4b O 238/04 – Spritzschutz für ein Fahrrad

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 402

Landgericht Düsseldorf
Teilurteil vom 22. Februar 2005, Az. 4b O 238/04

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahre, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen

Spritzschutze für ein Fahrrad mit einem Sattelstützrohr, das in einem koaxialen, ein nach unten offenes Ende aufweisendes Rohrstück halterbar ist, wobei der Spritzschutz einen in Gebrauchsstellung dem Rohrstück zugeordneten Adapter und einen hieran lösbar befestigbaren Radlaufschutz umfasst, wobei ferner der Adapter über eine Innenklemmung halterbar ist und die Innenklemmung zumindest zwei getrennte, gegeneinander bewegliche Klemmbacken umfasst,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;

2. dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 13.06.2004 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preis, den Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeit, -preisen, den Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden und ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf konkrete Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 13.06.2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Klage wird abgewiesen, soweit der Kläger Auskunft auch über die Herstellungsmengen und die Herstellungszeiten begehrt.

IV. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 200.000,– EUR vorläufig vollstreckbar.

VI. Der Streitwert wird auf 250.000,– EUR festgesetzt, wobei auf das Teilurteil ein Betrag von 200.000,– EUR entfällt.

T a t b e s t a n d :

Der Kläger ist eingetragener Inhaber des Gebrauchsmusters 299 24 xxx (Klagegebrauchsmuster), das einen Hinterrad-Spritzschutz für ein Fahrrad betrifft und dessen Eintragung am 12.09.2002 bekannt gemacht worden ist.

Der Kläger ist weiterhin eingetragener Inhaber des deutschen Patents 199 61 xxx, das auf einer Anmeldung vom 17.12.1999 beruht und dessen Erteilung am 13.05.2004 im Patentblatt veröffentlicht worden ist. Das Klagepatent befasst sich gleichfalls mit einem Spritzschutz für ein Fahrrad, wobei die im vorliegenden Rechtsstreit interessierenden Ansprüche 1 und 6 folgenden Wortlaut haben:

1. Spritzschutz für ein Fahrrad (1;101) mit einem Sattelstützrohr (5), das in einem koaxialen, ein nach unten offenes Ende (9) aufweisendes Rohrstück (4) halterbar ist, wobei der Spritzschutz einen in Gebrauchsstellung dem Rohrstück (4) zugeordneten Adapter (2;102) und einen hieran lösbar befestigbaren Radlaufschutz (3;103) umfasst, wobei der Adapter über eine Innenklemmung halterbar ist und die Innenklemmung zumindest zwei getrennte, gegeneinander bewegliche Klemmbacken (21, 22; 121, 122, 123, 124; 221, 222; 321, 322) umfasst.

6. Spritzschutz für ein Fahrrad nach einem der Ansprüche 1 bis 5, mit einem ein nach unten offenes Ende (9) aufweisenden Rohrstück (4;6), insbesondere zur Aufnahme eines Sattelstützrohres (5) oder als Schaftrohr (6) einer Zweiradgabel, wobei in das Rohrstück (4;5) ein Adapter (2; 2 a) zur Anmontage eines Radlaufschutzes (3; 3a) einbringbar und über mindestens zwei Klemmbacken (21, 22; 121, 122, 123, 124; 221, 222; 321, 322) halterbar ist,

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,

dass die Klemmbacken ((21, 22; 121, 122, 123, 124; 221, 222; 321, 322) parallel auswärts bewegbar sind.

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 2, 10 und 12 der Klagepatentschrift) verdeutlichen den Gegenstand der Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele.

Die Beklagte hat gegen die Erteilung des Klagepatents Einspruch erhoben, über den derzeit noch nicht entschieden ist.

In der Baureihe „X„ vertreibt die Beklagte Spritzschutze für geländegängige Fahrräder, wie sie aus den nachstehend eingeblendeten Abbildungen der Anlage 5 ersichtlich sind.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die vorbezeichneten Gegenstände wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen. Vorliegend nimmt er die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Schadenersatz in Anspruch. Soweit der Kläger ein entsprechendes Begehren auf das Gebrauchsmuster 299 24 xxx stützt, ist der Rechtsstreit am 20.01.2005 einverständlich bis zur erstinstanzlichen Entscheidung in dem gegen das Klagegebrauchsmuster anhängigen Löschungsverfahren ausgesetzt worden.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt, wobei er von der Beklagten Auskunft auch über die Herstellungsmengen und die Herstellungszeiten verlangt.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage abzuweisen;

2. hilfsweise,
a) ihr ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen,
b) den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung des Einspruchsverfahrens gegen das Klagepatent auszusetzen.

Sie bestreitet den Vorwurf der Patentverletzung unter Hinweis darauf, dass das Klagepatent auf einen Spritzschutz für den Hinterradbereich des Fahrrades beschränkt sei. Die angegriffenen Gegenstände fielen deswegen nicht unter das Klagepatent, weil das im Set vertriebene Hinterrad-Schutzblech über keine Innenklemmung verfüge und es sich bei den übrigen Spritzschutzen um solche handele, die ausschließlich im Vorderradbereich montiert werden könnten. Letzteres ergebe sich daraus, dass das Rohrstück für die Aufnahme des Sattelstützrohres einen wesentlich größeren Innendurchmesser habe als die Aufnahme im Bereich der Vordergabel, weswegen die von ihr (der Beklagten) eingesetzte Innenklemmung außer Stande sei, in dem – wesentlich größer dimensionierten – Rohrstück für das Sattelstützrohr verspannt zu werden. In jedem Fall – so meint die Beklagte – werde sich das Klagepatent im Einspruchsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist in dem Umfang entscheidungsreif, wie sich der Kläger für sein Begehren auf das deutsche Patent 199 61 xxx stützt. Insoweit erweist sich die Klage – abgesehen von dem die Herstellungsmengen und die Herstellungszeiten betreffenden Auskunftsanspruch – als begründet. Es war deshalb angemessen, ein Teilurteil zu erlassen.

I.

Das Klagepatent bezieht sich auf einen Spritzschutz für ein Fahrrad mit einem Sattelstützrohr, welches in einem nach unten offenen Rohrstück des Fahrradrahmens gehalten wird.

Nach den einleitenden Bemerkungen der Klagepatentschrift ergibt sich bei geländegängigen Fahrrädern, deren Vordergabel und deren Hinterbau gefedert sind, im Geländeeinsatz das Problem, dass die Kleidung des Fahrers durch hochspritzendes Wasser oder Schlammpartikel beschmutzt wird. Um dies zu verhindern, seien bereits Steckschutzbleche bekannt, die mit Hilfe eines schellenartigen Teils am Sattelstützrohr befestigt werden. Die Klagepatentschrift selbst verdeutlicht dies mit der Figur 3, die nachfolgend wiedergegeben ist.

Bei der bekannten Anordnung – so führt die Klagepatentschrift aus – sei nur ein relativ kleiner Bereich oberhalb des Hinterrades mit einem Spritzschutz versehen, während der in der Figur 3 zwischen den beiden senkrechten Linien verbleibende Radbereich ungeschützt bleibe, womit eine Durchfeuchtung und Verschmutzung des Fahrers durch vom Boden aufgenommenes Material nicht zuverlässig verhindert werde.

Aus dem Gebrauchsmuster 299 02 644, deren Figur 3 nachfolgend eingeblendet ist.

sei weiterhin ein Radschutz für den Vorderradbereich bekannt. In das Rohrinnere der Vorderradgabel werde eine Spreizhülse eingeführt und auf diese Weise ein Schiebeelement (19) fixiert. Auf das Schiebeelement (19) wiederum werde der Radlaufschutz (14) aufgeschoben und damit lösbar festgelegt.

Die Klagepatentschrift sieht auch diese Konstruktion als nachteilig an, weil sich mit den verwendeten Spreizelementen nur geringe Innendurchmesserunterschiede ausgleichen lassen. Bei der Vielzahl unterschiedlicher Zweiradgabeln müsse deshalb ein Fahrradhändler mehrere dieser, unterschiedliche Außendurchmesser aufweisende Spreizelemente bevorraten. Überdies sei es nicht möglich, das bekannte Spreizelement im Sattelstützrohr oder in dem das Sattelstützrohr aufnehmenden Rohrstück vorzusehen.

Aus dem Gebrauchsmuster 297 00 562 sei es schließlich bekannt, ein Vorderradschutzblech mittels Klemmkrallen – wie aus der nachfolgenden Figur 1 ersichtlich –

am Schaft der vorderen Gabel zu befestigen.

Auch hier bemängelt die Klagepatentschrift, dass das verwendete Klemmteil nicht geeignet sei, unterschiedliche Innendurchmesser der Gabelschaftrohre zu überbrücken.

Ausgehend von dem vorgeschilderten Stand der Technik bezeichnet es die Klagepatentschrift als Aufgabe der Erfindung, eine Verbesserung derart zu schaffen, dass ein Adapter für alle möglichen Innendurchmesser von Rohren tauglich ist.

Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Spritzschutz für ein Fahrrad (1;101).

(2) Das Fahrrad (1)

a) besitzt ein Sattelstützrohr (5);

b) das Sattelstützrohr (5) ist in einem koaxialen Rohrstück (4) mit einem nach unten offenen Ende (9) halterbar.

(3) Der Spritzschutz umfasst

a) einen Adapter (2; 102), der in Gebrauchsstellung dem Rohrstück (4) zugeordnet ist, und

b) einen lösbar an dem Adapter (2; 102) befestigbaren Radlaufschutz (3;103).

(4) Der Adapter (2; 102) ist über eine Innenklemmung halterbar.

(5) Die Innenklemmung umfasst zumindest zwei getrennte Klemmbacken (21, 22; 121, 122, 123, 124; 221, 222; 321, 322), die gegeneinander beweglich sind.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Klagepatent nicht auf solche Spritzschutze beschränkt, die im Hinterradbereich montiert werden.

Betrachtet man ausschließlich den Wortlaut von Patentanspruch 1, so liegt eine solche Annahme – wie der Beklagten zuzugeben ist – zwar nahe, weil der über eine Innenklemmung halterbare Adapter nach Merkmal (3a) in Gebrauchsstellung dem Rohrstück (4) zugeordnet sein soll, womit ersichtlich dasjenige koaxiale Rohrstück (4) in Bezug genommen ist, welches nach der Anweisung des vorhergehenden Merkmals (2b) das Sattelstützrohr hält.

Bei diesen Erwägungen darf jedoch nicht stehen geblieben werden, weil die Auslegung eines Patents den gesamten Inhalt der Patentschrift, insbesondere den Beschreibungstext und die Zeichnungen, aber auch und vor allem die weiteren Patentansprüche einzubeziehen hat. Für die rechtliche Beurteilung ist deshalb von entscheidender Bedeutung, dass Patentanspruch 6 ausdrücklich einen Spritzschutz als erfindungsgemäß unter Schutz stellt, dessen Innenklemmung entweder mit dem Rohrstück für das Sattelstützrohr oder mit dem Schaftrohr der Vorderradgabel zusammenwirkt. Mit der Formulierung „Spritzschutz für ein Fahrrad nach den Ansprüchen 1 bis 5„ greift Patentanspruch 6 die Merkmale (1) und (2a) von Patentanspruch 1 auf. Die anschließende Formulierung „….. mit einem ein nach unten offenes Ende (9) aufweisenden Rohrstück …., wobei in das Rohrstück ein Adapter zur Anmontage eines Radlaufschutzes einbringbar und über mindestens zwei Klemmbacken halterbar ist„ werden die Merkmale (2b) bis (4) von Patentanspruch 1 wiederholt. Mit der den kennzeichnenden Teil („gekennzeichnet dadurch„) charakterisierenden Formulierung „….. dass die Klemmbacken parallel auswärts bewegbar sind„ geht Patentanspruch 6 über die Lehre von Patentanspruch 1 hinaus, weil die allgemeine Lehre gegeneinander beweglicher Klemmbacken dahin präzisiert wird, dass die Klemmbacken „parallel auswärts bewegbar sind„. Aus der Qualifikation des Anspruchs 6 als Unteranspruch folgt, dass der Inhalt von Patentanspruch 1, eben weil Anspruch 6 eine bevorzugte Ausführung der im Anspruch 1 unter Schutz gestellten allgemeinen technischen Lehre enthält, für das Verständnis des Hauptanspruches heranzuziehen ist. Dasjenige nämlich, was in einem Unteranspruch als mögliche Erfindungsvariante beschrieben ist, muss notwendigerweise auch unter die allgemeinen Begrifflichkeiten des Hauptanspruchs subsumiert werden. Wird Patentanspruch 6 für das Verständnis der technischen Lehre des Hauptanspruchs 1 herangezogen, so ergibt sich für den Fachmann, dass es sich bei dem in Patentanspruch 1 erwähnten „Rohrstück„, welches die Innenklemmung des Adapters aufnehmen soll, keineswegs zwingend um das Rohrstück für das Sattelstützrohr handeln muss, sondern dass als „Rohrstück„ ebensogut das Schaftrohr der Vorderradgabel – wie im Unteranspruch 6 beschrieben – in Betracht kommt.

Eine andere Betrachtung würde – für den Fachmann erkennbar – auch dem sachlichen Gehalt der im Klagepatent unter Schutz gestellten Erfindung nicht gerecht. Anliegen der Erfindung ist es nicht nur, eine Spritzschutzbefestigung für den Hinterradbereich zur Verfügung zu stellen. Gegenüber der bekannten Schellenbefestigung am Sattelstützrohr hat die Erfindung zwar auch hier ihre Vorzüge, weil die Innenklemmung eine einfache Fixierung des Spritzschutzes für das Hinterrad im Rohrstück des Stützrohres erlaubt. Die Erfindung des Klagepatents geht jedoch weiter. Sie kritisiert neben dem unzureichenden Spritzschutz für das Hinterrad auch die für die Vorderradgabel bekannten Innenklemmungen als unzureichend, weil die im Stand der Technik geläufigen Spreiz- oder Klemmelemente lediglich einen geringen Durchmesserbereich abdecken können und deshalb nicht universell einsetzbar sind. Bereits für die Vordergabel, deren Schaftrohr von Fahrradmodell zu Fahrradmodell im Innendurchmesser variieren kann, müssen deshalb – wie die Klagepatentschrift ausführt – unterschiedliche Größen von Spreiz- oder Klemmelementen vorrätig gehalten werden. Wegen des geringen Spreizbereiches können die Elemente erst recht nicht für das deutlich größer dimensionierte Rohrstück des Sattelstützrohres verwendet werden. Bereits diese Kritik am Vorbekannten zeigt, dass das Klagepatent auch für den Vorderradgabelbereich Handlungs- und Verbesserungsbedarf sieht, was schon für sich die Annahme verbietet, das Klagepatent nehme Spritzschutze für den Vorderradbereich aus. Erst recht gilt dies angesichts der in der Klagepatentschrift enthaltenen Aufgabenformulierung, die ausdrücklich klarstellt, dass es der Erfindung darum geht, einen Adapter mit Innenklemmung zur Verfügung zu stellen, „der für alle möglichen Innendurchmesser von Rohren tauglich ist„. Gemeint sind hiermit offensichtlich sämtliche Hohlrohre eines Fahrrades, die für eine Innenklemmung des Spritzschutzadapters in Frage kommen, was das Rohrstück für das Sattelstützrohr ebenso einschließt wie das Schaftrohr der vorderen Gabel. Folgerichtig befasst sich auch der Beschreibungstext an vielen Stellen mit einem Spritzschutz für das Vorderrad, dessen Adapter auf die erfindungsgemäße Weise im Gabelschaftrohr verklemmt wird. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang beispielsweise auf die Absätze 0031, 0033, 0037 und 0044.

II.

Die angegriffenen Vorderradschutzbleche der Beklagten machen von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Die Beklagte selbst stellt dies nur mit der Argumentation in Abrede, dass das Klagepatent auf Spritzschutze für das Hinterrad beschränkt sei, deren Adapter im Rohrstück für das Sattelstützrohr verklemmt werden. Nachdem diese Argumentation – wie vorstehend dargelegt – zurückzuweisen ist, kann der Benutzungstatbestand nicht zweifelhaft sein. Für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre genügt es, dass die Beklagte eine Innenklemmung verwendet, die in der erfindungsgemäßen Art und Weise im Gabelschaftrohr der Vorderradgabel verklemmt werden kann.

III.

Da die Beklagte somit widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht hat, ist sie dem Kläger gemäß § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet. Die Beklagte hat zumindest fahrlässig gehandelt. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte sie die Verletzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können. Die Beklagte haftet dem Kläger deshalb gemäß § 139 Abs. 2 PatG auf Schadenersatz. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Der Kläger hat deshalb ein rechtliches Interesse daran, dass die Schadenersatzhaftung der Beklagten zunächst dem Grunde nach festgestellt wird (§ 256 ZPO). Damit der Kläger in die Lage versetzt wird, den ihm zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Auskunft über die Herstellungsmengen und Herstellungszeiten kann der Kläger hingegen nicht verlangen, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass die Beklagte die angegriffenen Vorrichtungen selbst herstellt. Bezüglich der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger ist der Beklagten allerdings ein Wirtschaftprüfervorbehalt einzuräumen (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger).

IV.

Es besteht kein Anlass, den Verletzungsrechtsstreit im Hinblick auf das gegen das Klagepatent anhängige Einspruchsverfahren auszusetzen (§ 148 ZPO).

Die Entgegenhaltungen gemäß Anlage B 5 und B 6 offenbaren zwar einen Spritzschutz mit den Merkmalen (1) bis (4). Die Innenklemmung des Adapters erfolgt jedoch nicht – wie im Merkmal (5) des Klagepatents vorgesehen – über zwei getrennte Klemmbacken, die gegeneinander beweglich sind. Keine der Schriften kann dem Durchschnittsfachmann auch eine Anregung geben, die offenbarte Innenklemmung in der erfindungsgemäßen Weise abzuwandeln. Das gleiche gilt für die weitere Entgegenhaltung gemäß Anlage B 7, die – ebenso wie die Schrift nach Anlage B 5 – bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt und in der Beschreibung des Klagepatents gewürdigt ist. Zwar ist in der Entgegenhaltung (Seiten 3, 4) erwähnt, dass anstelle einer in das Gabelschaftrohr einzuführenden Klemmkralle als Halteteil auch ein Spreizdübel verwendet werden kann, und eine derartige Ausführungsform im Unteranspruch 8 gesondert unter Schutz gestellt. Der Beklagten ist jedoch in ihrer Auffassung zu widersprechen, dass mit dem besagten „Spreizdübel„ bereits eine Klemmeinrichtung offenbart sei, deren mindestens zwei getrennte Klemmbacken gegeneinander beweglich sind. Dübel zeichnen sich dadurch aus, dass sie in ihrem Außendurchmesser der Weite des sie aufnehmenden Teils angepasst sind. Notwendig ist dies schon deshalb, weil der Dübel nur auf diese Weise einen hinreichenden Halt im Aufnahmehohlraum findet, der gewährleistet, dass in den Dübel, ohne dass dieser seine Lage verändert, ein Spreizstift oder dergleichen eingedreht oder eingeschlagen werden kann. Der Spreizdübel verhält sich insofern nicht anders als diejenigen vorbekannte Spreizelemente, die nur einen geringen Durchmesserbereich abdecken können. Die Lehre des Klagepatents ist es hingegen, die Innenklemmung dadurch für einen größeren Durchmesserbereich verwendbar zu machen, dass die Klemmelemente gegeneinander beweglich ausgebildet sind, so dass sie in Hohlräumen mit kleinem und größerem Durchmesser zuverlässig verspannt werden können.

Den Weg zu einer solchen Ausgestaltung weist schließlich auch nicht der als Anlage B 8 überreichte Katalog. Die Unterlage befasst sich ausschließlich mit Zubehör für Rennräder, welche typischerweise nicht über Spritzschutze verfügen. Folgerichtig findet sich in dem gesamten Katalog kein einziges Schutzblech. Vor diesem Hintergrund erscheint es bereits fraglich, ob ein Durchschnittsfachmann, der auf der Suche nach einer vorteilhafteren Befestigung von Spritzschutzen ist, den betreffenden Katalog überhaupt zu Rate ziehen wird, weil er wegen der gegebenen Ausrichtung ausschließlich auf Rennräder nicht erwarten kann, dort die in Rede stehenden Zubehörteile (nämlich Spritzschutze) zu finden. Selbst wenn der Fachmann jedoch den Kataloginhalt zur Kenntnis nimmt, erfährt er aus dem Text zu dem von der Beklagten in Bezug genommenen Schalthebel (Seite 18 oben links) lediglich, dass es sich um einen „Powerhebel mit Sperrhebel„ handelt, der in die Lenkerstangenenden montiert wird. Irgendeine Erläuterung dahingehend, wie die Befestigung im einzelnen stattfindet, gibt der Katalog nicht. Auch die zeichnerische Darstellung lässt nicht erkennen, dass mehrere Klemmteile vorhanden sind, die mit Hilfe eines Innenkonus und einer in diesen Konus einzudrehenden Schraube auswärts bewegt werden, um den Hebel im Lenkerinnenrohr zu verspannen. Es erscheint deshalb äußerst zweifelhaft, ob der Fachmann den Katalogangaben die Art und Weise der Hebelbefestigung mit hinreichender Sicherheit entnehmen kann. Es muss deswegen als völlig ungewiss betrachtet werden, ob ein Fachmann – ohne unzulässige rückschauende Betrachtung – aufgrund des vorbekannten Standes der Technik in naheliegender Weise zu der Merkmalskombination des Klagepatents gelangen konnte. Bei dieser Sachlage verbietet sich eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits.

V.

Die Kostenentscheidung ist dem Schlussurteil vorzubehalten.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.