4b O 286/04 – Deko-Leuchtstab

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 411

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. August 2005, Az. 4b O 286/04

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

III. Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 8.000,– € vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert wird auf 100.000,– € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist seit dem 7.10.2003 eingetragene Inhaberin des Gebrauchsmusters 201 21 xxx; vormals stand das Schutzrecht ihrem Geschäftsführer Christopher Sheldon zu. Das Klagegebrauchsmuster, das eine innere Priorität vom 24.2.2001 in Anspruch nimmt, wurde am 22.8.2002 im Patentblatt bekannt gemacht. Es betrifft einen Leuchtstab, wobei die geltenden Schutzansprüche 1, 2, 3 und 13 folgenden Wortlaut haben:

1.
Leuchtstab (1) mit einem elektronischen Vorschaltgerät (2) und einer Leuchtstoffröhre (3),

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t,

dass der Leuchtstab (1) mit Informationsträgern (10) versehen ist, mittels denen die Lichtabstrahlung seiner Leuchtstoffröhre (3) modifizierbar ist, und dass die Außenmantelfläche (8) des Leuchtstabes (1) mit der Außenmantelfläche (9) des elektronischen Vorschaltgerätes (2) fluchtet.

2.
Leuchtstab (1) nach Anspruch 1, bei dem die Informationsträger (10) auf der Außenfläche (8) des Leuchtstabes (1) angeordnet sind.

3.
Leuchtstab (1) nach Anspruch 2, bei dem die Informationsträger (10) durch eine auf die Außenseite (8) des Leuchtstabes (1) aufgedruckte Bedruckung gebildet sind.

13.
Leuchtstab (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 12, der in einem Fuß (12) gehaltert ist, der eine horizontale Bodenplatte (13) und eine von einer Seitenkante (14) der Bodenplatte (13) schräg aufwärts sich erstreckende Halteplatte (15) aufweist, in der eine Ausnehmung (16) ausgebildet ist, durch die der Leuchtstab (1) geführt ist.

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 und 2 der Klagegebrauchsmusterschrift) verdeutlichen den Gegenstand des Schutzrechts anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele.

Die Beklagte vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Deko-Leuchtstäbe sowie zugehörige Ständer, wie sie aus der nachfolgend eingeblendeten (der Werbeunterlage gemäß Anlage K 4 entnommenen) Abbildung ersichtlich sind.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die besagten Vorrichtungen wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters im Umfang seiner Schutzansprüche 1, 2, 3 und 13 Gebrauch machen. Mit ihrer Klage nimmt sie die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadenersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung der (näher bezeichneten) gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

Leuchtstäbe mit einem elektronischen Vorschaltgerät und einer Leuchtstoffröhre

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen der Leuchtstab mit Informationsträgern versehen ist, mittels denen die Lichtabstrahlung seiner Leuchtstoffröhre modifizierbar ist, und die Außenmantelfläche des Leuchtstabes mit der Außenmantelfläche des elektronischen Vorschaltgerätes fluchtet,

insbesondere wenn die Informationsträger auf der Außenfläche des Leuchtstabes angeordnet sind

und/oder

die Informationsträger durch eine auf die Außenseite des Leuchtstabes aufgedruckte Bedruckung gebildet sind

und/oder

der Leuchtstab in einem Fuß gehaltert ist, der eine horizontale Bodenplatte und eine von einer Seitenkante der Bodenplatte schräg aufwärts sich erstreckende Halteplatte aufweist, in der eine Ausnehmung gebildet ist, durch die der Leuchtstab geführt ist;

2. ihr (der Klägerin) darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die vorstehend zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 22.9.2002 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen sowie gegebenenfalls Typenbezeichnungen und den Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie gegebenenfalls Typenbezeichnungen und den Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr (der Klägerin) allen Schaden zu ersetzen, der durch die zu I.1. bezeichneten und in der Zeit vom 22.9.2002 bis 6.10.2003 begangenen Handlungen ihrem Geschäftsführer Christopher Sheldon sowie durch die zu I.1. bezeichneten und in der Zeit seit dem 7.10.2003 begangenen Handlungen ihr (der Klägerin) entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet den gegen sie erhobenen Vorwurf der Gebrauchsmusterverletzung und ist im Übrigen der Auffassung, dass das Klagegebrauchsmuster im Umfang der geltend gemachten Ansprüche nicht schutzfähig sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.7.2005 Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist nicht begründet, weil der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadenersatz gegenüber der Beklagten nicht zustehen. Zwar machen die angegriffenen Deko-Leuchtstäbe nebst Halter wortsinngemäß von der technischen Lehre der Schutzansprüche 1, 2, 3 und 13 Gebrauch. In dem der Klage zugrunde gelegten Umfang erweist sich das Klagegebrauchsmuster jedoch angesichts des vorbekannten Standes der Technik als nicht schutzfähig.

I.

Das Klagegebrauchsmuster betrifft mit seinen Schutzansprüchen 1, 2 und 3 einen insbesondere für Dekorationszwecke einsetzbaren Leuchtstab sowie mit seinem Schutzanspruch 13 einen derartigen Leuchtstab mit zugehöriger Halterung. Die geltenden Ansprüche sehen im Einzelnen die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Der Leuchtstab (1) besitzt

(a) eine Leuchtstoffröhre (3) und

(b) ein elektronisches Vorschaltgerät (2).

(2) Die Außenmantelfläche (8) des Leuchtstabes (1) fluchtet mit der Außenmantelfläche (9) des elektronischen Vorschaltgerätes (2).

(3) Der Leuchtstab (1) ist mit Informationsträgern (10) versehen.

(4) Mittels der Informationsträger (10) ist die Lichtabstrahlung der Leuchtstoffröhre (3) modifizierbar.

– Schutzanspruch 1 –

(5) Die Informationsträger (10) sind auf der Außenfläche (8) des Leuchtstabes (1) angeordnet.

– Schutzanspruch 2 –

(6) Die Informationsträger (10) sind durch eine auf die Außenseite (8) des Leuchtstabes (1) aufgedruckte Bedruckung gebildet.

– Schutzanspruch 3 –

(7) Der Leuchtstab (1) ist in einem Fuß (12) gehaltert.

(8) Der Fuß (12) weist

(a) eine horizontale Bodenplatte (13) und

(b) eine Halteplatte (15) auf, die sich von einer Seitenkante (14) der Bodenplatte (15) schräg aufwärts erstreckt.

(9) In der Halteplatte (15) ist eine Ausnehmung (16) ausgebildet, durch die der Leuchtstab (1) geführt ist.

– Schutzanspruch 13 –

Dadurch, dass die Außenmantelfläche des Leuchtstabes mit der Außenmantelfläche des elektronischen Vorschaltgerätes fluchtet, wird ein optisch ansprechendes, kantenfreies Aussehen des Leuchtstabes geschaffen. Die auf dem Leuchtstab anzubringenden Informationsträger erlauben es desweiteren, den Leuchtstab mit zum Beispiel einem Werbeaufdruck oder dergleichen zu versehen.

II.

Zu Unrecht bestreitet die Beklagte, dass die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre der Schutzansprüche 1, 2, 3 und 13 Gebrauch macht. Schutzanspruch 1 lässt es – wie sich aus dem Beschreibungstext (Seite 2, Zeilen 10 bis 13) ergibt – zu, dass die Leuchtstoffröhre mit einem transparenten Außenrohr versehen wird. In gleicher Weise kann auch das Vorschaltgerät in einem Gehäuse untergebracht sein. Ist solches der Fall, haben beide – Außenrohr und Gehäuse – miteinander zu fluchten, damit der beabsichtigte kantenfreie Übergang zwischen Leuchtstoffröhre einerseits und elektronischem Vorschaltgerät andererseits gewährleistet ist (Seite 3, Zeilen 22 bis 29). Für den angestrebten Erfindungserfolg ist es ohne jeden Belang, ob das die Leuchtstoffröhre umgebende Außenrohr und das Gehäuse für das elektronische Vorschaltgerät jeweils separate Bauteile sind. Der Fachmann erkennt vielmehr unschwer, dass er das Außenrohr ebensogut zur Aufnahme des Vorschaltgerätes heranziehen kann. Eine derartige Variante bietet erkennbar sogar den Vorteil, dass auf einfache Weise eine übergangslose (fluchtende) Anordnung von Leuchtstoffkörper und Vorschaltgerät erreicht wird.

III.

Verbietungsrechte stehen der Klägerin in Ansehung der angegriffenen Ausführungsform gleichwohl nicht zu, weil der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters im Umfang der Schutzansprüche 1, 2, 3 und 13 nicht schutzfähig ist.

1.
Was zunächst die Ansprüche 1, 2 und 3 betrifft, steht zwischen den Parteien außer Streit, dass die Klägerin der Beklagten außerhalb der Neuheitsschonfrist am 2.5.2000 ein Angebot zur Lieferung von Deko-Leuchtstäben unterbreitet hat, wobei das Angebotsschreiben jedenfalls die Seiten 1 bis 5 der Anlage B 2 umfasst hat. Die Unterlage zeigt einen Deko-Leuchtstab, der fotografisch abgebildet ist und zu dem im Begleittext überdies angegeben wird:

„Mit integrierter Technik, kein externes Vorschaltgerät!“
„Trägermaterial: Acrylglasrohr.“

Zusammen mit der bildlichen Darstellung entnimmt der Fachmann dem, dass

– der Leuchtstab ein Acrylglasrohr als Träger besitzt, welches nicht nur den eigentlichen Leuchtstoffkörper (ohne den ein Leuchtstab nicht vorliegen würde), sondern auch das integrierte Vorschaltgerät aufnimmt,

– weswegen – wie auch die Abbildung bestätigt – Leuchtstoffröhre und Vorschaltgerät an ihrem äußeren Umfang, bedingt durch das beide umgebende Acrylglasrohr, fluchten.

Die Merkmale (1) und (2) von Schutzanspruch 1 sind damit aus dem Stand der Technik vorbekannt.

Gleichermaßen bekannt war es im Stand der Technik, Leuchtstoffröhren mit einem Werbe- oder Zieraufdruck zu versehen. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang einerseits auf das US-Patent 6 149 285 und andererseits auf das Gebrauchsmuster 297 18 403. Aus beiden Schriften geht hervor, dass der den Zier- oder Werbeaufdruck ergebende Farbauftrag auf einem Trägermaterial aufgebracht werden kann, das die Leuchtstoffröhre umschließt (vgl. zum US-Patent die Figuren 4 und 5 und zum Gebrauchsmuster Schutzanspruch 6).

Um mithin zu der Merkmalskombination zu gelangen, wie sie Gegenstand von Schutzanspruch 1 mit den sich aus den Ansprüchen 2 und 3 ergebenden Konkretisierungen ist, brauchte der Durchschnittsfachmann lediglich den aus dem eigenen Angebot der Klägerin an die Beklagte bekannten Leuchtstab mit der US-PS 6 149 285 oder dem Gebrauchsmuster 297 18 403 zu kombinieren. Darin kann nichts Erfinderisches gesehen werden. Selbstverständlich lag es auch für einen neuartigen Leuchtstab, bei dem das Vorschaltgerät integriert ist, auf der Hand, dass ein Werbeaufdruck und ein Zieraufdruck vorteilhaft sein können. Es war deshalb eine Selbstverständlichkeit, dass auch ein derartiger Leuchtstab mit einem Werbeaufdruck versehen werden kann, wie er für die bis dahin gebräuchlichen Leuchtstoffröhren nebst externem Vorschaltgerät bereits vorgeschlagen war.

2.
Soweit Schutzanspruch 13 eine besondere Halterung für einen Leuchtstab beschreibt, war auch dieser als solcher im vorbekannten Stand der Technik geläufig. Wie die Vernehmung des Zeugen Dietz ergeben hat, sind Z-förmige Halter, wie sie den Anweisungen von Schutzanspruch 13 entsprechen, bereits seit 1998 von der Sweet-Light GmbH in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und vertrieben worden. Für die Kammer besteht keinerlei Anlass, an der Zuverlässigkeit der von dem Zeugen gemachten Angaben zu zweifeln. War aber auch der Halter als solcher bekannt, kann keinerlei erfinderische Leistung darin gesehen werden, den neuartigen Leuchtstab mit einem eben solchen Halter zu versehen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.