Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1841
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. März 2012, Az. 4a O 20/11
Rechtsmittelinstanz: 2 U 36/12
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Mona-ten, im Fall der wiederholten Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren,
zu unterlassen
a) Düsen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern,
die dazu geeignet sind, in einem Verfahren zum Auftra-gen einer Fluidfaser auf einen Strang angewendet zu werden, dass Folgendes umfasst:
– Ziehen des Stranges entlang eines isolierten Weges;
– Ausgeben einer im Wesentlichen kontinuierlichen Fluidfaser auf den Strang;
– hin- und her Schwankenlassen der kontinuierlichen Fluidfaser über den Weg des Stranges, und zwar nicht parallel zu dem Weg des Stranges, während die Fluidfaser auf den Strang ausgegeben wird;
– Aufnehmen im Wesentlichen der gesamten kontinuierlichen Fluidfaser auf dem Strang;
und/oder
b) Düsen in der Bundesrepublik Deutschland anzubie-ten oder zu liefern, die dazu geeignet sind, in einem Verfahren zum Auftragen einer Klebstoff-Fluidfaser auf einen Strang angewendet zu werden, das Fol-gendes umfasst:
– Ziehen des Stranges entlang eines räumlich von einem ersten Substrat getrennten Weges;
– Ausgeben der Klebstofffaser von oberhalb des Stranges;
– Hin- und her Schwankenlassen der Klebstoff-faser über den Weg des Stranges;
– Einfangen im Wesentlichen der gesamten Klebstofffaser auf dem Strang, wenn der Strang räumlich von dem Substrat getrennt ist;
– Beschichten aller Seiten des Stranges zumin-dest teilweise mit der Klebstofffaser, wenn der Strang räumlich von dem Substrat getrennt ist, und
– In-Kontakt-Bringen des Klebstoff beschichteten Stranges mit dem ersten Substrat, um den Strang mit dem Substrat zu verkleben;
2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlich geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 02.10.2009 begangen haben, und zwar unter Angabe:
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeug-nisse sowie der Namen und Anschriften der Herstel-ler, Lieferanten und/oder anderer Vorbesitzer;
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Ab-nehmer;
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Ty-penbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten-, und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungs-zeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüssel-ten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu 2 lit. a) und 2 lit. b) Rechnungen oder Auftragsbestätigungen vorzulegen haben
und den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Abnehmer, Angebotsempfänger oder Lieferungen in der Aufstellung enthalten sind.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner ver-pflichtet sind, der Klägerin jedweden Schaden zu ersetzen, der der A Inc. (L) durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 02.10.2009 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamt-schuldner auferlegt
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, im Hinblick auf die Verurteilung zur Rechnungslegung (I. 2.) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,- EUR und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 600.000,- EUR.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer mittelbaren Patentverletzung aus dem Europäischen Patent EP 0 950 XXX B1 (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadenersatzpflicht in Anspruch.
Das Klagepatent wurde am 22.03.1999 in englischer Verfahrenssprache ange-meldet und am 20.10.1999 offengelegt. Die Veröffentlichung des Hinweises auf Patenterteilung erfolgte am 02.09.2009. Der deutsche Teil des Klagepatents ist in Kraft. Über die durch die Beklagten mit Schriftsatz vom 25.07.2011 erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht noch nicht entschieden.
Alleinige und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des Kla-gepatents ist die A Inc. (L) B, C 60025, USA, deren deutsche Tochtergesellschaft die Klägerin ist. Am 21.01.2011 schloss die Klägerin mit der Patentinhaberin die als Anlage K 1 vorgelegte „Prozessstandschafts- und Abtretungserklärung“, hinsichtlich deren Inhalts zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Anlage verwiesen wird.
Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Elastic strand coating process“ („Ver-fahren zur Beschichtung von elastischen Fäden“). Sein Patentanspruch 1 lautet in der eingetragenen deutschen Übersetzung:
„Verfahren zum Auftragen einer Fluidfaser auf einen Strang (30), wobei das Verfahren Folgendes umfasst:
Ziehen des Strangs (30) entlang eines isolierten Weges;
Ausgeben einer im Wesentlichen kontinuierlichen Fluidfaser (40) auf den Strang (30);
hin und her Schwankenlassen der kontinuierlichen Fluidfaser (40) über den Weg des Strangs (30), und zwar nicht parallel zu dem Weg des Strangs, während die Fluidfaser auf den Strang ausgegeben wird;
Aufnehmen im Wesentlichen der gesamten kontinuierlichen Fluidfaser (40) auf dem Strang (30).“
Der durch die Klägerin ebenfalls geltend gemachte Patentanspruch 3 ist nach der eingetragenen deutschen Übersetzung wie folgt gefasst:
„Verfahren zum Auftragen einer haftenden Fluidfaser auf einen Strang (30), wobei das Verfahren Folgendes umfasst:
Ziehen des Strangs (30) entlang eines räumlich von einem ersten Substrat (50) getrennten Wegs;
Ausgeben der haftenden Faser (40) von oberhalb des Strangs;
Hin und her Schwankenlassen der haftenden Faser (40) über den Weg des Strangs (30);
Einfangen im Wesentlichen der gesamten haftenden Faser (40) auf dem Strang (30), wenn der Strang räumlich von dem Substrat (50) getrennt ist;
Beschichten aller Seiten (31, 32, 34, 36) des Strangs zumindest teilweise mit der haftenden Faser, wenn der Strang räumlich von dem Substrat ge-trennt ist; und
In-Kontakt-Bringen des haftenden beschichteten Strangs (30) mit dem ersten Substrat (50), um den Strang mit dem Substrat zu verkleben.“
Nachfolgend werden verkleinert einige Figuren der Klagepatentschrift wieder-gegeben. Figur 1 zeigt nach der Klagepatentbeschreibung eine Vorrichtung für die Durchführung von Verfahren zum Auftragen von Fluiden.
Nach der Beschreibung des Klagepatents veranschaulichen die Figuren 2a und 3, wie sich die Fluidfaser (40) über den Weg des Fadens hin und her bewegt.
Die Beklagten bieten in der Bundesrepublik Deutschland, unter anderem auf der Internetseite www.D.com/de, unter der Bezeichnung „E“ Düsen an (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform), wie sie aus den durch die Klägerin als Anlagen K 8 und K 9 vorgelegten Datenblättern ersichtlich sind.
Die „F“-Düsen weisen an ihrer Unterseite eine oder mehrere Klebstoff-Austrittsöffnungen auf, so dass mehrere Klebstofffasern gleichzeitig abgegeben werden können. Jede Klebstoff-Austrittsöffnung ist von jeweils vier Luft-Austrittsöffnungen umgeben, welche jeweils in einem bestimmten Winkel zu der Klebstoff-Austrittsöffnung angeordnet sind, so dass die Fluidfaser schräg beziehungsweise tangial angeblasen und zu einem spiralförmigen Muster angeregt wird, wie es die nachfolgend eingeblendete Abbildung verdeutlicht.
Die Luft-Austrittsöffnungen sind gleichmäßig von der Fluid-Austrittsöffnung beabstandet und um diese herum gleichmäßig verteilt angeordnet, so dass ein von jeder Luft-Austrittsöffnung abgegebener Luftstrahl auf die abgegebene Fluidfaser mit einer leicht tangentialen Komponente einwirkt, sodass die Fluid-faser in der Luft eine spiralförmige Bewegungsbahn beschreibt. Die abgege-bene Klebstofffaser stellt ein dreidimensionales Gebilde mit einer erheblichen Drehmomentkomponente dar. Diese Klebstoffspirale wird anschließend auf den Strang abgegeben, wodurch es aufgrund von Überlappungen der einzelnen Fluidfasern zu „Materialanhäufungen“ („discrete bond points“) kommt.
In dem durch die Klägerin als Anlage K 7 vorgelegten Datenblatt findet sich unter anderem folgender Hinweis:
„E Düsen bieten einen präzisen Auftrag von Schmelzklebestofffasern zur Befestigung elastischer Materialien, einschließlich G® und H®-Produkte. Die Düsen ermöglichen den präzisen Auftrag von Klebstofffasern auf die Fäden von elastischen Materialien für Beinausschnitte, den seitlichen Auslaufschutz und den Bund von Babywindeln, Trainingshosen und Inkontinenzprodukten für Erwachsene.“
Zudem findet sich zu den F-Düsen der Beklagten in der durch die Beklagten als Anlage B 6/2 vorgelegten Produktübersicht, dort auf Blatt 2, unten rechts:
„Der festpositionierte Auftrag der E Düsen gewährleistet eine einheitliche Strang-zu-Strang Beschichtung und außergewöhnlich niedrige Auftragsmengen, sodass der Kriechwiderstand bei elastischer Verklebung günstig beeinflusst wird…“
Schließlich findet sich in dem als Anlage B 7/2 vorgelegten Prospekt auf Seite 1, rechte Spalte:
„Der Klebstoff wird einheitlich Strang-zu-Strang aufgetragen.“
Nach Auffassung der Klägerin machen die Beklagten damit mittelbar von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.
Die Klägerin beantragt,
zu erkennen wie geschehen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise: das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren über die Rechtsbeständigkeit des Klagepatents auszusetzen.
Nach Ansicht der Beklagten macht die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Die F-Düsen seien aufgrund ihrer Konstruktion nicht dazu geeignet und bestimmt, eine Kleb-stofffaser abzugeben, die bei ordnungsgemäßem Betrieb im Sinne des Klage-patents in einer Ebene hin- und herschwanke, so dass diese gleichmäßig ent-lang der axialen Ausdehnung des Strangs auf diesen abgegeben werde. Viel-mehr sei die F-Düse so konstruiert und von den Beklagten dazu vorgesehen, eine spiralförmige Klebstofffaser auf einen Strang abzugeben, welche zu Materialanhäufungen aufgrund der sich überlagernden Klebstofffasern und damit gerade nicht zu einer gleichmäßigen axialen Ausdehnung entlang des Strangs führe.
Die F-Düsen seien zudem nicht dazu geeignet und bestimmt, eine Klebstofffaser abzugeben, die so auf einem Strang abgelegt werde, dass alle Seiten des Strangs zumindest teilweise mit einer Klebstofffaser beschichtet würden, so dass durch die gleichmäßige Beschichtung des Strangs mit Kleb-stoff eine axial gleichmäßige Verklebung des Strangs mit dem Substrat erreicht werde. Denn F-Düsen würden Materialanhäufungen in Form von diskreten Verbindungspunkten („discrete bond points“) erzeugen und nicht – wie vom Klagepatent gefordert – das Material gleichmäßig aufbringen.
Ausschließlich in dem vorgenannten Sinne werde der Einsatz der F-Düsen von der Beklagten in der Werbung sowie im Kundengespräch empfohlen und von den Kunden der Beklagten eingesetzt. Ein anderer Einsatz der F-Düsen sei ausgeschlossen, es sei denn, diese würden entgegen ihrem technischen Einsatzzweck und den Empfehlungen der Beklagten vertrieben. Die in Bezug auf die streitgegenständliche F-Düse von den Beklagten ausschließlich empfohlene Abgabe einer spiralförmigen Klebstofffaser sei im Stand der Technik bekannt gewesen. Insbesondere handele es sich bei den F-Düsen um eine Weiterentwicklung der „I“-Düsen und -technologie, die von den Beklagten und deren Muttergesellschaft seit Ende der 80iger Jahre entwickelt worden seien.
Im Übrigen werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren sowohl unter den Gesichtspunkten der fehlenden Neuheit und Erfindungshöhe, als auch unter den Gesichtspunkten der unzulässigen Erweiterung sowie der fehlenden Ausführbarkeit nicht als rechtsbeständig erweisen.
Die Klägerin tritt dem entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die einge-reichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin stehen im tenorierten Umfang gegen die Beklagten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadenersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140 b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu.
I.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Mit der als Anlage K 1 vorgelegten „Prozess-standschafts- und Abtretungserklärung“ hat die C K Inc. (L Inc) die Klägerin ermächtigt, Unterlassungsansprüche wegen Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents im eigenen Namen geltend zu machen und ihr zugleich insbesondere Ansprüche auf Schadenersatz und Rechnungslegung bzw. Auskunftserteilung abgetreten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese Erklärung, wie die Beklagten meinen, nur Ansprüche für die Zukunft betreffen soll, sind weder hinreichend vorgetragen, noch ersichtlich.
II.
Die Erfindung betrifft im Allgemeinen Abgabesysteme für Klebstoff und im Be-sonderen Verfahren zum Verkleben von einem oder mehreren relativ langgezogenen Fäden mit einem oder mehreren Substraten, insbesondere zum Verkleben von gedehnten elastischen Fäden mit Geweben bei der Herstellung von Körperflüssigkeit absorbierenden Hygieneartikeln.
Wie das Klagepatent einleitend ausführt, sei es oft wünschenswert, relativ langgezogene Teile oder Fäden mit Substraten zu verkleben. Bei der Herstellung von verschiedenen, Körperflüssigkeit absorbierenden Hygieneartikeln, z. B. Windeln, lnkontinenzpolstern und anderer Unter-bekleidung, würden gedehnte elastische Fäden zwischen Stoffe geklebt, um das Hüftband oder andere dehnbare Teile zu formen. Bei Windeln müssten die Hüft- und insbesondere die Beinbänder für eine relativ flüssigkeitsfeste Dichtung zwischen der Unterwäsche und dem Körper sorgen.
Bei bekannten Herstellungsverfahren von Körperflüssigkeit absorbierenden Hygieneartikeln werde Klebstoff auf gedehnte elastische Fäden gesprüht, die sich auf oder in unmittelbarer Nähe eines darunterliegenden Gewebesubstrats befänden und sich relativ zu einer oder mehreren Klebstoffabgabedüsen bewegen würden. Der Klebstoff sei in der Regel ein Heiß-Schmelzklebstoff, der spiralförmig durch eine Spiraldüse ausgegeben und gleichzeitig großzügig sowohl auf das Substrat als auch auf die elastischen Fäden aufgetragen werde. Der gedehnte elastische Faden werde gewöhnlich zwischen sich überlappenden Gewebeschichten verklebt. Wenn sich die gedehnten elastischen Fäden zusammenziehen, werde das daran geklebte Gewebe gerafft und es würden plissierte Hüftbänder und andere dehnbare Teile der Unterbekleidung entstehen. Dabei sei es wichtig, dass der elastische Faden im Wesentlichen kontinuierlich entlang seiner axialen Länge mit dem Gewebe verklebt werde, damit ein gleichmäßiges Plissieren oder Raffen des Gewebes gewährleistet sei, da dies für den optimalen Komfort und die Flüssigkeitsaufnahme erforderlich sei und so ein ästhetisch ansprechendes Produkt entstehe.
Die US 5,507,909 offenbare ein Verfahren und eine Vorrichtung zum spiralför-migen Auftragen von Klebstoff auf einen elastischen Faden, der bei der Her-stellung von absorbierenden Einwegprodukten mit einem Substrat verklebt werde, ohne dass angrenzende Bereiche des Substrats mit großen Mengen Klebstoff beschichtet würden. Um den elastischen Faden mit Klebstoff zu be-schichten, werde der Faden um seine Achse gedreht, während er durch einen aus einer Ausgabeöffnung tretenden Klebstofffluss gezogen werde.
An diesen bekannten Verfahren kritisiert das Klagepatent jedoch, dass diese wesentlich mehr Klebstoff auf die elastischen Fäden und das da-runterliegende Substrat auftragen würden, als für das Verkleben erforderlich sei, was zu unnötig hohen Kosten führe. Der überschüssige Klebstoff, der in der Regel heiß sei, neige auch dazu, das relativ dünne, temperaturempfindliche Gewebe zu verformen, was zu einem unerwünschten Erscheinungsbild führe. In extremen Fällen könne der heiße Klebstoff das Gewebe durch Einbrennen eines Lochs zerstören.
Ein weiterer nachteiliger Effekt der Auftragung von überschüssigen Mengen Klebstoff auf Stoffe, so das Klagepatent weiter, sei die tendenzielle Versteifung des Gewebes durch den Klebstoff. Eine solche Versteifung sei besonders bei Windeln und anderen Unterwäsche-Anwendungen unerwünscht, bei denen der elastische Faden das Gewebe raffe, um Hüftbänder und andere dehnbare Teile zu formen, die den Körper eng berühren. Vor allem neige das versteifte Gewebe dazu, nicht so frei und gleichmäßig zu raffen, wie dies normalerweise der Fall wäre, was sich negativ auf die Fähigkeit des Gewebes zur Bildung einer effektiven Feuchtigkeitsdichtung beim engen Anliegen am Körper auswirke.
Der überschüssige, auf das Gewebe aufgetragene Klebstoff könne außerdem dessen flüssigkeitsabsorbierende Eigenschaften beeinträchtigen, wodurch Körperflüssigkeiten austreten und sich Schweißnässe am Körper des Trägers sammeln könne. Dies sei insbesondere an Stellen unangenehm, an denen Hüft- und Beinbundteile der Kleidung die Haut direkt berühren. Darüber hinaus könne das durch Klebstoff versteifte Gewebe leicht an der Haut reiben und in einigen extremen Fällen zu Allergien neigende Haut irritieren.
Das in der US 5,507,909 offenbarte Verfahren und die dort offenbarte Vorrich-tung würden zwar angeblich die Menge des auf das Substrat aufgetragenen Klebstoffs reduzieren und geringere Mengen Klebstoff auf den elastischen Fa-den auftragen. Doch das gleichmäßige spiralförmige Auftragen von Klebstoff um den Faden erfordere eine konsistente und gleichmäßige Überwachung der Rotation des Fadens während des Ziehens. Es sei fraglich, ob der elastische Faden konsistent und gleichmäßig gedreht werden könne, wie es für das gleichmäßige spiralförmige Auftragen des Klebstoffs um den Faden beim Her-stellungsprozess erforderlich wäre. Falls der Klebstoff nicht gleichmäßig entlang der axialen Ausdehnung des Fadens aufgetragen werde, hafte der gestreckte Faden später nicht gleichmäßig am Substrat, was sich negativ auf die gleichmäßige Raffung des Gewebes auswirke. Eine ungleichmäßige Raffung sei aus ästhetischer Sicht unerwünscht. Noch wichtiger sei, dass sich eine ungleichmäßige Raffung des Gewebes negativ auf die Fähigkeit des Gewebes zur Bildung einer effektiven Feuchtigkeitsdichtung auswirke und die Weichheit und den Komfort des Gewebes schmälere, wenn es an den Körper des Trägers gedrückt werde.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, neue Verfahren für das Auftragen von Fluiden auf Fäden und für das Verkleben von mit Klebstoff beschichteten Fäden mit Substraten bzw. für entsprechende Kombinationen bereitzustellen, die wirtschaftlich sind und die Probleme des Stands der Technik überwinden. Zudem sollen neue Verfahren für das Auftragen von Heiß-Schmelzklebstoffen auf elastische Fäden und für das Verkleben von mit Klebstoff beschichteten elastischen Fäden mit Geweben zur Bildung von Hüftbändern und anderen dehnbaren Teilen bei der Herstellung verschiedener Körperflüssigkeit absorbierender Hygieneartikel und absorbierender Einwegprodukte unter Verwendung geringerer Mengen Klebstoff bereitgestellt werden.
Eine weitere Aufgabe der Erfindung ist die Bereitstellung neuer Verfahren für das Verkleben von mit Klebstoff beschichteten elastischen Fäden mit Gewebe-substraten bei der Herstellung von verschiedenen Körperflüssigkeit absorbie-renden Hygieneartikeln, wobei der elastische Faden im Wesentlichen gleich-mäßig entlang seiner axialen Länge mit dem Gewebe verklebt wird um ein gleichmäßiges Raffen des Stoffs zu gewährleisten. Dies sorge für optimalen Komfort und optimale Flüssigkeitsaufnahme und ein ästhetisch ansprechendes, besser vermarktbares Produkt.
Schließlich sollen neue Verfahren zur Reduzierung der Klebstoffmenge bereitgestellt werden, die bei der Herstellung verschiedener Körperflüssigkeit absorbierender Hygieneartikel auf die mit dem darunter liegenden Gewebe zu verklebenden elastischen Fäden aufgetragen wird, um die Gefahr der Beschädigung des Gewebes durch heißen Schmelzklebstoff zu verringern, um eine Versteifung des Gewebes im Wesentlichen zu verhindern, um den Verlust der Eigenschaften des Gewebes zur Aufnahme von Feuchtigkeit zu verhindern und um Kosten, insbesondere Kosten im Zusammenhang mit übermäßigem Klebstoffverbrauch, zu senken. Die Faser werde über einem Weg des Fadens sowie über gegenüberliegende Seiten des Fadens hinaus hin und her geschwenkt, um zumindest teilweise alle Seiten des Fadens mit Klebstoff zu beschichten.
Die Lösung dieser Aufgabe geschieht nach Patentanspruch 1 durch eine Kombination der folgenden Merkmale:
Verfahren zum Auftragen einer Fluidfaser auf einen Strang (30), wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
1.1. Ziehen des Stranges (30) entlang eines isolierten Weges;
1.2. Ausgeben einer im Wesentlichen kontinuierlichen Fluidfaser (40) auf den Strang (30);
1.3. hin- und her Schwankenlassen der kontinuierlichen Fluidfaser (40) über den Weg des Stranges (30), und zwar nicht parallel zu dem Weg des Stranges, während die Fluidfaser auf den Strang ausgege-ben wird;
1.4. Aufnehmen im Wesentlichen der gesamten kontinuierlichen Fluidfaser (40) auf dem Strang (30).
Der durch die Klägerin ebenfalls geltend gemachte Patentanspruch 3 weist folgende Merkmale auf:
Verfahren zum Aufbringen einer Klebstoff-Faser auf einen Strang, umfassend:
2.1. Ziehen des Stranges (30) entlang eines räumlich von einem ersten Substrat (50) getrennten Weges;
2.2. Ausgeben der Klebstofffaser (40) von Oberhalb des Stranges;
2.3. hin- und her Schwankenlassen der Klebstofffaser (40) über den Weg des Stranges (30);
2.4. Einfangen im Wesentlichen der gesamten Klebstofffaser (40) auf dem Strang (30), wenn der Strang räumlich von dem Substrat (50) getrennt ist;
2.5. Beschichten aller Seiten (31, 32, 34, 36) des Stranges zumindest teilweise mit der Klebstofffaser, wenn der Strang räumlich von dem Substrat getrennt ist; und
2.6. In-Kontakt-Bringen des mit Klebstoff beschichteten Stranges (30) mit dem ersten Substrat (50), um den Strang mit dem Substrat zu verkleben.
III.
Nach dem im Patentanspruch 1 beanspruchten Verfahren wird die Fluidfaser somit dadurch auf den Strang aufgebracht, dass eine im Wesentlichen kontinuierliche Fluidfaser über den Weg des Strangs hin- und hergeschwenkt wird, wobei im Wesentlichen die gesamte Fluidfaser auf dem Strang aufgenommen wird. Hinsichtlich der Richtung des Hin- und Herschwankens entnimmt der Fachmann dem Wortlaut des Patentanspruchs zunächst, dass diese nicht parallel auf den Strang ausgegeben wird.
Nach Auffassung der Beklagten bedeutet der Begriff des Hin- und Herschwankens weiter, dass durch die Bewegung der „hin und herschwankenden“ Fluidfaser eine „aufgespannte“ Ebene definiert werden soll, wobei alle Ebenen erfasst sein sollen, die nicht parallel zum Strang sind (Hervorhebungen hinzugefügt). Der Begriff des Hin- und Herschwankens sei somit ein Unterfall des ebenfalls in der Klagepatentschrift zu findenden Begrif-fes des „Hin- und Herbewegens“ („moving back and forth“), bei dem es sich um den Oberbegriff zu den Begriffen „Hin- und Herschwanken“ („vacillating back and forth“) und „spiralförmig aufbringen“ („spiralling“) handele.
Unter Berücksichtigung der gebotenen funktionsorientierten Auslegung bietet die Klagepatentschrift für eine derartige einschränkende Auslegung des Patentanspruchs jedoch keine Veranlassung. Vielmehr erkennt der Fachmann, dass die Klagepatentschrift die Begriffe „hin- und herbewegen“ und „hin- und herschwanken“ als Synonyme verwendet. Für den Hinweis der Beklagten, die Beschreibung des Klagepatents umfasse auch Ausgestaltungen, die nicht von den Patentansprüchen erfasst seien, ist somit kein Raum.
Dass es sich bei dem Hin- und Herschwanken und bei einem spiralförmigen Aufbringen nicht um sich ausschließende Alternativen handelt, verdeutlicht dem Fachmann bereits die Systematik der Patentansprüche. So beansprucht Unteranspruch 6 ein Verfahren, bei dem die haftende Faser von einer Spiraldüse in einem Verwirbelungsmuster abgegeben wird, um die haftende Faser hin und her über den Weg des Strangs über gegenüberliegende Seiten des Strangs hinaus zu bewegen, während die haftende Faser auf den Strang ausgegeben wird. Das Klagepatent sieht somit auch das spiralförmige Aufbringen als Hin- und Herbewegen im Sinne des Klagepatents an. Zugleich nimmt Unteranspruch 6 jedoch auch auf den hier streitgegenständlichen Patentanspruch 3 Bezug, wonach ein Hin- und Herschwanken beansprucht wird. Bereits dies verdeutlicht dem Fachmann, dass auch mit einer Spiraldüse ein hin- und herschwankender Strang erzeugt werden kann. Entsprechendes gilt für Unteranspruch 16.
Eine Bestätigung dieser Auslegung erhält der Fachmann in Abschnitt [0026]. Danach können bei einer alternativen Ausführungsform heiße Klebstofffasern über eine Spiraldüse spiralförmig ausgegeben werden, um die Klebstofffaser über den Weg des Fadens hin- und her zu bewegen, wobei das Klagepatent ausdrücklich klarstellt, dass die in den US-Patentanmeldungen 08/843,224 so-wie 08/717,080 genannten Düsen sowohl für ein Schwenken in einer Ebene, wie es etwa in Figur 2a gezeigt ist, als auch für einen spiralförmigen Auftrag geeignet sind (vgl. insbes. Abschnitt [0026] a. E.). Soweit die Beklagten dem-gegenüber meinen, aus der Formulierung „bei einer alternativen Ausführungsform“ ergebe sich zwingend, dass sich ein spiralförmiger Auftrag und ein nach Auffassung der Beklagten auf ein Schwenken in einer Ebene beschränktes Hin- und Herschwanken gegenseitig ausschließen, lässt sich dies Abschnitt [0026] nicht entnehmen. Vielmehr stellt Abschnitt [0026] klar, dass es sich auch bei einem spiralförmigen Auftrag um eine (erfin-dungsgemäße) Ausführungsform handeln kann.
Auch die in der Klagepatentschrift enthaltenen Ausführungen zum Stand der Technik rechtfertigen keine andere Bewertung. Wie der Fachmann insbeson-dere den Abschnitten [0004] und [0006] – [0008] entnimmt, geht das Klagepa-tent zunächst von einem Stand der Technik aus, bei dem das Fluid großzügig mit einer Spiraldüse sowohl auf das Substrat als auch auf den elastischen Fa-den aufgetragen wird. Daran kritisiert das Klagepatent jedoch nicht das Aufbringen mittels einer Spiraldüse. Als nachteilig bezeichnet das Klagepatent an diesen Verfahren vielmehr, dass wesentlich mehr Klebstoff aufgetragen werde als für das Verkleben erforderlich sei, was etwa zu Kostensteigerungen oder zu einer Versteifung des Gewebes führe. Zudem könnten die flüssigkeits-absorbierenden Eigenschaften beeinträchtigt werden (vgl. Abschnitte [0006] – [0008]).
Das Klagepatent geht sodann auf die US 5,507,909 ein, bei welcher ein Kleb-stoff spiralförmig auf einen elastischen Faden aufgebracht wird (vgl. Abschnitt [0005]). Auch dabei kritisiert das Klagepatent nicht das spiralförmige Aufbringen des Klebstoffs an sich. Als nachteilig bezeichnet es das Klagepatent insoweit vielmehr, dass der Klebstoffauftrag dadurch erfolgt, dass der Faden beim Beschichten um seine Achse gedreht wird. Da hierfür ein konsistentes und gleichmäßiges Drehen des Fadens erforderlich sei, sei dieses Verfahren schwer umzusetzen (vgl. Abschnitt [0009]).
Das Klagepatent knüpft im Anschluss bei der Formulierung der Aufgabe an die bekannten Verfahren an, die insbesondere dahingehend weiterentwickelt werden sollen, dass die im Stand der Technik bekannten Nachteile überwunden werden. Insbesondere soll erreicht werden, dass mit möglichst einer geringen Menge Klebstoff eine möglichst gleichmäßige Verklebung gewährleistet wird. Einen Anhaltspunkt dafür, dass sich das Klagepatent in diesem Zusammenhang von einem spiralförmigen Auftrag bzw. dem Aufbringen mittels Spiraldüsen lösen will, findet der Fachmann in der Klagepatentschrift nicht.
Soweit in den Figuren 2a – 3 demgegenüber ein Ausführungsbeispiel darge-stellt ist, nach welchem die Klebstofffaser in einer Ebene geschwenkt wird, darf die technische Lehre des Klagepatents, insbesondere auch im Hinblick auf Abschnitt [0026] sowie die Unteransprüche 6 und 16, nicht auf diese Lehre reduziert werden.
Auch die durch die Beklagten als Anlagen B 4 und B 13 vorgelegten Privatgut-achten des N rechtfertigen keine andere Bewertung.
Das als Anlage B 4 vorgelegte Privatgutachten ist bereits deshalb für eine Aus-legung des Klagepatents unbrauchbar, weil dieses aufgrund der dort gestellten Aufgabe gerade den für die Auslegung zwingend zu berücksichtigenden Abschnitt [0026] ebenso außer Betracht lässt wie die Unteransprüche 6 und 16. Zudem wird dort für die Auslegung insbesondere auf die US 4,785,996 abgestellt, bei welcher es sich um keinen in der Patentschrift genannten Stand der Technik handelt, so dass diese Schrift bei der Auslegung keine Berücksichtigung finden darf.
Zwar haben die Beklagten nunmehr als Anlage B 13 ein Ergänzungs-gutachten vorgelegt. Jedoch stellt dieses ebenfalls insbesondere in Bezug auf die Auslegung des Unteranspruchs 6 maßgeblich auf die US 4,785,996 ab, bei welcher es sich um keinen bei der Auslegung des Klagepatents zu berücksichtigenden Stand der Technik handelt. Im Übrigen gehen die Ausführungen in dem vorgelegten Privatgutachten nicht über den Vortrag der Beklagten hinaus, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.
Der weitere Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe die technische Lehre des Klagepatents im Erteilungsverfahren bewusst eingeschränkt, indem sie den Begriff „hin- und her bewegen“ („moving back and forth“) durch „hin- und her schwanken („vacillating back and forth“) ersetzt habe, kann bei der Auslegung des Klagepatents keine Berücksichtigung finden, da es sich hierbei um Vortrag handelt, der sich lediglich aus den Erteilungsakten ergibt, bei denen es sich um kein zulässiges Auslegungsmaterial handelt. Nach Art. 69 EPÜ sind für die Auslegung der Patentansprüche lediglich die Patentbeschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen, wobei diese Auslegung abschließend ist (vgl. BGH GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage, Rz. 45). Entsprechend ist auch für eine Heranziehung der Offenlegungsschrift kein Raum. Im Übrigen können Äußerungen des Patentinhabers im Patenterteilungsverfahren zwar ein Indiz für ein bestimmtes Verständnis des Fachmanns sein (BGH NJW 1997, 3377, 3380 – Weichvorrichtung; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage, Rz. 47). Jedoch hat die Klägerin in ihrer Replik vorgetragen, die durch die Beklagten zitierten Äußerungen seien in Abgrenzung zu der US-A-5 507 909 (D1) bzw. der US-A-5 501 756 (D2) erfolgt, die beide keine spiralförmige, sondern eine lineare Abgabe der Klebstofffaser auf einen rotierenden Strang offenbaren würden. In diesem Zusammenhang habe die Klägerin klargestellt, dass dort kein Hin- und Herschwanken des Fluidstrangs offenbart sei. Dem sind die Beklagten nicht entgegen getreten. Damit bezogen sich die Äußerungen jedoch gerade auf einen solchen Stand der Technik, wie er in den Abschnitten [0005] und [0009] zitiert ist. Dass dort kein Hin- und Herschwanken des Fluidstrangs offenbart ist, ergibt sich somit aus der Klagepatentschrift selbst.
Ohne Erfolg stellen die Beklagten schließlich zur Begründung der durch sie vertretenen einschränkenden Auslegung nunmehr auf die Entscheidung „Okklusionsvorrichtung“ (vgl. BGH GRUR 2011, 701 ff.) ab, da sich der Inhalt der Patentansprüche – wie bereits ausgeführt – vorliegend gerade mit dem Inhalt der Klagepatentschrift in Einklang bringen lässt.
IV.
Das in Patentanspruch 3 beanspruchte Verfahren unterscheidet sich von Pa-tentanspruch 1 im Wesentlichen dadurch, dass zusätzlich alle Seiten des Strangs zumindest teilweise mit der Klebstofffaser beschichtet werden sollen, wenn der Strang räumlich von dem Substrat getrennt ist (Merkmal 2.5.). Zudem soll der mit Klebstoff beschichtete Strang nach Merkmal 2.6. mit dem ersten Substrat in Kontakt gebracht werden, um den Strang mit dem Substrat zu ver-kleben.
1.
Nach Auffassung der Beklagten soll Merkmal 2.5. eng verknüpft mit Merkmal 2.3. zu lesen sein: Durch das Hin- und Herschwanken in einer Ebene solle er-reicht werden, dass an jedem beliebigen Querschnitt senkrecht zur Bewegungsrichtung des Strangs an der äußeren Oberfläche des Strangs an wenigstens einer Stelle Klebstoff vorhanden sei. Es müsse also im Ergebnis ein lückenloser Klebstoffauftrag vorhanden sein, da nur dadurch ein gleichmäßiges Verkleben des Substrats möglich sei, wie es insbesondere in den Abschnitten [0023] und [0013] beschrieben werde. Darüber hinaus seien die Merkmale 2.3. und 2.5. derart auszulegen, dass durch das Hin- und Herschwanken ein nicht überlappendes Auftragsmuster herbeigeführt werden solle.
Für eine derartige Einschränkung des Klagepatents bietet jedoch weder Pa-tentanspruch 3, noch die Patentbeschreibung eine hinreichende Grundlage. Bereits der Wortlaut des Patentanspruchs verdeutlicht vielmehr, dass es aus-schließlich darauf ankommt, dass bei einer Betrachtung des Strangs (in axialer Richtung) jede Seite des Strangs zumindest teilweise beschichtet sein soll. Weder entnimmt der Fachmann dem Patentanspruch einen Hinweis, dass es hierbei nicht zu Überlappungen des Klebstoffstrangs kommen darf, noch, dass an jeder Stelle (im Querschnitt des Strangs gesehen) des Strangs zumindest an einer Seite Klebstoff vorhanden sein muss. Dass es bei Anwendung der patentgemäßen Lehre auch zu „Überlappungen“ des Klebstoffs kommen kann, verdeutlicht dem Fachmann vielmehr Abschnitt [0022] a. E., wonach sich bei einigen Anwendungen die Faserteile (42) und (44) manchmal sogar mehrfach um den Faden wickeln können. Dem Fachmann ist somit klar, dass dies dazu führen kann, dass in diesem Fall auch Punkte entstehen, wo sich die Klebstofffasern überlappen. Auf die insbesondere in Figur 3 gezeigte Ausgestaltung, bei welcher es tatsächlich zu keiner Überlappung kommt, darf die Erfindung demgegenüber bereits deshalb nicht beschränkt werden, weil es sich dabei um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel handelt, auf das der allgemeiner formulierte Patentanspruch nicht reduziert werden darf.
Die von den Beklagten vertretene einschränkende Auslegung des Patentan-spruchs ist auch weder vor dem Hintergrund der Aufgabe der Erfindung, noch in Abgrenzung zum Stand der Technik gerechtfertigt.
Zunächst möchte sich das Klagepatent von den im Stand der Technik bekann-ten Lösungen abgrenzen, bei denen der Klebstoff auf den elastischen Faden und das Substrat aufgebracht wird, weshalb zu große Mengen Klebstoff ver-wendet werden müssten, was nicht nur erhöhte Kosten, sondern auch eine tendenzielle Versteifung des Gewebes sowie eine Reduktion der flüssigkeitsabsorbierenden Eigenschaften zur Folge haben könne (vgl. Abschnitte [0004] und [0006] – [0008]). Zudem kritisiert das Klagepatent an dem über die Rotation des Fadens herbeigeführten spiralförmigen Auftrag, dass dieser, wenn der Faden nicht gleichmäßig um seine Achse gedreht werde, ungleichmäßig sei (vgl. Abschnitte [0005] und [0009]).
Von den bekannten Lösungen möchte sich das Klagepatent somit ins-besondere dadurch abgrenzen, dass zumindest teilweise alle Seiten des Strangs mit Klebstoff beschichtet werden (Merkmal 2.5.). Dies gewährleistet, dass dann, wenn der Strang wie in Merkmal 2.6. beschrieben mit dem ersten Substrat verbunden wird, der elastische Faden im Wesentlichen entlang seiner axialen Länge mit dem Gewebe verklebt wird (vgl. Abschnitt [0013]). Dafür ist jedoch weder erforderlich, dass – wie die Beklagten meinen – der elastische Faden an jeder Stelle zumindest an einer Seite beschichtet wird, noch, dass sich die Fluidfaser nicht an einigen Punkten überlappt. Vielmehr entnimmt der Fachmann bereits der Formulierung von Merkmal 2.5., dass bei einer Betrachtung des gesamten Stranges jede Seite zumindest teilweise beschichtet sein muss. Es kommt somit – korrespondierend mit der in Abschnitt [0013] formulierten Aufgabe – auf eine Betrachtung des Strangs in seiner axi-alen Ausrichtung an. Eine gleichmäßige Beschichtung des Strangs ist demgegenüber erst in Unteranspruch 10 beansprucht.
Im Übrigen rechtfertigt auch das durch die Beklagten als Anlage B 13 vorge-legte Privatgutachten, dort insbesondere die Seiten 12 – 14, keine andere Be-wertung. Zwar gelangt der beauftragte Privatgutachter dort ebenfalls zu der Überzeugung, Patentanspruch 3 fordere, dass es zu keinen Überlappungen kommen dürfe. Im Hinblick auf Abschnitt [0022] meint der Privatgutachter je-doch lediglich, für den Fachmann finde sich keine plausible Erklärung für den in der Klagepatentschrift enthaltenen Hinweis auf ein mehrfaches Umwickeln.
2.
Für die durch die Beklagten in Bezug auf Merkmal 2.6. vertretene Auffassung, es solle eine axial gleichmäßige Verklebung erzielt werden, findet sich in Pa-tentanspruch 3 kein Hinweis. Der Fachmann entnimmt dem Merkmal vielmehr lediglich, dass der Strang erst dann mit dem Substrat in Verbindung gebracht wird, nachdem er mit Klebstoff beschichtet wurde, so dass in Abgrenzung zum Stand der Technik nicht Strang und Substrat gleichzeitig, sondern nur der Strang mit dem Klebstoff beschichtet und sodann mit dem Substrat in Verbin-dung gebracht wird.
V.
Ausgehend von diesen Überlegungen macht die angegriffene Ausfüh-rungsform mittelbar von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.
1.
Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht und das zur unmittelbaren Patentbenutzung unmittelbar geeignet ist. Wesentlich ist ein Element der Erfindung dabei bereits regelmäßig dann, wenn es Bestandteil des Patentanspruchs ist (vgl. BGH GRUR 2007, 773 – Rohrschweißverfahren). Ein Mittel ist dann objektiv geeignet, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, wenn bei seinem Einsatz zusammen mit anderen Mitteln oder zur Anwendung eines Verfahrens eine unmittelbare wortsinngemäße oder äquivalente Patentverletzung möglich ist (vgl. BGH GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug).
Legt man die o. g. Auslegung zu Grunde, sind diese Anforderungen bei der angegriffenen Ausführungsform erfüllt. Unstreitig geben die angegriffenen „F“-Düsen, bei welchen es sich um sog. Spiraldüsen handelt, bei ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch einen elastischen Faden ab, wobei die Fluidfaser mit zusätzlichen Luftdüsen in Bewegung versetzt wird. Hierfür sind vier Luftdüsen pro abgegebene Fluidfaser vorhanden. Dass sich die Faser dabei um den Strang wickelt, ist sowohl anhand des durch die Beklagten als Anlage 6 zur Anlage B 9 vorgelegten Fotos, als auch in den als Anlage 4 zur Anlage B 9 vorgelegten Videos zu erkennen. Zudem wird dies auch in der als Anlage B 7 vorgelegten Werbebroschüre bestätigt.
Damit ist die angegriffene Ausführungsform geeignet, die technische Lehre des Klagepatents zu verwirklichen, denn wie bereits ausgeführt wurde, ist es hierfür weder erforderlich, dass die Fluidfaser in einer Ebene hin- und hergeschwenkt wird, noch steht es der Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents entgegen, dass es bei Anwendung der angegriffenen Ausführungsform zu Überlappungen („discrete bond points“) kommt. Schließlich ist es für die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents auch nicht erforderlich, dass der Fluidstrang derart „gleichmäßig“ verteilt ist, dass an jedem Querschnitt zumindest an einer Seite Klebstoff vorhanden ist.
2.
Zudem haben die Beklagten die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland zur Verwendung im Inland angeboten und vertrieben („doppelter Inlandsbezug“).
3.
Dass die Empfänger der angegriffenen Ausführungsform zur Verwendung der Erfindung berechtigt wären, haben die Beklagten weder vorgetragen, noch ist dies ersichtlich.
4.
Darüber hinaus haben die Beklagten ihre Abnehmer auch zur Benutzung der Erfindung bestimmt. Hierfür genügt es, dass der Handlungswille des Angebots- oder Lieferempfängers im Zeitpunkt der Lieferung hinreichend absehbar war (vgl. BGH GRUR 2001, 228 – Heizluftgerät; BGH GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug). Die subjektive Bestimmung des Abnehmers zur unmittelbar patentverletzenden Verwendung eines angebotenen oder gelieferten Mittels ist regelmäßig aufgrund der Umstände offensichtlich, wenn das Mittel ausschließlich patentverletzend verwendet wird. Maßgeblich ist immer, ob die Verwendungseignung und -bestimmung für den Anbietenden bzw. Lieferanten in der konkreten Angebots- bzw. Liefersituation offensichtlich war (vgl. BGH GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug; BGH GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat).
Diese Voraussetzungen liegen hier ohne Weiteres vor, da die angegriffene Ausführungsform, was die Beklagten betonen, ausschließlich zur Verwendung in der durch die Beklagten beschriebenen Weise angeboten und vertrieben wird.
VI.
Da die Beklagten demnach mit der angegriffenen Ausführungsform das Klagepatent mittelbar verletzen, ohne zu einer Nutzung des Klagepatents berechtigt zu sein, stehen der Klägerin folgende Ansprüche zu:
1.
Die Beklagten machen durch das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland widerrechtlich mittelbar von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, so dass sie gegenüber der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet sind (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG). Da die angegriffene Ausführungsform bereits nach dem Vortrag der Beklagten ausschließlich in der beschriebenen Weise, das heißt zu einem spiralförmigen Auftrag der Fluidfaser auf einen Strang verwendet werden kann, kommt vorliegend auch wie von der Klägerin beantragt ein Schlechthinverbot in Betracht. Dass die angegriffene Ausführungsform ausschließlich derart verwendet werden kann, dass jeweils ein Strang mit einer Fluidfaser beschichtet wird, bestätigen im Übrigen auch die durch die Beklagten als Anlagen B 6/2 und B 7 vorgelegten Unterlagen.
2.
Des Weiteren haben die Beklagten der Klägerin Schadenersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.
3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadener-satzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Darüber hinaus werden die Beklagten durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140 b PatG). Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist den Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht ge-werblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).
VII.
Für eine Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung,
§ 148 ZPO.
1.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BIPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesge-richt Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 2784 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als Solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dies kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch auf eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.
2.
Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht für eine Aussetzung der Verhandlung keine Veranlassung.
a)
Soweit sich die Beklagten zur Begründung ihres Aussetzungsantrages zunächst auf eine unzulässige Erweiterung berufen, scheidet eine Aus-setzung der Verhandlung unter diesem Gesichtspunkt bereits deshalb aus, weil sowohl die Offenlegungsschrift (vgl. Anlage K 15), als auch die durch die Beklagten insoweit in Bezug genommenen Anlagen lediglich in englischer Sprache vorliegen.
Im Übrigen dürften die Voraussetzungen einer unzulässigen Erweiterung auch inhaltlich nicht erfüllt sein.
(1)
Die Beklagten begründen die aus ihrer Sicht vorliegende unzulässige Erweite-rung zunächst damit, die Klägerin habe das im ursprünglichen Anspruch 13, auf dem der jetzige Patentanspruch 1 unstreitig beruht, enthaltene Merkmal „capturing substantially all of the fluid fiber on the strand“ weggelassen.
Die Klägerin verweist insoweit auf Seite 5 oben der ursprünglichen An-meldung, wo dieses Merkmal lediglich als bevorzugte Ausführungsform beschrieben werde (vgl. Anlage A 4, Markierung). Entsprechend findet sich in der Offenlegungsschrift in Sp. 4, Z. 4 – 7, dass die Faser vorzugsweise über den Weg des Strangs hin- und hergeschwenkt wird und alle Seiten zumindest teilweise beschichtet werden.
(2)
Des Weiteren führen die Beklagten zur Begründung einer unzulässigen Erweiterung an, das Merkmal „nicht parallel zu dem Weg des Strangs“ („non-parallel to the path of the strand“) sei hinzugefügt worden, ohne dass dies ursprünglich offenbart sei. Insoweit braucht die Kammer jedenfalls in ihrer Aussetzungsentscheidung nicht abschließend zu beurteilen, ob das Merkmal etwa in Figur 2a der Offenlegungsschrift sowie den durch die Klägerin zitierten Textstellen (Anmeldung S. 9, Z. 8 – 10 und S. 10, Z. 6) offenbart ist. Jedenfalls hat sich unter Berücksichtigung der Eingabe der Klägerin vom 02.04.2008 bereits das Europäische Patentamt im Erteilungsverfahren mit dieser Frage befasst und das Klagepatent erteilt, so dass sich zumindest mit der für eine Aussetzung der Verhandlung erforderlichen Wahrscheinlichkeit nicht feststellen lässt, dass das Klagepatent insoweit unzulässig erweitert wurde.
b)
Eine Aussetzung der Verhandlung unter dem Gesichtspunkt der unzureichen-den Offenbarung kommt ebenfalls nicht in Betracht.
Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Unteranspruch 6, in Bezug auf den sich die Beklagten auf eine unzureichende Offenbarung berufen, vorliegend nicht streitgegenständlich ist. Zwar ist dieser bei der Auslegung des Klagepatents – neben weiteren Argumenten – mit zu berücksichtigen. Dies allein reicht jedoch für die für eine Aussetzung der Verhandlung erforderliche Vorgreiflichkeit nicht aus.
Zudem kommt es für die Frage der hinreichenden Offenbarung darauf an, ob ein Fachmann die beanspruchte Lehre unter Berücksichtigung seines Fachwissens ausführen kann (vgl. Schulte/Moufang, Patentgesetz mit EPÜ, 8. Auflage, § 34 Rz. 360 ff.). Dass dies hier der Fall wäre, lässt sich für die nicht fachkundig besetzte Kammer nicht mit der eine Aussetzung der Verhandlung rechtfertigenden Sicherheit feststellen. Die Beklagten begründen den Vorwurf darüber hinaus damit, Anspruch 6 sei in sich widersprüchlich, da er einerseits ein Hin- und Herschwanken der Faser („vacillating“) verlange und andererseits offenbare, dass die Faser von einer Spiraldüse in einem Verwirbelungsmuster ausgegeben werde. Da jedoch der Begriff „hin- und herschwanken“ – wie be-reits im Rahmen der Auslegung des Klagepatents ausgeführt wurde – auch eine spiralförmige Bewegung umfasst, besteht der durch die Beklagten be-hauptete Widerspruch tatsächlich nicht.
c)
Der durch die Beklagten zur Begründung der fehlenden Neuheit herangezo-gene Stand der Technik rechtfertigt eine Aussetzung der Verhandlung nicht.
(1)
Die technische Lehre des Klagepatent wird weder durch die DE 37 40 410 (= D 15), noch durch die lediglich in englischer Sprache vorgelegte US 4,842,666 (D 17), die nach dem Vortrag Beklagten der D 15 im Wesentlichen entspricht, neuheitsschädlich vorweggenommen.
Dem Fachmann wird in der Entgegenhaltung ein Verfahren offenbart, welches im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet ist, dass faden- oder bändchenförmige Elemente mit Abstand zu einem Substrat mit einem Schmelzklebstoff besprüht und erst danach mit dem Substrat in Verbindung gebracht werden.
Eine mögliche Ausführungsform der offenbarten Erfindung ist in den Figuren 1 und 2 der Entgegenhaltung gezeigt:
Zudem finden sich in Figur 4 nach der Beschreibung der Entgegenhaltung zwei schematische Darstellungen von spinnwebartigen bzw. ornamentartigen Schmelzklebefäden.
Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt es damit bereits an einer Offenbarung der Merkmale 1.2. und 2.2., da nicht eine Klebstofffaser auf den Strang aufgebracht, sondern der Klebstoff gesprüht wird. Soweit die Beklagten meinen, die Offenbarung in Sp. 2, Z. 33 ff. der Entgegenhaltung zeige deutlich, dass jeder Düse ein Strang zugeordnet sei, findet sich dort ebenfalls nur der Hinweis auf ein Besprühen. Auch wenn der Fachmann dort den Hinweis erhält, dass ein oder mehrere faden- oder bändchenförmige Elemente besprüht werden können, fehlt es an einer Offenbarung, dass bei einer gleichzeitigen Beschichtung mehrerer faden- oder bändchenförmiger Elemente für jeden Faden genau eine Düse eingesetzt werden soll.
Des Weiteren lässt sich der Entgegenhaltung, ohne in eine unzulässige rück-schauende Betrachtung zu verfallen, auch nicht entnehmen, dass eine Fluidfaser hin- und hergeschwenkt wird (Merkmale 1.3. und 2.3., Hervorhebung hinzugefügt). Auch wenn in Figur 4 (b) ein spiralförmiges Sprühmuster gezeigt ist, enthält die Entgegenhaltung keinen Hinweis, dass dieses Muster durch das Hin- und Herschwanken einer Fluidfaser entsteht. Die in den Figuren gezeigten Klebstoffmuster ergeben sich vielmehr durch das Besprühen mit dem Klebstoff, wobei mehrere Sprühfädchen entstehen. So findet sich in der durch die Beklagten herangezogenen Beschreibungsstelle in Sp. 2, Z. 62 ff., dass spinnwebenartige Sprühfädchen bis zu musterartig sich überlappende Sprühfädchen in beispielsweise ringartiger, ovaler und anderweitig mehr oder weniger gleichmäßig verschlungener Anordnung erzeugt oder aufgebracht werden (vgl. Sp. 2, Z. 62 – 66, Hervorhebung hinzugefügt). Zudem werden in Figur 4 nach der zugehörigen Beschreibung spinnwebenartige bzw. ornamentartige Schmelzkleberfädchen gezeigt (vgl. Sp. 4, Z. 47 – 49, Hervorhebung hinzuge-fügt).
Schließlich fehlt es auch an einer Offenbarung der Merkmale 1.4. und 2.4., da dem Fachmann in der Entgegenhaltung nicht offenbart wird, dass im Wesentlichen die gesamte Klebstofffaser durch den Strang aufgenommen werden soll. Aus den Figuren allein ergibt sich dies jedenfalls nicht. Soweit die Beklagten insoweit erneut auf Sp. 2, Z. 33 Bezug nehmen, findet der Fachmann dort zwar den Hinweis, dass es keines zusätzlichen Aufbringens von Klebstoff auf das Substrat bedarf. Dies bedeutet jedoch im Umkehrschluss nicht automatisch, dass ein solches Aufbringen unerwünscht wäre. Vielmehr findet der Fachmann in der Entgegenhaltung den weiteren Hinweis, dass bei bestimmten Produkten, etwa bei der Herstellung von Windeln, nicht nur auf die elastischen Fäden, sondern auch auf deren angrenzenden Bereich gesprüht werden soll, so dass auch der zwischen den faden- und bändchenförmigen Elementen liegende Bereich mit Schmelzklebstoff besprüht werden kann (vgl. Sp. 3, Z. 68 – Sp. 4, Z. 8).
(2)
Soweit die Beklagten auf die im Nichtigkeitsverfahren als Anlage D 11 vorge-legte Broschüre („H.B. Fuller-Broschüre“) Bezug nehmen, rechtfertigt diese Broschüre eine Aussetzung der Verhandlung bereits deshalb nicht, weil ihr ein Veröffentlichungsdatum nicht zu entnehmen ist. Zudem wird auch in dieser Entgegenhaltung ein den Strang ummantelnder Sprühnebel offenbart, so dass die Ausführungen zu den Entgegenhaltungen D 15 und D 17 hier entsprechend gelten.
Bei der im Nichtigkeitsverfahren zusätzlich ohnehin lediglich in englischer Sprache vorgelegten Erklärung O (E 4) handelt es sich lediglich um eine schriftliche Zeugenaussage. Eine solche Erklärung kann eine Aussetzung der Verhandlung bereits deshalb nicht rechtfertigen, weil eine eventuell erforderli-che Vernehmung von Zeugen im Nichtigkeitsverfahren, nicht aber im Verlet-zungsverfahren erfolgt. Somit ist unvorhersehbar, in welcher Weise der be-nannte Zeuge überhaupt aussagen wird und ob seine Aussage, wenn sie für die Beklagte als Nichtigkeitsklägerin positiv ausfällt, für glaubhaft gehalten wird. Schon wegen dieser gänzlich unsicheren Prognose verbietet sich die Annahme, es sei im Hinblick auf die Ziehvorrichtung, auf die sich die schriftliche Zeugenaussage von Herrn P bezieht, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit einer Vernichtung des Klagepatents zu rechnen (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage, Rz. 1402).
(3)
In Bezug auf die im Nichtigkeitsverfahren als Anlagen D 12 bis D 14 vorgeleg-ten Unterlagen, welche die sog. „I“-Technologie (CF) betreffen, erscheint eine Aussetzung der Verhandlung bereits deshalb problematisch, weil sämtliche Unterlagen lediglich in englischer Sprache vorgelegt wurden.
Die Beklagten nehmen insoweit im Wesentlichen auf die als Anlagen D 14 bzw. D 14a vorgelegte Broschüre, welche als Veröffentlichungsdatum 10/92 ausweist, Bezug. Dort findet sich auf Seite 5, rechte Spalte unter anderem die nachfolgend eingeblendete Abbildung:
Unstreitig findet sich zudem unmittelbar unter diesem Bild unter anderem die Erläuterung, dass bei Anwendungen wie der Beinelastikbefestigung Heiz-schmelzklebstoff direkt auf die elastischen Stränge („elastic strands“, Hervorhebung hinzugefügt) kurz vor dem Kontakt mit der Außenschicht gesprüht wird. Die Spiralbewegung des CF-Sprühaufrages wickele den Klebstoff komplett um die Stränge herum und verbindet damit das elastische Material mit der Außenschicht und der Deckschicht. Dadurch werde der Kriechwiderstand verbessert und der Klebstoffverbrauch minimiert.
Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt es somit an einer Offenbarung der Merkmale 1.3. bzw. 2.3. Patentanspruch 1 beansprucht ein Verfahren zum Auftragen einer Fluidfaser auf einem Strang, wobei eine im Wesentlichen kontinuierliche Fluidfaser auf den Strang ausgegeben und über den Weg des Stranges hin- und hergeschwenkt werden soll und im Wesentlichen die gesamte Fluidfaser auf dem Strang aufgenommen werden soll (Hervorhebungen hinzugefügt). Vergleichbares gilt für den ebenfalls streitgegenständlichen Patentanspruch 3.
Eine derartige Offenbarung ist im Hinblick auf das CF-Verfahren nicht ersicht-lich. Soweit die Beklagten auf Seite 6 der D 14 und den dortigen Hinweis auf die Verwendung bei Windelhöschen („leg gather application“) verweisen, lässt dieser Hinweis an sich keinen Rückschluss darauf zu, ob dort ein oder mehrere Stränge jeweils mit einer oder mehreren Düsen beschichtet werden. Der weitere Hinweis, es sei im Stand der Technik, etwa aus der D 9, bekannt gewesen, das CF-Verfahren auch auf einzelne Stränge anzuwenden, stellt demgegenüber eine Erwägung dar, die gegebenenfalls für die Frage der Erfindungshöhe, nicht aber der Neuheit relevant ist.
Diese Ausführungen gelten für den als Anlage D 13 bzw. D 13a vorgelegten Prospekt (Erscheinungsdatum: 1/91) entsprechend, da auch insoweit weder dem Vortrag der Beklagten, noch dem ebenfalls lediglich in englischer Sprache vorgelegten Prospekt zu entnehmen ist, dass dort ein Strang mit einer Fluidfaser besprüht wird.
Gleiches gilt für die offenbar aus dem Jahr 1989 stammende und als Anlage D 12 lediglich in englischer Sprache vorgelegte Schrift „Trends“, in welcher insbesondere darauf hingewiesen wird, dass mehrere Stränge beschichtet werden („…with the incorporation of multiple strands of threaded elastic materials…“).
Die durch die Beklagten lediglich in englischer Sprache als Anlage E 3 vorge-legte Erklärung rechtfertigt aus den bereits im Hinblick auf die Erklärung gemäß Anlage E 4 genannten Gründen eine Aussetzung der Verhandlung ebenfalls nicht.
(4)
Soweit die Beklagten die fehlende Neuheit unter Verweis auf offenkundige Vorbenutzungen bei den Firmen „Q“, „R“, „S“ sowie „T“ zu begründen versuchen, scheidet eine Aussetzung der Verhandlung unter diesem Gesichtspunkt bereits deshalb aus, weil die Beklagten insoweit maßgeblich zahlreiche Zeugen benennen und auf – englischsprachige – schriftliche Zeugenaussagen Bezug nehmen, eine Vernehmung der Zeugen jedoch nur im Nichtigkeitsverfahren in Betracht kommt.
d)
Schließlich ist eine Aussetzung der Verhandlung auch unter dem Ge-sichtspunkt der fehlenden erfinderischen Tätigkeit nicht gerechtfertigt.
(1)
Die durch die Beklagten in Bezug auf das „Fuller“-Verfahren vorgelegten Anla-gen D 11, D 15 und D 17 tragen eine Aussetzung der Verhandlung unter dem Gesichtspunkt der fehlenden erfinderischen Tätigkeit bereits deshalb nicht, weil dort auch, wie bereits ausgeführt, nicht nur die Merkmale 1.4. und 2.4., sondern auch die Merkmale 1.2. und 2.2. sowie 1.3. und 2.3. nicht offenbart sind. Somit genügt es nicht, dass die Beklagten versuchen, das Naheliegen damit zu begründen, das Problem des „Durchbrennens“ („burn through“) sei im Stand der Technik als Problem bekannt gewesen. Um dies zu verhindern, habe es nahe gelegen, das Fluid unmittelbar auf den Strang aufzubringen.
Zudem ist auch nicht ersichtlich, weshalb der Fachmann das Verfahren gemäß Anlagen D 11, D 15 und D 17 mit dem in der Entgegenhaltung D 1 (US 5,507,909) offenbarten Verfahren, bei dem der Strang gedreht wird, nahelie-gend kombinieren sollte. Gleiches gilt für eine Kombination des Verfahrens gemäß Anlagen D 11, D 15 und D 17 mit dem CF-Verfahren (Anlagen D 12 – D 14). Im Übrigen gilt es insoweit zu berücksichtigen, dass es sich bei der D 1 um den in der Klagepatentschrift ausführlich gewürdigten nächstliegenden Stand der Technik handelt, bei dem – anders als bei dem Fuller- und CF-Verfahren – der Strang zum Aufbringen des spiralförmigen Fluidmusters gedreht wird.
(2)
Soweit die Beklagten meinen, die technische Lehre des Klagepatents sei durch die Entgegenhaltungen D 12 bis D 14 (CF-Technologie) nahegelegt, ist weder den Schriften selbst, noch den Ausführungen der Beklagten hinreichend zu entnehmen, welchen Anlass der Fachmann haben sollte, die dort offenbarte gleichzeitige Beschichtung mehrerer Stränge mit dem aus einer Düse stammenden Fluid derart abzuwandeln, dass durch den Strang im Wesentlichen die gesamte Fluidfaser aufgenommen wird.
Der bloße Hinweis, dies sei eine „banale“ Maßnahme, genügt hierfür jedenfalls nicht. Auch der weitere Hinweis auf das Fuller-Verfahren (Anlagen D 11, D 15 und D 17) rechtfertigt keine andere Bewertung, da bereits nicht ersichtlich ist, welchen Anlass der Fachmann haben sollte, beide Verfahren zu kombinieren. Insoweit gilt es insbesondere zu berücksichtigen, dass es zwar, wie die Beklagten unter anderem mit der Anlage D 9 in Bezug auf Windel-Beinabschluss-Anwendungen versuchen zu verdeutlichen, im Stand der Technik bekannt war, gegebenenfalls auch einzelne Stränge zu beschichten. Dies allein genügt jedoch, ausgehend von der D 14/D 14a, wo mehrere Stränge mit einer Düse beschichtet werden, nicht, um den Schluss zu rechtfertigen, der Fachmann werde – ohne in eine rückschauende Betrach-tung zu verfallen – die dort offenbarte Lehre derart abwandeln, dass dann, wenn mehrere Stränge vorhanden sind, gleichwohl jeweils eine Fluidfaser hin- und herschwanken gelassen wird, so dass jeweils die Fluidfaser im Wesentlichen durch den Strang aufgenommen wird.
Soweit die Beklagten auf die als Anlage E 1 vorgelegte Erklärung abstellen, gelten die Ausführungen zu den als Anlagen E 3 und E 4 vorgelegten Erklärungen entsprechend.
(3)
Eine Aussetzung in Bezug auf eine Kombination des CF- bzw. des Fuller-Ver-fahrens mit der Entgegenhaltung D 19 (CA 2,217,684, Kwok) scheidet bereits deshalb aus, weil die Beklagten die D 19 lediglich in englischer Sprache und ohne nachvollziehbare Erläuterung vorgelegt haben. Insbesondere lässt sich den Ausführungen der Beklagten nicht entnehmen, weshalb der Fachmann das CF-Verfahren bzw. das Fuller-Verfahren mit der in dieser Entgegenhaltung offenbarten Düse kombinieren sollte.
VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 (1. Hs.) ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1; 108 ZPO, wobei die Höhe der Teilsicherheit in Bezug auf die Verurteilung der Be-klagten zur Rechnungslegung auf den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung beruht. Im Übrigen hat die Kammer berücksichtigt, dass durch die Sicherheitsleistung zu erwartende Vollstreckungsschäden gesichert werden sollen, so dass in Bezug auf das Unterlassungsbegehren unter Berücksichtigung der für die Rechnungslegung festgesetzten Teilsicherheit die Festsetzung einer Sicherheitsleistung von 600.000,- EUR angemessen erscheint.
Der Streitwert wird auf 750.000,- EUR festgesetzt. Davon entfallen 150.000,- EUR auf die Feststellung der gesamtschuldnerischen Schadenersatzpflicht. Die Aufteilung des Streitwerts ist notwendig, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (GRUR-RR 2008, 460, 461) bei den hier streitgegen-ständlichen Ansprüchen nur der gesamtschuldnerisch gegen die Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz gebührenrechtlich eine Angelegenheit darstellt, für die eine Erhöhungsgebühr in Betracht kommt.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 15.03.2012 rechtfertigt keine andere Bewertung, § 296a S. 1 ZPO. Gründe für eine Wiedereröffnung sind ebenfalls nicht ersichtlich, § 156 ZPO.