4b O 158/11 – Waage mit Unterboden-Kabelaufbewahrung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1786

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. Januar 2012, Az. 4b O 158/11

I. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

II. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

III. Der Streitwert wird auf 1.000.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland am 18.05.2005 erteilten europäischen Patents EP 1 379 XXX (nachfolgend: Klagepatent), welches Waagen mit Unterboden-Kabelaufbewahrung betrifft.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, bietet an und vertreibt Analysewaagen mit der Typenbezeichnung A. Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung des Klagepatents. Sie nahm die Beklagte mit Klageschrift vom 19.10.2011, den Beklagten am 25.10.2011 bzw. 26.10.2011 zugestellt, auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf und Schadenersatzfeststellung in Anspruch. Früher erster Termin wurde auf den 08.12.2011 bestimmt. Mit Schriftsatz vom 07.12.2011 erklärten die Beklagten unter Verwahrung gegen die Kostenlast das Anerkenntnis der mit der Klageschrift geltend gemachten Ansprüche.
Die Kammer hat am 13.12.2011 ein Teilanerkenntnisurteil (Bl. 35 ff. d. GA) erlassen.

Die Klägerin erklärt, dass die Beklagten vor Klageerhebung nicht abgemahnt worden sind. Einen Antrag stellt sie nicht.

Die Beklagten beantragen,
der Klägerin gemäß § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Beklagten verwahren sich mangels vorgerichtlicher Abmahnung gegen die Kostenlast. Sie hätten keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie die zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
Die Kosten des Verfahrens sind gem. § 93 ZPO der Klägerin aufzuerlegen, da die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche sofort anerkannt und keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben haben.

Das Anerkenntnis der Beklagten erfolgte noch vor dem anberaumten frühen ersten Termin und damit „sofort“ im Sinne des § 93 ZPO.

Eine Veranlassung zur Klageerhebung seitens der Beklagten ist nicht festzustellen.
Veranlassung zur Erhebung einer Klage auf Unterlassung, Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung und Feststellung der Schadenersatzpflicht wegen Patentverletzung ist gegeben, wenn der Kläger aufgrund des vorprozessualen Verhaltens des Beklagten annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen (OLG Düsseldorf InstGE 2, 237 – Turbolader II; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl. § 139 Rn. 163; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Aufl., Rn. 611 ff; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 93 Rn. 3). Zu dieser Annahme kann ein Kläger regelmäßig nur dann gelangen, wenn er den Beklagten vorgerichtlich erfolglos abgemahnt hat. Eine Abmahnung ist ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn sie aus Sicht des Klägers zu der Zeit, zu der er entscheiden muss, ob er abmahnt oder nicht, bei Anlegung eines objektiven Maßstabs unzumutbar ist (OLG Düsseldorf InstGE 2, 237 – Turbolader II; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl. § 139 Rn. 163; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Aufl., Rn. 611).
Unzumutbar ist eine vorgerichtliche Abmahnung, wenn (a) die mit einer vorherigen Abmahnung notwendig verbundene Verzögerung unter Berücksichtigung der gerade im konkreten Fall gegebenen Eilbedürftigkeit schlechthin nicht mehr hinnehmbar ist, etwa um besonderen Schaden vom Kläger abzuwenden, (b) sich dem Kläger bei objektiver Sicht der Eindruck geradezu aufdrängen musste, der Verletzer baue auf die grundsätzliche Abmahnpflicht und wolle sich diese zunutze machen, um mindestens eine Zeit lang Verletzungshandlungen begehen zu können und sich gegebenenfalls nach damit erzieltem wirtschaftlichen Erfolg unter Übernahme vergleichsweise niedriger Abmahnkosten zu unterwerfen (OLG Düsseldorf InstGE 2, 237 – Turbolader II; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl. § 139 Rn. 163; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Aufl., Rn. 611) oder (c) die Abmahnung aus Sicht des Klägers von vornherein zwecklos und als bloße Förmelei erscheint, weil nach den gesamten Umständen des Einzelfalls mit definitiver Gewissheit feststeht, dass die Abmahnung den Beklagten nicht zum freiwilligen Einlenken bewegen wird (OLG Düsseldorf InstGE 13, 238 – Laminatboden-Paneele II).
Ausgehend hiervon haben die Beklagten keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Die Klägerin mahnte die Beklagten unstreitig vorgerichtlich nicht ab. Dass eine Abmahnung unzumutbar gewesen wäre, weil eine der genannten Fallkonstellationen vorgelegen habe, behauptet auch die Klägerin nicht.

II.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.