Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 8. März 2005, Az. 4a O 83/04
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zwangsweise durchzusetzenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 771 xxx B 1, welches unter Inanspruchnahme von Prioritäten (DE 4425xxx und DE 4435xxx) vom 15.07.1994 und 06.10.1994 am 12.05.1995 angemeldet wurde. Veröffentlichungstag der Anmeldung war der 07.05.1997. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 07.07.1999. Als Vertragsstaat ist unter anderem Deutschland benannt worden. Der deutsche Teil des europäischen Patents (nachfolgend: Klagepatent) steht in Kraft.
Das Klagepatent betrifft eine multifunktionale Druckeinrichtung mit modularem Aufbau.
Der Patentanspruch 1 hat in der deutschen Fassung folgenden Wortlaut:
„Multifunktionale Druckeinrichtung zum Bedrucken von bandförmigen Aufzeichnungsträgern (10, 10/1, 10/2) unterschiedlicher Bandbreite mit
– einem eine nutzbare Breite von mindestens der doppelten Bandbreite eines schmalen Aufzeichnungsträgers (10) aufweisenden elektrografischen Druckmodul, das eine Tonerbilder erzeugende Einrichtung (11) und eine Fixierstation (18) mit einem Papieraustrittskanal enthält, über den die Aufzeichnungsträger (10, 10/1, 10/2, 10/3) das Druckmodul verlassen, sowie einen Zuführkanal, um Aufzeichnungsträger (10, 10/1, 10/2, 10/3) unterschiedlicher Bandbreite von einem internen und/oder externen Vorratsbereich (23/1, 23/2) der Tonerbilder erzeugenden Einrichtung (11) zuzuführen;
– einem mit dem Papieraustrittskanal über einen Rückführkanal (29) und mit dem Zuführkanal koppelbaren Wendemodul (28), das auswechselbar eine im Druckmodul befestigte, selbständige Baueinheit ist, wobei
– in einem ersten Betriebszustand der Druckeinrichtung zum mehrmaligen Bedrucken des schmalen Aufzeichnungsträgers (10) der Aufzeichnungsträger (10) zum Bedrucken der Frontseite ausgehend von einem Vorratsbereich (23/1, 23/2) das Druckmodul bis zum Papieraustrittskanal der Fixierstation (18) durchläuft und von dort dann zum Bedrucken der Rückseite, über den Rückführkanal (29) und über das Wendemodul (28) gewendet, erneut dem Druckmodul zugeführt und über den Papieraustrittskanal der Fixierstation (18) ausgegeben wird und
– in einem zweiten Betriebszustand der Druckeinrichtung zum einseitigen Bedrucken eines einzelnen breiten oder parallelen Bedrucken mehrerer schmaler Aufzeichnungsträger (10/1, 10/2, 10/3), der oder die Aufzeichnungsträger (10/1, 10/2, 10/3) ausgehend von dem Vorratsbereich (23/1, 23/2) allein das Druckmodul durchlaufen und über den Papieraustrittskanal ausgegeben wird.“
Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen einer beispielsweisen Ausführungsform stammen aus der Klagepatentschrift und zeigen schematische Darstellungen einer sogenannten „Single-Engine-Duplex“ Druckeinrichtung zum Bedrucken von bandförmigen Aufzeichnungsträgern:
Schematische Darstellung einer elektrografischen Druckeinrichtung zum Bedrucken von bandförmigen Aufzeichnungsträgern im Duplexbetrieb
Schematische Darstellung derselben elektrografischen Druckeinrichtung im Simplexbetrieb zum Bedrucken eines einzelnen breiten Aufzeichnungsträgers
Schematische Darstellung derselben elektrografischen Druckeinrichtung im Simplexbetrieb zum parallelen Bedrucken von zwei schmalen Aufzeichnungsträgern
Schematische Darstellung einer in einer elektrografischen Druckeinrichtung angeordneten Wendeeinrichtung
Schematische Darstellung der in der elektrografischen Druckeinrichtung angeordneten Wendeeinrichtung in Seitenansicht
Schematische Darstellung der Wendeeinrichtung in Serviceposition
Schematische Darstellung der Wendeeinrichtung in Betriebslage
Die Beklagte zu 1) vertreibt im Bereich der Bundesrepublik Deutschland Schnelldrucker und Zubehör, so auch – in verschiedenen Konfigurationen – Druckeinrichtungen namens X1 und X2. Diese bezieht sie von ihrer französischen Muttergesellschaft, der Beklagten zu 2). Die Druckeinrichtungen sind sogenannte „Single Engine Duplex“ und in der Lage, sowohl im Duplex- als auch im Simplexbetrieb zu drucken. Das Tonerbild erzeugen sie jeweils im magnetografischen Verfahren.
Zur Verdeutlichung des Aufbaus der Druckeinrichtungen hat die Klägerin als Anlagen K 3, K 4 und K 5 Prospekte der Beklagten vorgelegt auf die ebenso Bezug genommen wird wie auf die von den Beklagten als Anlage B 7 eingereichten Fotos und die schematische Darstellung auf Bl. 181 d. A.. Die Zeichnungen und Fotos werden nachfolgend wiedergegeben:
Die Klägerin ist der Ansicht, die X1 und X2 erfüllten den Tatbestand der wortsinngemäßen Patentverletzung und begehrt deshalb Unterlassung, Rechnungslegung und Vernichtung sowie Feststellung der gesamtschuldnerischen Schadenersatz– und Entschädigungspflicht der Beklagten.
Die Klägerin beantragt,
I. die Beklagten zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,–, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen,
im deutschen territorialen Geltungsbereich des europäischen Patents 0 771 xxx multifunktionale Druckeinrichtungen zum Bedrucken von bandförmigen Aufzeichnungsträgern unterschiedlicher Bandbreite anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, mit
– einem eine nutzbare Breite von mindestens der doppelten Bandbreite eines schmalen Aufzeichnungsträgers aufweisenden elektrografischen Druckmodul, das eine Tonerbilder erzeugende Einrichtung und eine Fixierstation mit einem Papieraustrittskanal enthält, über den die Aufzeichnungsträger das Druckmodul verlassen, sowie einen Zuführkanal, um Aufzeichnungsträger unterschiedlicher Bandbreite von einem internen und/oder externen Vorratsbereich der Tonerbilder erzeugenden Einrichtung zuzuführen;
– einem mit dem Papieraustrittskanal über einen Rückführkanal und mit dem Zuführkanal koppelbaren Wendemodul, das auswechselbar eine im Druckmodul befestigte, selbständige Baueinheit ist, wobei
– in einem ersten Betriebszustand der Druckeinrichtung zum mehrmaligen Bedrucken des schmalen Aufzeichnungsträgers der Aufzeichnungsträger zum Bedrucken der Frontseite ausgehend von einem Vorratsbereich das Druckmodul bis zum Papieraustrittskanal der Fixierstation durchläuft und von dort dann zum Bedrucken der Rückseite, über den Rückführkanal und über das Wendemodul gewendet, erneut dem Druckmodul zugeführt und über den Papieraustrittskanal der Fixierstation ausgegeben wird und
– in einem zweiten Betriebszustand der Druckeinrichtung zum einseitigen Bedrucken eines einzelnen breiten oder parallelen Bedrucken mehrerer schmaler Aufzeichnungsträger, der oder die Aufzeichnungsträger ausgehend von dem Vorratsbereich allein das Druckmodul durchlaufen und über den Papieraustrittskanal ausgegeben wird;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I 1 bezeichneten Handlungen seit dem 7. Juni 1997 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenden oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorsitzender,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei diejenigen Gemeinkosten, die sich nicht ausschließlich auf eine Druckeinrichtung entsprechend dem Klageantrag I 1 beziehen, nicht in Abzug zu bringen sind,
wobei
– die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 7. August 1999 zu machen sind;
– den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
3. (nur für die Beklagte zu 1): die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen unter vorstehend I 1 beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
II. festzustellen,
1. dass die Beklagten gesamtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin für die zu I. 1 bezeichneten und in der Zeit vom 7. Juni 1997 bis zum 6. August 1999 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
2. dass die Beklagten gesamtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1 bezeichneten, seit dem 7. August 1999 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen
Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation der Klägerin und vermögen eine Handlung der Beklagten zu 2) in Deutschland nicht zu erkennen. Eine Verletzung des Klagepatents stellen sie in Abrede. Die Druckeinrichtungen seien keine elektrografischen Druckeinrichtung. Zudem verfügten sie nicht über ein Wendemodul, das eine selbständige Baueinheit verkörpere und auswechselbar im Druckmodul befestigt sei. Sofern man die mehreren vorhandenen Umlenkeinrichtungen ausbauen wolle, müssten sämtliche Umlenkrollen jeweils mit Hilfe von Werkzeug einzeln abgeschraubt und aus der Befestigung herausgenommen werden. In entsprechender Weise gestalte sich der Einbauvorgang. Die vorhandenen Umlenkeinrichtungen seien überdies weder über einen Rückführkanal mit dem Papieraustrittskanal noch mit dem Zuführkanal koppelbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Schadenersatz und Entschädigung nach den Art. 2, 64 EPÜ, §§ 139, 9 PatG i. V. m. § 242 BGB, §§ 140 a, 140 b PatG und § 33 PatG nicht zu. Durch die angegriffenen Ausführungsformen wird die technische Lehre des Klagepatents nicht verwirklicht.
I.
Das Klagepatent betrifft eine multifunktionale Druckeinrichtung zum Bedrucken von bandförmigen Aufzeichnungsträgern unterschiedlicher Bandbreite mit modularem Aufbau.
Nach der Beschreibung der Klagepatentschrift haben sich im Markt überall da, wo eine hohe Geräteverfügbarkeit bei großem Druckvolumen und breitem Bedruckstoffspektrum gefordert ist, endlosverarbeitende (FAN-FOLD) elektrografische Drucksysteme durchgesetzt, die einen bandförmigen Aufzeichnungsträger einseitig bedrucken (Simplex-Druck). Diese Drucksysteme haben jedoch den Nachteil, dass ein Wechsel zwischen einseitigem und doppelseitigem Druck nicht möglich ist. Dies führt zu einer wirtschaftlich ungünstigen Situation und zu einem Widerspruch zu den zeitgemäßen Anforderungen der Rohstoffnutzung. Damit können viele kundenspezifische Anwendungen, die zwingend doppelseitigen (Duplex-) Druck erfordern, nicht befriedigt werden. Zumal elektrografische Hochleistungsdrucker dann besonders wirtschaftlich sind, wenn sie möglichst unterbrechungsfrei betrieben werden (Klagepatentschrift Anlage K1, Sp. 1, Z. 13 ff.).
Zur Erzeugung von Mehrfarben- und Rückseitendruck mit Endlospapier arbeitenden elektrografischen Druckgeräten ist es aus dem europäischen Patent 0 154 695 bekannt, zwei Endlospapierdrucker hintereinander zu betreiben, wobei das im ersten Drucker bedruckte Papier gewendet und nachfolgend im zweiten Drucker auf der zweiten Seite bedruckt wird. Nachteilig hieran ist der durch den erforderlichen zweiten Drucker entstehende erhebliche Aufwand (Klagepatentschrift Anlage K1, Sp. 1, Z. 30 ff.).
In der Klagepatentschrift wird ferner unter Bezugnahme auf eine Literaturstelle – IBM Technical Disclosure Bulletin Vol. 22, Nr. 6 vom November 1979 – als Stand der Technik eine elektrofotografische Druckeinrichtung zum Bedrucken bandförmiger Aufzeichnungsträger erwähnt, mit der es möglich ist, den Aufzeichnungsträger auf beiden Seiten zu bedrucken. Hiernach wird der Aufzeichnungsträger von einem Vorratsstapel abgezogen, einer Umdruckstation zugeführt und auf einer Seite mit Tonerbildern versehen. Nach dem Fixieren wird der Aufzeichnungsträger gewendet und erneut der Umdruckstation zugeführt. Nach dem Bedrucken der Rückseite des Aufzeichnungsträgers mit Tonerbildern erfolgt eine neue Fixierung in der Fixierstation. Dieser Stand der Technik beschreibt prinzipiell den Duplex-Druck mit Endlosaufzeichnungsträgern; er ist jedoch ausschließlich zum beidseitigen Bedrucken des Aufzeichnungsträgers geeignet. Ein Betriebsartenwechsel ist nicht vorgesehen. Die verwendete Wendeeinrichtung aus Umlenkstangen erfordert ein manuelles Durchfädeln des Aufzeichnungsträgers, außerdem verlangt die Art der Anordnung der Umlenkstangen viel Einbauplatz (Klagepatentschrift Anlage K1, Sp. 1, Z. 39 ff.).
Schließlich findet sich in der Klagepatentschrift der Hinweis auf eine vorgeschlagene Druckeinrichtung zum front- und rückseitigen Bedrucken eines bandförmigen Aufzeichnungsträgers, die einen Zwischenträger mit zugehörigen Tonerbild erzeugenden Aggregaten, eine die Tonerbilder auf den Aufzeichnungsträger übertragende Umdruckstation und eine Fixierstation enthält, die jeweils eine nutzbare Breite von mindestens der doppelten Bandbreite des Aufzeichnungsträgers haben. Über einen Rückführkanal wird der Aufzeichnungsträger nach dem Bedrucken der Frontseite von der Fixierstation zu einer Wendestation geführt, in der er gewendet und zum Bedrucken der Rückseite erneut der Umdruckstation zugeführt wird (Klagepatentschrift Anlage K1, Sp. 2, Z. 7 ff.). Die Funktion einer derartigen Druckeinrichtung im reinen Simplexbetrieb ist eingeschränkt. So erfordern die nur beim Duplexbetrieb erforderlichen Funktionselemente wie Duplexrückführung im Rückführkanal und die Wendestation viel Platz und beeinträchtigen das Handling. Die Wendestation beschränkt die verwendbare Stapelbreite des Aufzeichnungsträgers im Vorratsbereich. Die unterhalb des Austrittsbereichs der Fixierstation angeordnete Duplexrückführung wiederum begrenzt die Stapelhöhe einer internen Staplereinrichtung (Klagepatentschrift Anlage K1, Sp. 2, Z. 20 ff.).
Ausgehend hiervon liegt der Erfindung die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, eine multifunktionale Druckeinrichtung zum front- und/oder rückseitigen Bedrucken von bandförmigen Aufzeichnungsträgern bereitzustellen, die einen einfachen Betriebsartenwechsel ermöglicht und die sowohl im Simplexbetrieb als auch im Duplexbetrieb uneingeschränkt betreibbar ist (Klagepatentschrift Anlage K1, Sp. 2, Z. 35 ff.).
Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Klagepatent eine Druckeinrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
Multifunktionale Druckeinrichtung zum Bedrucken von bandförmigen Aufzeichnungsträgern (10, 10/1, 10/2) unterschiedlicher Bandbreite mit
1. einem eine nutzbare Breite von mindestens der doppelten Bandbreite eines schmalen Aufzeichnungsträgers (10) aufweisenden elektrografischen Druckmodul, das eine Tonerbilder erzeugende Einrichtung (11) und eine Fixierstation (18) mit einem Papieraustrittskanal enthält, über den die Aufzeichnungsträger (10, 10/1, 10/2, 10/3) das Druckmodul verlassen, sowie einen Zuführkanal, um Aufzeichnungsträger (10, 10/1, 10/2, 10/3) unterschiedlicher Bandbreite von einem internen und/oder externen Vorratsbereich (23/1, 23/2) der Tonerbilder erzeugenden Einrichtung (11) zuzuführen;
2 . einem mit dem Papieraustrittskanal über einen Rückführkanal (29) und mit dem Zuführkanal koppelbaren Wendemodul (28), das auswechselbar eine im Druckmodul befestigte, selbständige Baueinheit ist, wobei
3. in einem ersten Betriebszustand der Druckeinrichtung zum mehrmaligen Bedrucken des schmalen Aufzeichnungsträgers (10) der Aufzeichnungsträger (10) zum Bedrucken der Frontseite ausgehend von einem Vorratsbereich (23/1, 23/2) das Druckmodul bis zum Papieraustrittskanal der Fixierstation (18) durchläuft und von dort dann zum Bedrucken der Rückseite, über den Rückführkanal (29) und über das Wendemodul (28) gewendet, erneut dem Druckmodul zugeführt und über den Papieraustrittskanal der Fixierstation (18) ausgegeben wird und
4. in einem zweiten Betriebszustand der Druckeinrichtung zum einseitigen Bedrucken eines einzelnen breiten oder parallelen Bedrucken mehrerer schmaler Aufzeichnungsträger (10/1, 10/2, 10/3), der oder die Aufzeichnungsträger (10/1, 10/2, 10/3) ausgehend von dem Vorratsbereich (23/1, 23/2) allein das Druckmodul durchlaufen und über den Papieraustrittskanal ausgegeben wird.
II.
Die angegriffenen Ausführungsformen, die in dem hier in Rede stehenden technischen Aufbau identisch sind, verwirklichen jedenfalls das Merkmal 2 des Klagepatents nicht, welches ein mit dem Papieraustrittskanal über einen Rückführkanal und mit dem Zuführkanal koppelbares Wendemodul vorsieht, das auswechselbar eine im Druckmodul befestigte, selbstständig Baueinheit ist.
Die angegriffenen Ausführungsformen sind als „Single Engine Duplex“ in der Lage, im Duplexbetrieb zu drucken, und verfügen deshalb erfindungsgemäß über eine Wendeeinrichtung, die die bereits bedruckte Vorderseite des Aufzeichnungsträgers um 180 Grad wendet, so dass dieser ein zweites mal der Umdruck- und Fixierstation zugeführt wird, um auf der Rückseite bedruckt zu werden.
Die angegriffenen Ausführungsformen weisen lediglich eine Wendeeinrichtung in diesem Sinne auf, die aus (Umlenk-)Rollen bestehende Einrichtung auf der Papiereingangsseite (in der Abbildung Bl. 181 d. A. links, Fotos der Anlage B 7). Die beiden Umlenkrollen an der gegenüberliegenden Papierausgangsseite haben hingegen nur lenkende Funktion zur Bestimmung des Transportweges; sie sollen den Aufzeichnungsträger im Duplexbetrieb nach dem ersten Bedrucken zur Wendeeinrichtung führen. Dass sie hierbei die Rückseite des Aufzeichnungsträgers „nach oben“ bringen, ist an dieser Stelle unerheblich. Die technische Funktion der Wendeeinrichtung liegt darin, den Aufzeichnungsträger zu wenden, um das Bedrucken der Rückseite des Aufzeichnungsträgers zu ermöglichen. Sie verlangt mithin, dass sich die gewendete Rückseite dann „oben“ befindet, wenn sie ein zweites Mal die einzige Umdruck- und Fixierstation passiert. Entscheidend ist, ob die bzw. welche Einrichtung Sorge dafür trägt, dass der Aufzeichnungsträger dem Umdruck- und Fixierbereich beim zweiten mal gewendet zugeführt wird, nicht hingegen, ob der Aufzeichnungsträger die Druckeinrichtung an anderer Stelle gewendet durchläuft.
Wie sich der schematischen Darstellung Bl. 181 d. A. entnehmen lässt, kommt diese Wendefunktion allein der aus (Umlenk-)Rollen bestehenden Einrichtung auf der Papiereingangsseite zu. Wenn der Aufzeichnungsträger die Umlenkrollen auf der Papierausgangsseite durchläuft, wird er lediglich unabhängig und unterhalb der einzig vorhandenen Umdruck- und Fixierstation zur Wendeeinrichtung entlang geführt. Auf dieser Strecke passiert er die Umdruck- und Fixierstation nicht; ein erneutes Bedrucken findet zu diesem Zeitpunkt nicht statt. Dies geschieht vielmehr erst nachdem der Aufzeichnungsträger die aus (Umlenk-)Rollen bestehende Einrichtung auf der Papiereingangsseite durchlaufen hat und sodann mit der nach oben gewendeten Rückseite erneut der Umdruck- und Fixierstation zugeführt wird.
Bei der in den angegriffenen Ausführungsformen vorhandenen Wendeeinrichtung handelt es sich jedoch nicht um ein auswechselbares, als selbständige Baueinheit ausgestaltetes koppelbares Wendemodul wie das Klagepatent es vorsieht.
Bereits der Wortlaut des Anspruch 1 bedeutet, vor allem durch die Verwendung der Begriffe Wendemodul / Baueinheit / selbständig / koppelbar, das Vorhandensein einer Wendeeinrichtung, die eine abgeschlossene, vom Rest der Druckeinrichtung ohne weiteres zu trennende sowie wieder einfügbare bauliche Einheit in modularer Form darstellt.
Dies entspricht dem Ziel der Erfindung, welches die Bereitstellung einer multifunktionalen Druckeinrichtung zum front- und/oder rückseitigen Bedrucken von bandförmigen Aufzeichnungsträgern ist, die einen einfachen Betriebsartenwechsel ermöglicht und sowohl im Simplexbetrieb als auch im Duplexbetrieb uneingeschränkt betreibbar ist (Klagepatentschrift K 1, Sp. 2, Z. 35–41). Hierdurch sollen die aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile – keine Wechselmöglichkeit zwischen den Betriebsarten (Klagepatentschrift K 1, Sp. 1, Z. 18–21, Sp. 2, Z. 1-2) oder sofern ein Betriebsartenwechsel möglich ist, bei Simplexbetrieb durch die Wendestation und die Duplexrückführung eingeschränkte Platzkapazitäten sowie beeinträchtigtes Handling (Klagepatentschrift K 1, Sp. 2, Z. 20-34) – beseitigt werden. Die Kundenbedürfnisse sollen befriedigt, die wirtschaftlichen Ressourcen der Druckeinrichtung voll ausgeschöpft werden. Jeweils Überflüssiges bzw. Behinderndes soll entfernt, bei Bedarf jedoch wieder hinzugefügt werden können. Im Gegensatz zu den vorbekannten Druckeinrichtungen, die über eine Wendeeinrichtung verfügen und einen Betriebsartenwechsel vornehmen können, sollen bei der erfindungsgemäßen Einrichtung nur die Elemente/Einrichtungen in/an der Druckeinrichtung vorhanden sein, die tatsächlich für den jeweiligen Druckbetrieb benötigt werden. Sie sollen angekoppelt oder vom Rest entkoppelt werden. Im Vordergrund steht der einfache und schnelle Wechsel vom Duplex- zum Simplexbetrieb bzw. umgekehrt bei uneingeschränkter Funktion und Ausnutzung aller Kapazitäten. Das raumnehmende und nur für den ersten Betriebszustand im Sinne des Merkmals 3 erforderliche Wendemodul soll deshalb „auswechselbar“ sein. Dieses Auswechseln soll wie der Fachmann erkennt, um dem Ziel der Erfindung nachkommen zu können, durch den Bediener der Druckeinrichtung selbst, in wenigen Handgriffen mit geringem Arbeitsaufwand vorgenommen werden können. Der einfache Einsatz bzw. die Entfernung einer in sich geschlossenen baulichen Einheit aus bzw. in einen dafür vorgesehenen, technisch vorbereiteten Raum ist gefordert; nicht hingegen ein Umbau der Druckeinrichtung im Wege einer (De-)Montage verschiedener Teile bei außer Betrieb gesetzter bzw. geöffneter Druckeinrichtung, der den Einsatz eines Monteurs erfordert.
Gestützt wird dieses Verständnis durch die Beschreibung der Erfindung wie sie in Sp. 2, Z. 46 ff der Klagepatentschrift erfolgt ist. Nach der dortigen allgemeinen Beschreibung ist bei der Druckeinrichtung das zusätzliche Aggregat Wendeeinheit modular in der Grundmechanik des Druckmoduls herausnehmbar befestigt (Klagepatentschrift, K 1, Sp. 2, Z. 46-49). Diese Ausführungen beziehen sich nicht (nur) auf die Unteransprüche 3 ff. des Klagepatents, sondern beschreiben die Erfindung allgemein, auch wenn der vorherige Absatz konstatiert, dass vorteilhafte Ausführungsformen in den Unteransprüchen gekennzeichnet sind (Klagepatentschrift, K 1, Sp. 2, Z. 44-45). Es ist nämlich weder aus den Wortlaut betreffenden noch grammatikalischen oder systematischen Erwägungen heraus erkennbar, dass sich die Beschreibung in Sp. 2, Z. 46-49 der Klagepatentschrift ebenso nur zu den Unteransprüchen verhält. Allgemein ist von „der Druckeinrichtung“ die Rede und infolge der Verwendung des Wortes „modular“ eine Verknüpfung zum Anspruch 1 hergestellt, in dem ein Wendemodul genannt ist. Ähnliches gilt für das Herausnehmen. Dies findet seine Entsprechung im in Anspruch 1 erwähnten „auswechselbar“. Schließlich wird ein Bezug auch durch die Erwähnung eines zusätzlichen Aggregats erkennbar, welches der selbständigen Baueinheit in Anspruch 1 entspricht.
Sofern sodann in der Sp. 2, Z. 50 ff. der Klagepatentschrift die Bedeutung der modularen, in der Grundmechanik des Druckmoduls herausnehmbar befestigten Wendeeinheit im einzelnen erläutert wird, sind die genannten baulichen Einzelheiten wie Führungsschiene, automatische Zentrierung etc. lediglich als beispielhaft im Sinne der allgemein gehaltenen Lehre des Anspruchs 1 zu verstehen. Sie weisen jedoch darauf hin, dass der in Merkmal 2 verwendete Begriff der „auswechselbaren“ Baueinheit im Sinne einer von dem Bediener ohne große Schwierigkeiten zu verwirklichenden Herausnehmbarkeit zu verstehen ist.
Für das Erfordernis einer modularen, leicht durch den Bediener selbst auswechselbaren Wendeeinrichtung spricht schließlich auch die Beschreibung eines erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiels. Dort heißt es, die Wendeeinrichtung sei als selbständige verwindungssteife Baueinheit in Form eines Moduls ausgebildet und in dem Gerät herausziehbar gelagert (Klagepatentschrift, K 1, Sp. 11, Z. 37-43). Die figürliche Darstellung einer erfindungsgemäßen Wendeeinrichtung in den Figuren 4, 5, 9 und 10 der Klagepatentschrift veranschaulicht ebenfalls eine geschlossene, in einem Gehäuse befindliche modulare Baueinheit. Letztlich findet sich auch in dem Titel der Klagepatentschrift der Hinweis auf einen modularen Aufbau.
Ein dementsprechendes Wendemodul ist bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht festzustellen.
Die Beklagten haben behauptet, dass sämtliche Umlenkrollen nicht auswechselbar befestigt, sondern fest verschraubt seien. Um die vorhandene Wendeeinrichtung auszubauen, müssten sämtliche Umlenkrollen jeweils an beiden Enden einzeln abgeschraubt und aus ihrer Befestigung herausgenommen werden. Mechanische Schnittstellen seien nicht vorhanden. Die Montage sei von einem Monteur unter Zuhilfenahme von Werkzeug vorzunehmen. Hiernach bedarf es mithin eines Umbaus der außer Betrieb gesetzten und geöffneten Druckeinrichtung, welcher sich nicht mit wenigen Handgriffen von dem Bediener selbst ohne weiteres durchführen lässt. Weiterhin haben die Beklagten vorgetragen, dass sich bei den angegriffenen Ausführungsformen die auf Papiereingangsseite in einem Gehäuse befindende Wendeeinrichtung zwischen den Vorrichtungsabschnitten der gesamten Druckeinrichtung (Druckmodul und Papierzuführeinrichtung) fest montiert sei und nicht herausgezogen werden könne.
Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin ist dem nicht mit einem ausreichend konkreten Sachvortrag entgegen getreten. Mit Blick auf die Auswechselbarkeit und den modularen Aufbau hat sie auf die als Anlage K 3, 4 und 5 vorgelegten Prospekte der Beklagten sowie auf die als Anlage B 7 überreichten Fotos verwiesen. Dies genügt nicht. Dem Prospekt ist zwar die Möglichkeit der Nutzung der angegriffenen Ausführungsformen in verschiedenen Betriebszuständen zu entnehmen, jedoch nicht, welche Schritte erforderlich sind, um vom Duplex- in den Simplexbetrieb zu wechseln. Angaben zur Art und Weise des Betriebszustandwechsels enthalten die Prospekte nicht. Auch die Anlage B 7 führt insoweit nicht weiter. Auf den Fotos ist zwar die in einem Gehäuse befindliche Wendeeinrichtung zu sehen, daraus ergibt sich jedoch nicht, wie die Verbindung der in dem Gehäuse befindlichen Wendeeinrichtung zum Rest der Druckeinrichtung ausgestaltet ist. Ob und wenn ja, auf welche Art und Weise das Gehäuse von den davor und danach liegenden Vorrichtungen gelöst werden kann, ist auf den Bildern nicht dargestellt. Insbesondere ist nicht erkennbar, ob dieses Gehäuse komplett, mit wenigen Hangriffen in der Art eines Moduls herausnehmbar und einsetzbar ist oder nicht. Dies folgt auch nicht aus einem Vergleich des als Anlage K 3 vorgelegten Prospektes, bei dem die angegriffene Ausführungsform X1 im Duplexbetrieb abgebildet ist, und dem als Anlage K 4 eingereichten Prospekt, auf dem unter der Überschrift „Grenzenlos flexibel“ diese angegriffene Ausführungsform ohne Wendeeinrichtung im Simplexbetrieb zu sehen ist. Abgesehen davon, dass die Beklagten behaupten, die Anlage K 4 zeige eine Ausführung der angegriffenen Ausführungsform, die ausschließlich für den Simplexdruck ausgestaltet sei, sind auch auf diesen Bildern nicht die für den Betriebszustandswechsel erforderlichen Schritte abgebildet. Es ist nicht erkennbar, welche konkreten Maßnahmen im einzelnen vorzunehmen sind.
Angesichts dessen kann bereits mangels modularer Gestaltung der Wendeeinrichtung eine Verwirklichung des Merkmals 2 seitens der angegriffenen Ausführungsformen nicht angenommen werden.
Infolge dessen bedarf es auch keiner Klärung der weiterhin streitigen Fragen zwischen den Parteien zum Merkmal 2 sowie den übrigen Merkmalen und der Aktiv- bzw. Passivlegitimation.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 709, 108 ZPO.
IV.
Der Streitwert beträgt 1.000.000,00 EUR.