4b O 259/06 – Kakaopresse

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 710

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 28. Juni 2007, Az. 4b O 259/06

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

a)
Pressen zum Trennen von Kakaomasse in Kakaokuchen und Kakaobutter, die einen Rahmen, in welchem eine Vielzahl von Druckelementen angeordnet ist, und eine Einrichtung zum Zusammendrücken der Druckelemente aufweisen, worin die Druckelemente jeweils einen Hohlraum zum Aufnehmen von zu drückender Kakaomasse aufweisen, in welchem Hohlraum mindestens ein Kompressor vorhanden ist, und worin ein Filter vor dem Kompressor und auf der Seite des Hohlraums gegenüber dem Kompressor angeordnet ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen,

bei denen der Abstand zwischen den Filtern in der Füllposition des Kompressors in einem Bereich von 60 bis 90 Millimetern liegt und bei denen dieser Abstand nicht durch Einbringen eines Füllmittels in einen größeren Hohlraum herbeigeführt wird;

und/oder

b)
ein Verfahren zum Modifizieren einer Presse zum Trennen von Kakaomasse in Kakaokuchen und Kakaobutter, die einen Rahmen, in welchem eine Vielzahl von Druckelementen angeordnet ist, und eine Einrichtung zum Zusammendrücken der Druckelemente aufweist, worin die Druckelemente jeweils einen Hohlraum zum Aufnehmen von zu drückender Kakaomasse aufweisen, in welchem Hohlraum mindestens ein Kompressor vorhanden ist, und worin ein Filter vor dem Kompressor und auf der Seite des Hohlraums gegenüber dem Kompressor angeordnet ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden,

bei dem der Abstand zwischen den Filtern in der Füllposition des Kompressors in einem Bereich von 60 bis 90 Millimetern liegt und wobei dieser Abstand nicht durch Einbringen eines Füllmittels in einen größeren Hohlraum herbeigeführt wird;

2.
der Klägerin darüber Rechnung zulegen, in welchem Umfang sie die zu Ziff. I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 03. Mai 2002 begangen hat, und zwar unter Angabe

a)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

b)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und zugleich verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Nachfrage darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmt bezeichneter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem 03. Mai 2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,– €.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP 1 042 xxx B1 mit der Bezeichnung „A“ (Klagepatent, Anlage K 1). Das Klagepatent wurde am 07.07.2000 angemeldet und am 11.10.2000 offengelegt. Die Patenterteilung wurde am 03.04.2002 veröffentlicht.

Als Vertragsstaat ist unter anderem die Bundesrepublik Deutschland benannt. Der deutsche Teil des Klagepatents trägt die Bezeichnung „A1“ und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 600 00 xxx T2 geführt (Anlage K 1a).

Die im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblich interessierenden Patentansprüche 1 und 5 lauten in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt:

In der deutschen Übersetzung haben die Patentansprüche folgenden Wortlaut:

Gegen den Rechtsbestand des deutschen Teils des Klagepatents hat die Beklagte mit am 12.04.2007 beim Bundespatentgericht eingegangener Klageschrift Nichtigkeitsklage erhoben, über die derzeit noch nicht entschieden ist.

Die Beklagte stellt Kakaopressen her, die sie in der Bundesrepublik Deutschland anbietet und vertreibt. Eine bei der Firma B GmbH & Co. KG in Berlin befindliche Presse des Herstellers C, die ursprünglich 14 Presstöpfe aufwies, hat sie so umgebaut, dass sie 16 Presstöpfe aufweist. Der Füllstandzwischenraum beträgt nach dem Umbau 71 mm; die Presse verwirklicht sämtliche Merkmal des Klagepatents. Darüber hinaus hat die Beklagte ihre Pressen auf der „Interpack“ 2005 in Düsseldorf präsentiert.

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der unbestrittenen Verletzung ihres Klagepatents auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Schadenersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

Klageabweisung;

hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über den gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobenen Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Beklagte ist der Auffassung, das Klagepatent werde sich in dem von ihr angestrengten Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen, was den gestellten Aussetzungsantrag rechtfertige.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist in der Sache gerechtfertigt. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Schadenersatz gegen die Beklagte aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139, 9 Satz 2 Ziff. 1 und 2, 140b PatG und §§ 242, 259 BGB zu. Die Beklagte hat widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht.

I.

Das Klagepatent betrifft eine Presse zum Trennen von Kakaomasse in Kakaokuchen und Kakaobutter.

Derartige Pressen sind aus dem Stand der Technik bekannt. Dabei ist im allgemeinen ein Hydraulikzylinder vorgesehen, der in einem Zylinderblock gebildet ist, welcher mit einem Halter mittels zweier getrennter Zugstangen verbunden ist. In dem Zylinder ist ein Kolben vorhanden und zwischen dem Kolben und dem Halter ist eine Reihe von Druckelementen angeordnet. Die Druckelemente weisen einen sogenannten Topf auf, der einen üblicherweise zylindrischen Hohlraum definiert, in welchem ein Kompressor und beispielsweise zwei Filter vorhanden sind. Der Raum zwischen den Filtern ist dazu vorgesehen, eine Menge an zu pressender Kakaomasse aufzunehmen. Während eines Presszyklus werden die Töpfe über Zufuhrleitungen mit erwärmter Kakaomasse gefüllt und anschließend komprimiert. Hierbei wird die Kakaobutter durch die Filter gepresst und ausgegeben.

Die Kakaoindustrie fordert vielfach, dass die erhaltenen Kakaokuchen weniger als 10 Gewichtsprozent an Kakaobutter enthalten. Um diese Anforderung mit einer hydraulischen Presse aus dem Stand der Technik zu erreichen, ist ein verlängertes Pressen bei sehr hohem Druck erforderlich. Im Stand der Technik wird ein Abstand von mehr als 92 mm zwischen den zwei Filtern in der Füllposition von hydraulischen Pressen ausgewählt. Typische Presszyklen dauern 20 bis 25 Minuten und erfordern einen Druck von 550 Bar. In einer Presse, die 14 Presstöpfe aufweist, können damit 200 bis 250 kg Kakaomasse pro Zyklus verarbeitet werden.

Das Klagepatent hat sich zur Aufgabe gemacht, eine Presse bereitzustellen, die es ermöglicht, die Länge eines Druckzyklus signifikant zu vermindern und/oder den Druck zu vermindern, und zwar bevorzugt ohne erhebliche Veränderung der Presse gegenüber den Pressen des Standes der Technik.

Dazu schlägt das Klagepatent in seinem auf eine Vorrichtung gerichteten Patentanspruch 1 die Kombination der folgenden Merkmale vor:

1. Presse (1) zum Trennen von Kakaomasse in Kakaokuchen und Kakaobutter.

2. Die Presse weist einen Rahmen auf, in dem eine Vielzahl von Druckelementen (6) angeordnet ist.

3. Die Presse weist ferner eine Einrichtung (4, 5) zum Zusammendrücken der Druckelemente (6) auf.

4. Die Druckelemente weisen jeweils einen Hohlraum (9) zum Aufnehmen von zu drückender Kakaomasse auf.

5. In dem Hohlraum (9) ist mindestens ein Kompressor (11) vorhanden.

6. Ein Filter (10, 10’) ist vor dem Kompressor (11) und auf der Seite des Hohlraums (9) gegenüber dem Kompressor (11) angeordnet.

7. Der Abstand zwischen den Filtern (10, 10’) liegt in der Füllposition des Kompressors (11) in einem Bereich von 60 bis 90 Millimetern.

In dem ein Verfahren angebenden Patentanspruch 6 wird eine Kombination der folgenden Merkmale vorgeschlagen:

1. Verfahren zum Modifizieren einer Presse (1) zum Trennen von Kakaomasse in Kakaokuchen und Kakaobutter

2. Die Presse weist einen Rahmen auf, in dem eine Vielzahl von Druckelementen (6) angeordnet ist.

3. Die Presse weist ferner eine Einrichtung (4, 5) zum Zusammendrücken der Druckelemente (6) auf.

4. Die Druckelemente weisen jeweils einen Hohlraum (9) zum Aufnehmen von zu drückender Kakaomasse auf.

5. In dem Hohlraum (9) ist mindestens ein Kompressor (11) vorhanden.

6. Ein Filter (10, 10’) ist vor dem Kompressor (11) und auf der Seite des Hohlraums (9) gegenüber dem Kompressor (11) angeordnet.

7. Der Abstand zwischen den Filtern (10, 10’) liegt in der Füllposition des Kompressors (11) in einem Bereich von 60 bis 90 Millimetern.

Die Klagepatentschrift führt dazu aus, dass überraschenderweise festgestellt wurde, dass die Dauer des Presszyklus mit einer erfindungsgemäßen Presse um 5 bis 10 Minuten vermindert werden kann, während der erforderliche Druck um etwa 10 % reduziert werden kann (Anlage K 1a, S. 4, 4. Abs.). Eine Presse nach der Erfindung des Klagepatents, die sechzehn Töpfe aufweist, ist in der Lage ebensoviel Kakaomasse pro Presszyklus zu verarbeiten, wie eine Presse des Standes der Technik derselben Länge mit 14 Töpfen. Aufgrund der verminderten Länge des Zyklus ist die Produktionskapazität damit um etwa 25 bis 50 % höher.

Als weiteren Vorteil erwähnt die Klagepatentschrift, dass die Zusammensetzung der erhaltenen Kuchen homogener ist und die Kuchen mithin zu einer höheren Qualitätsklasse mit einem höheren wirtschaftlichen Wert gehören (Anlage K 1a, S. 4, vorletzter Absatz). Auch vermindert sich die Gefahr einer Öffnung der Presse während des Pressvorganges (Anlage K 1a, S. 4/5 übergreifender Absatz).

II.

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Beklagte eine Kakaopresse, die von den Merkmalen des Patentanspruchs 1 Gebrauch macht, in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und in Verkehr gebracht und das von Patentanspruch 5 geschützte Verfahren angewandt hat.

III.

Aus der festgestellten Verletzung des Klagepatents ergeben sich die Klageansprüche wie folgt.

Die Beklagte ist der Klägerin im tenorierten Umfang zur Unterlassung ihrer Angebots-, Vertriebs- und Anwendungshandlungen verpflichtet (Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1, 9 Satz 2 Ziff. 1 und 2 PatG).

Mit Rücksicht auf die bereits vorgefallenen Verletzungshandlungen haftet die Beklagte der Klägerin gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG auf Schadenersatz, da sie schuldhaft gehandelt hat. Als Fachunternehmen hätte sie bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, dass sie in das der Klägerin zustehende Klagepatent eingreift (§ 276 BGB).

Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Die Klägerin hat deshalb ein rechtliches Interesse daran, dass die Schadenersatzhaftung der Beklagten zunächst dem Grunde nach festgestellt wird (§ 256 ZPO).

Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch beziffern zu können, schuldet die Beklagte im zuerkannten Umfang Auskunft und Rechnungslegung (§ 140b PatG, §§ 242, 259 BGB). Hinsichtlich der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer ist der Beklagten der von der Klägerin im Antrag bereits berücksichtigte Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger).

Die Aufnahme eines gegenüber dem Klageantrag weiteren Merkmals in den Urteilstenor ist zur Abgrenzung vom nachstehend erörterten Stand der Technik erfolgt und dient der Klarstellung. In der Sache entspricht dies dem Begehren der Klägerin und stellt keine Teilabweisung der Klage dar.

IV.

Im Hinblick auf den gegen das Klagepatent eingelegten Einspruch besteht keine Veranlassung zur Aussetzung gemäß § 148 ZPO.

Nach der Auffassung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) vertreten wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen.

Die Aussetzung kommt danach in Betracht, wenn entweder das prozessuale Verhalten der Klägerin eindeutig ihre Interessen hinter die der Beklagten zurücktreten lässt und/oder mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Letzteres wiederum kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.

Unter Berücksichtigung der vorstehend dargelegten Grundsätze kommt eine Aussetzung vorliegend nicht in Betracht.

1.
Die Beklagte hält dem Klagepatent die „Betriebsanleitung für Kakaobutterpresse CPH 12 – 18“ der Firma D (Anlage BR 3; im folgenden: Betriebsanleitung) als neuheitsschädlich entgegen. Diese nimmt bei zutreffender Betrachtung hingegen nicht sämtliche Merkmale des Klagepatents neuheitsschädlich vorweg. Zwar ist es richtig, dass die Betriebsanleitung Zwischenplatten beschreibt (Anlage BR 3, S. 40 – Text – und S. 44 – zeichnerische Darstellung –), bei deren Einsatz sich die Höhe der Presskammern von 90mm auf 60mm verringert. Jedenfalls die Untergrenze des vom jeweils kennzeichnenden Merkmal der Patentansprüche 1 und 5 gelehrten Bereichs von 60mm bis 90mm ergibt sich mithin aus der Betriebsanleitung. Dabei kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass damit bereits der klagepatentgemäße Bereich und insbesondere im Hinblick auf die Unteransprüche 2 und 8 der besonders bevorzugte, engere Bereich offenbart ist, der sich nicht ausdrücklich ergibt, da nur zwei alternative, feste Maße von 60 mm und 90 mm genannt werden. Denn die technische Lehre des Klagepatents geht über das in der Entgegenhaltung Offenbarte hinaus.

Die von der Entgegenhaltung vorgesehenen Zwischenplatten verändern lediglich die Höhe der Presskammern, lassen aber die Geometrie der Presse im Übrigen unverändert. Die technische Lehre des Klagepatents bleibt hingegen – wie der Fachmann bei Heranziehung der Beschreibung zur Auslegung erkennt – nicht bei der Reduzierung der Höhe allein stehen. Vielmehr ist es Anliegen des Klagepatents – wie sich bereits aus der Aufgabenstellung ergibt – ohne erhebliche Veränderung der Presse gegenüber dem Stand der Technik die Länge des Druckzyklus signifikant zu vermindern und/oder den Druck zu vermindern (Anlage K1a, S. 2, 5. Abs.). In diesem Sinne erkennt der Fachmann, dass die Gesamtleistung der Presse verbessert werden soll, denn gelehrt wird nicht ein einzelnes Druckelement, sondern eine Presse, und zwar eine solche mit einer Vielzahl von Druckelementen. Dazu ist es erforderlich, dass die Anzahl der Presskammern erhöht wird, wodurch die Aufnahmekapazität gleich bleibt, sich aber im Hinblick auf Höhe und Dauer des Drucks die überraschenden Vorteile ergeben, die das Klagepatent nennt (Anlage K1a, S. 4, 4. und 5. Abs.). Anders als das Klagepatent lässt die Betriebsanleitung weder eine Erhöhung der Anzahl an Druckelementen zu, da die Zwischenplatte nicht zu einer Raumeinsparung führt, wie es bei einer klagepatentgemäßen Ausführungsform der Fall ist, noch gibt sie ihm überhaupt begründeten Anlass, die Höhe der Presskammer zu modifizieren. Die Betriebsanleitung führt dazu schlicht aus, dass die Zwischenplatten auf Wunsch geliefert werden können, „wenn die Umstände den Einbau erforderlich machen“. Welche Umstände dies sind wird – im Gegensatz zum Klagepatent – ebenso wenig erläutert wie es an der Mitteilung von Erkenntnissen über etwaige Vorteile einer solchen Maßnahme fehlt.

2.
Auch die von der Beklagten als erfindungsschädlich entgegengehaltenen Schriften legen dem Fachmann die technische Lehre des Klagepatents nicht nahe.

a) Kombination Hausmitteilung D Mai 1959 (Anlage BR 4) und Hausmitteilung D 130/65 (Anlage BR 5)

Die genannten Hausmitteilungen der Firma D legen dem Fachmann die technische Lehre des Klagepatents nicht nahe. Die grundsätzliche Möglichkeit, durch die Einlegeplatten einen niedrigen Restkakaobuttergehalt von 6,5% erreichen zu können, gibt dem Fachmann keinen Anhaltspunkt für die Erkenntnis der technischen Lehre des Klagepatents, die – im Gegensatz zur Entgegenhaltung – gerade nicht die Erhöhung der Kakaobutterabpressung (d.h. ein niedrigerer Restbuttergehalt im Kakaokuchen) zum Ziel hat. Vielmehr ist das Klagepatent auf die Effizienz der Pressen gerichtet, während der Aspekt des Restbuttergehaltes und die größere Homogenität der Kakaokuchen im Hinblick darauf nur einen damit einhergehenden Vorteil darstellt, der zudem in der Höhe (9,5 bis 10,5 % gegenüber 9 bis 13 % im Stand der Technik) noch wesentlich von der Entgegenhaltung entfernt ist. Auch besagt dies nichts zur Ausgestaltung der Presskammern und erst recht nichts zu deren Anordnung in der Presse.

Die Hausmitteilung 130/65 legt dem Fachmann schon deshalb die technische Lehre des Klagepatents nicht nahe, weil die besprochene Presse gattungsfremd ist. Es handelt sich dabei um eine Laborpresse mit einer einzelnen Presskammer, die nicht mit einer Presse mit einer Vielzahl von Druckelementen vergleichbar ist. Insbesondere kommen dabei die patentgemäßen Vorteile, die sich aus der Verkleinerung der Kammern bei Erhöhung ihrer Anzahl ergeben, nicht zum Tragen.

Auch eine Kombination der genannten Schriften vermag dem Fachmann aus den vorgenannten Gründen die technische Lehre des Klagepatents nicht nahezulegen.

b) Kombination DE 723 722 (Anlage BR 6) mit WO 92/12853 (Anlage BR 7)

Die Presse nach dem deutschen Patent 723 722 ist bereits konstruktiv erheblich verschieden von den Pressen, die den gattungsbildenden Stand der Technik des Klagepatents darstellen. Ihre technische Lehre gibt für den Fachmann auch deshalb nichts für die Erfindung nach dem Klagepatent her, weil die Entgegenhaltung gerade eine Presse betrifft, deren Masse nach dem Pressen noch flüssig ist.

Eine Kombination mit der französischsprachigen WO 92/12853 konnte von der Kammer nicht nachvollzogen werden, da die Beklagte entgegen der entsprechenden in den Hinweisen zum Verfahren vor der angerufenen Kammer enthaltenen Auflage keine deutsche Übersetzung vorgelegt hat.

3.
Der Aussetzungsantrag ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil das Klagepatent in seiner erteilten Fassung gegenüber der Patentanmeldung in unzulässiger Weise erweitert worden ist, wie die Beklagte vorträgt. Die Aufnahme der Untergrenze des Abstandsbereichs von 60mm stellt keine Erweiterung des Schutzbereichs des Klagepatents gegenüber der Anmeldung dar. Zwar ist diese Untergrenze – worauf die Beklagte zu Recht hinweist – in der Offenlegungsschrift nur in Bezug auf ebene oder im Wesentlichen ebene Filter ausdrücklich genannt worden (Anlage BR 8, Sp. 2, Abs. [0009], Z. 9 bis 11 und 16/17). Generell hatte die Anmeldung jedoch bereits zum Ausdruck gebracht, dass der Abstand bevorzugt weniger als 76 mm betragen sollte (vgl. Anlage BR 8, Sp. 1, Abs. [0006], Z. 46, Abs. [0008], Z. 57 und Sp. 2, Z. 7/8). Daraus folgt, dass von vornherein Abstände von 60 mm und sogar darunter möglich waren, so dass der Schutzbereich durch die Aufnahme des Merkmals nicht erweitert wird.

Das eingefügte Merkmal beschränkt den Schutzbereich der Erfindung vielmehr und stellt daher keine unzulässige Erweiterung dar (vgl. BGH GRUR 2001, 140 – Zeittelegramm; EPA GRUR Int. 1994, 842 – Beschränkendes Merkmal, dort heißt es: „Ein Merkmal, das in der Anmeldung ursprünglich nicht offenbart war, ihr aber während der Prüfung hinzugefügt wurde und – ohne einen technischen Beitrag zum Gegenstand der beanspruchten Erfindung zu leisten – lediglich den Schutzbereich des Patents in der erteilten Fassung einschränkt, indem es den Schutz für einen Teil des Gegenstands der in der ursprünglichen Anmeldung beanspruchten Erfindung ausschließt, ist nicht als Gegenstand zu betrachten, der im Sinne des Art. 123 (2) EPÜ über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Der Einspruchsgrund nach Art. 100c) EPÜ steht deshalb der Aufrechterhaltung eines europäischen Patents, das ein solches Merkmal enthält, nicht entgegen.“; Mes, § 21 PatG Rn 48; vgl. auch BGH GRUR 1992, 842 – Chrom-Nickel-Legierung zur Offenbarung aller innerhalb der Grenzwerte liegenden Zwischenwerte und aller daraus beliebig gebildeten Teilmengen bei der Angabe eines bestimmten Bereichs).

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

VI.

Die Kammer hat beschlossen, den Streitwert auf

500.000,– €

festzusetzen (§ 63 Abs. 2 GKG, § 3 ZPO).