Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. Januar 2007, Az. 4b O 478/05
Rechtsmittelinstanz: 2 U 8/07
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,– €.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin ist alleinige und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des europäischen Patents EP 0 959 xxx (Klagepatent), als dessen Schutzstaat die Bundesrepublik Deutschland benannt ist. Das Klagepatent ist am 22.01.1997 unter Inanspruchnahme der Unionspriorität der schwedischen Anmeldung SE 9600xxx vom 25.01.1996 angemeldet worden. Die Erteilung des Patents ist am 11.12.2002 veröffentlicht worden; die deutsche Übersetzung ist am 15.02.2003 beim EPA eingegangen.
Das Klagepatent, das in der englischen Verfahrenssprache die Bezeichnung „Hydrophilic Urinary Container having a Water-containing Sachet“ trägt, betrifft einen hydrophilen Harnkatheter mit Wasser enthaltendem Beutel. Es steht in Kraft. Nachdem die Firma W GmbH gegen die Erteilung des Klagepatents Einspruch erhoben hatte, dem die Beklagte mit Schriftsatz vom 07.02.2006 beigetreten ist, hat die Einspruchsabteilung des EPA das Patent aufrechterhalten, wobei die Ansprüche entsprechend dem Hilfsantrag 1 der Klägerin geringfügig geändert wurden.
Gegenüber dem nachfolgend wiedergegebenen ursprünglichen Wortlaut von Patentanspruch 1 ist in der englischen Fassung der Begriff „wetting fluid“ – auch in zusammengesetzten Begriffen – durch „wetting liquid“ ersetzt worden:
In der deutschen Übersetzung lautet Patentanspruch 1 wie folgt, wobei es – ebenfalls auch in zusammengesetzten Begriffen – in der aufrechterhaltenen Fassung „Benetzungsflüssigkeit“ statt „Benetzungsfluid“ lautet:
Gegen die das Klagepatent in eingeschränktem Umfang aufrechterhaltende Zwischenentscheidung hat die Beklagte des Parallelverfahrens Beschwerde eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.
Vor der Klägerin, deren Eintragung als Patentinhaberin aufgrund einer Mitteilung an das EPA vom 07.11.2002 erfolgte, war die Firma ABC als Inhaberin bzw. Anmelderin des Klagepatents eingetragen. Die Übertragung ist dem EPA durch eine dahingehende Erklärung der Anmelderin mitgeteilt worden (Anlage L16).
Die Klägerin hat darüber hinaus eine Erklärung der ABC-2 vom 27./28.06.2006 über die Abtretung aller Ansprüche vom nebst Annahme durch die Klägerin vorgelegt (Anlage K10). Laut Auszug aus dem schwedischen Handelsregister (Anlage K9) vom 15.02.2002 firmiert die ABC-2 auch als ABC („Secondary Names“). Aus einem weiteren von der Klägerin vorgelegten Auszug aus dem schwedischen Handelsregister vom 09.06.2006 (Anlage K13, Übersetzung Anlage K13a) ergibt sich, dass der die Abtretungserklärung auf Seiten der ABC unterzeichnete O zum Zeitpunkt des Auszugs zeichnungsberechtigt war.
Gestützt auf das Klagepatent wendet sich die Klägerin gegen einen von der Beklagten unter der Bezeichnung „XYZ“ angebotenen Harnkatheter (angegriffene Ausführungsform), von dem sie ein Muster als Anlage K5 zur Akte gereicht hat. Die hydrophile Beschichtung der angegriffenen Ausführungsform reicht von der Spitze des Katheters bis zu dessen Ende.
Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte daher auf Unterlassung, Schadenersatz, Rechnungslegung und Vernichtung in Anspruch.
Nachdem die Klägerin ursprünglich beantragt hatte, die Beklagte auf der Grundlage des Klagepatents in der vor der Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung geltenden Fassung zu verurteilen, hat sie ihren Klageantrag nach der Änderung des Anspruchswortlauts geändert und den nunmehr gewährten Ansprüchen angepasst.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
I. die Beklagte zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu vollziehen an dem oder den jeweiligen Geschäftsführer(n) der Beklagten, zu unterlassen,
Benetzungsvorrichtungen zum Benetzen eines hydrophilen Harnkatheters vor der Verwendung mit einem Benetzungsbehältnis, das einen Benetzungsflüssigkeitsempfangsbereich definiert, wobei der Benetzungsflüssigkeitsempfangsbereich eine längliche Tasche bildet, und einem hydrophilen Harnkatheter, der ein distales Einführende aufweist und in dem Behältnis angeordnet ist, wobei in der länglichen Tasche die einführbare Länge des Harnkatheters untergebracht ist,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
die weiterhin einen Benetzungsflüssigkeitsbehälter umfassen, der eine Benetzungsflüssigkeit enthält und geöffnet werden kann, damit die Benetzungsflüssigkeit aus dem Benetzungsflüssigkeitsbehälter abgelassen werden kann und bei denen der Benetzungsflüssigkeitsbehälter in dem Benetzungsbehältnis integriert ist, wobei mindestens ein Ablassauslass des Benetzungsflüssigkeitsbehälters innerhalb der Grenzen des Benetzungsbehältnisses, außerhalb der länglichen Tasche und in einem gegenüber dem distalen Ende des Katheters angeordneten Teil des Benetzungsbehältnisses angeordnet ist, wobei der Ablassauslass des Benetzungsflüssigkeitsbehälters in Flüssigkeitsverbindung mit dem Benetzungsflüssigkeitsempfangsbereich steht und wobei durch das Öffnen des Ablassauslasses des Benetzungsflüssigkeitsbehälters die Benetzungsflüssigkeit in den Benetzungsflüssigkeitsempfangsbereich abgelassen und dadurch mindestens eine einführbare Länge des hydrophilen Harnkatheters benetzt werden kann;
2.
der Klägerin für die Zeit ab 11. Januar 2003 Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg der unter I. 1. beschriebenen Erzeugnisse zu erteilen, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber und der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse;
3.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 11. Januar 2003 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Beifügung der belege, insbesondere unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preise unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei der Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Nachfrage mitzuteilen, wann bestimmte Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten sind;
4.
die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse entsprechend I. 1. an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten und seit dem 28. Juni 2006 sowie ihr allen Schaden zu ersetzen, der der Astra AG durch die zu I.1. bezeichneten und zwischen dem 11. Januar 2003 und dem 27. Juni 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Insbesondere beantragt die Klägerin, die Beklagte zur Unterlassung gemäß I. 1. zu verurteilen, wenn sie von den Unteransprüchen 2 und/oder 6 und/oder 7 und/oder 10 und/oder 22 und/oder 23 und/oder 24 des Klagepatents Gebrauch macht; wegen des genauen Antragswortlauts wird auf den Schriftsatz vom 17.10.2006 verwiesen (Bl. 93/94 d. A.).
Die Beklagte beantragt,
1. die Klage abzuweisen;
2. hilfsweise, den Rechtsstreit auszusetzen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den gegen das Klagepatent erhobenen Einspruch;
3. weiter hilfsweise, ihr Vollstreckungsschutz zu gewähren.
Die Beklagte rügt die Aktivlegitimation der Klägerin. Sie erklärt sich mit Nichtwissen zur Vertretungsberechtigung der Personen, die die Erklärung vom 27./28.06.2006 unterzeichnet haben. Sie bestreitet den Vorwurf der Patentverletzung, da der Benetzungsflüssigkeitsempfangsbereich keine längliche Tasche sei; zudem sei nicht die einführbare Länge des Katheters in der Tasche untergebracht. Auch sei der Benetzungsflüssigkeitsbehälter nicht in dem Benetzungsbehältnis integriert. Schlüssig dargelegt sei auch nicht, dass der Benetzungsflüssigkeitsbehälters einen dem distalen Ende des Katheters gegenüberliegenden Ablassauslass aufweist; dieser sei auch nicht außerhalb der länglichen Tasche angeordnet. Überdies ist sie der Auffassung, das Klagepatent werde sich im anhängigen Einspruchsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen, was jedenfalls die Aussetzung des Rechtsstreits rechtfertige. Zu Unrecht habe die Einspruchsabteilung unter Verkennung des rechtlichen Maßstabs dem Klagepatent die in Anspruch genommene Priorität zugebilligt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Klage ist in der Sache nicht gerechtfertigt. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Schadenersatz und Vernichtung gegen die Beklagte nicht zu.
Die angegriffene Ausführungsform macht nicht von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.
I.
Das Klagepatent betrifft eine Benetzungsvorrichtung zur Benetzung von hydrophilen Harnkathetern mit einem Benetzungsbehältnis, das einen Benetzungsflüssigkeitsempfangsbereich, der einen hydrophilen Harnkatheter aufnehmen kann, und einen Benetzungsflüssigkeitsbehälter für einen hydrophilen Harnkatheter definiert, der einen Ablassauslass aufweist, der bei Ausübung eines vorbestimmten Zustandes darauf von einer geschlossenen Position in eine offene Position bewegt werden kann, damit die Benetzungsflüssigkeit aus dem Benetzungsflüssigkeitsbehälter zur Benetzung des hydrophilen Harnkatheters in den Benetzungsflüssigkeitsempfangsbereich abgelassen werden kann. Derartige Vorrichtungen sind vorbekannt und werden vornehmlich verwendet, um Patienten die wiederkehrende Selbstkatheterisierung zu ermöglichen. Zu diesem Zweck müssen die Außenflächen der Harnkatheter zum leichteren Einführen in die Urethra allgemein mit einem Gleitmittel versehen werden, wobei zwischen hydrophilen und nicht hydrophilen Harnkathetern unterschieden wird. Hydrophile Harnkatheter haben beispielsweise eine hydrophile Außenbeschichtung, die zum besseren Gleiten für eine gewisse Zeitdauer vor dem Einführen in die Urethra eines Patienten mit einer Flüssigkeit wie Wasser oder Kochsalzlösung benetzt werden sollten.
Die Klagepatentschrift erwähnt als Stand der Technik die US-Patente 5,209,726 und 3,967,728 sowie die britische Patentanmeldung GB 2,284,764 und die internationale Anmeldung WO 86/06284.
Die Klagepatentschrift kritisiert daran, dass die bisher vorgeschlagenen Vorrichtungen den Nachteil haben, dass es mit ihnen nicht oder nur schwer möglich ist, hydrophile Harnkatheter gleitfähig zu machen (Anl. K2, S. 3, Z. 34 bis S. 4, Z. 16). Die aus der US 3,967,728 und der GB 2,284,764 bekannten Anordnungen betreffen demzufolge nicht hydrophile Harnkatheter, bei denen das Gleitmittel ein Gel ist. Ein solches ist ungeeignet, um einen hydrophilen Harnkatheter gleitfähig zu machen. Die bekannten Vorrichtungen liefern keinen integrierten Vorrat an Benetzungsflüssigkeit und schon gar nicht einen solchen Vorrat zum Benetzen eines hydrophilen Harnkatheters.
Ausgehend von dem dargestellten Stand der Technik bezeichnet es das Klagepatent ausdrücklich als technisches Problem, dessen Lösung die Erfindung dienen soll, ein besseres Mittel zur Verfügung zu stellen, um hydrophile Harnkatheter gleitfähig zu machen (Anl. K2, S. 4, Z. 18-21).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Patentanspruch 1 in seiner durch die Einspruchsentscheidung eingeschränkten Fassung die Kombination folgender Merkmale vor:
1. Benetzungsvorrichtung (10; 110) zum Benetzen eines hydrophilen Harnkatheters;
1.1 die Benetzung soll vor der Verwendung des Katheters erfolgen;
2. mit einem Benetzungsbehältnis (1; 101);
2.1 das Benetzungsbehältnis (1; 101) definiert einen Benetzungsflüssigkeitsempfangsbereich (2; 102);
2.2 der Benetzungsflüssigkeitsempfangsbereich bildet eine längliche Tasche;
3. mit einem hydrophilen Harnkatheter (3; 103);
3.1 der Harnkatheter weist ein distales Einführende auf;
3.2 der Harnkatheter ist in dem Benetzungsbehältnis (1; 101) angeordnet;
3.3 in der länglichen Tasche ist die einführbare Länge des Katheters untergebracht;
4. mit einem Benetzungsflüssigkeitsbehälter (6; 106);
4.1 der Benetzungsflüssigkeitsbehälter (6; 106) enthält eine Benetzungsflüssigkeit;
4.2 der Benetzungsflüssigkeitsbehälter (6; 106) kann geöffnet werden, damit die Benetzungsflüssigkeit aus dem Benetzungsflüssigkeitsbehälter abgelassen werden kann;
4.3 der Benetzungsflüssigkeitsbehälter (6; 106) ist in das Benetzungsbehältnis (1; 101) integriert;
4.4 mindestens ein Ablassauslass des Benetzungsflüssigkeitsbehälters (6; 106) ist innerhalb der Grenzen des Benetzungsbehältnisses (1; 101) außerhalb der länglichen Tasche und in einem gegenüber dem distalen Ende des Katheters angeordneten Teil des Benetzungsbehältnisses angeordnet;
4.5 der Ablassauslass des Benetzungsflüssigkeitsbehälters (6; 106) steht in Flüssigkeitsverbindung mit dem Benetzungflüssigkeitsempfangsbereich (2; 102);
4.6 durch Öffnen des Ablassauslasses des Benetzungsflüssigkeitsbehälters kann die Benetzungsflüssigkeit in den Benetzungsflüssigkeitsempfangsbereich (2; 102) abgelassen und dadurch mindestens eine einführbare Länge des hydrophilen Harnkatheters (3; 103) benetzt werden.
Die Beschreibung des Klagepatents hebt als Vorteil der Erfindung hervor, dass sie eine sichere, kompakte, sterile und benutzerfreundliche Wegwerfbenutzungsvorrichtung für einen hydrophilen Harnkatheter bereitstellt (Anl. K2, S. 9, Z. 31 bis S. 10, Z. 8). Sie stellt dabei darauf ab, dass der Benetzungsflüssigkeitsbehälter mit dem Benetzungsbehältnis der Vorrichtung zusammen wirken kann, indem der Inhalt zur Benetzung eines hydrophilen Harnkatheters in das Benetzungsbehältnis freigegeben wird. Dies geschieht unter sauberen Bedingungen, nämlich ohne die Notwendigkeit, den Katheter, die Flüssigkeit oder die Innenfläche des Benetzungsbehältnisses zu berühren, wodurch die Gefahr der Einführung von Kontaminanten ausgeräumt oder abgeschwächt wird.
II.
Die angegriffene Ausführungsform macht nicht von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Dabei kann unterstellt werden, dass der Benetzungsflüssigkeitsempfangsbereich eine längliche Tasche bildet (Merkmal 2.2) und dass der Benetzungsflüssigkeitsbehälter in das Benetzungsbehältnis integriert ist (Merkmal 4.3), was zwischen den Parteien ebenfalls umstritten ist. Jedenfalls ist bei der angegriffenen Ausführungsform die einführbare Länge des Katheters nicht in der länglichen Tasche untergebracht (Merkmal 3.3).
Die Klagepatentschrift definiert als einführbare Länge die mit einem hydrophilen Material überzogene Länge des länglichen Schafts 18 des Katheters, die in die Harnröhre eingeführt wird (Anlage K2, S. 12 Z. 33 bis S. 13 Z. 1) und gibt nachfolgend als übliche Länge für einen männlichen Patienten – für den auch die angegriffene Ausführungsform bestimmt ist – eine Länge von 200-350 mm an (aaO., S. 13 Z. 1 bis 4). Danach ist es zur Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents erforderlich, dass nicht nur ein Teil des Katheterschaftes in der länglichen Tasche, sondern die gesamte beschichtete Länge benetzt werden kann. Auch aus dem Zusatz bei der Definition, die nicht lediglich darauf abstellt, dass die Länge mit hydrophilem Material überzogen ist, sondern dass sie auch in die Urethra des Patienten eingeführt wird, ergibt sich nichts anderes. Es ist nicht darauf abzustellen, ob die in der länglichen Tasche untergebrachte einführbare Länge für einen Teil der Patienten ausreichend ist. Da die angegriffene Ausführungsform nicht allein zu der Benutzung durch Patienten angeboten und vertrieben wird, für die die in der länglichen Tasche untergebrachte Länge ausreicht, ist der gesamte beschichtete Schaftbereich des Katheters dessen einführbare Länge. Dies folgt daraus, dass bei der Einführung eines längeren als des in der Tasche untergebrachten Stücks die mit der Erfindung verfolgten Ziels, die Handhabung zu verbessern, und dem mit hydrophilen Harnkathetern verbundenen Vorteil, dass das Einführen eines gleitfähig gemachten Katheters weniger unangenehm ist (Anlage K2, S. 4, Z. 35 bis S. 5 Z. 1), nicht erreicht würde.
Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt es für einen Gebrauch der technischen Lehre des Klagepatents nicht, dass sich in der länglichen Tasche der angegriffenen Ausführungsform eine einführbare Länge des Katheterschaftes befindet, die sich im Bereich der von der Beschreibung des Klagepatents genannten Maße bewegt.
Der Teil der einführbaren Länge des Katheterschaftes der angegriffenen Ausführungsform geht auch nicht in zu vernachlässigender Weise über die Tasche hinaus. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beschichtung von der Spitze des Katheters bis (fast) zu dessen Ende reicht. Davon ausgehend befindet sich der hydrophil beschichtete Katheterschaft im Verhältnis zur gesamten einführbaren Länge allenfalls zu etwa drei Vierteln in der länglichen Tasche. Ein nicht in der länglichen Tasche untergebrachter Abschnitt von etwa einem Viertel ist hingegen nicht von untergeordneter Bedeutung für die Benutzung des Katheters und steht der Merkmalsverwirklichung entgegen.
Die Kammer verkennt nicht, dass die Beschreibung als Vorteil der Erfindung herausstellt, dass „die einführbare Länge oder im Wesentlichen die einführbare Länge des Katheters vor dem Einführen gleitfähig gemacht wird“ (Anlage K2, S. 4, Z. 35 bis S. 5 Z. 1; Unterstreichung hinzugefügt); dies stellt keine Erweiterung der technischen Lehre des Klagepatents dar. Eine solche ist dem Klagepatent in der Gesamtschau nicht zu entnehmen. Zum einen kann bei den Längenverhältnissen der angegriffenen Ausführungsform – wie bereits dargestellt – nicht mehr die Rede von einem wesentlichen Teil der einführbaren Länge sein. Zum anderen bezieht sich die Beschreibungsstelle nicht auf die in der länglichen Tasche untergebrachte einführbare Länge, sondern auf das Gleitfähigmachen der einführbaren Länge. Schließlich definiert die Klagepatentschrift die einführbare Länge ausdrücklich (s. o.). Insbesondere hat ein etwaig in der Beschreibungsstelle enthaltenes erweiterndes Verständnis keinen Ausdruck im Patentanspruch gefunden und stünde auch nicht im Einklang mit dem Ziel der Erfindung, dem Patienten gerade eine einfache und sterile Handhabung zu ermöglichen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.
IV.
Der Streitwert wird auf 1.000.000,– € festgesetzt (§ 3 ZPO, § 63 Abs. 2 GKG).