Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1853
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. März 2012, Az. 4a O 113/10
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wie-derholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jah-ren, die Ordnungshaft zu vollziehen an dem jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten, zu unterlassen,
maschinell auslesbare, individualisierte Filmträger, die analoge Bild- und Toninformationen beinhalten, die in ei-ner kontinuierlichen Abfolge auf dem Filmträger ent-halten und zur Wiedergabe bestimmt sind,
in Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen und/oder zu diesen Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die Toninformationen in einer Lichttonspur enthalten sind, und bei denen in der Lichttonspur ein Identifizierungs-Code in Form einer den Filmträger indi-vidualisierenden Abfolge örtlich beabstandeter Markie-rungen ausgebildet ist, der zusammen mit der Lichtton-spur auslesbar ist, um die Wiedergabe der in der Licht-tonspur enthaltenen Toninformationen in einer den Filmträger individualisierenden Weise zu ändern (EP 1 496 XXX B1),
wobei sich die Verurteilung der Beklagten nicht auf die durch die A GmbH, B Straße XX, XXXXX C, in der genannten Weise codierten Filme bezieht;
2. der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu le-gen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I. 1. be-zeichneten Handlungen seit dem 27.10.2006 begangen hat, und zwar durch Vorlage eines verbindlich unter-zeichneten Verzeichnisses, aus dem ersichtlich sind:
a) die Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der gewerblichen Abnehmer bzw. Benutzer,
b) die Menge der erhaltenen, bestellten, ausgelieferten oder Dritten zur Benutzung überlassenen Filmträger gem. Ziff. I. 1. sowie die Ein- und Verkaufspreise sowie die Entgelte für Gebrauchsüberlassung, die hierfür bezahlt wurden;
c) die einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Adressaten unter Angabe der jeweiligen Bezeichnung, Serien-nummer, Kopienanzahl, Kopie-Nr. und Benutzungszeitraum,
d) die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie Na-men und Anschriften der Angebotsempfänger,
e) der erzielte Gewinn unter Angabe der nach den ein-zelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Geste-hungskosten,
f) die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Wer-beträgern, Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum, Verbreitungsgebiet und ggf. Empfängern,
wobei es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirt-schaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein be-stimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,
wobei die Angaben zu I. 2. b) in Bezug auf die Ein- und Verkaufspreise und Entgelte erst für die Zeit ab dem 01.09.2008 sowie die Angaben zu I. 2. e) erst für die Zeit seit dem 01.01.2008 mitzuteilen sind;
3. im Umfang der Auskunftsverpflichtung gemäß I. 2. a) und b) sowie im Umfang der Rechnungslegung zum Nachweis der jeweiligen Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufs- bzw. Gebrauchsüberlassungsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) vorzulegen, wobei geheimhaltungsbe-dürftige Details außerhalb der zu beauskunftenden bzw. rechnungslegungspflichtigen Daten geschwärzt werden können.
II. Es wird festgestellt,
1. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der für die Zeit vom 01.01.2008 bis zum 16.09.2011 Herrn D und für die Zeit ab dem 17.09.2011 der Klägerin durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird;
2. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin dasjenige herauszugeben, was sie durch die unter Ziffer I. 1. genannten Handlungen in der Zeit vom 27.10.2006 bis zum 31.12.2007 erlangt hat.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Europäischen Patents 1 496 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent) sowie des deutschen Gebrauchsmusters DE 203 15 XXX U1 (im Folgenden: Klagegebrauchsmuster). Ursprünglicher einge-tragener Inhaber der Klageschutzrechte war Herr D, welcher die Klageschutz-rechte nach dem Vortrag der Klägerin auf diese übertragen hat. Die Eintragung der Klägerin im Patent- bzw. Gebrauchsmusterregister erfolgte am 12.09.2011 (Klagegebrauchsmuster) bzw. am 16.09.2011 (Klagepatent). Mit einer „Prozessstandschafts- und Abtretungserklärung“ vom 06.04.2010 er-mächtigte Herr D die Klägerin unter anderem, alle Ansprüche wegen einer Verletzung der Klageschutzrechte gerichtlich geltend zu machen. Zugleich trat er Auskunfts-, Entschädigungs- und Schadenersatzansprüche an die Klägerin ab. Hinsichtlich des vollständigen Inhalts der Erklärung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
Das Klagepatent wurde am 11.07.2003 in deutscher Sprache angemeldet, wo-bei die Veröffentlichung der Anmeldung am 12.01.2005 erfolgte. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 27.09.2006. Das Klagepatent ist in Kraft. Mit Schriftsatz vom 12.07.2011 hat die Beklagte Nichtigkeitsklage erhoben, über die bisher nicht entschieden wurde.
Das ebenfalls am 11.07.2003 angemeldete Klagegebrauchsmuster wurde am 12.02.2004 eingetragen. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 18.03.2004. Ein Löschungsverfahren ist nicht anhängig.
Die Klageschutzrechte tragen die Bezeichnung „Kennzeichnung eines Trägermaterials für zur Wiedergabe bestimmte Informationen.“
Der durch die Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 10 des Klagepatents ist wie folgt gefasst:
„Maschinell auslesbarer, individualisierter Filmträger (10), der analoge Bild- und Toninformationen beinhaltet, die in einer kontinuierlichen Abfolge auf dem Filmträger (10) enthalten und zur Wiedergabe bestimmt sind, dadurch gekennzeichnet,
– dass die Toninformationen in einer Lichttonspur (20) enthalten sind; und
– dass in der Lichttonspur (20) ein Identifizierungs-Code in Form einer den Filmträger (20) individualisierenden Abfolge örtlich beabstandeter Markierungen (14) ausgebildet ist, der zusammen mit der Lichttonspur (20) auslesbar ist, um die Wiedergabe der in der Lichttonspur (20) enthaltenen Toninformationen in einer den Filmträger individualisierenden Weise zu ändern.“
Patentanspruch 13 ist wie folgt formuliert:
„Filmträger nach einem der Ansprüche 10 bis 12, dadurch gekennzeich-net, dass die Markierungen (14) derart ausgebildet sind, dass die Wahr-nehmung der wiedergegebenen Informationen seitens eines Publikums nicht oder nur kaum beeinflusst wird.“
Schließlich weist Patentanspruch 14 folgende Fassung auf:
„Filmträger nach einem der Ansprüche 10 bis 13, dadurch gekennzeich-net, dass sich eine einzelne Markierung (14) zumindest senkrecht zu der Ausleserichtung (A) erstreckt.“
Die Klägerin macht das Klagegebrauchsmuster im Umfang der Ansprüche 10, 13 und 14 des Klagepatents geltend.
Nachfolgend wird eine Figur aus den Klageschutzrechten wiedergegeben, die ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung betrifft. Figur 3a zeigt ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Trägers in Gestalt eines Zelluloid-Films.
Danach weist ein Zelluloidfilm (10) einen Abschnitt (22) für Bildinformationen und einen benachbarten Abschnitt (20) in Form einer Lichttonspur auf. Die Lichttonspur (20) ist mit wellenförmigen Randbereichen versehen, die beim Wiedergeben des Films periodische Lichtschwankungen im Tonfrequenzbe-reich erzeugen, die durch elektronische Mittel hörbar gemacht werden können. Im Bereich der Lichttonspur (20) ist eine Abfolge von parallelen, strichförmigen Markierungen (14) ausgebildet, die einen maschinenlesbaren, binären Strich-code repräsentieren. Bei der Wiedergabe des Films und dem optischen Ausle-sen der Toninformation in der Tonspur erzeugt dieser Strichcode ein sehr kur-zes, für den Zuhörer kaum wahrnehmbares Signal, welches etwa mit Hilfe einer Spektralanalyse entschlüsselt werden kann.
Die Beklagte ist in der E-Unternehmensgruppe dafür zuständig, Filmkopien herzustellen, anzubieten und in den Verkehr zu bringen, wobei nach dem Vortrag der Klägerin „sämtliche Filme, die von der Beklagten in Deutschland Filmtheatern zur Vorführung überlassen werden, soweit für die Klägerin feststellbar, unter Verwendung der technischen Lehre der Klageschutzrechte codiert“ wurden (im Folgenden: angegriffene Ausführungsformen).
Dies gelte beispielsweise für den Film „F“. Insoweit ist nachfolgend ein im Jahr 2008 gefertigter Scan aus der Kopie Nr. 475, Akt 2, eingeblendet:
Gleiches gelte für den Film „G“. Insoweit wird nachfolgend ein Scan vom 12.12.2007 aus der Kopie Nr. 303, Akt 2 eingeblendet:
Schließlich handelt es sich bei der nachfolgenden Einblendung um einen am 30.11.2006 hergestellten Scan einer Version des Films „H“ aus der Kopie Nr. 1494, Akt 24:
Nach Auffassung der Klägerin macht die Beklagte wortsinngemäß und wider-rechtlich von der technischen Lehre der Klageschutzrechte Gebrauch.
Die Klägerin beantragt daher,
zu erkennen wie geschehen, jedoch mit der Maßgabe, dass sich die Verurteilung auch auf die durch die A GmbH codierten Filmträger erstrecken soll und dass die Klägerin die Feststellung der Schadenersatzpflicht sowie die Verurteilung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung über den erzielten Gewinn (I. 2. lit. e) auch für die Zeit vom 18.04.2004 bis zum 31.12.2007 und die Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf Herausgabe des durch ungerechtfertigte Bereicherung Erlangten lediglich hilfsweise für den Fall, dass die Kammer von einer Verjährung ausgeht, für die Zeit vor dem 31.12.2006 begehrt hat.
Im Hinblick auf die durch die Klägerin als „insbesondere, wenn“-Anträge formulierten Hilfsanträge wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Klageschrift Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise:
den Rechtstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung der gegen den deut-schen Teil des EP 1 496 XXX B1 erhobenen Nichtigkeitsklage auszusetzen.
Die Beklagte behauptet im Wesentlichen, die A GmbH habe bereits im Prioritätszeitpunkt zahlreiche Kinofilme mit der technischen Lehre der Klage-schutzrechte codiert. Kunden der A GmbH seien neben der Beklagten zahlreiche weitere Filmstudios gewesen, unter anderem die Filmverleiher der anderen „I“-Studios (K [= J], L, M [Filmverleih gemeinsam durch N] und O).
Die von der Klägerin angegriffene Toncodierung von 35 mm Filmkopien sei 1988 durch Heinz P und dessen Sohn Thomas P entwickelt worden. Vertretern der Filmwirtschaft sei das Codierungssystem unter anderem anlässlich des „Second International Film and Video Anti-Piracy Meeting, Munich“ am 30.09.1988 vorgestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei – mangels Existenz – noch keine kurzfristige Löschung der digitalen Tonspur erfolgt. Im Jahr 1989 habe die Fa. Heinz P Filmkennzeichnungen über das von ihr „Q“ genannte Toncodierungsverfahren mit der R-S GmbH in Berlin einen Li-zenzvertrag abgeschlossen.
Im Jahr 1997 sei durch die Fa. Heinz P Filmkennzeichnungen im Auftrag des Filmverleihers T (T) der Film „U“ codiert worden.
Ende 2001 habe erstmals die Beklagte die A GmbH mit der Codierung einzelner bevorstehender Kinofilme beauftragt. Dazu hätten die Filme „V“ (Kinostart: 22.11.2001), „W“ (Kinostart: 19.12.2001), „X“ (Kinostart: 10.01.2002) sowie „Y“ (Kinostart: 28.08.2002) gehört. Bei diesen Filmen sei – mit Ausnahme des Films „Y“ – von der A GmbH von einer Löschung der digitalen Tonspur abgesehen worden, da zu diesem Zeitpunkt die digitale Wiedergabe des Tons in den meisten Kinos noch unüblich gewesen sei.
Ebenfalls in den Jahren 2000 bis Mitte 2002 seien durch die A GmbH beispielsweise im Auftrag der Filmverleiher K Pictures (= J), O sowie N (Verleih von Z und M) die Filme „AA“, „BB“ und „CC“ codiert worden.
Im Jahr 2002 habe die A GmbH neben der Anbringung des Identifizie-rungscodes in der analogen Lichttonspur damit begonnen, die Digitalspur an der entsprechenden Stelle zu löschen. Zu diesem Zweck hätten Tests bei dem Kinobetreiber „DD“ stattgefunden, um festzustellen, ob das Umschalten von Digitalton auf die analoge Lichttonspur bei den diversen Projektionsgeräten tatsächlich funktioniere. Seither seien sämtliche Filme durch die A GmbH in der Weise codiert worden, dass die digitale Tonspur unkenntlich gemacht worden sei.
Die Toncodierung der A GmbH sei in der Branche der Filmverleiher allgemein bekannt gewesen, wobei auf Treffen der Filmverleiher und ihres Verbandes Erfahrungen mit der „P-Technik“ ausgetauscht worden seien. Zudem sei auch die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e. V. (GVU), die von der gesamten Filmindustrie mit der Verfolgung der Kinopiraterie beauftragt sei, ständig in die technische Analyse der Raubkopien involviert gewesen.
Seit Ende 2003 bis Herbst 2008 habe die Beklagte die A GmbH für nahezu jede ihrer Kinoveröffentlichungen mit der Codierung der Filmkopien be-auftragt. So stamme auch die von der Klägerin vorgelegte Kodierung des Films „H“ von der A GmbH.
Seit 2006 seien die Filmkopien bereits werkseitig durch den Hersteller der Filmkopien, die Fa. EE, mit der Toncodierung versehen worden, wobei hierzu auch die Filme „F“ (Anlage K 10) und „G“ (Anlage K 11) gehören würden. Dies habe den Vorteil, dass die Codierung nicht habe nachträglich aufgebracht werden müssen. Vielmehr sei es dadurch möglich, diese schon bei der Herstellung des Films in die Lichttonspur einzubetten. Das technische Prinzip der Toncodierung sei dabei jedoch identisch.
Dennoch habe die Beklagte bis 2008 weitgehend nur die Toncodierung der A GmbH genutzt, was zum Teil an logistischen Schwierigkeiten gelegen habe, den in Rom und Madrid ansässigen Kopierwerken der Fa. EE aufgefundene Raubkopien schnell zu Auswertungszwecken zu übermitteln.
Die Beklagte, die sich im Übrigen auf Verjährung und Verwirkung beruft, meint daher, sie könne sich auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen. Zudem seien die Klageschutzrechte unter dem Gesichtspunkt der offenkundigen Vor-benutzung auch nicht rechtsbeständig.
Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen. Sie behauptet, die Firmen FF (bis 1999) und GG (ab 2000) habe es zwar gegeben. Diese hätten vor dem Prioritätstag jedoch nur ein Bildcodierverfahren angeboten, das in Einzelfällen Verwendung gefunden habe. Dieses habe darin bestanden, eine 3- oder 4-stellige Nummer in einem festgelegten Bild der Filmkopie aufzubringen, z. B. durch Einbrennen.
Ende 2002 habe Herr D als Inhaber eines Unternehmens für die Film-Untertitlung mit der Entwicklung des patentgemäßen Toncodierver-fahrens begonnen. In allgemeiner Form habe er dies Ende Januar 2003 anlässlich der Berliner Filmfestspiele mit durch die Klägerin im Einzelnen benannten Vertretern der GVU, des Verleiherverbandes, der Senator Film und von K besprochen. Zudem hätten am 24.06.2003 auf der Cinema Expo in Amsterdam unter anderem Vertreter der O sowie von HH (UK) gesprochen. In ihren Reden hätten alle Redner darauf hingewiesen, dass die Filmindustrie dringend ein System brauche, mit dem man jede einzelne Filmkopie identifizieren könne, um daraus Maßnahmen der Piraterie-bekämpfung herleiten zu können.
Herr D habe in mehreren Schreiben die Filmverleiher in Deutschland und im Ausland auf das von ihm entwickelte Toncodierverfahren hingewiesen. In Folge dieser Informationen habe am 17.09.2003 in Potsdam unter Geheimhaltungsvorbehalt ein Gespräch mit Vertretern von HH stattgefunden. Dabei sei das patentgemäße Verfahren erstmals im Detail vorgestellt worden, wobei erkennbar gewesen sei, dass HH auf der Suche nach einem geeigneten Verfahren gewesen sei. Am Ende des Gespräches habe man sich darauf geeinigt, dass HH Herrn D mehrere Filmkopien für eine testweise Codierung zur Verfügung stellen werde. Am 10.10.2003 habe HH Herrn Gerhard D sodann jedoch per Mail mitgeteilt, dass man sein Verfahren nicht anwenden werde, da ein anderes Verfahren zur Anwendung kommen werde.
Ab Oktober 2003 seien in nahezu allen Filmkopien der Verleiher HH, II, T, K u. a. Toncodierungen nach dem patentgemäßen Verfahren enthalten, mechanisch hergestellt durch die A GmbH. Ab 2005 seien dann entsprechende kopiertechnische Toncodierungen durch EE und JJ hergestellt worden, wobei auch diese weltweit durch die Verleiher HH, II, T, M, KK u. a. in die Kinos gebracht worden seien.
Trotz intensiver Suche zwecks Überprüfung der Behauptungen von Herrn P hätten die Klägerin und Herr D keine einzige toncodierte Filmkopie aus den Jahren 2000 bis September/Oktober 2003 gefunden. Auch gebe es keinerlei Beleg dafür, dass das patentgemäße Toncodierverfahren vor dem September/Oktober 2003 irgendeinem Dritten bekannt gewesen sei.
Die Kammer hat durch Vernehmung der Zeugen P, LL, MM, NN, OO und D Beweis erhoben. Hinsichtlich des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2012 verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die einge-reichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg. Der Kläge-rin stehen insoweit gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Aus-kunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung der Pflicht zum Schadenersatz dem Grunde nach und zur Herausgabe des durch die Verletzung des Klagepatents Erlangten aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140 b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259, 852 BGB zu. Die Klägerin kann der Beklagten das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland jedoch nicht untersagen, soweit diese durch die A GmbH in der unter Ziffer I. 1. des Tenors genannten Weise codiert wurden, da sich die Beklagte hinsichtlich dieser Filme auf ein Vorbenutzungsrecht der A GmbH berufen kann, § 12 Abs. 1 PatG.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte aus einer möglichen Verletzung des Klagegebrauchsmusters keine Ansprüche zu, da das Klagegebrauchsmuster unter dem Gesichtspunkt der offenkundigen Vorbenutzung nicht schutzfähig ist, § 13 Abs. 1 GebrMG i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG.
I.
Nachdem die Klägerin als Inhaberin der Klageschutzrechte eingetragen ist, ist sie im Hinblick auf die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wegen einer Verletzung der Klageschutzrechte aktivlegitimiert.
Zudem hat der vormalige Inhaber der Klageschutzrechte, Herr D, der Klägerin die darüber hinaus geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung, Feststellung der Schadenersatzpflicht sowie Entschädigung abgetreten, so dass die Klägerin auch insoweit aktivlegitimiert ist. Bei sachgerechter Auslegung der Abtretungserklärung ist die Geltendmachung von Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung in der Abtretung von Ansprüchen auf Feststellung der Schadenersatzpflicht enthalten.
II.
Die Klageschutzrechte betreffen die Individualisierung maschinell auslesbarer Filmträgermaterialien.
Wie das Klagepatent einleitend ausführt, stehen Mechanismen zur Wiedergabe von Informationen im Mittelpunkt vieler technischer Gebiete. Üblicherweise sind die zur Wiedergabe bestimmten Informationen auf einem körperlichen Träger enthalten, der mittels geeigneter Vorrichtungen ausgelesen wird. Anschließend werden die ausgelesenen Informationen optisch, akustisch, kombiniert optisch und akustisch oder auf sonstige wahrnehmbare Weise wiedergegeben.
Dabei kann es aus verschiedensten Gründen wünschenswert sein, den Träger zu kennzeichnen. Als eine Möglichkeit hierfür nennt das Klagepatent zunächst die Anbringung einer Seriennummer auf der Oberfläche des Trägers. Daran bezeichnet es das Klagepatent jedoch als nachteilig, dass eine derart angebrachte Kennzeichnung leicht manipulierbar sei.
Aus der EP 0 802 XXX A1 sei eine optische Disc bekannt, die neben einem Aufzeichnungsbereich für sog. „Hauptdaten“ auch einen solchen für „Hilfsdaten“ aufweist, wo Markierungen in Form von Burst Cutting Area-(BCA) Streifen ausgebildet sind.
Zudem sei aus der US 6,259,XXX B1 ein Informationsträger mit Datenspuren und davon beabstandeten Nutzspuren bekannt, so dass der Datenträger im Bereich der Nutzspuren unter Verwendung eines sich wiederholenden Bitmusters codiert werden könne.
Darüber hinaus lehre die WO 94/24XXX A einen plattenförmigen optischen Träger für maschinell auslesbare Informationen, bei dem im Bereich der maschinell auslesbaren Informationen eine visuell wahrnehmbare Beschriftung ausgebildet ist.
Ferner sei aus der US 5,400,319 A ein scheibenförmiger Informationsträger bekannt, der neben einem ersten Aufzeichnungsbereich für Daten einen zweiten Bereich aufweise, in dem eine maschinenlesbare Abfolge von Strichen ausgebildet sei.
Außerdem sei aus der DE 37 07 608 A1 ein kombiniertes Ton-/Bildcodierverfahren bekannt, bei dem zur Codierung im Ton wenigstens ein schmalbandiger Frequenzbereich ausgefiltert werde, um eine Fehlstelle im Frequenzband zu erzeugen. Die Position der Fehlstelle sowie deren Positionsänderung würden einen Identitätscode für einen Film oder eine Filmkopie darstellen. Zur Bildcodierung würden in einer Kopiermaschine Codierzeichen auf eine Filmkopie (Original) aufbelichtet. Dadurch werde es möglich, jeder Film-Kopie einen anderen Code (beispielsweise eine fortlaufende Nummer) zu geben.
Des Weiteren werde in der WO 01/3XXX3 A1 ein Verfahren beschrieben, bei dem ein maschinenlesbarer Barcode zwischen den Perforationen und dem Rand eines Filmstreifens angeordnet werde.
Schließlich werde in der WO 85/02293 A1 ein Verfahren erläutert, bei dem ein Markierungssignal auf ein Tonsignal aufmoduliert und das so erhaltene Tonsignal auf einer Tonspur aufgezeichnet werde.
Den Klageschutzrechten liegt daher die Aufgabe (das technische Problem) zu-grunde, einen verbesserten Ansatz zum Kennzeichnen eines maschinell aus-lesbaren Filmträgers anzugeben, der zur Wiedergabe bestimmte Informationen beinhaltet.
Dies geschieht nach Patentanspruch 10 des Klagepatents durch eine Kombination der folgenden Merkmale:
a) Maschinell auslesbarer, individualisierter Filmträger (10),
b) der analoge Bild- und Toninformationen beinhaltet,
c) die in einer kontinuierlichen Abfolge auf dem Filmträger (10) enthalten und
d) zur Wiedergabe bestimmt sind.
e) Die Toninformationen sind in einer Lichttonspur (20) enthalten.
f) In der Lichttonspur (20) ist ein Identifizierungs-Code ausgebildet
g) in Form einer den Filmträger (20) individualisierenden Abfolge örtlich beabstandeter Markierungen (14).
h) Der Identifizierungs-Code ist zusammen mit der Lichttonspur (20) auslesbar,
i) um die Widergabe der in der Lichttonspur (20) enthaltenen Tonin-formationen in einer den Filmträger (10) individualisierenden Weise zu ändern.
III.
Dass die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre von Patentanspruch 10 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch machen, steht zwischen den Parteien zurecht nicht in Streit, so dass es insoweit keiner weite-ren Ausführungen bedarf. Jedoch kann sich die Beklagte in Bezug auf die durch die A GmbH in der in Ziffer I. 1. des Tenors genannten Weise codierten Filme mit Erfolg auf ein privates Vorbenutzungsrecht der A GmbH berufen, § 12 Abs. 1 S. 1 PatG. Demgegenüber steht der Beklagten in Bezug auf die Filmträger, bei denen der Identifizierungscode bereits bei der Herstellung des Filmträgers durch örtlich beabstandete Markierungen/Auslassungen in der Lichttonspur angebracht wird (vgl. insbesondere Anlagen K 10 und K 11) kein privates Vorbenutzungsrecht zu.
1.
Auf der Grundlage der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass sich die A GmbH im Prioritätszeitpunkt im Erfindungsbesitz befand.
a)
Nach allgemeiner Auffassung erwirbt der Vorbenutzer ein Weiterbenutzungs-recht nur dann, wenn er bei der Vorbenutzung den Erfindungsbesitz, also eine für das Nacharbeiten ausreichende Kenntnis der später patentierten technische Lehre gehabt hat (Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl., S. 850).
Erfindungsbesitz hat, wer weiß, welche Maßnahmen er treffen muss, um zum erfindungsgemäßen Erfolg zu gelangen, also den der Erfindung entsprechen-den äußeren Kausalzusammenhang erkannt hat, auch wenn ihm die wissen-schaftliche Erkenntnis der zugrundeliegenden Vorgänge fehlt (Kraßer, a.a.O.). Das heißt, der Vorbenutzer muss über die Kenntnis einer fertigen, ausführbaren technischen Lehre verfügen; Versuche, durch die eine brauchbare Problemlösung erst ermittelt werden soll, begründen kein Vorbenutzungsrecht.
Dies erfährt seine Rechtfertigung darin, dass es sich bei dem Vorbenutzungs-recht insoweit um ein Recht handelt, das sich zwar nicht wie die Lizenz vom Patent ableitet, aber gleichwohl im Erfinderrecht wurzelt. Der Vorbenutzer kann sich auf dieses Recht nur dann berufen, wenn er subjektiv den Erfindungsgedanken der – objektiv vorliegenden – Erfindung erkannt hat; ein Wissen um die Patentfähigkeit der Erfindung ist dagegen für die Entstehung des Vorbenutzungsrechts nicht erforderlich. Wer subjektiv nicht in der Lage ist, die Erfindungsleistung nachvollziehbar zu beschreiben, dem steht aus dem Erfinderrecht des Patentgesetzes von vornherein kein Anspruch zu (Busche, Das Vorbenutzungsrecht im Rahmen des deutschen und europäischen Patentrechts, GRUR 1999, 645, 646).
Der Vorbenutzer muss somit die unter Schutz gestellte technische Lehre derart erkannt haben, dass ihm die Nacharbeitung planmäßig, dauerhaft und nicht nur in Form von „Zufallstreffern“ möglich war und er auch nicht mehr ausprobieren musste, ob er auf dem richtigen Weg war, und dass er am Anmeldetag die Erfindung bereits im Inland in Benutzung genommen oder zumindest die dafür erforderlichen Veranstaltungen getroffen hat (OLG Düsseldorf, Urt. vom 11.01.2007, 2 U 65 / 05 – Klimagerät).
Bei der Beurteilung der Frage des Vorliegens des Erfindungsbesitzes ist zu berücksichtigen, dass die erhobenen Beweise zum Nachweis der ein Vorbenutzungsrecht begründenden Tatsachen sehr kritisch zu würdigen und an ihren Beweis strenge Anforderungen zu stellen sind, weil erfahrungsgemäß nach Offenlegung brauchbarer Erfindungen häufig andere Personen behaupten, entsprechendes schon vorher gemacht zu haben. Andererseits dürfen die Anforderungen an den Beweis nicht so hoch gespannt werden, dass der Nachweis eines privaten Vorbenutzungsrechtes praktisch unmöglich gemacht wird. Das gilt insbesondere dann, wenn schriftliche Unterlagen oder andere objektive Umstände die Aussagen der vernommenen Zeugen bestätigen. In solchen Fällen treten die einer Zeugenaussage in aller Regel anhaftenden und insbesondere durch das nachlassende Erinnerungsvermögen der Zeugen verursachten Unsi-cherheiten umso weiter zurück, je mehr objektive Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Aussagen sprechen (OLG Düsseldorf, Urt. vom 11.01.2007, 2 U 65 / 05 – Klimagerät).
b)
Dies vorweg geschickt ist die Kammer auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass sich die A GmbH im Priori-tätszeitpunkt bereits im Erfindungsbesitz befand.
(a)
Wie die als Anlagen B 11a bis B 13b vorgelegten Unterlagen zeigen, waren zumindest drei Filme der Beklagten, deren Filmstart vor dem Prioritätstag der Klageschutzrechte liegt, mit einer der A GmbH angebrachten Toncodierung, wie sie in den Klageschutzrechten beansprucht wird, versehen.
So sind entsprechende Markierungen in dem Film „V“ (2001) insbesondere auf dem Scan aus der Kopie Nr. 9 deutlich zu erkennen. Zudem weist auch der weitere Scan, hinsichtlich dessen es allerdings an der Angabe der genauen Nummer der Kopie fehlt, entsprechende Markierungen auf. Wie des Weiteren der als Anlage B 11b vorgelegten Rechnung vom 26.11.2001 zu entnehmen ist, hat die A GmbH für den Film „V“ für eine Codierung am 26.11.2001 Ar-beiten in Rechnung gestellt, wobei aus der Rechnung jedoch nicht erkennbar ist, ob es sich dabei um eine Bild- oder Tonkodierung handelt. Laut dem als Anlage B 11c vorgelegte Prüfbericht vom 21.12.2001 wurde in dem Film „PP“ jedenfalls eine Toncodierung, nicht aber eine Bildcodierung gefunden. Schließlich hat die Beklagte in Bezug auf diesen Film als Anlage B 11d noch ein „Codierungs-Protokoll“ vom 26.11.2001 vorgelegt, welchem allerdings nur die Lage, nicht aber die Art der Codierung entnommen werden kann.
Auch die als Anlage B 12a („W“) und B 13a („QQ“) vorgelegten Scans zeigen Markierungen im Lichtton, wie sie die Klageschutzrechte beanspruchen, wobei die Beklagte als Anlage B 12b für den Film „W“ eine Rechnung der A GmbH vom 02.01.2002 und für den Film „QQ“ als Anlage B 13b ein „Codierungs-Protokoll“ vorgelegt hat.
Diese Unterlagen stehen im Einklang mit der Aussage des Zeugen P in der mündlichen Verhandlung, der ausführlich und nachvollziehbar schilderte, wie sein Vater Heinz P die Toncodierung Schritt für Schritt entwickelte. Dass die Firma von Heinz P nicht nur eine Bild-, sondern auch eine Toncodierung anwendete, zeigt insbesondere der als Anlage B 10 vorgelegte Lizenzvertrag mit der R-S GmbH. Dass dieser Vertrag auch tatsächlich „gelebt“ wurde, wird aus der als Anlage B 32 vorgelegten Rechnung ersichtlich, in welcher – im Einklang mit der Schilderung des Zeugen P – die durch die R-S GmbH zu zahlenden Lizenzgebühren abgerechnet wurden. Zwar ist nicht unmittelbar erkennbar, wie genau das dort als „Q-Toncodierung“ bezeichnete Verfahren funktionierte. Gleichwohl verdeutlichen der Vertrag und die Abrechnung der Lizenzgebühren jedoch zumindest, dass neben der Bildcodierung auch bereits eine Toncodierung bekannt war. Die genaue Funktionsweise der durch Heinz P entwickelten Toncodierung schilderte der Zeuge P nachvollziehbar dahingehend, dass mit Schablonen ein Barcode und damit – wie von den Klageschutzrechten gefordert – eine individualisierte Abfolge von Markierungen aufgebracht wurde, wobei später aufgrund der zunehmenden Zahl von Kopien auch ein Computer zum Einsatz kam.
Zwar hat Herr Thomas P als Geschäftsführer der A GmbH durchaus ein Eigeninteresse am Ausgang dieses Rechtsstreits. Da sich der Inhalt seiner Aussage jedoch mit den durch die Beklagte vorgelegten Unterlagen in Einklang bringen lässt, genügt allein dies nicht, um an der Wahrheit seiner Aussage zu zweifeln. Zudem bestätigte auch die Zeugin NN, die 2001 bei der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) tätig war, dass sie zwar Einzelheiten der Codierung nicht kannte, sie aber darüber informiert war, dass die Codierung durch ein „Knacken“ zu hören gewesen sei. Soweit die Klägerin hierzu ausführt, die Störungen seien durch ein „Prasseln“ zu hören gewesen, ist dies bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil es sich bei der Toncodierung lediglich um einige wenige, kurze Markierungen im Ton handelt, die lediglich neben wenigen Bildern angeordnet sind, wobei Filme üblicherweise mit einer Geschwindigkeit von 24 Bildern pro Sekunde ab-gespielt werden. Gründe, an der Wahrheit der Aussage der Zeugin NN, die selbst kein Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits hat, zu zweifeln, sind somit nicht erkennbar.
(b)
Zudem hat die Beklagte als Anlagenkonvolut B 15 Unterlagen zu dem Film „Keine halben Sachen“ (Kinostart: 20.04.2000) vorgelegt. In dem hierzu vorlie-genden Scan sind die Analog-Codierungen ohne Weiteres zu erkennen. Darüber hinaus bestätigte auch der Zeuge MM, der seit nunmehr 7 Jahren bei RR ausgeschieden ist, dass dieser Film analog codiert war. Der Zeuge SS, der aufgrund seiner Pensionierung trotz der früheren Nähe zur Filmindustrie nunmehr allenfalls noch ein untergeordnetes Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits hat, schilderte bildlich, wie er als Verantwortlicher der Qualitätskontrolle bei RR Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre aufgrund eines „Knackens“ auf die Toncodierung aufmerksam wurde und diese sodann sogar auf Anweisung seiner Chefin zunächst herausschneiden wollte. Anhalts-punkte, an der Richtigkeit der Aussage des Zeugen MM zu zweifeln, bestehen nicht. Darauf, dass sich der Zeuge insbesondere auf Vorgänge vor Gründung der A GmbH bezog, kommt es für die Entscheidung nicht an, weil der durch den Zeugen MM unterzeichnete Auftrag vom 18.04.2000 bereits an die A (GmbH) gerichtet war und auch die entsprechende Rechnung von der A GmbH ausgestellt wurde. Außerdem stammt auch der in Bezug auf diesen Film vorgelegte Prüfbericht, nach dem eine Toncodierung erkennbar war, von der A GmbH.
Soweit sich die Klägerin demgegenüber in Bezug auf diesen Film darauf beru-fen hat, ihr liege eine Kopie dieses Films vor, die nicht codiert sei, rechtfertigt dies bereits deshalb keine andere Bewertung, weil dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen ist, woher diese Kopie stammt. Zwar haben sowohl der Zeuge MM, als auch der Zeuge LL ausgesagt, es seien – bis auf die nach Aussage des Zeugen MM später nachcodierten Premierenkopien – jeweils alle Kopien eines Films codiert worden. Jedoch hat die Beklagte vorgetragen, die Distribution in Österreich/der Schweiz sei mitunter anders abgewickelt worden, so dass hier teilweise keine Codierungen erfolgt seien. Zudem könne es sich auch um eine Kopie aus dem sog. „Graumarkt“ handeln. Da somit mangels Vortrages der Klägerin zur Herkunft der ihr vorliegenden Kopie nicht aus-zuschließen ist, dass es sich bei dieser Kopie um keine „offizielle“ Kopie für Deutschland handelt, bestand für die Kammer auch keine Veranlassung, dem diesbezüglichen Beweisantritt der Klägerin, diese Kopie zu untersuchen, nachzugehen.
(c)
Das weitere Vorbringen der Klägerin ist ebenso wenig wie die Aussagen der durch die Klägerin benannten Zeugen geeignet, Zweifel daran zu begründen, dass sich die A GmbH im Prioritätszeitpunkt im Erfindungsbesitz befand.
Dem als Anlage K 13 vorgelegten Auszug aus der Festschrift zum 20-jährigen Bestehen der GVU, wonach „präventive Sicherheitsmaßnahmen schon lange eingestellt wurden“, lässt sich bereits nicht entnehmen, was unter derartigen präventiven Sicherheitsmaßnahmen zu verstehen ist. Im Übrigen bedeutet diese allgemein gehaltene Aussage auch nicht, dass nicht gleichwohl – wie von der Beklagten behauptet – einzelne Filme bereits codiert wurden. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin selbst einräumt, dass die Firmen FF (bis 1999) und GG (ab 2000) ein Bildcodierverfahren anboten, bei welchem es sich ebenfalls um eine präventive Sicherungsmaßnahme handeln könnte. Entsprechend kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, am 24.06.2003 hätten auf der „Cinema Expo“ drei Redner betont, dass die Filmin-dustrie dringend ein System brauche, mit dem man jede der einzelnen Film-kopien identifizieren könne.
Der weitere Vortrag der Klägerin, Versuche mit dem Film „TT“ hätten gezeigt, dass das Bildcodierverfahren der A GmbH unzuverlässig sei, rechtfertigt keine andere Bewertung, da selbst dann, wenn die Bildcodierung unzuverlässig wäre, sich kein Rückschluss darauf ziehen lässt, ob die A GmbH nicht darüber hinaus ein Ton-Codierverfahren entwickelt und eingesetzt hat. Dass es bei den Tests um eine Überprüfung der Bild- und Toncodierung ging, hat lediglich der Zeuge Bernd OO ausgesagt. Nach Aussage des Zeugen UU ging es demgegenüber – im Einklang mit dem Vortrag der Klägerin – bei diesen Versuchen um eine Überprüfung der Zuverlässigkeit der Bild-Codierung durch die A GmbH.
Auch wenn Herr D, wie die Klägerin behauptet, bei einem Gespräch am 17.09.2003 in Potsdam Vertretern von HH das durch ihn entwickelte Verfahren vorgestellt haben sollte, lässt auch dies keinen Rückschluss darauf zu, welche Kenntnisse die Beklagte bzw. die A GmbH zu diesem Zeitpunkt bereits hatte.
Der weitere Hinweis der Klägerin, es sei jederzeit möglich, in vorhandenen Filmkopien nachträglich eine mechanische Toncodierung (Einritzen der Bar-code-ähnlichen Querstreifen) anzubringen, soweit Zugang zu den Filmkopien besteht, rechtfertigt keine andere Bewertung, da die Klägerin im Hinblick auf die o. g. Filme keine konkreten Anhaltspunkte für eine derartige Manipulation genannt hat. Der bloße Hinweis, die Kopien aller Filme der Verleiher würden im Lager der E. F. S. liegen, bei der es sich um die wirtschaftliche Eigentümerin der A GmbH handele, genügt hierfür nicht. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte diesen Vortrag bestritten hat.
Soweit die Klägerin in Bezug auf die als Anlage B 11a vorgelegten Scans aus dem Film „V“ behauptet, der dritte Scan (mit drei Filmstreifen quer) weise anders als die anderen beiden Scans eine Störung des Digitaltons auf, ist dies aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich, wobei auch der Zeuge P auf Vorhalt der Scans keine entsprechende Feststellung treffen konnte. Zudem lässt sich auch dem Schreiben der Beklagten vom 26.04.2004 nicht entnehmen, dass dieser Film mit einer Störung des Digitaltons versehen war. Zwar findet sich dort der Hinweis, der Film sei wie die jetzigen Filme der Beklagten codiert. Zugleich wird davor jedoch ausschließlich auf die Codierung in der Tonspur zwischen den Bildern 5 und 7 Bezug genommen. Damit kann sich der Hinweis auch nur auf die nach wie vor vorhandenen Störungen in der analogen Tonspur beziehen, da es sich bei der Störung des Digitaltons um keine Codierung, sondern um ein bloßes Hilfsmittel handelt, um ein Abtasten der die eigentliche Codierung enthaltenden analogen Tonspur zu gewährleisten.
Im Hinblick auf den Film „VV“ ist darüber hinaus auch weder erkennbar, inwie-fern – wie die Klägerin behauptet – in dem Scan die Nummer „184“ codiert sein soll, noch, ob und aus welchen Gründen die 2004 überlassene CD eine Codierung aufweist, die aus der Kopie Nr. 238 stammt. Zurecht weist die Klägerin demgegenüber darauf hin, dass der vorgelegte Prüfbericht keine „GVU-Nummer“ aufweist. Gleichwohl lässt auch dies nicht den Schluss zu, die durch die Beklagte vorgelegten Unterlagen seien gefälscht.
In Bezug auf den Film „W“ bezieht sich die Klägerin lediglich darauf, es sei lediglich der Analogton codiert, ohne dass der Digitalton gestört sei, obwohl im Zeitpunkt des Filmstarts bereits zahlreiche Kinos auf den Digitalton umgestellt hatten. Insofern weist die Beklagte jedoch – nachvollziehbar – darauf hin, dass die A GmbH eine Störung im Digitalton erst im Sommer/Herbst 2002 eingesetzt habe. Gleiches gilt für den Film „X“.
Die durch die Klägerin vorgelegten Prüfberichte des Zentral-Filmlagers UU vom 28.04.2004 vermögen Zweifel am Erfindungsbesitz der A GmbH bereits deshalb nicht zu begründen, weil der Zeuge UU im Rahmen seiner Vernehmung selbst eingeräumt hat, dass mit der durch ihn durchgeführten „Abtastmethode“ eine analoge Toncodierung nicht erkennbar ist. Dass der Zeuge UU über das bloße Abtasten hinaus auch eine weitere Unter-suchungsmethode angewendet hätte, lässt sich weder dem Vortrag der Kläge-rin, noch der Aussage des Zeugen entnehmen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es auch nicht darauf an, ob ein-zelne Kopien der durch die Beklagte zur Begründung der Vorbenutzung herangezogenen Filme tatsächlich im Kino gelaufen sind, da sich daraus kein unmittelbarer Rückschluss auf eine mögliche Manipulation des Films ziehen lässt.
Dass sich die Filmcodierungen an unterschiedlichen Stellen der Filme finden, hat der Zeuge P nachvollziehbar damit erklärt, dass die Filme immer so codiert wurden, wie sie aus den Kopierwerken kamen. Da diese die Filme einmal vor- und einmal rückwärts kopieren, seien die Markierungen damit zwangsläufig an unterschiedlichen Stellen zu finden.
Schließlich verfängt auch der Hinweis der Beklagten auf die als Anlage K 30 vorgelegte Preisliste nicht. Diese stammt vom April 2006, so dass sich daraus kein Rückschluss auf den Preis für Bild- und Toncodierungen in den vorange-gangenen Jahren ziehen lässt. Im Übrigen belegen auch die durch die Beklagten als Anlagen B 36 bis B 39 vorgelegten Chatprotokolle, dass die Frage der Toncodierung unter Filmvorführern bereits im Jahr 2002 diskutiert wurde.
2.
Weil das Startdatum der durch die Beklagte herangezogenen Filme vor dem Prioritätsdatum liegt, hat die A GmbH ihren Erfindungsbesitz auch hinreichend betätigt.
3.
Da das Vorbenutzungsrecht neben dem Vorbenutzungsberechtigten selbst auch seinen Abnehmern auf den nachfolgenden Handelsstufen zugute kommt (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 11, 193 – Desmopression-Tablette; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage, Rz. 1321), kann sich die Beklagte hinsichtlich der Filme, die durch die A GmbH codiert wurden, als de-ren Abnehmerin auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen (vgl. insbeson-dere Anlage K 12 [„H“]).
4.
Auf das der A GmbH zustehende Vorbenutzungsrecht kann sich die Beklagte jedoch nicht hinsichtlich der Filme berufen, die von der Fa. EE mit einer Toncodierung versehen wurden (vgl. insbes. Anlagen K 10 und K 11 „F“ und „G“). Dass auch der Fa. EE ein privates Vorbenutzungsrecht an den Kla-geschutzrechten zusteht, ist weder hinreichend vorgetragen, noch ersichtlich. Damit könnte sich die Beklagte hinsichtlich der durch die Fa. EE codierten Filme nur dann auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen, wenn sie selbst Inhaberin eines entsprechenden Vorbenutzungsrechts wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Grundsätzlich ist anerkannt, dass auch ein Händler oder Importeur ein eigenes und nicht nur ein von seinem Lieferanten abgeleitetes Vorbe-nutzungsrecht erlangen kann, da auch ihm zuzugestehen ist, dass er einen vor dem Prioritätszeitraum begründeten Besitzstand wahren kann. Es geht zum einen nicht darum, unfertigen oder unvollständigen Maßnahmen die Anerkennung zu versagen. Zum anderen bedeutet es für den objektiven Besitzstand des Händlers oder Importeurs keinen Unterschied, ob er sich im Erfindungsbesitz befindet und ob sein Lieferant eine Benutzungshandlung im Inland vorgenommen hat oder ob keine seiner Handlungen einen Inlandsbezug aufweist (vgl. LG Düsseldorf, InstGE, 10, 17 ff., Urt. v. 04.09.2008, Az. 4b O 402/06; so auch Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage, S. 823; Eichmann, GRUR 1993, 73, 80).
Diese Grundsätze sind jedoch nicht auf die Beklagte übertragbar. Bei der Be-klagten handelt es sich weder um eine Händlerin, noch um eine Importeurin. Diese ist vielmehr in der E Unternehmensgruppe dafür zuständig, Filmkopien herzustellen, anzubieten und in den Verkehr zu bringen, insbesondere durch Gebrauchsüberlassung an Filmtheater, auch wenn sie sich dabei Unternehmen wie der A GmbH oder EE bedient. Die genannten Grundsätze gelten demgegenüber nur für Vorbenutzer, die sich auf den Handel mit patentgemäßen Erzeugnissen beschränken und die diesen Handel deshalb fortsetzen dürfen. Nur in diesem Fall ist es gerechtfertigt, dem Händler ein eigenes Vorbenutzungsrecht zuzubilligen, so dass seine Berechtigung zum Vertrieb nicht davon abhängt, ob der Hersteller vor dem Stichtag die Erzeugnisse im Inland in Verkehr gebracht und dadurch sowohl ein Vorbenut-zungsrecht erlangt als auch Erschöpfung bewirkt hat (vgl. Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage, S. 823). Lässt die Beklagte demgegenüber – wie hier – selbst her-stellen, kann sie sich auf ein Vorbenutzungsrecht nur dann berufen, wenn sie sich im Prioritätszeitpunkt selbst im Erfindungsbesitz befand.
Dass dies der Fall war, ist weder hinreichend vorgetragen, noch ersichtlich. Der bloße Hinweis, die Beklagte habe die Erfindung der A GmbH seit Oktober 2001 gekannt und um die technische Ausführbarkeit gewusst, genügt hierfür ebenso wenig wie der pauschale Verweis darauf, die Beklagte habe über alle wesentlichen Informationen und Kenntnisse verfügt, um den Identifizie-rungscode in der Lichttonspur anbringen zu können. Darüber hinaus ist auch nicht erkennbar, inwiefern und in welchem Umfang der Auftragserteilung an die A GmbH tatsächlich – wie von der Beklagten behauptet – eine eingängige Erläuterung des Codierungssystems vorausging. Der lediglich allgemeine Hinweis, das Verfahren der A GmbH sei in der Branche allgemein bekannt gewesen, rechtfertigt schließlich ebenfalls keine andere Bewertung, da sich daraus kein Rückschluss darauf ziehen lässt, dass gerade die Beklagte mit den Einzelheiten des Codierverfahrens der A GmbH vertraut war.
III.
Da die Beklagte somit, soweit ihre Filme nicht durch die A GmbH codiert wurden, widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht, stehen der Klägerin folgende Ansprüche zu:
1.
Die Beklagte macht durch das Angebot und den Vertrieb der nicht durch die A GmbH codierten angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland wi-derrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, so dass sie gegenüber der Klägerin im tenorierten Umfang zur Unterlassung verpflichtet ist (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG).
2.
Des Weiteren hat die Beklagte der Klägerin im tenorierten Umfang Schadener-satz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG), denn als Fach-unternehmen hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffenen Ausführungsformen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen,
§ 256 ZPO.
Ein Anspruch auf Schadenersatz steht der Klägerin jedoch nur für die Zeit ab dem 01.01.2008 zu, da die Beklagte für die Zeit davor mit Erfolg die Einrede der Verjährung erhoben hat.
Gemäß § 141 PatG verjähren Ansprüche wegen einer Verletzung des Patent-rechts, der auch entsprechend auf europäische Patente Anwendung findet, innerhalb von drei Jahren (vgl. für das Klagegebrauchsmuster auch § 24f GebrMG). Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Tatsachen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat, § 141 PatG i. V. m. § 199 Abs. 1 BGB.
Vor diesem Hintergrund sind die zunächst Herrn D gegen die Beklagte zustehenden Ansprüche wegen der Verletzung des Klagepatents am 31.12.2007 verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist begann aufgrund der Kenntniserlangung im März 2004, die sich sowohl aus dem Vortrag der Be-klagten, als auch aus der als Anlagenkonvolut B 1 vorgelegten Korrespondenz ergibt, am 31.12.2004 zu laufen. Da die Klägerin vorliegend den Anspruch auf Schadenersatz für die Zeit vor ihrer Eintragung im Patentregister aus abgetretenem Recht geltend macht, kann die Beklagte den Verjährungseinwand gemäß § 404 BGB auch gegenüber der Klägerin erheben.
Allerdings führt die Verjährungseinrede im Ergebnis höchstens zu einer Be-schränkung der Höhe der Ansprüche auf eine Geldleistung, da der Klägerin gegen die Beklagte auch nach Verjährung der auf das Patentrecht gestützten Ansprüche ein Anspruch auf Herausgabe des durch die Verletzungshandlungen Erlangten nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung zuzubilligen ist (§ 852 BGB i. V. m. §§ 812, 818 BGB; vgl. BGH GRUR 1977, 250 ff. – Kunststoffhohlprofil; BGH GRUR 1982, 301 – Kunststoffhohlprofil II; Kühnen, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 5. Auflage, Rz. 1372).
3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadener-satzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte im tenorierten Umfang zur Aus-kunftserteilung und Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Da sich der Bereicherungsanspruch der Klägerin nach den Grundsätzen der Lizenz-analogie bemisst, bedarf es einer Kenntnis der Kosten- und Gewinnsituation beim Verletzer nicht, so dass die Klägerin für den Zeitraum, in dem sie lediglich einen Anspruch auf Herausgabe des durch die Patentverletzung Erlangten hat, keinen Anspruch auf Auskunftserteilung und Rech-nungslegung über den erzielten Gewinn hat (vgl. BGH GRUR 2009, 515 – Mo-torradreiniger; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage, Rz. 1038).
Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Darüber hinaus wird die Beklagte durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte hat schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Er-zeugnisse Auskunft zu erteilen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140 b PatG). So-weit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist der Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).
IV.
Ohne Erfolg hat die Beklagte den Einwand der Verwirkung erhoben.
Der aus dem allgemeinen Gedanken von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ab-geleitete Verwirkungseinwand setzt neben dem Zeitmoment auch ein Um-standsmoment voraus, so dass sich aus den Umständen einhergehend mit dem Zeitmoment bei objektiver Beurteilung ergeben muss, dass sich der Verletzer darauf einrichten durfte, dass die Rechte nicht mehr gegen ihn geltend gemacht werden (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage, Rz. 1384).
Daran fehlt es hier jedoch bereits deshalb, weil Herr D im Rahmen der im Jahr 2004 geführten Korrespondenz keine formelle Verzichtserklärung abgegeben hat, so dass für Herrn D bzw. die Klägerin über das Zeitmoment hinaus kein Anhaltspunkt für die Annahme bestand, Herr D bzw. die Klägerin würden gegen sie aus den Klageschutzrechten nicht mehr vorgehen.
V.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte aus dem Klagegebrauchsmuster keine Ansprüche zu, da das Klagegebrauchsmuster unter dem Gesichtspunkt der offenkundigen Vorbenutzung nicht schutzfähig ist, § 13 Abs. 1 GebrMG i. V. m.
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG.
Eine offenkundige und daher neuheitsschädliche Vorbenutzung des Gegen-standes eines Gebrauchsmusters liegt vor, wenn die in Frage stehende Benut-zungshandlung es ermöglicht hat, dass beliebige, zur Geheimhaltung ver-pflichtete Dritte vom beanspruchten Gegenstand zuverlässig Kenntnis erlangen konnten (BGH GRUR 1962, 518, 520 – Blitzlichtgerät; Benkard/Goebel, Patentgesetz, 10. Auflage, § 3 GebrMG Rz. 11).
Dies ist hier der Fall. Im Hinblick auf das Vorliegen einer Vorbenutzung durch die A GmbH wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum Vorbenutzungsrecht Bezug genommen. Darüber hinaus war die Vorbenutzung auch offenkundig. Zwar hatte die A GmbH ebenso wie die Filmverleiher kein Interesse daran, dass Dritte Kenntnis der Codierung er-langen. Allerdings war die Codierung des Tons ohne Weiteres gerade für Film-vorführer zu erkennen. Auch wenn die Markierung lediglich aus wenigen Stri-chen in der Tonspur besteht, verursacht sie aber ein hörbares „Knacken“, so dass der Ort der Markierung ohne Weiteres auffindbar war. Dass insbesondere Filmvorführer die Toncodierung erkennen konnten, belegen die durch die Be-klagte als Anlagen B 36 bis B 39 vorgelegten Chatprotokolle, in denen unter anderem die Frage der Toncodierung diskutiert wird. Hinweise auf das Vorlie-gen von die Toncodierung betreffenden Geheimhaltungsvereinbarungen sind demgegenüber weder vorgetragen, noch ersichtlich.
VI.
Für eine Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung, § 148 ZPO.
1.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BIPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesge-richt Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 2784 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als Solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dies kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.
2.
Ausgehend von diesen Überlegungen liegen die Voraussetzungen einer Aus-setzung der Verhandlung nicht vor.
Auch wenn die Kammer über die Frage der offenkundigen Vorbenutzung in Bezug auf das Klagegebrauchsmuster selbst Beweis erhoben hat, kommt eine Aussetzung der Verhandlung im Hinblick auf das Klagepatent unter diesem Gesichtspunkt bereits deshalb nicht in Betracht, weil sich die Beklagte auch im Nichtigkeitsverfahren auf Zeugenbeweis stützt, so dass die offenkundige Vorbenutzung nicht lückenlos durch liquide Beweismittel belegt ist (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR 1979, 636, 637 – Sportschuhsohle; Kühnen, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 5. Auflage, Rz. 1402 m. w. N.). Somit ist bereits unvorhersehbar, in welcher Weise die benannten Zeugen im Nichtigkeitsverfahren überhaupt aussagen werden und ob ihre Aussagen, wenn sie für die Nichtigkeitsklägerin günstig sind, durch das Bundespatentgericht für glaubhaft gehalten werden. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte im Nichtigkeitsverfahren auch Zeugen benannt hat, die durch die Kammer nicht vernommen wurden. Umgekehrt hat die Beklagte im Nichtigkeitsverfahren bisher auch nicht alle Zeugen, welche die Kammer vernommen hat, benannt. Da somit keine sichere Prognose über den Ausgang des Nichtigkeitsverfahrens gegeben werden kann, verbietet sich die Annahme, es sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten (vgl. Kühnen a. a. O.).
Der durch die Beklagte in ihrer Nichtigkeitsklage herangezogene druckschriftli-che Stand der Technik (Entgegenhaltungen D1 – D7) rechtfertigt eine Ausset-zung der Verhandlung ebenfalls nicht, da es sich bei diesen Entgegenhaltungen um den bereits in den Abschnitten [0006] – [0012] gewürdigten Stand der Technik handelt, so dass bereits aus diesem Grund eine Aussetzung der Verhandlung ausscheidet (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage, Rz. 1394). Im Übrigen hat die Beklagte die meisten Entgegenhaltungen lediglich in englischer bzw. französischer Sprache und ohne nachvollziehbare Begründung vorgelegt, so dass eine Aussetzung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht veranlasst erscheint (vgl. LG Düsseldorf, 3, 231 – wasserloses Urinal).
VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.
Der Streitwert wird auf 1.000.000,- EUR festgesetzt.