Landgericht München I
Urteil vom 17. Januar 2007, Az. 21 O 10898/06
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
und folgenden
Beschluss:
Der Streitwert wird festgesetzt auf € 500.000,–.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die klägerische Behauptung, die Beklagte verletze das Europäische Patent EP 0 757 xxx.
Das Klagepatent wurde am 26.4.1995 zu Gunsten der A- Electronic Clearing Services, Inc. (USA) angemeldet. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 26.7.2000 bekannt gemacht.
Die durch das Klagepatent geschützte Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren und eine Vorrichtung zum elektronischen Vergüten und Verarbeiten von codierten Rabattmarken (Coupons) und soll mithelfen, die Nachteile herkömmlicher Auszahlungsverfahren zu vermeiden: Diese Verfahren zum Sammeln und Zählen, der Rabattmarken und zum Auszahlen des Händlers werden einerseits als ineffizient, langsam und kostenintensiv beschrieben. Zum anderen ermöglichten sie es dem Hersteller nicht, zeitnah Berichte über die Effektivität einer Werbekampagne und eines Rabattmarkenhandels zur Verfügung zu stellen.
Die Klagepatentschrift nennt als nächstkommenden Stand der Technik die US Patentschrift US-A5008519. Diese offenbare eine Rabattmarke, die einen so genannten „u-niversellen Produktcode (UPC)“ aufweise. In dem Einzelhandelsgeschäft überprüfe eine Abtastvorrichtung, ob der Kunde tatsächlich das spezifisierte Produkt gekauft habe, die Rabattmarke nicht abgelaufen sei und ob der Code gültig sei. Allerdings stelle das bekannte Verfahren lediglich die Möglichkeit bereit, eine vorläufige Gültigkeit der Rabattmarke am Verkaufspunkt festzustellen.
Ausgehend von diesem Stand der Technik bezeichnet es die Klagepatentschrift als Aufgabe, ein Verfahren oder eine Vorrichtung bereit zu stellen, mit dem/der die Verrechnung und die Bearbeitung von Rabattmarkencoupons effizienter durchgeführt würden und zeitnahe Berichte an die Hersteller ermöglicht würden (Anlage K1).
Die streitgegenständlichen Patentansprüche Ziffer 1 und Ziffer 9 lauten (in der von der Klägerin gewählten, von der Beklagten nicht beanstandeten) Aufgliederung:
1. Verfahren zur Abrechnung und Verarbeitung von Rabattmarken, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst
(1a‘) Abtasten codierter Rabattmarken oder Coupons, die von Kunden in einem Einzelhandelsgeschäft vorgelegt werden, um Daten aus den Coupons auszulesen, wobei diese Daten diejenigen Angaben umfassen, die ein Produkt oder eine Produktkategorie identifizieren, für die jeder Coupon verwendet werden kann, sowie Daten, die den Wert jedes Coupons angeben, wobei der Schritt des Abtastens als Bestandteil einer Kauftransaktion durchgeführt wird;
(1b‘) Speichern von Daten, die elektronische Couponeinlösungen in dem Geschäft betreffen;
(1c‘) Übermitteln der gespeicherten Coupondaten von Zeit zu Zeit zu einem Computer an einem zentralen Standort, der von einem unabhängigen Couponverarbeitungsbeauftragten verwaltet wird, wobei alle Verkaufstransaktionsdaten übermittelt werden, die jede Verkaufstransaktion betreffen, bei der ein Coupon vorgelegt worden ist;
(1d‘) Vergleichen der Coupondaten an dem zentralen Standort mit zugehörigen Verkaufstransaktionsdaten, und wobei ein in den Coupondaten enthaltenes Familiencodefeld mit einem gekauften Artikel abgeglichen wird, der durch die Verkaufstransaktionsdaten identifiziert wird und den gleichen Familiencode aufweist, und wobei die Coupondaten so verarbeitet werden, dass zeitgerechte Herstellerund Händler-Rechnungen und Berichte vorgesehen werden;
(1e‘) Transport der Originalcoupons zu einem Coupon-Prüfzentrum;
(1f) Prüfen eines ausgewählten Prozentsatzes der eingelösten Coupons durch einen Vergleich ausgesuchter Originalbelege mit den entsprechenden an dem zentralen Standort gespeicherten Coupondaten; und
(1g‘) Veranlassen der Auszahlung der Händler durch die Hersteller für eingelöste und für gültig erklärte Coupons.
9. Vorrichtung zur Abrechnung und Verarbeitung von Rabattmarken, wobei die
Vorrichtung folgendes umfasst:
(1a) eine Abtasteinrichtung zum Abtasten codierter Rabattmarken oder Coupons, die von Kunden in einem Einzelhandelsgeschäft vorgelegt werden, um Daten aus den Coupons auszulesen, wobei diese Daten diejenigen Angaben umfassen, die ein Produkt oder eine Produktkategorie identifizieren, für die jeder Coupon verwendet werden kann, sowie Daten, die den Wert jedes Coupons angeben, wobei der Schritt des Abtastens als Bestandteil einer Kauftransaktion durchgeführt wird;
(1b) eine Einrichtung zum Speichern von Daten, die elektronische Couponeinlösungen in dem Geschäft betreffen;
(1c) eine Datenübertragungs-Verbindungseinrichtung zum Übermitteln der gespeicherten Coupondaten von Zeit zu Zeit zu einem Computer an einem zentralen Standort, der von einem unabhängigen Couponverarbeitungsbeauftragten verwaltet wird, wobei alle Verkaufstransaktionsdaten übermittelt werden, die jede Verkaufstransaktion betreffen, bei der eine vorgelegt worden ist;
(1d) ein an dem zentralen Standort vorgesehenes Datenübertragungsmodul zum Empfang von Coupondaten von mehreren Einzelhandelsgeschäften zur Validierung der Coupons, mit einer Einrichtung zum Vergleichen der Coupondaten mit zugehörigen Verkaufstransaktionsdaten, und wobei ein in den Coupondaten enthaltenes Fami-liencodefeld mit einem gekauften Artikel abgeglichen wird, der durch die Verkaufstransaktionsdaten identifiziert wird und den gleichen Familiencode aufweist, und mit einer Einrichtung zur Verarbeitung der Coupondaten, so dass zeitgerechte Hersteller- und Händler-Rechnungen und Berichte vorgesehen werden;
(1e) eine Einrichtung für den Transport der Originalcoupons zu einem Coupon-Prüfzeritrum, und zwar nach der Überprüfung in den Einzelhandelsgeschäften;
(1f) eine Einrichtung zum Prüfen eines ausgewählten Prozentsatzes der eingelösten Coupons durch einen Vergleich ausgesuchter Originalbelege mit den entsprechenden an dem zentralen Standort gespeicherten Coupondaten; und
(1g) eine Einrichtung zum Veranlassen der Auszahlung der Händler durch die Hersteller für eingelöste und für gültig erklärte Coupons;
Das Patent steht in Deutschland in Kraft.
Die Beklagte ist auf demselben Gebiet tätig wie die Klägerin. Sie bewirbt im Internet unter www… unter den Überschriften „Clearing“ und „Clearing-Verfahren“ verschieden Abrechnungssysteme von Gutscheinen für den Einzelhandel (Anlagen-konvolut K2). Die Beklagte beschrieb die von ihr angebotenen Abrechnungssysteme näher in ihrer Multimedia-Präsentation, mit der sie sich an interessierte Kunden wendet und die sie ebenfalls im Internet unter der angegebenen Adresse eingestellt hat (Anlage K3).
Die von der Beklagten verwendete Abrechungsmethode macht vom Oberbegriff und den Merkmalen 1b/1b‘, sowie 1g/1g‘ der Ansprüche 1 und 9 des Klagepatents unstreitig gebrauch.
Die Kläger behauptet durch schriftlichen Abtretungsvertrag zwischen der A- Electronic Clearing Services, Inc. und der A- Marketing International, Inc. (USA) sowie Verschmelzung der letztgenannten Gesellschaft auf sie selbst, Inhaberin des Klagepatents geworden zu sein.
Sie ist der Ansicht, das von der Beklagten angebotene Abrechnungssystem, wie es sich aus den Anlagen K2 und K3 ersehen lasse, mache von sämtlichen Merkmalen der Ansprüche 1 und 9 des Klagepatents gebrauch. Zur Argumentation im Einzelnen wird insoweit auf die Seiten 8-11 der Klageschrift sowie Seiten 2-5 des klägerischen Schriftsatzes vom 15.12.2006 (Bl. 37-40) verwiesen.
Insbesondere sei es für die Verwirklichung der Merkmale 1a undia‘ unerheblich, dass nicht sämtliche Daten auf dem Coupon gespeichert werden, sondern erst durch Verknüpfung mit einer zentral gespeicherten Tabelle darstellbar sind und dass bei dem von der Beklagten verwendeten EAN-Code so genannte Family-Codes nicht vorhanden seien.
Ferner reiche es ihrer Meinung nach für die Verwirklichung der Merkmale 1c bzw. 1c‘ aus, wenn die in den einzelnen Kassen eingelesenen Daten an das Kassensystem des Einzelhändlers, das heißt einen Zentralrechner, gesendet würden. In dieses Kassensystem des Händlers sei die Software der Beklagten als des „Clearing-Hauses“ integriert. Auch hierdurch würden die Coupon-Daten an einen zentralen Standort ü-bermittelt, der von einem unabhängigen Couponverarbeitungsbeauftragten verwaltet würde, wobei alle Verkaufstransaktionsdaten übermittelt würden, die die jeweilige bei Couponauslösung vorgenommene Verkaufstransaktion beträfen.
Auch die Merkmals 1e und 1e‘ seien verwirklicht, da die Einlösedaten aus den Coupons an das Rechenzentrum der Beklagten transportiert würden. Dies sei in der Präsentation (K3) wie folgt dargestellt: „Einlösedaten werden elektronisch an Clearing-House übermittelt“. In der Hauptverhandlung wies die Klägerin noch darauf hin, dass die Beklagte auch manuelle Abrechnungssysteme anbiete, so dass auch von daher ein Transport der Coupons anzunehmen sei.
Die Merkmale 1f und 1f schließlich will die Klägerin durch folgende Aussage der Beklagten im Anlagenkonvolut K2, Seite 3 bestätigt sehen: „Die Coupon-Daten werden im B-Rechenzentrum erfasst und für Reports und Abrechnungen aufbereitet“.
Die Klägerin beantragt daher,
1. die Beklagte zu verurteilen,
1.1 es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis
zu zwei Jahren, letztere zu vollziehen an den Vorständen der Beklagten, zu unterlassen,
im räumlichen Geltungsbereich des deutschen Teils des Europäischen Patentes EP 0 757 xxx.
ein Verfahren zur Abrechnung und Verarbeitung von Rabattmarken zu benutzen oder zur Anwendung anzubieten, welches die nachfolgenden Merkmale aufweist:
(1a‘) Abtasten codierter Rabattmarken oder Coupons, die von Kunden in einem Einzelhandelsgeschäft vorgelegt werden, um Daten aus den Coupons auszulesen, wobei diese Daten diejenigen Angaben umfassen, die ein Produkt oder eine Produktkategorie identifizieren, für die jeder Coupon verwendet werden kann, sowie Daten, die den Wert jedes Coupons angeben, wobei der Schritt des Abtastens als Bestandteil einer Kauftransaktion durchgeführt wird;
(1b‘) Speichern von Daten, die elektronische Couponeinlösungen in dem Geschäft betreffen;
(1c‘) Übermitteln der gespeicherten Coupondaten von Zeit zu Zeit zu einem Computer an einem zentralen Standort, der von einem unabhängigen Couponverarbeitungsbeauftragten verwaltet wird, wobei alle Verkaufstransaktionsdaten übermittelt werden, die jede Verkaufstransaktion betreffen, bei der ein Coupon vorgelegt worden ist;
(1d‘) Vergleichen der Coupondaten an dem zentralen Standort mit zugehörigen Verkaufstransaktionsdaten, und wobei ein in den Coupondaten enthaltenes Familiencodefeld mit einem gekauften Artikel abgeglichen wird, der durch die Verkaufstransaktionsdaten identifiziert wird und den gleichen Familiencode aufweist, und wobei die Coupondaten so verarbeitet werden, dass zeitgerechte Hersteller- und Händler-Rechnungen und Berichte vorgesehen werden;
(1e‘) Transport der Originalcoupons zu einem Coupon-Prüfzentrum;
(1f) Prüfen eines ausgewählten Prozentsatzes der eingelösten Coupons durch einen Vergleich ausgesuchter Originalbelege mit den entsprechenden an dem zentralen Standort gespeicherten Coupondaten; und
(1g‘) Veranlassen der Auszahlung der Händler durch die Hersteller für eingelöste und für gültig erklärte Coupons.
und/oder eine Vorrichtung zur Abrechnung und Verarbeitung von Rabattmarken zu verwenden oder zur Anwendung anzubieten, welche die nachfolgenden Merkmale aufweist:
(1a) eine Abtasteinrichtung zum Abtasten codierter Rabattmarken oder Coupons, die von Kunden in einem Einzelhandelsgeschäft vorgelegt werden, um Daten aus den Coupons auszulesen, wobei diese Daten diejenigen Angaben umfassen, die ein Produkt oder eine Produktkategorie identifizieren, für die jeder Coupon verwendet werden kann, sowie Daten, die den Wert jedes Coupons angeben, wobei der Schritt des Abtastens als Bestandteil einer Kauftransaktion durchgeführt wird;
(1b) eine Einrichtung zum Speichern von Daten, die elektronische Couponeinlösungen in dem Geschäft betreffen;
(1c) eine Datenübertragungs-Verbindungseinrichtung zum Übermitteln der gespeicherten Coupondaten von Zeit zu Zeit zu einem Computer an einem zentralen Standort, der von einem unabhängigen Couponverarbeitungsbeauftragten verwaltet wird, wobei alle Verkaufstransaktionsdaten übermittelt werden, die jede Verkaufstransaktion betreffen, bei der eine vorgelegt worden ist;
(1d) ein an dem zentralen Standort vorgesehenes Datenübertragungsmodul zum Empfang von Coupondaten von mehreren Einzelhandelsgeschäften zur Validierung der Coupons, mit einer Einrichtung zum Vergleichen der Coupondaten mit zugehörigen Verkaufstransaktionsdaten, und wobei ein in den Coupondaten enthaltenes Familiencodefeld mit einem gekauften Artikel abgeglichen wird, der durch die Verkaufstransaktionsdaten identifiziert wird und den gleichen Familiencode aufweist, und mit einer Einrichtung zur Verarbeitung der Coupondaten, so dass zeitgerechte Herstellerund Händler-Rechnungen und Berichte vorgesehen werden;
(1e) eine Einrichtung für den Transport der Originalcoupons zu einem Coupon-Prüfzentrum, und zwar nach der Überprüfung in den Einzelhandelsgeschäften;
(1f) eine Einrichtung zum Prüfen eines ausgewählten Prozentsatzes der eingelösten Coupons durch einen Vergleich ausgesuchter Originalbelege mit den entsprechenden an dem zentralen Standort gespeicherten Coupondaten; und
(1g) eine Einrichtung zum Veranlassen der Auszahlung der Händler durch die Hersteller für eingelöste und für gültig erklärte Coupons;
1.2 der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie seit dem 1. Januar 2005 Handlungen gemäß Ziffer 1.1 vorgenommen hat und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich folgendes ergibt:
a) die Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie die Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreise;
b) Namen und Anschriften der gewerblichen Adressaten von Angeboten;
c) die Gestehungskosten einschließlich der sämtlichen Kostenfaktoren;
d) der erzielte Gewinn;
e) Art und Umfang der betriebenen Werbung, aufgegliedert nach Werbeträgern, Auflagehöhen, Erscheinungszeiten und Verbreitungsgebieten;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den Handlungen gemäß Ziffer 1.1 seit dem 1. Januar 2005 entstanden ist und/oder in Zukunft entstehen wird.
Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.
Sie weist darauf hin, dass bei ihrem System statt des – vor allem in den USA gebräuchlichen – Strichcodes UPC, bei dem standardmäßig auch ein Hinweis auf eine bestimmte Produktkategorie (Family-Code) vorgesehen ist, die „europäische Artikel-Nummer“ (EAN) Verwendung findet. Hierbei handle es sich um einen 13-stelligen Code, der nur aus Länder-Nummer, Betriebs-Nummer (Hersteller), Artikel-Nummer und einer Prüfziffer zusammengesetzt sei. Aus diesem Grunde werde auf einen der von der Beklagten verwendeten Coupons weder der Wert des Coupons selbst noch eine Produktkategoriebezeichnung aufgenommen. Derartige Informationen könnten nicht aus dem Coupon selbst ausgelesen werden, sondern ergäben sich erst dann, wenn die Code-Nummer des eingelesenen Coupons mit einer Tabelle im Computer des
Einzelhändlers verknüpft werde, aus der sich erst die im Merkmale 1a und 1a‘ genannten Informationen wie „Wert des Coupons“ ablesen ließen.
Hinsichtlich der Merkmale 1c und 1c‘ weist die Beklagte darauf hin, dass bei ihrem System lediglich der Coupon-Code, die Filiale und die Uhrzeit übermittelt würden. Weitere Daten, insbesondere was der Kunde alles kaufe, der jeweilige Preis, die jeweilige Menge, würden nicht übermittelt. Nach Ansicht der Beklagten seien die Merkmale 1c und 1c‘ somit nicht erfüllt, da nicht alle Verkaufstransaktionsdaten übermittelt würden.
Nicht erfüllt seien schließlich die Merkmale 1d und 1d‘. Da die Prüfung der Coupons an der Kasse im jeweiligen Einzelhandelsgeschäft erfolge, an der alle für die Prüfung notwendigen Angaben vorhanden seien, finde die Prüfung dezentral statt und nicht an einem zentralen Standort. Mangels Familiencode fällt könne auch kein Abgleich der Produktfamilie mit dem gekauften Artikel durchgeführt werden.
Hinsichtlich der Merkmale 1e bzw. 1e‘ weist die Beklagte darauf hin, dass sämtliche Coupons in der Filiale des Händlers vernichtet werden könnten. Ein Coupon-Prüfzentrum wird vom Verfahren der Beklagten nicht vorausgesetzt und sie betreibe ein solches auch nicht. Die Übermittlung der Coupondaten könne auch nicht mit dem Transport der Originalcoupons gleichgesetzt werden.
Zuletzt seien auch Merkmal 1f bzw. 1f nicht erfüllt, da nur eine Prüfung beim Einlösen der Coupons an der Kasse erfolge; eine zusätzliche, zweite Prüfung, nämlich die Prüfung eines ausgewählten Prozentsatzes eingelöster Coupons finde beim Verfahren der Beklagten nicht statt.
Hinsichtlich der weiteren Einwendungen der Beklagten wird auf Seiten 5-9 der Klage-erwiderungsschrift (BI.24-28 d.A.) und den Schriftsatz vom 8.1.2007 (BI.41/45 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin Rechte aus dem Klagepatent herleiten kann, hat sie gegen die Beklagte bereits deswegen kein Verbietungsrecht, da eine Verwirklichung der Merkmale der streitgegenständlichen Ansprüche 1 und 9 durch Abrechnungsverfahren der Beklagten nicht ansatzweise dargetan werden konnte.
1. Die Klägerin hat ihre Aktivlegitimation zwar noch nicht durch Vorlage von Urkunden bewiesen, jedoch schlüssig dargelegt. Angesichts der im Parallelverfahren vorgelegten Urkunden ist allerdings davon auszugehen, dass der Klägerin insoweit ein Nachweis möglich wäre. Eine Ergänzung des Sachvortrags war insoweit jedoch entbehrlich, da es bereits an einer Verletzung des Klagepatents mangelt (siehe im Folgenden 2.).
2. Die Klägerin konnte nicht schlüssig darlegen, dass die Beklagte von sämtlichen Merkmalen der Ansprüche 1 bzw. 9 des Klagepatents Gebrauch macht, so dass der Klägerin weder Unterlassungs-, noch Auskunfts- oder Schadensersatzansprüche zustehen.
a) Auf eine Widergabe der von den Parteien verwendeten Merkmalsanalyse (siehe oben im Tatbestand) und eine Untergliederung der noch sehr pauschal gefassten Merkmalsgruppen 1a-1g bzw. 1a‘-1g‘ in Einzelmerkmale wird verzichtet.
b) Eine Verletzung scheidet bereits deswegen aus, da es an den Merkmalen „Transport der Originalcoupons“ in den Merkmalgruppen 1e bzw. 1e‘ und „Vergleich ausgesuchter Originalbelege“ in den Merkmalsgruppe 1f bzw. 1f fehlt. Eine Weiterbehandlung von Originalcoupons/-belegen durch die Beklagte nach der Einreichung dieser Belege durch die Kunden an der Kasse des Einzelhändlers konnte nicht dargetan werden; Versuche einer Umdeutung der körperlich zu verstehenden Merkmale
aa) Der in der Hauptverhandlung nachgeschobene Hinweis, die Beklagte biete auch ein manuelles Clearing-Verfahren an, geht ins Leere: Das manuelle Verfahren wird nach der Präsentation der Beklagten, auf die die Klägerin sich stützt (Anlage K3, Seite 6) nur als Alternative zum automatisierten digitalen Verfahren dargestellt, nicht als zusätzlichen Verfahrensschritt in diesem automatisierten Verfahren. Weitere Hinweise auf eine Kombination von Datenübermittlung und Belegtransport hat die (insoweit darlegungs- und beweispflichtige) Klägerin nicht geliefert.
bb) Die in der Klageschrift ursprünglich verfolgte Argumentation, ein „Transport der Coupons“ sei in der Übermittlung der darauf gespeicherten Daten zu sehen, ist insoweit unschlüssig, als das Klagepatent bereits innerhalb der streitgegenständlichen Ansprüche deutlich zwischen Coupondaten und Originalcoupons bzw. Originalbelegen unterscheidet. Letztere sind daher als physische Verkörperungen dieser Daten, nämlich Ausdrucke auf Papier zu verstehen. Für eine andere Auslegung bleibt kein Raum:
In den Patentansprüchen 1 und 9 wird jeweils bereits in den Merkmalgruppen 1a bzw. 1a‘ unterschieden zwischen Rabattmarken bzw. Coupons, die vom Kunden „vorgelegt“ werden, also in physischer Form vorhanden sind, und den Daten, die sich aus diesen auslesen lassen.
Diese unverkörperten Daten werden weiter erwähnt in den Merkmalen 1b/1b‘, 1c/1c‘ und 1d/1d‘.
Anders als in diesen genannten Merkmalen ist in den Merkmalen 1e/1e‘ nicht von „Daten“ die Rede, sondern von „Coupons“, die zudem noch als „Original-Coupons“ bezeichnet werden und per „Transport“ bewegt werden sollen, während im Zusammenhang mit Daten jeweils von „übermitteln“ gesprochen wird. Ebenso ist die Wortwahl innerhalb der Merkmalsgruppen 1f/1f, in denen den „Coupondaten“ ausdrücklich die „Originalbelege“ gegenüber gestellt werden.
Für die von der Klägerin versuchte Gleichsetzung von Papiercoupons und den in ihnen gespeicherten Informationen bleibt angesichts der in den Patentansprüchen überdeutlich formulierten Unterscheidung zwischen dem „Original-Coupon“ („Original-Beleg“) und den „Coupon-Daten“ (in der maßgeblich englischen Sprachfassung „original coupon“ und „coupon data“) bzw. zwischen „transportieren“ und „übermitteln“ („transporting“ und „processing“) kein Raum. Eine solche Auslegung ist schlicht unvertretbar.
c) Auf die Tatsache, dass es auch fraglich erscheint, ob die Einzelmerkmale: „wobei alle Verkaufstransaktionsdaten übermittelt werden“ in den Merkmalgruppen 1c/1c‘; „wobei ein in den Coupondaten enthaltenes Familiencodefeld abgeglichen wird“ in den Merkmalgruppen 1d/1d‘; „Computer an einen zentralen Standort“ und „der von einem unabhängigen Couponverarbeitungsbeauftragten verwaltet wird“ in den Merkmalgruppen 1c/1c‘; erfüllt sind, nicht mehr an. Die Klage ist daher in jedem Fall sowohl hinsichtlich der geltend gemachten Unterlassungs-, als auch der geltend gemachten Auskunfts- und Schadensersatzansprüche abzuweisen.
Nebenentscheidungen:
Kosten: § 91 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Streitwert: §§ 3ff ZPO, 3, 49 GKG.