Landgericht Düsseldorf
Teilurteil vom 31. März 2005, Az. 4 O 356/01
I. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie in der Zeit vom 9.9.1989 bis 4.7.2003
gesinterte anisotrope Permanentmagnete
in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in den Verkehr gebracht und/oder zu diesen Zwecken eingeführt oder besessen haben,
die im Wesentlichen aus 8 bis 30 Atom-% R, 2 bis 28 Atom-% B bestanden haben, wobei der Rest Fe war, und welche wenigstens 50 Volumen-% einer Phase umfasst haben, die aus wenigstens einer Verbindung des Typs Fe-B-R bestanden hat, welche bei Raumtemperatur und darüber stabil war und eine tetragonale Struktur aufgewiesen hat, wobei deren C0-Achse etwa 1,2 nm (12 Angström) war und deren A0-Achse etwa 0,8 nm (8 Angström) war, wobei R für wenigstens ein Seltenerdeelement einschließlich Yttrium steht, und welche weiterhin nicht magnetische Phasen und eine mittlere Kristallkorngröße von 1 bis 80 Mikrometer aufgewiesen haben,
und zwar unter Angabe
1.
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen nebst Anschriften der Abnehmer,
2.
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen nebst den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
3.
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
4.
des erzielten Gewinns unter Angabe der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, wobei der Gewinn nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten ausnahmsweise den vorstehend beschrieben ein Permanentmagneten zugeordnet werden,
wobei
die Angaben zu 1. und 2. jeweils unter Aufschlüsselung der einzelnen Magnettypen, Größen, Stärken, der Magnetisierungsart und der Chargennummern zu machen sind,
sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1.5.1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2.10.1990 bestehenden Grenzen beschränkt,
den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist,
der Beklagte zu 2.) nur für Benutzungshandlungen seit dem 8.1.1997 zur Rechnungslegung verpflichtet ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. bezeichneten, in der Zeit vom 9.9.1989 bis 4.7.2003 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei
sich die Verpflichtung zum Schadenersatz für die Zeit vor dem 1.5.1992 auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2.10.1990 bestehenden Grenzen beschränkt,
der Beklagte zu 2.) nur für Benutzungshandlungen seit dem 8.1.1997 zum Schadenersatz verpflichtet ist.
III. Im Umfang des den Beklagten eingeräumten Wirtschaftsprüfervorbehaltes und des gegen den Beklagten zu 2.) für die Zeit vor dem 8.1.1997 geltend gemachten Anspruchs auf Rechnungslegung und Schadenersatz wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 350.000,– € vorläufig vollstreckbar.
VI. Der Streitwert wird auf 1.022.583,76 € festgesetzt, wobei auf das Teilurteil ein Betrag von 511.291,88 € und hiervon auf den Rechnungslegungsanspruch ein Betrag von 350.000 € entfällt.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin war eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 101 xxx, das – unter Inanspruchnahme diverser japanischer Prioritäten – am 5.7.1983 in englischer Verfahrenssprache angemeldet und dessen Erteilung am 9.8.1989 bekannt gemacht wurde. Eine deutsche Übersetzung der Patentansprüche ist am 22.6.1989 veröffentlicht worden. Das Klagepatent, zu dessen Benennungsstaaten unter anderem die Bundesrepublik Deutschland und die Niederlande gehört haben, ist am 4.7.2003 nach Ablauf der gesetzlichen Schutzdauer erloschen.
Patentanspruch 11 des Klagepatents hat nach Durchführung eines Einspruchsbeschwerdeverfahrens folgende Fassung erhalten:
„Gesinterter, anisotroper Permanentmagnet, welcher im Wesentlichen aus 8 bis 30 Atom-% R, 2 bis 28 Atom-% B besteht und wobei der Rest Fe ist, und welcher wenigstens 50 Volumen-% einer Phase umfasst, welche aus wenigstens einer Verbindung des Typs Fe-B-R, welche bei Raumtemperatur und darüber stabil ist und eine tetragonale Struktur aufweist, besteht, wobei deren CO-Achse etwa 1,2 nm (12 Angström) ist und deren A0-Achse etwa 0,8 nm (8 Angström) ist, wobei R für wenigstens ein Seltenerdeelement einschließlich Yttrium steht, und welcher weiterhin nichtmagnetische Phasen und eine mittlere Kristall-Korngröße von 1 bis 80 Mikrometer aufweist.“
Gegen den deutschen Teil des Klagepatents sind beim Bundespatentgericht zwei Nichtigkeitsklagen anhängig, über die derzeit noch nicht entschieden ist.
Die Beklagte zu 3.) ist eine Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, die gesetzlich von dem Beklagten zu 4.) vertreten wird. Die Beklagte zu 1.) war als deutsche Vertriebsgesellschaft tätig und befand sich bei Erhebung der Klage in Liquidation, wobei deren vormaliger Geschäftsführer (der Beklagte zu 2.), als Liquidator bestellt war. Zwischenzeitlich ist die Beklagte zu 1.) gelöscht.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sämtliche Beklagten durch Angebot und Vertrieb patentverletzender Magnete den deutschen Teil des Klagepatents und die Beklagten zu 3.) und 4.) darüber hinaus den niederländischen Teil des Klagepatents widerrechtlich benutzt haben. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagten dementsprechend auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadenersatz in Anspruch.
Mit Beschluss vom 3.2.2005 ist der Rechtsstreit, soweit er den niederländischen Teil des Klagepatents betrifft, bis zur Entscheidung des EuGH in dem Vorabentscheidungsverfahren C-4/03 ausgesetzt worden. Mit Bezug auf den deutschen Teil des Klagepatents haben die Parteien den Unterlassungsanspruch wegen des zwischenzeitlichen Schutzrechtsablaufs übereinstimmend – und mit wechselseitigen Kostenanträgen – für in der Hauptsache erledigt erklärt. Die Klägerin verfolgt insoweit noch ihre Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadenersatz weiter.
Zur Begründung stützt sie sich zunächst auf zwei bei der Beklagten zu 1.) im Jahre 2000 durchgeführte Testkäufe. Der erste betrifft eine Lieferung an die TU X, Reaktorstation, vom 4.5.2000 (Anlage K 21). Durchgeführte Analysen – so behauptet die Klägerin – hätten ergeben, dass der gelieferte Magnet wortsinngemäß den Vorgaben von Patentanspruch 11 des Klagepatents entsprochen habe. Der Seltenerdeanteil habe 14,7 Atom-% betragen (0,09 % Pr, 11,34 % Nd, 2,15 % Dy, 0,59 % Tb), Bor sei mit einem Anteil von 7,02 Atom-% und Eisen mit einem Anteil von 75,01 Atom-% vorhanden gewesen. Die C0-Achse habe 1,221 nm und die A0-Achse 0,88 nm betragen. Die zweite Testlieferung an das Ingenieurbüro Dr. Fleischmann (Anlage K 40) habe einen Magneten zum Gegenstand gehabt, bei dem der Seltenerdeanteil 14,7 Atom-%, der Boranteil 6,6 Atom-% und der Eisenanteil 74,6 Atom-% ausgemacht habe. Die C0-Achse habe 1,2 nm und die A0-Achse 0,8 nm betragen.
Ihren Verletzungsvorwurf gründet die Klägerin des Weiteren auf einen von den Beklagten zu 1.) und 3.) verteilten Produktkatalog mit dem Titel „Ihr Weg zur Magnetperfektion ….“ (Anlage K 9). Dem Katalog (Seiten 17, 19) sind die nachfolgend eingeblendeten Inhalte entnommen, wobei die Tabelle – von oben nach unten – folgende Magnete betrifft: BM 22, BM 30, BM 33, BM 35, BM 38, BM 40, BM 42, BM 45, BM 27 M, BM 30 M, BM 93 M, BM 35 M, BM 38 M, BM 40 M, BM 27 H, BM 30 H, BM 33 H, BM 35 H, BM 38 H, BM 40 H, BM 27 SH, BM 30 SH, BM 33 SH, BM 35 SH, BM 38 SH, BM 27 UH, BM 30 UH, BM 33 UH, BM 27 EH.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die für die beworbenen Seltenerdemagnete ausgewiesenen technischen Daten den sicheren Schluss darauf zuließen, dass mit jedem von ihnen die technische Lehre des Patentanspruchs 11 benutzt werde.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt, jedoch ohne den den Beklagten eingeräumten Wirtschaftsprüfervorbehalt und mit der Maßgabe, dass der Beklagte zu 2.) für die Zeit seit dem 9.9.1989 zur Rechnungslegung und zum Schadenersatz verpflichtet ist.
Die Beklagten beantragen,
1.
die (auf den deutschen Teil des Klagepatents gestützte) Klage abzuweisen,
2.
hilfsweise,
a)
festzustellen, dass sie (die Beklagten) eine lediglich leichte Fahrlässigkeit trifft,
b)
den Rechtsstreit bis zur Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des Klagepatents anhängigen Nichtigkeitsverfahren auszusetzen.
Die Beklagten bestreiten den gegen sie erhobenen Vorwurf der Patentverletzung. Es treffe nicht zu, dass die von der Klägerin untersuchten und im Rechtsstreit vorgelegten Permanentmagnete aus Lieferungen der Beklagten zu 1) stammten. Die vorgetragenen Analyseergebnisse seien deshalb für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich. Ebensowenig lasse sich aus den Angaben des Produktkataloges darauf schließen, dass sämtliche Merkmale von Patentanspruch 11 des Klagepatents verwirklicht seien. Eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1.) scheide ohnehin deshalb aus, weil sie sich bereits bei Klageerhebung in Liquidation befunden und ihre werbende Tätigkeit vollständig eingestellt habe. Der Beklagte zu 2.) sei erst am 8.1.1997 zum Geschäftsführer der Beklagten zu 1.) bestellt worden. Etwaige Verbietungsrechte der Klägerin seien zudem erschöpft. In diesem Zusammenhang verweisen die Beklagten darauf, dass sie die von ihnen vertriebenen Permanentmagnete unter anderem von der A- Technology Co. und von der B- Co. Ltd. beziehe, wobei im letztgenannten Fall die C- Industries Inc. das Herstellerunternehmen sei. Zumindest – so meinen die Beklagten – sei jedoch der Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil sich der deutsche Teil des Klagepatents in den anhängigen Nichtigkeitsverfahren aller Voraussicht nach als nicht rechtsbeständig erweisen werde. Gegenüber dem vorbekannten Stand der Technik fehle es dem geltend gemachten Patentanspruch an der erforderlichen Erfindungshöhe.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung eines Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.7.2002 (GA II 268 bis 269), das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Professor Dr. D, vom 13.6.2004 (GA II 390 bis 450) und die Niederschrift über die mündliche Anhörung des Sachverständigen vom 3.2.2005 (GA III 558 bis 584) verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Nachdem der Rechtsstreit, soweit er den niederländischen Teil des Klagepatents betrifft, ausgesetzt und die Schutzdauer des deutschen Teils des Klagepatents zwischenzeitlich abgelaufen ist, weswegen die Parteien den diesbezüglichen Unterlassungsanspruch übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist vorliegend allein noch darüber zu befinden, ob der Klägerin gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadenersatz wegen Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents zustehen. Das Klagebegehren erweist sich insoweit als überwiegend begründet, weil die Beklagten mit dem als Anlage K 9 vorgelegten Produktkatalog Permanentmagnete in der Bundesrepublik Deutschland angeboten haben, die wortsinngemäß von der technischen Lehre des Patentanspruchs 11 Gebrauch machen. Abzuweisen ist die Klage lediglich insoweit, als den Beklagten hinsichtlich ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und ihrer Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen und der Beklagte zu 2.) erst für Benutzungshandlungen seit dem 8.1.1997 zur Rechnungslegung und zum Schadenersatz verpflichtet ist. Anlass, den (den deutschen Teil des Klagepatents betreffenden) Rechtsstreit im Hinblick auf die anhängigen Nichtigkeitsklagen auszusetzen, besteht nicht.
I.
Das Klagepatent betrifft mit seinem im Rechtsstreit geltend gemachten Anspruch 11 gesinterte anisotrope Permanentmagnete, die sich in vorteilhafter Weise dadurch auszeichnen, dass sie bei außerordentlich geringer Größe ein hohes Maß an Leistungsfähigkeit besitzen, was sie in besonderem Maße auf Gebieten einsetzbar macht, auf denen (wie bei Handys) eine Tendenz zur Miniaturisierung besteht.
Im Einzelnen stellt Patentanspruch 11 die Kombination folgender Merkmale unter Schutz:
(1) Der Permanentmagnet ist
(a) gesintert,
(b) anisotrop
u n d
(c) weist eine mittlere Kristallkorngröße von 1 bis 80 Mikrometer auf.
(2) Der Permanentmagnet umfasst
(a) wenigstens 50 Volumen-% einer Phase, die aus wenigstens einer Verbindung des Typs Fe-B-R besteht,
s o w i e
(b) weiterhin nicht–magnetische Phasen.
(3) Die Verbindung des Typs Fe-B-R
(a) ist bei Raumtemperatur und darüber stabil
u n d
(b) weist eine tetragonale Struktur auf.
(4) Die tetragonale Struktur ist derart, dass
(a) ihre C0-Achse etwa 1,2 nm (12 Angström)
u n d
(b) ihre A0-Achse etwa 0,8 nm (8 Angström) beträgt.
(5) Der Permanentmagnet besteht im Wesentlichen aus
(a) 8 bis 30 Atom-% R, wobei R für wenigstens ein Seltenerdeelement einschließlich Yttrium steht,
(b) 2 bis 28 Atom-% B (Bor)
u n d
(c) im Rest aus Fe (Eisen).
II.
Die Klägerin steht mit Recht auf dem Standpunkt, dass die Beklagten Permanentmagnete mit den vorstehend beschriebenen Merkmalen in der Bundesrepublik Deutschland widerrechtlich vertrieben haben.
Für diese Feststellung kann dahin stehen, ob der Inhalt des gemeinsamen Produktkataloges der Beklagten zu 1.) und 3.) einem durchschnittlichen Werbungsadressaten die sichere Erkenntnis vermittelt, dass die angebotenen Seltenerdemagnete mit den Merkmalen von Patentanspruch 11 des Klagepatents ausgestattet sind. Selbst wenn dies zu verneinen sein sollte, machen auch die Beklagten nicht geltend, dass die in dem Katalog zu den streitbefangenen Permanentmagneten enthaltenen technischen Daten nicht den Tatsachen entsprechen. Die ausgewiesenen Werte können deshalb herangezogen werden, um Aufschluss darüber zu gewinnen, welche Qualität die von den Beklagten unter Verwendung des Produktkataloges ausgelieferten Magnete tatsächlich besessen haben. Wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt hat, lassen die Angaben und Daten des Kataloges mit Gewissheit darauf schließen, dass die Magnete der Beklagten nach Maßgabe von Patentanspruch 11 des Klagepatents ausgebildet waren. Selbst wenn deshalb der Katalog als solcher die Erfindungsmerkmale für einen durchschnittlichen Adressaten nicht offenbaren sollte (weil er nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt, um aus den mitgeteilten Daten auf die Zusammensetzung und die Struktur der Magnete zu schließen), ist jedenfalls die tatrichterliche Feststellung gerechtfertigt, dass die auf der Grundlage des Produktkataloges ausgelieferten Magnete von der im Patentanspruch 11 vorausgesetzten Beschaffenheit – und damit patentverletzend – waren.
1. Merkmal (1)
a)
Dass die Magnete der Beklagten „gesintert“ sind, ist im Katalog mehrfach ausdrücklich erwähnt. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang einerseits auf Seite 19 oben, wo die Tabellenüberschrift lautet: „Neodym-Eisen-Bor gesintert“, sowie auf Seite 17, wo im Begleittext rechts neben dem Flussdiagramm ebenfalls das Sintern der Ausgangsmaterialien hervorgehoben wird (Zeile 10).
b)
Den Katalogangaben ist gleichfalls zu entnehmen, dass die beworbenen Magnete anisotrop sind, das heißt die einzelnen Kristallkörner des Ausgangsmaterials eine gemeinsame Vorzugsorientierung aufweisen. Wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, wird die Anisotropie dadurch hervorgerufen, dass das zu sinterte Material zunächst so klein zermahlen wird, dass die entstehenden Pulverteilchen nur noch aus einzelnen Kristallkörnern bestehen. Anschließend wird ein Magnetfeld zur einheitlichen Ausrichtung der Kristallkörner angelegt und das gemahlene Pulver unter der Wirkung des Magnetfeldes verpresst. Exakt diese Verfahrensschritte sind auch im Produktkatalog der Beklagten (Seite 17) beschrieben. A.a.O. heißt es:
„Die Teilchen der Rohstoffe werden gemahlen bis die Mischung sehr engen Toleranzen genügt. Anschließend findet das Pressen der Produkte statt. Dabei wird zum Ausrichten der Metallteilchen ein starkes Magnetfeld angelegt. Zum Schluss werden die Teile in speziellen Öfen unter Vakuum gesintert.“
c)
Zur mittleren Kristallkorngröße des gesinterten Materials verhält sich der Produktkatalog nicht explizit. Der für die streitbefangenen Magnete angegebene Herstellungsprozess (des Sinterns nach Ausrichtung der Kristallkörner im Magnetfeld) und die die magnetischen Eigenschaften kennzeichnenden Leistungsdaten rechtfertigen jedoch – wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt hat – die Annahme, dass sich die mittlere Kristallkorngröße bei den Magneten der Beklagten in dem vom Klagepatent beanspruchten Bereich bewegen muss. Anlässlich seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige nochmals betont, dass bei dem angewendeten Verfahren des Sinterns, zumal wenn der auf Seite 33 des Produktkataloges angegebene Temperaturbereich von 1.050 bis 1.200° C eingehalten wird, zwangsläufig Kristallkörner in einer Größe von mindestens 1 Mikrometer erhalten werden. Zwar hat der Sachverständige eingeräumt, dass die auf dem Kristallwachstum während des Sinterprozesses beruhende Korngröße nicht nur von der Sintertemperatur abhängt (die im Katalog – wie ausgeführt – angegeben ist), sondern auch von der Dauer des Sintervorganges (zu der sich der Katalog nicht näher verhält). Sofern jedoch das Sintern über einen zu geringen Zeitraum durchgeführt wird, nehmen die magnetischen Eigenschaften signifikant ab. Die für die streitigen Magnete ausgewiesenen Leistungsdaten insbesondere zur Koerzitiv-Feldstärke belegen deshalb, dass der Sintervorgang über eine ausreichende Zeit durchgeführt worden ist, so dass sich während des Sinterns ein Kristallwachstum einstellen konnte, das bei mehr als 1 Mikrometer liegt und nach wissenschaftlicher Erkenntnis die für die streitigen Magnete genannten Koerzitiv-Feldstärke-Werte erst hervorbringen kann.
Aus demselben Grund ist es ausgeschlossen, dass die mittlere Kristallkorngröße bei den Magneten der Beklagten mehr als 80 Mikrometer beträgt. Würde sich das Magnetmaterial der Beklagten aus großdimensionierten Kristallen > 80 Mikrometer zusammen setzen, so wären – wie der Sachverständige dargetan hat – ebenfalls die im Produktkatalog ausgewiesenen Magneteigenschaften nicht erklärlich; insbesondere würde die Koerzitiv-Feldstärke nicht mehr als 800 ka/m betragen können und damit deutlich unterhalb derjenigen Werte liegen, die für die streitbefangenen Magnete der Beklagten genannt sind. Auf den vom Sachverständigen hervorgehobenen wechselseitigen Zusammenhang zwischen der mittleren Kristallkorngröße einerseits und den magnetischen Eigenschaften, namentlich die Koerzitiv-Feldstärke andererseits weist auch die Klagepatentschrift verschiedentlich hin (Seiten 13 bis 14; Seiten 26 bis 29).
2. Merkmal (2):
a)
Aus der Tabellenüberschrift auf Seite 19 des Produktkataloges ergibt sich, dass es sich bei den beworbenen Magneten um solche des Typs „Neodym-Eisen-Bor“ handelt. Da Neodym ausweislich der Klagepatentschrift (Seite 15 Zeile 38) zu den seltenen Erden zählt, liegt mithin ein Fe-B-R Material vor. Seite 17 des Kataloges konkretisiert diese Angabe näher dahin, dass es sich um eine Nd2 Fe14 B-Verbindung handelt. Bereits die Tatsache, dass die Magnete nach eben dieser Verbindung – nämlich als „Neodym-Eisen-Bor“–Magnete – bezeichnet sind, macht deutlich, dass das Nd2 Fe14 B-Material nicht irgendein, insbesondere kein untergeordneter Bestandteil der beworbenen Magnete ist, sondern dessen hauptsächlicher Bestandteil darstellt. Dass dem so ist, drängt sich auch angesichts des Umstandes auf, dass die Nd2 Fe14 B-Verbindung bekanntermaßen hartmagnetisch und damit erkennbar für die ausgewiesenen magnetischen Eigenschaften der beworbenen Produkte verantwortlich ist. Wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, lassen sich die für die Magnete der Beklagten angegebenen Werte zur Koerzitiv-Feldstärke von mehr als 800 mT wissenschaftlich nur erklären, wenn die hartmagnetische Nd2 Fe14 B-Phase mit einem Volumenanteil von mehr als 50 % vorhanden ist.
b)
Die ausgewiesenen Leistungsdaten lassen nach den Ausführungen des Sachverständigen gleichfalls den sicheren Schluss darauf zu, dass neben der hauptsächlichen hartmagnetischen Phase eine weitere nicht-magnetische Phase vorhanden ist.
3. Merkmale (3) und (4):
Nach den Ausführungen des Sachverständigen entspricht es gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis, dass die magnetische Nd2 Fe14 B-Phase bei Raumtemperatur und darüber stabil ist und eine tetragonale Struktur aufweist, deren C0-Achse circa 1,2 nm und deren A0-Achse circa 0,8 nm beträgt. Zu Unrecht halten die Beklagten dem entgegen, dass in dem japanischen Prioritätsdokument 58-94876 einem Neodym-Eisen-Bor-Magnet die erfindungsgemäßen Eigenschaften zugeschrieben werden, obwohl dessen A0-Achse mit 1,245 nm und dessen C0-Achse mit 1,223 nm angegeben ist. Der Sachverständige hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die diesbezüglichen Aussagen in der Prioritätsschrift sachlich unzutreffend sind und offensichtlich auf einem Analysefehler bei der seinerzeitigen Aufklärung der Gitterstruktur für die magnetische Phase beruhen. Die Beklagten haben dementsprechend auch keinen einzigen wissenschaftlichen Beleg präsentieren können, der bestätigt, dass auch eine von den Vorgaben des Merkmals (4) abweichende tetragonale Struktur der magnetischen Phase zu erfindungsgemäßen Eigenschaften führen kann.
5. Merkmal (5):
Unbestreitbar ist zunächst, dass die angegriffenen Magnete die drei im Merkmal (5) vorgesehenen Bestandteile aufweisen, nämlich ein Seltenerdeelement in Form von Neodym (welches eine hohe magnetische Anisotropie und dementsprechend eine hohe Koerzitiv-Feldstärke bewirkt), Bor (welches benötigt wird, um die richtige chemische Verbindung mit der tetragonalen Kristallstruktur bilden zu können) und Eisen (welches das magnetische Moment zur Verfügung stellt, das zu einer hohen Sättigungsmagnetisierung führt). Dies folgt allein aus dem Umstand, dass die streitigen Magnete im Produktkatalog ausdrücklich als „Neodym-Eisen-Bor“-Magnete bezeichnet sind. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen kann gleichfalls davon ausgegangen werden, dass die genannten drei Elemente in Mengen vorhanden sind, wie sie von Patentanspruch 11 des Klagepatents vorausgesetzt werden. Anlässlich seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige zur Überzeugung der Kammer ausgeführt, dass sich die für die streitigen Magnete ausgewiesenen Leistungsdaten (insbesondere zur Koerzitiv-Feldstärke) nur einstellen, wenn – bezogen auf den Gesamtmagneten – zwischen 38 Atom-% Neodym, zwischen 2 und 28 % Bor und im Übrigen Eisen vorhanden sind.
Mit Bezug auf den Magneten BM 27 EH schließt der gerichtliche Sachverständige aus den im Produktkatalog genannten Kenndaten (Koerzitiv-Feldstärke von 836 kA/m bei gleichzeitig relativ niedrigen Sättigungs- und Remanenzwerten), dass neben Neodym ein weiteres schweres Seltenerdeelement vertreten ist. Rechtlich ergibt sich hieraus keine andere Beurteilung, weil das Merkmal (5) jedwedes Seltenerdeelement gleich behandelt und sich nach den Darlegungen des Sachverständigen die hartmagnetische Verbindung Fe-B-R bei Raumtemperatur und darüber stabil verhält und die Hauptphase R2 Fe14 B allgemein diejenige tetragonale Struktur besitzt, die das Merkmal (4) voraussetzt.
Da ein Magnet mit den im Merkmal (5) beschriebenen Bestandteilen R-B-Fe eine Curietemperatur von circa 310° C aufweist, lässt die im Katalog der Beklagten für die angegriffenen Magnete angegebene Curietemperatur von 310 bis 340° C darauf schließen, dass zumindest bei einigen Ausführungsformen weitere Bestandteile vorhanden sein müssen. Das Klagepatent verbietet solches nicht, wie bereits die Formulierung „im Wesentlichen“ im Patentanspruch 11 belegt. Darüber hinaus ist in der Patentbeschreibung (Seite 7 Zeilen 4 bis 21) ausgeführt, dass innerhalb bestimmter Grenzen Zusatzstoffe beigegeben werden können. A.a.O. heißt es:
„Die magnetischen Materialien der vorliegenden Erfindung können als zusätzliche Bestandteile zumindest eines der Elemente M enthalten, die aus der unten angeführten Gruppe in den unten angeführten höchstzulässigen Mengen ausgewählt werden können, vorausgesetzt, dass die Summe von M den Höchstwert der unten angegebenen Werte für die tatsächlich beigegebenen Elemente M nicht übersteigt und die Menge von M größer als Null ist.
4,5 % Ti 8,0 % Ni 5,0 % Bi
9,5 % V 12,5 % Nb 10,5 % Ta
8,5 % Cr 9,5 % Mo 9,5 % W
8,0 % Mn 9,5 % Al 2,5 % Sb
7,0 % Ge 3,5 % Sn 5,5 % Zr
5,5 % Hf
Die Permanentmagnete der vorliegenden Erfindung können weiter mindestens eines der zusätzlichen, aus oben angeführter Liste ausgewählten Elemente M enthalten, und zwar in Mengen, welche die oben genannten Werte nicht übersteigen, vorausgesetzt, dass die Menge M größer als Null ist und dass die Summe von M den Höchstwert der oben angegebenen Werte für die tatsächlich beigegebenen Elemente M nicht übersteigt.“
Sämtliche vorgenannten Stoffe haben die – an sich unerwünschte – Eigenschaft, dass sie die Curietemperatur der Verbindung R-B-Fe herabsetzen. Nachdem für sämtliche angegriffenen Magnete eine Temperatur angegeben wird, die oberhalb von circa 312° C liegt, besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, dass die angegriffenen Magnete in irgendwie nennenswertem Umfang Beimengungen solcher Stoffe enthalten, welche die Curietemperatur reduzieren. Auch die Beklagten haben Gegenteiliges nicht konkret vorgetragen.
Die – mindestens teilweise – erhöhte Curietemperatur weist im Gegenteil darauf hin, dass die angegriffenen Magnete zum Teil über eine Substanz verfügen, welche die Curietemperatur heraufsetzt. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen handelt es sich hierbei typischerweise um Kobalt. Die Klagepatentschrift verhält sich zwar nicht näher dazu, in welchen Mengen Kobalt zugesetzt werden kann. Tendenziell verbietet sich insoweit jedoch eine allzu strenge Betrachtung, weil Kobalt – im Gegensatz zu den auf Seite 7 der Patentbeschreibung erwähnten Substanzen – den prinzipiell erwünschten Effekt hat, die Curietemperatur zu erhöhen. Dies spricht dafür, eine Kobaltzugabe solange als unschädlich anzusehen, wie die von der Erfindung des Klagepatents angestrebten magnetischen Eigenschaften (Remanenz, Koerzitiv-Feldstärke) nicht nennenswert in Mitleidenschaft gezogen werden. Nach den Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen geschieht Derartiges (nämlich eine Reduzierung der Koerzitiv-Feldstärke), wenn mehr als 10 Masse-% Kobalt beigegeben werden. Vor diesem Hintergrund kann dem Sachverständigen nicht in seiner Einschätzung gefolgt werden, dass eine aus der Sicht des Klagepatents schädliche Zugabe von Kobalt bereits dann vorliegt, wenn sie ausreicht, die Curietemperatur um mehr als 30° C zu erhöhen, was bei einer Menge von mehr als 3 Masse-% der Fall ist. Letztlich kann dies jedoch auf sich beruhen. Selbst wenn dem Sachverständigen insoweit gefolgt wird, bleibt die für die angegriffenen Magnete ausgewiesene Curietemperatur unterhalb dieser Grenze, weil im Produktkatalog ein Temperaturhöchstwert von (lediglich) 340° C genannt ist. Soweit die Beklagten geltend machen, der Kobaltgehalt könne durchaus höher sein und die angegebene Curietemperatur daraus resultieren, dass gleichzeitig temperatursenkende Substanzen vorhanden seien, ist dieser Vortrag unerheblich. Es handelt sich um eine bloße Spekulation, die nicht mehr als eine theoretische Möglichkeit aufzeigt. Sache der Beklagten wäre es demgegenüber gewesen, durch konkrete Untersuchungen nachzuweisen, dass die in Betracht gezogene stoffliche Zusammensetzung bei dem streitbefangenen Magneten tatsächlich gegeben ist.
III.
Der Erschöpfungseinwand der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
Im Ausgangspunkt zutreffend machen die Beklagten zwar geltend, dass aus dem Grundsatz des freien Warenverkehrs folgt, dass die Rechte aus dem für einen Mitgliedstaat erteilten Patent erschöpft (verbraucht) sind, wenn das patentbenutzende Erzeugnis vom Patentinhaber selbst oder mit seiner Zustimmung in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR in Verkehr gebracht worden ist. Solches ist auch dann der Fall, wenn die Sache vom Schutzrechtsinhaber zwar außerhalb der EU und des EWR in Verkehr gebracht wurde, er aber zumindest konkludent zugestimmt hat, dass ein Dritter die Sache anschließend in der EU oder dem EWR auf den Markt bringt.
Um den Erschöpfungseinwand schlüssig darzutun, hätte es den Beklagten oblegen, für sämtliche objektiv patentverletzenden Magnete darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass sie aus der Quelle der Klägerin oder ihrer Lizenznehmer stammen, und zwar in einer solchen Weise, dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Magnete mit Billigung der Klägerin in der EU in Verkehr gelangt sind. Um dieser Vortragslast nachzukommen, hätten die Beklagten ihre Lieferanten vollständig benennen müssen, weil nur so der Klägerin die Möglichkeit gegeben ist, sich darüber zu erklären, ob der betreffende Lieferant durch eine Lizenz gedeckt ist oder nicht. Die Beklagten haben ihre Bezugsquellen indessen lediglich partiell aufgedeckt. Schon deswegen kann der erhobene Einwand der Erschöpfung nicht durchgreifen. Die Beklagten können sich in diesem Zusammenhang nicht auf Geheimhaltungsinteressen berufen. Handelt es sich bei den Lieferanten um Lizenznehmer der Klägerin, so besteht ein Geheimhaltungsbedürfnis von vornherein nicht, weil das betreffende Unternehmen der Klägerin ohnedies bekannt ist. Handelt es sich bei dem Zulieferanten um ein Unternehmen, das nicht zu den Lizenznehmern gehört, so besteht ein berechtigtes Interesse der Klägerin daran, auch diesen gegenüber ihre Verbietungsrechte aus dem Klagepatent geltend zu machen.
Namentlich benannt haben die Beklagten lediglich zwei Bezugsquellen, zu denen Folgendes gilt:
Die A- Technology Co. gehört nach der eigenen Aufstellung der Klägerin vom 22.3.2001 (Anlage B 8) zu ihren Lizenznehmern. Magnete, welche die Beklagten seit dem 22.3.2001 von dem genannten Unternehmen bezogen haben, sind folglich mit Zustimmung der Klägerin in der EU in Verkehr gelangt und dürfen frei weitervertrieben werden.
Soweit die Beklagten als Bezugsquelle die B- Co. Ltd. benennen und angeben, Hersteller der betreffenden Produkte sei die C- Industries Inc., ergibt sich hieraus kein Erschöpfungstatbestand. Beide Firmen sind in den als Anlagen B 7 und B 8 vorliegenden Übersichten nicht als Lizenznehmer der Klägerin ausgewiesen. Der Erschöpfungseinwand kann deshalb nur bei dem Lizenzvertrag ansetzen, den die Klägerin am 1.4.1993 mit der E Tech Inc. (Anlage K 29 a) geschlossen hat.
Der Vertrag gewährt der E Tech Inc. eine einfache Lizenz am Gegenstand des Klagepatents ohne das Recht zur Unterlizenzierung (§ 2.1). Die Lizenz ist zwar insoweit ausgeweitet, als erfindungsgemäße Produkte nicht nur von der Lizenznehmerin selbst, sondern auch von vier im Vertrag (§ 1.8) namentlich bezeichneten Tochtergesellschaften hergestellt werden dürfen (§ 2.1 (i)). Irgendwelche Vertriebsrechte der Tochtergesellschaften bestehen demgegenüber nicht. Dies folgt bereits aus § 2.1 des Lizenzvertrages, der die Tochtergesellschaften der Lizenznehmerin ausschließlich im Zusammenhang mit der Herstellung, nicht jedoch im Rahmen des Vertriebs der patentgemäßen Produkte anspricht. Außerdem hält § 2.3 im zweiten Absatz fest:
„Beide Parteien sind übereingekommen, dass der Lizenzgeber keine Lizenzen an die Partner der Joint Venture gemäß der Definition der Betriebe des Lizenznehmers in § 1.8 gewährt, und dass diese Partner der Joint Venture die Lizenzprodukte weder in den Betrieben des Lizenznehmers herstellen noch verkaufen dürfen.“
Die angegebene Bezugsquelle der Beklagten – die B- Co. Ltd. – gehört nicht zu den mitberechtigten Tochtergesellschaften der Lizenznehmerin. Deren Vertriebshandlungen können deshalb – weil sie schon für die benannten Tochtergesellschaften nicht erlaubt waren – erst recht nicht von der Vertragslizenz gedeckt sein.
Nichts anderes gilt für den – ohnedies nicht einmal im Tatsächlichen feststehenden – Fall, dass es sich bei der von den Beklagten erworbenen Ware um Magnete handeln sollte, die die Lizenznehmerin in Ausübung ihres Direktvertriebsrechtes außerhalb des Lizenzgebietes gemäß § 2.1 Satz 2 (nämlich in China) verkauft hat. Auch bei dem sich hieraus ergebenden Szenario dergestalt, dass die den Beklagten gelieferten Magnete von dem Vorlieferanten auf dem chinesischen Markt erworben und anschließend nach Europa exportiert worden sind, wären die Lieferungen nicht in Ausübung lizenzvertraglicher Rechte erfolgt. Maßgeblich sind insoweit § 4.2 und § 2.2 des Lizenzvertrages:
„4.2
Der Lizenznehmer verpflichtet sich, dem Lizenzgeber die laufenden Lizenzgebühren wie unten erläutert für jeden Verkauf, Vermietung oder Benutzung der Lizenzprodukte während der Dauer dieses Vertrages bis zum Erlöschen des letzten Patentes in jedem Lizenzgebiet zu zahlen.
(i)
Die laufenden Lizenzgebühren betragen … Prozent des Nettoverkaufspreises von Verkäufen nach …;
(ii)
die laufenden Lizenzgebühren betragen … Prozent des Nettoverkaufspreises von Verkäufen an andere Lizenzstaaten;
(iii)
der Verkauf der Lizenzprodukte in China ist gebührenfrei, dies allerdings unter der Voraussetzung, dass der Lizenznehmer sich verpflichtet, Sorge zu tragen, dass diese Lizenzprodukte nicht an andere Lizenzstaaten weiterverkauft werden; anderenfalls ist der Lizenznehmer verpflichtet, dem Lizenzgeber laufende Lizenzgebühren bezüglich dieser Lizenzprodukte zu zahlen, …
2.2
Gegen Zahlung von Lizenzgebühren des Lizenznehmers gemäß § 4.2 dieses Vertrages verpflichtet sich der Lizenzgeber, keine Forderungen an die Kunden des Lizenznehmers wegen angeblicher Patentverletzungen zu stellen wegen Verkäufen oder Benutzung von Lizenzprodukten, die diese vom Lizenznehmer gekauft oder gemietet haben. Dieses Einverständnis des Lizenzgebers gilt aber nicht als Lizenzierung der Patente an solche Kunden.“
Die vorzitierten Klauseln bestimmen, dass die Klägerin auf einer Rechtsverfolgung wegen Patentverletzung nur dann verzichtet, wenn die Lizenznehmerin für die letztlich in das Lizenzgebiet gelangten Magnete Lizenzgebühren entrichtet. Das Derartiges mit Blick auf die den Beklagten gelieferten Magnete geschehen ist, tragen die Beklagten weder vor noch ist sonst dafür etwas ersichtlich.
IV.
Während der Dauer des Patentschutzes haben die Beklagten den deutschen Teil des Klagepatents – wie dargelegt – widerrechtlich benutzt. Sie haben dabei gemeinschaftlich zusammengewirkt, und zwar sowohl dadurch, dass die Beklagten zu 1.) und 3.) sich eines gemeinschaftlichen Produktkataloges bedient haben, als auch dadurch, dass die Beklagte zu 1.) von ihr vertriebene Ware von der Beklagten zu 3.) bezogen hat. Die Beklagten trifft an der geschehenen Patentverletzung ein mindestens fahrlässiges Verschulden. Jeder Gewerbetreibende hat sich nach entgegenstehenden Schutzrechten Dritter zu erkundigen. Hätten die Beklagten dieser Pflicht genügt, wären sie auf das Klagepatent gestoßen und hätten den Verletzungstatbestand erkennen und vermeiden können. Wenn den Beklagten als Vertriebsunternehmen die notwendige Kenntnis über die Zusammensetzung der von ihnen angebotenen Magnete gefehlt haben sollte, so wäre es ihre Pflicht gewesen, sich von dritter Seite entsprechenden Rat einzuholen. Entlasten kann die Beklagten auch nicht der vorgebrachte Erschöpfungseinwand. Er ist – wie ausgeführt – weitgehend unschlüssig. Die Beklagten haben zudem überwiegend von Lieferanten bezogen, die nicht von der Klägerin als Lizenznehmer gelistet waren. Letzteres gilt insbesondere für die B- Co. Ltd.. Die Annahme der Beklagten, deren Lieferungen seien gleichwohl durch die der E Tech Inc. erteilte Lizenz gedeckt, ist ohne jede Grundlage. Sofern den Beklagten der Lizenzvertrag gemäß Anlage K 29 a bekannt gewesen sein sollte, gilt dies schon deshalb, weil der Vertrag ein Vertriebsrecht der B- Co. Ltd. nicht vorsieht. War den Beklagten der besagte Lizenzvertrag unbekannt, ist die Annahme einer lizenzgedeckten Lieferung ohnehin rein spekulativ. In jedem Fall wäre es den Beklagten leicht möglich und zumutbar gewesen, sich bei etwaigen Zweifeln bei der Klägerin – und nicht bei ihrem Lieferanten – nach dem Umfang der erteilten Lizenz zu erkundigen. Derartiges getan zu haben, behaupten die Beklagten indessen selbst nicht. Von einem bloß leicht fahrlässigen Verschulden kann deswegen keinesfalls die Rede sein. Der die Beklagten treffende Verschuldensvorwurf hat zur Folge, dass sie (bis zum Ablauf des Klagepatents) zum Schadenersatz verpflichtet sind (Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG). Eine Einschränkung gilt nur hinsichtlich des Beklagten zu 2.), der erst am 8.1.1997 zum Geschäftsführer der Beklagten zu 1.) bestellt worden ist und deshalb auch erst von diesem Zeitpunkt an haftbar sein kann. Dass die Beklagte zu 1.) bereits vor dem Auslaufen des Klagepatents liquidiert und zwischenzeitlich vollständig gelöscht worden ist, beseitigt ihre Passivlegitimation nicht.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch beziffern zu können, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§ 140 b PatG, §§ 242, 259 BGB). Hinsichtlich der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger ist den Beklagten allerdings ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger).
V.
Anlass, den Verletzungsrechtsstreit mit Rücksicht auf die gegen den deutschen Teil des Klagepatents anhängigen Nichtigkeitsverfahren auszusetzen, besteht nicht.
Obwohl die Verletzungsklage bereits im Jahre 2001 erhoben worden ist, haben sich die Beklagten erstmals kurz vor dem abschließenden Hauptverhandlungstermin, nämlich am 21.12.2004 und 17.1.2005, unter Vorlage der von dritter Seite erhobenen umfangreichen Nichtigkeitsklagen auf die mangelnde Schutzfähigkeit des Klagepatents berufen. Da es den Beklagten jederzeit frei gestanden hätte, selbst eine Nichtigkeitsklage zu erheben, muss ihr Prozessverhalten im Hinblick auf den Aussetzungssachverhalt als zögerlich betrachtet werden. Schon dies spricht dagegen, dem Aussetzungsverlangen nachzukommen. Hinzu kommt, dass die Klägerin infolge der äußerst späten Einführung des Nichtigkeitsvorbringens praktisch außer Stande war, sachgerecht auf die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe zu erwidern. Nachdem die Beklagten die der Klägerin nachteilige Situation verursacht haben, spricht auch dies gegen eine Aussetzung des Rechtsstreits. Vorliegend gilt dies um so mehr, als keine Unterlassungsansprüche mehr im Raume stehen, sondern es für die Beklagten lediglich darum geht, der Klägerin über ihre patentverletzenden Handlungen Rechnung zu legen. Zu guter Letzt tritt hinzu, dass die Beklagten sich lediglich gegen die Erfindungshöhe des Klagepatents wenden, wobei eine der beiden ins Feld geführten Entgegenhaltungen bereits im Einspruchsbeschwerdeverfahren berücksichtigt und als nicht patenthindernd bewertet worden ist. Ob die weitere – neue – Entgegenhaltung eine abweichende Beurteilung rechtfertigt, ist für die Kammer schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Druckschrift lediglich in englischer Sprache vorgelegt worden ist.
VI.
Die Kostenentscheidung ist dem Schlussurteil vorzubehalten.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709, 108 ZPO.
Bei der Streitwertfestsetzung ist von der Angabe der Klägerin in der Klageschrift auszugehen. Soweit die Beklagten geltend machen, der Wert der ursprünglichen Klage belaufe sich auf lediglich 600.000 €, teilen die Beklagten keinerlei konkrete Zahlen zu ihrem Umsatz oder Gewinn mit, die darauf schließen ließen, dass die Streitwertangabe der Klägerin unangemessen hoch ist. Der Ablauf des Klagepatents rechtfertigt ebenfalls keine Herabsetzung des anfänglichen Streitwertes, weil der ursprüngliche Unterlassungsanspruch in Wert einen Schadenersatzanspruch umschlägt, der mit demselben Wert zu veranschlagen ist. Die Beklagten machen selbst nicht geltend, den Vertrieb der Magnete nach Zustellung der Klage eingestellt zu haben.