4a O 169/11 – Sportball-Umdrehungsmessgerät

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2039

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. Mai 2013, Az. 4a O 169/11

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu ins-gesamt 2 Jahren, die an den gesetzlichen Vertretern der Be-klagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

a) in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, oder zu einem der vorgenannten Zwecke einzuführen oder zu besitzen

(1) Ein System zum Abschätzen einer Drehge-schwindigkeit oder einer Eigendrehfrequenz eines sich drehenden Sportballes im Flug,

wobei das System

(2) einen Empfänger, der dazu eingerichtet ist, bei einer Anzahl von Zeitpunkten während des Flugs elektro-magnetische Wellen zu empfangen, die von dem sich drehenden Sportball reflektiert worden sind und ein zugeordnetes Signal bereitzustellen,

(3) Mittel zum Durchführen einer Frequenzanalyse des Signals und Identifizieren von zwei oder mehr dis-kreten signifikanten Spektralbereichen, die wenigs-tens im Wesentlichen bezüglich der Frequenz äqui-distant liegen und über die Zeit beständig sind und

(4) Mittel zum Abschätzen der Geschwindig-keit/Frequenz von einem Frequenzabstand zwischen den diskreten signifikanten Spekt-ralbereichen

aufweist;

und/oder

b) an Abnehmer in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder an solche zu liefern ein System, welches geeignet ist zur Durchführung eines

(1) Verfahrens zum Abschätzen einer Drehge-schwindigkeit oder einer Eigendrehfrequenz eines sich drehenden Sportballs im Flug,

wobei das Verfahren

(2) eine Anzahl von Zeitpunkten während des Flugs, an denen von dem sich drehenden Sportfall reflektierte elektromagnetische Wellen empfangen werden und ein zugeordnetes Signal bereitstellen,

(3) Durchführen einer Frequenzanalyse des Signals und Identifizieren von zwei oder mehr diskreten signifikanten Spektralbereichen, die wenigstens im Wesentlichen bezüglich der Frequenz äquidistant und über die Zeit beständig sind, und

(4) Abschätzen der Drehgeschwindigkeit/Eigen/drehfre-quenz von einem Frequenzabstand zwischen den diskreten signifikanten Spektralbereichen

aufweist;

2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 14.11.2009 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen und bestellten, zu Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer;

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und unter Angabe von Typenbezeichnungen sowie aufgeschlüsselt nach den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer;

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebots-mengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Ty-penbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagten die Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in dem Verzeichnis enthalten ist;

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, der Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der jeweiligen Domain, Zugriffszahlen und Schaltungszeiträume;

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufge-schlüsselten Gestehungskosten, einschließlich Bezugspreisen und des erzielten Gewinns,

wobei hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und lit. b) die Bestell-scheine vorzulegen sind;

3. die zu Ziffer I. 1. a) bezeichneten und ab dem 14.11.2009 in der Bundesrepublik Deutschland in den Besitz Dritter gelangten Erzeugnisse

a) aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem die-jenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass das Gericht auf eine Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 698 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse die Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der durch die Rückgabe entstehenden Kosten zugesagt wird, und

b) die nach Ziffer I. 3. a) erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem die Beklagte die Erzeugnisse wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Dritten veranlasst.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin al-len Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichne-ten, seit dem 14.11.2009 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 300.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus dem Europäischen Patent 1 698 XXX B9 (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rech-nungslegung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen sowie auf Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach in Anspruch.

Eingetragene Inhaberin des Klagepatents ist die „A“, die in die „B“ umfirmierte. Nachdem die Klägerin ihren diesbezüglichen Vortrag ergänzt hat, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie halte an ihrem ursprünglichen Bestreiten der Aktivlegitimation nicht fest.

Das Klagepatent wurde am 28.02.2006 unter Inanspruchnahme der Priorität der US 657XXX P in englischer Verfahrenssprache angemeldet. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 14.10.2009. Der deutsche Teil des Klagepatents ist in Kraft.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Determination of spin parameters of a sports ball“ („Ermittlung der Bewegungsparameter von einem Sportball“). Der durch die Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 lautet:

„A method of estimating a rotational velocity or spin frequency of a rotating sports ball in flight, the method comprising:

1. a number of points intime during the flight, receiving electromagnetic waves reflected from the rotating sports ball and providing a corresponding signal,

2. performing a frequency analysis of the signal, and identifying two or more discrete spectrum traces positioned at least substantially equidistantly in frequency and being continuous over time, and

3. estimating the rotational velocity/spin frequency from a frequency distance between the discrete spectrum traces.“

Patentanspruch 1 ist in der eingetragenen Fassung wie folgt übersetzt:

„Verfahren zum Abschätzen einer Drehgeschwindigkeit oder einer Eigendrehfrequenz eines sich drehenden Sportballs im Flug, wobei das Verfahren

1. eine Anzahl von Zeitpunkten während des Flugs, an denen von dem sich drehenden Sportball reflektierte elektromagnetische Wellen empfangen werden und ein zugeordnetes Signal bereitstellen,

2. Durchführen einer Frequenzanalyse des Signals und Identifizieren von zwei oder mehr diskreten signifikanten Spektralbereichen, die wenigstens im Wesentlichen bezüglich der Frequenz äquidistant und über die Zeit beständig sind, und

3. Abschätzen der Drehgeschwindigkeit/Eigendrehfrequenz von einem Frequenzabstand zwischen den diskreten signifikanten Spektralbereichen aufweist.“

Der durch die Klägerin ebenfalls geltend gemachte Patentanspruch 4 lautet:

„A system for estimating a rotational velocity or spin frequency of a rotating sports ball in flight, the system comprising:

1. a receiver adapted to, a number of points in time during the flight, receive electromagnetic waves reflected from the rotating sports ball and provide a corresponding signal,

2. means for performing a frequency analysis of the signal, and identifying two or more discrete spectrum traces positioned at least substantially equidistantly in frequency and being continuous over time, and

3. means tor estimating the velocity/frequency from a frequency dis-tance between the discrete spectrum traces.“

Patentanspruch 4 ist in der eingetragenen deutschen Übersetzung wie folgt gefasst:

„System zum Abschätzen einer Drehgeschwindigkeit oder einer Eigen-drehfrequenz eines sich drehenden Sportballs im Flug, wobei das System

1. einen Empfänger, der dazu eingerichtet ist, bei einer Anzahl von Zeitpunkten während des Flugs elektromagnetische Wellen zu empfangen, die von dem sich drehenden Sportball reflektiert worden sind und ein zugeordnetes Signal bereitstellen,

2. Mittel zum Durchführen einer Frequenzanalyse des Signals und Identifizieren von zwei oder mehr diskreten signifikanten Spektralbereichen, die wenigstens im Wesentlichen bezüglich der Frequenz äquidistant liegen und über die Zeit beständig sind, und

3. Mittel zum Abschätzen der Geschwindigkeit/Frequenz von einem Frequenzabstand zwischen den diskreten signifikanten Spektralbe-reichen aufweist.“

In den nachfolgend verkleinert und in deutscher Übersetzung eingeblendeten Figuren 1 bis 3 der Klagepatentschrift ist nach der Beschreibung des Klagepa-tents ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel dargestellt. Bei Figur 1 handelt es sich um eine schematische Darstellung eines sich drehenden Balls und eines Doppler-Radars.

Figur 2 veranschaulicht nach der Klagepatentbeschreibung ein Spektrum, das äquidistante Spektrallinien aufweist.
Figur 3 stellt nach der Klagepatentbeschreibung die Bestimmung von äquidis-tanten Spektrallinien dar.
Die Beklagte bietet unter anderem das Model „C“ des Herstellers D mit der Software Version 5.8. auf ihrer Internetseite http:/www.E.com an, führt sie nach Deutschland ein und bringt sie in Deutschland bundesweit in Verkehr (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Auf der genannten Internetseite findet sich unter anderem die nachfolgend eingeblendete Darstellung:

Zudem hat die Klägerin als Anlage TW 11 einen Auszug aus der Internetseite der Herstellerin D vorgelegt, wo sich die folgende Abbildung findet:
Nach Auffassung der Klägerin macht die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatentes wortsinngemäß und unmittelbar (Patentanspruch 4) bzw. mittelbar (Patentanspruch 1) Gebrauch.

Die Klägerin beantragt, nachdem sie Ihren Vernichtungsantrag in der mündli-chen Verhandlung zurückgenommen hat,

zu erkennen wie geschehen, jedoch mit der Maßgabe, dass die Klägerin ihren Antrag auf Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen nicht ausdrücklich auf die in der Bundesrepublik Deutschland in den Besitz Dritter gelangten Erzeugnisse beschränkt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung der Beklagten macht die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch.

Die Beklagte behauptet, die angegriffene Ausführungsform werte allein die Hauptfrequenz aus. Zusätzliche Spektralbereiche, die in dem auszuwertenden Signal ggf. enthalten seien, würden nicht nur nicht im Rahmen des Auswer-tungsverfahrens verwendet, sondern sogar unterdrückt.

Das erhaltene Signal werde zunächst mit einer Gaußschen Fensterfunktion multipliziert. Erst danach werde der multiplizierte, kurze Zeitabschnitt des Sig-nals nach einer Fouriertransformation in den Frequenzraum transformiert. Da der verwendete Zeitabschnitt des Signals sehr kurz und mit einer Gaußschen Fensterfunktion multipliziert („gefaltet“) sei, sei eine Identifikation von neben der Hauptfrequenz auftretenden Spektralbereichen zumindest erschwert. Die nachfolgend eingeblendete Figur zeige das Ergebnis der Anwendung der vor-stehend beschriebenen Fouriertransformation:
Nach der Transformation des Signals in den Frequenzraum werde zunächst das jeweilige Maximum (stärkster Peak) der aus der Frequenzanalyse mittels Fouriertransformation erhaltenen Frequenzwerte für die jeweiligen Zeitpunkte identifiziert. Es finde sodann eine Interpolation durch diese Maxima statt. Aus diesen Maxima könne durch den bekannten Doppler-Effekt die Ballgeschwin-digkeit berechnet werden. Im Gegensatz zu dem durch das Klagepatent bean-spruchten Verfahren würden daher alle über oder unter den Maxima vorhandenen Messwerte ignoriert und aus dem auszuwertenden Signal entfernt.

In einem weiteren Schritt werde sodann eine zweite Frequenzanalyse mittels Fouriertransformation durchgeführt. Dabei werde untersucht, ob die Schwan-kung, die in der interpolierten Kurve durch die Maxima zu erkennen sei, selbst eine Regelmäßigkeit bezüglich der „Schwankungsfrequenz“ aufweise und somit „moduliert“ sei. Die nachfolgend eingeblendete und als Anlage PBP 6 vorgelegte Kurve zeige das Ergebnis der zweiten Frequenzanalyse:
In dem von jedem der bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandenen vier Empfängerkanälen empfangenen Signal ermittele die angegriffene Ausführungsform mehrere Hauptmaxima, die beispielsweise in der vorstehend eingeblendeten Abbildung als die drei stärksten Peaks zu erkennen seien. Diese Peaks würden in der Auslagerungsdatei FMspinRPM [0,0], [0,1], [0,2], [0,3] für den ersten Empfängerkanal und entsprechend für die weiteren Empfängerkanäle gespeichert. Die insgesamt zwölf Datenwerte würden somit den Frequenzen der jeweils drei größten Intensitäten entsprechen. Allerdings würden diese Werte nicht zur Berechnung der Eigendrehfrequenz des Golfballs verwendet. Auch entspreche keiner dieser Frequenzwerte unmittelbar der tatsächlichen Eigendrehfrequenz.

Anstatt einen Einzelwert aus allen 12 in der Logdatei gespeicherten Werten auszuwählen, summiere die angegriffene Ausführungsform zunächst die ge-samten Messdaten („Amplitudenspektren“) aller vier Empfängergeräte. Dabei ergebe sich ein Summensignal, das grafisch dargestellt dem vorstehend eingeblendeten Graphen ähnlich sei. Die Summierung führe dazu, dass die in allen vier Empfängergeräten vorhandenen Peaks verstärkt und Störsignale und Interferenzen reduziert würden.

Ähnlich wie bei den einzelnen Empfängerkanälen ermittle die angegriffene Ausführungsform sodann die drei stärksten Peaks im Summensignal, die sofort weiterverarbeitet würden. Das der angegriffenen Ausführungsform zugrunde liegende Erklärungsmodell gehe davon aus, dass in den Messdaten der stärkste Peak regelmäßig bei der doppelten Eigenfrequenz auftrete. Um letztlich zu ermitteln, welche der drei aus dem Summensignal ermittelten Frequenzen die Eigendrehfrequenz angebe, vergleiche die angegriffene Ausführungsform diese Werte mit vorbekannten Daten und Messwerten. Als Anhaltspunkt diene die Erkenntnis, dass die anfängliche Eigendrehfrequenz je nach Verwendung des konkreten Schlägers in einem bestimmten Bereich liege.

Zum anderen lasse sich die Eigendrehfrequenz anhand der Flugbahn aufgrund der sog. „lift acceleration“ abschätzen. Die Beklagte verwende zur Bezeichnung dieser Abschätzung den Begriff „F“. Da der „F“ die tatsächliche Eigendrehfrequenz nur ungenau wiedergebe, untersuche die angegriffene Ausführungsform das Summensignal in einem erweiterten Bereich um den doppelten Abschätzwert des „Fs“ herum auf das Vorhandensein eines der drei stärksten Peaks. In diesem Frequenzbereich werde ein Signal mit einem hohen Peak erwartet. Tatsächlich handele es sich in der Regel bei einem der auf diese Weise ermittelten Peaks um die zweifache Eigendrehfrequenz. Soweit kein Peak in dem Bereich der doppelten Eigendrehfrequenz liege, untersuche die angegriffene Ausführungsform einen erweiterten Bereich des „Fs“ auf das Vorhandensein eines Peaks mit der einfachen Eigendrehfrequenz. Liege einer der Peaks in diesem Bereich, gebe die angegriffene Ausführungsform diesen Wert als Eigendrehfrequenz aus. Nur für den Fall, dass keiner der Peaks im erweiterten Bereich um den doppelten oder einfachen Frequenzwert des „Fs“ liege, werde die Eigendrehfrequenz nicht anhand eines ermittelten Peaks bestimmt, sondern der aus der Balltrajektorie abgeschätzte F direkt als Wert für die Eigendrehfrequenz ausgegeben.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Sie behauptet, die angegriffene Ausführungsform führe die Frequenzanalyse lediglich in zwei Teilschritten durch. Die von der Beklagten gewählte Vorge-hensweise sei so gewählt, dass nicht nur Informationen über den zentralen Spektralbereich, das heißt die 0. Harmonische, sondern auch zu den angren-zenden Spektralbereichen vorhanden seien.

Anlage PBP 6 zeige das Ergebnis einer zweiten Fouriertransformation und da-mit des zweiten Teilschritts der Frequenzanalyse der angegriffenen Ausfüh-rungsform, bei dem die grobe Frequenzauflösung des ersten Teilschritts der Frequenzanalyse dadurch verfeinert werde, dass nun ein längerer Zeitabschnitt zugrunde gelegt werde. Wie auch die Beklagte einräume, weise die interpolierte Kurve Fluktuationen auf. Würden diese Fluktuationen Regelmäßigkeiten aufzeigen, würden sie Modulationen des Signals darstellen, die wiederum aufgrund der Drehung des Golfballs auftreten würden. Indem die angegriffene Ausführungsform dieses lange fluktuierende Signal einer Fouriertransformation unterziehe, identifiziere und trenne sie präzise die diskreten Seitenbänder.

Die in der Anlage PBP 6 gezeigten Peaks hätten einen Abstand von ca. 3.350 rpm, wobei die absoluten Positionen in einem Koordinatensystem gezeigt würden, dessen Ursprung als Frequenz der 0. Harmonischen definiert worden sei. Daher nutze jede mathematische Operation, bei der einer dieser drei ab-soluten Positionswerte herangezogen werde, tatsächlich den Abstand zwischen dem entsprechenden Spektralbereich und der 0. Harmonischen.

Analysen der Klägerin, hinsichtlich deren Einzelheiten auf die Anlagen TW 13/13a verwiesen wird, hätten diese Ergebnisse bestätigt. Wie die Untersu-chungen gezeigt hätten, ermittle die angegriffene Ausführungsform die Eigen-drehfrequenz, indem sie die identifizierten Harmonischen durch die entspre-chende Nummer der Harmonischen dividiere oder die Differenzen der Fre-quenzwerte von Harmonischen bilde, deren „Vielfachenzahl“ sich um den Wert „1“ unterscheide.

Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Da die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht, stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen sowie Feststellung der Verpflichtung zum Schadenersatz dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu.

I.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung unter Berücksichtigung des ergänzenden Vortrages der Klägerin zurecht vom Bestreiten der Aktivlegitima-tion Abstand genommen, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.

II.
Das Klagepatent betrifft die Bestimmung von Eigendrehimpulsparametern eines Sportballs während des Fluges und insbesondere die Bestimmung der Eigendrehimpulsachse und/oder der Drehgeschwindigkeit des Sportballs.

Wie das Klagepatent einleitend ausführt, sind solche Parameter sowohl bei der Verwendung als auch bei der Entwicklung von Sportbällen und anderen Sportgeräten, wie beispielsweise Golfschlägern, hochinteressant.

Im Stand der Technik sei die Bestimmung der genannten Parameter etwa da-durch erfolgt, dass Streifen oder Muster eines Radarreflexionsmaterials an den Golfbällen angebracht worden seien. Da Golfbälle jedoch hochgradig standari-siert seien, könne dieses Verfahren nur zu Testzwecken Verwendung finden. Technologien diesen Typs seien aus verschiedenen, in der Klagepatentschrift im Einzelnen genannten Schriften bekannt.

Vor dem Hintergrund des Standes der Technik liegt dem Klagepatent daher die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, die Bestimmung der eingangs genannten Parameter ohne Modifizierung der Sportbälle durchführen zu kön-nen.

Dies geschieht gemäß Patentanspruch 1 durch eine Kombination der folgenden Merkmale:

1. A method of estimating a rotational velocity or spin frequency of a rotating sports ball in flight, the method comprising:

2. a number of points in time during the flight,

2.1. receiving electromagnetic waves reflected from the rotating sports ball and
2.2. providing a corresponding signal,

3.
3.1. performing a frequency analysis of the signal, and
3.2. identifying two or more discrete spectrum traces positioned at least substantially equidistantly in frequency and being continuous over time, and

4. estimating the rotational velocity/spin frequency from a frequency distance between the discrete spectrum traces.

In deutscher Übersetzung lässt sich Patentanspruch 1 wie folgt gliedern:

1. Verfahren zum Abschätzen einer Drehgeschwindigkeit oder einer Eigendrehfrequenz eines sich drehenden Sportballs im Flug, wobei das Verfahren

2. eine Anzahl von Zeitpunkten während des Flugs, an denen

2.1. von dem sich drehenden Sportball reflektierte elektromagneti-sche Wellen empfangen werden und
2.2. ein zugeordnetes Signal bereitstellen,

3.
3.1. Durchführen einer Frequenzanalyse des Signals und

3.2. Identifizieren von zwei oder mehr diskreten signifikanten Spektralbereichen, die wenigstens im Wesentlichen bezüglich der Frequenz äquidistant und über die Zeit beständig sind, und

4. Abschätzen der Drehgeschwindigkeit/Eigendrehfrequenz von einem Frequenzabstand zwischen den diskreten signifikanten Spektralbereichen aufweist.

Der durch die Klägerin ebenfalls geltend gemachte Patentanspruch 4 weist folgende Merkmale auf:

1. A system for estimating a rotational velocity or spin frequency of a rotating sports ball in flight,

the system comprising

2. a receiver adapted to, a number of points in time during the flight,

2.1. receive electromagnetic waves reflected from the rotating sports ball
2.2. and provide a corresponding signal,

3. means

3.1. for performing a frequency analysis of the signal,
3.2. and identifying two or more discrete spectrum traces positioned at least substantially equidistantly in frequency and being continuous over time, and

4. means tor estimating the velocity/frequency from a frequency dis-tance between the discrete spectrum traces.

In deutscher Übersetzung lassen sich die Merkmale von Patentanspruch 4 wie folgt gliedern:

System zum Abschätzen einer Drehgeschwindigkeit oder einer Eigen-drehfrequenz eines sich drehenden Sportballs im Flug,

wobei das System

2. einen Empfänger, der dazu eingerichtet ist, bei einer Anzahl von Zeitpunkten während des Flugs

2.1. elektromagnetische Wellen zu empfangen, die von dem sich drehenden Sportball reflektiert worden sind

2.2. und ein zugeordnetes Signal bereitstellen,

3. Mittel

3.1. zum Durchführen einer Frequenzanalyse des Signals

3.2. und Identifizieren von zwei oder mehr diskreten signifikanten Spektralbereichen, die wenigstens im Wesentlichen bezüglich der Frequenz äquidistant liegen und über die Zeit beständig sind, und

4. Mittel zum Abschätzen der Geschwindigkeit/Frequenz von einem Frequenzabstand zwischen den diskreten signifikanten Spektralbe-reichen aufweist.

Gegenstand von Patentanspruch 1 ist somit ein Verfahren zum Abschätzen einer Drehgeschwindigkeit oder Eigendrehfrequenz eines sich drehenden Sportballs im Flug. Soweit der durch die Klägerin ebenfalls geltend gemachte Patentanspruch 4 eine entsprechende Vorrichtung beansprucht, stimmen die Merkmale im Wesentlichen überein, so dass die Ausführungen zu Patentan-spruch 1 insoweit sinngemäß ebenfalls gelten.

Bei dem beanspruchten Verfahren sollen nach der Merkmalsgruppe 2, wie dies unstreitig im Stand der Technik bekannt war, von dem sich drehenden Sportball elektromagnetische Wellen empfangen und ein zugeordnetes Signal bereitgestellt werden.

Wie der Fachmann weiterhin den Merkmalsgruppen 3 und 4 entnimmt, bildet den Kern der Erfindung die Durchführung einer Frequenzanalyse des Signals. Hierbei werden zwei oder mehr diskrete signifikante Spektralbereiche, die wenigstens im Wesentlich bezüglich der Frequenz äquidistant und über die Zeit beständig sind („being continuous over time“), identifiziert und anschließend die Drehgeschwindigkeit/Eigendrehfrequenz anhand des Frequenzabstandes zwischen den diskreten signifikanten Spektralbereichen („spectrum traces“) abgeschätzt.

Konkrete Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise der Identifikation der Spekt-ralbereiche finden sich in Patentanspruch 1 ebenso wenig wie dazu, wie genau der Abstand zwischen den Spektralbereichen bestimmt werden soll. Von der Lehre des Klagepatents werden daher alle Verfahren erfasst, bei denen in einem beliebigen Verfahren die Drehgeschwindigkeit bzw. Eigendrehfrequenz anhand des Frequenzabstands mindestens zweier identifizierter Spektralbereiche abgeschätzt wird. Verschiedene Methoden hierfür findet der Fachmann in den ab Abschnitt [0020] beschriebenen bevorzugten Ausführungsbeispielen, wobei die Erfindung hierauf aber nicht reduziert werden darf. Für die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents kommt es somit nicht darauf an, in welcher Form, etwa durch Division oder durch Subtraktion, die Abstände ermittelt werden. Auch schließt es Patentanspruch 1 nicht aus, dass die Abstände lediglich im Rahmen einer, weitere Parameter berücksichtigenden Berechnung Berücksichtigung finden. Denn Merkmal 4 enthält keine dahingehende Vorgabe, dass die Drehgeschwindigkeit bzw. Eigendrehfrequenz unmittelbar aus dem Frequenzabstand bestimmt werden muss. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es vielmehr, dass die Drehgeschwindigkeit bzw. Eigendrehfrequenz – in welcher Weise auch immer – von einem Frequenzabstand zwischen den diskreten Spektralbereichen abgeschätzt und damit bestimmt wird.

Wie der Fachmann der Formulierung des Patentanspruchs weiter entnimmt, enthält dieser auch keine Vorgaben, zu wie vielen Zeitpunkten der Frequenzabstand gemessen werden muss. Vielmehr spricht bereits Merkmal 2 lediglich von einer „Anzahl von Zeitpunkten“, worunter auch ein bestimmter, einzelner Zeitpunkt fallen kann. Denn Patentanspruch 1 spricht gerade nicht von einer Viel- oder Mehrzahl von Zeitpunkten.

Zwar weist die Beklagte zurecht darauf hin, dass der Begriff „spectrum trace“, den die Klägerin mit „Spektralbereich“ übersetzt hat, in Abschnitt [0010] der Klagepatentbeschreibung als eine Folge von Frequenzen definiert wird, der zumindest im Wesentlichen zeitbeständig ist. Zudem sei, so führt die Klagepa-tentbeschreibung an dieser Stelle weiter aus, im vorliegenden Zusammenhang ein Bereich normalerweise eine langsam abnehmende Funktion.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die entsprechenden Frequenzen über einen bestimmten Zeitpunkt auch erfasst werden müssen. Denn Patentanspruch 1 und dort insbesondere Merkmal 3.2. fordert nicht, dass zwei oder mehr Spekt-ralbereiche über einen bestimmten Zeitraum erfasst werden müssen. Vielmehr werden dort die Spektralbereiche lediglich derart definiert, dass diese bezüglich ihrer Frequenz äquidistant und über die Zeit beständig sind. Da die so definierten Spektralbereiche lediglich identifiziert werden sollen, ist es für die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents erforderlich, aber auch ausreichend, wenn entsprechende, über einen bestimmten Zeitraum zeitbeständige Spektralbereiche zwar vorhanden sind, ihre Frequenzen und die daraus resultierenden Abstände jedoch nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, gegebenenfalls unter Einbeziehung bestimmter Rechenoperationen, bestimmt werden.

Merkmal 3.2. ist im Zusammenhang mit Merkmal 4 zu lesen. Weil nach dem Kern der Erfindung die Drehgeschwindigkeit bzw. -frequenz anhand des Fre-quenzabstandes zwischen den diskreten signifikanten Spektralbereichen er-mittelt werden soll, ist es zwingend, dass zumindest zwei dieser, wenigstens im Wesentlichen bezüglich der Frequenz äquidistanten und über die Zeit beständigen Spektralbereiche identifiziert werden. Dadurch wird sichergestellt, dass Frequenzwerte, die keinem der so definierten Spektralbereiche angehören und beispielsweise in Figur 3 außerhalb der Spektralbereiche dargestellt sind, bei der Berechnung keine Berücksichtigung finden. Einer wiederholten Erfassung der Frequenzen eines Spektralbereiches bedarf es dafür jedoch solange nicht, wie – in welcher Form auch immer – sichergestellt ist, dass tatsächlich die Spektralbereiche identifiziert und der Abschätzung der Drehgeschwindigkeit bzw. -frequenz zugrunde gelegt werden.

II.
Dies vorausgeschickt macht die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.

1.
Dem steht zunächst nicht entgegen, dass bei der angegriffenen Ausführungs-form zwei Fouriertransformationen stattfinden. Denn weder den streitgegen-ständlichen Patentansprüchen, noch der Klagepatentbeschreibung entnimmt der Fachmann einen Hinweis darauf, dass das Abschätzen der Drehgeschwindigkeit bzw. Eigendrehfrequenz in einem einstufigen Verfahren erfolgen soll.

2.
Es kann darüber hinaus dahinstehen, welche Reichweite die durch die Klägerin als Anlage TW 12 vorgelegte Erklärung von Herrn David G, bei dem System der Beklagten erfolge die Messung der Drehung des Golfballs genau auf die gleiche Art und Weise wie bei der Klägerin, hat.

Denn jedenfalls sind die absoluten Positionen der in der Anlage PPB 6 ge-zeigten Spektralbereiche in einem Koordinatensystem ausgedrückt, dessen Ursprung als Frequenz der 0. Harmonischen festgelegt wurde. Daher macht jede mathematische Operation, die einen dieser drei absoluten Positionswerte verwendet, tatsächlich vom Abstand zwischen dem entsprechenden Spektral-bereich und der 0. Harmonischen Gebrauch.

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen hat, Anlage PBP 6 bilde keine Abfolge von Frequenzwerten in Abhängigkeit von der Zeit ab, führt dies bereits deshalb nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents heraus, weil es für die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents ausreicht, dass die Abstände der Frequenzen zu einem bestimmten Zeitpunkt bestimmt werden. Auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Auslegung des Klagepatents wird Bezug genommen.

Geht man davon aus, dass die Verwendung einer der drei absoluten Positionswerte für eine Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents ausreicht, steht es einer Verletzung des Klagepatents auch nicht entgegen, dass nach dem Vorbringen der Beklagten bei der angegriffenen Ausführungsform nach der zweiten Fouriertransformation die gesamten Messdaten aller vier Empfängerkanäle zunächst summiert werden. Denn die Summierung dient auch nach dem Vortrag der Beklagten lediglich dazu, die in allen vier Empfängerkanälen vorhandenen Peaks zu verstärken und Störsignale oder Interferenzen zu reduzieren. Das erhaltene grafische Signal „ähnelt“ jedoch gleichwohl auch nach dem Vortrag der Beklagten dem in Anlage PBP 6 abgebildeten Signal. Eine Veränderung der Abstände der Frequenzen zueinander durch die Summierung hat die Beklagte demgegenüber nicht behauptet.

Dass die Beklagte nach ihrer Schilderung der Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform der weiteren Betrachtung sodann einen sog. „F“ zugrunde legt und die Eigendrehfrequenz anhand der Flugbahn aufgrund der sog. „lift accleration“ abschätzt, steht einer Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents ebenfalls nicht entgegen.

Denn die Beklagte untersucht nach ihrem Vortrag das Summensignal zunächst in einem erweiterten Bereich um den doppelten Abschätzwert des „Fs“ herum auf das Vorhandensein eines der drei stärksten Peaks. Liegt ein Solcher vor, wird dessen Wert durch zwei dividiert und als Eigendrehfrequenz ausgegeben. Andernfalls untersucht die angegriffene Ausführungsform einen erweiterten Bereich des „Fs“ auf das Vorhandensein eines Peaks. Findet sich ein Solcher, wird dieser als Eigendrehfrequenz ausgegeben. In beiden Fällen zieht die angegriffene Ausführungsform somit gerade Peaks, wie sie aus der Anlage PBP 6 ersichtlich sind, heran, um die Eigendrehfrequenz zu bestimmen. Dass diese dabei in Relation zum „F“ gesetzt werden, führt aus dem Schutzbereich des Klagepatents ebenso wenig heraus wie der Umstand, dass der im Bereich des erweiterten doppelten „Fs“ zur Ermittlung der Eigen-drehfrequenz noch durch zwei dividiert werden muss. Auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Auslegung des Klagepatents wird Bezug genommen.

Soweit bei der angegriffenen Ausführungsform in Fällen, wo sich weder im Bereich des erweiterten doppelten, noch im Bereich des erweiterten einfachen „Fs“ ein Peak befindet, als Eigendrehfrequenz direkt der aus der Balltraktorje ermittelte „F“ ausgegeben wird, führt dies aus dem Schutzbereich ebenfalls nicht heraus, denn das Klagepatent fordert nicht, dass die Eigendrehfrequenz in allen Fällen anhand der Frequenzabstände ermittelt werden muss.

3.
Davon ausgehend kommt es vorliegend auch nicht darauf an, dass die Be-klagte – unstreitig – bei der ersten Fouriertransformation einen kleinen Zeitraum gewählt hat, so dass sich insbesondere in der als Anlage PBP 1 vorgelegten Abbildung die einzelnen Seitenfrequenzbänder nicht erkennen lassen. Unstreitig sind diese jedenfalls dort noch vorhanden, wobei die Interpolation auch durch die jeweiligen Maxima erfolgt, so dass die in Anlage PBP 3 gezeigte Kurve nicht der 0. Harmonischen entspricht. Ausführungen dazu dürften sich insoweit bereits deshalb erübrigen, weil die eigentliche Bestimmung der Eigendrehfrequenz erst nach der zweiten Fouriertransformation erfolgt.

III.
Durch das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform macht die Beklagte nicht nur wortsinngemäß und unmittelbar von der technischen Lehre von Patentanspruch 4 Gebrauch. Vielmehr liegen auch die Voraussetzungen einer mittelbaren Verletzung von Patentanspruch 1 vor, § 10 PatG.

Die angegriffene Ausführungsform bezieht sich auf ein wesentliches Element der Erfindung, denn es handelt sich – wie bereits ausgeführt – um ein System zum Abschätzen der Drehgeschwindigkeit eines Golfballs, welches alle Merk-male des gegenüber dem Verfahrensanspruch 1 im Wesentlichen deckungs-gleichen Erzeugnisanspruchs 4 verwirklicht. Damit ist die angegriffene Ausführungsform zur Benutzung der Erfindung in der Bundesrepublik Deutschland geeignet. Dass die angegriffene Ausführungsform von den Ab-nehmern der Beklagten auch für die Benutzung der Erfindung bestimmt ist, hat die Beklagte nicht erheblich in Abrede gestellt.

IV.
Da die angegriffene Ausführungsform somit von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch macht, ohne dass die Beklagte zur Nutzung des Klagepatents berechtigt wäre, ergeben sich die folgenden Rechtsfolgen:

1.
Die Beklagte macht durch das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, so dass sie gegenüber der Klägerin zur Unterlas-sung verpflichtet ist (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG).

2.
Des Weiteren hat die Beklagte der Klägerin Schadenersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei An-wendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB.

Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausrei-chend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlun-gen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.

3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadener-satzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte zur Auskunftserteilung und Rech-nungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkann-ten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Darüber hinaus wird die Beklagte durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte hat schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140b PatG). Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist der Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirt-schaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).

4.
Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückruf und Entfernung der angegriffenen Ausführungsformen aus den Vertriebswe-gen aus § 140 a Abs. 3 PatG, soweit diese ab dem 14.11.2009 in der Bun-desrepublik Deutschland in den Besitz Dritter gelangt sind.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 S. 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 300.000,- EUR festgesetzt.