9 O 545/06 – Autohalterung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 479

Landgericht Braunschweig
Urteil vom 10. Mai 2006, Az. 9 O 545/06 (85)

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
2. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert wird auf … € festgesetzt.
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Tatbestand

Die Verfügungsklägerin (nachfolgend Klägerin genannt), nimmt die Verfügungsbeklagte (nachfolgend Beklagte genannt) wegen einer Gebrauchsmusterverletzung in Anspruch.
Herr R. ist Inhaber des deutschen Gebrauchsmusters Nr. …, betreffend einer Haltekonsole mit schwenkbarer Halteplatte (ASt 1). Die Anmeldung erfolgte am … und die Eintragung am …. Prioritätszeitpunkt ist der … (Inanspruchnahme aus …).
Das Gebrauchsmuster wurde abgezweigt aus der europäischen Patentanmeldung EP … (ASt 2).
Der Schutzanspruch 1) des streitgegenständlichen Gebrauchsmusters lautet:
Haltekonsole mit schwenkbarer Halteplatte zur variablen bzw. einstellbaren Halterung von Kleingeräten wie Kleincomputern oder dergl., mit einem Fuß (1) und einer damit über einen Gelenkmechanismus (3) verbundenen Halteplatte (3), an welcher ein Geräteträger oder Gerät anbringbar ist, wobei die Haltekonsole mit einem mechanisch betätigbaren, zwischen einer Lösestellung und einer Arbeitsstellung umschaltbaren Vakuumsaugermechanismus (5) zum Fixieren der Haltekonsole auf einer Anbringungsfläche ausgestattet ist, wobei weiter der Fuß (1) und der Gelenkmechanismus (3) durch eine schachtartig ausgebildete Säule (1) miteinander verbunden sind, und wobei das Innere der schachtartigen Säule die Betätigungsmechanik (53-57) des Vakuumsaugermechanismus aufnimmt, von welchem nur ein Betätigungshebel (51) durch eine Öffnung der Säule herausragt, und eine mittels der Betätigungsmechanik betätigbare Saugmembran (52) im Inneren des Fußes (1) untergebracht ist.

In Figur 2 der Gebrauchsmusterschrift ist die Haltekonsole wie folgt dargestellt:

….
Im Rahmen der Prüfung der europäischen Patentanmeldung EP …, aus dem das Gebrauchsmuster abgezweigt worden ist, vor dem Europäischen Patentamt (nachfolgend EPA genannt), wurde eine Einschränkung des Anspruchs 1) durch Hinzunahme eines Teilmerkmals aus Anspruch 2) und eines aus der Beschreibung stammenden Merkmales vorgenommen.
Die neue Fassung des Anspruchs 1) des europäischen Patents lautet wie folgt:
Haltekonsole mit schwenkbarer Halteplatte zur variablen bzw. einstellbaren Halterung von Kleingeräten wie Kleincomputern oder dergl., mit einem Fuß (1) und einer damit über einen Gelenkmechanismus (3) verbundenen Halteplatte (3), an welcher ein Geräteträger oder Gerät anbringbar ist, wobei die Haltekonsole mit einem mechanisch
betätigbaren, zwischen einer Lösestellung und einer Arbeitsstellung umschaltbaren Vakuumsaugermechanismus (5) zum Fixieren der Haltekonsole auf einer Anbringungsfläche ausgestattet ist, wobei weiter der Fuß (1) und der Gelenkmechanismus (3) durch eine schachtartig ausgebildete Säule (1) miteinander verbunden sind, wobei das Innere der schachtartigen Säule die Betätigungsmechanik (53-57) des Vakuumsaugermechanismus aufnimmt, von welchem nur ein Betätigungshebel (51) durch eine Öffnung der Säule herausragt, und eine mittels der Betätigungsmechanik betätigbare Saugmembran (52) im Inneren des Fußes (1) untergebracht ist,
und wobei die Betätigungsmechanik einen an der Saugmembran (52) angeordneten Schaft (53) aufweist, an welchem ein mit dem Betätigungshebel (51) verbundener Hebelnocken (57) innerhalb der Säule (2) angreift, sowie eine Führungshülse, in der dieser Schaft aufgenommen ist.

Auf dieser Basis soll das europäische Patent erteilt werden und am 12.04.2006 wirksam werden (siehe Entscheidung des EPA vom 02.03.2006 – ASt 14).
Die Klägerin geht aus dieser geänderten Anspruchsfassung des Gebrauchsmusters (geänderter Anspruchswortlaut ist noch nicht beim Patentamt eingereicht) gegen die Beklagte vor.
Der Gebrauchsmusterinhaber ist Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin. Die Klägerin trägt vor, dass Herr Harald Richter die Nutzung des Gebrauchsmusters ausschließlich an die Klägerin übertragen hat. Dieses hat der Patentanwalt der Klägerin eidesstattlich versichert. Die Klägerin stellt u.a. Haltekonsolen her und vertreibt diese.
Die Beklagte ist ein amerikanisches Unternehmen, welches Zubehör wie Haltekonsolen vertreibt (s. Katalog ASt 12). Die Beklagte hat eine Internetseite (ASt 3) und hat auf dieser mitgeteilt, dass sie auf der Messe Cebit ausstellen wird, und zwar auch den streitgegenständlichen Verletzungsgegenstand. Der Verletzungsgegenstand ist bildlich wie folgt dargestellt:

Die Klägerin trägt vor, dass sie mit Schreiben des Patentanwalts vom 26.01.2006 die Beklagte auf das Klagegebrauchsmuster hingewiesen habe. Auf eine Abmahnung des Patentanwalts der Klägerin kurz vor Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung habe die Beklagte nicht reagiert, sondern auf ihrem Messestand den angegriffenen Verletzungsgegenstand angeboten. Die Klägerin ist der Ansicht, dass ein Verfügungsgrund bestehe, da durch die Internetabbildung und den Hinweis auf den Messeauftritt Begehungsgefahr bestehe. Der angegriffene Verletzungsgegenstand verletze den Schutzanspruch 1) des Klagegebrauchsmusters in der aufgrund des Erteilungsverfahrens vor dem EPA geänderten Fassung des Anspruchs 1).
Die Klägerin beantragt,
der Beklagten wird unter Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 € ver- boten, Haltekonsolen mit schwenkbarer Halteplatte zur variablen bzw. ein- stellbaren Halterung von Kleingeräten wie Kleincomputern oder dergleichen, auszustellen, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen, die folgende Merkmale haben:
– Einen Fuß und eine damit über den Gelenkmechanismus, nämlich einen in einem Universalgelenk endigenden, kurzen biegsamen Schwanenhals, verbundene Halteplatte, an welcher ein Geräteträger anbringbar ist,
– die Haltekonsole hat einen mechanisch betätigbaren, zwischen einer Lösestellung und einer Arbeitsstellung umschaltbaren Vakuumsaugermechanismus zum Fixieren der Haltekonsole auf einer Anbringungsfläche,
– der Fuß und der Gelenkmechanismus sind durch eine schachtartige ausgebildete Säule miteinander verbunden,
– das Innere der schachtartigen Säule nimmt die Betätigungsmechanik des Vakuumsaugermechanismus auf, von welchem nur ein Betätigungshebel durch eine Öffnung der Säule herausragt, und eine mittels der Betätigungsmechanik betätigbare Saugmembran ist im Inneren des Fußes untergebracht,
– die Betätigungsmechanik weist einen an der Saugmembran angeordneten Schaft auf, an welchem ein mit dem Betätigungshebel verbundener Hebelnocken innerhalb der Säule angreift, sowie eine Führungshülse, in der dieser Schaft aufgenommen ist,

insbesondere nach Maßgabe der folgenden Abbildungen:

Die Beklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass es wegen des Schreibens des Patentanwalts der Klägerin vom 26.01.2006 bereits an der Dringlichkeit fehle. Ferner erfülle der angegriffene Verletzungsgegenstand nicht sämtliche Merkmale des Klageschutzanspruchs.
Zum einen sei das Merkmal „wobei weiter der Fuß (1) und der Gelenkmechanismus (3) durch eine schachtartig ausgebildete Säule (1) miteinander verbunden sind“ nicht gegeben. Bei dem Schwanenhals, der Teil des angegriffenen Verletzungsgegenstandes sei, handele es sich nicht um einen Gelenkmechanismus. Ferner sei das Merkmal „eines mittels der Betätigungsmechanik betätigbare Saugmembran ist im Inneren des Fußes untergebracht“ nicht vorhanden. Die Saugmembran befinde sich bei der angegriffenen Ausführungsform außerhalb des Fußes. Im übrigen sei das Gebrauchsmuster im Hinblick auf die US-Schrift A-6,234,435 (Ast 9) aus den Gründen des Bescheides des EPA vom 22.06.2005 (ASt 13) nicht schutzfähig.
Mit Schriftsatz vom 21.04.2006 hat die Klägerin mitgeteilt, dass das europäische Patent aufgrund des veröffentlichten Hinweises auf die Patenterteilung am 12.04.2006 seit diesem Datum wirksam in Kraft steht und verweist diesbezüglich auf die Anlagen ASt 15 bis 17. Insoweit werde der Verfügungsantrag auch auf das wirksam gewordene europäische Patent gestützt.
Ferner beantragt die Klägerin in diesem Schrfitsatz Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bzw. Übergang in das schriftliche Verfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2006 (Bl.45-47).

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zurückzuweisen, da kein Verfügungsanspruch besteht.
Ein Unterlassungsanspruch gemäß der §§ 11, 24 GebrMG wäre nur dann gegeben, wenn die angegriffene Ausführungsform der Haltkonsole den Schutzanspruch 1) des Gebrauchsmusters verletzt. Das ist vorliegend nicht der Fall.

1.
Das Gebrauchsmuster betrifft eine Haltekonsole mit schwenkbarer Halteplatte zur variablen bzw. einstellbaren Halterung von Kleingeräten wie Kleincomputern, mobile Navigationsgeräte, Funktelefone und dergleichen. Derartige Haltekonsolen finden in Kraftfahrzeugen Anwendung um diese Kleingeräte am Armaturenbrett, Mittelkonsole oder dergleichen zur bequemen Benutzung zu halten. Dabei soll die Haltekonsole je nach räumlicher Relation von Benutzer und Anbringungsort einstellbar sein. Bekannt sind Haltekonsolen, die einen Fuß und eine damit über ein Kugelkopfgelenk verbundene Halteplatte aufweisen. Die Halteplatte ist relativ zum Fuß schwenk- und drehbar. Damit kann ein auf der Halteplatte fixiertes Gerät auf einfache Weise in eine beliebige Position gebracht werden. Aus der US-Schrift , US-… ist eine Haltekonsole bekannt mit einem Fuß, der einen Vakuumsaugermechanismus enthält, und einer schwenkbaren Halteplatte , wobei die Halteplatte über einen biegsamen Arm mit einem Fuß verbunden ist. Die Verbindung zwischen dem biegsamen Arm und dem Fuß erfolgt über eine an dem Fuß angeformte Hülse, die auch einen Teil der Betätigungsmechanik des Vakuumsaugermechanismus aufnimmt und aus dem der Betätigungshebel herausragt. Aufgabe der Erfindung ist es, eine Haltekonsole dieser grundsätzlichen Art zu schaffen, die besonders leicht am jeweiligen Verwendungsort anzubringen ist, eine variabel verstellbare, aber sichere Halterung des jeweiligen Gerätes gewährleistet, und trotz der notwendigen technischen Merkmale eine formschöne Gestaltung aufweist.
Die Gliederung des Schutzanspruchs 1) ( unter Hinzunahme des Schutzanspruchs 2) wegen der geänderten Fassung des Patentanspruchs 1) der europäischen Patentanmeldung ) ist wie folgt:

– Haltekonsole mit schwenkbarer Halteplatte zur variablen bzw. einstellbaren Halterung von Kleingeräten wie Kleincomputern oder dergleichen
– 1. mit einem Fuß (1) und
– 2. einer damit über einen Gelenkmechanismus (4) verbundenen Halteplatte (3),
– 3. an welcher ein Geräteträger oder Gerät anbringbar ist,
– 4. wobei die Haltekonsole mit einem mechanisch betätigbaren, zwischen einer Lösestellung und einer Arbeitsstellung umschaltbaren Vakuumsaugermechanismus (5) zum Fixieren der Haltekonsole auf einer Anbringungsfläche ausgestattet ist,
– 5. wobei der Fuß (1) und der Gelenkmechanismus (3) durch eine schachtartig ausgebildete Säule (2) miteinander verbunden sind,
– 6. wobei das Innere der schachtartigen Säule die Betätigungsmechanik (53-57) des Vakuumsaugermechanismus aufnimmt,
– 6.1 von welchem nur ein Betätigungshebel (51) durch eine Öffnung der Säule herausragt, und
– 6.2 eine mittels der Betätigungsmechanik betätigbare Saugmembran im Inneren des Fußes (1) untergebracht ist,
– 7. wobei die Betätigungsmechanik einen an der Saugmembran (52) angeordneten Schaft (53) aufweist,
– 7.1 an welchem ein mit dem Betätigungshebel (51) verbundener Hebelnocken (57) innerhalb der Säule (2) angreift
– 7.2 sowie eine Führungshülse, in der dieser Schaft aufgenommen ist

2.
Die angegriffene Ausführungsform weist das Merkmal 5 „wobei weiter der Fuß und der Gelenkmechanismus durch eine schachtartig ausgebildete Säule (2) miteinander verbunden sind“ nicht auf. Bei der in Augenscheinnahme der angegriffenen Ausführungsform im Termin zur mündlichen Verhandlung und aufgrund der Abbildung der angegriffenen Ausführungsform ist zu sehen, dass diese Haltekonsole nicht nur aus einem Fuß, einer Säule und einem daran anschließenden Gelenkmechanismus besteht. Es kommt zunächst der Fuß, dann einen Säule, ein Schwanenhals und im Anschluss daran eine Kugelgelenkkonstruktion mit der entsprechenden Haltevorrichtung.
Soweit die Klägerin der Ansicht ist, dass der Schwanenhals Teil des Gelenkmechanismus sei, und damit eine Verbindung zwischen Fuß, Säule und Gelenkmechanismus vorliege, ist dieses unzutreffend. Diese Auslegung entspricht nicht dem Sinngehalt des streitgegenständlichen Schutzanspruchs der Gebrauchsmusterschrift. Die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs des Gebrauchsmusters gemäß § 12a GebrMG ist der durch Auslegung zu ermittelnde Inhalt der Schutzansprüche, zu deren Verständnis Beschreibungen und Zeichnungen heranzuziehen sind (Busse, PatG, .6. Aufl., § 14 PatG, Rdnr. 43; BGB GRUR 1986, 803, 805 – Formstein; BGH GRUR 1988, 896, 898 – Ionenanalyse; BGH – Urteil vom 07.09.2004, Aktenzeichen XZR 255/01 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; insoweit kann auf die Kommentierung und Rechtsprechung zu § 14 PatG verwiesen werden, da diese Rechtsprechung auch auf § 12a GebrMG anzuwenden ist).
a)
Die Interpretationsweise der Klägerin findet zunächst keinen Anhaltspunkt in dem Wortlaut des Anspruchs, der für die wortsinngemäße Auslegung zunächst heranzuziehen ist. Dabei ist bei der Ermittlung der Bedeutung der gewählten wortmäßigen Formulierung des Merkmals 5 nicht die allgemeine sprachliche oder logisch wissenschaftliche Begriffsbestimmung, sondern der technische Sinn, d.h. der Erfindungsgedanke unter Ermittlung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich aus dem Gebrauchsmuster ergeben, maßgeblich (BGB GRUR, 1975, 422 –Streckweise II; BGB GRUR 1964, 612 –Bierabfüllung).
Der Wortlaut des Merkmals 5 enthält zunächst keine ausdrückliche Regelung darüber, dass der Gelenkmechanismus, der mit dem Fuß durch eine schachtartig ausgebildete Säule verbunden ist, zum Teil aus einem Schwanenhals bestehen kann. Eine schachtartig ausgebildete Säule ist sprachlich nicht in Einklang zu bringen mit der Ausbildung als Schwanenhals. Denn ein Schwanenhals ist grundsätzlich nicht in Form eines Schachts ausgebildet. Das würde auch der nicht der technischen Funktion des Schwanenhalses (biegsames Element) entsprechen. Insofern spricht allein der Wortlaut des Merkmals 5 nicht für die Interpretationsweise der Klägerin.
b)
Auch die Beschreibung der Aufgabe der Erfindung in der Gebrauchsmusterschrift stützt die klägerische Ansicht nicht. Gemäß Seite 1 Zeile 25 ff. der Gebrauchsmusterschrift ist es Aufgabe der Erfindung, eine variabel verstellbare, aber sichere Halterung des jeweiligen Gerätes zu gewährleisten. Ferner heißt es in der Beschreibung auf Seite 2, 1. Absatz:
„Die erfindungsgemäße Konstruktion bildet die Verbindung zwischen dem Fuß und der Gelenkanordnung der Haltekonsole als schachtartiges Gehäuse aus, ….“
Insbesondere dieser Satz macht deutlich, dass bei der erfindungsgemäßen Haltekonsole der gesamte Bereich zwischen Fuß und Gelenkanordnung schachtartig ausgebildet ist.
Sodann wird in der Beschreibung auf Seite 2, 2. Absatz der Gebrauchsmusterschrift, die Gelenkmechanik beschrieben, und zwar wie folgt (Zeile 6 ff.):
„Die Ausbildung der Gelenkmechanik stellt sicher, dass zwar eine universelle Einstellbarkeit der Position des aufgenommenen Gerätes in allen Orientierungen möglich ist, die eingestellte Position aber auch dann sicher beibehalten wird, wenn Erschütterungen auftreten, wie das beim Einsatz in Kraftfahrzeugen regelmäßig der Fall ist.“
Das bedeutet, dass mittels der erfindungsgemäßen Gelenkmechanik gewährleistet sein soll, dass die Position sicher eingehalten wird bei Erschütterungen. Dieses wäre bei einer Ausbildung der Gelenkmechanik mittels eines Schwanenhalses gerade nicht der Fall. Dies ist zum einen dadurch bedingt, dass der Schwanenhals nicht über die gleiche Festigkeit verfügt wie das schachtartige Gehäuse. Der Schwanenhals verlängert auch den Abstand zwischen Fuß und Gelenkmechanismus. Jede weitere Verlängerung dieses Bereichs hat zur Folge, dass die Festigkeit verringert wird. Aufschluss über die erfindungsgemäße Ausgestaltung gibt auch die Beschreibung auf Seite 4 Zeile 10 ff. Dort heißt es u.a.:
„… eine stabile, steife und verwindungssichere Verbindung zwischen Fuß und Gelenkmechanismus. Damit wird einem Schwingen oder Vibrieren entgegengewirkt .. . Gleichzeitig führt die Anordnung zu einem geschlossenen, kompakten und formschöneren Erscheinungsbild.“
Auch dieses spricht dagegen, dass die angegriffene Haltekonsole das Merkmal 5 des Schutzanspruchs verletzt, denn die angegriffene Haltekonsole, die über den Schwanenhals verfügt, verfügt gerade nicht über ein geschlossenes, kompaktes und formschöneres Erscheinungsbild. Auch sämtliche Zeichnungen, beispielhaft dazu die Abbildung in Figur 2 gehen von einem direkten Anschluss der Säule an den eigentlichen Gelenkmechanismus aus.
Die jetzige Interpretationsweise der Klägerin widerspricht im übrigen ihrem eigenen Vortrag in dem Schreiben vom 29.06.2005 an das EPA (Anlagenkonvolut ASt 13). Dort heißt es auf Seite 3:
„Beim Gegenstand der D1 (US-Patent …B1 – Anlage ASt 9) wird dieser Abstand durch die Länge des biegsamen Armes hergestellt und überbrückt, beim Erfindungsgegenstand hingegen durch die schachtartige Säule……. Mit der erfindungsgemäßen Haltekonsole wird damit eine sehr starre und steife Verbindung zwischen Halteplatte und Fuß hergestellt. Das ist bei D1 (US-Patent … B1 – Anlage ASt 9, siehe dort auch die Zeichnungen, die einen Schwanenhals zeigen) nicht der Fall. Die dort durch den biegsamen Arm hergestellte Verbindung zwischen Fuß und Halteplatte kommt ganz offensichtlich nicht einmal entfernt an die Steifigkeit der schachtartigen Säule des Anmeldungsgegenstands heran.“
Diese Ausführungen des Patentanwalts der Klägerin zeigen, dass dieser das ursprünglich gleichlautende europäische Patent so verstanden wissen wollte, dass ein wesentlicher Gedanke der Erfindung die starre und steife Verbindung zwischen Halteplatte und Fuß ist. Eine Haltekonsole, bei der die Verbindung zwischen Fuß und Gelenkmechanismus u.a. durch einen Schwanenhals ausgestaltet ist, kann diese starre und steife Verbindung gerade nicht gewährleisten.
Damit wollte sich das Patent – und somit auch das aus dem Patent abgezweigte Klagegebrauchsmuster- von dem Stand der Technik aus der US-Schrift (US-Patent … B 1- Anlage Ast 9), wo ein Schwanenhals Bestandteil der Verbindung zwischen Fuß und Gelenkmechanismus ist, abgrenzen.
3.
Bei der angegriffenen Haltekonsole ist auch das Merkmal 6.2 „eine mittels der Betätigungsmechanik betätigbare Saugmembran ist im Inneren des Fußes (1) untergebracht“ nicht erfüllt. In der Beschreibung heißt es dazu auf Seite 2, 1. Absatz der Gebrauchsmusterschrift:
„Die erfindungsgemäße Konstruktion bildet die Verbindung zwischen dem Fuß und der Gelenkanordnung der Haltekonsole als schachtartiges Gehäuse aus, das einen Saugermechanismus aufnimmt und damit nicht nur eine steife und verwindungsfeste Verbindung herstellt, sondern zugleich den Saugermechanismus geschützt und unsichtbar unterbringt.“
Auf Seite 4, 2. Absatz heißt es dazu:
„Die Saugmembran (52) des Vakuumsaugermechanismus (5) ist im Hohlraum des Fußes (1) untergebracht, während die Betätigungsmechanik des Vakuumsaugermechanismus im Hohlraum der schachtartig ausgebildeten Säule (2) angeordnet ist. Der gesamte Vakuumsauger samt seiner Betätigungsmechanik ist damit unsichtbar im Inneren der Haltekonsole untergebracht.“
Bei Ansicht der Abbildung der angegriffenen Haltekonsole ist festzustellen, dass sich dort die Saugmembran nicht im Inneren des Fußes befindet, sondern auch außerhalb. Das ist auch auf der klägerischen Abbildung (ASt 4) gut zu erkennen. Dort ist zu sehen, dass sich die Saugmembran außerhalb des Fußes befindet. Die Klägerin hat die Saugmembran als solches auch beschriftet.
Die Auslegung des Merkmals „Saugmembran im Inneren des Fußes“ wird auch durch die Zeichnungen in Figur 2 und 3 gestützt. Dort ist gut zu erkennen, dass der Saugmechanismus sich innerhalb des Fußes befindet. Das erschließt sich, wenn man die den Saugmechanismus beschreibenden Ziffern (52-56 und 5) entsprechend der Beschreibung zuordnet.
4.
Da die angegriffene Haltekonsole nicht alle Merkmale des Schutzanspruchs erfüllt, kann vorliegend die durchaus interessante und umstrittene Frage, ob die Klägerin ohne Änderung des Schutzanspruchs 1) und 2) der ursprünglichen Gebrauchsmusteranmeldung aus dieser neuen Anspruchsfassung vorgehen kann (vgl. Loth, § 12 a GebrMG, Rdnr. 13, Mees, PatG, 3. Aufl., § 12a GebrMG, Rdnr. 10, Nieder, GRUR 1999, 222, BGH GRUR 2003, 867 – Momentanpol) dahingestellt bleiben. Selbst wenn man entsprechend der Entscheidung des BGH (BGH GRUR 2003, 867 – Momentanpol) davon ausgehen würde, dass der Gebrauchsmusterinhaber im Verletzungsstreit auch dann einen eingeschränkten Schutz geltend machen könnte, wenn die eingeschränkten Schutzansprüche beim Patentamt nicht eingereicht worden sind, bestünden im vorliegenden Fall deshalb Zweifel , weil es sich hier nicht um die Geltendmachung im normalen Klageverfahren handelt, sondern um die Geltendmachung im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens. Letztlich kann diese Frage jedoch aus den oben genannten Gründen dahinstehen.
5.
Unabhängig davon, dass nach Ansicht der Kammer nicht sämtliche Merkmale des (noch neuen) Schutzanspruchs erfüllt sind, kann sich die Klägerin zur Begründung ihres einstweiligen Verfügungsantrages nicht auf das nunmehr mit Wirkung zum … 2006 erteilte europäische Patent berufen. Im einstweiligen Verfügungsverfahren entscheidet das Gericht nach dem Sach- und Streitstand, der bei Schluss der mündlichen Verhandlung vorlag (Zöller, ZPO-Kommentar, 25. Aufl., § 925 Rdnr. 3). Der Schluss der mündlichen Verhandlung war am 31.03.2006. Zu diesem Zeitpunkt war das europäische Patent noch nicht erteilt. Die Erteilung erfolgte – nach dem Vortrag der Klägerin unstreitig – erst am 12.04.2006 (vgl. europäische Patentschrift ASt 15).

Eine Wiedereröffnung des Verfahrens gemäß § 156 ZPO kommt im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht in Betracht. Das ergibt sich bereits aus dem Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes. Ein einstweiliger Rechtsschutz kann nicht gewährt werden, wenn dem Gericht die Wiedereröffnung der Verhandlung gemäß § 156 ZPO offenstehen würde. Das verkennt die Klägerin offensichtlich.

6.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 6 ZPO. Der Streitwert war entsprechend dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin gemäß §§ 51, 53 GKG, 3 ZPO festzusetzen.