Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 28. Februar 2006, Az. 4b O 487/05
Rechtsmittelinstanz: 2 U 29/06
I. Die einstweilige Verfügung vom 20. Oktober 2005 bleibt aufrechterhalten.
II. Der Antragsgegner hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
T a t b e s t a n d :
Der Antragsgegner, der in der Zeit vom 15. Mai 1979 bis 31. Dezember 2003 bei der Klägerin beschäftigt war, ist eingetragener Inhaber des am 1. Juni 2004 angemeldeten deutschen Patents 10 2004 026 xxx, dessen Erteilung am 29. September 2005 veröffentlicht worden ist. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Anschweißen eines Halters an ein Blech. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
„Verfahren zum Anschweißen eines Halters (20), der eine Schmalfläche (22) aufweist, mit dieser Schmalfläche (22) an ein Blech (24), insbesondere an ein Karosserieblech, bei welchem Verfahren
a) der Halter (20) in einem freien Abstand mit seiner Schmalfläche (22) zum Blech (24) gehalten wird, wobei zwischen Halter (20) und Blech (24) eine elektrische Spannung anliegt und zwischen Schmalfläche (22) und Blech (24) ein Lichtbogen (42) brennt,
b) aufgrund des Lichtbogens etwas Material von der Schmalfläche (22) abgetragen und als deponierte Schmelze (46) auf das Blech (24) aufgetragen wird, und
c) anschließend der Halter (20) mit dem Blech (24) in Kontakt gebracht wird, wobei der Halter (20) mit der Schmalfläche (22) in die deponierte Schmelze (46) eintaucht, die Spannung abgeschaltet wird und der Lichtbogen (42) erlischt.„
Die nachfolgend wiedergegebenen Abbildungen (Figuren 4 bis 6 der Streitpatentschrift) verdeutlichen die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2005 ließ der Antragsgegner durch seinen damaligen anwaltlichen Berater (Rechtsanwalt K in Essen) die Antragstellerin wegen widerrechtlicher Benutzung des Streitpatents abmahnen. Bereits zuvor hatte der Antragsgegner unter dem 30. September 2005 – wiederum durch Rechtsanwalt K – einen Zulieferbetrieb der Antragstellerin, nämlich die E Technologies WQ GmbH, aufgrund des Streitpatents verwarnen lassen.
Die Antragstellerin hält die Abmahnungen für unzulässig. Sie ist der Auffassung, dass es sich bei dem Gegenstand des Streitpatents um eine Arbeitnehmererfindung des Antragsgegners handele, welche sie – die Antragstellerin – mit Schreiben vom 8. März 2005 wirksam in Anspruch genommen habe. Zwischen den Parteien ist bei der Kammer unter dem Aktenzeichen 4b O 196/05 ein Rechtsstreit anhängig, in dem die Antragstellerin den Antragsgegner auf Zustimmung zur Umschreibung des Streitpatents in Anspruch nimmt.
Mit Beschluss vom 20. Oktober 2005 ist gegen den Antragsgegner antragsgemäß im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung ergangen, mit der ihm untersagt worden ist,
1. wörtlich oder sinngemäß zu behaupten und/oder verbreiten zu lassen,
a) er (der Antragsgegner) sei berechtigter Inhaber des deutschen Patents 10 2004 026 xxx betreffend ein Verfahren zum Anschweißen eines Halters an ein Blech;
b) die Antragstellerin verletze das Patent DE 10 2004 026 xxx;
2. Verbietungsrechte aus dem deutschen Patent 10 2004 026 xxx gegenüber der Antragstellerin und/oder Dritten, insbesondere im Wege von Schutzrechtsverwarnungen, geltend zu machen.
Die Beschlussverfügung ist der Antragstellerin am 20. Oktober 2005 zugestellt worden.
Nachdem der Antragsgegner am 29. November 2005 Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt hat, beantragt die Antragstellerin,
die Beschlussverfügung vom 20. Oktober 2005 aufrechtzuerhalten.
Der Antragsgegner beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 20. Oktober 2005 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
Er macht geltend: Die Abmahnungen seien zulässig gewesen, weil die Antragstellerin und deren Zulieferfirma (E Technologies WQ GmbH) nicht nur von der Lehre des Streitpatents Gebrauch machten, sondern er – der Antragsgegner – auch berechtigter Inhaber des den Abmahnungen zugrundegelegten Streitpatents sei. Letzteres gelte schon deshalb, weil es sich bei dem Gegenstand des Streitpatens um eine freie Erfindung gehandelt habe, weswegen ein Inanspruchnahmerecht der Antragstellerin von vornherein ausscheide. Abgesehen davon sei die Inanspruchnahme, sollte sie möglich gewesen sein, aber auch verspätet erfolgt. Das Schreiben der Antragstellerin vom 8. März 2005 sei ihm erst am 15. März 2005 zugegangen. Selbst wenn für den Lauf der Inanspruchnahmefrist auf seine Erfindungsmeldung vom 5. November 2004 abgestellt werde, sei die Vier-Monatsfrist für die Inanspruchnahme am 15. März 2005 deswegen bereits abgelaufen gewesen. Tatsächlich habe er – der Antragsgegner – die Erfindung ohnedies weit früher gemeldet.
Ungeachtet aller materiell-rechtlichen Erwägungen könne die Beschlussverfügung auch deshalb keinen Bestand haben, weil die Antragstellerin die einstweilige Verfügung vom 20. Oktober 2005 nicht rechtzeitig vollzogen habe. Die Beschlussverfügung sei – was unstreitig ist – ihm persönlich zugestellt worden, obwohl sich mit der an die Antragstellerin gerichteten Abmahnung bereits Rechtsanwalt K bestellt gehabt habe. Durch Einwurf der Beschlussverfügung in den Hausbriefkasten habe eine wirksame Ersatzzustellung nicht vorgenommen werden können. Zum Einen verfüge er innerhalb der Briefkastenanlage des von zwölf Parteien bewohnten Hauses über keinen eigenen Briefkasten; vielmehr stehe ihm lediglich ein Sammelbriefkasten zur Verfügung, den er sich mit zwei weiteren Parteien teile. Die Briefkastentür sei – zum Zweiten – nicht durch ein Schloß gesichert, sondern verfüge lediglich über einen Magnetverschluss. Eine sichere Aufbewahrung von Postsendungen sei insofern nicht gewährleistet. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Antragsgegner weiterhin vorgetragen, die Beschlussverfügung (nebst Anlagen) sei wegen ihrer Größe überhaupt nicht in den Briefkasten eingelegt, sondern vom Gerichtsvollzieher im Treppenhaus deponiert worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Auf den Widerspruch des Antragsgegners ist die einstweilige Verfügung vom 20. Oktober 2005 aufrechtzuerhalten (§§ 936, 925 ZPO). Die Beschlussverfügung ist zu Recht ergangen, weil der Antragstellerin gemäß § 823 Abs. 1 BGB ein Anspruch darauf zusteht, dass es der Antragsgegner unterlässt, die Antragstellerin und Dritte aus dem deutschen Patent 10 2004 026 xxx abzumahnen. Die Gefahr, dass der Antragsgegner künftig derartige Verwarnungen aussprechen wird, ergibt sich aus seinen bereits erfolgten Abmahnungen vom 30. September 2005 und 4. Oktober 2005, die unzulässig waren und einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in das Recht der Antragstellerin an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen (vgl. BGH (GSZ), Mitt. 2005, 520 – unberechtigte Verwarnung aus Immaterialgüterrechten). Die Unzulässigkeit der Schutzrechtsverwarnungen ergibt sich daraus, dass der Antragsgegner zwar formell als Inhaber des Streitpatents, aus dem die Abmahnungen vorgenommen worden sind, eingetragen ist, dass jedoch von Seiten der Antragstellerin glaubhaft gemacht ist, dass das Streitpatent gemäß § 7 ArbEG, §§ 412, 413, 401 BGB materiell-rechtlich auf sie übergegangen ist und der Antragsgegner in die Umschreibung des Streitpatents auf die Antragstellerin einzuwilligen hat.
I.
Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Anschweißen eines Halters an ein Blech (insbesondere Karosserieblech), wie es insbesondere in der Automobilindustrie zur Befestigung von Kotflügel eingesetzt wird.
Nach den Erläuterungen der Streitpatentschrift sind im Stand der Technik stift- oder bolzenförmige Halter bekannt, die mit Hilfe des sogenannten Bolzenschweißens mit Hubzündung an einem Blech angebracht werden. Bei diesem Schweißverfahren wird der Haltebolzen durch einen Hubmechanismus mit dem Blech in Kontakt gebracht und eine Spannung zwischen Bolzen und Blech angelegt. Während ein Pilotlichtbogen mit geringer Stromstärke gezündet wird, entfernt der Hubmechanismus den Bolzen geringfügig vom Blech. Anschließend erfolgt die Zündung eines Hauptlichtbogens zwischen Bolzenspitze und Blech. Hierdurch werden Bolzen und Werkstück (Blech) angeschmolzen. Nach Ablauf einer voreingestellten Schweißzeit wird der Bolzen in die mittlerweile entstandene Werkstückschmelze eingetaucht, wodurch eine nach außen gewölbte (konvexe) Schweißnaht entsteht. Die Stromquelle wird abgeschaltet, die Schmelze erstarrt und kühlt ab.
Die Streitpatentschrift kritisiert an dieser Vorgehensweise, dass es im Bolzeneintauchbereich infolge des Aufschmelzens des Werkstücks (Blechs) zu Struktureingriffen kommen kann, die dazu führen, dass sich zwischen dem Blech und dem Bolzen nur ungenügende Haltekräfte einstellen. Darüber hinaus könne es aufgrund eingeschlossenen Kondenswassers an den Schweißübergängen zur Rostbildung kommen.
Aufgabe des Streitpatents soll es demgemäß sein, ein Schweißverfahren zur Verfügung zu stellen, bei dem eine zuverlässigere Verbindung zwischen Halter und Blech erfolgt und Kondenswassereinschlüsse vermieden werden.
Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 1 des Streitpatents die Kombination folgender Merkmale vor:
(1) Verfahren zum Anschweißen eines Halters (20) mit seiner Schmalfläche (22) an ein Blech (24).
(2) Das Verfahren zeichnet sich durch folgende Schritte aus:
(a) Der Halter (20) wird in einem freien Abstand mit seiner Schmalfläche (22) zum Blech (24) gehalten,
(b) dabei
o liegt zwischen dem Halter (20) und dem Blech (24) eine elektrische Spannung an,
o brennt zwischen der Schmalfläche (22) des Halters (20) und dem Blech (24) ein Lichtboden (42);
(c) aufgrund des Lichtbogens wird etwas Material von der Schmalfäche (22) des Halters (20) abgetragen und als deponierte Schmelze (46) auf das Blech (24) aufgetragen;
(d) anschließend wird der Halter (20) mit dem Blech (24) in Kontakt gebracht, wobei
o der Halter (20) mit der Schmalfläche (22) in die deponierte Schmelze (46) eingetaucht,
o die elektrische Spannung abgeschaltet wird und
o der Lichtboden erlischt.
Wesentlich für die Erfindung des Streitpatents ist zweierlei: Zum Einen, dass statt stift- oder bolzenförmiger Halter solche mit einer länglichen Schmalfäche verwendet werden. Zum Anderen, dass das Blech (Werkstück) im Kontaktbereich mit dem Halter nicht mehr angeschmolzen wird; stattdessen erfolgt die Schweißverbindung mit Hilfe einer Schmelze, die von dem Halter gewonnen und auf dem Blech deponiert wird.
II.
Das auf den Antragsgegner eingetragene Streitpatent steht nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand materiellrechtlich der Antragstellerin zu.
1.
Der Gegenstand des Streitpatents stellt eine Diensterfindung dar, die dem in § 6 ArbEG geregelten Aneignungsrecht der Antragstellerin untersteht.
Die Erfindung stammt – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – aus einer Zeit, als der Antragsgegner bei der Antragstellerin beschäftigt war. Sie ist – im Sinne von § 4 Abs. 2 ArbEG – auch aus der dem Antragsgegner im Betrieb der Antragstellerin obliegenden Tätigkeit entstanden (Nr. 1) und beruht maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebes der Antragstellerin (Nr. 2).
Entgegen dem jetzigen Bestreiten des Antragsgegners ergibt sich aus seiner eigenen „Erfindungsmeldung„ vom 5. November 2004 (Seite 4), dass er im Zeitpunkt des Zustandekommens der Erfindung „RB-Teamleader„ bei der Antragstellerin war. Übereinstimmend damit ergibt sich aus der ergänzenden Erklärung des Antragsgegners vom 16. November 2004, dass er zur Zeit der Erfindung im Unternehmen der Antragstellerin als „Ingenieur der Herstellbarkeitsprüfung-Gruppenstab„ in den Arbeitsgebieten „Trimm (Ausstattung)/Assy (Montage)„ tätig war. In seiner Klageschrift vom 20. Dezember 2004 zu dem Verfahren 4a O 484/04 hat der Antragsgegner weiterhin ausgeführt:
„Der Kläger wurde im August 1997 von der PVT Montageabteilung Sc zur Feier LVT Montageabteilung Katze versetzt. Im Januar 1998 wurde er zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Trimm (Ausstattung) und Assy (Montage) verantwortlicher Ingenieur zum Body-Team-Leader (Karosserie-Gruppenleiter) ernannt, da die im RB-Team anstehenden Probleme nicht zufriedenstellend gelöst werden konnten.
In den Teambesprechungen war eines der Hauptprobleme, dass an den neu produzierten Katze-Fahrzeugen Korrosionen im Bereich der Kotflügelhalterungen auftraten, meistens schon vor der Auslieferung der Fahrzeuge. Der Rost wurde durch Einlagerung von Kondenswasser in dem Hohlraum zwischen Karosserie und Halterblech infolge der Anwendung des Punktschweißverfahrens verursacht.
…
Der Kläger machte sich deshalb in seiner Freizeit Gedanken über die Lösung des Problems. Er hatte die Idee, den Kotflügelhalter mit einem anderen Schweißverfahren, das etwa wie das Schmelzschweißverfahren beim Löten ablief, zu befestigen.„
Dieser eigene Sachvortrag des Antragsgegners belegt, dass das Streitpatent nicht nur auf denjenigen Erfahrungen basiert, mit denen der Antragsgegner bei der Antragstellerin konfrontiert worden ist, sondern dass die Erfindung auch aus der Tätigkeit entstanden ist, die dem Antragsgegner im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Antragstellerin oblag.
2.
Da es sich mithin um eine Diensterfindung handelt, war der Antragsgegner verpflichtet, die Erfindung gemäß dem Streitpatent in einer dem § 5 ArbEG genügenden Weise schriftlich zu melden. Dieser Obliegenheit ist der Antragsgegner erst mit seiner Erfindungsmeldung vom 5. November 2004 nachgekommen.
a)
Dass in der vom Antragsgegner am 13. November 1998 vorgenommenen Einstellung des Projektes (Konzernnummer C 109 15xxx) in das interne Computersystem WERS der Antragstellerin keine Erfindungsmeldung gesehen werden kann, hat bereits die 4a. Zivilkammer in ihrem Urteil vom 8. März 2005 ausgeführt. Hierauf wird Bezug genommen. Es fehlt an der für die gebotene Schriftform erforderlichen Namensunterschrift des Antragsgegners im Original; außerdem handelt es sich nicht um eine „gesonderte„ Erklärung, die für die Antragstellerin in hinreichendem Maße klargestellt hätte, dass ihr eine Diensterfindung gemeldet wird, für welche sich die Frage der Inanspruchnahme stellt.
b)
Unzureichend sind gleichfalls die mündlichen Erläuterungen, mit denen der Antragsgegner die Erfindung des Streitpatents vor dem Management der Antragstellerin erläutert haben will. Wie in dem in der Sache 4b O 196/05 stattgefundenen Verhandlungstermin erörtert worden ist, mangelt es an einem substantiierten Sachvortrag des Antragsgegners dazu, in welcher Weise genau die technische Lehre des Streitpatents von ihm präsentiert worden ist. Ohne dahingehende Angaben lässt sich nicht erkennen, ob die Erklärungen des Antragsgegners der Sache nach als „gesonderte Erfindungsmeldung„ gewertet werden können. In jedem Fall – und darüber hinaus – ist das Schriftformerfordernis nicht gewahrt. Einen Sachverhalt, der die Annahme eines übereinstimmenden Verzichts der Parteien auf das Schriftformerfordernis tragen würde, hat der Antragsgegner nicht dargetan.
c)
Vieles spricht zwar dafür, dass das Schreiben des Rechtsanwaltes T2 vom 30. März 2004 die Voraussetzungen an eine Erfindungsmeldung erfüllt. Zwar mag der technische Erfindungsgegenstand im Text selbst unzureichend beschrieben sein. Entscheidend ist jedoch, dass der Antragsgegner ausdrücklich nicht nur auf die interne Projektnummer der Antragstellerin (C 109 15xxx), sondern auch auf den ihm anlässlich der Erfindung des Streitpatents verliehenen „Award of exellence„ Bezug genommen hat. Nachdem die Antragstellerin das streitige Schweißverfahren in ihrem Unternehmen seit Mai 1999 (zunächst in K, später auch in V, T und G) angewandt hat, konnte auf Seiten der Antragstellerin keinerlei Zweifel darüber bestehen, um welchen technischen Gegenstand es in dem Anwaltsschreiben vom 30. März 2004 ging. Da der Antragsgegner aufgrund seiner Erfindung und dessen Benutzung durch die Antragstellerin u.a. Auskunfts- und Vergütungsansprüche reklamiert hat, musste die Antragstellerin bei redlichem Verhalten das Schreiben vom 30. März 2004 auch im Sinne der Meldung einer Diensterfindung verstehen. Letztlich bedarf dies alles jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Zu Recht hat die Antragstellerin nämlich beanstandet, dass sich dem Schreiben vom 30. März 2004 Angaben zum Zustandekommen der Diensterfindung (welche z.B. für den Anteilsfaktor von Belang sein können) nicht entnehmen lassen (§ 5 Abs. 3 ArbEG). Da der Antragsgegner die berechtigten Rügen der Antragstellerin in seinem Antwortschreiben vom 29. April 2004 nicht aufgegriffen hat, konnte die Meldung vom 30. März 2004 (weil sie nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 5 Abs. 1, 2 ArbEG war) die viermonatige Inanspruchnahmefrist des § 6 ArbEG nicht in Gang setzen.
d)
Geeignet hierzu war allerdings die Erfindungsmeldung des Antragsgegners vom 5. November 2004, die der Antragstellerin nach ihrem unwiderlegten Vorbringen am 8. November 2004 zugegangen ist. Zwar hat die Antragstellerin unter dem 12. November 2004 auch insoweit Beanstandungen gemäß § 5 Abs. 3 ArbEG erhoben. Sämtliche Rügen waren jedoch unberechtigt:
Der Einwand, die vom Antragsgegner angegebenen Verfahrensschritte wiederholten lediglich das aus dem Stand der Technik vorbekannte Festschweißverfahren, weswegen nicht erkennbar sei, worauf eine Patentanmeldung gegründet werden könnte, liegt bereits im Ansatz neben der Sache. Der Antragsgegner hatte lediglich die Diensterfindung in einer solchen Weise zu schildern, dass für die Antragstellerin erkennbar war, welche Lehre zum technischen Handeln ihr gemeldet wird. Ob die Diensterfindung sich in erfinderischer Weise vom Stand der Technik abhebt und mit welchem Inhalt sie ggfs. patentierbar ist, hat nicht der Arbeitnehmer darzulegen, sondern obliegt allein der Prüfung und Einschätzung des Arbeitgebers.
Ebenso unzutreffend ist die Beanstandung der Antragstellerin, die Erfindungsmeldung des Antragsgegners enthalte keinerlei Angaben zu dem bei dem gemeldeten Schweißverfahren zu verwendenden Halter. Auf Seite 3 der Erfindungsmeldung ist wiederholt davon die Rede, dass der Halter eine Schmalfläche aufweist, mit der er vertikal zum Werkstück (Blech) gehalten wird. Genau dies – und nicht mehr – ist Gegenstand auch des Streitpatents. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin das Schweißverfahren des Antragsgegners seit Mai 1999 weltweit benutzt. Bei dieser Sachlage war die Antragstellerin bei Erhalt der Erfindungsmeldung vom 5. November 2004 selbstverständlich im Bilde darüber, mit welchem Halter und auf welche Weise genau das Schweißverfahren des Streitpatents ausgeführt werden muss. Die Beanstandung, der für das Verfahren geeignete Halter sei unzureichend beschrieben, stellt bei dieser Sachlage ein gegen § 226 BGB verstoßendes Verhalten dar.
Gleiches gilt, soweit die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 12. November 2004 bemängelt, dass sich die Erfindungsmeldung nicht zu den Einzelheiten der Bestromung und zum Bewegungsablauf während des Verschweißens bzw. der einzelnen Schweißphasen verhalte. Die Rüge ist überdies deshalb unbegründet, weil den Antragsgegner lediglich die Pflicht traf, seine Erfindung in einer Weise zu beschreiben, dass sie für einen Durchschnittsfachmann ausführbar ist. Hierzu bedurfte es detaillierter Vorgaben zur Bestromung etc. nicht, weil sie vom Fachmann ggfs. durch geeignete Versuche ermittelt werden konnten. Dies belegt im Übrigen auch die Streitpatentschrift, die sich gleichfalls nicht zu derartigen Details der Verfahrensführung verhält und deren Ausführbarkeit mit der Patenterteilung anerkannt worden ist.
Erst recht schuldete der Antragsgegner keine Erklärungen dazu, auf welchen physikalischen Zusammenhängen die mit dem erfindungsgemäßen Schweißverfahren erzielbaren hohen Zugfestigkeitswerte beruhen.
Fehl geht schließlich auch die Beanstandung der Antragstellerin, der Antragsgegner möge Angaben zu seiner Ausbildung, zum Aufgabenbereich zum Zeitpunkt der Erfindung sowie zu seiner Stellung im Unternehmen machen. Für eine derartige forderung fehlt es an jeglicher Rechtsgrundlage, weil der Diensterfinder nach § 5 Abs. 2 ArbEG in seiner Meldung lediglich dienstlich erteilte Weisungen oder Richtlinien, die benutzten Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebes, die Mitarbeiter sowie Art und Umfang ihrer Mitarbeit anzugeben hat.
3.
Mit dem Zugang der Erfindungsmeldung vom 5. November 2004 bei der Antragstellerin am 8. November 2004 ist somit die viermonatige Inanspruchnahmefrist gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbEG in Gang gesetzt worden, woraus folgt, dass die Frist zur Inanspruchnahme am 8. März 2005 abgelaufen ist. Die Antragstellerin hat durch die eidesstattlichen Versicherungen von Dr. Dr und Patentanwalt Sv vom 18. Oktober 2005 glaubhaft gemacht, dass das Inanspruchnahmeschreiben vom 8. März 2005 dem Antragsgegner am gleichen Tage – und damit fristgerecht – zugegangen ist. Sowohl Dr. Dr als auch Patentanwalt Sv haben übereinstimmend versichert, das besagte Schriftstück am Morgen des 8. März 2005 gemeinsam in den Briefkasten des Antragsgegners im Hause M-Straße 17, K, eingeworfen zu haben. Die Inanspruchnahmeerklärung ist infolgedessen so in den Bereich des Antragsgegners gelangt, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hatte, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Es entspricht gesicherter Auffassung, dass zum Bereich des Empfängers insbesondere die von ihm zur Entgegennahme von Willenserklärungen bereitgehaltenen Einrichtungen (wie ein Briefkasten) gehört, und der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang bewirkt, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist (vgl. nur Palandt, BGB, 65. Auflage, § 130 BGB Rn. 5 ff.). Wie weiter unten ausgeführt werden wird, genügt die im Hause des Antragsgegners vorhandene Briefkastenanlage den Anforderungen, die an eine Einrichtung, die zur Entgegennahme von Erklärungen geeignet ist, zu stellen sind. Angesichts des glaubhaft gemachten Einwurfs des Inanspruchnahmeschreibens am Morgen des 8. März 2005 konnte in jedem Fall damit gerechnet werden, dass der Antragsgegner seinen Briefkasten an diesem Tage noch leert, weswegen ein Zugang für den 8. März 2005 festzustellen ist.
Soweit die Lebensgefährtin des Antragsgegners eidesstattlich versichert, beim Leeren des Briefkastens am 8. März 2005 um 18.20 Uhr das Inanspruchnahmeschreiben der Antragstellerin nicht vorgefunden zu haben, und angibt, dass das betreffende Schriftstück sich erst am Morgen des 15. März 2005 im Briefkasten des Antragsgegners befunden habe, steht dies dem von der Antragstellerin glaubhaft gemachten Geschehensablauf nicht entgegen. Es ist, da der Briefkasten des Antragsgegners für zwei weitere Hausbewohner eingerichtet ist, ohne weiteres denkbar, dass beispielsweise einer dieser Mitbewohner vor dem Antragsgegner den Briefkasten geleert und dabei versehentlich das an den Antragsgegner adressierte Schreiben an sich genommen hat. Dass der Antragsgegner das Schreiben am 15. März 2005 in seinem Briefkasten aufgefunden hat, kann seine Erklärung darin finden, dass der betreffende Mitbewohner seinen Irrtum nicht sogleich entdeckt oder aber das Schreiben nachlässigerweise erst einige Tage später in den Briefkasten des Antragsgegners zurückgelegt hat. Ein derartiger Geschehensablauf ist derzeit jedenfalls nicht ausgeräumt, weswegen für die Kammer keine Veranlassung besteht, den von der Antragstellerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen zu mißtrauen.
4.
Mit der Inanspruchnahmeerklärung vom 8. März 2005 ist das Streitpatent gemäß § 7 ArbEG, §§ 412, 413, 401 BGB auf die Antragstellerin übergegangen. Der Antragsgegner ist seither lediglich noch formell in der Patentrolle verzeichnete, materiall-rechtlich stehen ihm jedoch am Klagepatent keinerlei Anteile oder Befugnisse mehr zu. Aufgrund seiner lediglich formellen (scheinbaren) Inhaberschaft am Streitpatent erweisen sich die Schutzrechtsverwarnungen des Antragsgegners als unzulässig. Sie stellen einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht der Antragstellerin an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB) dar und begründen einen Anspruch der Antragstellerin, dass der Antragsgegner künftig derartige Eingriffe (Schutzrechtsverwarnungen) unterlässt.
III.
Die Beschlussverfügung vom 20. Oktober 2005 ist nicht deshalb (wegen veränderter Umstände) aufzuheben, weil die Antragstellerin die Vollziehungsfrist versäumt hat.
1.
Ausweislich der Zustellungsurkunde des Obergerichtsvollziehers Wolfgang C ist dem Antragsgegner eine beglaubigte Abschrift der einstweiligen Verfügung vom 20. Oktober 2005 nebst Antragsschrift und Anlagen am 21. Oktober 2005 zugestellt worden. Die Zustellungsurkunde vermerkt hierzu, dass die Übergabe der zuzustellenden Schriftstücke in der Wohnung nicht möglich war und das Schriftstück deshalb in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt worden ist. Gemäß § 415 Abs. 1 ZPO erbringt die Zustellungsurkunde vollen Beweis für den beurkundeten Zustellungsvorgang. Zwar ist der Gegenbeweis zulässig (§ 415 Abs. 2 ZPO) und macht der Antragsgegner in seinem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 2. Februar 2006 geltend, dass der Gerichtsvollzieher das zuzustellende Schriftstück nicht – wie beurkundet – in den Briefkasten eingeworfen, sondern im Eingangsbereich des Treppenhauses abgelegt habe. Dieses Vorbringen hat jedoch schon aus prozessualen Gründen unberücksichtigt zu bleiben. Im Verhandlungstermin vom 31. Januar 2006 ist die Zustellung der Beschlussverfügung mit den Parteien und ihren Vertretern eingehend erörtert worden, ohne dass der Antragsgegner bei dieser Gelegenheit den jetzt vorgebrachten Sachverhalt geltend gemacht hat. Er ist auch nicht Gegenstand des Sachvortrages im Schriftsatz des Antragsgegners vom 30.01.2006. Dass dem Antragsgegner die Postsendung von einer Mitbewohnerin seines Hauses ausgehändigt worden ist, besagt nichts dazu, dass die Sendung im Treppenhaus abgelegt worden ist, erst recht nicht vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Briefkasten des Antragsgegners von anderen Mitbewohnern mitbenutzt wird und nur durch einen Magnetverschluss gesichert ist. Im Übrigen erwähnt der Schriftsatz vom 30.01.2006 das Ablegen des Schriftstückes im Hausflur selbst nur als Möglichkeit. Die mündliche Verhandlung ist daraufhin ordnungsgemäß geschlossen worden mit der Folge, dass ein neues tatsächliches Vorbringen grundsätzlich ausgeschlossen ist. Für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung besteht vorliegend keinerlei Anlass. Dies gilt um so mehr, als der Antragsgegner ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung vom 2. Februar 2006 über die angeblich fehlerhafte Zustellung bereits seit dem 24. Oktober 2005 im Bilde war und deshalb bis zum Verhandlungstermin hinreichend Gelegenheit hatte, den betreffenden Sachverhalt vorzubringen.
2.
Die beurkundete Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten (§ 180 ZPO) stellt einen wirksamen Vollziehungsakt dar: Zunächst ist dem Antragsgegner in seiner Rechtsauffassung zu widersprechen, dass die Beschlussverfügung vom 20. Oktober 2005 nicht an ihn persönlich, sondern gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an seinen damaligen anwaltlichen Vertreter, Rechtsanwalt K, hätte zugestellt werden müssen. Ein Anwendungsfall des § 172 ZPO läge nur dann vor, wenn sich Rechtsanwalt K im vorliegenden Verfahren für den Antragsgegner bestellt hätte. Daran fehlt es hier, weil die von Rechtsanwalt K in Vollmacht des Antragsgegners ausgesprochenen Abmahnungen zwar die Ursache für das von der Antragstellerin eingeleitete Verfügungsverfahren bilden, die Abmahnungen selbst jedoch nicht zu eben diesem Verfahren gehören (vgl. OLG Hamburg, GRUR 1998, 175; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Auflage, Seite 795; Köhler/Piper, UWG, § 25 Rn. 62; Zöller, ZPO, 25. Auflage, § 172 Rn. 4). Anderes würde nur gelten, wenn bereits in der an die Antragstellerin gerichteten Abmahnung ausdrücklich mitgeteilt worden wäre, dass Rechtsanwalt K Vollmacht auch für ein etwaiges Verfügungs- oder Hauptsacheverfahren wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung erteilt worden ist. Weder für ein derartiges Mandat noch dafür, dass der Antragstellerin gegenüber eine dahingehende Vollmachtserteilung kundgetan worden wäre, bestehen jedoch irgendwelche Anhaltspunkte. Im Gegenteil hat der Antragsgegner in seiner persönlich abgefassten Schutzschrift vom 20. Oktober 2005 Rechtsanwalt K selbst ausdrücklich als lediglich „voraussichtlichen Prozessbevollmächtigten„ ausgewiesen.
Die somit an den Antragsgegner persönlich vorzunehmende Zustellung der Beschlussverfügung ist gemäß § 180 ZPO wirksam. Die Vorschrift gestattet eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten, wenn eine persönliche Aushändigung des zuzustellenden Schriftstücks nach Maßgabe des § 178 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht möglich war. Dass diese Voraussetzungen am 21. Oktober 2005 gegeben waren, beweist die Zustellungsurkunde des Obergerichtsvollziehers C und wird auch vom Antragsgegner nicht in Abrede gestellt. Zu Unrecht meint der Antragsgegner allerdings, der in seinem Wohnhaus vorhandene Briefkasten sei für eine Ersatzzustellung ungeeignet gewesen, weil er für insgesamt drei Hausbewohner eingerichtet gewesen sei, was durch eine entsprechende Briefkastenbeschriftung erkennbar gewesen sei, und außerdem lediglich über einen Magnetverschluss verfügt habe. Beide Gesichtspunkte sind rechtlich unbeachtlich. Es ist weder erforderlich, dass der Briefkasten fest verschlossen ist, noch, dass er dem Zustellungsadressaten allein zugeordnet ist (vgl. Zöller, a.a.O., § 181 ZPO Rn. 3). Wesentlich ist nur, dass gerade der Zustellungsadressat das Behältnis erkennbar für einen Postempfang eingerichtet hat (Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 64. Auflage, § 180 Rn. 5), woran vorliegend angesichts der vom Antragsgegner selbst überreichten Lichtbilder kein Zweifel bestehen kann. Der vorhandene Magnetverschluss gewährleistet ebenfalls eine hinreichend sichere Aufbewahrung, jedenfalls dann, wenn mit einer Entwendung von Schriftstücken nach den gesamten Umständen nicht gerechnet werden muss (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 180 ZPO Rn.6 ). Davon muss mangels gegenteiliger Anhaltspunkte für den Streitfall ausgegangen werden.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.