4a O 50/05 – Monoklines Metazachlor

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 535

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 6. April 2006, Az. 4a O 50/05

Rechtsmittelinstanz: 2 U 53/06

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Eur, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patentes 0 411 xxx B1

monoklines, bei 76° C schmelzendes 2-Chlor-(2‘, 6‘ dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)-acetanilid der Formel I

anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 6. März 1991 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den unter Ziffer I.1. genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,

– wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Bestell-, Lieferscheine und Rechnungen vorzulegen haben,

– von dem Beklagten zu 2. sämtliche Angaben und von beiden Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 3. Dezember 1993 zu machen sind;

– sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt.

3. die im unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen unter Ziffer I.1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

II. Es wird festgestellt,

1. dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, an die Klägerin für die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 6. März 1991 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 3. Dezember 1993 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreites.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500.000,- Eur vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patentes 0 411 xxx (Anlage K 1, nachfolgend Klagepatent), das eine bestimmte Kristallform von Metazachlor, nämlich monoklines Metazachlor betrifft. Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde unter Inanspruchnahme der Priorität der DE 39 25 xxx vom 29. Juli 1989 am 20. Juli 1990 eingereicht, die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 6. Februar 1991. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 3. November 1993 bekannt gemacht. Das Klagepatent steht in Kraft.

Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Monoklines, bei 76° C schmelzendes 2-Chlor-(2‘, 6‘-dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)-acetanilid der Formel I

Die Beklagte zu 1. erhob unter dem 29. September 2005 Nichtigkeitsklage gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes vor dem Bundespatentgericht, über die noch nicht entschieden wurde. Die Nichtigkeitsklage wird unter dem Aktenzeichen 3 Ni 57/05 (EU) geführt.

Die Klägerin stellt her und vertreibt unter dem Produktnamen „Butisan„ Produkte, die nach ihren Angaben das patentgeschützte monokline Metazachlor enthalten. Metazachlor ist ein Herbizid zur Bekämpfung von Unkräutern und Ungräsern in Winterraps und verschiedenen anderen Kulturen. Hauptanwendungsgebiet von Metazachlorprodukten in Europa ist der Schutz von Winterraps. Darauf beziehen sich 95 % des Umsatzes. Die Ausbringung des Herbizids erfolgt jährlich nach der Aussaat des Winterrapses Ende August. Für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln ist eine vorherige Zulassung nach dem Pflanzenschutzgesetz erforderlich. Ist ein bestimmtes Pflanzenschutzmittel bereits zugelassen, ist es möglich, dass ein weiterer Hersteller bzw. Vertreiber bei Identität auf die bereits erteilte Zulassung eines Dritten verweist.

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, ist ein Unternehmen, welches sogenannte Generikaprodukte im Bereich der Pflanzenschutzmittel vertreibt. Sie wirbt für ihr Geschäftsmodell unter anderem auf ihrer Homepage www.rc.com im Internet. Wie nachfolgend abgebildet, bietet die Beklagte zu 1. auf ihrer Homepage unter der Bezeichnung „RC-Metazachlor„ ein Pflanzenschutzmittel an, welches Metazachlor enthält.

Die Klägerin unterzog die angegriffene Ausführungsform einer Analyse. Die für die Analyse verwendete Probe mit der Bezeichnung „RC-Metazachlor 500 g/l SC, Lot. No. 3„ wurde von einem Agrarbedarfsgroßhändler bezogen. Das Ergebnis der Analyse folgt aus der als Anlage K 5 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Laborleiters der Klägerin, Henning Hook. Dabei wurde mittels der Differentialthermoanalyse (DSC) ein Schmelzpunkt der untersuchten Probe von 76,5°C ermittelt, entsprechend der nachfolgend abgebildeten graphischen Darstellung. Nachfolgend abgebildet ist weiterhin das IR-Spektrum der angegriffenen Ausführungsform sowie das Spektrum der Röntgenstrukturanalyse.

Die Parteien sind der Kammer aus dem vorausgegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren mit dem Aktenzeichen 4a O 302/04 bekannt. Unter dem 3. August 2004 erließ die Kammer eine Beschlussverfügung, welche der Klägerin und der Beklagten zu 1. bekannt ist und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Den gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung gerichteten Widerspruch hat die Beklagte zu 1. in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Die Klägerin forderte die Beklagte zu 1. zur Abgabe einer Abschlusserklärung und den Beklagten zu 2. zur Abgabe einer strafbewehrten Verpflichtungserklärung auf. Die Beklagte zu 1. gab keine Erklärung, der Beklagte zu 2. gab eine Unterlassungserklärung unter dem 30. September 2004 ab.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch mache.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

sowie den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung der gegen den Teil des Klagepatentes EP 411 xxx B1 erhobenen Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Sie stellen eine Verletzung des Klagepatentes in Abrede. Es werde weder durch die Klägerin noch durch die Beklagten eine reine Metazachlorverbindung mit einer rein monoklinen Kristallstruktur gehandelt. Es liege eine Mischform von monokliner und trikliner Kristallform vor, da sich die jeweiligen Kristallformen im Laufe der Zeit ineinander umwandeln würden.
Im Übrigen bestehe im Hinblick auf den Beklagten zu 2. keine Wiederholungsgefahr. Dieser habe eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung unter dem 30. September 2004 abgegeben.
Auch sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig. Die Erfindung nach dem Klagepatent sei sowohl durch druckschriftlichen Stand der Technik neuheitsschädlich vorweggenommen als auch fehle es an Erfindungshöhe.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Entschädigung- und Schadenersatzverpflichtung zu. Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch.

I.
Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft monoklines, bei 76 °C schmelzendes 2-Chlor-(2‘, 6‘ dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)-acetanilid, welches als Herbizid und herbizides Mittel eingesetzt wird. Ein Metazachlorherbizid war bereits im Stand der Technik bekannt. Nach der im Stand der Technik bekannten Ausgestaltung lag der Schmelzpunkt in einem Bereich von 78°-83°C und kristallisiert in einer triklinen Kristallform. Diese Kristallform wird – so die Klagepatentschrift – nach den in DE-A 2 648 008, DE-A 2 830 764 und EP-A 12 x x x beschriebenen Methoden durch Kristallisation von 2-Chlor-(2‘, 6‘ dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)-acetanilid aus einem unpolaren oder wenig polaren Lösungsmittel wie Cyclohexan oder Toluol erzielt. Das Klagepatent sieht es an dieser Kristallform als nachteilig an, dass das bekannte trikline Metazachlor, welches in Form konzentrierter wässriger Suspensionen in den Handel gebracht wird und der Verwendung als Herbizid dient, häufig Agglomerate bildet. Die Mittel können dann nicht mehr gleichmäßig oder sogar überhaupt nicht mehr versprüht werden.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik hat es sich das Klagepatent – ohne dies ausdrücklich zu formulieren – zur Aufgabe gemacht, dem aus dem Stand der Technik bekannten Mangel abzuhelfen. Hierfür schlägt das Klagepatent in seinem Patentanspruch 1 folgenden Wirkstoff vor:

1. monoklines

2. bei 76 °C schmelzendes

3. 2-Chlor-(2‘, 6‘ dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)-acetanilid der Formel I.

Zur Frage der Herstellung des genannten Wirkstoff mit den obigen Merkmalen führt das Klagepatent aus, dass man die monokline Modifikation erhalte, wenn man eine wässrige schwefelsaure Metazachlor-Lösung in Gegenwart eines mit Wasser mischbaren polaren inerten organischen Lösungsmittels bei Temperaturen von 0°C bis 50 °C mit Wasser versetzt und den dabei gebildeten Festkörper nach vollständiger Kristallisation in üblicher Weise isoliert (Anlage K 1 Seite 2 Zeilen 24 bis 27). Als charakteristische physikalische Daten des erfindungsgemäßen Metazachlor zu derjenigen der triklinen Ausgestaltung nennt das Klagepatent auf Seite 3 in der Tabelle folgende:

Meßmethode Dimension IA IB

Differentialthermoanalyse °C 79 76

IR-Spektroskopie cm-1 3160, 1300 1360, 780

Röntgeninterferenzdiagramm
(Brechungswinkel 2 θ) Grad 8,2; 8,4 9,9; 12,3

13C-Festkörper-NMR-Spektroskopie Δ in ppm 62,5; 137,1 51,4; 139,1

Modifikation aus Röntgenstrukturanalyse – triklin monoklin

Mikroskopie (Kristallform) – „amorph“ „sargdeckel“förmig

II.
Die Klägerin hat zur Begründung einer Verwirklichung des Patentanspruchs 1 durch die angegriffene Ausführungsform eine Untersuchung derselben durch ihren Laborleiter vorgelegt. Danach haben die Untersuchungen ergeben, dass die angegriffene Ausführungsform einen Schmelzpunkt von 76,5 °C aufweist, ermittelt mittels Differentialthermoanalyse. Im IR-Spektrum zeigte die angegriffene Ausführungsform die für eine monokline Kristallform genannten charakteristischen Signale bei einer Wellenzahl von 780 und 1360. Die Röntgeninterferenzmessung wies Signale bei 9,9 und 12,3 auf, entsprechend der Angaben in der Klagepatentschrift. Signale, die auf eine Anwesenheit von triklinem Metazachlor schließen lassen könnten, konnten die Untersuchungen nicht aufzeigen.

Die Beklagten haben gegen eine Verwirklichung des Patentanspruchs 1 durch das angegriffene Pflanzenschutzmittel „RC-Metazachlor„ eingewandt, dass weder die Klägerin noch andere Hersteller des Pflanzenschutzmittels eine rein monokline Form anbieten würden. Die beiden Kristallformen würden sich im Laufe der Zeit ineinander umwandeln. Entsprechend handele es sich auch bei der angegriffenen Ausführungsform um eine Mischform. Das hätte eine Untersuchung durch einen Sachverständigen ergeben.

Dieses Vorbringen kann eine Verwirklichung des Patentanspruchs 1 durch die angegriffene Ausführungsform nicht in Frage stellen. Denn für die Frage der Verwirklichung des Patentanspruches 1 durch die angegriffene Ausführungsform kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin oder andere Hersteller von metazachlorhaltigen Pflanzenschutzmitteln reines monoklines Metazachlor herstellen und vertreiben oder lediglich eine Mischform. Denn für die Frage der Verletzung eines Patentes ist allein entscheidend, ob durch die angegriffene Ausführungsform alle Merkmale des Patentanspruches verwirklicht werden und nicht, ob die Patentinhaberin ein patentgemäßes Produkt anbietet oder nicht. Im Übrigen haben die Beklagten das Vorhandensein einer solchen Mischform lediglich behauptet, ohne konkrete Nachweise hierfür vorzulegen.

Der weitere Einwand der Beklagten, auch bei der angegriffenen Ausführungsform handele es sich lediglich um eine Mischform aus monoklinem und triklinem Metazachlor, ist unbehelflich. Die Beklagten haben dies zum einen völlig pauschal behauptet. Es wurde hierfür zwar Beweis durch Sachverständigen und Zeugen angeboten, ohne aber konkrete Tatsachen vorzutragen, woraus sich das Vorhandensein einer solchen Mischform ergeben soll. Der Einvernahme des angebotenen Beweises bedurfte es mangels Vorliegens konkreter Tatsachen jedoch nicht, da es sich insoweit um eine unzulässige Ausforschung handeln würde. Im Übrigen würde selbst dann, wenn man davon ausginge, dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform tatsächlich um eine solche Mischform handelt, die Verwirklichung des Patentanspruches 1 nicht ausgeschlossen. Denn das Klagepatent schließt die Verwendung der weiteren, triklinen Mischform nicht aus. Die angegriffene Ausführungsform weist jedoch auch, wie die Beklagten auch nicht in Abrede gestellt haben, monoklines Metazachlor auf, macht mithin von dem Patentanspruch 1 Gebrauch.
Soweit die Beklagten weiter behaupten, dass sich die trikline Kristallform im Laufe der Zeit in die monokline Kristallform umwandle, können sie mit diesem Vorbringen nicht durchdringen. Es handelt hierbei um eine völlig pauschale Behauptung. Entsprechende Unterlagen zur Konkretisierung ihres Vorbringens haben die Beklagten nicht vorgelegt. Sie haben hierfür zwar Beweis angeboten. Der Durchführung einer Beweisaufnahme bedarf es hingegen nicht. Es würde sich auch insoweit um eine unzulässige Ausforschung handeln.

Eine wortsinngemäße Verwirklichung des Patentanspruches 1 durch die angegriffene Ausführungsform liegt daher vor. Erhebliche Einwendungen durch die Beklagten wurden nicht erhoben.

III.
Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.
Da die Beklagten den Gegenstand des Klagepatentes unter Verstoß gegen § 9 Nr. 1 PatG benutzt haben, sind sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG. Der Beklagte zu 2. ist als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. verantwortlich.

Die Wiederholungsgefahr wurde zugunsten des Beklagten zu 2. nicht durch dessen am 30. September 2004 abgegebene Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ausgeräumt. Das von der Klägerin als Anlage K 4 vorgelegte Schreiben des Beklagten zu 2., welches der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung beigefügt war, zeigt, dass die Unterlassungserklärung nicht ernst gemeint war. So enthält das Schreiben die Aufforderung:

„zu bestätigen, dass sich ihre Mandantin gegen unseren Mandanten keines Unterlassungsanspruches berühmt.“

Hiermit wird deutlich gemacht, dass die Erklärung nicht bedingungslos abgegeben werden sollte. Die Wiederholungsgefahr kann jedoch in der Regel nur dadurch beseitigt werden, dass der Verletzer eine uneingeschränkte, bedingungslose und durch Vertragsstrafeversprechen in objektiv angemessener Höhe gesicherte Unterlassungserklärung abgibt (vgl. nur BGH GRUR 2002, 622 – shell.de; Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Aufl. § 139 Rdnr. 52). Im Übrigen zeigt die genannte Unterlassungserklärung auf Grund der zitierten Formulierung Zweifel an der erforderlichen Ernsthaftigkeit (BGH GRUR 1998, 483, 485 – Der M.-Markt packt aus m.w.N.).

2.
Die Klägerin kann zudem von den Beklagten nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG Schadensersatz verlangen. Denn die Beklagten hätten die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. Die Beklagte zu 1. ist nach § 1 Art. II IntPatÜG weiterhin zur Entschädigung verpflichtet.

3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch beziffern zu können, sind die Beklagten ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten sind auch zur Belegvorlage verpflichtet (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. April 2005, Az. I-2 U 110/03).

4.
Gemäß § 140 b PatG haben die Beklagten ferner über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I.2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.

5.
Gemäß Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a PatG sind die Beklagten weiterhin zur Vernichtung der patentverletzenden Gegenstände verpflichtet. Umstände, die eine Vernichtung als unverhältnismäßig erscheinen lassen würden, haben die Beklagten nicht vorgetragen.

IV.
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung. Nach der Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen. Die Aussetzung kommt deshalb nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht keine Veranlassung zur Aussetzung. Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Vernichtung des Klagepatentes.

1. Neuheit
a) EP 0 007 080 (Anlage B2)
Die Druckschrift, welche am 9. Juli 1979 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 13. Juli 1978 angemeldet wurde, beschreibt in Beispiel 6 die Herstellung von 2-Chlor-(2‘, 6‘ dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)-acetanilid. Als Schmelzpunkt wird in der auf Seite 5 gezeigten Tabelle je nach Gewichtsteilen des Endproduktes 70 bis 78 °C angegeben.
Die Beklagten vertreten die Auffassung, dass es sich bei dem Produkt mit einem Schmelzpunkt von 76 °C um monoklines 2-Chlor-(2‘, 6‘ dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)-acetanilid handele. Der Fachmann, der auf dem Gebiet der Chemie bewandert sei, wisse ohne Weiteres, dass er die genaue Struktur der erhaltenen Verbindung mittels IR-Spektroskopie und der Röntgenstrukturanalyse ermitteln könne.
Die Klägerin hat hiergegen zu Recht eingewandt, dass der Versuch 6 mit den für die Endprodukte angegebenen Schmelzpunkten nicht notwendigerweise zu monoklinem Metazachlor geführt haben muss. Denn die Gewinnung und Kristallisation des Metazachlors erfolgte gemäß der Versuchsbeschreibung aus der Toluolphase. Die Kristallisation erfolgte daher unter Bedingungen, die gemäß der Angaben in der Patentschrift gerade nicht zu monoklinem, sondern zu triklinem Metazachlor führen (vgl. Klagepatent Seite 2 Zeilen 16 bis 18). Auch kann anhand der in der Tabelle genannten Schmelzpunkte ohne weitere Anhaltspunkte und Strukturuntersuchungen nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass es sich – auch wenn ein Schmelzpunkt von 76 °C angegeben wurde – um monoklines Metazachlor handelt. Denn der Schmelzpunkt ist nur bedingt geeignet, eine Kristallform zu charakterisieren, da bereits geringe Mengen an Verunreinigungen zu einer Veränderung des Schmelzpunktes führen. Der Fachmann kann der Tabelle somit nichts entnehmen, das auf das Vorliegen unterschiedlicher Kristallmodifikationen hindeuten könnte. Das Argument der Beklagten, die Verbindung nach Versuch 6 sei zwangsläufig monoklin, ist daher unzutreffend. So weist beispielsweise der Versuch 6 des genannten Beispiels 6 einen Gehalt an gewonnener Verbindung, gemessen mittels NMR, von 95 % auf, so dass dem Schmelzpunkt von 76 °C keine Absolutheit zugesprochen werden kann, da die Verbindung nicht in reiner Form vorliegt. Die Offenbarung der Druckschrift bedingt daher keine Zweifel an der Neuheit der Erfindung nach dem Klagepatent.

Auch das weitere Vorbringen der Beklagten im Hinblick auf die Nacharbeitung des Versuchs 6 begründet keine Zweifel an der Neuheit der Erfindung.
Nach dem Vorbringen der Beklagten will diese entsprechend des in der Druckschrift beschriebenen Versuchs 6 den Wirkstoff nach dem Klagepatent hergestellt und nachgewiesen haben. Dieser soll einen Schmelzpunkt von 75,2 °C aufgewiesen haben. Aus der Röntgenstrukturanalyse und dem IR-Spektrum solle sich eindeutig ergeben, dass es sich um die monokline Kristallstruktur handele (vgl. Seite 8 f. der Nichtigkeitsklage).
Ungeachtet dessen, dass die Beklagten die Versuchsvorschrift, mit welcher der Versuch 6 nachgearbeitet worden sein soll, nicht vorgelegt haben, steht dem Vorbringen der Beklagten, dass eine Nacharbeitung des Versuchs 6 eine monokline Metazachlorverbindung ergeben haben soll, der von der Klägerin nachgearbeitete Versuch entgegen. Nach diesem als Anlage B 4 zur Erwiderung auf die Nichtigkeitsklage vorgelegten Versuchsbericht wurde als Endprodukt triklines Metazachlor erhalten, was sich aus dem Röntgeninterferenzdiagramm ergeben soll. Insoweit käme es wegen der unterschiedlichen Ergebnisse auf die Durchführung einer Beweisaufnahme vor dem Bundespatentgericht an, deren Ausgang nicht vorhergesagt werden kann, so dass auf Grund der Entgegenhaltung keine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Vernichtung des Klagepatentes besteht.

b) EP 0 012 xxx (Anlage K 3 zur Nichtigkeitsklage)
Die Druckschrift wurde mit Priorität vom 15. November 1978 am 6. November 1979 angemeldet und offenbart ein Verfahren zur Herstellung weitgehend reiner Pyrazolverbindungen entsprechend der nachfolgenden allgemeinen Formel.
Die Beklagten haben hierzu vorgetragen, dass ausgehend von diesen Verbindungen in den Beispielen 3a, 3b, 4a, 4b, 4c, 6, 8 und 9 jeweils die Verbindung 2-Chlor-(2‘, 6‘ dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)-acetanilid aufgearbeitet worden sei. Hierbei hätten die Schmelzpunkte im Bereich von 77 °C, 78 °C und 81 bis 83 °C gelegen. Die Aufarbeitung sei in starken Säuren wie z.B. Salzsäure, Phosphorsäure, Salpetersäure o.ä. erfolgt. Für einen Fachmann sei es eine gängige Methode gewesen, die Aufklärung der Struktur mittels Röntgenstrukturanalyse, IR-Spektroskopie o.ä. Methoden vorzunehmen.
Die Klägerin hat hiergegen zu Recht eingewandt, dass die Druckschrift jedenfalls keine monokline 2-Chlor-(2‘, 6‘ dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)-acetanilid offenbart. Zur Kristallstruktur der Verbindungen werden keine Angaben gemacht. Auch liegen die ermittelten Schmelzpunkte über dem im Patentanspruch 1 genannten Schmelzpunkt von 76 °C.

c) DE-OS 26 48 008 (Anlage K 4 zur Nichtigkeitsklage)
Die Offenlegungsschrift wurde am 23. Oktober 1976 angemeldet und betrifft Acetanilide. Die Beklagten haben vorgetragen, dass sich aus dem Beispiel 2 auf Seite 14 die Verbindung 2-Chlor-(2‘, 6‘ dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)-acetanilid ergebe. Danach sei ein Schmelzpunkt von 81 °C ermittelt worden.
Die Druckschrift steht der Erfindung nach dem Klagepatent nicht neuheitsschädlich entgegen. Sowohl die Gewinnung der Verbindung aus einem unpolaren Lösungsmittel, nämlich Petrolether, als auch der Schmelzpunkt von 81 °C lassen den Schluss zu, dass es sich bei dem in der Entgegenhaltung beschriebenen Produkt um triklines Metazachlor handelt. Eine neuheitsschädliche Vorwegnahme liegt daher nicht vor.

2. Erfindungshöhe
Zur Frage der fehlenden Erfindungshöhe tragen die Beklagten vor, dass, da der Stand der Technik in den Anlagen K 2 bis K 4 Metazachlor mit unterschiedlichen Schmelzpunkten beschreibe, es für einen Fachmann naheliegend gewesen wäre, eine Röntgenstrukturanalyse und ein IR-Spektrum durchzuführen, um die Ursache für die unterschiedlichen Schmelzpunkte zu ermitteln. Dabei wäre der Fachmann auf die unterschiedlichen Kristallformen gelangt.
Dem kann nicht gefolgt werden. Denn die Variationen der Schmelzpunkte lassen für einen Fachmann vorrangig den Schluss zu, dass die Substanzen jeweils Verunreinigungen aufweisen, die zu einer Veränderung des Schmelzpunktes führen. Die Annahme, dass die Ursache in dem Vorliegen unterschiedlicher Kristallformen, d.h. Polymorphismus, liegen könnte, ergibt sich für einen Fachmann nicht ohne Weiteres, zumal keine der Druckschriften einen Anhaltspunkt dafür liefert. Die von den Beklagten vorgenommene Annahme, dass dies für einen Fachmann naheliegend gewesen sei, beruht daher auf einer unzulässigen ex-post-Betrachtung.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 22. März 2006 und 4. April 2006 sind verspätet und bieten keinen Anlass für eine andere Beurteilung.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 2.500.000,- EUR.

Dr. R1 R3 R2