Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1855
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. März 2012, Az. 4a O 184/10
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, die an dem Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
lichtemittierende Vorrichtungen, die ein lichtemittierendes Teil und einen Leuchtstoff enthalten, der in der Lage ist, einen Teil des vom lichtemittierenden Teil ausgesandten Lichts zu absorbieren und Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von der des absorbierten Lichtes unterscheidet,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
wobei das besagte lichtemittierende Teil einen Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von GaN und der besagte Leuchtstoff ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel (Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann, und in der das besagte lichtemittierende Teil eine blaue lichtemittierende Diode (LED) ist und in der der besagte Leuchtstoff sich in einem direkten oder indirekten Kontakt mit der besagten blauen lichtemittierenden Diode befindet und in der ein Hauptemissionspeak der lichtemittierenden Diode innerhalb des Bereichs von 400 nm bis 530 nm liegt und eine Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffs so liegt, dass sie länger als der Hauptemissionspeak des lichtemittierenden Teils ist;
2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 23.09.2000 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen und bestellten zu Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und unter Angabe von Typenbezeichnungen sowie aufgeschlüsselt nach den Namen und den Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in dem Verzeichnis enthalten ist;
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, der Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der jeweiligen Domain, Zugriffszahlen und Schaltungszeiträume;
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, einschließlich Bezugspreisen, und des erzielten Gewinns;
wobei hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und lit. b) als Belege Bestell- oder Lieferscheine in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 23.09.2000 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin 10 % und der Beklagten 90 % auferlegt.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,00 EUR und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die jeweilige Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 0 936 XXX (Klagepatent) in Anspruch. Das Klagepatent wurde am 29.07.1997 von der Klägerin, damals noch firmierend unter A, Ltd., unter Inanspruchnahme von fünf japanischen Prioritäten vom 29.07.1996, 17.09.1996, 18.09.1996, 27.12.1996 und 31.03.1997 angemeldet. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 23.08.2000 vom Europäischen Patentamt (EPA) veröffentlicht. Gegen die Erteilung des Klagepatents wurde Einspruch erhoben. Das Klagepatent wurde in geändertem Umfang aufrechterhalten, wobei der hier geltend gemachte Patentanspruch 1 unverändert blieb. Der Beschluss wurde am 01.08.2007 rechtskräftig und die geänderte Fassung der europäischen Patentschrift („B9-Schrift“) durch das EPA veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung der geänderten europäischen Patentschrift („T3-Schrift“) wurde am 13.03.2008 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Kraft.
Das Klagepatent bezieht sich auf eine lichtemittierende Vorrichtung und Anzeigevorrichtung. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache englisch ist, lautet in der englischen Fassung wie folgt:
A Iight emitting device, comprising a light emitting component (102) and a phosphor (101) capable of absorbing a part of the Iight emitted by the Iight emitting component and emitting Iight of wavelength different from that of the absorbed light; wherein said Iight emitting component (102) comprises a GaN based compound semiconductor and said phosphor contains a garnet fluorescent material according to the formula:
(Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce
wherein 0 ≤ r ≤ 1 wherein Al may be at least partially substituted by Ga and/or In, and wherein said light emitting component (102) is a blue light emitting diode (LED), and wherein said phosphor is located in direct or indirect contact with said blue light emitting diode, and wherein a main emission peak of the Iight emitting diode is set within the range from 400 nm to 530 nm and a main emission wavelength of the phosphor is set to be longer than the main emission peak of the Iight emitting component.
Die deutsche Übersetzung des Klagepatentanspruchs hatte in der T2- und T3-Schrift zunächst folgenden Wortlaut:
Eine lichtemittierende Vorrichtung, die ein lichtemittierendes Teil (102) und einen Leuchtstoff (101) enthält, der in der Lage ist, einen Teil des vom lichtemittierenden Teil ausgesandten Lichtes zu absorbieren und Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von der des absorbierten Lichtes unterscheidet, wobei das besagte lichtemittierende Teil (102) eine Halbleitersubstanz auf der Grundlage von GaN und der besagte Leuchtstoff ein granatrotes fluoreszierendes Material entsprechend der Formel (Y1-R Gdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann, und in der das besagte lichtemittierende Teil (102) eine blaue lichtemittierende Diode (LED) ist und in der der besagte Leuchtstoff sich in einem direkten oder indirekten Kontakt mit der besagten blauen lichtemittierenden Diode befindet, und in der ein Hauptemissionspeak der lichtemittierenden Diode innerhalb des Bereichs von 400 nm bis 530 nm liegt und eine Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffs so liegt, dass sie länger als der Hauptemissionspeak des lichtemittierenden Teils ist.
Am 07.06.2010 reichte die Klägerin beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eine berichtigte Übersetzung der europäischen Patentschrift („T4-Schrift“) ein, die am 07.10.2010 veröffentlicht wurde. Dort lautet der Klagepatentanspruch 1 erstmals wie folgt (Änderungen sind unterstrichen):
Eine lichtemittierende Vorrichtung, die ein lichtemittierendes Teil (102) und einen Leuchtstoff (101) enthält, der in der Lage ist, einen Teil des vom lichtemittierenden Teil ausgesandten Lichtes zu absorbieren und Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von der des absorbierten Lichtes unterscheidet, wobei das besagte lichtemittierende Teil (102) einen Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von GaN und der besagte Leuchtstoff ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel
(Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce
mit 0 ≤ r ≤ 1 enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann, und in der das besagte lichtemittierende Teil (102) eine blaue lichtemittierende Diode (LED) ist und in der der besagte Leuchtstoff sich in einem direkten oder indirekten Kontakt mit der besagten blauen lichtemittierenden Diode befindet, und in der ein Hauptemissionspeak der lichtemittierenden Diode innerhalb des Bereichs von 400 nm bis 530 nm liegt und eine Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffs so liegt, dass sie länger als der Hauptemissionspeak des lichtemittierenden Teils ist.
Nachfolgend werden in leicht verkleinerter Form aus der Klagepatentschrift stammende zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung und verschiedene Spektren des von einer erfindungsgemäßen Vorrichtung emittierten Lichts abgebildet. Figur 1 und 2 zeigen zwei verschiedene Ausführungsformen erfindungsgemäßer lichtemittierender Dioden schematisch im Querschnitt. In den Figuren 19A bis 19C sind die Emissionsspektren des Leuchtstoffs (Y0,2Gd0,8)3Al5O12:Ce (Figur 19A), der lichtemittierenden Komponente (Figur 19B) und der gesamten lichtemittierenden Diode eines Ausführungsbeispiels (Figur 19C) abgebildet.
Mit Wirkung zum 18.11.2004 schloss die Beklagte mit der B GmbH München, nunmehr firmierend unter B AG, eine Patentlizenzvereinbarung, mit der die B AG der Beklagten eine einfache, kostenpflichtige Lizenz für bestimmte Arten der Benutzung verschiedener Patente der B AG, darunter der Patente EP 0 907 XXX B1 und EP 0 862 XXX B1, gewährte. Die Vereinbarung sollte für die Dauer des längstgültigen lizensierten Patents in Kraft bleiben, falls sie nicht vorher gekündigt werden sollte.
In die Lizenzvereinbarung war auch eine als Annex 2 der Vereinbarung beigefügte Zusicherungserklärung der Klägerin vom 27.05.2004 einbezogen. Die Ziffer 1. der in englischer Sprache abgefassten Erklärung lautet wie folgt:
1. C will not enforce Japanese Patent 3,503,XXX and ist foreign counterparts, to the extent such foreign counterparts are directed to the same scope with substantially the same wording as said Japanese Patent 3,503,130, against such LED manufacturers (the „Potential B LICENSEE“) (…)
Die deutsche Übersetzung ist zwischen den Parteien streitig und lautet in der Fassung der Beklagten, in der die von der Klägerin vorgetragenen Abweichungen in kursiv eingefügt sind, wie folgt:
1. C wird das japanische Patent 3,503,XXX und die [diesem] entsprechenden ausländischen Schutzrechte, sofern derartige ausländischen Schutzrechte auf den gleichen [denselben] Schutzumfang mit im Wesentlichen gleichem [denselbem] Wortlaut abzielen wie das japanische Patent 3,503,XXX nicht gegen LED-Hersteller geltend machen (den „möglichen B-LIZENZNEHMERN“), (…)
Wegen der Einzelheiten der Patentlizenzvereinbarung und der Zusicherungserklärung wird auf die Anlagen WKS 4 und 5, in deutscher Übersetzung die Anlagen WKS 4a und 5a Bezug genommen. Wegen des Wortlauts des japanischen Patents 3,503,XXX wird auf die Anlage WKS 6, in englischer Übersetzung als Anlage WKS 6a und in deutscher Übersetzung als Anlage WKS 6b, Bezug genommen.
Die Beklagte stellt her und vertreibt LED. Unter anderem bewirbt sie im Internet LED mit den Typenbezeichnungen „D LED E“, „D F“, „D LED G“ und „D LED H“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsformen 1 bis 4 – in dieser Reihenfolge) und liefert sie an Händler in der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin erwarb über einen Dritten von I GmbH, Bonn, im September 2009 und März 2010 Muster der angegriffenen Ausführungsformen, die dieselben Typenbezeichnungen wie oben angegeben aufwiesen. Nachstehend sind schematische Abbildungen der angegriffenen Ausführungsformen 1 bis 4 (in dieser Reihenfolge) wiedergegeben, die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 auch mit fotographischer Abbildung. Für die Ausführungsform 3 ist beispielhaft das emittierte Spektrum gezeigt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Zusicherungserklärung vom 27.05.2004 stehe der gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche aus dem Klagepatent nicht entgegen. Denn das Klagepatent sei nicht auf denselben Schutzumfang wie das japanische Patent 3,503,XXX gerichtet. Insofern genüge es nicht, wenn die Merkmale des Klagepatentanspruchs im japanischen Patent offenbart seien. Es komme vielmehr auf einen abstrakten Schutzbereichsvergleich auf der Grundlage der Patentansprüche an. In dieser Hinsicht sei der Klagepatentanspruch auf YAG-Fluoreszenzmaterial beschränkt, während der Patentanspruch des japanischen Patents auf irgendein ceraktiviertes Fluoreszenzmaterial auf Granatbasis gerichtet sei. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Zusicherungserklärung um eine Nichtangriffsabrede handele und nicht um eine Lizenz, deren Umfang sich nach dem weiten Anspruch des japanischen Patents richte. Hintergrund der Abgabe der Zusicherungserklärung sei vielmehr, dass sie – die Klägerin – damals wirtschaftliche Erfolge mit ceraktiviertem YAG-Leuchtstoff in weiß leuchtenden LED erzielt habe, während die B AG Umwandlungstechnologie auf Basis von TAG-Leuchtstoffen verwendet habe. Die Patentportfolios beider Unternehmen beinhalteten jedoch auch Patente, die so allgemein gefasst seien, dass sie die Verwendung beider Fluoreszenzmaterialien umfassten. Die Zusicherungserklärung sei mit Blick auf den von der B AG verwendeten TAG-Leuchtstoff abgegeben worden, was die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet. Die Benutzung von YAG-Fluoreszenzmaterial sollte hingegen nicht ermöglicht werden, was beispielsweise aus dem auf YAG-Leuchtstoff gerichteten und nicht in der Zusicherungserklärung genannten JP 2,927,279, das der B AG bei Abgabe der Zusicherungserklärung bekannt gewesen sei, deutlich werde.
Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffenen Ausführungsformen machten von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch. Dies bestätigten die als Anlagen 8, 9, 10, 17, 18 und 24 vorgelegten Gutachten der von der Klägerin beauftragten Privatsachverständigen, die die von einem Testkäufer erworbenen angegriffenen Ausführungsformen untersucht hätten. Insbesondere habe mittels der Röntgenpulverdiffraktometrie nachgewiesen werden können, dass in den angegriffenen Ausführungsformen ein ceraktiviertes YAG-Fluoreszenzmaterial zum Einsatz komme. Darauf weise auch eine Rietveldberechnung und die Untersuchung der Emissionsspektren des Leuchtstoffs hin. Die weitere Analyse mittels energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDX) habe dann gezeigt, dass in den angegriffenen Ausführungsformen 1 und 3 statt Yttrium teilweise auch Gadolinium verwendet werde. Die genaue Elementenzusammensetzung könne nur mittels EDX bestimmt werden und stehe nicht im Widerspruch zu den Ergebnissen der Röntgenpulverdiffraktometrie. Diese könne die genaue Zusammensetzung nicht ermitteln, weil die Röntgenspektren der beiden Materialien nahezu identisch seien.
Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, dass der Klagepatentanspruch in der T2- und der T3-Schrift nicht fehlerhaft übersetzt sei. Die Auslegung unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnungen komme zum selben Schutzumfang wie die T4-Schrift. Es gebe die Begriffe Verbindungshalbleiter und Elementhalbleiter. Der in der T2-/T3-Schrift verwendete Begriff „Halbleitersubstanz“ sei neutral und nicht auf Elementhalbleiter beschränkt. Die Wendung „auf Grundlage von GaN“ zeige, dass ein Verbindungshalbleiter gewollt sei. Ebenso verstehe der Fachmann anhand der Beschreibung des Klagepatents den Begriff „granatrotes fluoreszierendes Material“ dahingehend, dass der Leuchtstoff eine Granatstruktur aufweisen müsse. Nirgendwo finde sich ein Hinweis auf ein granatrotes Leuchtstoffmaterial.
Die Klägerin beantragt,
– wie erkannt -.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klageanträge seien unzulässig, weil der Wortlaut des Klagepatentanspruchs wiederholt werde, ohne die darin alternativ genannten Merkmale der angegriffenen Ausführungsform anzupassen. Ohnehin könnten Ansprüche aus dem Klagepatentanspruch in der jetzt geltenden Fassung erst ab dem 07.10.2010 – dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der geänderten übersetzten Fassung – geltend gemacht werden. Ebenso wenig könne die Klägerin Auskunft über die Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse (Klageantrag zu I. 2. a)) verlangen, weil sie – die Beklagte – im Ausland ansässig sei und Lieferungen an sie nicht patentverletzend seien.
Die Beklagte hält die Klage im Hinblick auf die Zusicherungserklärung für unzulässig. Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Zusicherungserklärung im vorliegenden Fall seien erfüllt. Insbesondere handele es sich bei dem Klagepatent um ein ausländisches Patent, das auf denselben Schutzbereich mit im Wesentlichen demselben Wortlaut wie das JP 3,503,XXX gerichtet sei. Für die Auslegung der Zusicherungserklärung sei auf das Verständnis des Adressaten der Erklärung, nämlich der Lizenznehmer der B AG abzustellen. Demnach böten das japanische Patent und sein Schutzumfang die wesentliche Orientierung für die Reichweite der Zusicherungserklärung. Auf eine vollständige Identität der Schutzbereiche komme es im Hinblick auf tatsächliche und mögliche Änderungen im Erteilungs-, Einspruchs- und Nichtigkeitsverfahren nicht an. Im Übrigen komme es nicht auf einen abstrakten Vergleich der Schutzbereiche an. Stattdessen bestimme der Schutzbereich des japanischen Patents die Bandbreite schutzrechtsgemäßer Ausführungsformen. Da der jeweilige Lizenznehmer der B AG an einer Nutzung von LED interessiert sei, seien auch nur diejenigen Ausführungsformen zu betrachten, die vom Schutzbereich des jeweiligen ausländischen Patents erfasst würden. Eine Ausführungsform, die in den Schutzbereich des japanischen Patents falle und daher aufgrund der Zusicherungserklärung nicht angegriffen werden könne, solle auch durch ein ausländisches Parallelpatent wie dem Klagepatent nicht angegriffen werden können. Das sei vorliegend der Fall. Insbesondere gelte dies für die im Klagepatentanspruch genannte konkrete chemische Zusammensetzung des Leuchtstoffs, die im japanischen Patent Gegenstand eines Ausführungsbeispiels sei. Im Übrigen basierten beide Schutzrechte auf derselben PCT-Anmeldung und seien weitgehend identisch.
Die Beklagte vertritt weiter die Ansicht, der Vortrag der Klägerin zur Herkunft der angegriffenen LED und zum verwendeten Leuchtstoff in der angegriffenen Ausführungsform sei unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar. Die Klägerin habe nicht belegt, dass die untersuchten LED von der Beklagten stammten. Es sei auch nicht nachvollziehbar, ob und in welchem Umfang die erworbenen Muster der angegriffenen Ausführungsformen tatsächlich diejenigen seien, die später durch die angeblichen Gutachter der Klägerin untersucht worden seien. Sie habe weiterhin keine Individualisierungsmerkmale offengelegt, um die Herkunft der angegriffenen LED nachzuvollziehen. Dies sei jedoch für eine Verteidigung gegen den Vorwurf der Patentverletzung erforderlich, weil innerhalb einer Typenreihe unterschiedliche Halbleiter und Fluoreszenzmaterialien eingesetzt würden, die teilweise nicht patentgemäß seien.
Abgesehen davon werde mit Nichtwissen bestritten, dass die angegriffenen Ausführungsformen von der Lehre des Klagepatentanspruchs, insbesondere von Merkmal 2, Gebrauch machten. Das Bestreiten mit Nichtwissen sei zulässig, weil sie – die Beklagte – das Fluoreszenzmaterial nicht selbst herstelle, sondern geliefert bekomme und die chemische Zusammensetzung ein Geschäftsgeheimnis der Lieferantin darstelle. Sie sei auch nicht verpflichtet, aufwendige Analysen von Mustern der angegriffen LED-Typen zu veranlassen. Eine solche Untersuchung sei ohnehin irrelevant, weil damit nichts für die im Jahr 2009 beziehungsweise 2010 erworbenen und von der Klägerin angeblich untersuchten Muster der angegriffenen Ausführungsformen belegt werden könne. Was die von der Klägerin durchgeführten Untersuchungen von LED mittels Röntgenpulverdiffraktometrie und EDX angehe, sei nicht nachvollziehbar, was mit welchen Geräten und Methoden untersucht worden sei. Daher bestreitet die Beklagte, dass die beiden Untersuchungen an den angegriffenen Ausführungsformen ordnungsgemäß durchgeführt worden seien und die Ergebnisse nachvollziehbare Aussagen über die angegriffenen Ausführungsformen enthielten. Zudem ließen die vorgelegten Untersuchungsergebnisse keine Aussagen über die angegriffene Ausführungsform zu. Weil das Fluoreszenzmaterial in einen Überzug eingebettet sei, sei die Röntgenpulverdiffraktometrie für einen Nachweis nicht geeignet. Zu dem seien die Untersuchungsergebnisse widersprüchlich. Die Röntgenpulver-
diffraktometrie habe in der angegriffenen Ausführungsform nach der Behauptung der Klägerin YAG ohne einen Anteil Gadolinium nachgewiesen, während die EDX angeblich auch die Verwendung von Gadolinium nachgewiesen habe.
Die Beklagte ist weiterhin der Auffassung, ihr stehe ein Weiterbenutzungsrecht aus Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG zu. Bis zur Einreichung und Veröffentlichung der T4-Schrift habe der Klagepatentanspruch in seiner deutschen Übersetzung für das lichtemittierende Teil eine Halbleitersubstanz statt eines Verbindungshalbleiters verlangt. Unter einem Verbindungshalbleiter seien Halbleiter aus verschiedenen Materialien zu verstehen, deren Kombination gerade die elektrische Leitfähigkeit von Halbleitern aufweise. Eine Halbleitersubstanz sei hingegen ein Element wie Silizium oder Germanium, das aus sich heraus die Eigenschaften eines Halbleiters habe. Nach der ursprünglichen Übersetzung sei daher anspruchsgemäß nur ein lichtemittierendes Teil, das neben einem Verbindungshalbleiter auf der Basis von GaN auch eine Halbleitersubstanz aufweise. Das sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall. Ebenso habe die ursprüngliche Übersetzung des Klagepatentanspruchs für den Leuchtstoff ein granatrotes fluoreszierendes Materials statt eines Granat-Fluoreszenzmaterials verlangt. Letzteres sei ein Fluoreszenzmaterial mit Granatstruktur, während die ursprüngliche Übersetzung ein Material mit bestimmten Farbeigenschaften – hier: granatrotes Fluoreszieren – beschreibe. Die angegriffene Ausführungsform verwende aber weder einen granatroten Leuchtstoff, noch fluoresziere er in dieser Farbe. Jedenfalls fehle es im Hinblick auf die fehlerhafte Übersetzung an einer schuldhaften Patentverletzung.
Einen Antrag auf Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 28.02.2012 zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
A
Die Klage ist zulässig.
I.
Die Klageanträge sind hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht hingegen, dass die Klägerin im Klageantrag zu I. 1. lediglich den Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 übernommen hat, ohne die darin genannten Alternativen auf die konkrete angegriffene Ausführungsform anzupassen, nämlich den Index „r“ zu beziffern und festzulegen, ob Aluminium durch Gallium oder Indium im Fluoreszenzmaterial ersetzt ist und ob ein direkter oder indirekter Kontakt zwischen Leuchtstoff und lichtemittierender Diode besteht.
Hinreichend bestimmt ist der Klageantrag, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis erkennbar abgrenzt, den Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lässt, das Risiko des Unterliegens der Klägerin nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf die Beklagte abwälzt und die Zwangsvollstreckung aus dem beantragten Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (Zöller/Greger, ZPO 29. Aufl.: § 253 Rn 13 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Streitgegenstand sind Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rückruf und Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen einer unmittelbaren Patentverletzung durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen 1 bis 4. In einem solchen Fall ist es statthaft, den Klageantrag nach dem Wortlaut des verletzten Patentanspruchs zu formulieren (Kühnen: Handbuch der Patentverletzung, 5. Aufl.: Rn 825). Dies bietet Gewähr dafür, dass der Urteilstenor nur diejenigen Details enthält, die für die erfindungsgemäße Lehre von Bedeutung sind, und verhindert zuverlässig, dass solche Gestaltungsmerkmale Eingang in den Urteilstenor finden, die außerhalb der Erfindungsmerkmale stehen und daher den Verbotstenor ungerechtfertigt einschränken würden. Bei einer etwaigen Zwangsvollstreckung kann der Tenor anhand der Entscheidungsgründe ausgelegt werden, was sicherstellt, dass der Tenor nicht auf Ausführungsformen erstreckt wird, die nicht im Kern des gerichtlichen Verbotes liegen (Kühnen: a.a.O.). Eine Konkretisierung des Klageantrags im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform ist daher grundsätzlich nicht geboten. Das gilt auch dann, wenn der Patentanspruch alternative Merkmale enthält. Die Aufnahme sämtlicher Alternativen in den Klageantrag macht diesen nicht unbestimmt, da er dahingehend zu verstehen ist, dass eine Verurteilung hinsichtlich sämtlicher Alternativen begehrt wird. Mit Blick auf die jeweils angegriffene Ausführungsform ergeben sich auch nicht die mit einem unbestimmten Klageantrag verbundenen Probleme (s.o.).
II.
Die Beklagte kann nicht mit Erfolg die Einrede der fehlenden Klagbarkeit des Anspruchs im Hinblick auf die von der Klägerin am 27.05.2004 gegenüber der B AG – damals firmierend unter B GmbH – abgegebene Zusicherungserklärung („assurance letter“) erheben. In dieser Erklärung sicherte die Klägerin zu, das japanische Patent 3,503,XXX und bestimmte entsprechende ausländische Schutzrechte unter gewissen Voraussetzungen nicht gegen LED-Hersteller geltend zu machen (in der englischen Originalfassung: „C will not enforce Japanese Patent 3,503,XXX …“), die Lizenznehmer der B AG sind. Beide Parteien gehen davon aus, dass es sich bei der Zusicherungserklärung um eine Nichtangriffsabrede handelt, kraft derer die Klägerin nicht berechtigt sein soll, bestimmte Patente gerichtlich durchzusetzen. Gegen diese Auffassung der Parteien ist seitens der Kammer nichts einzuwenden, kann aber letztlich dahinstehen, da das Klagepatent von der Zusicherungserklärung nicht erfasst wird.
Nach dem Wortlaut der Zusicherungserklärung werden ausländische Parallelpatente von der Zusicherungserklärung erfasst, „soweit sie auf den gleichen [denselben] Schutzumfang mit im Wesentlichen gleichem [demselben] Wortlaut wie das japanische Patent 3,503,XXX gerichtet sind.“ Es wird also eine formale Betrachtung verlangt, bei der der Schutzbereich des japanischen Patents 3,503,XXX und des Klagepatents und ihr Wortlaut abstrakt zu vergleichen sind. Dafür macht es keinen Unterschied, ob der in der Zusicherungserklärung verwendete englische Begriff „ the same …“ mit „der gleiche …“ oder „derselbe …“ zu übersetzen ist, wenn berücksichtigt wird, dass ausländische Parallelpatente zum japanischen Patent 3,503,XXX aufgrund von Unterschieden im Erteilungsverfahren oder späteren Einspruchs- und Nichtigkeitsverfahren nicht zwingend einen mit dem japanischen Patent identischen Wortlaut und Schutzumfang haben müssen, wie es auch durch die Wendung „gerichtet auf“ („directed to“) und „mit im Wesentlichen dem gleichen / demselben Wortlaut“ („with substantially the same wording“) zum Ausdruck kommt.
Der Gegenstand des japanischen Patents ist in weiten Teilen enger, im Hinblick auf das für den Leuchtstoff zu verwendende Material jedoch weiter gefasst als der des Klagepatents. Während das japanische Patent als Leuchtstoff lediglich ein ceraktiviertes Fluorophor auf Granatbasis verlangt, erfordert der Klagepatentanspruch 1 einen Leuchtstoff, der ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel (Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann. Bereits aufgrund dieses Unterschieds im Schutzumfang durfte weder die B AG als Empfängerin der Zusicherungserklärung, noch die Beklagte als potentielle Begünstigte durch die Zusicherungserklärung davon ausgehen, dass es sich bei dem Klagepatent um ein ausländisches Parallelpatent im Sinne der Zusicherungserklärung handelt.
Das japanische Patent 3,503,XXX und das Klagepatent betreffen eine lichtemittierende Vorrichtung, die einen Leuchtstoff enthält, der die Wellenlänge des Lichts, das von einem lichtemittierenden Bauteil ausgesendet wird, umwandelt und Licht aussendet (S. 4 der Anlage WKS 6b; Abs. [0001]; Textstellen ohne Bezugsangabe beziehen sich auf die Klagepatentschrift, Anlage TW 4a). Der Kern der Erfindung beider Patente betrifft das verwendete Fluoreszenzmaterial. Während der Patentanspruch des japanischen Patents ein ceraktiviertes Fluorophor auf Granatbasis vorsieht, hat der Klagepatentanspruch eine spezielle Zusammensetzung dieses Materials, nämlich einen ceraktivierten YAG-Leuchtstoff, zum Gegenstand. Die Zusicherungserklärung kann aber nicht dahingehend verstanden werden, dass alle ausländischen Parallelpatente von der Zusicherungserklärung erfasst sein sollten, die – weitgehende Identität der Schutzbereiche im Übrigen vorausgesetzt – ein spezielles ceraktiviertes Fluorophor wie beispielsweise einen YAG- oder TAG-Leuchtstoff in der lichtemittierenden Vorrichtung vorsehen, auch wenn der Schutzbereich des japanischen Patents 3,503,XXX in dieser Hinsicht weiter ist als der des ausländischen Parallelpatents und diesen sogar vollständig umfasst.
Bei der Auslegung der Zusicherungserklärung ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Erklärung um eine Nichtangriffsabrede handelt, kraft derer lediglich Ansprüche aus bestimmten Patenten nicht einklagbar sein sollen. Mit der Zusicherungserklärung wurde jedoch keine Lizenz erteilt, die es ermöglichen sollte, den Gegenstand des japanischen Patents 3,503,XXX im In- und Ausland vollumfänglich nutzen zu können. Die Konsequenz daraus zeigt sich im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Zusicherungserklärung in Japan. Mitnichten darf die Beklagte dort – auch wenn zu ihren Gunsten die Zusicherungserklärung gilt – sämtliche LED, die vom Gegenstand des JP 3,503,XXX Gebrauch machen, anbieten und in Verkehr bringen. Insbesondere lichtemittierende Vorrichtungen mit ceraktivierten YAG-Fluoreszenzmaterialien, wie sie Gegenstand des Klagepatents sind, dürfen in Japan nicht vertrieben werden, obwohl sie in den Schutzbereich des japanischen Patents 3,503,XXX fallen. Denn die Klägerin ist Inhaberin des japanischen Patents 2,927,279, das lichtemittierende Vorrichtungen mit zeraktiviertem YAG-Leuchtstoff zum Gegenstand hat und nicht von der Zusicherungserklärung erfasst ist, so dass Ansprüche aus diesem Patent von der Klägerin in Japan gerichtlich geltend gemacht werden können. Allgemein sind sämtliche japanischen Patente der Klägerin, die lichtemittierende Vorrichtungen mit einem spezifischen ceraktivierten Granatfluoreszenzmaterial wie YAG-Leuchtstoff zum Gegenstand haben, nicht Gegenstand der Zusicherungserklärung und schränken damit jedenfalls für Japan den Anwendungsbereich der Zusicherungserklärung im Verhältnis zum weiten Schutzbereich des JP 3,503,XXX ein.
Weder die B AG als Empfängerin der Zusicherungserklärung, noch die Beklagte als Begünstigte der Erklärung durfte davon ausgehen, dass die Klägerin der Zusicherungserklärung mit der Erwähnung der ausländischen Parallelpatente außerhalb Japans einen Anwendungsbereich verleihen wollte, der weiter als der der Zusicherungserklärung innerhalb Japans sein sollte. Der B AG war das japanische Patent 2,927,279 unstreitig bekannt. Auch der Beklagten als international tätigem Unternehmen, das seine LED weltweit und damit auch in Japan vertreiben möchte, von einem weltweit führenden LED-Hersteller – der B AG – bereits eine Lizenz erwarb und dadurch in den Genuss einer auch für Japan geltenden Nichtangriffsabrede kam, konnte das japanische Patent 2,927,279 des anderen weltweit führenden Unternehmens in der LED-Technik – der Klägerin – nicht verborgen bleiben. Für die B AG und seine Lizenznehmer war daher bei verständiger Würdigung sämtlicher Umstände ohne weiteres erkennbar, dass die Zusicherungserklärung in Japan lediglich einen eingeschränkten Anwendungsbereich haben sollte und insbesondere YAG-Leuchtstoffe nicht erfasst sein sollten. Darüber hinaus bestanden keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass dies außerhalb Japans anders sein sollte.
Für die B AG und die Beklagte ergab sich dies bereits aus dem Inhalt des zwischen ihnen geschlossenen Lizenzvertrages. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, der Lizenzvertrag umfasse drei Gruppen lizenzierter Patente. Die erste Gruppe habe Patente zum Gegenstand, die das „Konversions-LED-Prinzip“ und die „Partikelgröße“ betreffen, die zweite Gruppe umfasse Patente mit reinen TAG-Fluoreszenzmaterialien und die dritte Gruppe Patente mit Terbium-Mischungen von Granat-Fluoreszenzmaterialien. Damit ist die Lizenz im Kern auf die Benutzung von LED-Technik in lichtemittierenden Vorrichtungen mit einem ceraktivierten TAG-Leuchtstoff gerichtet. Eine solche Technik wird auch von der Zusicherungserklärung erfasst. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin Inhaberin von Patenten ist, die spezifisch TAG-Leuchtstoff zum Gegenstand haben. Umgekehrt behauptet auch die Beklagte nicht, dass der Lizenzvertrag Patente der B AG umfasst, die spezifisch ceraktiviertes YAG-Fluoreszenzmaterial zum Gegenstand haben. Entsprechend durfte ein Lizenznehmer in der Position der Beklagten bei verständiger Würdigung des Lizenzvertrages in Verbindung mit der Zusicherungserklärung nicht davon ausgehen, sich für die Benutzung von YAG-Leuchtstoff auf die Nichtangriffsabrede berufen zu dürfen, wenn nur von irgend einem lizenzierten Patent der B AG – und sei es noch so unbedeutend – Gebrauch gemacht wird.
Aus Sicht der B AG und ihrer Lizenznehmer bestand für die Klägerin auch kein Anlass, eine so weitreichende Zusicherungserklärung abzugeben. Die Klägerin ist ein Wirtschaftsunternehmen und Wettbewerberin der B AG und der Beklagten. Es kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Klägerin durchaus ein Interesse daran hat, den durch ihre Patente vermittelten Wettbewerbsvorteil zu verteidigen. Entsprechend bestand für sie kein Grund, mit der Nichtangriffsabrede den Vertrieb von lichtemittierenden Vorrichtungen mit ceraktiviertem Granat-Fluoreszenzmaterial gleich welcher Spezies – also auch im Bereich der von der Klägerin vorrangig geschützten YAG-Leuchtstoffe – durch Wettbewerber zu ermöglichen und dafür nicht einmal eine äquivalente Gegenleistung von den Lizenznehmern zu erhalten.
Für eine so weit verstandene Zusicherungserklärung ist eine äquivalente Gegenleistung seitens der B AG, wie sie beispielsweise im Rahmen eines umfassenden Kreuzlizenzvertrages zu erwarten gewesen wäre, nicht ersichtlich. Stattdessen geht aus dem in der Zusicherungserklärung erwähnten und in der mündlichen Verhandlung vorgelegten „Memorandum of Understanding“ zwischen der B AG und der Klägerin hervor, dass die Zusicherungserklärung der Klägerin die Gegenleistung für das Einverständnis der B AG darstellte, die Klägerin mit Informationen hinsichtlich eines Fragenkatalogs in einem gerichtlichen Verfahrens zwischen der Klägerin und einem Herrn J zu versorgen. Dabei war die ursprünglich anvisierte Zusicherungserklärung allein auf das japanische Patent 3,503,XXX beschränkt. Erst mit dem Memorandum of Understanding erklärte sich die Klägerin bereit zu berücksichtigen, in welchem Umfang sie auf das Anliegen der B AG eingehen könne, die Zusicherungserklärung auch auf ausländische Parallelpatente des japanischen Patents auszudehnen, die auf den gleichen Schutzbereich mit im Wesentlichen dem gleichen Wortlaut gerichtet sind („… which are directed to the same scope with substantially the same wording.“). Daraus wird deutlich, dass der Anwendungsbereich der lediglich für Japan geplanten Zusicherungserklärung auf das Ausland ausgedehnt, aber inhaltlich nicht erweitert werden sollte. Ebenso spricht die einer bloßen Gefälligkeit entsprechende Gegenleistung der B AG dafür, dass der Anwendungsbereich der Zusicherungserklärung gerade nicht den Umfang einer umfassenden Lizenz für die Benutzung sämtlicher ceraktivierter Granat-Fluoreszenzmaterialien erhalten sollte, sondern lediglich in einem für die Lizenzierung spezifischer Patente der B AG wesentlichen Teilbereich der LED-Technik, nämlich den TAG-Leuchtstoffen, eine Nutzung ermöglicht werden sollte. Selbst wenn der Beklagten das Memorandum of Understanding beim Abschluss des Lizenzvertrages nicht bekannt gewesen sein sollte, so ist aus Sicht der Beklagten jedenfalls die Annahme fernliegend, die Klägerin hätte ohne Gegenleistung der Lizenznehmer zu deren Gunsten eine Nichtangriffsabrede im Umfang des gesamten Schutzbereichs der JP 3,503,XXX abgeben wollen. Die in Art. 5 S. 2 des Lizenzvertrages erwähnte Zahlung bezieht sich bei verständiger Würdigung nur auf die von der B AG übernommene Gewährleistung, stellt aber keine Gegenleistung für die Nichtangriffsabrede dar.
Vor diesem Hintergrund greifen die weiteren Einwendungen der Beklagten, wie sie unter anderem auch in der mündlichen Verhandlung geäußert worden sind, nicht durch. Insofern mag es sein, dass es kein ausländisches Parallelpatent mit einem zum japanischen Patent 3,503,XXX identischen Schutzbereich gibt. Für ein anderes Verständnis von der Zusicherungserklärung gibt dieser Umstand jedoch nichts her, zumal die Erweiterung der Zusicherungserklärung auf ausländische Parallelpatente nachträglich eingefügt wurde. Abgesehen davon kommt es auf diesen Umstand auch deshalb nicht an, weil die Zusicherungserklärung gerade keine Lizenz im Umfang des Erfindungsgegenstands des japanischen Patents 3,503,XXX darstellt, die im Ausland gleichermaßen Anwendung finden sollte. Im Übrigen ist die Beklagte – wie ausgeführt – auch in Japan nicht vor Angriffen aus anderen Patenten geschützt, deren Schutzbereich sich mit dem des japanischen Patents 3,503,XXX überschneidet. Der Beklagten ist es zudem unbenommen, in der Bundesrepublik Deutschland LED mit TAG-Leuchtstoff zu vertreiben. Dass sie daran durch ein Patent der Klägerin gehindert wäre, behauptet auch die Beklagte nicht. Im Übrigen ist nicht ausgeschlossen, dass es zukünftig ausländische Patente mit einem zum japanischen Patent 3,503,XXX identischen Schutzbereich gibt, von denen LED mit TAG-Leuchtstoffen erfasst werden, die aber aufgrund der Zusicherungserklärung nicht geltend gemacht werden dürfen. Mit dieser Begründung ist der Beklagten auch der Einwand abgeschnitten, es könne nicht sein, dass auf dem deutschen Markt der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen nicht möglich sei, weil es kein deutsches Patent gebe, dessen Schutzbereich mit dem des japanischen Patents 3,503,XXX identisch sei.
B
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB. Die Beklagte macht durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch. Ein Weiterbenutzungsrecht steht ihr nicht zu.
I.
Das Klagepatent betrifft eine lichtemittierende Diode, die einen Leuchtstoff enthält, der die Wellenlänge des Lichts, das von einem lichtemittierenden Bauteil ausgesendet wird, umwandelt und Licht aussendet.
In der Klagepatentschrift wird zum Stand der Technik ausgeführt, eine lichtemittierende Diode sei kompakt und sende Licht einer klaren Farbe mit einem hohen Wirkungsgrad aus. Sie brenne auch nicht durch und habe gute Anlaufeigenschaften, eine hohe Rüttelfestigkeit und Beständigkeit gegen wiederholtes Ein- und Ausschalten, weil es sich um ein Halbleiterbauelement handele. Daher werde sie im großen Umfang in solchen Anwendungsfällen wie verschiedenartigen Anzeigeelementen und verschiedenartigen Lichtquellen genutzt. In jüngster Zeit seien lichtemittierende Dioden für die RGB-Farben (rot, grün und blau) mit einer äußerst hohen Leuchtdichte und hohem Wirkungsgrad entwickelt worden. LED-Displays, die solche Dioden benutzen, könnten mit geringerer Leistung betrieben werden und zeichneten sich durch gute Eigenschaften wie geringes Gewicht und lange Lebensdauer aus. Eine immer breitere Anwendung in der Zukunft werde erwartet.
Weiterhin seien verschiedene Versuche unternommen worden, Quellen weißen Lichtes unter Verwendung von lichtemittierenden Dioden herzustellen. Da die lichtemittierende Diode ein günstiges Emissionsspektrum aufweise, um monochromatisches Licht zu erzeugen, erfordere die Herstellung einer Lichtquelle für weißes Licht, dass drei lichtemittierende R-, G- und B-Komponenten dicht beieinander angeordnet würden und das von diesen ausgesendete Licht gestreut und gemischt werde. In der Klagepatentschrift wird an einer derartigen Anordnung als nachteilig angesehen, dass auf Grund von Änderungen des Farbtons, der Leuchtdichte und anderer Faktoren der lichtemittierenden Komponente weißes Licht des gewünschten Tons nicht erzeugt werden könne. Wenn die lichtemittierenden Komponenten aus unterschiedlichen Materialien bestanden, seien auch die für den Betrieb der jeweiligen Diode erforderlichen elektrischen Leistungen unterschiedlich. Es hätten daher unterschiedliche Spannungen angelegt werden müssen, was zu komplexen Stromkreisen für die Ansteuerung führe. Zudem sei – da es sich bei lichtemittierenden Komponenten um Halbleiterbauelemente handele – der Farbton Änderungen unterworfen, die auf unterschiedliches Temperaturverhalten, auf das Zeitverhalten und die Betriebsumgebung zurückzuführen seien. Aber auch durch Fehler beim gleichförmigen Mischen des von den lichtemittierenden Komponenten ausgesendeten Lichtes könnten Ungleichmäßigkeiten im Farbton verursacht werden. Daher seien lichtemittierende Dioden als lichtaussendende Vorrichtungen zur Erzeugung von individuellen Farben effektiv. Allerdings sei eine Lichtquelle, die imstande sei, durch Benutzung von lichtemittierenden Komponenten in einem zufrieden stellenden Umfang weißes Licht auszusenden, bislang nicht bekannt.
Um diese Probleme zu lösen, seien im Stand der Technik bereits lichtemittierende Dioden entwickelt worden, die die Farbe des Lichts, das von lichtemittierenden Komponenten ausgesendet wird, mittels eines Fluoreszenzmaterials gemäß den japanischen Patenten JP-A-5-152609, JP-A-7-99345, JP-A-7-176XXX und JP-A-8-7614 umwandeln. Die lichtemittierenden Dioden, die in diesen Veröffentlichungen beschrieben werden, seien unter Benutzung der lichtemittierenden Komponenten einer gewissen Art imstande, Licht weißer oder anderer Farben zu erzeugen.
Die lichtemittierenden Dioden würden – so die Klagepatentschrift – gemäß der oben erwähnten Veröffentlichungen hergestellt, indem eine lichtemittierende Komponente mit einer hochenergetischen Bandlücke der lichtemittierenden Schicht in einer Schale angebracht werde, die sich an der Spitze einen Leitrahmens befinde und ein Fluoreszenzmaterial enthalte, das das von der lichtemittierenden Komponente ausgesendete Licht absorbiere und Licht mit einer von der Wellenlänge des absorbierten Lichts abweichenden Wellenlänge (Wellenlängenwandlung) aussende und sich in einer Harzschmelze befinde, die die lichtemittierende Komponente bedecke.
Die oben beschriebene lichtemittierende Diode, die imstande sei, weißes Licht durch das Mischen des Lichts aus einer Anzahl von Quellen auszusenden, könne dadurch hergestellt werden, dass eine lichtemittierende Komponente benutzt werde, die imstande sei, blaues Licht auszusenden, und die lichtemittierende Komponente mit einem Harz verschmelze, das ein Fluoreszenzmaterial enthalte, welches das blaue Licht der Diode absorbiere und ein gelbliches Licht aussende.
An diesen aus dem Stand der Technik bekannten konventionellen lichtemittierenden Dioden beschreibt das Klagepatent die Zustandsverschlechterung des Fluoreszenzmaterials als problematisch, weil sie zu einer Farbtonabweichung und zu einem Nachdunkeln des Fluoreszenzmaterials mit einer niedrigeren Ausbeute an abgegebenem Licht führe. Dieses Nachdunkeln entstehe im Falle der Benutzung eines anorganischen Fluoreszenzmaterials wie beispielsweise (Cd, Zn)S dadurch, dass ein Teil der Metallelemente, die das Fluoreszenzmaterial bilden, ausgefällt würden oder ihre Eigenschaften veränderten, oder im Fall der Benutzung eines organischen Fluoreszenzmaterials durch das Aufbrechen einer Doppelbindung im Molekül. Vor allem wenn eine lichtemittierende Komponente aus einem Halbleiter mit einer hochenergetischen Bandlücke benutzt werde, um den Wandlungswirkungsgrad des Fluoreszenzmaterials zu erhöhen (das heißt, die Energie des von dem Halbleiter emittierten Lichts wird erhöht und die Anzahl der Photonen mit Energiewerten oberhalb eines Schwellwerts, die von dem fluoreszenten Material absorbiert werden können, steigt, was dazu führt, dass mehr Licht absorbiert wird), oder wenn die Menge an eingesetztem Fluoreszenzmaterial herabgesetzt werde (das heißt das Fluoreszenzmaterial wird mit einer relativ höheren Energie bestrahlt), nehme die vom Fluoreszenzmaterial absorbierte Lichtenergie unweigerlich zu, was zu einem stärkeren Abbau des Fluoreszenzmaterials führe. Ebenso führe die Benutzung der lichtemittierenden Komponente über einen ausgedehnten Zeitraum zu einem stärkeren Abbau des Fluoreszenzmaterials.
Weiterhin könnten einige Fluoreszenzmaterialien durch Feuchtigkeit schneller abgebaut werden, die von außen hineingelange oder während des Herstellungsvorgangs hineingeraten sei. Weitere Ursachen für den Abbau des Fluoreszenzmaterials seien Licht und Wärme, die von der lichtemittierenden Komponente oder durch das Sonnenlicht, wenn die Vorrichtung im Freien benutzt werde, übertragen würden. Wenn ein organischer Farbstoff mit ionischen Eigenschaften beteiligt sei, könne auch das direkte elektrische Feld in der Nähe des Chips Elektrophorese verursachen, die zu einer Veränderung des Farbtones führe.
Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, die oben beschriebenen Probleme zu lösen und eine lichtaussendende Vorrichtung vorzustellen, die nur einen äußerst geringen Grad der Abnahme der Intensität, des Wirkungsgrades und der Farbverschiebung des emittierten Lichts über einen langen Zeitraum der Benutzung mit hoher Leuchtdichte aufweist. Dabei soll die lichtaussendende Vorrichtung mit einer lichtemittierenden Komponente und einem Fluoreszenzmaterial die folgenden Anforderungen erfüllen:
(1) Die lichtemittierende Komponente muss imstande sein, Licht hoher Leuchtdichte und mit Kenngrößen der Lichtemission auszusenden, die über eine lange Zeit des Einsatzes stabil sind.
(2) Das Fluoreszenzmaterial in der Nähe der lichtemittierenden Komponente mit hoher Leuchtdichte muss eine ausgezeichnete Beständigkeit gegen Licht und Wärme haben, so dass sich seine Eigenschaften nicht ändern, auch wenn es über einen ausgedehnten Zeitraum benutzt und Licht hoher Intensität ausgesetzt wird, das von der lichtemittierenden Komponente ausgesendet wird.
(3) Hinsichtlich der Beziehung zur lichtemittierenden Komponente muss das Fluoreszenzmaterial imstande sein, mit einem hohen Wirkungsgrad das stark monochromatische Licht, das von der lichtemittierenden Komponente ausgesendet wird, zu absorbieren und Licht auszusenden mit einer Wellenlänge, die von der des Lichtes abweicht, das von der lichtemittierenden Komponente ausgesendet wird.
Dies soll durch den Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:
Eine lichtemittierende Vorrichtung, die enthält:
1. ein lichtemittierendes Teil (102),
1.1 das einen Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von GaN enthält,
1.2 das eine blaue lichtemittierende Diode (LED) ist, in der ein Hauptemissionspeak innerhalb des Bereichs von 400 nm bis 530 nm liegt;
2. einen Leuchtstoff (101),
2.1 der sich in einem direkten oder indirekten Kontakt mit der besagten blauen lichtemittierenden Diode befindet,
2.2 der ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel
(Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1
enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann,
2.3 der in der Lage ist,
2.3.1 einen Teil des vom lichtemittierenden Teil ausgesandten Lichtes zu absorbieren und
2.3.2 Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von der des absorbierten Lichtes unterscheidet,
2.4 dessen eine Hauptemissionswellenlänge so liegt, dass sie länger als der Hauptemissionspeak des lichtemittierenden Teils ist.
II.
Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen sämtliche Merkmale des geltend gemachten Klagepatentanspruchs. Dies ist zwischen den Parteien im Ergebnis unstreitig.
1.
Die Klägerin hat schlüssig vorgetragen, dass es sich bei den vier angegriffenen Ausführungsformen um lichtemittierende Vorrichtungen handelt, die ein lichtemittierendes Teil und einen Leuchtstoff enthalten (Merkmale 1 und 2).
Bei dem lichtemittierenden Teil handelt es sich um einen Verbindungshalbleiter in der Form eines LED-Chip basierend auf Indiumgalliumnitrid (InGaN), das auch Indium enthält (Merkmal 1.1). Der LED-Chip strahlt blaues Licht ab, dessen Hauptemissionspeak zwischen 450 und 460 nm und damit im anspruchsgemäßen Bereich liegt (Merkmal 1.2).
Der LED-Chip der angegriffenen Ausführungsformen ist von einem Überzugsmaterial umgeben, das eine Vielzahl von Partikeln aufweist. Es handelt sich dabei um einen gelb leuchtenden Leuchtstoff, wenn die Partikel mit blauem Licht bestrahlt werden (Merkmal 2). Über das Überzugsmaterial stehen diese Partikel jedenfalls im indirekten Kontakt mit dem LED-Chip (Merkmal 2.1). Die Klägerin hat auch – belegt durch privat eingeholte Sachverständigengutachten – vorgetragen, dass die den Leuchtstoff bildenden Partikel ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel (Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 enthalten (Merkmal 2.2). Durch Röntgenpulverdiffraktometrie konnte die Klägerin zeigen, dass die angegriffenen Ausführungsformen ein mit Zer aktiviertes YAG – also Y3Al5O12:Ce – enthalten, wobei anhand von der Klägerin in Auftrag gegebener energiedispersiver Röntgenspektroskopie nachgewiesen werden konnte, dass neben Yttrium (Y) teilweise auch Gadolinium (Gd) im Leuchtstoff der angegriffenen Ausführungsform 1 bis 3 enthalten ist. Dies entspricht einer Zusammensetzung nach der Formel (Y1-rGdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1.
Der Leuchtstoff der angegriffenen Ausführungsformen absorbiert einen Teil des vom LED-Chip emittierten blauen Lichts (Merkmal 2.3.1) und strahlt ihn mit einer Wellenlänge ab, deren Peak zwischen 550 und 570 nm liegt ab. Damit sendet der Leuchtstoff Licht mit einer Wellenlänge aus, die sich von der des absorbierten Lichts unterscheidet (Merkmal 2.3.2) und deren Hauptemissionswellenlänge länger ist als die des Hauptemissionspeaks des lichtemittierenden Teils (Merkmal 2.4).
2.
Die Beklagte hat diesen Vortrag der Klägerin nicht erheblich bestritten.
Das Bestreiten der Verwirklichung der Lehre des Klagepatentanspruchs – insbesondere des Merkmals 2 – mit Nichtwissen ist im vorliegenden Fall unzulässig. Gemäß § 138 Abs. 4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht konkretisiert hat, welches Merkmal sie bestreitet (das Merkmal 2 betrifft nur den Leuchtstoff und enthält zahlreiche Untermerkmale, die den Leuchtstoff näher beschreiben), ist nach dem Vortrag der Beklagten davon auszugehen, dass ihr die Anordnung des Leuchtstoffs in der Diode, seine Zusammensetzung und sein Absorptions- und Emissionsverhalten grundsätzlich bekannt sind. Dass die Voraussetzungen für ein zulässiges Bestreiten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO vorliegen, ist nicht ersichtlich.
Da die Beklagte die angegriffenen Ausführungsformen selbst herstellt, weiß sie, welche Teile im Überzug der LED-Chips zum Leuchtstoff gehören. Daher ist ihr auch bekannt, dass der Leuchtstoff jedenfalls im indirekten Kontakt mit dem LED-Chip steht (Merkmal 2.1). Ausweislich der Datenblätter zu den angegriffenen Ausführungsformen (vgl. Anlage TW 22a und 22b) ist ihr auch bekannt, welche Wellenlänge das Licht der angegriffenen Ausführungsformen hat und wie die Kurven der Wellenlängen verlaufen (Merkmale 2.3 und 2.4). Aber auch hinsichtlich der Zusammensetzung des Fluoreszenzmaterials (Merkmal 2.2) ist ein Bestreiten mit Nichtwissen nicht zulässig.
In der Klageerwiderung hat die Beklagte dazu vorgetragen, sie setze innerhalb einer Typenreihe unterschiedlich zusammengesetzte Fluoreszenzmaterialien ein. So werde beispielsweise so genanntes TAG-Phosphor – also Terbium-Aluminium-Granat – eingesetzt oder auch ein Phosphor, das weder Aluminium (Al), noch Gallium (Ga), noch Indium (In) enthalte. Erstmals in der Duplik hat die Beklagte dann mit Nichtwissen bestritten, dass die angegriffenen Ausführungsformen von der Lehre des Klagepatentanspruchs Gebrauch machten. Dieses Bestreiten mit Nichtwissen sei ihrer Ansicht nach auch zulässig, da sie das fluoreszierende Material nicht selbst herstelle, sondern es zugeliefert bekomme. Da es sich bei der genauen Zusammensetzung des Materials um ein Geschäftsgeheimnis des Lieferanten handele, habe die Beklagte darüber keine Kenntnis.
Nach dem Vortrag in der Klageerwiderung ist der Beklagten die Zusammensetzung des Leuchtstoffs grundsätzlich bekannt. Sie weiß beispielsweise, dass in einigen Typen TAG-Leuchtstoff eingesetzt wird und in anderen Typen weder Aluminium, noch Gallium oder Indium enthalten sind. Es kann auch nicht ernsthaft angenommen werden, dass einem Hersteller weißer LED wie der Beklagten nicht bekannt ist, welches spezifische Fluoreszenzmaterial er in seinen LED verarbeitet, da die Zusammensetzung für wesentliche Eigenschaften der LED, beispielsweise für ihre Farbtemperatur, maßgebend ist. Dabei kommt es im vorliegenden Fall nicht einmal auf besondere Eigenschaften der Leuchtstoffzusammensetzung an, sondern um die grundsätzliche Frage, ob ein YAG-Leuchtstoff – wobei Yttrium teilweise durch Gadolinium ersetzt sein kann – oder ein anderes Granat-Fluoreszenzmaterial eingesetzt wird. Dass ein solches Fluoreszenzmaterial eine andere Summenformel als (Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 aufweisen kann, behauptet auch die Beklagte nicht. Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung in der Duplik, die Zusammensetzung nicht zu kennen, wenn nicht widersprüchlich, so doch jedenfalls so pauschal, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die für ein zulässiges Bestreiten mit Nichtwissen erforderlichen Voraussetzungen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO vorliegen.
Der Einwand der Beklagten, sie könne den Verletzungsvorwurf nicht nachvollziehen, weil die Klägerin die angegriffenen Ausführungsformen nicht hinreichend individualisiert habe und die Zusammensetzung des Leuchtstoffs verändert worden sei, greift nicht durch. Denn die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt angegriffene Ausführungsformen mit den im Klagepatentanspruch beschriebenen Eigenschaften, insbesondere mit einem erfindungsgemäßen Fluoreszenzmaterial gab.
Im Übrigen hat die Beklagte den Vortrag der Klägerin zur Verwirklichung der Lehre des Klagepatentanspruchs durch die angegriffenen Ausführungsformen lediglich dadurch in Frage gestellt, dass dieser Vortrag ihrer Ansicht nach unsubstantiiert und vor allem nicht nachvollziehbar sei. Dies stellt kein erhebliches Bestreiten dar (vgl. Kühnen: Handbuch der Patentverletzung, 5. Aufl.: Rn 1223). Ihrer Darlegungslast kommt die Klägerin grundsätzlich dadurch nach, dass sie die konkrete Behauptung aufstellt, die angegriffenen Ausführungsformen machten von jedem Merkmal des Klagepatentanspruchs Gebrauch. Irgendeines Nachweises hierzu bedarf es dazu zunächst nicht. Die Notwendigkeit eines ergänzenden, weiter substantiierten Vortrages ergibt sich für die Klägerin erst dann, wenn die Beklagte die Verwirklichung eines oder mehrerer Merkmale bestritten hat. Nur wenn die Beklagte sich im genannten Sinne konkret geäußert hat, ist der betreffende Sachvortrag streitig, so dass der Kläger seine Verletzungsbehauptung weiter ausführen, das heißt mitteilen muss, aufgrund welcher Untersuchungen er zu welchen die Patentverletzung bestätigenden Ergebnissen gelangt ist (vgl. Kühnen a.a.O.). Das war vorliegend nicht erforderlich, weil die Beklagte den Verletzungsvorwurf schon nicht erheblich bestritten hat, sondern lediglich die ordnungsgemäße Durchführung der Untersuchung der angegriffenen Ausführungsform bemängelte.
III.
Die Beklagte hat die angegriffenen Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben und damit von der Lehre des Klagepatentanspruchs im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG Gebrauch gemacht.
Die Beklagte bestreitet nicht, LED mit den Typenbezeichnungen E, K, G und H in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und in Verkehr gebracht zu haben. Sie trägt lediglich vor, die Klägerin habe keine Belege dafür vorgelegt, dass die von der Klägerin untersuchten LED von ihr – der Beklagten – stammen. Ohne die Offenlegung dieser Belege und weiterer Individualisierungsmerkmale sei es ihr nicht möglich, sich gegen die Behauptungen der Klägerin zu verteidigen, unter anderem weil innerhalb einer Typenreihe unterschiedliche Halbleiter und Fluoreszenzmaterialien eingesetzt würden.
Der Vortrag, die gegnerische Partei habe ihren Vortrag nicht substantiiert dargelegt oder gar belegt, stellt – wie ausgeführt – kein erhebliches Bestreiten dar. Im Hinblick auf den Vortrag der Beklagten ist auch nicht ersichtlich, warum die Klägerin ihren Vortrag weiter hätte substantiieren müssen. Sie hat dargelegt, dass sie die angegriffenen Ausführungsformen über Dritte bei der L in der Bundesrepublik Deutschland erworben habe und einzelne Muster der Lieferung von den von ihr beauftragten Sachverständigen habe untersuchen lassen. Sie hat weiter vorgetragen, dass die angegriffenen Ausführungsformen sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs aufweisen. Dieser Vortrag kann nur dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte in Deutschland die angegriffenen Ausführungsformen angeboten und vertrieben hat, die die Merkmale des Klagepatentanspruchs aufweisen. Für eine schlüssige Darlegung einer Patentverletzung ist nicht erforderlich, dass die Klägerin ihren Vortrag weiter substantiiert, weil die Beklagte die Verletzung des Klagepatents durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen nicht bestritten hat, obwohl gegen einen solchen klägerischen Vortrag eine Verteidigung durchaus denkbar wäre. Die weitere Kenntnis von Individualisierungsmerkmalen, die von der Beklagten nie näher bezeichnet worden sind, ist dafür nicht erforderlich.
Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Zusammensetzung des Leuchtstoffs in der Vergangenheit angeblich geändert wurde. Denn die Beklagte stellt nicht in Abrede, die angegriffenen Ausführungsformen mit den erfindungsgemäßen Eigenschaften zu irgendeinem Zeitpunkt während der Geltung des Klagepatents in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und in Verkehr gebracht zu haben.
IV.
Die Beklagte war (und ist) zur Benutzung der mit dem Klagepatentanspruch geschützten Erfindung nicht gemäß Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG in der bis zum 30.04.2008 geltenden Fassung (nachfolgend aF) berechtigt.
Nach dieser Regelung darf – wenn die Übersetzung der europäischen Patentschrift fehlerhaft ist – derjenige, der im Inland im guten Glauben die Erfindung in Benutzung genommen hat, die Erfindung benutzen, wenn die Benutzung keine Verletzung des Patents in der fehlerhaften Übersetzung der Patentschrift darstellen würde.
Art. II § 3 IntPatÜG ist gemäß Art. XI § 4 IntPatÜG anwendbar, weil der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents am 23.08.2000 und damit vor dem 01.05.2008 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht wurde. Darüber hinaus war die ursprüngliche Übersetzung der europäischen Patentschrift (die T2- und die T3-Schrift) fehlerhaft, weil im Klagepatentanspruch die Worte „compound semiconductor“ und „garnet fluorescent material“ mit „Halbleitersubstanz“ und „granatrotes fluoreszierendes Material“ statt mit „Verbindungshalbleiter“ und „Granat-Fluoreszenzmaterial“ übersetzt wurden. Erst mit der T4-Schrift wurde am 07.10.2010 eine berichtigte Übersetzung der geänderten europäischen Patentschrift im Patentblatt veröffentlicht. Gleichwohl steht der Beklagten kein (Weiter-)Benutzungrecht zu, da die Benutzung der Erfindung eine Verletzung auch des Patents in der fehlerhaften Übersetzung der Patentschrift darstellt.
Die Voraussetzung von Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F., dass die Benutzung der Erfindung keine Verletzung des Patents in der fehlerhaften Übersetzung der Patentschrift darstellt, erfordert die Bestimmung des Schutzbereichs der fehlerhaft übersetzten Patentschrift mittels Auslegung und dass die angegriffenen Ausführungsformen von dem so bestimmten Schutzbereich nicht erfasst werden (vgl. Kühnen: Die unvollständige Übersetzung fremdsprachiger europäischer Patentschriften, in: Mitt. 2009, 345, 346). Im vorliegenden Fall ist die fehlerhafte Übersetzung im Hinblick auf die berichtigte Übersetzung schon nicht schutzbereichsrelevant. Das heißt, der Gegenstand der fehlerhaft übersetzten Patentschrift unterscheidet sich nicht von dem der korrigierten Fassung.
Für die Auslegung des fehlerhaft übersetzten Klagepatentanspruchs wird auf die oben wiedergegebene Merkmalsgliederung zurückgegriffen, wobei die Begriffe „Verbindungshalbleiter“ und „Granat-Fluoreszenzmaterial“ durch die Begriffe „Halbleitersubstanz“ und „granatrotes fluoreszierendes Material“ zu ersetzen sind. Im Hinblick auf die entsprechenden Merkmale 1.1 und 2.2 bedarf der fehlerhaft übersetzte Klagepatentanspruch der Auslegung.
1.
Die mit dem Klagepatentanspruch beschriebene lichtemittierende Vorrichtung besteht aus einem lichtemittierenden Teil und einem Leuchtstoff. Das lichtemittierende Teil soll nach dem Wortlaut des fehlerhaft übersetzten Klagepatentanspruchs eine Halbleitersubstanz auf der Grundlage von GaN enthalten. Galliumnitrid ist ein Verbindungshalbleiter, der typischerweise in blau leuchtenden LED Verwendung findet. Der Fachmann erkennt daher bereits aus dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs, dass das lichtemittierende Teil jedenfalls einen Verbindungshalbleiter aus Galliumnitrid enthalten muss. Dass nach der Lehre des fehlerhaft übersetzten Klagepatentanspruchs darüber hinaus eine weitere Halbleitersubstanz im Sinne eines Elementhalbleiters erforderlich sein soll, lässt sich dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs nicht entnehmen. Im Stand der Technik sind nach dem Vortrag beider Parteien Verbindungshalbleiter und Elementhalbleiter bekannt. Während letzterer seine Halbleitereigenschaften den Eigenschaften bereits eines einzelnen Elements verdankt, bestehen Verbindungshalbleiter aus mindestens zwei Elementen, deren Verbindung erst die Halbleitereigenschaften hervorruft. Die Beklagte schließt allein aus der Verwendung des Begriffs Halbleitersubstanz, dass das lichtemittierende Teil des Klagepatentanspruchs zwingend auch einen Elementhalbleiter aufweisen müsse, weil sie den Begriff „Substanz“ als „Element“ versteht. Für ein solches Verständnis gibt der Wortlaut des Klagepatentanspruchs aber nichts her, zumal die Halbleitersubstanz ausdrücklich auf Galliumnitrid basieren soll, also einen Verbindungshalbleiter enthalten soll. Entsprechend widerspruchsfrei lässt sich unter Halbleitersubstanz auch ein Verbindungshalbleiter verstehen.
Diese Auslegung wird durch die Beschreibung des Klagepatents bestätigt. Darin wird der im lichtemittierenden Teil verwendete Halbleiter allgemein beschrieben. Dieser aus einer Nitridverbindung bestehende Halbleiter werde allgemein durch die chemische Formel InkGajAlkN mit 0 ≤ i, 0 ≤ j, 0 ≤ k und i + j + k = 1 dargestellt und enthalte verschiedene Materialien, darunter InGaN und GaN, die mit verschiedenen Fremdstoffen dotiert seien (Abs. [0016] der Anlage TW 2). Daraus wird deutlich, dass der Halbleiter ein Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von GaN ist und weitere Materialien enthalten kann, aber nicht zwingende enthalten muss. Insbesondere muss nicht zusätzlich ein Elementhalbleiter vorhanden sein. Dies geht auch aus zahlreichen weiteren Textstellen der übersetzten Patentschrift hervor, in denen durchweg die Begriffe Nitridverbindungshalbleiter, Verbindungshalbleiter, Halbleiter mit Galliumnitrid-Verbindung oder Halbleiterschicht mit Galliumnitrid-Verbindung verwendet werden (vgl. Anlage TW 19). Es gibt keinen Hinweis darauf, dass neben einem solchen Verbindungshalbleiter zwingend ein Elementhalbleiter vorgesehen sein sollte.
2.
Mit dem Merkmal 2.2 verlangt der fehlerhaft übersetzte Klagepatentanspruch, dass der Leuchtstoff ein granatrotes fluoreszierendes Material entsprechend der Formel (Y1-rGdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 enthält. Da es im Klagepatentanspruch nicht „granatrot fluoreszierendes Material“ heißt, kommt es jedenfalls nicht darauf an, in welcher Farbe das Material fluoresziert. Der Wortlaut deutet stattdessen zunächst darauf hin, dass das Leuchtstoffmaterial selbst granatrot sein soll und zudem die Fähigkeit haben soll zu fluoreszieren. Dazu steht aber im Widerspruch, dass das Material der Formel (Y1-rGdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 eine gelbe Körperfarbe hat (Abs. [0070] und [0168] der Anlage TW 2). Dem Fachmann ist darüber hinaus bekannt, dass das Fluoreszenzmaterial der genannten Formel in einer Granatstruktur kristallisiert und für die genannte Verbindung der Begriff ceraktiviertes YAG geläufig ist. Ihm wird weiterhin mit Blick auf die weiteren Merkmale des Klagepatentanspruchs – insbesondere die Merkmale 2.3.2 und 2.4 – deutlich, dass es für die Funktion des Fluoreszenzmaterials nicht darauf ankommt, welche Farbe der Leuchtstoff hat, sondern welche Farbe das vom Fluoreszenzmaterial ausgesandte Licht hat. Denn durch die Mischung dieses Lichts mit dem blauen Licht der lichtemittierenden Diode ergibt sich das vom Klagepatent gewünschte weiße Licht. Bereits im Wortlaut des Klagepatentanspruchs treten daher Widersprüche und Unstimmigkeiten zwischen dem Begriff „granatrot“ und der Summenformel für das gewünschte Material auf.
Der Fachmann ist bestrebt, diese Widersprüche und Unstimmigkeiten aufzulösen. Das gelingt nur, wenn der im Klagepatentanspruch genannte Begriff des „granatroten fluoreszierenden Materials“ dahingehend verstanden wird, dass erfindungsgemäß nicht eine granatrote Farbe, sondern eine Kristallstruktur in Granatform verlangt wird. Für eine solche Auslegung spricht nicht nur die fehlende Funktion des Merkmals „granatrot“, sondern auch die Beschreibung des Klagepatents, die durchweg die Begriffe „Granatmaterial“, „Granatleuchtstoff“, „Yttrium-Aluminium-Granat-Fluoreszenzmaterial“ und „Granatstruktur“ verwendet. Von einem granatroten Fluoreszenzmaterial ist nirgendwo die Rede. Der Fachmann entnimmt dem, dass der Begriff „granatrot“ fehlerhaft verwendet wird und für den Begriff „mit Granatstruktur“ steht. Eine solches Verständnis ist auch technisch sinnvoll, weil damit die Kristallstruktur des Fluoreszenzmaterials näher beschrieben wird, die für das Fluoreszenzmaterial charakterisierend ist. Soweit in zwei Ausführungsbeispielen des Klagepatents die Farbeigenschaften des Leuchtstoffes angesprochen werden (Abs. [0162], [0163] und [0167] der Anlage TW 2), ergibt sich daraus nichts anderes. Abgesehen davon, dass in den Ausführungsbeispielen nicht der Begriff „granatrot“ verwendet wird, sondern lediglich von Leuchtstoffen der Farben Grün und Rot beziehungsweise vom Aussenden von grünem und rotem Licht die Rede ist, wird mit diesen Farben das vom Fluoreszenzmaterial ausgesandte Licht beschrieben, nicht aber die Eigenfarbe des Fluoreszenzmaterials. Diese ist nämlich auch in den Ausführungsbeispielen gelb (vgl. Abs. [0168] der Anlage TW 2)
V.
Die Beklagte ist der Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da die Benutzung des Erfindungsgegenstands ohne Berechtigung erfolgt.
Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG, weil die Beklagte die Patentverletzung schuldhaft beging. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Die Beklagte durfte auch nicht darauf vertrauen, dass die Zusicherungserklärung den von ihr – der Beklagten – angenommenen weiten Anwendungsbereich hat. Bei entsprechender Sorgfalt hätte die Beklagte unter Berücksichtigung der mit dem Lizenzvertrag und der Zusicherungserklärung verbundenen Umstände erkennen können, dass das Klagepatent nicht von der Zusicherungserklärung erfasst ist.
Entgegen der Ansicht der Beklagten besteht der Schadensersatzanspruch auch für den geltend gemachten Zeitraum. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der fehlerhaften Übersetzung des Klagepatentanspruchs. Da der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform – wie ausgeführt – trotz der fehlerhaften Übersetzung eine Verletzung des Klagepatents darstellt, bestehen die geltend gemachten Ansprüche nicht erst seit Veröffentlichung der berichtigten Übersetzung, sondern seit der Erteilung des Klagepatents zuzüglich einem Monat Überlegungsfrist.
Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Insofern ist Auskunft über die Menge der erhalten und bestellten Erzeugnisse auch dann zu erteilen, wenn die Beklagte im Ausland ansässig ist, da § 140b Abs. 3 PatG in dieser Hinsicht nicht differenziert. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
Streitwert: 1.000.000,00 EUR