4b O 174/07 – Abgabeventil II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 695

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. Dezember 2007, Az. 4b O 174/07

1. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf – 4b O 174/07 – vom 9. August 2007 wird bestätigt.

2. Die weiteren Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

T a t b e s t a n d
Die Antragstellerin ist Lizenznehmerin des deutschen Gebrauchsmusters 202 12 xxx (Anlage ASt 1; im Folgenden: Verfügungsgebrauchsmuster), dessen Inhaber der Kommanditist der Antragstellerin, Herr Dr. Ing. A, ist. Herr Dr. A ermächtigte die Antragstellerin zur Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Verfügungsgebrauchsmuster, das ein Abgabeventil mit Beutel betrifft.

Das Verfügungsgebrauchsmuster, welches das Prioritätsdokument der kurz vor der Erteilung stehenden europäischen Patentanmeldung 1 532 xxx A 1 (WO 2004/022452 A 1) ist, steht in Kraft. Über den von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 20. September 2007 (Anlage) beim DPMA gestellten Löschungsantrag ist derzeit nicht entschieden.

Anspruch 1 des Verfügungsgebrauchsmusters lautet:
„Abgabeventil mit Beutel für die Abgabe von unter Druck stehenden Flüssigkeiten, Schäumen, Gelen oder dergleichen mit einem verschweißten Beutel (11) aus flexiblem Folienmaterial mit einem eingeschweißten Aufnahmekörper (15), der durch eine mit einem Ventildeckel (2) verschließbare Öffnung eines Behälters (1) hindurch in diesem platziert ist, wobei der Ventildeckel (2) ein Ventilkörper (6) mit einer aus einer Schließstellung heraus entgegen der Wirkung eines elastischen Elementes, insbesondere einer Druckfeder (7), axial verschiebbaren Ventilnadel (4) aufnimmt, am Ventilkörper (6) eine Aufnahme (14) zur Befestigung eines Beutels angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die stirnseitige Oberfläche (16) des in den Beutel (11) eingeschweißten Aufnahmekörpers (15) mittels einer Dichtung mindestens teilweise bedeckt wird.“

Die folgende Wiedergabe der einzigen Figur des Verfügungsgebrauchsmusters dient der Veranschaulichung der unter Schutz gestellten Lehre anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Die Antragsgegnerin bietet an und vertreibt bundesweit Gaskartuschen mit der Bezeichnung „B“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform), deren Ausgestaltung die eingeblendete Anlage ASt 15 erkennen lässt.

Auf Antrag der Antragstellerin hat die Kammer am 9. August 2007 im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der Antragsgegnerin untersagt wurde, Treibstoffzellen, aufweisend Abgabeventile mit Beutel für die Abgabe von unter Druck stehenden Flüssigkeiten, Schäumen, Gelen oder dergleichen mit einem verschweißten Beutel aus flexiblem Folienmaterial mit einem eingeschweißten Aufnahmekörper, der durch eine mit einem Ventildeckel verschließbare Öffnung eines Behälters hindurch in diesem platziert ist, wobei der Ventildeckel ein Ventilkörper mit einer aus einer Schließstellung heraus entgegen der Wirkung eines elastischen Elementes, insbesondere einer Druckfeder, axial verschiebbaren Ventilnadel aufnimmt, am Ventilkörper eine Aufnahme zur Befestigung eines Beutels angeordnet ist, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, wenn die stirnseitige Oberfläche des in den Beutel eingeschweißten Aufnahmekörpers mittels einer Dichtung mindestens teilweise bedeckt wird. Gegen die ihr am 13. August 2007 zugestellte einstweilige Verfügung hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 21. September 2007 Widerspruch eingelegt.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verletze Anspruch 1 des Verfügungsgebrauchsmusters wortsinngemäß. An der Rechtsbeständigkeit des Verfügungsgebrauchsmusters bestünden keinerlei Zweifel, wie insbesondere auch die Anerkennung des Schutzrechtes unter Wettbewerben sowie die – unstreitig – kurz bevorstehende Erteilung der parallelen europäischen Patentanmeldung EP 1 532 057 (WO 2004/022452) (Anlage ASt 8, ASt 10) belege.

Die Antragstellerin beantragt,
den Widerspruch der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 9. August 2007 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Nach Ansicht der Antragsgegnerin mangelt es an einem Verfügungsanspruch. Das Verfügungsgebrauchsmuster sei nicht schutzfähig. Wie sich aus ihrem Löschungsantrag ergebe, stünden den Ansprüchen 1 bis 4 des Verfügungsgebrauchsmusters sechs Schutzrechte bzw. Schutzrechtsanmeldungen zum Teil neuheitsschädlich entgegen.

Wegen des weitergehenden Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie die zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 9. August 2007 ist aufrechtzuerhalten; der gegen die Beschlussverfügung gemäß §§ 936, 940, 924 Abs. 1 ZPO statthafte Widerspruch der Antragsgegnerin ist unbegründet.

I.
Die Antragstellerin hat ihren zu sichernden Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 11 Abs. 1 S. 2, 24 Abs. 1 GebrMG glaubhaft gemacht.

1.
Die Erfindung nach dem Verfügungsgebrauchsmuster betrifft ein Abgabeventil mit Beutel für die Abgabe von unter Druck stehenden Flüssigkeiten, Schäumen, Gelen oder dergleichen.

Derartige Baueinheiten sind aus den Druckschriften WO 90/10583, EP 0471503 und EP 0697348 bekannt.
Die WO 90/10583 offenbart eine Baueinheit, bei der sich ein Teil eines Abgabeventils durch einen Beutel, der mit dem Ventilkörper des Abgabeventils dicht verschweißt ist, erstreckt. Ein Austreten des Beutelinhalts durch einen Zwischenraum zwischen Beutel und Abgabeventil ist damit verhindert und ein guter Halt gewährleistet. Bei den Baueinheiten aus der EP 0471503 und der EP 0697348 wird der Beutel mittels zweier Halter am Ventilkörper befestigt.
Herkömmlicherweise wird ein Beutel aus flexiblem Folienmaterial verwendet, das aus mehreren laminierten Schichten aufgebaut ist, wobei die innerste Schicht meist aus Polyolefinen hergestellt ist. Die Polyolefine weisen unter anderem die Eigenschaft auf, dass sie sich lediglich mit sich selbst gut verschweißen lassen. Ein Verschweißen mit anderen Materialien hat sich als nicht haltbar erwiesen. Dies hat zur Folge, dass bei der Baueinheit nach der WO 90/10583 auch der Ventilkörper, an den der Beutel unmittelbar angeschweißt ist, aus Polyolefin hergestellt sein muss. Dies erweist sich – wie das Verfügungsgebrauchsmuster kritisch anmerkt – jedoch als nachteilig, weil Polyolefine gegenüber organischen Medien permeabel sind. Wird ein organisches Medium wie Butan als Druckmittel zur Komprimierung des Beutels in einer Aerosoldose verwendet, so kommt es bei der Verwendung von Polyolefinen für den Ventilkörper zum Druckausgleich zwischen Beutel und Behälterinhalt durch Diffusion. Ebenso kann auch ein Lösungsmittel aus dem Beutel über den Ventilkörper heraus diffundieren.
Bei den Baueinheiten aus der EP 0471503 und der EP 0697348 ist der Ventilkörper demgegenüber aus einem nicht mit den Polyolefinen verschweißbaren Kunststoff hergestellt, so dass eine Permeabilität gegenüber den organischen Medien nicht von Bedeutung ist. Aufgrund der – mangels Verschweißbarkeit erforderlichen – mechanischen Klemmvorrichtung für den Beutel an dem Ventilkörper entsteht jedoch ein erhöhter Fertigungs- und Montageaufwand. Auch dies erachtet das Verfügungsgebrauchsmuster als nachteilig.

Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Abgabeventil mit Beutel zu schaffen, das gegenüber organischen Medien nicht permeabel ist und bei dem der Beutel fertigungs- und montagetechnisch leicht und sicher am Ventilkörper befestigt wird.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Verfügungsgebrauchsmuster die Kombination folgender Merkmale vor:

1. Abgabeventil mit Beutel (11) für die Abgabe von unter Druck stehenden Flüssigkeiten, Schäumen, Gelen oder dergleichen.

2. Der Beutel (11)
a) ist aus flexiblem Folienmaterial verschweißt,
b) hat einen eingeschweißten Aufnahmekörper (15),
c) ist durch eine mit einem Ventildeckel (2) verschließbare Öffnung eines Behälters (1) hindurch in diesem platziert,
aa) wobei der Ventildeckel (2) ein Ventilkörper (6) mit einer aus einer Schließstellung heraus entgegen der Wirkung eines elastischen Elementes, insbesondere einer Druckfeder (7), axial verschiebbaren Ventilnadel (4) aufnimmt und
bb) am Ventilkörper (6) eine Aufnahme (14) zur Befestigung eines Beutels angeordnet ist.

3. Die stirnseitige Oberfläche (16) des in den Beutel (11) eingeschweißten Aufnahmekörpers (15) wird
a) mittels einer Dichtung
b) mindestens teilweise bedeckt.

2.
Die angegriffene Ausführungsform macht – wie zwischen den Parteien zu Recht außer Streit steht – von diesen Merkmalen wortsinngemäß Gebrauch. Der Verletzungstatbestand ist glaubhaft gemacht. Weitere Ausführungen hierzu erübrigen sich.

II.
Die Antragstellerin kann den daraus folgenden Unterlassungsanspruch im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchsetzen. Ein Verfügungsgrund gem. §§ 935, 940 ZPO ist gegeben. Nach Abwägung der gegenseitigen Interessen der Parteien ist anzunehmen, dass die Verfügung zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich und notwendig ist.

1.
Das Verfügungsgebrauchsmuster ist schutzfähig; die unter Schutz gestellte Lehre ist gemäß §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 2 GebrMG neu und beruht auf einem erfinderischen Schritt. Durchgreifende Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Verfügungsgebrauchsmusters sind – auch vor dem Hintergrund des anhängigen Löschungsverfahrens – nicht ersichtlich.

a)
Anspruch 1 des Verfügungsgebrauchsmusters wird nicht durch die europäische Patentanmeldung 0 585 908 (Anlage D 1 zum Löschungsantrag) neuheitsschädlich vorweggenommen. Dieser Offenbarung fehlt es an einer Dichtung gemäß Merkmal 3 des Verfügungsgebrauchsmusters.

Die einen Sperrbeutel-Behälter betreffende EP 0 585 908 widmet sich zwar (auch) dem Problem der hermetischen Fixierung des inneren, zusammendrückbaren Beutels am Material des Ventilkörpers und damit einhergehend dem unerwünschten Austreten des Produktes und/oder des Treibmittels sowie der geringen Beständigkeit von Polyolefinen gegenüber Gasen (Anlage D 1 zum Löschungsantrag, Sp. 1, Z. 48 – 53, Sp. 2, Z. 22 – 41). Zur Lösung dieser Probleme bzw. ihrer Aufgabenstellung offenbart sie – in der dortigen Terminologie gesprochen – ein im Inneren eines Beutels befindliches Eintauchröhrchen (8), das über einen sich am Ventilkörper (6) befindenden ringförmigen Konus (11) gestülpt ist (Anlage D 1 zum Löschungsantrag, Sp. 3, Z. 27 – 39, Sp. 4, Z. 11 – 20, Sp. 5, Z. 36 – 42, Sp. 6, Z. 29 – 34, Sp. 7, Z. 24 – 37, Figur 6). Beim Überstülpen des Eintauchröhrchens (8) über den ringförmigen Vorsprung bzw. die ringförmige Schulter (11) des Ventilkörpers (6) spannt und dehnt die Schulter bzw. der ringförmige Konus (11) das Eintauchröhrchen (8) an dieser Stelle, so dass es nur noch unter großer Kraftanstrengung über den Konus gezogen werden kann. Es kommt mithin infolge der beim Überstülpen entstehenden Reibungskräfte zur Sicherung und zur festen Fixierung des Eintauchröhrchens (8) an dem Ventilkörper (6), so dass auch bei der Befüllung des kollabierenden Behälters unter Druck, kein Loslösen des Ventils und des Röhrchens erfolgt (Anlage D 1 zum Löschungsantrag, Sp. 3, Z. 29 – 31, Sp. 4, Z. 12 – 16, Z. 32 – 49, Sp. 7, Z. 24 – 37). Die feste Verbindung zwischen dem Eintauchröhrchen und dem Ventilkörper beruht nur auf Reibungskräften, ein Verschweißen der beiden Teile ist demgegenüber nicht erforderlich (Anlage D 1 zum Löschungsantrag, Sp. 5, Z. 15 – 19). Als besonders bevorzugte und in Unteransprüchen gesondert unter Schutz gestellte Ausführung zeigt die EP 0 585 908 ferner einen Sperrbeutel-Behälter, bei dem der kollabierbare Behälter an der Außenwand des Eintauchröhrchen angeschweißt wird, so dass sich das Röhrchen vollständig im Inneren des Beutels befindet und ein Übertreten von Treibgas und Füllgut jeweils in die andere Kammer des Behälters nicht möglich ist (Anlage D 1 zum Löschungsantrag, Sp. 7, Z. 44 – 47, Sp. 9, Z. 24 – 28, Unteransprüche 2, 4).
Diese offenbarte Art der Fixierung des Eintauchröhrchens (8) an dem Ventilkörper (6) versteht der Fachmann nicht als eine Dichtung, wie sie in Merkmal 3 des Verfügungsgebrauchsmusters vorgesehen ist. Dies auch dann nicht, wenn der Wortlaut des Merkmals 3 keine Einschränkung hinsichtlich der Art und Weise der Dichtung vorsieht, so dass die erfindungsgemäße Dichtung auch durch die Stirnfläche des Aufnahmekörpers und eine korrespondierende Fläche des Ventilkörpers bereitgestellt werden kann.
Zu bedenken gilt es, dass die Dichtung nach dem Verfügungsgebrauchsmuster als Sperrschicht oder Barriere für organische Medien, welche durch den Aufnahmekörper (15) diffundieren können, ausgestaltet sein muss. Vermieden werden soll die Diffusion zwischen Beutel und Behälterinhalt infolge der verwendeten Materialien, weshalb die erfindungsgemäße Dichtung zwangsläufig aus einem anderen Material als der gasdurchlässige Aufnahmekörper (15) besteht. Dies bzw. die Notwendigkeit einer solche Abdichtung mittels einer gasundurchlässigen Sperrschicht an der Stirnseite des Aufnahmekörpers thematisiert die EP 0 585 908 jedoch nicht. Die von ihr offenbarte feste Verbindung zwischen dem als Aufnahmekörper anzusehenden Eintauchröhrchen (8) und einem Ventilkörper (6), die „nur auf Reibungskräften“ beruht (Anlage D 1 zum Löschungsantrag, Sp. 5. Z. 14 – 19), ist nicht mit einer gasundurchlässigen Sperrschicht gleichzusetzen. Ein Reibschluss allein verhindert nicht zwangsläufig und automatisch die Permeabilität. Überdies befindet sich eine so verstandene Dichtung bei der Erfindung nach der europäischen Druckschrift nicht an der stirnseitigen Oberfläche des dortigen Aufnahmekörpers, sondern zwischen dem Innenbereich des (übergestülpten) Teils des Eintauchröhrchens (8) und dem in den Beutel hineinragenden Vorsprung (10) des Ventilkörpers (6).
Auch Figur 6 der EP 0 585 908 einschließlich der dazugehörenden Beschreibung weist dem Fachmann nicht den erfindungsgemäßen Weg. Bei der in Figur 6 dargestellten Ausführungsform ist das Eintauchröhrchen (8) zwar so weit über das untere Ende (10) des Ventilkörpers (6) gestülpt, dass die Stirnseite des in den Beutel eingeschweißten Eintauchröhrchens (8) an einer nicht näher bezeichneten Schulter des Ventilkörpers (6) anliegt. Dem Fachmann wird damit jedoch noch nicht die Lehre an die Hand gegeben, an dieser Stelle eine gasundurchlässige Sperrschicht vorzusehen ist. Hierzu fehlt in der Beschreibung und der figürlichen Darstellung jeder Anhalt; diese Stelle als möglicher Ort der Diffusion und Abdichtung wird nicht thematisiert. Die europäische Druckschrift beschäftigt sich vielmehr wie oben ausgeführt mit einer hermetischen Fixierung des Beutels durch Aufstülpen des Eintauchröhrchens (8) auf den Ventilkörper (6). Ebenso wenig wird erläutert, dass eine bestimmte vorgegebene Positionierung des Eintauchröhrchens (8) – und zwar so, dass dessen Stirnseite mit der Beuteloberseite bündig abschließt und somit zur Anlage an die Schulter des Ventilkörpers kommt – zwingend erforderlich ist. Ein Anschlag am Konus (11) ist gleichfalls nicht vorgesehen, so dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass beim Aufstülpen des Eintauchröhrchens (8) mittels des Konus (11) automatisch eine bestimmte Positionierung der Stirnseite des Eintauchröhrchens (8) sichergestellt wird. Die Notwendigkeit einer Verpressung des Eintauchröhrchens (8) ist schließlich ebenfalls nicht erwähnt. Da die europäische Druckschrift lehrt, handelsübliche Eintauchröhrchen und handelsübliche Ventilkörper verwenden zu können und erstere mit einem gewissen Druck auf letztere aufzustülpen und dem Fachmann zudem (unstreitig) bekannt ist, dass die eine gewisse Materialflexibilität aufweisenden Eintauchröhrchen nach dem Aufstülpen auf den Ventilkörper durch eine gewisse Rückstellkraft zurückfedern, wird der Fachmann die Abbildung der Figur 6 nur als schematische Zeichnung verstehen, die eine ungefähre Position des Eintauchröhrchens (8) zeigt. Er wird das Gezeigte demgegenüber nicht als definierte Positionierung oder als Vorgabe verstehen, das Eintauchröhrchen (stets) bis an einen Anschlag des Ventilkörpers zu schieben, so dass eine dichte Verbindung an dieser Stelle geschaffen wird.

b)
Auch die DE 44 27 xxx (Anlage D 2 zum Löschungsantrag) nimmt Merkmal 3 nicht neuheitsschädlich vorweg.
Dieser Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Baueinheit bestehend aus einem Abgabeventil für die Abgabe von unter Druck stehenden Flüssigkeiten, Schäumen, Gelen oder dergleichen und einem damit verschweißten Beutel aus flexiblen Folienmaterial zu schaffen, die bruchsicher ist, bei der ein Austausch einzelner Stoffe, insbesondere organischer Medien, zwischen Beutelinnenraum und Umgebung wirksam verhindert wird, und bei der dennoch eine gute Verschweißbarkeit zwischen Beutel und Abgabeventil gesichert ist. Obwohl sich somit die Aufgabenstellung dieser deutschen Offenlegungsschrift mit der des Verfügungsgebrauchsmusters zum Teil überschneidet, und auch nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass diese Offenbarung zur Lösung ihrer technischen Aufgabe u. a. – in der Terminologie dieser Schrift – ein in dem Beutel (24) angeordnetes Austragsröhrchen (58) vorsieht, welches durch die Beutelfolie hindurch sowie unter Zwischenschaltung eines gasdichten Dichtrings (32) mit dem Ventilkörper (14) des Abgabeventils (12) verbindbar ist, gibt sie letztlich keine erfindungsgemäße Dichtung zu erkennen.
Im Rahmen der Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels heißt es zwar, dass das Austragsröhrchen (58) – welches als Aufnahmekörper im Sinne des Verfügungsgebrauchsmusters angesehen werden kann – eine an den Beutel (24) unmittelbar anschließende zylinderkappenartige Verbreiterung (38) umfasst, die eine ringscheibenartige Auflagefläche (40) ausbildet (Anlage D 2 zum Löschungsantrag, Sp. 5, Z. 3 – 10, Figuren 2 und 4). Die stirnseitige Oberfläche dieser Auflagefläche (40) des Austragsröhrchens (58) wird jedoch nicht von dem Dichtring (32) der Offenbarung mindestens teilweise bedeckt. Zwischen dem Austragsröhrchen (58) und dem Dichtring (32) ist vielmehr der Beutel (24) eingeklemmt, so dass durch die Zwischenschaltung des Dichtrings (32) eine vollständige Abdichtung gegenüber dem Behälterinnenraum erreicht wird (Anlage D 2 zum Löschungsantrag, Sp. 4, Z. 62 – Sp. 5, Z. 2). Ein gasdichtes Abdecken und ein Kontakt zwischen der stirnseitigen Oberfläche des Austragsröhrchen (58) und der Dichtung (32) ist folglich nicht vorgesehen. Offenbart ist demgegenüber eine mechanische Klemmvorrichtung für den Beutel (24) an dem Ventilkörper (14). Hierauf verzichtet die Erfindung nach dem Verfügungsgebrauchsmuster aber gerade. Hinzu tritt, dass die Dichtung (32) in einem Bereich vorgesehen ist, in dem zwei gasundurchlässige Bauteile vorgesehen sind. Sowohl der Ventilkörper (14) als auch das Austragsröhrchen (58) sind nach der Beschreibung dieser Offenbarung aus nicht permeablen Material (Anlage D 2 zum Löschungsantrag, Sp. 5, Z. 27 – 30). Einer – wie vom Verfügungsgebrauchsmuster geforderten – gasundurchlässigen Sperrschicht bedarf es an dieser Stelle folglich nicht.

Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang auf die in der DE 44 27 xxx gezeigten Hülse (36) abstellt, die auf die zylinderkappenartige Verbreiterung (38) des Austragsröhrchens (58) aufgeschoben werden kann und aus einem Material besteht, welches sich gut mit dem Beutel verschweißen lässt (Anlage D 2 zum Löschungsantrag 2, Sp. 5, Z. 18 – 21, Z. 32 – 36), ist zu bemerken, dass die Hülse (36) unstreitig nicht als Aufnahmekörper im Sinne des Verfügungsgebrauchsmusters angesehen werden kann. Ebenso wenig verfängt der Hinweis, dass das Austragsröhrchen (58) nach der deutschen Offenlegungsschrift mit einer Oberfläche oder mit einem Belag versehen sein kann, die bzw. der eine gute Verschweißung zwischen Beutelfolie und Austragsröhrchen erlaubt (Anlage D 2 zum Löschungsantrag 2, Sp. 1, Z. 67 – Sp. 2, Z. 5). Diese Alternative wird in der Offenbarung allerdings nicht weiter erläutert, so dass weder ersichtlich ist, wie diese Oberfläche bzw. der Belag überhaupt geschaffen sein soll, noch – und dies ist maßgeblich – dass ein solcher Belag auch an der ringscheibenartigen Auflagefläche (40) des Austragsröhrchens (58) und damit in dem hier relevanten Bereich vorhanden sein soll. Da er als Alternative zur Hülse (36) anzusehen ist, ist vielmehr davon auszugehen, dass er – wie die Hülse – nur an der zylindrischen Verbreiterung des Austragsröhrchens (58) angebracht sein soll.

c)
Schließlich steht auch das EP 0 820 xxx (Anlage D 3 zum Löschungsantrag, deutsche Übersetzung DE 696 01 223) der Neuheit nicht entgegen.
Diese Offenbarung betrifft einen Spender für ein unter Druck stehendes Produkt und zielt darauf ab, einen Spender zur Verfügung zu stellen, bei dem das Treibgas und das unter Druck stehende Produkt voneinander getrennt sind. Das Ziel wird dadurch erreicht, dass ein Sack als Drucksack zur Aufnahme des Druckmediums vorhanden ist und das Ventil ein Rückschlagventil umfasst, womit der Ventilschaft mit der Innenseite des Drucksackes in Verbindung steht und das ein Strömen zum Drucksack hin gestattet. Mit dem Problem einer etwaigen Diffusion organischer Medien durch den Ventilkörper oder der Materialbeschaffenheit von Beutel und Ventilkörper vor dem Hintergrund der Permeabilität beschäftigt sich die europäische Schrift hingegen nicht.
Das EP 0 820 xxx zeigt (jedenfalls) auch keine Dichtung gemäß Merkmal 3. Soweit die Antragsgegnerin meint, in den Figuren dieser Offenbarung sei zu erkennen, dass die stirnseitige Oberfläche eines Aufnahmekörpers (element of attachment 14) mittels einer Dichtung (sealing ring 19) zumindest teilweise bedeckt ist, kann dem nicht gefolgt werden. Die Dichtung (19) dient der Beschreibung dieser Offenbarung zufolge der Abdichtung des Durchgangs (17) des Ventilelements. Sie soll verhindern, dass das Treibgas zwischen einerseits der Unterseite des Kragens (9) und andererseits dem oberen Ringrand des Ventilelements (16) und der sich horizontal anschließenden oberen Ringfläche des Befestigungselements (14) hindurchströmen kann (Übersetzung Anlage D 3, Seite 9, Z. 28 ff.). Diese Dichtfunktion ist nicht mit einer Dichtung, die eine erfindungsgemäße Sperrschicht- oder Barrierefunktion zwischen stirnseitiger Oberfläche eines in den Beutel eingeschweißten Aufnahmekörpers und dem Ventilkörper ausübt, gleichzusetzen.

d)
Die technische Lehre nach dem Verfügungsgebrauchsmuster beruht ferner auf einem erfinderischen Schritt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Verfügungsgebrauchsmusters hat für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt (15.08.2002) nicht nahegelegen.
Dass ausgehend von dem nächstliegenden Stand der Technik, der europäische Patentanmeldung 0 585 908 (Anlage D 1 zum Löschungsantrag), oder der DE 44 27 xxx (Anlage D 2 zum Löschungsantrag) die Lösung nach dem Verfügungsgebrauchsmuster für den Fachmann ohne weiteres aufzufinden war, ist nicht ersichtlich. Selbst die Antragsgegnerin behauptet dies nicht.
Eine Kombination der EP 0 820 xxx (Anlage D 3 zum Löschungsantrag, deutsche Übersetzung DE 696 01 223) mit dem EP 0 471 xxx A2 (deutsche Übersetzung D 4 zum Löschungsantrag) oder der DE-OS 25 53 xxx (Anlage D 5 zum Löschungsantrag) vermag den Fachmann bereits deshalb nicht ohne weiteres zur Erfindung des Verfügungsgebrauchsmusters führen, weil die EP 0 820 xxx (Anlage D 3) – wie ausgeführt – jedenfalls das kennzeichnende Merkmal 3 nicht aufzeigt, und dieses auch nicht nach dem Vortrag der Antragsgegnerin in den zur Kombination herangezogenen Druckschriften, EP 0 471 xxx A2 (deutsche Übersetzung D 4) und DE-OS 25 53 xxx (Anlage D 5), offenbart wurde.
Soweit die Antragsgegnerin in ihrem Löschungsantrag vorträgt, aus der EP 0 820 xxx (Anlage D 3) sei für den Durchschnittsfachmann erkennbar gewesen, dass es verschiedene gleichwirkende Maßnahmen gibt, die die Herstellung einer abdichtenden Verbindung zwischen dem Beutel und dem Aufnahmekörper eines Abgabeventils ermöglichen, wobei insbesondere ein Verschweißen als gleichwertig mit einer Kompressionsverbindung angesehen werde, und infolge dessen davon ausgeht, die in der DE-OS 25 53 xxx (Anlage D 5) dargestellte Befestigung des Beutels über eine „Einspannverbindung“ am „Zwischenkörper“ (Aufnahmekörper) (Anlage D 5 zum Löschungsantrag, Seite 4, 1. Absatz, Figur 11) und die in der EP 0 471 xxx A2 (Anlage D 4) gezeigte durch Verrastung hergestellte Klemmverbindung des Beutels an der Ventilanordnung (Seite 8 ff.) könnte bei Kombination mit der EP 0 820 xxx (Anlage D 3) zu der erfindungsgemäßen Dichtung führen, überzeugt dies nicht. Zutreffend ist zwar, dass es in dieser europäischen Druckschrift heißt, der Drucksack (3) könne auf unterschiedliche Weise am Befestigungselement (14) angebracht sein, wie etwa mittels Schweißen oder Kleben (Deutsche Übersetzung, Seite 7, Zeile 34 ff.). Nach der Erfindung genügt es aber nicht, nur die Art der Befestigung des Beutels an einem als Aufnahmekörper anzusehenden Bauteil abzuändern. Der Erfindung geht es vielmehr darum, dass eine Diffusion organischer Medien durch den Ventilkörper über den Aufnahmekörper verhindert wird, ohne Rücksicht auf die Verwendung der Materialien. Deshalb soll die stirnseitige Oberfläche des in den Beutel eingeschweißten Aufnahmekörpers mittels einer Dichtung mindestens teilweise bedeckt werden. Wie der Fachmann zu dieser Lösung durch Kombination der genannten Schriften kommen soll, zumal diese sich mit dem Problem der Diffusion organischer Medien nicht beschäftigen, ist nicht ersichtlich.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang zudem der zeitliche Abstand zwischen den Entgegenhaltungen und dem Verfügungsgebrauchsmuster. Die Anlagen D1, D 2, D 3, D 4 und D 5 zum Löschungsantrag wurden in den Jahren 1994, 1996, 1998, 1992 und 1976 offengelegt. Das Verfügungsgebrauchsmuster stammt demgegenüber erst aus dem Jahre 2002. Gerade die Anlagen D 1 und D 2, die eine vergleichbare Aufgabenstellung haben, gehen andere konstruktive Wege und belegen damit die Erfindungshöhe des Verfügungsgebrauchsmusters.

d)
Für die Schutzfähigkeit des Verfügungsgebrauchsmusters lassen sich überdies zwei weitere Indizien heranziehen. Zum einen hat ein Wettbewerber der Antragstellerin – wie das Vindikationsverfahren 4a O 161/04 belegt – das Verfügungsgebrauchsmuster als rechtsbeständig erachtet. Zum anderen steht die parallele europäische Patentanmeldung EP 1 532 057 (WO 2004/022452) (Anlage ASt 8, ASt 10) nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragstellerin kurz vor der Erteilung. Das Europäische Patentamt hat am 18. Dezember 2006 eine Mitteilung nach R 51 Abs. 4 EPÜ erlassen (Anlage ASt 11). Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist für den 8. Januar 2008 (Anlage mündliche Verhandlung) angekündigt. Im Rahmen des europäischen Patenterteilungsverfahren wurden die D 2 und die D 4 bzw. ihre parallelen europäischen Schutzrechte geprüft.

2.
Hinsichtlich der Dringlichkeit bestehen keine Bedenken. Die Antragstellerin hat alles getan, um ihre Verbietungsrechte zügig durchzusetzen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.