Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. August 2006, Az. 4a O 394/05
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, letztere zu vollziehen am jeweiligen gesetzlichen Vertreter der Beklagten,
zu unterlassen,
in der Bundesrepublik Deutschland Produkte anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einzuführen oder zu besitzen, die Metallfaserbündel enthalten,
die mittels eines Verfahrens zur Herstellung eines zwischen Zahnrädern gewellten Metallfaser-Bündels hergestellt worden sind, welches folgende Schritte umfasst:
(1) Einbetten der Metallfasern in ein duktiles und kohärentes Matrix-Material,
(2) Hindurchziehen dieses zusammengesetzten Matrix-/Faser-Bündels zwischen den Zähnen von zumindest zwei ineinander greifenden Zahnrädern, so dass die Fasern eine bleibende wellenförmige Kräuselung erhalten und
(3) Entfernen des Matrix-Materials;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I. 1. beschriebenen Handlungen seit dem 20. April 1991 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten den unter Ziffer I. 1. bezeichneten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,
wobei sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 01. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 02. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt und
wobei den Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten wird, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer sowie die Namen und Anschriften ihrer Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin jedweden Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem 20. April 1991 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird,
wobei sich die Verpflichtung zum Schadensersatz für die Zeit vor dem 01. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 02. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,- € vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 280 xxx (im Folgenden: Klagepatent), dessen Verfahrenssprache Englisch ist. Das Klagepatent wurde am 18. Januar 1988 unter Inanspruchnahme einer belgischen Prioritätsanmeldung vom 30. Januar 1987 angemeldet. Die Offenlegung erfolgte am 31. August 1988, die Veröffentlichung der Patenterteilung am 20. März 1991. Das Klagepatent steht in Kraft. Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch.
Patentanspruch 1 des Klagepatents, auf den die Klägerin ihr Begehren im Hauptantrag stützt, hat in der veröffentlichten deutschen Übersetzung folgenden Wortlaut:
„Verfahren zur Herstellung eines zwischen Zahnrädern gewellten Metallfaser-Bündels, welches Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
(a) Einbetten der Metallfasern in ein duktiles und kohärentes Matrix-Material;
(b) Hindurchziehen dieses zusammengesetzten Matrix / Faser-Bündels zwischen den Zähnen von zumindest zwei ineinandergreifenden Zahnrädern, so dass die Fasern eine bleibende wellenförmige Kräuselung erhalten; und
(c) Entfernen des Matrix-Materials.“
Hinsichtlich der weiteren Ansprüche des Klagepatents wird auf die Klagepatentschrift verwiesen. Die nachfolgend leicht verkleinert wiedergegebene Zeichnung stammt aus der Klagepatentschrift und zeigt, wie die erfindungsgemäß angestrebte Kräuselung durch Hindurchführen der parallel angeordneten Verbünde (1) durch den Nip zweier Zahnräder (2), welche miteinander angemessen in Eingriff stehen oder kämmen und welche zueinander parallele Drehachsen aufweisen, erreicht werden kann:
Die Beklagte zu 1) bietet in der Bundesrepublik Deutschland über die Beklagte zu 2) als ihre Handelsvertreterin unter anderem Spinngarne, Reißbänder und Stapelfasern an, die zu 100 % aus Metallfasern bestehen oder mit anderen Fasern wie Polyester, Wolle, Polyamid oder Aramid vermischt sind. Auf ihrer Internet-Seite, von der die Klägerin einen Auszug als Anlage K7 vorgelegt hat, bewirbt die Beklagte zu 1) ihre hier relevanten Produkte unter der Rubrik „Leitfähige Edelstahlfasern“. Auf der vom 06. bis zum 09. Juni 2005 in Frankfurt stattfindenden Fachmesse 2005 war die Beklagte zu 1) mit einem eigenen Messestand vertreten, auf dem die Beklagte zu 2) als deutsche Vertriebspartnerin der Beklagten zu 1) auftrat. Die von den Beklagten auf der Messe in Frankfurt verteilten Prospekte hat die Klägerin in Kopie als Anlage K8 zu den Akten gereicht.
Nach Untersuchung auf dem Messestand der Beklagten ausgestellter Metallfaser-Bündel behauptet die Klägerin, diese seien nach einem Verfahren gemäß Anspruch 1 des Klagepatents hergestellt worden. Dies ergebe sich zunächst daraus, dass die Metallfasern zu einem früheren Zeitpunkt einmal in Kupfer eingebettet gewesen seien, wobei Kupfer ein duktiles und kohärentes Matrix-Material im Sinne des Klagepatents darstelle. Die bleibende wellenförmige Kräuselung, welche die angegriffene Ausführungsform aufweist, könne nur durch ein patentgemäßes Verfahren erhalten worden sein. Schließlich behauptet die Klägerin unter Bezugnahme auf die als Anlage K11.1 vorgelegten Aufnahmen einer mikroskopischen Vergrößerung der auf der Messe erhaltenen Fasern, die untersuchten Metallfasern wiesen keine regelmäßigen Einkerbungen oder Quetschungen an mehreren, nahezu gleichmäßig verteilten Stellen auf, wie sie bei einem Verfahren nach dem Stand der Technik zu erwarten seien. Die durchschnittliche Querschnittsform und Dicke der Fasern bleibe vielmehr nahezu gleich.
Als Anlage K15.1 (in Übersetzung als Anlage K15.2) legt die Klägerin das Protokoll einer bei der Beklagten zu 1) am 24. August 2005 durchgeführten XY vor, auf das Bezug genommen wird. Die Klägerin behauptet, auch die dort beschlagnahmten Muster hätten ausweislich der anschließenden Untersuchung (Anlage K16) keine Einkerbungen aufgewiesen, wie sie nach dem aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren zu erwarten gewesen seien.
Die Klägerin beantragt,
zu entscheiden wie erkannt.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, ihnen nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.
Die Beklagten behaupten, bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform in der Volksrepublik China würde das wellenförmige Muster auf den Fasern nicht durch das patentgemäße Verfahren nach Anspruch 1 des Klagepatents, sondern vielmehr mittels „Nocken“, welche die Wellen in die Metallfasern punktuell einschlagen, erzeugt. Bei den von ihnen als „Nocken“ bezeichneten Elementen handele es sich um Kanten oder eine Art von „Stanzelementen“, welche von oben und unten mit punktueller Kraftausübung auf das hindurchgezogene Metallfaserbündel einschlügen und es so verformten. Zur Illustration des von ihnen behaupteten Herstellungsverfahrens haben die Beklagten im Termin drei Fotografien vorgelegt, welche jeweils das Datum „2005 12 22“ tragen und das Herstellungsverfahren bei ihrem chinesischen Hersteller, von dem sie sämtliche Metallfasern bezögen, abbilden sollen. Aufgrund dieses Herstellungsverfahrens erreichten die von ihnen vertriebenen Fasern auch nicht die Qualität der Fasern, die nach dem Verfahren des Klagepatents erzeugt werden. So erfüllten die angegriffenen Fasern produktionsbedingt nicht diejenigen Anforderungen, die an Fasern für die Autoglasproduktion gestellt werden. Auf der von ihrem chinesischen Hersteller verwendeten Art der Herstellung beruhende plastische Verformungen (Einkerbungen) ließen sich auch auf dem als Anlage ROP1 überreichten Muster eines Metallfaserbündels mit eingestanzten Wellen feststellen.
Im Hinblick auf die nach dem klagepatentgemäßen Verfahren hergestellten Metallfasern der Klägerin bestreiten die Beklagten, dass sich diese wahrnehmbar und wesentlich von den bekannten gekräuselten Fasern aus dem Stand der Technik unterscheiden würden.
Für die Beklagte zu 2) stellen sie hinsichtlich des vom Feststellungsantrag erfassten Schadensersatzes in Abrede, dass diese als bloße Handelsvertreterin der Beklagten zu 1) zu einer Überwachung der Patentlage verpflichtet gewesen sei. Die Beklagte zu 2) habe daher jedenfalls nicht schuldhaft gehandelt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin stehen gegen beide Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Rechnungslegung aus §§ 9 Satz 2 Nr. 3; 139 Abs. 1 und 2; 140b Abs. 1 und 2 PatG; §§ 242; 259 BGB zu.
I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von zahnwalzengekräuselten Metallfasern und diese Fasern umfassende Produkte, wie z.B. Metallfaserbündel.
In der Klagepatentschrift wird zum Stand der Technik ausgeführt, dass es aus dem deutschen Gebrauchsmuster 75 21 xxx der Klägerin bekannt sei, Metallfaserbündel zu kräuseln, indem diese zwischen Zahnrädern hindurchgeführt werden. Bei diesem Prozess bewirke allerdings der Druck, der während des Kräuselungsprozesses durch die Zahnspitzen auf das Bündel ausgeübt werde, dass Fadenabschnitte durch Quetschen an den gekräuselten Spitzen plastisch verformt würden. Entsprechend der relativen Position der Fasern in der Dicke des Bündels weise dieser Kräuselvorgang jedoch einen unterschiedlich quetschenden oder abflachenden Effekt auf und bewirke folglich eine gewisse Willkür an der kontinuierlichen und permanenten Beschaffenheit der Kräuselung entlang des Bündels. Oft werde das Bündel auch im Bereich der gekräuselten Spitzen stark zusammengedrückt, so dass benachbarte Fasern sich in unerwünschter Weise aneinander verfangen könnten, was es schwierig mache, sie bei späteren Vorgängen zu trennen. Dieser Nachteil könne zwar dadurch behoben werden, dass man das Bündel seitlich öffne, bevor es durch die Zahnräder laufe. Neben der Tatsache, dass dieser Lösungsversuch einen zusätzlichen Öffnungsvorgang erfordere, sei aber auch herausgefunden worden, dass ein solcher Öffnungsvorgang selten voll befriedigende Resultate im Sinne einer sehr dauerhaften Kräuselung ergebe.
Um diese Nachteile zu vermeiden, schlägt Patentanspruch 1 ein Verfahren zur Herstellung eines zwischen Zahnrädern gewellten Metallfaser-Bündels mit folgenden Schritten vor:
(1) Einbetten der Metallfasern in ein duktiles und kohärentes Matrix-Material;
(2) Hindurchziehen dieses zusammengesetzten Matrix/Faser-Bündels zwischen den Zähnen von zumindest zwei ineinander greifenden Zahnrädern, so dass die Fasern eine bleibende wellenförmige Kräuselung erhalten, und
(3) Entfernen des Matrix-Materials.
Bei diesem Verfahren wird, wie die Klagepatentschrift ausführt, der direkte Kontakt der Zahnräder mit der Faseroberfläche während des Kräuselvorgangs vermieden. Das Metallfaserbündel wird zunächst in ein duktiles und kohärentes Matrix-Material eingebettet (Schritt (1)), vorzugsweise so, dass jede Faser des Bündels von Matrix-Material umhüllt und von benachbarten Fasern getrennt ist (Beschreibung Anlage K1, Spalte 1 Zeile 45-48; Übersetzung Anlage K2, Seite 2, zweiter Absatz). Aus dem Stand der Technik beschreibt es die Klagepatentschrift als bekannt, dass die Metalldrähte von Metallfaserbündeln, welche durch ein Bündelziehverfahren erhalten wurden, mit einer metallischen Beschichtung bedeckt werden, welche aus einem anderen Metall als die Drähte besteht, z.B. Kupferbeschichtungen auf Drähten aus rostfreiem Stahl (Anlage K1, Spalte 2 Zeile 37f. und 50-53, Anlage K2, Seite 3, letzter Absatz bis Seite 4 Zeile 4). Eine Vielzahl dieser Metallfasern, üblicherweise 500 bis 1.500, wird dann von einem Metallrohr umhüllt (Anlage K1, Spalte 2 Zeile 40f. und 53f., Anlage K2, Seite 3 vorletzter Absatz und Seite 4 Zeile 4f.) und kann so durch aus dem Stand der Technik bekannte Drahtzieh-Schritte zu einem Verbund-Bündel mit kleinerem Durchmesser verkleinert werden, indem die Drähte in dünnere Fasern umgewandelt werden. Das Verfahren des Bündelstabziehens, mit dem der gewünschte Enddurchmesser der Metallfasern hergestellt wird, ist allerdings nicht Gegenstand des erfindungsgemäßen Verfahrens; aus ihm übernimmt das Klagepatent lediglich die Einbettung der Metallfasern in ein Matrix-Material. Sodann wird nach dem klagepatentgemäßen Verfahren der bestehende Verbund aus Matrix und Faserbündel gemäß dem oben aufgeführten Schritt (2) zwischen den Zähnen von mindestens zwei ineinander greifenden Zahnrädern hindurch gezogen (Anlage K1, Spalte 3 Zeile 5-9, Anlage K2, Seite 4, erster Absatz a.E.). Durch diesen Vorgang erhält das Metallfaser-Bündel die gewünschte bleibende Kräuselung, die erforderlich ist, um die Metallfasern mit Textilfasern besser vermischen zu können. Nach dem Kräuselungsvorgang wird das Matrix-Material entfernt (Schritt (3)), beispielsweise durch einen konventionellen Beizvorgang (Anlage K1, Spalte 3 Zeile 10f., Anlage K2, Seite 4, erster Absatz a.E.).
II.
Die Beklagten bestreiten nicht, dass bei dem von ihrem – wie die Beklagten vortragen – einzigen chinesischen Hersteller angewandten Verfahren zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform in einem ersten Schritt die Metallfasern in ein duktiles und kohärentes Matrix-Material eingebettet werden, das nach dem Kräuselvorgang wieder entfernt wird. Die Verwirklichung der Verfahrensschritte (1) und (3) ist damit zwischen den Parteien unstreitig, so dass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen.
Allerdings bestreiten die Beklagten, dass der im Schritt (1) gebildete Matrix- / Faserbündel-Verbund zwischen den Zähnen von zumindest zwei ineinander greifenden Zahnrädern hindurchgeführt wird, um den Metallfasern eine bleibende wellenförmige Kräuselung zuzufügen. Stattdessen werde das wellenförmige Muster mittels „Nocken“ bzw. durch von oben und unten auf das Faserbündel punktuell einschlagende Kanten, wie sie auf den im Termin überreichten Fotografien zu erkennen seien, eingeschlagen. Damit stellen die Beklagten die Verwirklichung des Verfahrensschrittes (2) und zugleich auch die des vorgelagerten Merkmals „Verfahren zur Herstellung eines zwischen Zahnrädern gewellten Metallfaser-Bündels“ in Abrede.
Mit diesem Vorbringen haben die Beklagten eine Anwendung des patentgemäßen Verfahrens durch ihren chinesischen Hersteller nicht erheblich in Abrede gestellt, so dass es weder der Erhebung eines Sachverständigenbeweises für die Behauptung der Klägerin, bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform komme das patentgemäße Verfahren zur Anwendung, noch der Vernehmung des von den Beklagten benannten Zeugen Y bedurfte, der das behauptete Herstellungsverfahren bei der chinesischen Herstellerin besichtigt und unter anderem die im Termin von den Beklagten vorgelegten Fotografien gefertigt haben will. Denn die Beklagten haben auch im Termin zur mündlichen Verhandlung keine nachvollziehbare Erklärung dafür gegeben, wie sich die Beschaffenheit der in Anlage K11.1 dokumentierten Metallfäden mit ihrer Behauptung vereinbaren lassen sollte, bei der angegriffenen Ausführungsform komme es zu plastischen Verformungen der Metallfäden, wie sie in der Anlage ROP2 gezeigt würden. Mit dieser schlichten Behauptung, die mit den Untersuchungsergebnissen der Klägerin (insbesondere der Anlage K11.1) unvereinbar ist, haben die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt, so dass ihr Bestreiten in prozessualer Hinsicht unerheblich ist.
Die Beklagten haben nicht bestritten, dass die als Anlage K11.1 vorgelegten Fotografien von mikroskopischen Vergrößerungen der angegriffenen Ausführungsform solche Metallfäden zeigen, die die Klägerin auf der Messe Tech-Textil in Frankfurt im Juni 2005 erhalten hat. Mit der Klägerin kann daher im Ausgangspunkt zugrunde gelegt werden, dass die im Technologie-Center der Klägerin untersuchten Metallfasern zuvor auf dem Messestand der Beklagten in Frankfurt ausgestellt worden waren (vgl. die Klageschrift, Seite 13, im Anschluss an den Verweis auf die Anlage K8; Bl. 13 GA). Auf sie bezogen sich daher relevante Benutzungshandlungen der Beklagten in Deutschland. Die Beklagten hätten nachvollziehbar bestreiten müssen, dass auch die in Anlage K11.1 gezeigten Metallfäden, bei denen auf sämtlichen vier Fotografien keinerlei plastische Verformungen vergleichbar denen in der Anlage ROP2 zu erkennen sind, äußerlich feststellbare Einkerbungen aufgewiesen haben, wenn sie von demselben chinesischen Lieferanten, der H-Corp. Ltd., stammen sollen, wie die in Anlage ROP2 gezeigten. Der prozessuale Vortrag der Beklagten geht ausdrücklich dahin, die in Deutschland angebotenen und vertriebenen Metallfasern stammten ausschließlich von diesem einen chinesischen Hersteller, der sie ausnahmslos nach dem von ihnen behaupteten Verfahren ohne Hindurchführen der Metallfaser-Bündel zwischen zumindest zwei ineinander greifenden Zahnrädern herstelle.
Ein substantiiertes Bestreiten der Beklagten liegt nicht schon deshalb vor, weil die Anlage K11.1 – worauf die Beklagten im Termin hinwiesen – jeweils nur so kleine Ausschnitte der Fäden zeige, dass die Einkerbungen auf ihnen nicht sichtbar gewesen seien. Zum einen ist es angesichts der Vielzahl auf jeder der Abbildungen sichtbarer Metallfäden nicht nachvollziehbar, wie es der Klägerin möglich gewesen sein sollte, die Bildausschnitte in Anlage K11.1 jeweils exakt so zu wählen, dass auf keinem der zahlreichen Metallfäden auch nur eine einzige Einkerbung zu sehen ist, wie sie nach der Behauptung der Beklagten vorhanden sein sollen. Schon die Vielzahl an neben- und hintereinander sichtbaren Metallfäden spricht daher dafür, dass es solche Einkerbungen (plastische Verformungen der Metallfasern) tatsächlich nicht gegeben hat. Zum anderen haben die Beklagten auch nicht bestritten, dass die mikroskopischen Fotografien der angegriffenen Ausführungsform, welche die Klägerin als Anlage K10.1 vorgelegt hat, von ihrerseits auf der Messe in Frankfurt ausgestellten Metallfasern stammen. Die in der Anlage K10.1 sichtbare sanfte Wellenform der angegriffenen Ausführungsform lässt sich mit den vergleichsweise schroffen Knickmustern der Metallfasern, wie sie in der Anlage ROP2 zu erkennen sind, schlechterdings nicht vereinbaren. Auch für diese augenfällige Diskrepanz der Anlage ROP2 zu der Anlage K10.1 haben die Beklagten keine nachvollziehbare Begründung anzugeben vermocht; sie ist auch ohne dies nicht ersichtlich. Die Abbildungen in Anlage ROP2 zeigen damit offenbar eine andere Art von Metallfasern als die Abbildungen der Anlagen K10.1 und K11.1, die unstreitig auf der angegriffenen Ausführungsform beruhen, wie sie von den Beklagten auf der Messe Tech-Textil im Juni 2005 in Frankfurt angeboten und in Verkehr gebracht wurden. Auf diese kommt es aber für die Beurteilung der Beschaffenheit im Hinblick auf das Vorhandensein von Einkerbungen (plastischen Verformungen) allein an. Der durch die Anlage ROP2 gestützte Sachvortrag der Beklagten zum zwingenden Vorhandensein solcher Einkerbungen bei der angegriffenen Ausführungsform ist mit dem substantiierten Vorbringen der Klägerin nicht in nachvollziehbarer Weise zu vereinbaren.
Der aus der Anlage K11.1 abzuleitende Befund wird mit indizieller Wirkung unterstützt durch die hinsichtlich fehlender Einkerbungen übereinstimmenden Mikroskopaufnahmen, die die Klägerin von den im französischen XY-Verfahren beschlagnahmten Metallfaser-Bündeln gefertigt und als Anlage K16 vorgelegt hat. Insoweit handelt es sich zwar nicht um in der Bundesrepublik Deutschland vertriebene Metallfasern, um die es im vorliegenden Verfahren allein gehen kann. Zumindest steht aber fest, dass es sich auch bei den in Frankreich beschlagnahmten Metallfasern um solche handelt, die die Beklagte zu 1) von dem chinesischen Hersteller H- Corp. Ltd. erworben hat. Denn dies deckt sich mit den Angaben im XY-Protokoll (Anlagen K15.1, Übersetzung Anlage K15.2), in dem Name und Adresse des „mutmaßlichen Herstellers“ genannt werden. Soweit die Übersetzung (Anlage K15.2, Seite 1 oben) von „dessen chinesischen Lieferanten“ im Plural spricht, handelt es sich erkennbar um einen Übertragungsfehler. Denn das französischsprachige Protokoll (Anlage K15.1) erwähnt an der entsprechenden Stelle, dass die Beklagte zu 1) die Metallfäden von ihrem chinesischen Lieferanten („son fournisseur chinois“ im Singular) erhalten habe. Aus der Anlage K16, nach der in einer der Anlage K11.1 vergleichbaren Weise die Metallfäden in Vergrößerung wiedergegeben sind, lässt sich hinreichend deutlich entnehmen, dass auch die in Frankreich beschlagnahmten Metallfasern keine Einkerbungen aufwiesen, die den in der Anlage ROP2 gezeigten auch nur annähernd entsprechen würden. Dies bestätigt, dass nicht nur die in Deutschland angebotenen und in Verkehr gebrachten Metallfasern frei von Einkerbungen waren, sondern dass dies in gleicher Weise auch auf Metallfasern desselben Herstellers zutrifft, die in Frankreich beschlagnahmt wurden. Es stellt damit ein weiteres Indiz für die Beschaffenheit der über Zwischenhändler von den Beklagten erworbenen Metallfasern dieses Herstellers dar, die mit derjenigen der nach dem patentgemäßen Verfahren hergestellten Fasern (vgl. Anlage K11.2) im Hinblick auf das Fehlen plastischer Verformungen übereinstimmt.
Mit dem bloßen Verweis auf das als Anlage ROP1 vorgelegte Muster eines Metallfaserbündels der angegriffenen Ausführungsform haben die Beklagten das Vorhandensein von Einkerbungen im Sinne von plastischen Verformungen auf den Metallfasern nicht schlüssig behauptet. Bei dem Muster nach Anlage ROP1 handelt es sich um ein Metallfaser-Bündel, das zwar bereits gekräuselt, aber noch in ein Metallrohr gehüllt ist. Ob und in welchem Umfang auf dieser äußeren Umhüllung Einkerbungen erkennbar sind, wie bei der Anlage ROP1 in den jeweiligen „Talpunkten“ der Wellen der Fall, ist für die Erreichung des patentgemäßen Erfolgs unerheblich, zumal die Umhüllung vor einer zweckgemäßen Verwendung der Metallfasern entfernt wird. Entscheidend ist allein, dass Einkerbungen auf den einzelnen Metallfasern vermieden werden, damit diese keine Schwachstellen aufweisen. Aus dem Vorhandensein von Einkerbungen auf dem die einzelnen Metallfasern noch umgebenden Metallrohr lassen sich Einkerbungen (auch) auf den einzelnen Metallfasern aber nicht ableiten, wie auch die Beklagten nicht behauptet haben.
Vor dem Hintergrund des nicht hinreichend substantiierten Bestreitens der Beklagten bedarf es keiner weiteren Indizien oder einer Beweiserhebung für die behauptete Herstellung der angegriffenen Ausführungsform nach dem patentgemäßen Verfahren. Es ist daher unerheblich, dass die Klägerin aus dem unstreitigen ehemaligen Vorhandensein einer Kupferummantelung der Metallfäden (Schritt (1)) keinen weiteren Beleg dafür ableiten kann, es müsse auch zu einem patentgemäßen Hindurchziehen des Metallfaserbündels zwischen mindestens zwei ineinander greifenden Zahnrädern (Schritt (2)) gekommen sein. Eine ehemals vorhandene Kupferbeschichtung lässt schon deshalb keine Rückschlüsse auf die Art des Kräuselungsverfahrens zu, weil üblicherweise auch bei dem vorgelagerten Bündelziehverfahren eine Beschichtung der Metalldrähte mit einem Matrix-Material wie etwa Kupfer vorgenommen wird, wie unter I. bereits ausgeführt wurde. Für das anschließende Kräuselungsverfahren lassen sich daher keine weiteren Rückschlüsse aus dem unstreitigen ehemaligen Vorhandensein einer Kupfer-Beschichtung ziehen.
III.
Aus der Verletzung des Anspruchs 1 des Klagepatents ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen.
Da die Beklagten widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht haben – kraft des Patents war und ist es ihnen gemäß § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG verboten, durch das patentgemäße Verfahren hergestellte Erzeugnisse anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu einem der genannten Zwecke einzuführen oder zu besitzen –, sind sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 1 PatG. Die Beklagten stellen zu Recht nicht in Abrede, dass es sich bei ihren im Tatbestand genannten Produkten – die Benutzung des patentgemäßen Verfahrens vorausgesetzt – um unmittelbare Verfahrenserzeugnisse im Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG handelt, bei denen die verwendeten Metallfasern die ihnen durch die Anwendung des patentgemäßen Verfahrens verliehene Eigenschaft der dauerhaften Kräuselung aufweisen, so dass die durch Weiterverarbeitung entstandenen Endprodukte von der auf das Verfahrenspatent zurückgehenden Eigenschaft der dauerhaften Faserkräuselung in einer die Beurteilung im Verkehr bestimmenden Weise mitgeprägt werden.
Die Beklagten haben der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten (Art. 64 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 2 PatG). Denn als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Dies gilt auch für die Beklagte zu 2), hinsichtlich derer die Beklagten in Abrede stellen, dass auch sie schuldhaft im Sinne des § 276 BGB, mithin zumindest fahrlässig gehandelt habe. Die Beklagten meinen, weil die Beklagte zu 2) – wie in der Sache unstreitig ist – Handelsvertreterin der Beklagten zu 1) ist, treffe sie keine Verpflichtung zur Überwachung der Schutzrechtslage. In dieser Ansicht ist ihnen nicht zu folgen. Wie sich aus Anlage K13 ergibt und die Beklagten auch nicht in Abrede gestellt haben, ist die Beklagte zu 2) für den Vertrieb der Produkte der Beklagten zu 1) in Deutschland zuständig. Hinsichtlich der von ihr vertriebenen Produktpalette kann von der Beklagten zu 2) die Kenntnis der Tatsache des Patentschutzes für Erzeugnisse auf dem Gebiet der von ihr vertriebenen Produkte verlangt werden; fehlt diese Kenntnis tatsächlich, liegt dies in einem pflichtwidrigen Unterlassen gebotener Überprüfung begründet. So wird auch von einem Handelsvertreter die Kenntnis der Tatsache des Patentschutzes für Erzeugnisse der Wettbewerber verlangt und bei Unterlassung besonderer Prüfung zu seinen Lasten angenommen, so dass Verletzungshandlungen als fahrlässig begangen anzusehen sind (Benkard, PatG, 10. Auflage 2006, § 139 PatG Rn. 47; OLG Düsseldorf, GRUR 1951, 316). Nach eigenem Bekunden hat die Beklagte zu 2) keine Nachforschungen angestellt, weil sie dies in Verkennung ihrer dahingehenden Verpflichtung nicht für erforderlich bzw. unzumutbar gehalten habe. Auf die Frage, ob die Beklagte zu 2) lediglich im Namen und für Rechnung der Beklagten zu 1) und auf Provisionsbasis tätig war und ist, kommt es für die Beurteilung ihrer Erkundigungspflicht nach der oben zitierten Rechtsprechung nicht an. Die jedenfalls fahrlässige Unkenntnis, die auf dem Unterlassen jeglicher, von der Beklagten zu 2) für unzumutbar gehaltener Erkundigung beruht, steht zugleich einer Anwendung des § 139 Abs. 2 Satz 2 PatG entgegen. Danach kann dann, wenn dem Verletzer nur leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt, anstelle des Schadensersatzes auf eine Entschädigung erkannt werden, die in den Grenzen zwischen dem Schaden des Verletzten und dem vom Verletzer erlangten Vorteil bleibt. Gegen lediglich leichte Fahrlässigkeit auf Seiten der Beklagten zu 2) spricht die von ihr geäußerte Ansicht, eine Erkundigung über die Schutzrechtslage sei ihr als Handelsvertreterin nicht zumutbar, denn dies deutet vielmehr auf eine bewusste Fahrlässigkeit hin, die sich mit der Annahme lediglich leichter Fahrlässigkeit nicht verträgt.
Die Beklagten haften nach § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner auf Schadensersatz, weil sie bei den Verletzungshandlungen zusammenarbeiten. Da es überdies hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte hat schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, § 140b PatG. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Auskunft und Rechnungslegung vorzunehmen sind.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz); 100 Abs. 4 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO. Zu den Voraussetzungen des hilfsweise gestellten Vollstreckungsschutzantrags nach § 712 ZPO haben die Beklagten keinerlei Tatsachen vorgetragen oder glaubhaft gemacht (§ 714 Abs. 2 ZPO), nach denen ihnen die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.
Der Streitwert wird auf 200.000,- € festgesetzt.