Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 6. April 2006, Az. 4a O 581/05
Rechtsmittelinstanz: 2 U 49/06
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägerinnen auferlegt.
III.
Das Urteil ist vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand und Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, bleibt in der Sache aber im Haupt- wie in den Hilfsanträgen ohne Erfolg.
Wegen des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des den Parteien bekannten Beschlusses der Kammer vom 22. Dezember 2005 verwiesen, in denen ausgeführt wird, weshalb das Vorbringen der Kläger in ihrer Klagebegründung vom 7. Dezember 2005 weder den Haupt- noch die Hilfsanträge rechtfertigt.
Auch der weitere Vortrag der Kläger im Schriftsatz vom 6. März 2006 gibt der Kammer keinen Anlass, von ihrer bisherigen Beurteilung abzuweichen. Den Klägern ist zwar darin zuzustimmen, dass, hätte die Äußerung des Leiters der Patentabteilung der Beklagten, Herrn Dr. H, im Termin zur Nichtigkeitsverhandlung vom 8. November 2005 bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung im Patentverletzungsverfahren, welches durch das von den Klägern angegriffene Urteil der Kammer vom 13.3.2003 rechtskräftig entschieden wurde, vorgelegen und wäre die Äußerung im Verletzungsverfahren vorgetragen worden, diese bei der Beurteilung der Frage, wie die Lehre aus Patentanspruch 1 des damaligen Klagepatents aus Sicht des Durchschnittsfachmanns zu verstehen ist, mit zu berücksichtigen gewesen wäre. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich die Kammer das Verständnis des Herrn Dr. H zwangsläufig hätte zu eigen machen müssen. Bei der Auslegung des Klagepatents aus Sicht des Durchschnittsfachmanns am Prioritätstag handelt es sich vielmehr um eine Rechtsfrage (BGH, GRUR 2006, 131, 133 – Seitenspiegel, m.w.N.), die von der Kammer unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Parteien in eigener Verantwortung vorzunehmen ist. Das lässt es völlig offen, ob die Äußerung des Herrn Dr. H tatsächlich ein der Klägerin (damaligen Beklagten) günstigeres Auslegungsergebnis zur Folge gehabt hätte. In der nachträglichen Äußerung des Herrn Dr. H liegt daher weder ein Restitutionsgrund aus dem abschließenden Katalog des § 580 ZPO noch eine selbständige Einwendung nach § 767 Abs. 2 ZPO.
Den Klägern kann auch nicht darin zugestimmt werden, dass nach der Äußerung des Leiters der Patentabteilung der Beklagten, Herrn Dr. H, in der Vollstreckung aus dem rechtskräftigen Urteil der Kammer vom 13.3.2003 ein Missbrauch nach §§ 242, 826 BGB zu sehen wäre, der es rechtfertigen würde, die Beklagte nach dem zweiten Hilfsantrag auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil zu verurteilen.
Die Kläger berufen sich in diesem Zusammenhang vor allem auf das Urteil „Weichvorrichtung II“ des Bundesgerichtshofs. Der dort entschiedene Fall ist jedoch mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar. Der Bundesgerichtshof hat in dem Urteil „Weichvorrichtung II“ ausgeführt, dass nicht jeder Widerspruch zwischen Erklärungen des Anmelders im Erteilungsverfahren und seinem Verhalten im Patentverletzungsverfahren einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben beinhaltet und als unzulässige Rechtsausübung anzusehen ist. Widersprüchliches Verhalten ist nach den dortigen Entscheidungsgründen vielmehr erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn dadurch für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Ein solcher Vertrauenstatbestand kann begründet werden, wenn der Patentinhaber im Einspruchsverfahren erklärt hat, für eine bestimmte Ausführungsform keinen Patentschutz zu begehren. Denn eine solche Erklärung kann nicht nur für das prozessuale Verhalten des Einsprechenden im Erteilungsverfahren von entscheidender Bedeutung sein, sondern vor allem auch für die weitere Entwicklung und Vermarktung des entsprechenden Produktes durch den Einsprechenden. Wegen der regelmäßig erheblichen wirtschaftlichen Folgen einer solchen Erklärung im Einspruchsverfahren wird daher in solchen Fällen im Rahmen eines konkreten Prozessrechtsverhältnisses Vertrauen in die Redlichkeit und Zuverlässigkeit solcher Erklärungen beansprucht. Die Verfahrensbeteiligten müssen darauf vertrauen dürfen. Wird dem Anmelder dann das Patent gewährt, ist es ihm als Patentinhaber zumutbar, sich an seiner Erklärung festhalten zu lassen (vgl. BGH, Mitt. 1997, 364, 366 f. – Weichvorrichtung II).
Ein vergleichbarer Vertrauenstatbestand zugunsten der Kläger ist hier nicht zu erkennen. Nach ihrem eigenen Vorbringen haben die Kläger die Berufung gegen das nunmehr beanstandete Urteil der Kammer zurückgenommen, nachdem ein Aussetzungsantrag im Hinblick auf das parallele Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht vom 2. Zivilsenat des Oberlandesgericht Düsseldorf im Termin zur Berufungsverhandlung vom 29. April 2004 als chancenlos eingestuft worden sei. Die Kläger hatten sich demzufolge mit ihrer Verurteilung wegen Patentverletzung abgefunden und konnten damit auch kein Vertrauen mehr entwickeln, doch noch die im Urteil der Kammer als Verletzung erkannte Ausführungsform benutzen zu dürfen. Daran hat auch die Erklärung des Herrn Dr. H im Verhandlungstermin vor dem Bundespatentgericht nichts geändert. Denn bei der Erklärung des Herrn Dr. H, wenn sie denn der Beklagten tatsächlich zugerechnet werden kann, was zugunsten der Kläger unterstellt werden soll, handelt es sich ersichtlich um eine Erklärung, die lediglich für das prozessuale Verhalten der Beklagten im Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung gewesen ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.
Der Streitwert beträgt 500.000,– EUR.
Dr. R1 R3 R2