4b O 386/06 – Dialyse-Beutel

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 735

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. September 2007, Az. 4b O 386/06

Rechtsmittelinstanz: 2 U 104/07

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III.
Das Urteil ist für die Beklagten hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

IV.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.000.000,00 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist seit dem 05.08.1999 eingetragene Inhaberin des am 23.06.1993 angemeldeten europäischen Patents EP 0 575 xxx (Anlage K 1, nachfolgend Klagepatent). Die Veröffentlichung der in deutscher Verfahrenssprache eingereichten Patentanmeldung erfolgte am 29.12.1992. Die Erteilung des Klagepatents – u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland – wurde am 08.09.1999 bekannt gemacht.

Der im vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

„Beutel, der ein flüssiges oder festes Konzentrat zur Herstellung einer Dialysierflüssigkeit enthält und eine Öffnung enthält, an der ein die Öffnung dicht umgebender Steckerteil (20, 220) vorgesehen ist, der mit dem Beutelinneren in Strömungsverbindung steht, dadurch gekennzeichnet, dass der Steckerteil (20, 220) Kupplungsmittel zum Verbinden mit einem direkt an einer Dialysemaschine vorgesehenen, komplementären Steckerteil (10, 210) aufweist und das der Steckerteil doppellumig und mit einem mit dem einen Lumen in Verbindung stehenden Einlass (82) für aus der Dialysemaschine strömende Flüssigkeit und mit einem mit dem anderen Lumen in Verbindung stehenden Auslass (90) für verdünntes, zurück zur Dialysemaschine strömendes Konzentrat derart ausgebildet ist, dass ein erster Strömungspfad (96) von der Dialysemaschine zum Beutelinneren und ein zweiter Strömungspfad (98) vom Beutelinneren zurück zur Dialysemaschine ohne Schlauchverbindungen herstellbar ist.“

Die nachfolgend wiedergegebene Figur 2 des Klagepatents veranschaulicht den Gegenstand der Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels:

Gegen den deutschen Teil des Klagepatents ist eine Nichtigkeitsklage anhängig, der die Beklagte zu 1. als Nebenintervenientin beigetreten ist. Über sie ist derzeit noch nicht entschieden.

Die Beklagte zu 2. stellt Konzentratbehälter für die Dialysebehandlung von Patienten her, die von der Beklagten zu 1. in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben werden. Die unter der Bezeichnung „A“ vertriebenen Konzentratbehälter entsprechen in ihrer Ausführung einem Gegenstand, den die Beklagte zu 2. zum Patent angemeldet hat. Auf diese Anmeldung hin wurde am 21.12.2006 vom Deutschen Patent- und Markenamt ein Patent erteilt (Anlage Bo 6). Die von der Klägerin angegriffene Ausführungsform (A) entspricht in ihrer Ausgestaltung den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 und 2 des der Beklagten zu 2. erteilten Patentes: 10 2005 060 xxx sowie dessen – ebenfalls eingeblendetem – Anspruch 1:

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagten mit Herstellung und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform wortsinngemäßen Gebrauch von der technischen Lehre des Klagepatents machten. Jedenfalls (hilfsweise) werde diese Lehre mit äquivalenten Mitteln verwirklicht. Sie nimmt die Beklagten daher auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadenersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

I.
die Beklagten zu verurteilen,

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

Konzentratbehälter, die ein festes Konzentrat zur Herstellung einer Dialysierflüssigkeit enthalten, und

eine Öffnung aufweisen, an der ein die Öffnung dicht umgebender Steckerteil vorgesehen ist,

der mit dem Behälterinneren in Strömungsverbindung steht,

in Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,

wobei der Steckerteil Kupplungsmittel zum Verbinden mit einem direkt an der Dialysemaschine vorgesehenen, komplementären Steckerteil aufweist, und

wobei der Steckerteil doppellumig und mit einem mit dem einen Lumen in Verbindung stehenden Einlass für aus der Dialysemaschine strömende Flüssigkeit und mit einem mit dem anderen Lumen in Verbindung stehenden Auslass für verdünntes, zurück zur Dialysemaschine strömendes Konzentrat derart ausgebildet ist,

dass ein erster Strömungspfad von der Dialysemaschine zum Beutelinneren und ein zweiter Strömungspfad vom Beutelinneren zurück zur Dialysemaschine ohne Schlauchverbindungen herstellbar ist,

II.
die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zur Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 29.01.1994 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der hergestellten Erzeugnisse sowie der Herstellungszeiten,

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten, -preisen, sowie die Namen und Anschriften von Lieferanten und Abnehmern,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den im Urteilsausspruch zu Ziffer I. 1. genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,

wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu a) und b) Bestell-, Lieferscheine und Rechnungen vorzulegen haben und

wobei die Angaben zu e) nur für den Zeitraum ab dem 08.10.1999 zu machen sind,

III.
festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr (der Klägerin) allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. bezeichneten, seit dem 08.10.1999 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird,
festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr Entschädigung aufgrund der durch die unter Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 29.01.1994 bis zum 07.10.1999 begangenen Handlungen zu leisten.

Die Beklagten beantragen,

die Klagen abzuweisen,

hilfsweise,

den Rechtsstreit auszusetzen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen Anspruch 1 des Klagepatents eingereichte Nichtigkeitsklage vom 29.11.2006.

Die Beklagten machen geltend, dass es sich bei den von ihnen hergestellten und vertriebenen Konzentratbehältern mit der Bezeichnung „A“ nicht um „Beutel“ im Sinne des Klagepatents handele, weswegen eine wortsinngemäße Verwirklichung der technischen Lehre bereits ausscheide. Die Verwendung eines steifen Konzentratbehälters mache weitere Vorkehrungen erforderlich, um einen bestimmungsgemäßen Einsatz der Behälter an den Dialysemaschinen zu ermöglichen. Um zu diesen zusätzlichen Vorkehrungen zu gelangen, seien weitere erfinderische Schritte erforderlich. Dies spiegele sich bereits darin wieder, dass auf die technische Lösung für die angegriffene Ausführungsform ein eigenes Patent erteilt worden sei.

Das Klagepatent könne sich zudem in dem angestrengten Nichtigkeitsverfahren nicht als rechtsbeständig erweisen, da es sowohl an der Neuheit wie auch an der erfinderischen Tätigkeit fehle. Zudem mangele es einem Beutel nach Anspruch 1 an der gewerblichen Anwendbarkeit, da dieser Beutel ohne Hinzufügung des mit Unteranspruch 2 offenbarten Zusatzmittels in der praktischen Anwendung nicht funktioniere.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsbegehren und dem hierauf gestützten Tatsachenvortrag entgegen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie der zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Beklagten mit Herstellung (nur Beklagte zu 2.) und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents weder dem Wortsinn nach noch mit äquivalenten Mitteln Gebrauch machen.

I.

Das Klagepatent betrifft einen Beutel, der ein flüssiges oder festes Konzentrat zur Herstellung einer Dialysierflüssigkeit enthält und eine Öffnung aufweist, an der ein die Öffnung dicht umgebendes Steckerteil vorgesehen ist, das mit dem Behälterinneren in Strömungsverbindung steht.

Vor dem Hintergrund des in der Klagepatentschrift gewürdigten Standes der Technik, in dem bereits Konzentratbehälter zum auswechselbaren Anschluss an Dialysemaschinen bekannt waren, stellt das Klagepatent sich die Aufgabe, einen flüssiges oder festes Konzentrat zur Herstellung einer Dialysierflüssigkeit enthaltenden Beutel zu schaffen, der ein verhältnismäßig geringes Volumen und Gewicht aufweist und die Versorgung einer Dialysemaschine mit Dialysierflüssigkeit vereinfacht. Zur Lösung dieser Aufgabe sieht der vorliegend allein interessierende Anspruch 1 die Kombination der folgenden Merkmale vor:

1. Beutel, der ein flüssiges oder festes Konzentrat zur Herstellung einer Dialysierflüssigkeit enthält.

2. Der Beutel weist eine Öffnung auf,

a) an der ein die Öffnung dicht umgebendes Steckerteil (20, 220) vorgesehen ist,

b) das mit dem Beutelinneren in Strömungsverbindung steht.

3. Das Steckerteil (20, 220) weist Kupplungsmittel zum Verbinden mit einem direkt an einer Dialysemaschine vorgesehenen, komplementären Steckerteil (10, 210) auf.

4. Das Steckerteil ist doppellumig und

a) mit einem mit dem einen Lumen in Verbindung stehenden Einlass (82) für aus der Dialysemaschine strömende Flüssigkeit und

b) mit einem mit dem anderen Lumen in Verbindung stehenden Auslass (90) für verdünntes, zur Dialysemaschine strömendes Konzentrat

derart ausgebildet, dass

5. a) ein erster Strömungspfad (96) von der Dialysemaschine zum Beutelinneren und
b) ein zweiter Strömungspfad (98) vom Beutelinneren zurück zur Dialysemaschine

ohne Schlauchverbindungen herstellbar ist.

II.

1.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen wortsinngemäßen Gebrauch.

Streitig ist zwischen den Parteien allein die Frage, ob die angegriffene Ausführungsform (A) einen „Beutel“ im Sinne des Klagepatents darstellt. Dass die weiteren Merkmale des geltend gemachten Anspruchs 1 wortsinngemäß verwirklicht werden, steht zu Recht außer Streit.

Die Klägerin gibt mit der Klageschrift selber eine der Online-Enzyklopädie „Wikipedia“ entnommene Definition für den Begriff „Beutel“ an, die dort lautet:

„Ein Beutel ist ein hohler, dünnwandiger, leicht verformbarer Gegenstand, der zur Aufnahme von anderen Gegenständen geeignet ist.“ (Bl. 14 d.A.).

Diese Definition entspricht dem Verständnis im allgemeinen Sprachgebrauch. Dass der Fachmann der Klagepatentschrift einen anderen, von dem vorstehenden Verständnis abweichenden Sinngehalt für den Begriff des Beutels entnehmen kann, ist nicht erkennbar. Soweit die Klägerin hierzu geltend macht, dass die Klagepatentschrift in der Beschreibung der Erfindung an zwei Stellen anstelle des „Beutels“ allgemein von einem Konzentratbehälter spricht (Spalte 2, Zeilen 53 – 55; Spalte 3, Zeilen 18 – 20), lässt dies nicht den Schluss zu, dass der Fachmann diesen Stellen einen größeren Bedeutungsbereich für den Begriff Beutel entnimmt, nach dem auch nicht leicht verformbare Gegenstände noch Beutel sein sollen. Die Formulierungen schließen jeweils an die vorangegangene Erwähnung des Beutels an. Sie besagen insofern, dass natürlich jeder Beutel ein Behälter ist. Daraus folgt aber gerade nicht, dass auch die umgekehrte Feststellung zutrifft. Dieser letztgenannten Annahme steht zudem entgegen, dass der Fachmann sich die Frage stellen wird, wieso im Patentanspruch dann nicht auch der Begriff „Behälter“ steht, sondern „Beutel“, obwohl die Patentschrift den Terminus „Behälter“ kennt und gebraucht. Dieses weitere Verständnis, das die Klägerin für sich in Anspruch nehmen will, folgt auch nicht aus der vom Klägervertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung hervorgehobenen Beschreibungsstelle in Absatz [0013] der Klagepatentschrift, in der es heißt, dass „der erfindungsgemäße Beutel (…) üblicherweise aus flexiblem Material (besteht), wie beispielsweise PVC, PVP oder Polyäthylen“ (Anlage K 1, Spalte 2, Zeilen 43 – 45). Die Verwendung des Wortes üblicherweise veranlasst den Fachmann nicht dazu, anzunehmen, dass er hiermit einen Hinweis darauf enthält, dass er anstelle eines flexiblen, leicht verformbaren Beutels auch einen Behälter verwenden kann, der eine so hohe Steifigkeit aufweist, dass er nicht mehr leicht verformbar ist. Es ist vielmehr der geäußerten Ansicht des Beklagtenvertreters zuzustimmen, dass der Fachmann dieser Beschreibungsstelle nur den Hinweis entnehmen wird, dass es auch andere, nicht aus flexiblem Material hergestellte Beutel gibt, bei denen dann durch Verwendung zusätzlicher Mittel die erforderliche leichte Verformbarkeit gewährleistet wird. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass der Fachmann der Klagepatentschrift ein anderes Verständnis für den Begriff Beutel entnehmen kann, als denjenigen, der dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht, lassen sich der Klagepatentschrift nicht entnehmen. Es ist vielmehr so, dass auch die einzige Figur, die einen erfindungsgemäßen Behälter in der Klagepatentschrift darstellt, einen Beutel zeigt, der dem allgemeinen Sprachverständnis entspricht.

Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich nicht um einen leicht verformbaren Gegenstand. Die Wandungen sind so dick und steif ausgelegt, dass eine Verformbarkeit nur unter erheblicher Kraftaufwendung gegeben ist. Dies ist aber von dem Schutzbereich des Anspruchs 1 im Wortsinn nicht mehr erfasst.

2.
Es kann vorliegend auch nicht festgestellt werden, dass die angegriffene Ausführungsform die technische Lehre des Klagepatents in äquivalenter Weise verwirklicht.

Eine Benutzung der Erfindung liegt auch dann vor, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die am Sinngehalt der Ansprüche, d. h. an der darin beschriebenen Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse zur Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems als gleichwirkend auffinden konnte.

Es müssen mithin drei Voraussetzungen gegeben sein, um eine äquivalente Verletzung feststellen zu können.

a)
Das von der Verletzungsform verwirklichte, abgewandelte Mittel muss – erstens – objektiv gleichwirkend zu dem in dem Patentanspruch genannten Mittel sein, d. h. die gleiche von dem Schutzrecht erstrebte Lösung des zugrunde liegenden Problems entfalten (Gleichwirkung). Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben, denn die angegriffene Ausführungsform funktioniert offensichtlich genau so, wie die Ausführungsform nach dem Klagepatent, da sie ohne Einschränkungen an den hierfür vorgesehenen Dialysemaschinen eingesetzt werden können.

b)
Das abgewandelte Mittel muss für den Fachmann – zweitens – im Prioritätszeitpunkt des Schutzrechtes ohne besondere (d. h. erfinderische) Überlegungen aufgrund seines Fachwissens auffindbar sein (Naheliegen). Abzugrenzen ist in diesem Punkt, ob das Austauschmittel für den Fachmann naheliegend war oder dessen Auffinden selbst einen erfinderischen Schritt darstellte (vgl. BGH, GRUR 1994, 597 – Zerlegvorrichtung für Baustämme). Zunächst ist festzustellen, dass es für den Fachmann naheliegend war, sich die Frage zu stellen, ob zur Umgehung des Patentwortlauts die Erfindung erfolgreich nicht auch mit einem starren Behälter ausgeführt werden kann, da im Stand der Technik nach Anlage Bo 6, Absatz [0003] beide Behältervarianten bekannt waren. Der Fachmann wird hierbei erkennen, dass sich bei Verwendung eines starren Behälters das Problem der Restentleerung stellt. Er wird jedoch auch in der Lage sein zu begreifen, dass die Schwierigkeiten daraus resultieren, dass, wenn die Restentleerung stattfinden soll, das Behälterinnere nicht an die Atmosphärenluft angeschlossen ist. Es stellt von daher keine besonders schöpferische Umgehungsmaßnahme dar, den Beutel durch einen starren Behälter mit Belüftung zu ersetzen. Allerdings hat der Fachmann dabei das zusätzliche Problem zu bewältigen, dass der Behälter nicht permanent belüftet werden muss und kann, weil, solange Wasser in den Behälter eingeführt wird, problemlos auch ohne Belüftung eine entsprechende Menge Salzlösung entnommen werden kann und eine dauernde Öffnung die Gefahr mit sich bringen würde, dass durch die Öffnung Flüssigkeit herausgedrückt wird. Es geht also darum, eine Belüftung zu schaffen, die nur dann wirksam wird, wenn der Vorrat zur Neige geht, nämlich dann, wenn kein weiteres Wasser mehr in den Behälter/Beutel eingeführt wird. Entgegen der Ansicht der Klägerin wird der Fachmann bei seiner Betrachtung auch den gesamten Zeitraum, d.h. von der Verbindung des Behälters mit der Dialysemaschine bis zu dessen Abnahme nach Beendigung der Dialysebehandlung des Patienten – in Betracht ziehen. Technischer Hintergrund der Erfindung des Klagepatentes ist es, eine Verbesserung zu dem vorbekannten Stand der Technik zu schaffen. Dieser bestand – wie eingangs unter I. dargestellt – darin, dass Behälter mit einer Dialyseflüssigkeit bekannt waren, die über zusätzliche Schlauchverbindungen an die Dialysemaschinen angeschlossen waren. Um wegen der aufgezeigten Nachteile zu einer Verbesserung zu gelangen, sollen Einmalbehälter zur Verfügung gestellt werden, die unmittelbar an der Dialysemaschine angeschlossen werden können. Der Fachmann erkennt hierbei, dass in dem Fall, in dem solche Einmalbehälter verwendet werden, eine Restentleerung des Behälters erfolgen muss, bevor dieser von der Dialysemaschine abgenommen wird, da es ansonsten zu unerwünschten Verunreinigungen durch Auslaufen der Restinhalte kommen kann. Es kommt der Klagepatentschrift gerade nicht – wie die Klägervertreter in der Verhandlung geltend machten – nur auf den Zeitpunkt an, in dem der Patient selber zur Dialysebehandlung an die Maschine angeschlossen ist. Für diesen Zeitraum ist es selbstverständlich, dass eine Restentleerung des Behälters mit Dialyseflüssigkeit nicht erwünscht ist, da ansonsten die Gefahr bestehen würde, dass ungeeignetes reines Wasser oder sogar Luft in den körperlichen Organismus gelangen könnte. Für dieses Zeitfenster, in dem bereits die erste Dialyseflüssigkeit durch Hinzufügung von Wasser hergestellt ist, bis hin zu dem Abschluss der Behandlung, in dem das in dem Behälter befindliche Konzentrat aufgebraucht ist, funktionieren ein Beutel nach der Erfindung des Klagepatentes und die angegriffene Ausführungsform völlig identisch, ohne dass es weiterer Maßnahmen wie der von den Beklagten vorgenommenen Belüftungsmaßnahmen bedurft habe. Da jedoch nach der Dialysebehandlung ein neuer Behälter an die Dialysemaschine angeschlossen werden muss, ist auch nach jeder Dialysebehandlung eine Entfernung des Behälters erforderlich, der hierzu zunächst restentleert werden muss.

Es ist der Klägerin insoweit zuzustimmen, dass es neben der von der Beklagten vorgesehenen Belüftungsmaßnahme auch möglich wäre, die Dialysemaschine so zu steuern, dass nach der Behandlung des Patienten zum Zwecke der Restentleerung des Behälters über den ersten Strömungskanal Luft anstelle von Wasser in den Behälter eingeführt wird und auf diese Art und Weise eine Restentleerung stattfindet. Hierzu bedarf es jedoch einer Änderung in der Steuerung der Dialysemaschine, womit die Klagepatentschrift sich nicht einmal im Ansatz befasst. Dass der Fachmann naheliegend zu dieser Ausweichmöglichkeit gelangen könnte, ist nicht ersichtlich, für die vorliegend in Rede stehende angegriffene Ausführungsform aber auch unerheblich. Um zu dem Austauschmittel der angegriffenen Ausführungsform zu gelangen, einem zunächst verschlossenen Ventil, das erst bei Erreichen eines bestimmten Unterdrucks im Konzentratbehälter selbständig geöffnet wird, zu gelangen, bedurfte es erfinderischer Erwägungen, was vom Deutschen Patent- und Markenamt auch durch die Erteilung des deutschen Patents DE 10 2005 060 290 (Anlage Bo 6) für die Beklagte zu 2. gewürdigt wurde.

Da es bereits an der zweiten Voraussetzung fehlt, bedarf es weiterer Ausführungen zu der dritten Voraussetzung, der Gleichwertigkeit, nicht mehr. Infolgedessen kann vorliegend auch eine Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatentes mit äquivalenten Mittel nicht festgestellt werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlage in §§ 709, 108 ZPO.