4b O 98/04 – Bearbeitungszentrum

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 551

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 28. Februar 2006, Az. 4b O 98/04

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 568 xxx (nachfolgend: Klagepatent), welches unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität (421 xxx 5) vom 10.04.1992 am 14.03.1993 angemeldet wurde. Die Anmeldung wurde am 10.11.1992 veröffentlicht. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 15.07.1998, die Herausgabe einer korrigierten Fassung der Patentschrift am 06.05.2004. Als Vertragsstaat ist u.a. die Bundesrepublik Deutschland benannt worden. Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist das Klagepatent unter der Nr. 539 08 xxx geführt. Mit Urteil vom 15.11.2005 (4 Ni 52/04 (EU) erklärte das Bundespatentgericht das Klagepatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig. Eine Entscheidung über die gegen das Nichtigkeitsurteil eingelegte Berufung ist noch nicht ergangen.

Das Klagepatent, dessen Verfahrenssprache deutsch ist, betrifft ein aus Baugruppen zusammengesetztes Bearbeitungszentrum. Sein Anspruch 1 lautet:
„Aus Baugruppen zusammengesetzte Bearbeitungszelle, mit einem Maschinengrundkörper (6), dem eine Arbeitsraumverkleidung zugeordnet ist, und einem Arbeitsraum (34), wobei der Maschinengrundkörper (6) den Arbeitsraum (34) auf zumindest zwei Seiten umschließt und der Aufnahme von Werkzeugträgern und/oder Revolvern als feststehende Einheit dient, mit einer vertikal hängend geführten, als Motorspindel (3) ausgebildeten Hauptspindel, die zusammen mit einem als Kreuzschlitten ausgebildeten, mit einem Abdeckblech versehenen Mehrachsschlitten (5) eine Spindelstockeinheit bildet, wobei dem Maschinengrundkörper (6) oben die Führungen (24, 25) in einer Bewegungsrichtung für den Mehrachsschlitten (5) zugeordnet sind, und die Motorspindel (3) zum Greifen, Spannen und Ablegen sowie zum Antreiben von Werkstücken oder Werkzeugen dient und CNC-gesteuert ist.“

Wegen des Wortlautes der weiteren Patentansprüche wird auf das Klagepatent verwiesen. Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus dem Klagepatent und dienen zur Erläuterung der Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen. Figur 2 zeigt eine Bearbeitungszelle gemäß der Erfindung in perspektivischer Explosionsdarstellung, die Figur 3 die aus Figur 2 ersichtliche Bearbeitungszelle in perspektivischer Darstellung, teils weggebrochen, und die Figur 4 eine Bearbeitungszelle in einer Bearbeitungssituation.

Die Beklagte zu 1) stellt in Italien her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland ebenso wie ihre Vertriebshändlerin, die Beklagte zu 2), Bearbeitungszentren mit der Bezeichnung BV 210/xxx (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Zur Erläuterung dieser legte die Klägerin als Anlage K 4 einen Prospekt der Beklagten zu 1) und als Anlagen K 17 und K 18 verschiedene Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform vor. Die Beklagte zu 1) überreichte als Anlage B 1 weitere Abbildungen und die Beklagte zu 2) drei Zeichnungsskizzen mit der Nummer T 211-00041-4/-2 vom 01.03.2005. Auf die Anlagen wird Bezug genommen. Zur Anschauung werden nachfolgend die untere Abbildung der Seite 192 der Anlage K 4, die zweite und dritte Abbildungen der Anlage B 1 sowie Zeichnungsskizze Nummer T211-99941-4 wiedergegeben.

Die Klägerin sieht in der angegriffenen Ausführungsform eine Verletzung des Klagepatents, da diese von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch mache. Sie nimmt deshalb die Beklagten aus dem Gesichtspunkt der Patentverletzung auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadenersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

I.
die Beklagten zu verurteilen,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

aus Baugruppen zusammengesetzte Bearbeitungszellen, mit einem Maschinengrundkörper, dem eine Arbeitsraumverkleidung zugeordnet ist, und einem Arbeitsraum, wobei der Maschinengrundkörper den Arbeitsraum auf zumindest zwei Seiten umschließt und der Aufnahme von Werkzeugträgern und/oder Revolvern als feststehende Einheit dient, mit einer vertikal hängend geführten, als Motorspindel ausgebildeten Hauptspindel, die zusammen mit einem als Kreuzschlitten ausgebildeten, mit einem Abdeckblech versehenen Mehrachsschlitten eine Spindelstockeinheit bildet, wobei dem Maschinengrundkörper oben die Führungen in einer Bewegungsrichtung für den Mehrachsschlitten zugeordnet sind, wobei die Motorspindel zum Greifen, Spannen und Ablegen sowie zum Antreiben von Werkstücken oder Werkzeugen dient und CNC-gesteuert ist,

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 15.08.1998 begangen haben, und zwar unter Angabe

a)
der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns

und dabei die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege vorzulegen, wobei Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können, wobei die Verpflichtung nach lit. a) nur die Beklagte zu 2. trifft;

II.
festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. Bezeichneten, seit dem 15.08.1998 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,
die Beklagte zu 2) zudem hilfsweise, ihr für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung vorzubehalten, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte zu 2) die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

Die Beklagten wenden ein, der bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Arbeitsraum werde nicht auf zumindest zwei Seiten durch den Maschinengrundkörper umschlossen. Eine seitliche Begrenzung im Sinne des Klagepatentes sei nicht vorhanden. Die von der Klägerin fälschlicherweise als solche angesehenen Bauteile seien tatsächlich nur Stützstreben, die erheblich unterhalb und außerhalb des Arbeitsraumes – worunter nur der Raum zu verstehen sei, in dem die Motorspindel tatsächlich die spannabhebende Bearbeitung durchführe – ansetzten. Überdies erstreckten sie sich nach vorne unten geneigt, entfernten sich mithin immer weiter vom Arbeitsraum. Die Streben bildeten bloß eine Art Auffangwanne. Ebenso wenig seien dem Maschinengrundkörper oben Führungen in einer Bewegungsrichtung zugeordnet. Schließlich weise die angegriffene Ausführungsform kein Abdeckblech auf, welches erfindungsgemäß mit zwei Flächen des Maschinengrundkörpers den Arbeitsraum vollständig von der Be- und Entladezone und der Messzone abtrenne.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 03.03.2005 (Bl. 100 ff. d.A.). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Professor Dipl.-Ing. G vom 09.06.2005 (Bl. 136 ff. d.A.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.01.2006 (Bl. 204 ff. d.A.) Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Schadenersatz nach den Artt. 2, 64 EPÜ, §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b, 9 PatG, §§ 242, 259 BGB nicht zu. Die angegriffene Ausführungsform macht von der unter Schutz gestellten technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch.

I.
Das Klagepatent betrifft eine aus Baugruppen zusammengesetzte Bearbeitungszelle. Derartige Bearbeitungszellen dienen dazu, Werkstücke zu bearbeiten, beispielsweise durch Bohren, Drehen, Fräsen, Messen, Härten und Schweißen.

Bearbeitungszellen sind aus dem Stand der Technik bekannt, wie das Klagepatent einleitend anhand der Würdigung einer Reihe von Druckschriften darlegt. So beschreibt beispielsweise die Druckschrift DE 34 16 xxx eine Drehmaschine mit vertikal im Spindelstock angeordneter Arbeitsspindel, mit auf dem Spindelstock angebrachtem Antriebsmotor, mit am unteren Ende der Arbeitsspindel angeordnetem Werkstückspannfutter und mit unterhalb der Arbeitsspindel angeordnetem Werkzeugträger. Der Spindelstock ist in vertikaler und horizontaler Richtung verfahrbar, wobei der vertikale und horizontale Bewegungshub einerseits dem Vorschub für die Dreharbeit entspricht und andererseits zur Bewegung des Spannfutters zu einer seitlich angeordneten horizontalen Werkstückzu- und -abführstation dient.

Die EP-A-O 088 xxx offenbart zudem eine numerisch gesteuerte Bearbeitungsmaschine mit vertikal hängender Hauptspindel, die als Motorspindel ausgebildet ist. Die Spindel ist in einer Pinole gelagert und wird durch einen separaten, oben angeordneten Motor angetrieben, während die Bewegung in Richtung der Z-Achse durch einen separaten, auf einem Schlitten seitlich angeordneten Motor erfolgt. Sowohl der Motor zum Antrieb in der Z-Achse als auch der Motor zum Antrieb der Hauptspindel sind auf einer Art vertikal sich erstreckendem, säulenartigen Podest angeordnet, das auf einem in horizontaler Richtung über einen Motor in entgegengesetzten Richtungen verschieblichen Schlitten ruht, auf dem rechts und links von dem säulenartig aufragenden Podest Magazine für Werkzeuge und Werkstücke angeordnet sind, die entweder von der Hauptspindel selbst oder durch ein seitlich neben der Hauptspindel angeordnetes und durch einen weiteren Motor angetriebenes Greifersystem in die jeweilige Position gebracht werden. Der Antrieb in Y-Richtung erfolgt abermals durch einen anderen Motor, der ebenfalls an dem säulenartigen Podest angeordnet ist. Die gesamte Bearbeitungsmaschine ist nach sämtlichen Seiten offen ausgebildet, wobei auf einer flächigen Grundplatte der Schlitten angeordnet ist. An diesem Stand der Technik kritisiert das Klagepatent, dass die Bearbeitungsmaschine eine weit gefächerte, große Aufstellfläche für die Magazine, für Werkstücke und für Werkzeuge, für die horizontale Schlitteneinheit und für das nach oben aufragende Podest benötigt.

Ausgehend von dem Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, ein Bearbeitungszentrum so auszugestalten, dass sich einfache, aber auch komplizierte Bearbeitungsmaschinen, auch wenn deren Verkettung zu Transferstraßen oder flexiblen Fertigungssystemen gewünscht wird, baueinfach und relativ preiswert herstellen lassen.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

(1) Eine aus Baugruppen zusammengesetzte Bearbeitungszelle (1) mit
(a) einem Maschinengrundkörer (6),
(b) einer dem Maschinengrundkörper zugeordneten Arbeitsraumverkleidung,
(c) einem Arbeitsraum (34) und mit
(d) einer durch einen Mehrachsschlitten zusammen mit einer Hauptspindel gebildeten Spindelstockeinheit;

(2) der Maschinengrundkörper (6)
(a) umschließt den Arbeitsraum (34) auf zumindest zwei Seiten;
(b) ihm sind oben Führungen (24, 25) in einer Bewegungsrichtung (x-Richtung) für den Mehrachsschlitten zugeordnet:
(c) er dient als feststehende Einheit der Aufnahme von Werkzeugträgern und/oder Revolvern;

(3) die Hauptspindel
(a) ist als Motorspindel (3) ausgebildet,
(b) ist vertikal hängend geführt,
(c) ist CNC-gesteuert,
(d) dient zum Greifen, Spannen und Ablegen sowie zum Antreiben von Werkstücken oder Werkzeugen;

(4) der Mehrachsschlitten
(a) ist als Kreuzschlitten (5) ausgebildet,
(b) ist mit einem Abdeckblech (Blechabdeckung 4) versehen.

Dem Klagepatent zufolge ergeben sich durch die Erfindung eine Vielzahl von Vorteilen. Unter anderem lasse sich eine Bearbeitungszelle durch die Erfindung modulartig aufbauen, wodurch eine erhebliche Senkung der Herstellungskosten erreicht werde. Da der Antrieb mit der Hauptspindel eine Einheit als sogenannte Motorspindel bilde und Hauptspindel sowie Antrieb konzentrisch zueinander angeordnet seien, ermögliche dies eine kompakte Bauform. Eine derartige kompakte Bauweise ergebe sich auch daraus, dass der Maschinengrundkörper den Arbeitsraum umschließe. Infolge dessen könne der Maschinengrundkörper auch mehrere Funktionen übernehmen: die Abstützung der zu bildenden Bearbeitungsmaschine auf dem Hallenboden ohne ein zusätzliches Fundament, Tragen der Spindelstockeinheit mit Kreuzschlitten und Motorspindel, Tragen der Speicher- und Transporteinheit, Abschirmen und Schließen des Arbeitsraumes mit allen dafür benötigten Teilen. Der Arbeitsraum werde durch die beiden Seitenwangen des Reaktionsharzbetongrundkörpers, durch zwei Türen und durch ein mit dem Spindelkasten verfahrbares Abdeckblech vollständig von der Be- und Entladezone sowie von der Messzone getrennt und sei damit gegen den Austritt von Kühl-Schmiermitteln und Spänen abgedichtet. Es komme zu einer konsequenten, schmutzdichten (Ab-)Trennung dieser Räume voneinander. Schließlich erachtet das Klagepatent es als vorteilhaft, dass die Führungen außerhalb des Arbeitsraumes liegen und deshalb keine Abdeckungen gegen Verschmutzungen benötigten.

II.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die technische Lehre des Klagepatents nicht.

Zwar steht zu Recht zwischen den Parteien außer Streit, dass die Merkmalsgruppen 1 und 3 sowie die Merkmale 2 c und 4 a erfüllt sind. Es mangelt jedoch jedenfalls an der Verwirklichung des Merkmals 2 a, da die angegriffene Ausführungsform keinen Maschinengrundkörper aufweist, der den Arbeitsraum auf zumindest zwei Seiten umschließt. Infolge dessen kann dahin stehen, ob darüber hinaus ein Abdeckblech im Sinne des Merkmals 4 b vorhanden ist.

1.
Arbeitsraum im Sinne des Klagepatents ist der Bereich, in dem bei bestimmungsgemäßem Einsatz der Bearbeitungszelle ein der Bearbeitung dienender Eingriff zwischen Werkzeug und Werkstück stattfindet. Dieser Raum der Werkstückbearbeitung ist jedoch – wie der Sachverständige nachvollziehbar, überzeugend und in sich schlüssig dargestellt hat – in lotrechter Höhe nicht auf den unmittelbaren Eingriffsbereich zwischen Werkzeug und Werkstück beschränkt. Aufgrund des zwischen Werkzeug und Werkstück möglichen Abstandes und der endlichen lotrechten Länge des Werkzeuges und der entsprechenden Länge des Werkstückes kann es sein, dass der Eingriffsort nicht unmittelbar oberhalb der Werkzeugfestspannscheibe liegt. Der Arbeitsraum erstreckt sich deshalb darüber hinaus nach oben, bis auf die Unterseite des sich in Hubposition befindlichen Werkzeuges. Nach unten endet der Arbeitsraum in Höhe einer unterhalb des untersten Werkzeuges liegenden Horizontalebene. Nicht zum Arbeitsraum gehören hingegen die Be- und Entladezone, die Messzone oder die Bereiche, die den Werkstückhalter und den Werkzeughalter aufnehmen.

Der Fachmann – ein Fachhochschul- oder Hochschulingenieur mit detaillierten Maschinenbaukenntnissen, der sich in der Praxis mit der Produktionstechnik und mit Fertigungsverfahren beschäftigt – entnimmt dieses Verständnis des im Anspruch 1 selbst nicht näher definierten Arbeitsraumes mehreren Stellen der Beschreibung des Klagepatents. Dort findet er zum einen den Hinweis, dass in dem erfindungsgemäßen Bearbeitungszentrum eine konsequente Trennung der Be- und Entladestation, des Arbeitsraumes und der Messzone ermöglicht wird. Durch die Trennung dieser drei Bereiche sollen Späneprobleme beim Be- und Entladen der Werkstücke oder beim Messen verhindert werden (Anlage K 1a, Sp. 7, Z. 4 – 9). Zum anderen wird erläutert, dass die Führungen und die Führungs- und Messsysteme außerhalb des Arbeitsraumes liegen (Anlage K 1a, Sp. 7, Z. 32 – 33). Des weiteren heißt es, der Arbeitsraum werde durch die beiden Seitenwangen des Reaktionsharzbeton-Grundkörpers, durch zwei Türen und durch ein mit dem Spindelkasten verfahrbares Abdeckblech vollständig von der Be- und Entladezone sowie von der Messzone getrennt und gegen den Austritt von Kühl-Schmiermittel und Späne abgedichtet (Anlage K 1a, Sp. 8, Z. 5 – 11).

Eine Stütze findet der Fachmann ferner in den bevorzugte Ausführungsformen darstellenden Figuren 7 bis 11 des Klagepatents. Danach ist der Arbeitsraum (34) stirnseitig im unteren Abschnitt umschlossen von der Speicher- und Transporteinheit (41) und im oberen Bereich von der Tür (43), die in ihrer Schließstellung gegen die Unterseite der Blechabdeckung (4) anliegen kann und zur Öffnung vertikal nach unten verschiebbar ist. Rückseitig ist der Arbeitsraum (34) in seinem unteren Abschnitt durch ein in den Maschinengrundkörper (6) eingegossenes Formblech (29) und in seinem oberen Bereich durch eine Tür (44) umschlossen, die den Arbeitsraum (34) von der Messzone (35) abtrennt, in geschlossener Stellung offenbar ebenfalls an der Unterseite der Blechabdeckung (4) anliegt und nach unten in eine Öffnungsstellung verschiebbar ist. Die Oberseite des Arbeitsraumes wird im Wesentlichen über die Blechabdeckung (4) abgedeckt. Nach unten endet der Arbeitsraum in Höhe einer virtuellen, unterhalb des unteresten Werkzeuges liegenden Horizontalebene.

2.
Der Arbeitsraum ist durch zumindest zwei Seiten des Maschinengrundkörpers zu umschließen, worunter erfindungsgemäß nur ein vollständiger, abdichtender Verschluss zu verstehen ist. Dies ist den zutreffenden, nachvollziehbaren und keine Zweifel hervorrufenden Ausführungen des Sachverständigen zu entnehmen, die sich die Kammer zu eigen macht. Ein Umschließen des Arbeitsraumes ist nach dem Wortlaut und wie der Fachmann ohne weiteres anhand der Funktion des Merkmals erkennt, nur dann anzunehmen, wenn durch die Seiten ein vollumfänglicher Verschluss und eine vollständige Abtrennung der einzelnen Zone bzw. Räume erfolgt. Nur dann ist die mit der Trennung bezweckte Aufgabe, eine schmutzdichte Abtrennung des Arbeitsraumes von der Be- und Entladezone sowie der Messzone zu erreichen (Anlage K 1a, Sp. 6, Z. 40 – 44, Sp. 7, Z. 4 – 9), gewährleistet und ein Austritt von Spänen und/oder Kühlschmiermittel wirksam zu verhindern.

Als Seite ist hierbei nicht der Boden des Arbeitsraumes zu verstehen. Die Klagepatentschrift differenziert zwischen den Begriffen „Seite„ und „Boden„. Hervor tritt dies deutlich insbesondere bei der Beschreibung der Ausführungsform nach Patentanspruch 9, in der es heißt, dass der Maschinengrundkörper den Arbeitsraum von mindestens drei Seiten, nämlich an den gegenüberliegenden vertikalen Seitenwänden und der vertikalen Rückwand sowie von unten her, also vom Boden umschließt (Anlage K 1a, Sp. 10, Z. 13 – 18; Spalte 23, Zeilen 50 – 55). Anspruch 9 selbst sieht dementsprechend vor, dass der Maschinengrundkörper (6) den Arbeitsraum (34) auf drei senkrecht aufeinanderstehenden Seiten und von unten umschließt.

3.
Das Klagepatent begreift als Maschinengrundkörper in erster Linie das Maschinenbett, das eines der Grundelemente des Maschinenteils darstellt und die Kräfte aufnimmt, die Führungsbahnen für die Schlitteneinheiten sowie gegebenenfalls die Befestigungsflächen für die Peripherieeinheiten aufweist, wobei in einem Maschinenbett üblicherweise eine geeignete Spanabfuhr integriert ist. Der Maschinengrundkörper soll beste thermische Stabilität und hervorragende Dämpungseigenschaften aufweisen und über eine verwindungssteife Konstruktion verfügen, die dazu führt, dass er auf dem normalen Hallenboden aufgestellt werden kann (Anlage K 1a, Sp. 7, Z. 22 – 30).

4.
Die angegriffene Ausführungsform verfügt nicht über zumindestens zwei Seitenwände in diesem Sinne. Dies folgt aus der Inaugenscheinnahme der verschiedenen als Anlagen K 4, K 17, K 18 und B 1 vorgelegten Abbildungen, aus den Zeichnungsskizzen Nummer T 211-00041 –4 bis –2 und den widerspruchsfreien, verständlichen und überzeugenden Sachverständigenausführungen.

Der Maschinengrundkörper der angegriffenen Ausführungsform besteht hiernach aus einem Fundament mit Querbett, auf dem die Schienen zur Längsverschiebung des Kreuzschlittens angeordnet sind. Sein Unterteil weist von vorn gesehen zwei Wangen auf, zwischen denen ein Werkstückträger an einer Scheibe um eine horizontale Achse drehbar gelagert ist. Diese vorstehenden Wangen, in denen die Klägerin die den Arbeitsraum umschließenden Seitenwände sieht, sind nach vorn unten hin abgeschrägt. Sie bilden offensichtlich keine vollständige Abtrennung oder Abschirmung des Arbeitsraumes zu den anderen genannten Zonen, sondern ermöglichen den freien Flug der Späne und den Austritt des Kühl-Schmiermittels. Zudem liegt der Arbeitsraum, im dem die Werkstückbearbeitung erfolgt, oberhalb des Eingriffsbereichs dieser Wangen, die darüber hinaus infolge ihrer Schräge immer weiter vom Arbeitsraum entfernen. Ähnliches gilt für den zum Maschinengrundkörper gehörenden Revolverkopf; er reicht nur an den Arbeitsraum heran, schirmt diesen jedoch nicht vollständig ab. Die Rückwand der angegriffenen Ausführungsform ist nur bis zu dem obersten Eingriffsbereich am obersten Werkzeug hochgezogen und kann deswegen den Arbeitsraum, der erst von dort an aufwärts liegt, gleichfalls nicht abschirmen.

Die angegriffene Ausführungsform sieht demnach eine Art Auffangwanne, wie sie im Stand der Technik bekannt war, vor. Eine Abschirmung wird bei ihr nur mit Hilfe zusätzlicher Verkleidungen und Bleche bewirkt, welche jedoch erfindungsgemäß keine Bestandteile des Maschinengrundkörpers sind.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlage in §§ 709, 108 ZPO.

IV.
Der Streitwert wird auf 300.000,00 € festgesetzt.