Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1842
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. März 2012, Az. 4a O 16/11
I. Die Beklagten zu 2), 3) und 4) werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem Be-klagten zu 2) persönlich und an den jeweiligen Geschäftsfüh-rern der Beklagten zu 4) zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
Vorrichtungen zum Bohren im Erdreich mit einer Einheit, die sowohl zum Schieben als auch zum Ziehen geeignet ist, einem damit in Verbindung stehenden, aus Stangenteilen bestehenden Gestänge, einer Mehrzahl von Vorsprüngen und/oder Ausnehmungen an den Stangenteilen, und an den Vorsprüngen oder Ausnehmungen der Stangenteile angreifenden formschlüssigen Kupplungsmitteln der Schub-Zug-Einheit
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
2. der Klägerin unter Vorlage eines nach Kalenderjahren geordneten, vollständigen Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 11.10.1997 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen), sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebots-mengen, -zeiten und -preisen, Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, bei Internetwerbung der Domain, der Schaltungszeiträume und der Zugriffszahlen, bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, der Namen und Anschriften der Empfänger, sowie bei Auftritten und Messen und anderen Ausstellungen der Orte und Zeiten,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei
– Angaben zu den Einkaufspreisen sowie zu den Verkaufsstellen erst für die Zeit ab dem 01.09.2008 zu ma-chen sind;
– die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu a) und b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben;
– von dem Beklagten zu 3) sämtliche Angaben und von allen Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 07.06.1998 zu machen sind;
– den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
II. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, die vorstehend zu I. 1. bezeichne-ten, im Besitz Dritter befindlichen und nach dem 01.09.2008 in der Bundesrepublik Deutschland Dritten angebotenen und/oder an Dritte in Verkehr gebrachten und/oder gebrauchten und/oder zu diesen Zwecken besessenen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen, denen durch die Beklagten oder mit ihrer Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents DE 196 08 XXX C2 erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagten unterbreitet wird und für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises beziehungsweise eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- beziehungsweise Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird.
III. Es wird festgestellt,
1. dass die Beklagten zu 2) und 4) verpflichtet sind, der Klägerin für die zu I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 11.10.1997 bis zum 06.06.1998 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
2. dass die Beklagten zu 2), 3) und 4) verpflichtet sind, und zwar die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner und die Be-klagten zu 2) und 4) als Gesamtschuldner, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dem Patentinhaber, Herrn Wolfgang A, durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 07.06.1998 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
IV. Von den Gerichtskosten werden der Klägerin 1/4 und den Beklagten zu 2), 3) und 4) als Gesamtschuldnern 3/4 auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) werden der Klägerin auferlegt. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin werden den Beklagten zu 2), 3) und 4) als Gesamtschuldnern 3/4 auferlegt. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur ge-gen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,- EUR und für die Be-klagte zu 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten zu 2), 3) und 4) aus dem deutschen Patent DE 196 08 XXX C2 (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Rech-nungslegung, Rückruf sowie Feststellung der Schadenersatz- und Entschädi-gungspflicht dem Grunde nach in Anspruch, wobei sie Rückruf nur von dem Beklagten zu 2) und Entschädigung nur von den Beklagten zu 2) und zu 4) verlangt.
Das Klagepatent wurde am 08.03.1996 angemeldet. Die Offenlegung der Pa-tentanmeldung erfolgte am 11.09.1997. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 07.05.1998. Das Klagepatent ist in Kraft. Mit Schrift-satz vom 28.07.2011 erhob die Beklagte zu 4) Nichtigkeitsklage, über die noch nicht entschieden wurde.
Eingetragener Inhaber des Klagepatents ist Herr Wolfgang A e. K. Dieser erteilte der Klägerin eine Lizenz am Klagepatent. Ferner ermächtigte Herr A die Klägerin mit der als Anlage K 2.3. vorgelegten Ermächtigungs- und Abtretungserklärung, den Unterlassungsanspruch aus dem Klagepatent gegen die Beklagten zu 1) bis 3) geltend zu machen. Zudem trat Herr A der Klägerin sämtliche Ansprüche aus dem Klagepatent gegen die Beklagten zu 1) bis 3), insbesondere Ansprüche auf Entschädigung- und Schadenersatz, Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf, ab. Eine entsprechende Ermächtigungs- und Abtretungserklärung vom 24.02.2012 in Bezug auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Beklagte zu 4) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2012 vorgelegt. Auf diese Erklärung wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Die Klägerin macht das Klagepatent im Verletzungsverfahren zuletzt in einer im Nichtigkeitsverfahren hilfsweise verteidigten Fassung geltend, so dass der streitgegenständliche Patentanspruch wie folgt gefasst ist:
„Vorrichtung zum Bohren im Erdreich
– mit einer Einheit (4), die sowohl zum Schieben als auch zum Zie-hen eines Gestänges geeignet ist,
– einem damit in Antriebsverbindung stehenden, aus Stangenteilen bestehenden Gestänge (14, 34, 48, 57),
– einer Mehrzahl von Vorsprüngen (15, 35) und/oder Ausnehmun-gen (36, 60) an den Stangenteilen (14, 34, 48, 57) und
– an den Vorsprüngen (15, 35) oder den Ausnehmungen (36, 60) der Stangenteile angreifenden formschlüssigen Kupplungsmitteln (11, 12) der Schub-Zug-Einheit (4).“
Nachfolgend werden verkleinert die Figuren 1 und 2 des Klagepatents wieder-gegeben, welche nach der Klagepatentbeschreibung ein bevorzugtes Ausfüh-rungsbeispiel der Erfindung zeigen.
Zudem zeigt die nachstehend verkleinert eingeblendete Figur 10 Stangenteile in einer weiteren Ausführungsform der Erfindung.
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklage zu 3) ist, sowie der Be-klagte zu 2) vertrieben in der Bundesrepublik Deutschland Bohr- und Verlegeeinrichtungen des Typs „B“ gemäß dem als Anlage K 1.10 eingereichten Prospekt „C“, der von der Beklagten zu 1) im Internet unter www.D.dk neben verschiedenen Videos zum Herunterladen angeboten wurde. In dem auf der genannten Internetseite abrufbaren Prospekt findet sich unter anderem die folgende Seite:
Zudem werden in diesem Prospekt unter anderem die Vorrichtungen E XXX, E XXX und E XXX (im Folgenden: angegriffene Ausführungsformen) gezeigt.
Die Beklagte zu 1) firmierte um in die „F“. Über das Vermögen dieser Firma wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Rahmen eines Asset Transfers Agreements der in „Konkurs“ befindlichen Beklagten zu 1) übernahm die Beklagte zu 4) unternehmensbezogene E-Mail-Adressen, Domainnamen und Webseiten.
Die Klägerin behauptet, bei den angegriffenen Ausführungsformen komme ein mit Nuten versehenes, profiliertes Gestänge zum Einsatz, um ein Durchrut-schen des Gestänges durch die Klemmbacken der Ziehvorrichtung zu verhin-dern.
Des Weiteren habe der Beklagte zu 2) vier Angebote an die Paul G H in Dortmund über die Typen E XX, E XX, E XXX und E XXX unterbreitet, welche der Beklagte zu 2) im Internet unter www.D.biz bewerbe. Anlässlich des Angebots des Beklagten zu 2) sei der zuständige Mitarbeiter der Paul G H GmbH, Herr Matthias I, sodann zu der Beklagten zu 1) nach Dänemark eingeladen worden, wo ihm durch den Beklagten zu 3) Exemplare der angegriffenen Ausführungsformen gezeigt und näher erläutert worden seien.
Nach Auffassung der Klägerin verletzen die Beklagten das Klagepatent wort-sinngemäß.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28.02.2012 hat die Klägerin die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage zurückgenommen. Zugleich hat die Klägerin die Klage insoweit zurückgenommen, als sie von den Beklagten zu 2) und 4) die endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen und zusätzlich von der Beklagten zu 4) Rückruf der angegriffenen Ausführungsformen aus den Vertriebswegen verlangt hat.
Die Klägerin beantragt daher zuletzt,
zu erkennen wie geschehen.
Die Beklagten zu 2) bis 4) beantragen,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise:
den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent gerichtete Nichtigkeitsklage auszusetzen.
Sie rügen im Hinblick auf die Beklagte zu 4) vorab die fehlende internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf. Die Zuständigkeit er-gebe sich insbesondere nicht aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO, da allein die Benutzung einer Internetdomain nicht rechtsverletzend sei und es auch an einem Vortrag der Klägerin fehle, dass sich der Inhalt der Internetseite D.dk, die insbesondere lediglich in dänischer und englischer Sprache abrufbar sei, auch an deutsche Abnehmer richte.
In der Sache bestreiten die Beklagten insbesondere, dass es vier Angebote in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen an die Paul G H GmbH (in Insolvenz) gegeben habe. Weiterhin bestreiten die Beklagten, dass dem Zeugen I bei seinem Besuch auf dem Unternehmensgelände der Beklagten zu 1) alle genannten Maschinen und alle mit den genannten Typenbezeichnungen versehenen Maschinen gezeigt worden seien.
Ferner würden die angegriffenen Ausführungsformen auch von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch machen. Das Gestänge der „B“-Vorrichtung EXXX bestehe grundsätzlich aus glatten, runden, verschraubbaren Einzelstangen, die also weder Vorsprünge, noch Ausnehmungen auf deren Oberfläche aufweisen würden. Für die Typen EXXX und EXXX gebe es zwar neben den gleichen, glatten Stangen wie für den Typ EXXX auch Einzelstangen mit Ringnuten in speziellen Stangenabschnitten. Ob jedoch diese Typen mit glattem Gestänge oder Solche mit einem Ringnutengestänge angeboten worden seien, sei dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen. Die Beklagten bestreiten daher, dass die schriftlichen Angebote der Beklagten zu 2) für Deutschland Ausführungsformen mit einem speziellen Ringnutengestänge betreffen würden.
Außerdem könnten die „J“ zwar mit leicht geriffelten Klemmbacken ausgestattet sein, damit ein leichteres Lösen von den Zugstangen beim Lösen des Klemmgriffes nach jeder Zug- bzw. Schubbewegung ermöglicht werde. Dies sei jedoch ein allgemein gültiges Prinzip, bei dem ein Verklemmen von glatten Stangen erschwert oder verhindert werde, wenn die Klemmbacken leichte Riffelungen aufweisen. Die Tiefe und Breite der Riffelungen liege jeweils bei wenigen Millimetern. Soweit sich in dem vorgelegten Prospekt der Begriff „positive grib“ finde, sei hierunter kein Formschluss im Sinne des Klagepatents zu verstehen, denn die Riffelung korrespondiere nicht zu den Abständen der Ringnuten (mehrere Zentimeter), sondern sei im Vergleich dazu viel kleiner. Somit sei kein gezieltes oder gerichtetes Hintergreifen in die Ausnehmungen, das heißt in die senkrecht zur Stangenlängsachse angeordnete Nutfläche mit den gezeigten Klemmbacken der „B“ der T-Serie, möglich.
Darüber hinaus sei auch fraglich, ob die angegriffenen Ausführungsformen überhaupt eine gattungsgemäße Vorrichtung darstellen würden. Da das Ge-stänge am in Zugrichtung vorderen Ende des einzuziehenden Rohres angreife, sei das Gestänge nicht durch die einzuziehende Rohrleitung wie nach dem sog. „Berliner Modell“ geführt.
Im Übrigen werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren sowohl unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung, als auch der fehlenden Neuheit und Erfindungshöhe, als nicht rechtsbeständig erweisen.
Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die einge-reichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin stehen gegen die Beklagten im tenorierten Umfang Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Rückruf sowie Schadenersatz und Entschädigung aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3, 33 Abs. 1 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu.
I.
Die gegen die Beklagten zu 2) bis 4) gerichtete Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Düsseldorf in Bezug auf die gegen die Beklagte zu 4) gerichtete Klage international und örtlich zuständig. Zudem ist die Klageerweiterung auf die Beklagte zu 4) zulässig.
1.
Die Klageerweiterung in Form einer Klageänderung ist nach § 263 ZPO zuläs-sig. Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte zu 4) in die Klageänderung konkludent eingewilligt hat, ist diese sachdienlich. Dem steht nicht entgegen, dass gegenüber der Beklagten zu 4) eine neue, anders gelagerte Problematik der Zulässigkeit der Klage in den Prozess mit einbezogen wird, da dies nur die Vorfrage für Streitigkeiten aus dem gleichen Klagepatent ist.
2.
Die internationale Zuständigkeit bestimmt sich vorliegend nach der EuGVVO (Verordnung (EG) Nr.44/2001).
a)
Die Beklagte zu 4) hat ihren Sitz im Königreich Dänemark. Für Dänemark gilt die EuGVVO über das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark vom 19.10.2005 über die gerichtliche Zustän-digkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABlEU v. 17.11.2005 L 300/55, in Kraft seit dem 01.07.2007.
b)
Da die Beklagte zu 4) abweichend von Art. 3 Abs. 1 EuGVVO nicht an ihrem Wohnsitz verklagt wurde, kommt eine internationale Zuständigkeit des hiesigen Gerichts nur nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO in Betracht.
Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Ho-heitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis einge-treten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Hierunter fallen auf Unterlassung und Schadensersatz gerichtete Klagen wegen Verletzung gewerblicher Schutzrechte (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, Anh I, Art. 5 EuGVVO Rz. 30b).
Der Ort des schädigenden Ereignisses ist neben dem Handlungsort auch der Erfolgsort. Als Anknüpfungspunkt für Klagen von deliktischen Ansprüchen ist Erfolgsort der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist (EuGH, GRUR Int. 1998, 298 – Shevill; BGH, GRUR 2006, 513, 514 f. – Arzneimittelwerbung im Internet). Demgemäß gelten bei Distanzdelikten, bei denen der Ort der Handlung und der des Erfolgseintritts verschieden sind, beide alternativ als Tatort. Ausgangspunkt hierfür ist, dass zwischen der Streitigkeit und den Gerichten des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt (EuGH, GRUR Int 2012, 47 – eDate Advertising).
Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn die klagende Partei Tatsachen vorträgt, aus denen sich nachvollziehbar die geltend gemachte Rechtsverletzung ergibt (BGH, GRUR 2005, 431 – Hotel Maritime; OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.05.2011, I-2 U 9/10, zitiert nach juris; Zöller/Geimer, ZPO, Anh I, Art.26 EuGVVO Rz.4).
Nach diesen Grundsätzen ist die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf gegeben.
(1)
Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Beklagte zu 4) die Geschäfte der Be-klagten zu 1) weiterführt und die Webseiten und Domain der Beklagten zu 1) übernommen hat.
In den Fällen eines Angebotes von Gegenständen über das Internet liegt der Handlungsort grundsätzlich nicht nur am Absende-, sondern auch am Emp-fangsort. Der Empfangsort, an dem der mutmaßliche Verletzer seinen Mittel-punkt seiner Interessen hat, steht mit dem Ziel der Vorhersehbarkeit der Zuständigkeitsvorschriften im Einklang. Der mutmaßliche Verletzer ist in der Lage, den Mittelpunkt der Interessen der Personen zu erkennen, um die es geht. Daher ermöglicht es das Kriterium des Mittelpunkts der Interessen sowohl dem Kläger, ohne Schwierigkeiten festzustellen, welches Gericht er anrufen kann, als auch dem Beklagten, vorherzusehen, vor welchem Gericht er verklagt werden kann (EuGH, GRUR Int 2012, 47 – eDate Advertising). Der Mittelpunkt der Interessen der Klägerin liegt auch in Deutschland. Die Beklagte zu 1) hat ihre Internetpräsenz unter anderem in englischer Sprache international ausgestaltet.
Die Argumentation der Beklagten, die Internetpräsenz richte sich nicht an die interessierten Verkehrskreise aus Deutschland, geht fehl. Auch eine eng-lischsprachige Internetpräsenz zielt bei einer Wissenschafts- und Geschäfts-sprache Englisch auf den deutschen Verkehrskreis. Dies zeigt sich gerade da-ran, dass – unstreitig – ein Verkaufskontakt der Beklagten zu 1) zu einer Dort-munder Firma Paul G H GmbH in Dortmund hergestellt wurde und es anschließend – ebenfalls unstreitig – zu einer Besichtigung vor Ort in Dänemark gekommen ist. Die Argumentation der Beklagten hätte zur Folge, dass die Geschäftsaktivitäten der Beklagten zu 1) auf den Verkehrskreis dänisch sprechender Länder sowie das englischsprachige Ausland begrenzt wären. Danach wäre Großbritannien von der Geschäftsaktivität den Beklagten miteinbezogen, Frankreich und Spanien nicht. Eine dahingehende Differenzierung geographischer Art lässt sich der sprachlichen Ausgestaltung der Internetpräsenz nicht entnehmen. Ziel der Beklagten war es nicht, einen geographischen Wirtschaftsraum – begrenzt auf einen dänischen und engli-schen Sprachraum – zu bedienen, sondern einen globalen Wirtschaftsmarkt, einschließlich Deutschlands.
Dass sich das Angebot der Beklagten an Abnehmer weltweit richtet, bestätigt überdies der als Anlage BK 14 vorgelegte Auszug der Internetseite www.D.dk, wonach die „Scandinavian D Centre“ in den meisten Ländern der Erde vertreten ist („represented in most parts of the world“). Die Beklagten haben auch nicht behauptet, keine geschäftlichen Beziehungen in Deutschland eingehen zu wollen. Deshalb ist kein sachlicher Grund ersichtlich, warum ge-rade die Bundesrepublik Deutschland von der internationalen Präsenz der Be-klagten zu 1), die unstreitig von der Beklagten zu 4) übernommen wurde, aus-genommen werden sollte. Die Beklagten haben auch nicht vorgetragen, dass die englische Sprache ein Kommunikationshemmnis und damit ein Handels-hemmnis im Rahmen der Präsentation mit dem Mitarbeiter der deutschen Firma Paul G H GmbH gewesen wäre.
Der Umstand, dass die Beklagte zu 4) nicht als Inhaberin der Domain eingetra-gen ist, rechtfertigt keine andere Bewertung. Ausreichend für den Betrieb der Domain und damit für die Verantwortlichkeit ist, dass die Beklagte zu 4) unbe-stritten vom dänischen Insolvenzverwalter die Domain und Webseiten über-nommen hat und damit auch dafür verantwortlich ist.
3.
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach den gleichen Kriterien wie die inter-nationale Zuständigkeit. Zur Begründung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) ist das Angebot der Beklagten im Internet ausreichend. Dieser Internetauftritt ist bundesweit abrufbar und richtet sich gerade nicht auf regionale Teile der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb wurde die vorgetra-gene Rechtsverletzung auch in Nordrhein-Westfalen begangen, so dass nach der Verordnung über die Zuweisung von Gemeinschaftsmarken-, Gemein-schaftsgeschmackmuster-, Patent-, Sortenschutz-, Gebrauchsmusterstreitsa-chen und Topographieschutzsachen vom 30.08.2011 (GV NRW v. 23.09.2011, S.467) das Landgericht Düsseldorf zuständig ist.
II.
Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Bohren im Erdreich, insbesondere zum Herstellen oder Aufweiten von Erdbohrungen und/oder zum Zertrümmern alter Rohrleitungen sowie zum Verlegen neuer Rohrleitungen aus einer Schub-Zug-Einheit und einem damit in Antriebsverbindung stehenden, durch die Erdbohrung oder die Rohrleitung geführten Gestänge.
Wie das Klagepatent einleitend ausführt, kann das Herstellen oder Aufweiten von Erdbohrungen und/oder das Zertrümmern alter Rohrleitungen sowie das Verlegen neuer Rohrleitungen mittels den Vortrieb dynamisch erzeugender Rammbohrgeräte oder mittels Pressen oder Winden, die einen statischen Druck erzeugen und das Gestänge vorwärts treiben oder ziehen, bewirkt werden. Solche Geräte seien aus der DE 42 20 430 sowie der DE 35 33 995 bekannt. Diese dynamisch wirkenden Rammbohrgeräte seien jedoch mit dem Nachteil verbunden, dass sie beim Arbeiten laute Geräusche erzeugen und durch die Vibrationen Schäden an der Umgebung hervorrufen könnten.
Darüber hinaus seien, etwa aus der EP 0 391 669, statisch wirkende Pressen bekannt. Diese seien jedoch ebenso wie Winden umständlich zu handhaben und würden sich entweder nur schiebend mit einem schubsteifen Gestänge oder ziehend unter Verwendung von Seilen einsetzen lassen. Das schubsteife Gestänge müsse, da die Schubvorrichtung in der Regel von einer Grube oder einem Schacht aus arbeite, aus einzelnen kurzen Gestängeteilen bestehen. Nach und nach, wenn jeweils eine dem Durchmesser der Grube bzw. des Schachts entsprechende Gestängeteillänge in den Boden oder die Altrohrleitung eingepresst sei, müsse das Gestänge durch ein Teilstück verlängert werden. Da die Kanalschächte in der Regel einen Innendurchmesser von 1 m besitzen würden, könnten die Einzelgestängelängen häufig nicht länger als 80 cm sein.
Würden Seilwinden zum Durchziehen einer Aufweitvorrichtung mittels eines Seils durch eine vorhandene Erdbohrung verwendet, müsse das Seil zunächst durch diese Erdbohrung oder eine vorhandene Rohrleitung hindurch geschoben werden, was mit den biegeweichen Seilen auf Schwierigkeiten stoße.
Um ein Gestänge mittels einer Schubvorrichtung in das Erdreich zu pressen, müsse die Vorrichtung direkt an dem Gestänge angreifen, wofür an der Außenfläche des Gestänges angreifende Klemmbacken verwendet würden. Da der Kraftangriff mittels der Klemmbacken kraftschlüssig erfolge, sei angesichts der glatten Oberfläche des Gestänges ein Durchrutschen bei erhöhtem Bodenwiderstand unvermeidbar, was zu Verschleiß und daraus folgend noch stärkerem Durchrutschen führe. Wenn das Gestänge zu deren Zertrümmern durch eine solche alte Rohrleitung gezogen oder geschoben werde, sorge Schmutz, der sich auf dem Gestänge absetze, zusätzlich für erhöhten Abrieb an den Klemmbacken und am Gestänge, was das Durchrutschen erleichtere.
Die bisherigen Gestänge würden Gewindeverbindungen aufweisen, die äußerst schmutzempfindlich seien. Das gelte auch für grobe Gewinde, die zudem mit dem Nachteil behaftet seien, dass sie bei höheren Zugbelastungen und kleinen Biegeradien zum Brechen neigen würden. Ein weiterer Nachteil von Gewindeverbindungen bestehe darin, dass etwa alle 80 cm ein Gestängestück ab- oder angeschraubt werden müsse, was selbst bei hohen Gewindeansteigungen ein mindestens sieben bis zehnmaliges Drehen erfordere. Bei Gestängelängen von 100 m seien etwa XXX einzelne Gestängestücke mit einem entsprechenden Zeitaufwand für das Verschrauben erforderlich.
Dem Klagepatent liegt daher die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, eine Vorrichtung der eingangs genannten Art dahingehend zu verbessern, dass sie sowohl zum Schieben als auch zum Ziehen eines Gestänges geeignet ist und Verschleiß infolge Durchrutschens der Schub-Zug-Einheit an dem Gestänge vermeidet. Darüber hinaus wird durch die Erfindung eine zug- und schubfeste Gestänge-Verbindung geschaffen, die es erlaubt, die Einzelgestänge mit wenigen Handgriffen zu verbinden.
Dies geschieht nach Patentanspruch 1 in der durch die Klägerin geltend ge-machten Fassung durch eine Kombination der folgenden Merkmale:
Vorrichtung zum Bohren im Erdreich mit
1. einer Einheit (4), die sowohl zum Schieben als auch zum Ziehen ei-nes Gestänges geeignet ist;
2. einem aus Stangenteilen bestehenden Gestänge (14, 34, 48, 57),
2.1. das mit der Einheit (4) in Antriebsverbindung steht
2.2. und eine Mehrzahl von Vorsprüngen (15, 35) und/oder Ausnehmungen (36, 60) an den Stangenteilen (14, 34, 48, 57) hat;
3. an den Vorsprüngen (15, 35) oder den Ausnehmungen (36, 60) der Stangenteile angreifenden formschlüssigen Kupplungsmitteln (11, 12) der Schub-Zug-Einheit (4).
Gegenstand von Patentanspruch 1 in der streitgegenständlichen Fassung ist somit eine Vorrichtung zum Bohren im Erdreich, die eine sowohl zum Schieben als auch zum Ziehen geeignete Einheit sowie ein Gestänge aufweist. Das aus Stangenteilen bestehende Gestänge wird in der Merkmalsgruppe 2 dahingehend näher beschrieben, dass es mit der sowohl zum Schieben als auch zum Ziehen geeigneten Einheit in einer Antriebsverbindung steht und eine Mehrzahl von Vorsprüngen und/oder Ausnehmungen an den Stangenteilen aufweist. An diesen Vorsprüngen oder Ausnehmungen sollen formschlüssige Kupplungsmittel der Schub-Zug-Einheit angreifen (Merkmal 3).
Wie der Fachmann der Beschreibung des Klagepatents entnimmt, sollen die formschlüssigen Kupplungsmittel sicher ein Durchrutschen beim Schieben oder Ziehen des Gestänges verhindern, so dass sich die volle Leistung der Schub-Zug-Einheit ausnutzen lässt, ohne dass am Gestänge und den Kupplungsmitteln ein übermäßiger Verschleiß eintritt (vgl. Anlage K 2.1., Sp. 2, Z. 17 – 29). Dabei hebt das Klagepatent in Abgrenzung zum Stand der Technik insbesondere hervor, dass die Vorrichtung sowohl zum Schieben als auch zum Ziehen eines Gestänges geeignet sein soll (vgl. Anlage K 2.1., Sp. 2, Z. 3 – 5 und 44 – 46).
III.
Legt man diese Auslegung zugrunde, machen die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.
1.
Da Patentanspruch 1 in der streitgegenständlichen Fassung lediglich eine Vorrichtung zum Bohren im Erdreich beansprucht, ohne dass der Klagepatent-schrift konkrete Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise der Bohrung zu ent-nehmen sind, fehlt es dem Einwand der Beklagten, es sei fraglich, ob es sich bei den angegriffenen Ausführungsformen überhaupt um gattungsgemäße Vorrichtungen handele, an einer entsprechenden Grundlage. Dies gilt umso mehr, als in der Klagepatentschrift in Sp. 3, Z. 19 – 35 i. V. m. Figuren 3 und 13 ausdrücklich ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung gezeigt wird, bei dem eine alte Rohrleitung durch eine neue Rohrleitung ersetzt und dabei die alte Rohrleitung – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – mittels eines Berstkopfes zertrümmert wird.
2.
Zudem haben die Beklagten auch nicht erheblich bestritten, dass die angegrif-fenen Ausführungsformen mit einem Gestänge angeboten und vertrieben werden, das Ringnuten und damit Ausnehmungen im Sinne des Klagepatents aufweist (Merkmalsgruppe 2).
Im Hinblick auf die Ausführungsformen EXXX und EXXX haben die Beklagten ausdrücklich eingeräumt, dass diese (auch) mit Gestängen angeboten und vertrieben werden, die Ringnuten aufweisen. Zudem findet sich in dem als Anlage K 1.10 vorgelegten Katalog auf Seite 16 rechts eine Abbildung, die Gestänge mit entsprechenden Ringnuten zeigt. Darüber hinaus sind derartige, mit Ringnuten versehenen Gestänge auch in dem als Anlage K 2.14. vorgelegten Artikel zu sehen:
Zwar haben die Beklagten gleichwohl bestritten, dass in der Bundesrepublik Deutschland Ausführungsformen angeboten und vertrieben wurden, welche gerade ein mit Ringnuten versehenes Gestänge aufweisen. Auch lässt sich den als Anlagen K 2.11 – K 2.13 vorgelegten Angeboten die genaue Gestaltung der Gestänge nicht erkennen. Da sich die Ringnuten jedoch aus dem unstreitig auf der Internetseite der Beklagten abrufbaren Prospekt erkennen lassen, reicht dieses Bestreiten nicht aus. Insbesondere lässt sich weder dem Vortrag der Beklagten, noch den vorgelegten Unterlagen und Auszügen der Internetseite entnehmen, dass die Beklagten in Bezug auf die Gestaltung der Gestänge zwischen verschiedenen Bestimmungsländern unterscheiden. Entsprechend können sich die Beklagten auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die angegriffene Ausführungsform EXXX werde grundsätzlich mit einem glatten Gestänge ausgeliefert. Die Kammer hat die Beklagten diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, sie verstehe dies dahin, dass auch diese Ausführungsform mit dem aus dem Katalog ersichtlichen Ringnuten-Gestänge – wenn auch möglicherweise nicht immer – angeboten und vertrieben wird. Dem sind die Beklagten nicht entgegen getreten.
3.
Schließlich haben die Beklagten auch die Verwirklichung von Merkmal 3., wo-nach an den Vorsprüngen oder Ausnehmungen angreifende formschlüssige Kupplungsmittel vorhanden sein sollen, nicht erheblich bestritten.
Die Klägerin hat insoweit zunächst auf Seite 16 des als Anlage K 1.10 vorge-legten Prospektes verwiesen, wonach – gemäß der durch die Beklagten nicht angegriffenen Übersetzung der Klägerin – das Klemmbackensystem einen Formschluss haben soll („Klemmbacken-System mit Formschluss“ „Positive Grip Jaw System“). Zudem ist auf der gleichen Seite des Prospekts, links unten, eine Klemmbacke mit Rillen zu sehen.
Die Beklagten haben sich insoweit zunächst darauf berufen, die Riffelung korrespondiere nicht zu den Abständen der Ringnut, sondern sei im Vergleich deutlich kleiner, so dass ein gezieltes oder gerichtetes Hintergreifen in die Ausnehmungen nicht möglich sei. Dadurch, dass die Riffelung nicht in die Nutenfläche gezielt, das heißt komplementär bzw. korrespondierend eingreife, sondern allerhöchstens schräg auf den Kanten der Nuten ansetzen könne, komme es gewöhnlich zu einem erhöhten Verschleiß von Klemmbacken und Zugstange.
Dies genügt nicht, um eine Verletzung des Klagepatents erheblich zu bestrei-ten. Zum einen ist bereits nicht ersichtlich, welche Aufgabe dann die zumindest bei einem Teil der Gestänge unstreitig vorhandenen Ringnuten haben sollen. Zum anderen fordert das Klagepatent kein zielgerichtetes Ineinandergreifen bestimmter Nuten und Ausnehmungen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr ein Formschluss der Kupplungsmittel, so dass ein Durchrutschen beim Schieben oder Ziehen des Gestänges verhindert wird (vgl. Anlage K 2.1., Sp. 2, Z. 16 – 19). Dafür, wie genau die Kupplungsmittel ausgestaltet sind, enthält Patentanspruch 1 keine Vorgaben. Wie dem Fachmann vielmehr bereits die Figuren 5 und 6 sowie 10 und 11 nebst der zugehörigen Beschreibung zeigen, kommt es auf die genaue Gestaltung der Kupplungsmittel nicht an, soweit nur der Formschluss, das heißt ein Ineinandergreifen, ermöglicht wird (vgl. auch Anlage K 2.1., Sp. 2, Z. 23 – 29). Dass ein solches Ineinandergreifen bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht möglich sein soll, lässt sich weder den vorgelegten Unterlagen, noch dem Vortrag der Beklagten hinreichend entnehmen. Auch wenn die Beklagten weiter vortragen, es komme durch das „allerhöchstens schräge Ansetzen“ zu einem erhöhten Verschleiß, handelt es sich dabei allenfalls um eine, ebenfalls unter das Klagepatent fallende, verschlechterte Ausführungsform, bei welcher mit Hilfe der einen kleinen Abstand aufwei-senden und damit ein möglichst schnelles Verhaken gewährleistenden Rillen der Klemmbacken das Ziel des Klagepatents bereits erreicht wird, eine gegen-über glatten Gestängen verbesserte Haftung zu gewährleisten (vgl. Anlage K 2.1., Sp. 2, Z. Z. 8 – 10 sowie 20 – 22). Der insoweit auftretende Verschleiß ist demgegenüber minimal.
IV.
Die Beklagten zu 1), 2) und 4) haben die angegriffenen Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und vertrieben.
Dass die Beklagte zu 1) die angegriffenen Ausführungsformen über den Be-klagten zu 2) in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und vertrieben hat, ist zwischen den Parteien unstreitig. Darüber hinaus hat die Klägerin nunmehr als Anlagen K 1.26 bis K 1.28 drei Angebote des Beklagten zu 2) an die Paul G H GmbH in Bezug auf die Ausführungsformen „EXXX“ und „EXXX“ vorgelegt. Außerdem räumt der Beklagte zu 2) in der als Anlage K 1.29 vorgelegten E-Mail ein, seit langem mit „Scandinavian“ zusammenzuarbeiten, wobei er die auf der Internetseite beschriebenen Produkte näher erläutert und Maschinen nicht kleiner als 175 Tonnen empfiehlt (vgl. auch Anlagen K 1.30 – K 1.32).
Der Beklagte zu 3) haftet als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) persönlich, weil er als deren gesetzlicher Vertreter kraft seiner Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage, Rz. 743).
Im Hinblick auf die Haftung der Beklagten zu 4) wird zur Vermeidung von Wie-derholungen auf die Ausführungen zur internationalen Zuständigkeit der Kammer Bezug genommen.
V.
Da die angegriffenen Ausführungsformen somit von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch machen, ohne dass die Beklagten zu 2) bis 4) zu einer Nutzung des Klagepatents berechtigt sind, stehen der Klägerin folgende Ansprüche zu:
1.
Die Beklagten zu 2) und 4) machen durch das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, so dass sie gegenüber der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet sind (§ 139 Abs. 1 PatG). Der Beklagte zu 3) haftet als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1) persönlich, weil er kraft seiner Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat.
2.
Des Weiteren haben die Beklagten zu 2) bis 4) der Klägerin Schadenersatz zu leisten (§ 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen bzw. dessen gesetzli-cher Vertreter hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffenen Ausfüh-rungsformen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen,
§ 256 ZPO. Darüber hinaus stehen der Klägerin gegen die Beklagten zu 2) und 4) im tenorierten Umfang Entschädigungsansprüche zu, § 33 Abs. 1 PatG.
3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadener-satzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten zu 2) bis 4) zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Darüber hinaus werden die Beklagten zu 2) bis 4) durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen (§ 140b PatG). Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist den Beklagten zu 2) bis 4) im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).
4.
Schließlich hat die Klägerin gegen den Beklagten zu 2) ein Anspruch auf Rückruf der angegriffenen Ausführungsformen, i.V.m. § 140 a Abs. 3 PatG.
VI.
Für eine Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung,
§ 148 ZPO.
1.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BIPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesge-richt Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 2784 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als Solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dies kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch auf eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.
2.
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen einer Aussetzung der Verhandlung nicht vor.
a)
Eine Aussetzung unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung scheidet bereits unter formalen Gesichtspunkten aus, da die Beklagten die Offenlegungsschrift des Klagepatents nicht vorgelegt und auch nicht behauptet haben, diese sei in den relevanten Teilen inhaltsgleich mit dem Klagepatent.
b)
Der durch die Beklagten vorgelegte Stand der Technik nimmt die technische Lehre des Klagepatents weder neuheitsschädlich, noch naheliegend vorweg.
(1)
Die DE 195 13 181 A1 (Anlage BK 6 = K 6 im Nichtigkeitsverfahren) ist als nachveröffentlichter Stand der Technik lediglich für die Frage der Neuheit rele-vant, § 3 Abs. 2 PatG.
In der Entgegenhaltung wird ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Ziehen eines im Erdreich verlegten oder zu verlegenden Rohres offenbart. Ein Hinweis darauf, dass die Einrichtung – wie es insbesondere in der Aufgabe des Klagepatents beschrieben wird – zum Ziehen und Schieben geeignet sein soll, findet sich demgegenüber nicht (Merkmal 1).
(2)
Die DE 37 33 463 C1 (Anlage BK 7 = K 7 im Nichtigkeitsverfahren) rechtfertigt eine Aussetzung der Verhandlung ebenfalls nicht.
Auch diese Schrift offenbart ein Verfahren zum Auswechseln verlegter Rohre und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens, bei der eine Ziehvor-richtung am hinteren Ende des neuen Rohres angreift und das alte und das neue Rohr mittels eines Adapters verbunden sind. Damit fehlt es an der Offen-barung einer Schub-Zug-Einheit (Merkmal 1). Darüber hinaus wird in der Entgegenhaltung zwar offenbart, dass die Zugstange aus kurzen, über Kupp-lungen zusammengesetzten Einzelstangen bestehen kann (vgl. Anlage BK 7, Sp. 5, Z. 52 – 56), wobei der Fachmann in Spalte 7, Z. 66 auch findet, dass eine Ausgestaltung der Zugstange als Gewindespindel ebenfalls möglich ist. Gleichwohl fehlt es bereits an einer Offenbarung von Merkmal 3, da zwar die Ankerplatte (11) durch eine auf der als Gewindespindel ausgebildeten Zugs-tange (10) sitzende Mutter gehalten wird. Jedoch ist die Ankerplatte (11), wie der Fachmann insbesondere Figur 1 der Entgegenhaltung entnimmt, am Rohrende angeordnet, so dass die beschriebene Verbindung nicht die Verbin-dung zwischen Ziehvorrichtung und Zugstange betrifft. Schließlich ist auch Merkmal 2.2. nicht offenbart, da der Fachmann in der Entgegenhaltung zwar findet, dass die Zugstange aus mehreren gekuppelten Einzelstangen bestehen kann. Dies bedeutet jedoch auch bei der offenbarten Ausbildung der Zugstange als Gewindespindel nicht, dass jede dieser Stangen jeweils eine Mehrzahl von Vorsprüngen und/oder Ausnehmungen aufweist.
(3)
Eine Aussetzung der Verhandlung in Bezug auf die Ziehvorrichtung der K Ltd. (Anlagen K 8 und K 9 im Nichtigkeitsverfahren) scheidet aus, da sich die Beklagten in diesem Zusammenhang maßgeblich auf den Zeugen Ian L stützen. Auch wenn die Beklagten insoweit eine, lediglich in englischer Sprache eingereichte, schriftliche Zeugenaussage vorgelegt haben, kommt eine Aussetzung insoweit bereits deshalb nicht in Betracht, da ein Ver-nehmung des Zeugen im Nichtigkeitsverfahren, nicht aber im Verletzungsver-fahren erfolgt. Somit ist unvorhersehbar, in welcher Weise der benannte Zeuge überhaupt aussagen wird und ob seine Aussage, wenn sie für die Beklagten positiv ausfällt, für glaubhaft gehalten wird. Schon wegen dieser gänzlich unsicheren Prognose verbietet sich die Annahme, es sei im Hinblick auf die Ziehvorrichtung, auf die sich die schriftliche Zeugenaussage von Herrn Ian L bezieht, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit einer Vernichtung des Klagepatents zu rechnen (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage, Rz. 1402).
(4)
Auf der Grundlage des als Anlage BK 10 (= K 10 im Nichtigkeitsverfahren) vor-gelegte Prospekts („GRUNDMOLE“ und „GRUNDOJET“) ist eine Aussetzung der Verhandlung ebenfalls nicht gerechtfertigt, da anhand der sehr schlecht lesbaren Kopien bereits nicht erkennbar ist, dass die Zugstange aus mehreren Stangenteilen mit jeweils einer Mehrzahl von Vorsprüngen und/oder Ausneh-mungen besteht. Die Beklagten stellen insoweit auf die Gestängekupplungen ab, an welche die Halte- und Lösezangen angreifen würden. Dies erscheint jedoch bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil sich die durch die Beklagten in Bezug genommene Seite 31 in dem vorgelegten Prospekt nicht findet. Zudem lässt sich dem im Nichtigkeitsverfahren als Anlage K 10 vorgelegten Prospekt auch nicht entnehmen, von wann dieser stammt. Die Ausführungen zum Produkt „Clearline“ gelten somit entsprechend.
(5)
Soweit die Beklagten in der Duplik zusätzlich auf die US 4,299,375 (Anlage BK 19) Bezug genommen haben, rechtfertigt diese eine Aussetzung der Verhandlung bereits deshalb nicht, weil sie bisher nicht in das Nichtigkeitsverfahren eingeführt wurde. Dies wäre jedoch erforderlich, damit eine Aussetzung auf der Grundlage dieser Schrift möglich wäre (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage, Rz. 1392). Zudem haben die Beklagten die technische Lehre dieser lediglich in englischer Sprache vorgelegten Entgegenhaltung auch nicht nachvollziehbar erläutert.
VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 (und 2); 108 ZPO.
Der Streitwert wird auf 250.000,- EUR festgesetzt. Davon entfallen 50.000,- EUR auf die beantragte Feststellung der Schadenersatzpflicht. Die Aufteilung des Streitwerts ist notwendig, weil nach der Rechtsprechung des Bundesge-richtshofes (GRUR-RR 2008, 460, 461) bei den hier streitgegenständlichen Ansprüchen nur die gesamtschuldnerisch gegen die Beklagten geltend ge-machten Ansprüche auf Schadensersatz gebührenrechtlich eine Angelegenheit darstellen, für die eine Erhöhungsgebühr in Betracht kommt.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 14.3.2012 (§ 296 a ZPO)
gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Ein Grund hierfür liegt nach § 156 ZPO nicht vor.