4b O 154/07 – Osteosynthetische Druckplatte

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 691

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. Dezember 2007, Az. 4b O 154/07

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

osteosynthetische Druckplatten in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, welche jeweils die folgenden Merkmale aufweisen:

Die osteosynthetische Druckplatte hat mehrere in der Längsachse der Druckplatte angeordnete Löcher zur Aufnahme von Knochenschrauben und ein orthogonal zur Längsachse liegendes Querschnittsprofil, welches mindestens im Bereich zwischen den Löchern derart gestaltet ist, dass die zur Knochenapplikationsfläche parallelen Schnittflächen durch die Druckplatte sich mit zunehmendem Abstand von der Knochenapplikationsfläche mindestens in einem Teilbereich erweitern, wobei die zur Auflage auf den Knochen bestimmte Unterseite der Druckplatte, zusätzlich zu den Löchern, Vertiefungen nur im Bereich zwischen den Löchern aufweist;

2.
der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 07.12.2006 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten ausnahmsweise den zu Ziffer 1. genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klä gerin allen Schaden zu ersetzen, welcher ihr durch die zu Ziffer I.
1. bezeichneten, seit dem 07.12.2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 1/5 und den Beklagten zu 4/5 auferlegt.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 800.000,00 € und für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

VI. Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist seit dem 07.12.2006 eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP 0 318 xxx B1 (Klagepatent, Anlage CK 1). Die Veröffentlichung der – ursprünglich zugunsten der A AG erfolgten – Erteilung des Klagepatents erfolgte am 25.08.1993.

Das Klagepatent wurde der Klägerin im Dezember 2006 von der A AG abgetreten.

Der für den vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Patentanspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

Osteosynthetische Druckplatte mit mehreren in der Längsachse der Druckplatte angeordneten Löchern zur Aufnahme von Knochenschrauben und einem orthogonal zur Längsachse liegenden Querschnittsprofil, welches mindestens im Bereich zwischen den Löchern derart gestaltet ist, dass die zur Knochenapplikationsfläche parallelen Schnittflächen durch die Druckplatte sich mit zunehmendem Abstand von der Knochenapplikationsfläche mindestens in einem Teilbereich erweitern, dadurch gekennzeichnet, dass die zur Auflage auf den Knochen bestimmte Unterseite der Druckplatte, zusätzlich zu den Löchern, Vertiefungen nur im Bereich zwischen den Löchern aufweist.

Nachfolgend eingeblendet sind die Figuren 1, 6, 7 und 8 der Klagepatentschrift. Die Figur 1 enthält eine perspektivische Ansicht der erfindungsgemäßen osteosynthetischen Druckplatte; die weiteren Figuren zeigen jeweils einen zur Längsachse der Druckplatte orthogonalen Schnitt im Zwischenlochbereich einer erfindungsgemäßen Druckplatte.

Die Beklagte zu 1) stellt her und vertreibt Knochenplatten, welche sie unter anderem auf ihrer Internetseite anbietet.

Die Klägerin behauptet, zum betreffenden Sortiment der Beklagten zu 1) gehörten auch Knochenplatten des aus der – nachfolgend (auszugsweise) eingeblendeten – Anlage CK 5 ersichtlichen Typs.

Derartige Knochenplatten bezeichne die Beklagte zu 1) auf ihrer website als „BPlatte“ und biete sie in verschiedenen Versionen an, die sich zum einen in ihrer Länge und zum anderen in der Anzahl der vorhandenen Schraubenlöcher voneinander unterschieden. Die „BPlatten“ würden sowohl – wie in der abgebildeten Version – mit variabel winkelstabilen Gewindestrukturen angeboten als auch in einer winkelstabilen Version mit herkömmlichen Innengewinden in den Schraubenlöchern. Die Klägerin ist der Ansicht, die aus der Anlage CK 5 ersichtlichen Knochenplatten mit der Herstellernummer 5.3133.10 machten von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Sie behauptet, die A AG habe ihr alle entstandenen und zukünftig noch entstehenden Ansprüche im Zusammenhang mit einer Verletzung des Klagepatents abgetreten.

Nachdem die Klägerin die Klage insoweit zurückgenommen hat, als sie sich ursprünglich auch gegen Produkte gemäß der Anlage CK 6 richtete, beantragt sie zuletzt,

im Wesentlichen wie erkannt, wobei sie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und Rechnungslegung bereits ab dem 25.09.1993 geltend macht.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten mit Nichtwissen, dass es sich bei den aus der Anlage CK 5 ersichtlichen Knochenplattem um Produkte der Beklagten zu 1) handele. Abgesehen davon erweitere sich bei der angegriffenen Ausführungsform das Querschnittsprofil nicht im Bereich zwischen den Löchern, sondern werde ganz im Gegenteil immer schmaler. Zudem weise die angegriffene Ausführungsform auch keine „Vertiefung“ im Sinne des Klagepatents auf.

Hilfsweise erheben die Beklagten die Einrede der Verjährung.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

I.

Das Klagepatent betrifft eine osteosynthetische Druckplatte mit mehreren in der Längsachse der Druckplatte angeordneten Löchern zur Aufnahme von Knochenschrauben.

Nach den einleitenden Bemerkungen des Klagepatents sind Druckplatten dieser Art seit längerem bekannt, beispielsweise aus der CH-A5 462’375. Aufgrund neuer Erkenntnisse seien vielfältig Verbesserungen dieser Druckplatte vorgeschlagen worden, wobei man sich jedoch immer nur auf die Modifikation einzelner konstruktiver Merkmale beschränkt habe, ohne einen wirklich innovativen Sprung zu bewerkstelligen.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, durch eine optimale Auswahl aufeinander abgestimmter konstruktiver Merkmale die Applikation der Druckplatte und deren Integrität intraoperativ zu verbessern, das Knochenwachstum unter der Druckplatte postoperativ zu fördern und eine dynamische Kompressionswirkung zu gewährleisten.

Die Erfindung löst die gestellte Aufgabe mit einer osteosynthetischen Druckplatte, welche die nachfolgend wiedergegebenen Merkmale des Anspruchs 1 aufweist:

(1) Osteosynthetische Druckplatte (1) mit mehreren Löchern (2) zur Aufnahme von Knochenschrauben.

(2) Die Löcher (2) sind in der Längsachse (5) der Druckplatte (1) angeordnet.

(3) Die Druckplatte (1) hat ein Querschnittsprofil (6), das orthogonal zur Längsachse (5) liegt.

(4) Das Querschnittsprofil (6) ist mindestens im Bereich zwischen den Löchern (2) derart gestaltet, dass sich
(a) die zur Knochenapplikationsfläche (3) parallelen Schnittflächen durch die Druckplatte (1)
(b) mit zunehmendem Abstand von der Knochenapplikationsfläche (3)
(c) mindestens in einem Teilbereich (7) erweitern.

(1) Die zur Auflage auf den Knochen (4) bestimmte Unterseite der Druckplatte (1) weist – zusätzlich zu den Löchern (2) – Vertiefungen (10) nur im Bereich zwischen den Löchern (2) auf.

II.

Der Klägerin stehen die gegen die Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadenersatzverpflichtung zu, wobei die beiden zuletzt genannten Ansprüche allerdings erst ab dem 07.12.2006 bestehen.

Die aus der Anlage CK 5 ersichtliche angegriffene Ausführungsform, welche zur vollen Überzeugung der Kammer ein Produkt der Beklagten zu 1) darstellt, macht von sämtlichen Merkmalen des Klagepatents in wortsinngemäßer Weise Gebrauch.

1)
Die Kammer hat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung keinerlei Zweifel daran, dass die Beklagte zu 1) Knochenplatten mit einer Konstruktionsweise, wie aus der Anlage CK 5 ersichtlich, herstellt und vertreibt. Die Klägerin hat in substantiierter Weise, insbesondere unter Angabe einer konkreten Herstellungsnummer vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) derartige Knochenplatten als „BPlatte“ auf ihrer Internetplattform entsprechend anbietet. Diesen Klägervortrag haben die Beklagten nicht in hinreichender Weise bestritten. Soweit sie sich dabei auf ein Bestreiten mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) beschränkt haben, verhilft ihnen dies bereits deshalb nicht zum Erfolg, weil eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig ist, die weder eigene Handlungen betreffen noch Gegenstand der eigenen Wahrnehmung der betreffenden Partei gewesen sind. Die Beklagten wissen jedoch, welche Konstruktionsweise Knochenplatten mit einer bestimmten Herstellernummer aufweisen. Selbst wenn man die betreffende Erklärung der Beklagten in ein grundsätzlich mögliches einfaches Bestreiten nach § 138 Abs. 1 ZPO umdeutet, genügt auch dies nicht, um den substantiierten Klägervortrag streitig zu stellen. Aus der Regelung des § 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO ergibt sich nämlich, dass im Hinblick auf den konkreten Vortrag der Klägerin ein substantiiertes Bestreiten – d.h. eine konkrete Gegendarstellung – der Beklagten erforderlich gewesen wäre. Ein derartiges substantiiertes Bestreiten der Beklagten liegt indes nicht vor, da sie sich darauf beschränkt haben, geltend zu machen, den Fotografien gemäß Anlage CK 5 könnten sie im Hinblick auf eine unterschiedliche Farbgestaltung nicht entnehmen, ob es sich um Produkte der Beklagten zu 1) handele. Jedoch lassen die Fotos der Anlage CK 5 genau erkennen, welche Konstruktionsweise angegriffen ist, so dass die Beklagten näher dazu hätten vortragen müssen, dass derartige Knochenplatten gerade nicht zu ihrem Sortiment gehören.

2)
Es ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, dass die angegriffene Ausführungsform von den Merkmalen 1 – 3 des Klagepatents in wortsinngemäßer Weise Gebrauch macht. Insofern erübrigen sich weitergehende Ausführungen zu diesen Merkmalen. Darüber hinaus verwirklicht die angegriffene Ausführungsform auch die Merkmale 4 und 5 des Klagepatents wortsinngemäß.

a)
Das Merkmal 4 des Klagepatents setzt voraus, dass das Querschnittsprofil mindestens im Bereich zwischen den Löchern derart gestaltet ist, dass sich die zur Knochenapplikationsfläche parallelen Schnittflächen durch die Druckplatte mit zunehmendem Abstand von der Knochenapplikationsfläche mindestens in einem Teilbereich erweitern.

aa)
Das in den Merkmalen 4a) – c) näher beschriebene Querschnittsprofil meint denjenigen Bereich zwischen den Löchern, welcher nach einem orthogonalen Schnitt zur Längsachse Material aufweist, wobei das verbleibende Material bei einer Betrachtung von der Applikationsfläche zur Oberseite der Knochenplatte hin eine „trapezförmige“ Ausgestaltung aufweisen soll.

Der Begriff des „Querschnittsprofils“ wird dem Fachmann im Beschreibungstext des Klagepatents zwar nicht näher erläutert – in Spalte 2, Zeilen 45 – 51 wird nur der Wortlaut des Anspruchs 1 wiederholt -, jedoch erschließt sich ihm anhand des Anspruchswortlautes unter Zuhilfenahme der im Tatbestand eingeblendeten Figuren 1, 6, 7 und 8, was das Klagepatent hierunter versteht.

Der Fachmann erkennt, dass das mit der Bezugsziffer 6 versehene Querschnittsprofil nur den in den Figuren schraffiert dargestellten Bereich umfasst, während die mit Bezugsziffer 10 versehenen Vertiefungen sich unterhalb beziehungsweise an der Seite desselben befinden. Daraus schließt der Fachmann, dass das in den Merkmalen 4a) – c) erwähnte Querschnittsprofil erfindungsgemäß nie identisch mit den Vertiefungen im Sinne des Klagepatents ist. Dies wiederum zeigt, dass ein erfindungsgemäßes Querschnittsprofil nicht schon immer dann erfüllt ist, wenn sich – wie etwa in den Ausführungsbeispielen gemäß Figuren 7 und 8 – die Vertiefungen gemäß Merkmal 5 über den gesamten Zwischenlochbereich erstrecken. Die Konstruktionsanweisungen gemäß Merkmal 4a) – c) beziehen sich auch in diesen Fällen an den über den bzw. an der Seite der Vertiefungen liegenden Querschnittsbereich, der Material aufweist. Zumindest in einem Teilbereich soll sich das so zu verstehende Querschnittsprofil – im Interesse einer reduzierten Biegefestigkeit im Zwischenlochbereich (vgl. Sp. 3, Zeilen 29 – 34 des Klagepatents) – in Richtung zur Oberseite hin verbreitern.

bb)
Es steht zur vollen Überzeugung der Kammer fest, dass die angegriffene Ausführungsform ein im oben wiedergegebenen Sinne zu verstehendes Querschnittsprofil aufweist. Diese Überzeugung gründet sich auf den aus der Anlage CK 8 ersichtlichen Messbericht der Klägerin, dessen zugehöriges Bild 5 nachfolgend eingeblendet ist.

Der Vortrag der Klägerin, wonach mittels einer Vermessung in einem Rasterelektronenmikroskop ermittelt wurde, dass ausgehend von der dem Knochen zugewandten Unterseite des Querschnittsprofils zur Oberseite hin zumindest in einem Teilbereich eine Zunahme der Breite der Knochenplatte stattfindet – und zwar in einem Winkel von 15° – gilt gemäß § 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO als unstreitig. Soweit die Beklagten mit Nichtwissen in Abrede stellen, dass der Messbericht gemäß Anlage CK 8 eine von der Beklagten zu 1) hergestellte Knochenplatte betreffe, befremdet dies im Hinblick darauf, dass auf den Bildern des – in der Verhandlung vom 11.12.2007 vorgelegten – Originals zur Anlage CK 8 das Logo der Beklagten zu 1) erkennbar ist. Im Übrigen gilt das oben unter 1) Ausgeführte entsprechend: Die Beklagten hätten insoweit darlegen müssen, wie ihre Knochenplatten mit der betreffenden Katalognummer aussehen. Darüber hinaus wäre von den Beklagten zu erwarten gewesen, dass sie selbst konkrete Messwerte angeben, anhand derer sich ableiten ließe, dass sich bei ihren Knochenplatten das Querschnittsprofil nicht entsprechend in einem Teilbereich erweitere. Da sich die in der Anlage CK 8 genannten Werte im untersten Millimeterbereich bewegen, genügt es auch nicht, dass die Beklagten das Gericht auf eine Inaugenscheinnahme der angegriffenen Ausführungsform verweisen. Dass die Klägerin bezüglich des Bildes CK 8 Nr. 5 keinen Maßstab angibt, ist unschädlich, da es nicht auf die absoluten Größenverhältnisse der einzelnen Elemente ankommt, sondern allein auf das relative Ausmaß der Breite der (imaginären) zur Knochenapplikationsfläche parallel verlaufenden Schnittflächen.

cc)
Dass die angegriffene Ausführungsform die von Merkmal 4a) – c) geforderte Erweiterung des Querschnittsprofils aufweist, ergibt sich anschaulich anhand des Bildes 5 der Anlage CK 8. Man erkennt in dessen Mitte das vermaßte, in hellgrau dargestellte Querschnittsprofil. An dessen unteren Bereich schließt sich nicht etwa direkt die Knochenapplikationsfläche an, sondern der Zwischenlochbereich weist bei der angegriffenen Ausführungsform eine Ausgestaltung entsprechend der Figuren 7 bzw. 8 der Beschreibung des Klagepatents auf. Denn unterhalb des Querschnittsprofils befindet sich über die gesamte Ausdehnung des dargestellten Zwischenlochbereichs keinerlei Material. Die geforderte Verbreiterung des Querschnittsprofils ist jedenfalls deutlich im unteren Drittel des Querschnittsprofils zu erkennen, was ausreicht, da gemäß Merkmal 4c) eine Erweiterung in einem Teilbereich genügt.

Soweit die Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, die betreffende Erweiterung sei jedenfalls viel zu gering, ist dem zu widersprechen. Der Anspruchswortlaut ist nicht auf ein bestimmtes Ausmaß der Erweiterung beschränkt. Der Fachmann erkennt zudem, dass nach Unteranspruch 4 die Seitenflächen der Druckplatte im Bereich zwischen den Löchern mit der Knochenapplikationsfläche einen Winkel von 12° bis 28° bilden. Anhand dessen erschließt sich ihm, dass im Falle einer Ausgestaltung des Zwischenlochbereichs derart, dass die Hohlräume über dessen gesamten Bereich verlaufen, ebenfalls ein Winkel innerhalb des oben angegebenen Bereiches zur Erzielung des damit intendierten Vorteils genügt. Da – wie ausgeführt – vorliegend von einem entsprechenden Winkel von 15° auszugehen ist, ist die betreffende Anforderung des Merkmals 4 a) – c) erfüllt.

b)
Auch das Merkmal 5 ist wortsinngemäß erfüllt. Das Merkmal 5 beansprucht, dass die zur Auflage auf den Knochen bestimmte Unterseite der Druckplatte – zusätzlich zu den Löchern – Vertiefungen nur im Bereich zwischen den Löchern aufweist. In Spalte 2, Zeilen 51 – 56 des Klagepatents wird dem Fachmann verdeutlicht, welches Verständnis das Klagepatent mit dem Begriff „Vertiefung“ verbindet:

„Im Weiteren weist die … Druckplatte Vertiefungen (10) auf, so dass unmittelbar nach der Implantation Hohlräume zwischen Knochen und Druckplatten (1) resultieren.“

Dem entnimmt der Fachmann, dass es dem Klagepatent in Merkmal 5 darum geht, nach der Implantation Hohlräume zwischen Knochen und Druckplatte entstehen zu lassen. Dies wird er im Zusammenhang mit den einleitenden Vorteilsangaben des Klagepatents sehen, wonach die Erfindung die Entfernung der Druckplatte nach Beendigung des Heilungsprozesses erleichtert (Sp. 1, Z. 43 ff.) und die Gefahr von Refrakturen vermindert (Spalte 1, Z. 50 f.). Zudem führen die Vertiefungen dazu, dass das Knochenwachstum verbessert wird (vgl. Sp. 1, Z. 35 f.), weil die natürliche Zufuhr von Sauerstoff an die verletzte Knochenfläche ermöglicht wird.

Wie insbesondere die anhand des Bildes CK 3.4 der Anlage CK 5 ersichtliche Draufsicht auf Ausschnitte der knochenseitigen Unterseite der angegriffenen Ausführungsform zeigt, sind derartige Hohlräume im Bereich zwischen den Löchern zweifelsohne vorhanden.

Wie diese Vertiefungen technisch erzielt werden, lassen sowohl der Wortlaut des Anspruchs 1 als auch die Beschreibung des Klagepatents völlig offen. Insbesondere sieht der Fachmann sich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht darauf beschränkt, eine Vertiefung nur durch eine Materialabtragung durch „Herausfräsen“ etc. herbeiführen zu können. Was die Beklagten als „nutenförmige“, „breitenreduzierende Rücksprünge“ bezeichnen, ist daher nichts anderes als eine „Vertiefung“ im Sinne des Klagepatents, weil diese für den vom Klagepatent intendierten Hohlraum zwischen Knochen und Druckplatte sorgen.

III.

Die Klägerin ist hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs bereits im Hinblick auf ihre Eintragung als Inhaberin des Klagepatents (s. Anlage CK 2) aktivlegitimiert. Da die Herstellung und der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte zu 1) – wie ausgeführt – als unstreitig zu gelten haben, hat die Klägerin gegen die Beklagten einen Unterlassungsanspruch gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG. Mit der Herstellung und dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform haben die Beklagten das Klagepatent in zumindest fahrlässiger Weise verletzt, so dass sie gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG im aus dem Tenor näher ersichtlichen Umfang zum Schadenersatz verpflichtet sind. Da die konkrete Schadenshöhe derzeit noch nicht feststeht, ist ein berechtigtes Interesse der Klägerin daran anzuerkennen, die Schadenersatzverpflichtung der Beklagten zunächst dem Grunde nach feststellen zu lassen (§ 256 ZPO). Die Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich des von ihr ausschließlich aus eigenem Recht geltend gemachten Schadenersatzanspruchs kann allerdings erst mit Wirkung ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung als Patentinhaberin – also ab dem 07.12.2006 – bejaht werden, da trotz erneuten Hinweises auf die fehlende Vorlage der Abtretungsvereinbarung mit der A AG diesbezüglich kein weiterer Vortrag erfolgte. Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, haben die Beklagten im zuerkannten Umfang über ihre Verletzungshandlungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140b PatG, §§ 242, 259 BGB). Aus den oben zum Schadenersatzanspruch erläuterten Gründen kann die Klägerin Auskunft und Rechnungslegung allerdings erst für den Zeitraum ab dem 07.12.2006 verlangen.

Ohne Erfolg erheben die Beklagten die Verjährungseinrede gem. § 214 BGB. Die Klägerin hat unwidersprochen mit Schriftsatz vom 19.10.2007 vorgetragen, dass sie erst im Jahre 2006 von den Verletzungshandlungen der Beklagten erfahren habe. Dass die vorherige Nichtkenntnis der Klägerin auf grober Fahrlässigkeit beruhte, haben die Beklagten weder dargetan noch ist dies sonst ersichtlich. Insofern war die dreijährige Verjährungsfrist (§ 141 PatG i.V.m. §§ 195, 199 BGB) vor Klageerhebung nicht abgelaufen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.