Landgericht Braunschweig
Urteil vom 6. September 2006, Az. 9 O 3288/05 (466)
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 100.000,00 €
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Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen einer Patentverletzung in Anspruch.
Die Klägerin ist – nach Übertragung (Anlage K 2) – eingetragene Inhaberin des am … angemeldeten und am … veröffentlichten deutschen Patentes Nr. … betreffend ein Verfahren zur Durchführung von Konstanzprüfung an für Diagnosezwecke eingesetzten Röntgengeneratoren. Das Patent steht in Kraft.
Anspruch 1 des Patents lautet in der erteilten Fassung:
Verfahren zur Durchführung von Konstanzprüfungen an einem für Diagnosezwecke eingesetzten, von einem Rechner, insbesondere von einem Personal-Computer gesteuerten Röntgengenerator mit Belichtungsautomatik, in dessen Strahlengang ein Referenzkörper eingeschaltet ist, bei dem der Prüfvorgang bei Erreichen einer vorgegebenen Dosisgrenze abgeschaltet wird, dadurch gekennzeichnet, dass der Prüfvorgang außer einer automatischen Belichtung mit Belichtungsautomaten mit vorgegebener Abschaltdosis als mit dem Dosimeter der Belichtungsautomatik gemessener Dosis weiter eine freie Belichtung mit vorgegebenem Röhrenstrom und vorgegebener Prüfdauer umfasst, und dass bei jedem Prüfvorgang der Röhrenstrom kontinuierlich gemessen und mit der unabhängig gemessenen Aufnahmedauer die übergegangene Ladung durch Integration des Röhrenstromes über die Aufnahmedauer des Prüfvorganges ermittelt wird, und wobei dem Rechner die Werte „Röhrenstrom in Abhängigkeit von der Zeit“ und „Zeitdauer des Prüfvorganges“ zugeführt werden, der daraus die Ladung, die während des Prüfvorganges geflossen ist, ermittelt und diese Werte mit denen der Anfangsbedingungen vergleicht, die Abweichungen bildet und diese als Prüfprotokoll ausgibt.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Patentschrift (Anlage K 1) Bezug genommen.
Die Beklagte ist Frauenärztin. In ihrer gynäkologischen Praxis betreibt sie eine Röntgenanlage vom Typ … des Herstellers …. Diese Röntgenanlage ist gemäß § 16 Röntgenverordnung auf Konstanz zu prüfen. Diese Prüfung wird seit dem … entsprechend der Vorgaben der DIN … durchgeführt. Dabei werden die vorgeschriebenen arbeitstäglichen, wöchentlichen und monatlichen Prüfungen durch eine Mitarbeiterin der Beklagten sowie zusätzlich eine jährliche Prüfung durch ein beauftragtes Unternehmen vorgenommen.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass das in der DIN vorgeschriebene Verfahren ihr Patent verletze.
Die Klägerin beantragt
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen,
ein Verfahren zur Durchführung von Konstanzprüfungen an einem für Diagnosezwecke eingesetzten, von einem Rechner, insbesondere von einem Personal Computer gesteuerten Röntgengenerator mit Belichtungsautomatik zu verwenden, in dessen Strahlengang ein Referenzkörper eingeschaltet ist, bei dem der Prüfvorgang beim Erreichen einer vorgegebenen Dosisgrenze abgeschaltet wird, dadurch gekennzeichnet, dass der Prüfungsvorgang außer einer automatischen Belichtung mit Belichtungsautomaten mit vorgegebener Abschaltdosis als mit dem Dosismeter der Belichtungsautomatik gemessener Dosis weiter eine freie Belichtung mit vorgegebenem Röhrenstrom und vorgegebener Prüfdauer umfasst, und dass bei jedem Prüfvorgang der Röhrenstrom kontinuierlich gemessen und mit der unabhängig gemessenen Aufnahmedauer die übergegangene Ladung durch Integration des Röhrenstromes über die Aufnahmedauer des Prüfvorganges ermittelt wird, und wobei dem Rechner die Werte „Röhrenstrom in Abhängigkeit von der Zeit„ und „Zeitdauer des Prüfvorganges„ zugeführt werden, der daraus die Ladung, die während des Prüfvorganges geflossen ist, ermittelt, die protokolliert werden und dann mit den Werten der Anfangsbedingungen ( Bezugswerte ) verglichen werden um die Konstanz zu beurteilen;
2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, seit wann sie die vorstehenden unter Ziffer 1. beschriebenen Verletzungshandlungen begangen hat und welchen Umsatz sie seitdem mit Mammographien erzielt hat, unter Angabe der insoweit abzugsfähigen Kosten,
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Verletzung der in Ziffer 1. bezeichneten und ab dem … begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird,
hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine Bereicherungsausgleich für die Verwendung ab dem … des in Ziffer 1 näher –bezeichneten Verfahrens zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass das von ihr verwendete und von der DIN vorgegebene Verfahren das Patent nicht verletze.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2006 Bezug genommen.
Die Erteilungsakten des Deutschen Patent- und Markenamtes (…) waren von der Kammer beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
1.
Das Landgericht Braunschweig ist sachlich gemäß § 143 Abs. 1 PatG und örtlich gemäß § 12 ZPO, § 143 Abs. 2 PatG i. V. m. § 12 der ZuständigkeitsVO zuständig. Die Beklagte wohnt in Niedersachsen.
2.
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Durchführung von Konstanzprüfungen an einem für Diagnosezwecke eingesetzten, von einem Rechner, insbesondere von einem Personal-Computer gesteuerten Röntgengenerator mit Belichtungsautomatik, in dessen Strahlengang ein Referenzkörper eingeschaltet ist, bei dem der Prüfvorgang bei Erreichen einer vorgegebenen Dosisgrenze abgeschaltet wird.
Röntgengeneratoren werden für Diagnosezwecke eingesetzt und haben die Aufgabe, eine für Patienten unbedenkliche Strahlungsdosis abzugeben, die jedoch für diagnostische Aufnahmen ausreichend ist und hinreichende Schwärzungen des Filmes liefert. Um eine einfache Bedienung zu erreichen, werden diese Röntgengeneratoren mit einer Belichtungsautomatik gesteuert, wobei ein dem Objekt nachgeschaltetes Dosimeter dann abschaltet, wenn die für die gewünschte Aufnahme notwendige Dosis appliziert ist; daneben besteht auch die Möglichkeit einer freien Belichtung. Für die Steuerung werden häufig auch Rechner, insbesondere auch Personal-Computer eingesetzt. Derartige Röntgenanlagen sind z. B. aus … oder … bekannt. Um über ihre Betriebszeit konstante Belichtungsbedingungen zu erreichen, werden solche Röntgengeneratoren in regelmäßigen Zeitabständen auf „Konstanz“ überprüft, wobei durch diese Überprüfung sichergestellt werden soll, dass der Betriebszustand dem Anfangszustand entspricht, und Strahlungsemission und Strahlungsspektrum gegenüber den Anfangsbedingungen ungeändert (oder nur in einem tolerierbaren Rahmen verändert) sind.
Diese Konstanzprüfung wird nach dem Stand der Technik an Hand von Prüfaufnahmen vorgenommen. Dabei wird ein Schwächungskörper mit einem relativen Referenzdosimeter auf dessen Strahlungs-Eintrittsseite fokusnah in den Strahlengang eingebracht und filmnah eine Strukturplatte auf der Tischfläche positioniert. Mit dieser Anordnung werden pro Anwendungsgerät je eine Aufnahme mit freier Belichtung (Röhrenspannung in kV, Röhrenstrom in mA, Belichtungsdauer in Sekunden oder übergegangene Ladung als mAs-Produkt) und mit Belichtungsautomatik (Erreichen einer bestimmten, vorgegebenen Dosis in Filmebene) bei Röhrenspannung von 70 und von 100 kV durchgeführt. Neben der Überprüfung der Strahlgeometrie, bei der die Übereinstimmung von Röntgenfeld und Lichtfeld sowie die Zentralstrahl-Abweichung überprüft werden, wird als wesentliches Element für die Konstanz eine Korrelation von relativ bestimmter Dosis auf der Strahleneintrittsseite des Schwächungskörpers zur densitometrisch gemessenen Filmschwärzung (optische Dichte) der Prüfaufnahme überprüft, wobei die Konstanz als vorhanden gilt, wenn sich alle Parameter innerhalb vorgegebener Grenzwerte bewegen. Das wesentliche Problem dieser Konstanzprüfung ist, dass hier drei unterschiedliche Systeme mit eigenen Schwankungs- und Fehlermöglichkeiten verknüpft werden, um ein System, die Röntgenanlage, zu überprüfen.
Herkömmlichen Konstanzprüfungen, denen die densitometrisch gemessene Filmschwärzung zugrunde liegt, zeigen, dass die mit einem Absolut-Dosimeter gemessene Dosis in Filmebene und die Filmschwärzung gut korrelieren, während sich bei Messungen vor der Strukturplatte erhebliche, nicht mehr tolerierbare Abweichungen ergeben. Diese Abweichungen zeigen, dass die Dosis in Filmebene durch zusätzliche Einflüsse bestimmt wird (Markgraf, Bark: Konstanzprüfung an diagnostischen Röntgenanlagen; ZS Med. Phys. l (1991) S.183-188).
Als nachteilig wird angesehen, dass die Konstanzprüfung eine densitometrisch zu bestimmende Filmschwärzung voraussetzt, was zum einen einen erheblichen Filmverbrauch zur Folge hat, und bei dem zum anderen die Densitometrie einen erheblichen Aufwand an geschultem Personal sowie an Arbeitszeit erfordert. Schließlich hängt das Ergebnis von Schwankungen der Filmqualität und von Entwicklungseinflüssen ab, die – summiert – zu einem erheblichen Fehler führen können und bezüglich der nachzuweisenden Konstanz Werte vortäuschen, die nicht gegeben sind.
Hier setzt die Erfindung ein, der die Aufgabe zugrunde liegt, das bekannte Verfahren so weiterzubilden, dass bei der Konstanzprüfung der Röntgenanlage die Anzahl der Filmaufnahmen auf das für die Überprüfung der Strahlgeometrie notwendige reduziert werden kann und dass diese Konstanzprüfung einfach und wirtschaftlich auch von lediglich eingewiesenem Personal durchführbar ist, und – in Weiterführung der Aufgabenstellung – dass diese Konstanzprüfung unmanipulierbar ist.
Zur Lösung schlägt das Klagepatent eine Druckeinrichtung einen Anspruch vor, der sich wie folgt gliedern lässt:
Oberbegriff
1.
Verfahren zur Durchführung von Konstanzprüfungen an einem für Diagnosezwecke
eingesetzten Röntgengenerator
1.1
der Röntgengenerator wird von einem Rechner, insbesondere einem Personal-Computer gesteuert
1.2
der Röntgengenerator weist eine Belichtungsautomatik auf
2.
In den Strahlungsgang des Röntgengenerators ist ein Referenzkörper eingeschaltet
3.
Der Prüfvorgang wird bei Erreichen einer vorgegebenen Dosisgrenze abgeschaltet.
Kennzeichen
4.
Der Prüfvorgang umfasst
4.1
eine automatische Belichtung mit Belichtungsautomaten mit vorgegebener Abschaltdosis als mit dem Dosimeter der Belichtungsautomatik gemessene Dosis
4.2
weiter eine freie Belichtung mit vorgegebenen Röhrenstrom und vorgegebener Prüfdauer
5.
Bei jedem Prüfvorgang wird der Röhrenstrom kontinuierlich gemessen
6.
Die Aufnahmedauer wird unabhängig gemessen
7.
Die übergegangene Ladung wird durch Integration des Röhrenstroms über die Aufnahmedauer des Prüfvorganges ermittelt
7.1
wobei dem Rechner die Werte „Röhrenstrom in Abhängigkeit von der Zeit“ und „Zeitdauer des Prüfvorgangs“ zugeführt werden.
7.2
und der Rechner daraus die Ladung die während des Prüfvorganges geflossen ist, ermittelt
7.3
Der Rechner vergleicht diese Werte mit denen der Anfangsbedingungen.
7.4
Der Rechner bildet Abweichungen
7.5
Der Rechner gibt die Abweichungen als Prüfprotokoll aus.
3.
a)
Das von der Beklagten verwendete Verfahren macht unstreitig von dem Merkmalen 1 bis 3 Gebrauch.
b)
Es wird auch von dem Merkmal 4 Gebrauch gemacht.
aa)
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH gelten für die Auslegung von Patentansprüchen folgende Grundsätze:
Nach § 14 PatG bzw. Art. 69 EPÜ wird der Schutzbereich des Patents durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt, zu deren Auslegung die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind. Die Auslegung der Patentansprüche dient nicht nur der Behebung etwaiger Unklarheiten, sondern auch zur Erläuterung der darin verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der dort beschriebenen Erfindung. Abzustellen ist dabei auf die Sicht des Fachmanns, von dessen Verständnis bereits die Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche einschließlich der dort verwendeten Begriffe abhängt und das auch bei der Feststellung des über den Wortlaut hinausgehenden Umfangs des von den Patentansprüchen ausgehenden Schutzes maßgebend ist. Bei der Prüfung der Frage, ob die im Patent unter Schutz gestellte Erfindung benutzt wird, ist daher zunächst unter Zugrundelegung dieses Verständnisses der Inhalt der Patentansprüche festzustellen, d.h. der dem Anspruchswortlaut vom Fachmann beigelegte Sinn zu ermitteln.
Allerdings wird stets zu berücksichtigen sein, dass Patentschriften im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon darstellen, die Begriffe abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch benutzt werden können und dass letztlich nur der aus der Patentschrift sich ergebende Begriffsinhalt maßgeblich ist. Deshalb wird für einen Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch um so weniger Raum sein, desto eindeutiger der Wortlaut des Merkmals und seine Bestimmung aus dem Inhalt der Patentschrift erscheint (BGH GRUR 1999, 909 Spannschraube).
bb)
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt folgendes. Nach dem Wortlaut des Patentanspruchs ist es erforderlich, dass die Prüfung mit Belichtungsautomatik und als Freibelichtung innerhalb eines Prüfvorgangs gemeinsam durchgeführt wird. Dieses Verständnis wird durch den Schriftsatz im Erteilungsverfahren vom … (Erteilungsakte Bl. 77) gestützt. Dort heißt es, dass das ursprünglich offenbarte „oder“ durch ein „und“ ersetzt wird. So „dass der Prüfvorgang beide Aufnahmearten umfasst, was eine Beschränkung hinsichtlich des ursprünglichen Patentbegehrens bedeutet“.
Der Einwand der Beklagten, bei den Prüfungen würden nicht immer beide Belichtungsarten zusammen eingesetzt, ist im Ergebnis dennoch ohne Bedeutung. Unstreitig (Protokoll vom 18.07.2006) wird zumindest bei der jährlichen Prüfung sowohl eine Messung mit Belichtungsautomatik wie auch eine freie Belichtung durchgeführt. Auch eine Verletzung einmal im Jahr wäre für den Unterlassungsanspruch ausreichend.
c)
Auch das Merkmal 5 wird durch das von der Beklagten angewendete Verfahren mitverletzt. Unstreitig wird der Röntgenstrom gemessen. Weder der Patentanspruch noch die Beschreibung sehen eine bestimmte Art und Weise oder Stelle der Messung vor. Nach den physikalischen Gesetzmäßigkeiten ist es auch unerheblich, wo im Stromkreis der Strom gemessen wird.
d)
Das Merkmal 6 ist unstreitig verwirklicht.
4.
Es ist zwischen den Parteien streitig, ob die Merkmale 7., 7.1 und 7.2 durch die Klägerin verletzt werden. Dies kann offen bleiben, da unstreitig jedenfalls von den Merkmalen 7.3, 7.4 und 7.5 kein Gebrauch gemacht wird.
a)
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass diese Merkmale nicht zum patentierten Hauptanspruch gehören
Einen Teilschutz (Elementesschutz / Schutz einer Unterkombination) kann es nach Auffassung der Kammer nicht geben.
Der Bundesgerichtshof hat es bisher offengelassen, ob unter besonderen Umständen auch eine Ausführungsform unter den Schutzbereich eines Patents fallen kann, bei der zwar von der Mehrzahl der Ansprüche Gebrauch gemacht wird, von einem bestimmten, als unwesentlich erkennbaren Merkmal jedoch nicht. Er hat aber auch ausgeführt, dass es sich allenfalls um einen Ausnahmefall handeln könne. Es bedürfe einer besonders eingehenden Begründung, warum es im Einzelfall auf die Verwirklichung eines durch Aufnahme in den Patentanspruch als wesentlich herausgehobenen Merkmals gleichwohl nicht ankommen soll, und wieso dies mit dem stets zu beachtenden Grundsatz der Rechtssicherheit zu vereinen sei (BGH GRUR 1999, 977 (981) – Räumschild).
Wegen der Verantwortung des Patentinhabers für die Formulierung des Patentanspruchs und des Gebotes der Rechtssicherheit, dass einen potentiellem Benutzer schützen muss, kommt das Weglassen einer ganzen Merkmalsgruppe nicht in Betracht. Die mögliche Erkennbarkeit, dass der zu konkret gefasste Patentanspruch eine allgemeinere Lehre enthalte, reicht vor dem Hintergrund der Maßgeblichkeit des Patentanspruchs nicht aus (vgl. Mes PatG, 2. A. § 14, Rn. 96 ff.; Jestaedt Patentrecht Rn. 852; Benkard-Scharen, PatentG, 10. A. § 14, Rn. 120 ff.)
Eine bloße Überbestimmung (vgl. Mes a.a.O. Rn. 101; Benkard-Scharen a.a.O. Rn. 94 f.) liegt nicht vor, da es sich um ein zusätzliches und selbständiges Merkmal handelt. Die Vorteile einer automatischen Aufnahme der entsprechenden Werte durch einen Rechner liegen für den Fachmann auch auf der Hand. Sie werden auch in der Patentschrift mehrfach erwähnt (Sp. 3, Z 39 ff.; Sp. 6, Z. 32 ff.). Entsprechend der Aufgabe wird es durch den Rechnereinsatz möglich, die Konstanzprüfung einfach und wirtschaftlich durch lediglich eingewiesenes Personal (Sp. 2, Z. 25 f.) durchführen zu lassen (Sp. 3, Z. 39 ff.; Sp. 5, Z. 35 ff. „Alles weitere besorgt der Rechner …“) und die Konstanzprüfung so unmanipulierbar zu machen (Sp. 2, Z. 27; Sp. 3 Z. 46 f.; Sp. 6, Z. 35).
Der Patentanspruch nimmt in mehreren (Unter-)merkmalen auf das Vorhandensein und die Bedeutung der rechnergestützten Auswertung Bezug. Diesem werden die Werte zugeführt. Der Rechner ermittelt daraus die Ladung. Der Rechner vergleicht die Werte mit denen der Anfangsbedingungen. Der Rechner bildet die Abweichungen. Der Rechner gibt die Abweichungen als Prüfprotokoll aus. Auf der Grundlage dieser Formulierung des Patentanspruchs hat die Auffassung der Klägerin, dass dies alles für das Patent keine Bedeutung habe, keine Grundlage.
Für die Bestimmung des Schutzbereiches ist auch zu berücksichtigen, dass die Merkmale 1 bis 6 einschließlich Untermerkmalen bei Anwendung an einer rechnergesteuerten Röntgenapparatur aufgrund der allgemeinen Formulierung des Anspruches 1 offenbar schon durch die alte Norm erfüllt werden (vgl. die Würdigung der alten Norm in der Beschreibungseinleitung, Spalte 1, Zeilen 31 bis 55) da sich die in der Patentschrift hervorgehobene Dosismessung bzw. Dosisbestimmung in der Filmebene ohne Filmaufnahme und Densitometrie nicht als Merkmal im Anspruch 1 wiederfindet.
Als Überschuss über diese wortsinngemäß bekannten Merkmale ist somit lediglich die Merkmalsgruppe 7 vorhanden. Diese sieht jedoch ausdrücklich einen Rechner und die rechnergestützte Auswertung vor, weshalb dies keineswegs ein unwesentliches Merkmal darstellt.
Dies zeigen auch die Unteransprüche 2 und 4, die auf diesen Einsatz des Rechners aufbauen und dessen Einsatz weiter spezifizieren, indem sie eine schreibgeschützte Speicherung (Unteranspruch 2) oder eine Ausgabe des Protokolls als Datei oder durch den Drucker vorsehen (Unteranspruch 4).
Dabei stellt sich nicht die Frage, ob das Patent auch in anderer Form hätte erteilt werden können. Es ist der vorhandene Anspruch zu prüfen.
Es liegt im Ermessen des Patentanmelders, den Schutzbereich dem Umfang der Erfindung entsprechend durch eine geeignete Wahl der Anspruchsmerkmale anzupassen. Insofern hätte es der Anmelderin seinerzeit freigestanden, das nach Auffassung der Klägerin unnötigen Merkmale fortzulassen oder als abhängige Unteransprüche zu formulieren.
Eine wort-/sinngemäße Verletzung des Patents scheidet nach Auffassung der Kammer damit von vorn herein aus.
b)
Es fehlt auch an einer äquivalenten Patentverletzung.
Äquivalenz im patentrechtlichen Sinne liegt nur dann vor, wenn bei den sich gegenüberstehenden Ausführungsformen Aufgabe und technischer Erfolg gleich, die zur Lösung der Aufgabe und damit zur Erzielung des gleichen Erfolges verwendeten Mittel aber verschieden sind.
Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH GRUR 2002, 527 – Custodiol II; Nieder, Die Patentverletzung, Rn. 23) ist es für die Zugehörigkeit einer vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausführung zum Schutzbereich folgendes erforderlich:
• das der Erfindung zu Grunde liegende Problem muss mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln gelöst werden (Gleichwirkung)
• seine Fachkenntnisse müssen den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden (Auffindbarkeit)
• die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, müssen derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht (Gleichwertigkeit)
Das Ersatzmittel, welches bei der angegriffenen Ausführungsform anstelle des im Patent ausdrücklich empfohlenen Mittels benutzt wird, muss zur Erfüllung der im Patent gestellten konkreten Aufgabe dienen und den vom Patent angestrebten Erfolg – zumindest im wesentlichen – erreichen (BGH GRUR 1999, 909 (914 – Spannschraube).
Da jedes Merkmal im Rahmen des Patentanspruchs eine bestimmte Funktion hat und Bedeutung hat, ist es erforderlich das nicht wortsinngemäße Merkmal durch eine eine gleichwirkende Maßnahme (Ersatz- oder Austauschmittel) zu ersetzen (Benkard-Scharen a.a.O. Rn. 106).
Der Vergleich der ermittelten Werte mit denen der Anfangsbedingungen, die Bildung der Abweichungen und die Ausgabe als Prüfprotokoll gehören zum Patentanspruch. Dabei ist es (auch) Teil der Aufgabe die Konstanzprüfung so unmanipulierbar zu machen (Sp. 2, Z. 27).
Das ersatzlose Weglassen der – wie ausgeführt wesentlichen – Merkmale der Merkmalsgruppe 7 verhindert damit auch ein äquivalente Patentverletzung. (vgl. a. BGH GRUR 1991, 444 (447) – Autowaschvorrichtung).
5.
Da es bereits an einer Patentverletzung fehlt, gehen auch der Auskunftsanspruch, der Schadensersatzfeststellungsanspruch und der hilfsweise gestellte Antrag auf Bereicherungsausgleich ins Leere.
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
7.
Der Streitwert war unter Berücksichtigung der Streitwertangabe der Klägerin festzusetzen. Dabei war im konkreten Streitverhältnis zu berücksichtigen, dass es wirtschaftlich für die Klägerin auch um die Frage der Verletzung des Patents durch die Anwendung der DIN geht. Davon sind bundesweit eine Vielzahl von Ärzten und Geräten betroffen. Die Bedeutung geht daher über die mögliche Lizenz für ein einzelnes Mammographiegerät hinaus.
8.
Ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung bzw. eine Verlegung des Verkündungstermins um der Klägerin mit Rücksicht auf den Urlaub des Privatgutachters weiteren Vortrag zu ermöglichen kam nicht in Betracht. Das rechtliche Problem ist spätestens seit der Klagerwiderung vom Februar 2006 diskutiert worden.