzeit A sen., und/oder der Klägerin als ausschließlicher Lizenznehmerin nicht in solchen Sensoreinrichtungen verwendet werden dürfen, wobei die Warnhinweise in den Angebotsunterlagen wie dem Katalog „H electronic“ unter der Rubrik „Funktionsprinzipien“ und/oder in den Datenblättern „Laser-Reflexions-Lichttaster“ mindestens mit Schriftgröße 11 zu erfolgen haben;
– wobei der Klageantrag zu II. ohne den letzten Absatz (Warnhinweise) als Schlechthinverbot gestellt wird;
– wobei sie mit dem Klageantrag zu III. von der Beklagten zu 1) auch Angaben zu den Herstellungsmengen und Herstellungszeiten verlangt;
– wobei sie mit dem Klageantrag zu IV. beantragt, die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihr 4.514,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich seit Klagezustellung zu zahlen;
– wobei sie mit dem Klageantrag zu V. beantragt, die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihr 4.514,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich seit Klagezustellung zu zahlen;
und
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen, vorstehend unter I. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten;
hilfsweise der Klägerin zu gestatten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung auch in Form einer Bankbürgschaft abzuwenden.
Die Beklagte zu 1) beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der Beklagten zu 1) erhobene Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent DE 197 27 XXX C2 vor dem Bundespatentgericht auszusetzen,
weiterhin hilfsweise ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die durch eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft erbracht werden kann, abzuwenden.
Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent DE 197 27 XXX auszusetzen.
Mit der am 03.06.2009 zugestellten Widerklage beantragt die Beklagte zu 1),
die Klägerin zu verurteilen, an sie 3.452,00 EUR nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Mit der am 11.11.2009 zugestellten Widerklage beantragt die Beklagte zu 2),
die Klägerin zu verurteilen, an sie 1.073,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Widerklageschriftsatzes zu zahlen.
Die Klägerin tritt den Aussetzungsanträgen entgegen und beantragt,
die Widerklagen abzuweisen.
Die Beklagten bestreiten, dass die Klägerin seit Erteilung des Klagepatents ausschließliche Lizenznehmerin sei und der Patentinhaber die Ansprüche aus dem Patent der Klägerin abgetreten habe. Sie sind weiterhin der Auffassung, durch das Anbieten und Liefern von Einzelteilen wie der angegriffenen Bauteile werde das Klagepatent nicht unmittelbar verletzt. Der Lichtfleck der beanstandeten Lichtschranke könne auch so eingestellt werden, dass weniger als fünf Mikrotripel der angegriffenen Kunststoffreflektoren berührt würden. Abgesehen davon arbeite der beanstandete Lichttaster D 318M/P-300XXX ohne Reflektor und sei auch nicht geeignet, mit einem Reflektor zusammenzuarbeiten. Anhaltspunkte für die Verwendung des Lichttasters in einer Lichtschranke durch ihre Abnehmer habe die Beklagte zu 1) nicht gehabt. Ebenso wenig habe die Beklagte zu 2) Kenntnis davon, ob die Abnehmer der Beklagten zu 1) die von ihr gelieferten Reflektoren in erfindungsgemäßen Sensoreinrichtungen verwendeten. Die Werbung der Beklagten zu 1) könne ihr nicht zugerechnet werden. Abgesehen davon werde sich das Klagepatent nicht als rechtsbeständig erweisen. Das Europäische Patentamt habe für einen gleichlautenden Anspruch kein europäisches Patent erteilen wollen, weil die Erfindung nicht neu sei, jedenfalls aber nahegelegen habe.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Sie ist hinsichtlich der Beklagten zu 1) teilweise und hinsichtlich der Beklagten zu 2) und 3) überwiegend begründet. Die Widerklage der Beklagten zu 1) ist teilweise begründet. Die Widerklage der Beklagten zu 2) ist unbegründet.
A
Die Klageanträge zu I., II. und VI. gegen die Beklagte zu 1) sind teilweise begründet. Der auf die Vernichtung der Erzeugnisse gerichtete Klageantrag ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) im tenorierten Umfang Anspruch auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Auskunft und Rechnungslegung aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB, weil sie erfindungsgemäße Sensoreinrichtungen anbietet. Ein Verbot der Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen kann nicht verlangt werden. Ebenso wenig ist ein Vernichtungsanspruch aus § 140a PatG gegeben.
I.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Nach der von der Klägerin vorgelegten Lizenzvereinbarung und Abtretungserklärung vom 17.07.2009 hält die Klägerin eine ausschließliche Herstellungs- und Vertriebslizenz am Klagepatent. Weil durch die den Beklagten vorgeworfenen Verletzungshandlungen das der Klägerin eingeräumte Benutzungsrecht berührt ist, wird bereits durch die ausschließliche Lizenz die Aktivlegitimation der Klägerin für die von ihr geltend gemachten Ansprüche begründet. Abgesehen davon hat der Patentinhaber der Klägerin sämtliche Ansprüche aus einer von der Beklagten zu 1) begangenen Patentverletzung abgetreten. Insofern ist die Klägerin auch aus diesem Grund für die von ihr geltend gemachten Ansprüche, soweit sie übertragbar sind, aktivlegitimiert. Das pauschale Bestreiten der Aktivlegitimation durch die Beklagten ist angesichts der in Kopie vorgelegten Lizenzvereinbarung und Abtretungserklärung unerheblich.
II.
Das Klagepatent schützt im Patentanspruch 1 eine Sensoreinrichtung, die auf der Retroreflexion eines Laserstrahles basiert.
In der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, dass in der DE 42 40 XXX A1 ein Verfahren zur Herstellung von strukturierten Mikrotripel-Reflexflächen beschrieben werde. Die Mikrotripel seien würfelähnlich und hätten einen Durchmesser von 0,002 mm bis 0,8 mm. Gleiche Mikrotripel seien in Gruppen zusammengefasst, deren Durchmesser kleiner als 7 mm sei. Mindestens zwei Gruppen bildeten die Reflexfläche. Die JP 6-273XXX beschreibe einen Rückstrahler, der eine große Reflexionseffizienz aufweise durch Bildung einer Mehrzahl von Würfelecken, die im gemischten Zustand auf der Reflexionsfläche und mit verschiedenen Formaten angeordnet seien.
Weiterhin wird in der Klagepatentschrift ausgeführt, dass in der Sensorik Lasersensorsysteme bekannt seien, die auf Retroreflexion und Polarisationsdrehung basierten. Dazu gehörten beispielsweise Reflexlichtschranken, die mit Laserlicht und Polarisationsfilter unter Verwendung von Retroreflektoren arbeiteten. Als Retroreflektoren kämen großformatig geschliffene, teuere Glastripel, Hohlspiegel aus Metall und herkömmliche Tripelrückstrahler aus Glas oder Kunststoff zu Anwendung. Die Lichtschranke funktioniere derart, dass die Unterbrechung des retroreflektierten Laserstrahls zwischen Retroreflektor und Sender/Empfänger als binäres Signal interpretiert werde. Andere Beispiele für die Anwendung von Reflexsensorsystemen seien die Entfernungsmessung oder die Gasanalyse.
Entscheidend sei für alle genannten Systeme, einen möglichst konturscharfen retroflektierten Strahl für die Signalauswertung zu erhalten, der von Fremdlicht oder unerwünschten Reflexionsstrahlen unterscheidbar ist. Solche unerwünschten Reflexionsstrahlen bildeten sich zum Beispiel bei der Beobachtung von Glaskörpern in einer Flaschenabfüllanlage. Ebenso entständen Reflexionen auf Metall-, Lack- oder Kunststoffoberflächen wie zum Beispiel bei der sensorischen Beobachtung von Paketen in der Paketverteilung oder von Fahrzeugen in Waschanlagen.
Die Feinauflösung des Reflexsensorsystems – so die Klagepatentschrift – sei davon abhängig, dass der Retroreflektor ein konturscharfes und nicht mit Fremdstrahlung verwechselbares Signal erhalte. Um dies zu erreichen werde Laserlicht bevorzugt, jedoch habe sich gezeigt, dass herkömmliche Retroreflektoren in ausreichender Präzision zu unwirtschaftlich in der Herstellung sind oder aber den Laserstrahl nachteilig verändern, wenn sich die Lichtquelle bewegt, zum Beispiel durch Erschütterungen, wenn der Sensor an einer Maschine befestigt ist.
Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe (das technische Problem) zu Grunde, eine Sensoreinrichtung zu schaffen, durch die eine wesentliche Verbesserung der Feinabtastung des Sensorsystems durch exakte Umlenkung des Laserstrahles im Retroflektor und Rücksendung eines konturenscharfen Signals bewirkt wird.
Dies soll durch den Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:
1. Sensoreinrichtung, die auf der Retroreflexion eines Laserstrahles basiert,
2. mit Mikrotripelrückstrahler,
3. die einzelnen Mikrotripel (9) werden jeweils aus drei aneinander angrenzenden, quadratischen Flächen (4, 5, 6) einer Würfelecke gebildet und
4. die Projektionsfläche der einzelnen Mikrotripel bildet auf die Rückstrahlerfläche jeweils ein gleichseitiges Sechseck,
5. die Schlüsselweite des Sechsecks beträgt 0,002 mm bis 1,4 mm,
6. der Laserstrahl berührt mindestens fünf Mikrotripel auf der Rückstrahlerfläche zugleich.
Gegenstand des Klagepatentanspruchs ist eine Sensoreinrichtung, die auf der Retroreflektion eines Laserstrahls basiert. Solche Sensoreinrichtungen, wie sie auch im Stand der Technik bekannt waren, bestehen im Allgemeinen aus einer (Laser-) Lichtquelle, einem Retroreflektor und einem Empfänger zur Auswertung des zurückgesandten Lichtstrahls. Die erfindungsgemäße Sensoreinrichtung zeichnet sich gegenüber dem Stand der Technik durch die Gestaltung des Retroreflektors und die Abstimmung des Laserstrahls auf den Reflektor aus. Durch sie wird die in der Aufgabenstellung des Klagepatents geforderte verbesserte Feinabtastung erreicht.
Als Retroreflektor dient nach der Lehre des Klagepatentanspruchs ein Mikrotripelrückstrahler (Merkmal 2). Die einzelnen Mikrotripel werden aus würfelförmigen Full-Cubes, auch Perkin-Elmer-Pyramiden genannt, gebildet, weil ein solcher Reflektor ein Laserstrahlbündel als einen einzigen Zentralstrahlbündel zurückwirft, während andere Reflexionskörpern wie beispielsweise aus Würfeleckenabschnitten gebildete pyramidale Tripel mit mehreren getrennten Laserstrahlbündeln antworten (Sp. 3 Z. 9-19; Textstellen ohne Bezugsangaben stammen aus der Klagepatentschrift, Anlage K 1). Die Perkin-Elmer-Pyramiden sind dadurch charakterisiert, dass die einzelnen Mikrotripel jeweils aus drei aneinander angrenzenden quadratischen Flächen einer Würfelecke gebildet werden und die Projektionsfläche der einzelnen Mikrotripel auf die Rücktrahlerfläche ein gleichseitiges Sechseck bildet (Merkmal 3 und 4). Da gleichwohl die Reflexion an einer Perkin-Elmer-Pyramide für einen Strahlversatz sorgt, sind die Tripel möglichst klein zu wählen, um auch den Strahlversatz zu minimieren (vgl. Sp. 2 Z. 9-12; Sp. 3 Z. 21-27). Im Klagepatentanspruch ist daher eine Schlüsselweite von 0,002 mm bis 1,4 mm vorgesehen (Merkmal 5).
Weiterhin soll der Laserstrahl der erfindungsgemäßen Sensoreinrichtung mindestens fünf Mikrotripel zugleich auf dem Reflektor erfassen (Merkmal 6). Dadurch wird vermieden, dass durch eine Bewegung der Laserlichtquelle beispielsweise infolge von Erschütterungen oder Vibrationen das zurückgeworfene Strahlenbündel außerverhältnismäßig verändert und infolgedessen die Präzision des Sensors verringert wird. Ist der auf den Reflektor geworfene Laserstrahl kleiner als die Schlüsselweite eines Mikrotripels, erfasst er je nach Auftreffort ein, zwei oder drei Mikrotripel. Aufgrund des Strahlversatzes wird der Lichtstrahl daher etwa in gleicher Breite oder aber um 200 % oder 300 % aufgefächert zurückgesandt. Diese Größenunterschiede werden vermieden, wenn der Sendestrahl in der Form vergrößert oder die Full-Cube-Tripel verkleinert werden und dadurch von vornherein mehrere – nach der erfindungsgemäßen Lehre mindestens fünf – Mikrotripel berührt werden (vgl. Sp. 4 Z. 2-21).
III.
Sensoren, der aus der angegriffenen Reflexionslichtschranke C 8/24.91-XXX und einem der beanstandeten Kunststoffreflektoren mit Mikrotripelstruktur (E 20×40.1, E 30×50.1 und E 40×60.1) gebildet werden, verwirklichen wortsinngemäß die Lehre des Klagepatentanspruchs. Die Reflexionslichtschranke umfasst eine Laserlichtquelle und einen Empfänger zur Auswertung des zurückgesandten Lichts (Merkmal 1). Die beanstandeten Kunststoffreflektoren weisen unstreitig erfindungsgemäß geformte Mikrotripel auf, deren Schlüsselweite von 1 mm beziehungsweise 1,1 mm in dem erfindungsgemäßen beanspruchten Bereich von 0,002 mm und 1,4 mm liegt (Merkmal 2 bis 5).
Der Laserstrahl der angegriffenen Reflexionslichtschranke berührt mindestens fünf Mikrotripel auf der Reflektorfläche zugleich (Merkmal 6). Die Klägerin hat rechnerisch zutreffend und im Übrigen unbestritten vorgetragen, dass der auftreffende Laserstrahl einen Durchmesser von über 1,681 mm haben muss, damit mindestens fünf Mikrotripel mit einer Schlüsselweite von 1,1 mm berührt werden. Der Durchmesser des Lichtflecks der Reflexionslichtschranke C 8/24.91-XXX hängt nach dem im Datenblatt der Lichtschranke und in der Gebrauchsanweisung abgebildeten Diagramm (Anlage K 8) von der Fokuseinstellung und vom Abstand des Auftreffortes des Lasers – sprich: des Reflektors – zur Laserlichtquelle ab. Vor allem wenn der Focus auf geringe Abstände – im Diagramm beispielhaft auf 0,14 m und 2 m – eingestellt wird, lässt sich der Laserstrahl so stark bündeln, dass er in dem jeweiligen Abstandsbereich – im Beispiel also im Bereich um 0,14 m beziehungsweise um 2 m – einen Durchmesser unter 1,681 mm hat. Gleichwohl führt eine Platzierung der angegriffenen Reflektoren in einem geringen Abstand zur beanstandeten Laserreflexionslichtschranke nicht aus der Lehre des Klagepatentanspruchs heraus. Denn für jede Entfernung des Retroreflektors von der Laserlichtquelle bestehen Fokus-Einstellungen, bei der der Durchmesser des auftreffenden Laserlichtstrahls größer als 1,681 mm ist. Dies ist unmittelbar aus dem im Datenblatt und der Gebrauchsanweisung der Lichtschranke abgebildeten Diagramm ersichtlich, beispielsweise wenn der Focus auf 16 m eingestellt wird. Damit sind sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs verwirklicht. Dem steht nicht entgegen, dass ein solcher aus der beanstandeten Lichtschranke und den angegriffenen Reflektoren gebildeter Sensor normalerweise anders bedient wird, indem der Focus beispielsweise unmittelbar auf den Reflektor eingestellt wird und der Lichtfleck infolgedessen kleiner als 1,681 mm ist. Da der Focus bei der beanstandeten Reflexionslichtschranke einstellbar ist, bleibt die Nutzung der patentgemäßen Lehre ohne weiteres möglich. Dies genügt für eine Patentverletzung, weil die Merkmale des Patentanspruchs verwirklicht sind und die angegriffene Ausführungsform objektiv geeignet ist, die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen (BGH GRUR 2006, 399 – Rangierkatze).
IV.
Die patentgemäße Lehre wird von der Beklagten zu 1) unmittelbar benutzt im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG, indem sie die angegriffenen Sensoren, bestehend aus einer Reflexionslichtschranke C 8/24.91-XXX und den beanstandeten Kunststoffreflektoren mit Mikro-Tripel-Struktur bewirbt.
1. Die Beklagte zu 1) bietet erfindungsgemäße Sensoreinrichtungen im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG an. Der Begriff des Anbietens erfasst nicht nur ein Anbieten zum Verkauf, sondern jede Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (Schulte/Kühnen, PatG 8. Aufl.: § 9 Rn 51). Dabei muss sich das Angebot auf einen patentgemäßen Gegenstand richten. Ist der angebotene Gegenstand zur Zeit des Angebotes bereits existent und am Markt erhältlich, genügt es, wenn sich anhand des Angebotes der feilgehaltene Gegenstand zuverlässig ermitteln und an diesem sodann das Vorhandensein aller Anspruchsmerkmal feststellen lässt (Schulte/Kühnen, PatG 8. Aufl.: § 9 Rn 54). In ihrem Internetauftritt bewirbt die Beklagte zu 1) die Reflexionslichtschranke des Typs C 8/24.91-XXX (Anlage K 7), für das auch ein entsprechendes Datenblatt abrufbar ist (Anlage K 8). Auf dem Datenblatt wird – neben der eingehenden Darstellung der technischen Eigenschaften der Reflexionslichtschranke – auf separat erhältliches Zubehör hingewiesen, darunter auch auf Reflektoren und Reflexfolien. Das Datenblatt enthält die weitere Empfehlung, Reflektoren mit kleinen Tripelstrukturen des Typs H zu verwenden. Zu diesen Reflektortypen gehören auch die angegriffenen Kunststoffreflektoren E 20×40.1, E 30×50.1 und E 40×60.1. Schließlich hält die Beklagte zu 1) im Internet einen „Auswahlassistent Reflektoren“ bereit, um das passende Zubehör-Teil zum jeweiligen Gerät aussuchen zu können (Anlage K 7). Als Suchergebnis werden bei entsprechender Eingabe auch Reflektoren des Typs H angegeben, die als „Retroreflektor mit kleinen Tripeln für Laser oder Klarglasapplikationen“ beschrieben werden. Bei objektiver Betrachtung stellt die Beklagte zu 1) damit eine erfindungsgemäße Sensoreinrichtung in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereit. Denn die Reflexionslichtschranke können wirtschaftlich sinnvoll nur mit einem Reflektor verwendet werden. In ihrem Datenblatt weist die Beklagte ausdrücklich auf die Verwendung von Reflektoren hin, die in Kombination mit der beanstandeten Lichtschranke eine erfindungsgemäße Sensoreinrichtung bilden. Umgekehrt werden die beanstandeten Reflektoren unter anderem als geeignet für Laser, darunter auch die Reflexionslichtschranke C 8/24.91-XXX, beschrieben.
Dass eine erfindungsgemäße Sensoreinrichtung im funktionsfähigen Zustand bei der Beklagten zu 1) unter Umständen nicht existiert, diese vielmehr nur sämtliche Einzelteile für die Montage einer solchen Sensoreinrichtung vorhält, schadet nicht. Das Angebot kann sich auch auf Erzeugnisse beziehen, die erst noch hergestellt werden müssen. Insofern ist auch unbeachtlich, dass die Beklagte zu 1) die einzelnen Bauteile nicht selbst montiert. Denn als Herstellen kann – was im Folgenden noch näher auszuführen sein wird – auch die Lieferung aller dem patentgemäßen Erzeugnis zugehörigen Teile anzusehen sein, wenn dem Abnehmer nur die keinerlei Schwierigkeiten bereitende Zusammensetzung der erfindungsgemäßen Vorrichtung überlassen ist.
2. Obwohl die Beklagte zu 1) der B GmbH sämtliche Bauteile lieferte, die von dieser nur noch zur Sensoreinrichtung montiert werden mussten, hat die Beklagte zu 1) eine erfindungsgemäße Sensoreinrichtung nicht im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG hergestellt. Der Begriff des Herstellens umfasst die gesamte Tätigkeit, durch die das Erzeugnis geschaffen wird, vom Beginn an und beschränkt sich nicht auf den letzten, die Vollendung des geschützten Erzeugnisses unmittelbar herbeiführenden Tätigkeitsakt (BGH GRUR 1951, 452, 454 – Mülltonne II). Da aber § 10 PatG das Herstellen zur Benutzung der Erfindung geeigneter Mittel nicht verbietet und § 14 PatG einen Patentschutz für ein Element beziehungsweise eine Unterkombination der Erfindung nicht vorsieht, gilt der Grundsatz, dass Herstellungshandlungen, die sich auf Teile eines patentgemäßen Erzeugnisses einschließlich eines insoweit unfertigen Erzeugnisses beschränken, nicht nach § 9 PatG dem Patentinhaber vorbehalten sind. Erst wenn ihnen die Herstellung eines patentgemäßen Erzeugnisses mit all seinen Merkmalen nachfolgt oder ihretwegen sicher damit zu rechnen ist und auch diese Herstellung nach den Umständen des Falles, insbesondere den getroffenen oder verabredeten Vorkehrungen dem Handelnden zuzurechnen ist, kann dieser als Hersteller (auch) des patentgemäßen Produkts angesehen werden (Benkard/Scharen, PatG 10. Aufl.: § 9 Rn 34; Kraßer, Patentrecht 6. Aufl.: § 33 II. b) aa) 1.). Nach diesen Grundsätzen kann als Hersteller einer Gesamtvorrichtung auch derjenige angesehen werden, der alle dem patentgemäßen Erzeugnis zugehörigen Teile liefert und dem Abnehmer nur dessen keinerlei Schwierigkeiten bereitende Zusammensetzung überlässt (Benkard/Scharen, PatG 10. Aufl.: § 9 Rn 32; Kraßer, Patentrecht 6. Aufl.: § 33 II. b) aa) 4.; vgl. auch OLG Düsseldorf, 1984, 651 – Abschnittsweise Einzelteile-Kauf).
Im vorliegenden Fall lieferte die Klägerin der B GmbH neben anderen optoelektronischen Bauteilen zwei Reflexionslichtschranken C 8/24.91-XXX und verschiedene Reflektoren mit Mikro-Tripel-Struktur (Anlage K 5). Die Reflexionslichtschranke kann sinnvoll nur in Kombination mit einem Retroreflektor verwendet werden, der den Sendestrahl zum Empfänger der Lichtschranke zurücksendet. Dies wird auch von den Beklagten nicht bestritten. Darüber hinaus enthalten das Datenblatt und die Gebrauchsanweisung für die streitgegenständliche Reflexionslichtschranke die Empfehlung, die Lichtschranke mit Reflektoren mit kleinen Tripel-Strukturen des Typs H zu verwenden (Anlage K 8). Da die B GmbH neben dem streitgegenständlichen Lichttaster nur Reflektoren des Typs E bestellte, konnte sicher damit gerechnet werden, dass die angegriffene Lichtschranke mit einem der Reflektoren zu einer Sensoreinrichtung montiert werden sollte. Eine solche Montage kann auch der Beklagten zu 1) aufgrund der von ihr ausgesprochenen Empfehlung in dem Datenblatt und der Gebrauchsanweisung zur angegriffenen Reflexionslichtschranke zugerechnet werden.
Allerdings kann nicht sicher davon ausgegangen werden, dass die gelieferten Bauteile zu einer erfindungsgemäßen Vorrichtung montiert werden sollten. Denn die Lieferung der Beklagten zu 1) umfasste neben den drei Typen beanstandeter Kunststoffreflektoren zwei weitere Typen von Reflektoren mit Mikro-Tripel-Struktur (E 20×20 und E 50×50), von denen nicht vorgetragen ist, ob sie überhaupt die Eigenschaften eines erfindungsgemäßen Mikrotripelrückstrahlers aufweisen. Es ist nicht bekannt, ob die Mikrotripel aus drei aneinander angrenzenden quadratischen Flächen einer Würfelecke gebildet werden und die Projektion der Tripel auf die Rückstrahlerfläche einem gleichseitigen Sechseck entspricht (Merkmal 3 und 4). Ebenso wenig ist die Schlüsselweite der Tripel dieser Reflektorentypen vorgetragen (Merkmal 5), so dass auch nicht beurteilt werden kann, ob der Laser geeignet ist, mindestens fünf Mikrotripel zugleich zu berühren (Merkmal 6). Da mehr Reflektoren als Lichtschranken und -taster bestellt und geliefert wurden, ist es ebenso möglich, dass die angegriffene Reflexionslichtschranke nicht mit einem der beanstandeten Reflektoren, sondern einem der beiden anderen Reflektortypen zu einer gegebenenfalls patentfreien Sensoreinrichtung kombiniert werden sollte.
V.
Aufgrund der Benutzung der Lehre des Klagepatentanspruchs ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen:
1. Die Beklagte zu 1) ist der Klägerin gemäß § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da die Benutzung des Erfindungsgegenstands ohne Berechtigung erfolgte. Die Klägerin kann der Beklagten zu 1) nicht nur verbieten, erfindungsgemäße Sensoreinrichtungen anzubieten. Sie kann auch verlangen, es zu unterlassen, erfindungsgemäße Sensoreinrichtungen in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, da aufgrund der Angebotshandlungen eine entsprechende Erstbegehungsgefahr für ein solches Verhalten besteht.
2. Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 139 Abs. 1 und 2 PatG, weil die Beklagte zu 1) die Patentverletzung schuldhaft beging. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
3. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) im tenorierten Umfang auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus § 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Angaben zu den Herstellungsmengen und -zeiten kann die Klägerin nicht verlangen, weil der Beklagten zu 1) die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform nicht vorgeworfen werden kann.
4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vernichtung erfindungsgemäßer Sensoren aus § 140a Abs. 1 PatG. Der Vernichtungsanspruch setzt voraus, dass sich die Beklagte zu 1) im Besitz erfindungsgemäßer Sensoreinrichtungen befindet. Dies ist nicht vorgetragen und kann auch nicht ohne weiteres unterstellt werden, wenn die Montage der angebotenen Reflexionslichtschranken und Retroreflektoren mit Mikrotripelstruktur erst durch den Abnehmer selbst erfolgt.
VI.
Hinsichtlich des Lichttasters D 318M/P-300XXX kann dahinstehen, ob er im Zusammenwirken mit einem der angegriffenen Kunststoffreflektoren mit Mikro-Tripel-Struktur eine erfindungsgemäße Sensoreinrichtung bildet. Benutzungshandlungen im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG sind nicht vorgetragen.
1. Die Beklagte zu 1) hat keine erfindungsgemäßen Sensoreinrichtungen, die mit Laser-Reflexonslichttastern des Typs D 318M/P-300XXX ausgestattet sind, angeboten. Sie bietet vielmehr solche Lichttaster und die beanstandeten Reflektoren als gesonderte Einzelteile an. Dem Internetauftritt und den Katalogen der Beklagten zu 1) lässt sich nichts entnehmen, was bei objektiver Betrachtung darauf hindeutet, dass ein erfindungsgemäßer Sensor, bestehend aus dem Lichttaster und einem der beanstandeten Kunststoffreflektoren mit Mikrotripelstruktur, zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitgestellt werden soll. Anders als das Datenblatt für die beanstandete Reflexionslichtschranke enthält das Datenblatt für den Laser-Reflexionslichttaster keinen Hinweis darauf, dass Reflektoren oder Reflexfolien als separat erhältliches Zubehör für den Lichttaster erforderlich sind. Ebenso wenig wird die Verwendung von Reflektoren mit Tripelstruktur des Typs H empfohlen. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass im Internetauftritt der Beklagten zu 1) Rundhülsen der Baureihe 318 einerseits als Reflexionslichttaster und andererseits als Reflexionslichtschranke, mithin unter Verwendung eines Retroreflektors, beworben werden (Anlage K 23). Die Beklagte zu 1) hat unter zutreffendem Hinweis auf die aus dem Internetauftritt ersichtlichen Unterschiede zwischen den Grenzreichweiten und den Lichtquellen der beworbenen Rundhülsen dargelegt, dass es sich bei der als Reflexionslichtschranke verwendeten Rundhülse der Baureihe 318 um einen anderen Sensortyp handelt als bei dem Reflexionslichttaster D 318M/P-300XXX. Einzig die Beschreibung der Reflektoren mit Minitripel-Struktur im Internetauftritt der Beklagten zu 1) enthält einen Hinweis darauf, dass diese für Laser-Anwendungen verwendbar sind. Dieser allgemeine Hinweis kann nach seinem objektiven Erklärungswert jedoch nicht dahingehend verstanden werden, dass der entsprechende Reflektor mit jeglicher Laseranwendung kombiniert werden soll und kann. Entsprechend enthält der Katalog der Beklagten zu 1) ausdrücklich den konkreter gehaltenen Hinweis, dass Reflektoren mit Mikrotripelstruktur für Laser-Reflexions-Lichtschranken geeignet sind (Anlage K 6). Abgesehen davon wird der Adressat der Werbung die Suche nach der gewünschten Sensoreinrichtung nicht mit Zubehörteilen, sondern mit der Laserlichtquelle und dem Sensor beginnen. Da er anders als bei den Datenblättern für Lichtschranken im Datenblatt für den beanstandeten Lichttaster keinen Hinweis auf Reflektoren als erforderliches Zubehör erhält, wird er auch eine Kombination der beiden Bauteile nicht in Erwägung ziehen.
2. Die Beklagte zu 1) stellte durch die Lieferung der streitgegenständlichen Bauteile an die B GmbH keine erfindungsgemäßen Sensoreinrichtungen her. Zur Begründung kann ohne Einschränkung auf die Ausführungen zur Herstellungshandlung bezüglich einer aus der Reflexionslichtschranke und einem der beanstandeten Kunststoffreflektoren gebildeten Sensoreinrichtung Bezug genommen werden. Abgesehen davon kann auch im Fall einer Montage des angegriffenen Lichttasters mit einem der Reflektoren mit Mikrotripelstruktur eine solche Herstellung einer erfindungsgemäßen Sensoreinrichtung nicht der Beklagten zu 1) zugerechnet werden. Die Beklagte zu 1) hat keinerlei Vorkehrungen dafür getroffen, dass die gelieferten Bauteile in dieser Weise zusammengebaut werden. Entsprechende Hinweise in der Werbung oder in der Gebrauchsanweisung fehlen beziehungsweise sind nicht vorgetragen. Ebenso wenig greift der bestrittene und nicht weiter substantiierte Hinweis der Klägerin durch, in der Fachwelt sei bekannt, Lichttaster auch mit Retroreflektoren zu kombinieren. Dafür fehlt jeglicher Anhaltspunkt.
B
Der Hilfsantrag zum Klageantrag zu I. gegen die Beklagte zu 1) ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Der Hilfsantrag zum Klageantrag zu I. ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dafür ist erforderlich, dass der Antrag den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis erkennbar abgrenzt, Inhalt und Umfang der Rechtskraft einer Entscheidung erkennen lässt, das Risiko des Prozessverlustes nicht durch Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und die Zwangsvollstreckung aus dem beantragten Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits erwarten lässt (Zöller/Greger, ZPO 27. Aufl.: § 253 Rn 13). Durch die Anpassungen im Wortlaut des Hilfsantrags wird die angegriffene Ausführungsform nunmehr bereits durch die Aufnahme der Merkmale des Klagepatentanspruchs hinreichend konkret bestimmt. In Abgrenzung zu Laser-Reflexionslichtschranken werden mit dem Hilfsantrag nur Laser-Reflexionslichttaster angegriffen, die für die Verwendung in erfindungsgemäßen Sensoreinrichtungen geeignet sind. Die Wendung „wie diejenigen der Baureihe H 318“ im Klageantrag ist unbedenklich, weil es sich lediglich um die beispielhafte Erwähnung einer Baureihe handelt (vgl. auch Anlage K 23), zu der auch der beanstandete Lichttaster D 318M/P-300-XXX gehört. Soweit der Verbotsantrag in dieser Hinsicht zu weit gefasst ist, weil es darunter auch patentfreie Lichttaster gibt, ist dies gegebenenfalls eine Frage der Begründetheit. Auch in Bezug auf den geforderten Warnhinweis ist der Klageantrag infolge der Anpassungen nunmehr hinreichend bestimmt, da die Klägerin eine konkrete Schriftgrößer angegeben hat. Die Erwähnung des Katalogs „H electronic“ oder der Datenblätter „Laser-Reflexions-Lichttaster“ erfolgt nur beispielhaft für die im Antrag allgemein genannten Angebotsunterlagen (vgl. den Wortlaut „wie“). Die Klägerin hat auch die am Klagepatent Berechtigten nunmehr näher konkretisiert. Das „und/oder“ findet seine Rechtfertigung in dem Umstand, dass von der Art und dem Umfang der erteilten Lizenz jeweils abhängt, von wem die Einwilligung zur Patentbenutzung erteilt werden kann.
II.
Der Hilfsantrag zum Klageantrag zu I. ist jedoch unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) keine Ansprüche aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB. Der Vertrieb des angegriffenen Laser-Reflexionslichttasters stellt keine mittelbare Verletzung des Klagepatents dar. Die mittelbare Patentverletzung setzt gemäß § 10 PatG voraus, dass der Verletzer ohne Zustimmung des Patentinhabers in der Bundesrepublik Deutschland anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung in der Bundesrepublik Deutschland anbietet oder liefert, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
Ob sich die von der Beklagten zu 1) angebotenen Laser-Reflexionslichttaster auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen und objektiv geeignet sind, für die unmittelbare Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Denn es ist nicht dargelegt, dass die Laser-Reflexionslichttaster seitens der Abnehmer dazu bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Eine solche Verwendungsbestimmung ist auch nicht offensichtlich.
Die Verwendungsbestimmung spiegelt den erkennbaren Handlungswillen des Belieferten wider, der die ihm gelieferte Vorrichtung so zusammenfügen und herrichten wollen muss, dass sie patentverletzend verwendet werden kann (BGH GRUR 2001, 228 – Luftheizgerät). Der Handlungswille des Abnehmers muss im Zeitpunkt der Vornahme des Angebots oder der Lieferung des Mittels hinreichend absehbar sein. Es genügt, dass bei objektiver Betrachtung aus der Sicht des Liefernden die hinreichend sichere Erwartung besteht, dass der Abnehmer die angebotenen oder gelieferten Mittel zum patentverletzenden Gebrauch bestimmen wird (BGH GRUR 2006, 839 – Deckenheizung; GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat). Im vorliegenden Fall ist nicht hinreichend absehbar, dass die Angebotsempfänger und Abnehmer des angegriffenen Lichttasters diesen zur Benutzung einer erfindungsgemäßen Sensoreinrichtung verwenden. Denn der Lichttaster kann unstreitig auch patentfrei benutzt werden, indem er ohne einen Reflektor mit Mikrotripelstruktur verwendet oder mit einem Reflektor kombiniert wird, der nicht die patentgemäßen Eigenschaften aufweist. Allein der Umstand, dass der Abnehmer oder Angebotsempfänger gegebenenfalls weiß, dass sich das Mittel für eine patentverletzende Verwendung objektiv eignet, rechtfertigt es noch nicht, auf dessen Absicht zu einem solchen Gebrauch zu schließen (BGH GRUR 2005, 848, 852 – Antriebsscheibenaufzug). Eine Verwendungsbestimmung kann auch nicht aus der von der B GmbH aufgegebenen Bestellung gefolgert werden, da lediglich eine verschiedene Anzahl von Einzelbauteilen bestellt und geliefert wurde, ohne dass bekannt ist, wie diese verwendet werden sollten.
Die subjektive Bestimmung des Abnehmers, den angegriffenen Lichttaster in patentverletzender Art und Weise zu verwenden, ist auch nicht aus den Umständen der von der Beklagten zu 1) betriebenen Werbung und der Lieferung an die B GmbH offensichtlich. Abgesehen von den Fällen ausschließlich patentgemäß verwendbarer Mittel ist die Bestimmung zur patentverletzenden Verwendung regelmäßig insbesondere dann offensichtlich, wenn der Lieferant in einer Gebrauchsanweisung, Bedienungsanleitung oder dergleichen auf die Möglichkeit patentgemäßer Verwendung hinweist oder diese gar empfiehlt (BGH GRUR 2006, 839 – Deckenheizung; GRUR 2005, 848, 850 – Antriebsscheibenaufzug). Ist die Gebrauchsanweisung oder Bedienungsanleitung des Dritten hingegen auf einen nicht patentgemäßen Einsatz der Mittel ausgerichtet, kann Offensichtlichkeit im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG nur angenommen werden, wenn sich auf Grund konkreter Umstände die Gefahr aufdrängt, dass der Abnehmer nicht nach der Anweisung verfahren wird (BGH GRUR 2007, 679, 684 – Haubenstretchautomat). In dem von der Klägerin vorgelegten Datenblatt für den Laser-Reflexionslichttaster D 318M/P-300XXX findet sich kein Hinweis darauf, den Lichttaster mit einem Reflektor zu kombinieren. Vielmehr weist die Beklagte zu 1) in ihrem Katalog ausdrücklich darauf hin, dass bei Reflexionslichttastern anders als bei Reflexionslichtschranken der ausgehende Strahl von der abzutastenden Oberfläche des Tastobjekts selbst und nicht von einem Reflektor zurückgeworfen wird (vgl. Anlage LS 1). Allein aus der Bestellung der B GmbH drängte sich auch nicht die Gefahr auf, dass der bestellte Lichttaster abweichend von den technischen Hinweisen im Rahmen einer erfindungsgemäßen Sensoreinrichtung eingesetzt werden sollte. Die Bestellung umfasste neben zwei Reflexionslichtschranken und einem Lichttaster elf Reflektoren mit Mikrotripelstruktur. Bereits dies zeigt, dass die Lieferung nicht nur komplette Lichtschranken bestehend aus Laserlichtquelle und Sensor einerseits und Reflektor andererseits umfasste, sondern eine bestimmte Anzahl von Reflektoren auch anderweitig genutzt werden sollte. Anhaltspunkte dafür, dass trotz der Bestellung einer Reflexionlichtschranke nun auch der gelieferte Lichttaster für eine erfindungsgemäße Sensoreinrichtung verwendet werden sollte, sind nicht ersichtlich.
C
Die gegen die Beklagten zu 2) und 3) gerichteten Klageanträge zu II., III. und VI. sind weitgehend begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 2) und 3) aufgrund einer mittelbaren Patentverletzung im tenorierten Umfang Anspruch auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Auskunft und Rechnungslegung aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB, weil das Klagepatent durch die Beklagten zu 2) und 3) mittelbar verletzt wird.
I.
Durch das gegenüber der F GmbH abgegebene Angebot und die Lieferung von 40 Reflektoren des Typs 50×50 I haben die Beklagten zu 2) und 3) ebenso wie durch die Belieferung der Beklagten zu 1) mit den angegriffenen Kunststoffreflektoren die patentgemäße Erfindung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG mittelbar benutzt.
1. Bei dem Reflektor 50×50 I aus der Reihe Mini-Reflex der Beklagten zu 2) handelt es sich um ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht und objektiv geeignet ist, für eine Benutzung der patentgemäßen Lehre verwendet zu werden. Der Reflektor 50×50 I weist alle Eigenschaften eines Mikrotripelrückstrahlers einer erfindungsgemäßen Sensoreinrichtung auf. Die Mikrotripel werden aus drei aneinander angrenzenden quadratischen Flächen einer Würfelecke gebildet und ihre Projektionsfläche auf die Rückstrahlerfläche bildet jeweils ein gleichseitiges Dreieck (Merkmal 3 und 4). Aus dem Katalog der Beklagten zu 2) ergibt sich weiterhin, dass die Schlüsselweite der Mikrotripel 1 mm beträgt (Anlage K 14). Da ein Mikrotripelrückstrahler Teil der Sensoreinrichtung nach dem Klagepatentanspruch ist, stellt der Reflektor 50×50 I ein Mittel dar, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht. Im Zusammenwirken mit einer entsprechenden Laserlichtquelle und einem entsprechenden Sensor ist der Reflektor 50×50 I objektiv geeignet, zur Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Erforderlich ist lediglich, dass die Laserlichtquelle so gewählt wird, dass der Laserstrahl mindestens fünf Mikrotripel zugleich auf dem Reflektor trifft.
2. Die Beklagte zu 2) bietet Reflektoren des Typs 50×50 I an und vertreibt sie in der Bundesrepublik Deutschland. Unter anderem erfolgte eine Lieferung von 40 Reflektoren an die F GmbH, die zur Benutzung des Erfindungsgegenstands nicht berechtigt ist. Die Beklagte zu 2) lieferte die Reflektoren zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland. Denn die F GmbH hatte bereits mit der Anfrage zur Abgabe eines Angebots über die Lieferung geeigneter Reflektoren angekündigt, die Reflektoren für Laserlichtschranken verwenden zu wollen, deren Laserreflexionsköpfe einen etwa 5 mm großen Lichtfleck projizieren. Wie die Klägerin rechnerisch zutreffend und von den Beklagten unbestritten gezeigt hat, erfasst ein Laser mit einem Lichtfleck, dessen Durchmesser größer als 1,681 mm ist, immer mindestens fünf Mikrotripel mit einer Schlüsselweite von 1,1 mm. Erst Recht berührt ein Laser mit einem Durchmesser von 5 mm immer fünf oder mehr Mikrotripel mit einer Schlüsselweite von 1 mm.
3. Die Beklagte zu 2) wusste, dass die angebotenen und gelieferten Reflektoren geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Die seitens des Abnehmers zu treffende Verwendungsbestimmung wird unmittelbar aus der Anfrage vom 22.11.2007 deutlich, mit der die F GmbH erklärte, Reflektoren für eine Laserlichtschranke mit einem 5 mm großen Lasersendestrahl zu suchen (Anlage K 17). Die von der Beklagten zu 2) angebotenen und später tatsächlich gelieferten Reflektoren sollten demnach gerade in einer Sensoreinrichtung verwendet werden, die die Lehre des Klagepatentanspruchs unmittelbar und wortsinngemäß verwirklicht. Da die Anfrage der F GmbH an die Beklagte zu 2) gerichtet war, hatte diese auch Kenntnis von der Verwendungsbestimmung. Damit ergibt sich zugleich die Kenntnis von der Eignung der Reflektoren für eine erfindungsgemäße Benutzung.
4. Darüber hinaus stellen auch die von der Beklagten zu 2) an die Beklagte zu 1) gelieferten Kunststoffreflektoren der Typen E 20×40.1, E 30×50.1 und E 40×60.1 Mittel im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG dar, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen und dazu geeignet sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die beanstandeten Kunststoffreflektoren zusammen mit der angegriffenen Reflexionslichtschranke eine erfindungsgemäße Sensoreinrichtung bilden (s.o.). Diese Kunststoffreflektoren wurden von der Beklagten zu 2) zur Benutzung der Erfindung der Beklagten zu 1) und damit zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und geliefert. Dabei war es jedenfalls offensichtlich, dass die beanstandeten Reflektoren dazu geeignet und bestimmt waren, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
Die Verwendungsbestimmung spiegelt den erkennbaren Handlungswillen des Belieferten wider, der die ihm gelieferte Vorrichtung so zusammenfügen und herrichten wollen muss, dass sie patentverletzend verwendet werden kann. Offensichtlichkeit meint, dass sich die Verwendungsbestimmung für den unbefangenen Betrachter der Umstände von selbst ergibt und vernünftige Zweifel an der Bestimmung der Mittel für die Verwendung zur Benutzung der Erfindung nicht bestehen (BGH GRUR 2001, 228, 231 – Luftheizgerät). Dies hängt von den Umständen des Einzelfalls im Zeitpunkt der Angebots- oder Lieferhandlung ab. Zu ihrer Bestimmung kann auf Erfahrungen des täglichen Lebens zurückgegriffen werden unter Berücksichtigung der technischen Beschaffenheit des Mittels, der Üblichkeit seiner Verwendung, der Ausrichtung der belieferten Unternehmen oder der Anwendungshinweise des Anbieters und Lieferanten (Schulte/Kühnen, PatG 8. Aufl.: § 10 Rn 33).
Bei der Beklagten zu 2) handelt es sich um ein Fachunternehmen, das den Einsatz der von ihr angebotenen Reflektoren insbesondere für Laser-Applikationen empfiehlt. In ihrem Katalog und in den Produktinformationen weist die Beklagte zu 2) darauf hin, dass bei Verwendung sehr dünner Lichtstrahlen zusammen mit herkömmlichen Reflektoren mit großen Prismen Störungen durch kleinste Bewegungen oder Vibrationen auftreten könnten. Daher sei es sinnvoll, Reflektoren mit kleineren Tripeln mit einer Vielzahl von Prismen auf der gleichen Fläche einzusetzen, so dass der Lichtstrahl mehrere Tripel treffe (Anlagen K 14 und Anlage K 18 in der Akte 4a O X/XX). In der konkreten Angebots- und Liefersituation der Beklagten zu 2) konnte diese nicht übersehen, dass die Beklagte zu 1) die ihr gelieferten Reflektoren des Typs E als Zubehör für eine Laserlichtschranke empfiehlt und damit erfindungsgemäße Sensoreinrichtungen anbietet. Das Datenblatt, aus dem die technischen Eigenschaften der beanstandeten Reflexionslichtschranke ohne weiteres erkennbar sind, war im Internet abrufbar und konnte auch der Beklagten zu 2) nicht verborgen bleiben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ihr das Produktprogramm der Beklagten zu 1) im Wesentlichen bekannt ist, da die beiden Unternehmen eine langjährige Lieferbeziehung verbindet. Aus den untersuchten Mustern mit den verschiedenen Datumsangaben auf der Rückseite der Reflektoren (01/07 und 06/05; vgl. Anlage K 10) ist ersichtlich, dass die Reflektoren zu verschiedenen Zeitpunkten hergestellt und geliefert wurden. Zuletzt bat die Beklagte zu 1) mit Email vom 29.05.2008 um ein Angebot über die Lieferung von ca. 4.800 Stück der streitgegenständlichen Reflektoren. Aus der Bitte, die Produkte so zu wählen, dass ein Lichtstrahl mit einem Durchmesser von ca. 2-3 mm möglichst konstant reflektiert wird, wenn er über den Reflektor bewegt wird (Anlage K 19 in der Akte 4a O X/XX), ist ersichtlich, dass die Beklagte über den Einsatzzweck der von ihr gelieferten Reflektoren durchaus informiert war. Darüber hinaus kommt in der Anfrage, ob der ECOLAB Test bei der Beklagten zu 2) durchgeführt werden könne, sogar zum Ausdruck, dass die Beklagte zu 2) gegebenenfalls selbst die von ihr angebotenen Reflektoren unter den vorgegebenen Einsatzbedingungen testet. Aufgrund der langjährigen Lieferbeziehung war die Verwendungsbestimmung auch im Zeitpunkt der Lieferung an die Beklagte zu 1) offensichtlich.
Die Beklagten zu 2) und 3) können dagegen nicht einwenden, ihnen sei die Werbung der Beklagten zu 1) nicht zuzurechnen, da der Lieferant nicht für die Werbung aller seiner Abnehmer verantwortlich gemacht werden könne. Im vorliegenden Fall geht es gerade nicht um die Zurechnung von Werbung, sondern ob die Beklagte zu 2) eine wissentliche Patentgefährdung dadurch vorgenommen hat, dass sie selbst Angebotshandlungen und Lieferungen von Mitteln in Kenntnis der beabsichtigten patentverletzenden Verwendung vorgenommen hat. Das ist hier zu bejahen.
II.
Aufgrund der mittelbaren Benutzung der erfindungsgemäßen Lehre ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 2) und 3) gemäß § 139 Abs. 1 PatG grundsätzlich Anspruch auf Unterlassung der mittelbaren Benutzung. Die Beklagte zu 2) bietet an und liefert die beanstandeten Kunststoffreflektoren, ohne dazu berechtigt zu sein. Der Beklagte zu 3) ist ebenfalls persönlich zur Unterlassung verpflichtet, weil er kraft seiner Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Beklagten zu 2) im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat.
Die Klägerin kann die Unterlassung weiterer Angebots- und Lieferhandlungen jedoch nur dann verlangen, wenn diese nicht mit dem im Urteilstenor näher bezeichneten Warnhinweis versehen werden. Denn die angegriffenen Reflektoren können auch patentfrei benutzt werden, indem sie statt mit einer Laserlichtquelle mit anderen Lichtquellen kombiniert werden oder der Laserstrahl so fein ist, dass nicht fünf Mikrotripel zugleich berührt werden. Darüber hinaus ist ohne weiteres vorstellbar, dass die angegriffenen Reflektoren außerhalb jeder Sensorik verwendeten werden. Bestehen patentfreie Verwendungsmöglichkeiten, sind grundsätzlich nur eingeschränkte Verbote gerechtfertigt, die einerseits eine patentfreie Benutzung weiterhin zulassen und andererseits sicherstellen, dass ein patentverletzender Gebrauch des Gegenstands durch den Abnehmer mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen wird. Als geeignete Maßnahmen kommen Warnhinweise an die Abnehmer im tenorierten Umfang oder die Verpflichtung des Schuldners, mit seinen Abnehmern eine – gegebenenfalls vertragsstrafenbewehrte – Unterlassungsverpflichtungsvereinbarung einzugehen, in Betracht. Da aber die Forderung nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wegen der absehbaren Reaktionen der potenziellen Abnehmer wirtschaftlich einem uneingeschränkten Verbot des Vertriebs der angegriffenen Reflektoren gleichkommen kann, kann die Abgabe solcher Unterlassungserklärungen nur verlangt werden, wenn ein Warnhinweis nach den konkreten Umständen des Einzelfalls unzureichend ist. Der Anspruch auf Unterlassung des Vertriebs von Mitteln, die von den Abnehmern oder Belieferten patentverletzend benutzt werden können, solange sich die Abnehmer nicht zur Unterlassung solcher Benutzungshandlungen verpflichtet haben, setzt deshalb die Feststellung besonderer Umstände voraus (BGH GRUR 2007, 679, 685 – Haubenstretchautomat m.w.N.). Solche Umstände hat die Klägerin trotz des Hinweises in der mündlichen Verhandlung, dass statt eines Schlechthinverbots aufgrund der patentfreien Nutzungsmöglichkeiten nur ein eingeschränktes Verbot in Betracht kommt, nicht dargelegt. Vielmehr liegen Umstände vor, die gegen eine Verpflichtung sprechen, eine (strafbewehrte) Unterlassungsverpflichtung zu verlangen, da die patentfreie Benutzung der beanstandeten Reflektoren ebenso möglich und damit in gleicher Weise wahrscheinlich ist wie eine patentgemäße Verwendung. Hinzu kommt, dass der Nachweis einer patentverletzenden Benutzung von Reflektoren mit Mikrotripel-Strukur für die Klägerin nicht ausgeschlossen ist, soweit erfindungsgemäße Sensoreinrichtungen unter Verwendung solcher Reflektoren angeboten oder in Verkehr gebracht werden, wie dies beispielsweise durch die Beklagte zu 1) geschehen ist.
2. Die Klägerin kann auch die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2) und 3) aus § 139 Abs. 1 und 2 PatG verlangen. Die Beklagten begingen die Patentverletzung schuldhaft. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 2) die Schutzrechtsverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Der Beklagte zu 3) haftet persönlich aufgrund seiner Stellung im Unternehmen und weil er das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat. Soweit nicht sonstige Schadenspositionen wie etwa Kosten der Rechtsverfolgung und dergleichen im Streit stehen, ist der im Falle der mittelbaren Patentverletzung nach § 139 PatG zu ersetzende Schaden derjenige, der durch die unmittelbare Patentverletzung des Abnehmers des Mittels entsteht (BGH GRUR 2007, 679, 684 f – Haubenstretchautomat). Das bedeutet aber nicht, dass unmittelbare Verletzungshandlungen durch die Abnehmer der Beklagten zu 2) positiv festgestellt werden müssen. Vielmehr genügt es, wenn dargetan ist, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht und die Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung im Übrigen vorliegen (BGH GRUR 2006, 839, 842 – Deckenheizung; Scharen: Die Behandlung der (so genannten) mittelbaren Patentverletzung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in: GRUR 2008, 944, 948). Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall die Beklagte zu 1) als Abnehmer der Beklagten zu 2) erfindungsgemäße Sensoreinrichtungen unter Verwendung der beanstandeten Reflektoren anbietet und damit das Klagepatent unmittelbar wortsinngemäß verletzt (s.o.), besteht aufgrund des konkreten Hinweises in der Werbung der Beklagten zu 1), die Reflexionslichtschranke C 8/24.91-XXX mit Reflektoren mit Mikrotripelstruktur zu verwenden, die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die gelieferten Reflektoren für eine unmittelbar Benutzung der patentgemäßen Lehre verwendet werden. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, die Höhe des ihr zustehenden Schadensersatzes zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung ihrer Ansprüche droht.
3. Der Klägerin steht gegen die Beklagten zu 2) und 3) im tenorierten Umfang auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus § 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Einer Beschränkung der zu erteilenden Auskunft und Rechnungslegung bedarf es nicht. Ein Auskunftsanspruch kommt nicht nur in Betracht, soweit die Abnehmer der Beklagten zu 1) mit der gelieferten Vorrichtung tatsächlich die erfindungsgemäßen Sensorvorrichtungen hergestellt oder angeboten haben. Für den Auskunftsanspruch genügt es vielmehr, wenn der mittelbare Verletzer Mittel im Sinne von § 10 PatG geliefert hat, obwohl nach den gegebenen Umständen auch deren Bestimmung zur Benutzung der Erfindung zu erwarten war. Dies ermöglicht es dem Berechtigten, sich darüber Gewissheit zu verschaffen, ob die einzelnen Abnehmer tatsächlich die Erfindung benutzt haben und demgemäß die mittelbare Verletzung zu einem ersatzpflichtigen Schaden geführt hat (BGH GRUR 2007, 679, 684 f – Haubenstretchautomat). Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
D
Der Klageantrag zu IV. ist hinsichtlich der Beklagten zu 1) teilweise begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Zahlung außergerichtlich entstandener Patentanwaltskosten in Höhe von 2.744,00 EUR aus §§ 683 S. 1, 677, 679 BGB bzw. § 139 Abs. 2 PatG. Die Beklagte zu 1) hat von der Lehre des geltend gemachten Schutzanspruchs wortsinngemäß Gebrauch gemacht und ist der Klägerin zur Erstattung der mit der außergerichtlichen Rechtsverfolgung verbundenen Kosten verpflichtet.
Regelmäßig sind die Kosten einer berechtigten Abmahnung nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. aus Schadensersatzgesichtspunkten zu erstatten. Vorliegend wurde die Beklagte zu 1) durch die von der Klägerin beauftragten Rechts- und Patentanwälte mit Schreiben vom 16.04.2008 unter Beifügung eines Klageentwurfs aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung im Umfang der angekündigten Klageanträge abzugeben. Die Abmahnung war jedenfalls im Umfang der in diesem Verfahren erfolgten Verurteilung berechtigt. Sie war auch objektiv nützlich und entspricht dem mutmaßlichen Willen der Beklagten zu 1), die mit der außergerichtlichen Unterwerfung die gerichtliche Inanspruchnahme und damit verbundene höhere Kosten hätte vermeiden können.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind für die außergerichtliche Rechtsverfolgung jedoch keine Kosten in Höhe von insgesamt 9.028,00 EUR erforderlich, von denen die Hälfte im vorliegenden Verfahren und die andere Hälfte im Parallelverfahren 4a O X/XX geltend gemacht wird. Die Berechnung der Kosten begegnet keinen Bedenken, soweit die Klägerin eine 1,5 Geschäftsgebühr jeweils für einen Rechtsanwalt und einen Patentanwalt zuzüglich einer Auslagenpauschale von jeweils 20,00 EUR in Ansatz bringt. Hingegen ist ein Gegenstandswert von 500.000,00 EUR überhöht. Der Gegenstandswert von 500.000,00 EUR kann sich allenfalls auf die gegen die Beklagten zu 1) und 2) insgesamt geltend gemachten Ansprüche beziehen, was auch aus dem mit der Klageschrift vorgeschlagenen Streitwert von 500.000,00 EUR ersichtlich ist, der sich auf alle Parteien und beide Patente vor der Abtrennung des Verfahrens 4a O X/XX bezieht. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte zu 1) eine unmittelbaren Patentverletzung beging und zusammen mit den beanstandeten Reflektoren zusätzlich Reflexionslichtschranken und Laser-Reflexionslichttaster vertrieb, ist der Gegenstandswert für die Beklagte zu 1) mit 300.000,00 EUR grundsätzlich etwas höher zu bemessen als für die Beklagten zu 2) und 3) mit 200.000,00 EUR. Wird weiterhin berücksichtigt, dass die Abmahnung im Hinblick auf den Vorwurf der Herstellung erfindungsgemäßer Sensorsysteme und hinsichtlich der Beanstandung des Lichttasters D 318M/P-300XXX nicht gerechtfertigt war und ähnliche Erwägungen auch für das Parallelverfahren gelten, ist nach Auffassung der Kammer ein Gegenstandswert von 200.000,00 EUR hinsichtlich der Beklagten zu 1) angemessen. Demzufolge kann die Beklagte insgesamt 5.488,00 EUR (eine 1,5 Geschäftsgebühr zuzüglich 20,00 EUR Auslagenpauschale jeweils für einen Rechtsanwalt und einen Patentanwalt bei einem Gegenstandswert von 200.000,00 EUR) verlangen. Davon kann die Klägerin die Hälfte, mithin 2.744,00 EUR, im vorliegenden Verfahren geltend machen. Der weitergehende Zahlungsantrag gegen die Beklagte zu 1) ist unbegründet.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB, da die Klage der Beklagten zu 1) am 21.11.2008 zugestellt worden ist.
E
Der Klageantrag zu V. ist hinsichtlich der Beklagten zu 2) teilweise begründet, hinsichtlich des Beklagten zu 3) unbegründet.
Gegen die Beklagte zu 2) hat die Klägerin aus §§ 683 S. 1, 677, 679 BGB bzw. § 139 Abs. 2 PatG einen Anspruch auf Zahlung von 2.744,00 EUR. Die Beklagte zu 2) hat durch den Vertrieb der angegriffenen Reflektoren das Klagepatent mittelbar verletzt und ist der Klägerin zur Erstattung der außergerichtlich entstandenen Rechts- und Patentanwaltskosten verpflichtet, die durch die Abmahnung der Beklagten zu 2) mit Schreiben vom 16.04.2008 entstanden sind. Die Abmahnung war hinsichtlich der Beklagten zu 2) vollumfänglich berechtigt, so dass die Klägerin die Erstattung sämtlicher Kosten verlangen kann, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts und eines Patentanwalts entstanden. Bei einer 1,5 Geschäftsgebühr auf Grundlage eines Gegenstandswertes von 200.000,00 EUR und einer Kostenpauschale von 20,00 EUR belaufen sich die außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung auf insgesamt 5.488,00 EUR, von denen die Klägerin den hälftigen Betrag in Höhe von 2.744,00 EUR im vorliegenden Verfahren verlangen kann. Zur näheren Begründung des Gegenstandswertes wird auf die Ausführungen zum Zahlungsantrag gegen die Beklagte zu 1) verwiesen.
Der Beklagte zu 3) haftet jedoch nicht als Gesamtschuldner mit der Beklagten zu 2) für die Kosten der Abmahnung, da er nicht abgemahnt wurde. Dass Abmahnschreiben vom 16.04.2008 war lediglich an die Beklagten zu 1) und 2) adressiert, so dass aus der Sicht eines objektiven Dritten auch nur diese beiden Gesellschaften, nicht aber der Beklagte zu 3) zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert werden sollten. Die Klägerin bezieht sich in dem Schreiben vom 16.04.2008 zwar auf einen als Anlage beigefügten Klageentwurf. Dieser Klageentwurf liegt aber nicht vor, so dass nicht dargelegt ist, dass er mit der das hiesige Verfahren einleitenden Klageschrift übereinstimmt und bereits am 16.04.2008 feststand, dass der Beklagte zu 3) ebenfalls verklagt werden sollte.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2) Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus 2.744,00 EUR gemäß §§ 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB, da die Klage der Beklagten zu 2) am 21.11.2008 zugestellt worden ist.
F
Die Widerklage der Beklagten zu 1) ist teilweise begründet.
Die Beklagte zu 1) hat gegen die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung von 2.051,00 EUR aus § 823 Abs. 1 BGB. Durch die Abmahnung der Beklagten zu 1) hat die Klägerin rechtswidrig und schuldhaft in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin eingegriffen. Nach ständiger Rechtsprechung stellt eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (GSZ, Beschluss vom 15.07.2005, GRUR 2005, 882; BGH GRUR 2006, 219; Benkard/Scharen, PatG 10. Aufl.: vor §§ 9 bis 14 PatG Rn 15 ff m.w.N.). Bei dem Abmahnschreiben der Klägerin vom 16.04.2008 handelt es sich um eine Schutzrechtsverwarnung, die im Hinblick auf den Vorwurf der Herstellung erfindungsgemäßer Sensorsysteme und hinsichtlich der Beanstandung des Lichttasters D 318M/P-300XXX nicht gerechtfertigt war. Die Klägerin handelte insofern jedenfalls fahrlässig, da sie bei Einhaltung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt die Zuvielforderung hätte vermeiden können. Da der Verwarnte im Fall einer schuldhaft unberechtigten Schutzrechtsverwarnung Schadensersatz beziehungsweise Ersatz seiner Aufwendungen, beispielsweise für die Kosten der Prüfung der Rechtslage, verlangen kann, hat die Beklagte zu 1) dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz der ihr durch die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe entstandenen Kosten.
In der Höhe kann die Beklagte zu 1) die Zahlung von 2.051,00 EUR verlangen. Es handelt sich dabei um eine 1,5 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale von 20,00 EUR jeweils für einen Rechtsanwalt und einen Patentanwalt bei einem Gegenstandswert von 100.000,00 EUR. Auf diesen Wert bemisst die Kammer die mit der Abmahnung verbundene Zuvielforderung. Insgesamt können daher Kosten von 4.002,00 EUR verlangt werden, von denen auf das vorliegende Verfahren 2.051,00 EUR entfallen. Die darüber hinaus gehende Widerklageforderung ist unbegründet.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB. Die Widerklage ist der Klägerin am 03.06.2009 zugestellt worden. Allerdings kann die Beklagte Zinsen nur in Höhe von fünf Prozent verlangen, weil sie einen weitergehenden Antrag nicht gestellt hat.
G
Die Widerklage der Beklagten zu 2) ist unbegründet.
Die Beklagte zu 2) hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von 1.073,00 EUR aus § 823 Abs. 1 BGB. Die von der Klägerin ausgesprochene Abmahnung stellt keinen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, weil die Abmahnung gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) im vollen Umfang berechtigt war. Zur näheren Begründung wird auf die Ausführungen im Abschnitt D verwiesen.
Ein Zinsanspruch aus §§ 286, 288, 291 BGB besteht mangels Hauptforderung nicht.
H
Für eine Aussetzung des Rechtsstreits besteht kein hinreichender Anlass.
1. Die Lehre des Klagepatentanspruchs wird durch das Gebrauchsmuster DE 297 01 903 U1 (Anlage A 3 zur Anlage LS 2 bzw. Anlage NK 5) weder neuheitsschädlich vorweggenommen, noch nahegelegt. In der Entgegenhaltung A 3 / NK 5 wird eine Sensoreinrichtung, deren Laserstrahl mindestens fünf Mikrotripel auf der Rückstrahlerfläche zugleich berührt (Merkmal 6), nicht offenbart. Aus der Entgegenhaltung ergeben sich auch keine Hinweise dafür, den in der A 3 / NK 5 beschriebenen Messtechniksensor so zu gestalten, dass der Laserstrahl mindestens fünf Mikrotripel zugleich berührt.
Gegenstand der Entgegenhaltung A 3 / NK 5 ist ein Messtechnikreflektor, der sich zur Anwendung in der Sensorik, beispielsweise für Lichtschranken eignet. Der Schutzanspruch 1 der Entgegenhaltung sieht Tripel mit einer Schlüsselweite von weniger als 1,5 mm vor. In der Beschreibung der Entgegenhaltung wird dazu ausgeführt, dass durch die Verwendung kleiner Tripel der Durchmesser des veränderlichen Beobachtungslichtkegels besonders klein gewählt werden könne (S. 7 Z. 6-10 der A 3 / NK 5). Lediglich im Rahmen dieser Ausführungen wird die Verwendung eines Lasers als Beispiel für einen engen Lichtstrahl zur Bestimmung der Lageposition eines Fadens erwähnt (S. 7 Z. 12-17 der A 3 / NK 5). Die Entgegenhaltung beschreibt aber nicht, dass dieser Laserstrahl mindestens fünf Mikrotripel auf der Rücktrahlerfläche zugleich berühren soll (Merkmal 6). Dieses Merkmal kann nicht aus der Figur 3 herausgelesen werden, die einen Messtechnikreflektor mit dem maximalen Durchmesser des Beobachtungslichtkegels zeigt. Es gibt keinen Hinweis dafür, dass es sich bei diesem Lichtkegel um einen Laserstrahl handelt. Dies ist schon deswegen fernliegend, weil der Laser in der Entgegenhaltung als Beispiel für einen besonders engen Lichtstrahl beschrieben wird, der Lichtkegel aber den gesamten Reflektor ausleuchtet. Darüber hinaus beschreibt die Entgegenhaltung, dass der Sensor bei einem veränderlichen Lichtkegel vom Durchmesser Maximum bis nahe null arbeitet (S. 6 Z. 5-9 der A 3 / NK 5) beziehungsweise dessen Durchmesser beliebig verringert werden kann (S. 10 Z. 12 ff der A 3 / NK 5). Eine Begrenzung nach unten in der Form, dass der Lichtkegel mindestens fünf Fullcube-Tripel berührt, ist nicht offenbart.
Die erfindungsgemäße Lehre ist auch nicht aus der Entgegenhaltung A 3 / NK 5 selbst heraus nahegelegt. Es besteht kein Anlass, das einzelne Beispiel des Lasers in der Beschreibung der Entgegenhaltung mit deren Figur 3 zu kombinieren. Denn die Bildung möglichst kleiner Mikrotripel hat nach der Beschreibung der Entgegenhaltung den Vorteil, den Strahlversatz möglichst gering zu halten und dadurch die Positionsgenauigkeit von engen Lichtstrahlen zu erhöhen (S. 7 Z. 19 bis S. 8 Z. 2 der A 3 / NK 5). Die Anzahl der vom Laserstrahl berührten Mikrotripel hat darauf keine Auswirkungen. Die Entgegenhaltung setzt sich hingegen nicht mit dem Nachteil auseinander, den eine Bewegung des Laserstrahls auf der Reflektorfläche auf die Formstabilität des zurückgeworfenen Laserstrahls hat, und der gerade mit dem Merkmal 6 des Klagepatentanspruchs beseitigt werden soll. Es kommt vielmehr einer rückschauenden Betrachtung gleich, nunmehr das Beispiel des Lasers in der Entgegenhaltung mit der Figur 3 zu kombinieren.
2. Die Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wird nicht durch eine Kombination der A 3 / NK 5 mit einer der Entgegenhaltungen D 1 / NK 6 (Th. Schaller et al., „Mechanische Mikrostrukturierung metallischer Oberflächen), D 2 / NK 7 (Statuskolloquium des Projektes Mikrosystemtechnik) oder D 3 (WO 94/18581 A1) nahegelegt. Die Entgegenhaltungen D1 / NK 6, D 2 / NK 7 und D 3 beschreiben jeweils die Mikrotripelstruktur von Retroreflektoren. In den Entgegenhaltungen wird jedoch nicht offenbart, dass die Reflektoren in einer Sensoreinrichtung verwendet werden sollen (Merkmal 1) und der Laserstrahl der Sensoreinrichtung mindestens fünf Tripel zugleich berühren soll (Merkmal 6). Die Beklagten haben nicht dargelegt, warum der Fachmann ausgehend von diesen Entgegenhaltungen Anlass haben sollte, die Reflektoren in einer Sensoreinrichtung mit einem Laser zu verwenden, der mindestens fünf Tripel zugleich trifft. Insofern führt auch eine Kombination der Entgegenhaltung A 3 / NK 5 mit den Entgegenhaltungen D 1 / NK 6 bis D 3 nicht weiter, zumal in der A 3 / NK 5 das Merkmal 6 ebenso wenig offenbart ist.
3. Weiterhin ergibt sich die Lehre des Klagepatentanspruchs auch nicht in naheliegender Weise aus dem Gebrauchsmuster G 80 21 085 (Anlage LS 6 / NK 8) in Kombination mit der A 3 / NK 5 oder einer der Entgegenhaltungen D 1 / NK 6, D 2 / NK 7 oder D 3. Der Fachmann hat schon keinen Anlass, die LS 6 / NK 8 mit einer der anderen vier Entgegenhaltungen zu kombinieren. Nach der LS 6 / NK 8 besitzen retroreflektierende Materialien in der Regel die Eigenschaft, einfallende Lichtstrahlen nur in einem bestimmten Winkelbereich in dieselbe Richtung zurückzusenden. Da es aber Anwendungsfälle gibt, in denen diese Winkelabhängigkeit nicht hingenommen werden kann, beschäftigt sich die LS 6 / NK 8 mit der Aufgabe, einen ebenen Retroreflektor zu schaffen, bei dem die Richtungsabhängigkeit verringert ist. Dafür sieht die LS 6 / NK 8 einen Reflektor vor, deren Oberfläche mit retroreflektieren Partikeln beschichtet ist. Diese Oberfläche entspricht nicht den Merkmalen 3 bis 5 des Klagepatentanspruchs. Auch wenn offenbart wird, dass der Querschnitt des Lichtbündels wesentlich größer als die Partikel der retroreflektierenden Schicht sein soll, wird der Fachmann diese Entgegenhaltung nicht mit einer der vier Entgegenhaltungen A 3 / NK 5, D 1 / NK 6, D 2 / NK 7 oder D 3 kombinieren, da auch Tripelspiegel nach der Beschreibung der Entgegenhaltung LS 6 / NK 8 nur unter einem verringerten Winkel retroreflektive Eigenschaften haben (vgl. S. 5 der LS 6 / NK 8) und deshalb gerade eine andere Oberflächenstruktur gewollt ist.
4. Schließlich ist die Lehre des Klagepatentanspruchs nicht durch eine Kombination der DE-A-1 228 XXX (Anlage LS 8 / NK 9) mit der A 3 / NK 5 oder einer der Entgegenhaltungen D 1 / NK 6, D 2 / NK 7 oder D 3 nahgelegt. Die Entgegenhaltung LS 8 / NK 9 will die Wirksamkeit einer Lichtschranke, deren Reflektor bewegt wird, dadurch verbessern, dass Lichtquelle und Optik des Lichtsenders so ausgebildet werden, dass in der Ebene des Rückstrahlers eine Fläche ausgeleuchtet wird, die mindestens viermal so groß ist wie die wirksame Reflektorfläche. Die Entgegenhaltung offenbart jedenfalls nicht die Merkmale 1 und 3, weil nicht beschrieben wird, dass die Sensoreinrichtung auf der Retroreflexion eines Laserstrahls basiert und die Schlüsselweite der einzelnen Mikrotripel zwischen 0,002 mm und 1,4 mm beträgt. Ein Kombination der LS 8 / NK 9 mit einer der drei Entgegenhaltungen D 1 / NK 6, D 2 / NK 7 oder D 3 führt schon deswegen nicht zur erfindungsgemäßen Lehre, weil in keiner der Entgegenhaltungen die Verwendung eines Laserstrahls offenbart wird. Darüber hinaus gibt es für den Fachmann ausgehend von der Entgegenhaltung LS 8 / NK 9 keinen Anlass, die von ihr beschriebene technische Lehre mit einem Laser zu verwirklichen. Denn bei einer Anwendung eines Lasers ist eine beliebig große Auffächerung des Lichtkegels, wie sie von der LS 8 / NK 9 als technische Lehre vorgeschlagen wird, nicht möglich und für bestimmte Anwendungen auch unerwünscht. Mit dieser Begründung ist auch ein Naheliegen der erfindungsgemäßen Lehre aufgrund einer Kombination der LS 8 / NK 9 mit der A 3 / NK 5 zu verneinen.
I
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Dem von der Klägerin und der Beklagten zu 1) jeweils hilfsweise geltend gemachten Vollstreckungsschutzantrag war nicht stattzugeben, da sie die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO weder dargelegt, noch gemäß § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht haben.
Streitwert gesamt: 250.000,00 EUR
auf die Beklagte zu 1) entfallen: 150.000,00 EUR
auf die Beklagten zu 2) und 3) zusammen entfallen: 100.000,00 EUR
Für die Zahlungsanträge der Klägerin gilt § 43 Abs. 1 GKG.
Für den Hilfsantrag und die Widerklagen gilt § 45 Abs. 1 S. 3 GKG.