Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. Oktober 2008, Az. 4a O 208/07
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin ist seit dem 15.05.2007 eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 198 44 904 C1 (im Folgenden: Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 30.09.1998 durch die A GmbH & Co. KG angemeldet. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 17.02.2000.
Die A GmbH & Co. KG wurde im Jahr 2006 aus dem Konzern der B-Gruppe ausgegliedert und verkauft. Dabei wurde die einzige Komplementärin, die A Verwaltungs-GmbH, von der C GmbH übernommen. Der einzige Kommanditanteil an der A GmbH & Co. KG wurde an die Klägerin veräußert. Mit Vertrag vom 23.03.2006 schied die einzige Komplementärin, die A Verwaltungs-GmbH, aus der A GmbH & Co. KG aus. Damit löste sich die A GmbH & Co. KG auf und das gesamte Vermögen wuchs bei der Klägerin an.
Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Vakuumpumpe“. Sein Patentanspruch 1 lautet:
Vakuumpumpe, insbesondere für Bremskraftverstärker-Anlagen in Kraftfahrzeugen, mit einem von der Brennkraftmaschine des Kraftfahrzeugs antreibbaren Rotor, über den ein Flügel in einem Gehäuse in Rotation versetzbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Rotor (1) aus Kunststoff besteht und einstückig ausgebildet ist.
Patentanspruch 18 des Klagepatents lautet:
Vakuumpumpe nach einem der vorgehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei Antriebssegmente (45A, 45B) vorgesehen sind, die durch einen geschlossenen Ring (47) miteinander verbunden sind.
Nachfolgend werden einige Figuren aus der Klagepatentschrift wiedergegeben, welche bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung betreffen. Die Figuren 10A bis 10C zeigen jeweils eine Draufsicht auf die antriebsseitige Stirnseite von mehreren Ausführungsbeispielen eines über eine Kupplung angetriebenen Rotors.
Die zur D-Gruppe gehörende Beklagte ist eine selbstständige Gesellschaft italienischen Rechts mit Sitz in C., Italien. Sie stellt wie die Klägerin Vakuumpumpen für Bremskraftverstärker in Kraftfahrzeugen her und vertreibt diese unter anderem in Deutschland. So werden die Vakuum-Pumpen der Beklagten als sogenannte „Tandempumpen“ in verschiedene E- und F-Modelle eingebaut. Die von der Beklagten hergestellten und vertriebenen „Tandempumpen“ sind wie folgt gestaltet:
Die Klägerin ist der Ansicht, diese „Tandempumpen“ der Beklagten verletzten das Klagepatent wortsinngemäß. Insbesondere bestehe der einstückige Rotor aus Kunststoff. Auch seien mindestens zwei Antriebssegmente vorhanden, die durch einen geschlossenen Ring miteinander verbunden seien.
Sie beantragt daher,
I. die Beklagte zu verurteilen, über die von ihr in der Bundesrepublik Deutschland angebotenen, in Verkehr gebrachten, gebrauchten oder zu den genannten Zwecken eingeführten Vakuumpumpen schriftlich in gesonderter Form, vollständig und wahrheitsgemäß Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, unter Angabe
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer;
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger;
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten den unter dieser Ziffer I. bezeichneten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,
soweit die Vakuumpumpen folgende Merkmale aufweisen:
Vakuumpumpe, insbesondere für Bremskraftverstärker-Anlagen in Kraftfahrzeugen,
mit einem von der Brennkraftmaschine des Fahrzeugs antreibbaren Rotor, über den ein Flügel in einem Gehäuse in Rotation versetzbar ist,
wobei der Rotor aus Kunststoff besteht und einstückig ausgebildet ist
und
mindestens zwei Antriebssegmente vorgesehen sind, die durch einen geschlossenen Ring miteinander verbunden sind,
mit der Maßgabe, dass die Rechnungslegung für Handlungen gemäß Ziffer I. seit dem 17.03.2000 zu erfolgen hat;
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, welcher der A GmbH & Co. KG in dem Zeitraum 17.03.2000 – 14.05.2007 sowie der Klägerin ab dem 15.05.2007 durch die in Ziffer I. genannten Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten „insbesondere, wenn“ – Anträge wird auf die Klageschrift Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise: der Beklagten für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;
hilfsweise: den Rechtstreit bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent auszusetzen.
Sie trägt vor, die angegriffene Ausführungsform mache mangels einer einstückigen Ausbildung des Rotors von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Auch bestehe der Rotor nicht aus Kunststoff. Ferner seien die Antriebssegmente nicht durch einen geschlossenen Ring, der Teil des einstückigen Rotors ist, verbunden.
Des Weiteren bestünden erhebliche Bedenken gegen die Rechtsbeständigkeit des Klagepatents, weshalb die D GmbH Nichtigkeitsklage erhoben habe. Der Kern der Erfindung werde bereits durch die als Anlage 5 zur Nichtigkeitsklage vorgelegte Vorveröffentlichung von Bak „RESINS REACH THE ENGINE“ (auf deutsch: „Kunstharze erreichen den Motor“) in der Zeitschrift „Design News“ vom 10.06.1997 offenbart. Darüber hinaus sei die Ausbildung des Rotors aus Kunststoff der EP 0 199 984 zu entnehmen.
Schließlich beruft sich die Beklagte „höchsthilfsweise“ auf ein privates Vorbenutzungsrecht. Die Beklagte könne sich – ungeachtet der fehlenden Schutzfähigkeit der Erfindung – in Bezug auf Lieferungen der streitgegenständlichen Vorrichtungen an die F AG auf das Vorbenutzungsrecht der D GmbH berufen. Die angegriffene Ausführungsform sei durch die Muttergesellschaft der Beklagten, die D GmbH, bereits vor dem Prioritätsdatum des Klagepatents entwickelt worden und die industrielle Fertigung durch die D GmbH oder die Beklagte „längst beschlossene Sache“ gewesen. Die D GmbH habe bereits zu einem Zeitpunkt mit der F AG in konkreten Preisverhandlungen für die Massenherstellung gestanden, bevor die Rechtsvorgängerin der Klägerin das Klagepatent angemeldet habe. Allein der Umstand, dass die D GmbH ihr Vorbenutzungsrecht durch die Beklagte als ihre Tochtergesellschaft ausüben lasse und diese die Lieferungen gegenüber der F AG auch fakturiere, bedeute jedoch nicht, dass dieses Vorbenutzungsrecht gegenstandslos geworden wäre. Hilfsweise beruft sich die Beklagte auf ein eigenes Vorbenutzungsrecht.
Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Insbesondere hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rechnungslegung und Schadenersatz aus Art. 64 EPÜ in Verbindung mit §§ 9 S. 2 Nr. 1, 139 Abs. 2, 140 b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259 BGB. Zwar verwirklicht die angegriffene Ausführungsform die durch eine Kombination der Patentansprüche 1 und 18 beanspruchte Lehre wortsinngemäß. Jedoch kann sich die Beklagte mit Erfolg auf ein der D GmbH zustehendes privates Vorbenutzungsrecht berufen.
I.
Das Klagepatent betrifft eine Vakuumpumpe, welche insbesondere in Bremskraftverstärker-Anlagen in Kraftfahrzeugen zur Anwendung kommt.
Derartige Vakuumpumpen sind im Stand der Technik bekannt. Sie weisen einen aus Metall bestehenden Rotor auf, der von einer Antriebswelle in Rotation versetzbar ist. Der in einem Gehäuse angeordnete Rotor steht mit einem Flügel in Eingriff, der an einem Konturring entlang gleitet. Der Rotor besteht aus mehreren Einzelteilen, die lösbar miteinander verbunden sind.
Das DE-GM 87 00 135 offenbart eine Pumpe mit einem aus Keramik oder Polymerbeton bestehenden Rotor. Aus der DE 23 48 441 A1 ist eine Pumpe mit einem aus Elektrographit bestehenden Rotor bekannt. Schließlich zeigen die DE-GM 19 56 184 U1 sowie die DE-PS 155 102 eine Pumpe mit einem Rotor, welcher teilweise mit einem Metall bzw. einem Nichtmetall beschichtet ist (vgl. Anlage WRSF 3, Sp. 1, Z. 6 – 19).
Es hat sich gezeigt, dass der Rotor dieser bekannten Pumpen aufgrund seines Gewichts ein großes Massenträgheitsmoment aufweist, wodurch die Leistungsaufnahme der Vakuumpumpe unerwünscht hoch ist. Der Rotor weist ferner eine massive und aufwendige Bauweise auf.
Das Klagepatent verfolgt deshalb die Aufgabe (das technische Problem), eine Vakuumpumpe der eingangs beschriebenen Art zu schaffen, welche diese Nachteile nicht aufweist.
Dies geschieht gemäß den Patentansprüchen 1 und 18 des Klagepatents durch eine Kombination der folgenden Merkmale:
a) Vakuumpumpe, insbesondere für Bremskraftverstärker-Anlagen in Kraftfahrzeugen;
b) mit einem von der Brennkraftmaschine des Fahrzeugs antreibbaren Rotor, über den ein Flügel in einem Gehäuse in Rotation versetzbar ist;
c) der Rotor (1) besteht aus Kunststoff und ist einstückig ausgebildet;
d) mit mindestens zwei Antriebssegmenten (45A, 45B), die durch einen geschlossenen Ring miteinander verbunden sind.
Die durch die Ansprüche 1 und 18 beanspruchte Vakuumpumpe zeichnet sich mithin dadurch aus, dass der Rotor aus Kunststoff besteht und einstückig ausgebildet ist. Der Rotor ist in einfacher und kostengünstiger Weise herstellbar und weist im Vergleich zu den bekannten Rotoren ein geringeres Gewicht auf. Aufgrund der einstückigen Ausbildung des Rotors ist eine kompakte Bauweise möglich, so dass der Bauraum für die Vakuumpumpe verkleinert werden kann. Die Leistungsaufnahme der Vakuumpumpe ist aufgrund des kleinen Massenträgheitsmoments des Rotors relativ gering (vgl. Anlage WRSF 3, Sp. 1, Z. 28 – 39).
II.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Merkmale einer Kombination der Patentansprüche 1 und 18 wortsinngemäß.
1.
Zwischen den Parteien ist zu Recht nicht umstritten, dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform um eine Vakuumpumpe handelt (Merkmal a)), welche einen von der Brennkraftmaschine des Fahrzeugs antreibbaren Rotor, über den ein Flügel in einem Gehäuse in Rotation versetzbar ist (Merkmal b)), besitzt.
2.
Zu Unrecht bestreitet die Beklagte jedoch, dass der Rotor (1) aus Kunststoff und einstückig ausgebildet ist (Merkmal c)).
Die Beklagte führt insoweit aus, der angegriffene Rotor bestehe aus insgesamt drei Elementen. Wie aus der Anlage B 2 erkennbar sei, sei bei dem Produkt der Beklagten das Führungselement (blau) auf den Zapfen der Nabe (ocker) aufgepresst und dadurch mit diesem in Drehrichtung fest verbunden. Das aus Stahl bestehende Ringelement (rot) sei zwischen dem Führungselement (blau) und der Nabe (ocker) angeordnet. Des Weiteren sei das Ringelement in y-Richtung um ca. 1 mm verschiebbar, um in dieser Richtung einen Achsversatz zwischen der Achse der Antriebswelle und der des Rotors auszugleichen. Die sich in Richtung nach oben ergebende Lage des Ringelementes sei durch die strichpunktierte Linie angedeutet. Ein Achsversatz in x-Richtung werde dadurch ausgeglichen, dass die mit dem Ringelement (rot) einstückig ausgebildeten Antriebssegmente, die den Antriebssegmenten 45A und 45B des Klagepatents entsprächen, sich in den strichpunktiert eingezeichneten und vor der Ebene der Zeichnung angeordneten Schlitz der Antriebswelle hinein erstreckten und in x-Richtung beweglich seien. Dadurch werde ein Ausgleich des Achsversatzes sowohl in x-, als auch in y-Richtung gewährleistet. Um eine Verschiebbarkeit des Ringelementes (rot) in dem Raum zwischen Führungselement und Nabe sicherzustellen, sei das Führungselement mit zwei Führungsnasen versehen. Diese lägen unverschiebbar an den Anlageflächen der Nabe an, seien also an diesen keinem Verschleiß durch Reibung ausgesetzt.
Diese Gestaltung steht jedoch einer Verwirklichung des Merkmals c) von Anspruch 1 des Klagepatents nicht entgegen. Vielmehr geht die Beklagte von einem zu weiten Begriff des Rotors aus. Ausgehend von der durch die Beklagte als Anlage B 2 vorgelegten Skizze erstreckt sich der Rotor lediglich auf den dort ocker dargestellten Bereich. Demgegenüber stellen das rote, durch die Beklagte als „Ringelement“ bezeichnete Teil sowie das blaue „Führungselement“ keinen Teil des Rotors im Sinne des Klagepatents dar.
Das Klagepatent definiert den Begriff des Rotors nicht. Jedoch ist es entsprechend den Ausführungen der Beklagten in der Klageerwiderung unstreitig, dass der Rotor bei einer „Flügelzellenpumpe“ exzentrisch in einem im Querschnitt kreisförmigen Pumpenraum angeordnet ist, der zwei diametral gegenüberliegende und miteinander fluchtende Schlitze aufweist, in denen ein Flügel hin und her verschiebbar und mit dem Rotor drehbar ist. Dieser Flügel wird dabei in den Schlitzen hin und her geschoben, so dass die Enden des Flügels stets an der Innenfläche des Gehäuses anliegen. Wird der Rotor im Uhrzeigersinn gedreht, so saugt er in den in Drehrichtung hinter ihm liegenden Raum durch den Einlass Luft an und drückt aus dem in Drehrichtung vor ihm liegenden Raum Luft aus dem Auslass heraus. In dem Raum, der an den Einlass angeschlossen ist, entsteht somit ein Unterdruck.
Der Klagepatentschrift ist demgegenüber im Hinblick auf den Stand der Technik hinsichtlich der Ausgestaltung eines in einer solchen Vakuumpumpe eingesetzten Rotors lediglich zu entnehmen, dass die Rotoren der bekannten Pumpen aus Keramik oder Polymerbeton (DE-GM 87 00 135), aus Elektrographit (DE-GM 19 56 184 U1) sowie mit Metall bzw. Nichtmetall beschichtet ausgebildet sind (vgl. Anlage WRSF 3, Sp. 1, Z. 13 – 19). Die Rotoren dieser bekannten Pumpen weisen aufgrund ihres Gewichts ein großes Massenträgheitsvolumen auf, wodurch die Leistungsaufnahme der Vakuumpumpe unerwünscht hoch ist. Der im Stand der Technik bekannte Rotor besitzt ferner eine massive und aufwendige Bauweise (vgl. Anlage WRSF 3, Sp. 1, Z. 20 – 24). Aufgabe der Erfindung ist es deshalb, eine Vakuumpumpe zu schaffen, welche diese Nachteile nicht aufweist (vgl. Anlage WRSF 3, Sp. 1, Z. 25 – 27). Aufgrund einer einstückigen Ausbildung des Rotors ist eine kompakte Bauweise möglich, so dass der Bauraum für die Vakuumpumpe verkleinert werden kann. Die Leistungsaufnahme der Vakuumpumpe ist aufgrund des kleinen Massenträgheitsmoments relativ gering (vgl. Anlage WRSF 3, Sp. 1, Z. 34 – 39).
Dabei kann der Rotor (1) entweder direkt oder über eine Kupplung von der Antriebswelle in Rotation versetzt werden. Welche der beiden Antriebsmöglichkeiten jeweils zum Einsatz kommt, hängt unter anderem von der Größe des Antriebsmoments, der Drehungsgleichförmigkeit der Antriebswelle und einem möglichen Achsversatz zwischen dem Rotor und der Antriebswelle ab (vgl. Anlage WRSF 3, Sp. 1, Z. 34 – 39). Eine mögliche Gestaltung eines mit einer Kupplung versehenen Rotors (1) ist in den Figuren 10A und 10B dargestellt. Dabei wird die Kupplung (35) von einer Scheibe (37) gebildet, in deren mittleren Bereich ein rechteckiges Langloch (39) eingebracht ist, das die Scheibe (37) durchdringt. Das Langloch (39), in das die Antriebswelle mit einem entsprechend ausgebildeten Abschnitt eingreift, ermöglicht einen Ausgleich des Achsversatzes zwischen der Vakuumpumpe und der Antriebswelle (vgl. Anlage WRSF 3, Sp. 6, Z. 8 – 14). Somit kennt das Klagepatent neben einer nur aus Antriebswelle und Rotor gebildeten Konstruktion auch eine Ausgestaltung, die eine Kupplung aufweist, welche dem Ausgleich des Achsversatzes zwischen der Vakuumpumpe und der Antriebswelle dient und aus Stahl oder Sintereisen bestehen kann (vgl. Anlage WRSF 3, Sp. 6, Z. 28 – 29).
Ein derartiger Ausgleich erfolgt bei der angegriffenen Ausführungsform zunächst durch das rote Ringelement. Dieses ist in y-Richtung um ca. 1 mm verschiebbar, um in diese Richtung einen Achsversatz zwischen der Achse der Antriebswelle und der des Rotors auszugleichen. Ein Ausgleich des Achsversatzes in x-Richtung erfolgt dadurch, dass sich die von der Beklagten als Antriebssegmente bezeichneten Elemente in den strichpunktiert eingezeichneten Schlitz der Antriebswelle hinein erstrecken und in x-Richtung beweglich sind. Somit handelt es sich bei dem rot eingezeichneten Ringelement einschließlich des blau dargestellten „Führungselementes“ nicht um einen Teil des die Flügel antreibenden Rotors, sondern um eine – dem Ausgleich des Achsversatzes zwischen der Antriebswelle und dem Rotor dienende – Kupplung.
Ein solches Verständnis entspricht auch der Darstellung der Beklagten in den als Anlagen B 15.1 und B 15.2. vorgelegten Zeichnungen. Dort wird der – in der Anlage B 2 ockerfarben dargestellte – Teil als „Rotore“ und damit als Rotor bezeichnet, während es sich bei dem aus dem roten Ringelement und dem blauen „Führungselement“ zusammengesetzten Teil um eine „GIUNTO DI TRASCINAMENTO“ und damit um eine Antriebskupplung handelt. Darüber hinaus führt die Beklagte im Rahmen der Nichtigkeitsklage hinsichtlich eines möglichen Vorbenutzungsrechts der D GmbH aus, der Rotor gemäß Anlage 10 sei einstückig und aus Kunststoff ausgebildet (vgl. Anlage B 1.1, S. 9 unten). Dass diese Gestaltung bei der späteren Entwicklung geändert wurde, lässt sich dem Vortrag der Beklagten demgegenüber nicht entnehmen.
Im Ergebnis ist es somit unschädlich, dass das in der Zeichnung gemäß Anlage B 2 rot dargestellte Ringelement sowie das dort blau wiedergegebene „Führungselement“ nicht einstückig mit dem ockerfarben dargestellten Element verbunden und auch nicht aus Kunststoff ausgebildet sind. Der eigentliche – in der Zeichnung gemäß Anlage B 2 ockerfarben dargestellte – Rotor ist unstreitig aus Kunststoff und einstückig ausgebildet.
3.
Schließlich sind mindestens zwei Antriebssegmente (45A, 45B) vorgesehen, die durch einen geschlossenen Ring (47) miteinander verbunden (Merkmal d)) sind.
Ein Beispiel einer solchen Ausgestaltung ist der Darstellung in Figur 10B des Klagepatents zu entnehmen. In der dort beschriebenen bevorzugten Ausführungsform des Rotors sind die Antriebssegmente (45A, 45B) durch einen geschlossenen Ring (47) miteinander verbunden, wodurch die Formsteifigkeit des Rotors (1) erhöht werden kann (vgl. Anlage WRSF 3, Sp. 6, Z. 49 – 54). Über die Antriebssegmente wird die Rotation der Antriebswelle in den Rotor eingeleitet.
Derartige Antriebssegmente des Rotors sind in der angegriffenen Ausführungsform jeweils im Uhrzeigersinn direkt nach dem durch die Beklagte als „Ringelement“ bezeichneten roten Element zu erkennen, über welche die Rotation der Antriebswelle auf den Rotor übertragen wird. Entsprechend der Darstellung in Figur 10B des Klagepatents sind diese einstückig mit dem Rotor ausgebildet und stellen einen Teil des Rotors dar. Demgegenüber handelt es sich bei dem roten Ringelement – wie bereits ausgeführt – um keinen Teil des Rotors. Die einstückig am Rotor befindlichen Antriebssegmente sind bei der angegriffenen Ausführungsform auch durch einen geschlossenen Ring miteinander verbunden.
III.
Die Beklagte kann sich jedoch mit Erfolg auf ein der D GmbH zustehendes privates Vorbenutzungsrecht berufen, § 12 PatG. Die Benutzung des Patents in dem Betrieb der Beklagten wird durch das private Vorbenutzungsrecht der D GmbH gedeckt.
1.
Der D GmbH steht an der angegriffenen Ausführungsform ein privates Vorbenutzungsrecht zu, § 12 Abs. 1 S. 1 PatG.
a)
Die D GmbH befand sich im Zeitpunkt der Patentanmeldung im Erfindungsbesitz. Dies ist der Fall, wenn der Begünstigte bei Vornahme der Benutzungshandlung oder der Veranstaltung hierzu den Erfindungsgedanken der später zum Patent angemeldeten Erfindung erkannt hat. Dabei muss der Vorbenutzer den Erfindungsgedanken derart erkannt haben, dass ihm die tatsächliche Ausführung der Erfindung möglich gewesen ist. Der Vorbenutzer muss Ursache und Wirkung der technischen Mittel erkannt haben. Ein technisches Handeln, das über das Studium von Versuchen noch nicht hinausgegangen ist und noch nicht zu einer planmäßiges Handeln ermöglichenden Erkenntnis seiner Wirkung geführt hat, begründet keinen Erfindungsbesitz und kein Vorbenutzungsrecht. Der Erfindungsgedanke muss vielmehr subjektiv erkannt und die Erfindung objektiv fertig sein (vgl. Benkard/Rogge, PatG, 10. Auflage, § 12 Rz. 5 m. w. N.).
Ausgehend von diesen Überlegungen befand sich die D GmbH im Zeitpunkt der Anmeldung des Klagepatents im Erfindungsbesitz. Die als Anlagen 16 und 16a zur Nichtigkeitsklage vorgelegten Zeichnungen stammen unstreitig vom 12.06.1998 beziehungsweise vom 13.07.1998. Diese lassen den Erfindungsgedanken des Klagepatents eindeutig erkennen. Ebenso zeigen die der F AG übermittelten und als Anlage B 10 vorgelegten Zeichnungen einen Rotor aus Kunststoff für eine Vakuumpumpe, welcher die wesentlichen Merkmale der Ansprüche 1 und 18 des Klagepatents aufweist. Auch wenn zwischen der Anmeldung des Klagepatents und der eigenen Anmeldung der Beklagten 2 ½ Jahre lagen, steht dies dem Vorliegen eines Erfindungsbesitzes der D GmbH im Zeitpunkt der Anmeldung des Klagepatents nicht entgegen. Die Beklagte ging ausweislich des als Anlage 18 zur Nichtigkeitsklage vorgelegten Schreibens von einer fehlenden Schutzfähigkeit der Erfindung aus, so dass sie zunächst auf eine Anmeldung der Erfindung verzichtete. Somit hat die Beklagte die zeitliche Lücke zwischen der Anmeldung des Klagepatents und ihrer eigenen Patentanmeldung hinreichend und nachvollziehbar erläutert.
b)
Die D GmbH hat den Erfindungsbesitz zumindest durch Veranstaltungen zur alsbaldigen Aufnahme der Benutzung betätigt.
(1)
Als derartige Veranstaltungen kommen neben technischen Maßnahmen, welche die Benutzung technisch vorbereiten und den Zweck haben, die Erfindung zur Ausführung zu bringen, auch Maßnahmen nicht technischer Art in Betracht. Es müssen jedoch zwei Voraussetzungen vorliegen, um das im Gesetz vorgeschriebene Erfordernis der zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen zu erfüllen. Zunächst müssen Veranstaltungen im Inland vorliegen, die bestimmt sind, die Erfindung im Wesentlichen auszuführen (BGHZ 39, 389, 398 – Taxilan; Benkard/Rogge, PatG, 10. Auflage, § 12 Rz. 13). Darüber hinaus ist es erforderlich, dass diese Handlungen den ernstlichen Willen erkennen lassen, die Erfindung alsbald zu benutzen (BGH GRUR 60, 546, 549 – Bierhahn; Benkard/Rogge, PatG, 10. Auflage, § 12 Rz. 13).
(2)
Diesen Anforderungen hat die D GmbH genügt. Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Übersendung dreier Prototypen an die F AG bereits einen hinreichenden Benutzungswillen erkennen lässt. Nach der Rechtsprechung muss die Benutzungshandlung die Ernsthaftigkeit des gewerblichen Nutzungswillens umsetzen. Daran fehlt es regelmäßig bei der Herstellung eines noch zu testenden Prototypen (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patentansprüchen in der Praxis, 3. Auflage, Rz. 562).
Jedenfalls bot die D GmbH der F AG mit dem als Anlage B 13 vorgelegten Schreiben vom 30.06.1998 die Herstellung und Lieferung entsprechender Tandempumpen für die Jahre 2000 bis 2004 an. Die F AG nahm das Angebot der D GmbH mit dem als Anlage B 14 vorgelegten „Nomination Letter“ vom 09.09.1998 unter Bezugnahme auf Angebote vom 08.05.1998 sowie vom 12.05.1998 an. Es trifft zu, dass ausweislich des „Nomination Letter“ weitere 100 Prototypen von der D GmbH an die F AG zu liefern waren. Jedoch ist in diesem „Nomination Letter“ konkret angegeben, dass die Produktionsversuchsserie (PVS) im Oktober 1999, eine Nullserie (OS) im Februar 2000 und die endgültige Serienproduktion (SOP) im Juli 2000 starten sollten. Aus den Angeboten der D GmbH vom 08.05.1998 sowie vom 12.05.1998 lässt sich in Verbindung mit dem „Nomination Letter“ der F AG erkennen, dass die D GmbH bereits im Zeitpunkt der Anmeldung des Klagepatents ernsthafte Veranstaltungen getroffen hatte, die Erfindung auszuführen. Dem steht nicht entgegen, dass hierfür weitere Tests durch die F AG, welche die Tandempumpen in ihrer Serienproduktion einsetzen wollte, erforderlich waren. Gleichwohl wird man von einem ernsthaften, unumkehrbaren Willen zur alsbaldigen Benutzung auszugehen haben, der nur noch durch technische Probleme bei der Entwicklung zur Serienreife hätte gehindert werden können. Somit hat die D GmbH den Erfindungsbesitz durch die Verpflichtung zur Lieferung einer Vielzahl von Prototypen sowie zur Lieferung für die Serienproduktion hinreichend manifestiert.
2.
Die Beklagte ist berechtigt, sich auf das der D GmbH zustehende private Vorbenutzungsrecht unter dem Gesichtspunkt der „verlängerten Werkbank“ zu berufen.
a)
Nach § 12 Abs. 1 S. 2 PatG ist der Inhaber des Vorbenutzungsrechts befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen. Stellt der Vorbenutzungsberechtigte die erfindungsgemäßen Gegenstände nicht in eigener Werkstatt her, sondern werden diese in einer fremden Werkstatt produziert, wird die Benutzung des Patents in der fremden Werkstatt nur dann durch das Vorbenutzungsrecht des Berechtigten gedeckt, wenn dieser für den Vorbenutzungsberechtigten tätig wird. Hierzu muss der Vorbenutzungsberechtigte einen bestimmenden, wirtschaftlich wirksamen Einfluss auf Art und Umfang der Herstellung und des Vertriebs der erfindungsgemäßen Gegenstände haben. Entscheidet der Inhaber der fremden Werkstätte selbst über die Herstellung und den Vertrieb der erfindungsgemäßen Gegenstände und geschieht der Vertrieb auf eigene Rechnung und Gefahr, liegt darin keine Ausübung des Vorbenutzungsrechts mehr (vgl. Landgericht Düsseldorf, Mitt. 1999, 370, 371 – Steckerkupplung; Benkard/Rogge, PatG, 10. Auflage, § 12 Rz. 24).
b)
Ausgehend von diesen Überlegungen kann sich die Beklagte auf das der D GmbH zustehende Vorbenutzungsrecht berufen. Die Kammer verkennt nicht, dass es sich vorliegend nicht um den klassischen Fall der „verlängerten Werkbank“ handelt. Insbesondere hat die Beklagte die Rechnungen gegenüber den Abnehmern selbst fakturiert. Gleichwohl ist aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls eine Heranziehung der unter dem Gesichtspunkt der „verlängerten Werkbank“ durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze geboten.
Zwar genügt hierfür allein die Tatsache, dass es sich bei der Beklagten um eine mittelbare hundertprozentige Tochtergesellschaft der D GmbH handelt, nicht. Jedoch produziert die Beklagte als Tochterunternehmen der D GmbH die angegriffene Ausführungsform aufgrund eines Rahmenvertrages, nämlich des als Anlage B 14 vorgelegten „Nomination Letter“ der F AG in Verbindung mit den vorangegangenen Angeboten der D GmbH. Vertragspartner dieses Rahmenvertrages sind somit ausschließlich die F AG und die D GmbH, nicht aber die Beklagte. Demnach wird durch diesen „Nomination Letter“ ausschließlich die D GmbH, nicht jedoch die Beklagte als deren Tochtergesellschaft verpflichtet. Lediglich innerhalb dieses Rahmenvertrages nimmt die Beklagte als mittelbare hundertprozentige Tochtergesellschaft der D GmbH Bestellungen entgegen, führt diese aus und fakturiert die jeweiligen Rechnungen. Dabei ist der an die D GmbH adressierte „Nomination Letter“ bereits auf eine Produktion durch die Beklagte ausgerichtet. So findet sich als Ort der Fertigungsstätte „I-C.“ und damit der Sitz der Beklagten. Auch sind die jeweiligen Preise in Lire angegeben. Aufgrund dieser Ausgestaltung des „Nomination Letter“ droht mithin insbesondere keine Gefahr einer Vervielfältigung des Vorbenutzungsrechts im Konzern. Im Ergebnis besteht damit die durch
§ 12 Abs. 1 S. 2 PatG geforderte Betriebsbezogenheit zum Betrieb der D GmbH, denn diese ist allein aus dem Rahmenvertrag verpflichtet und kann damit die diesbezügliche Tätigkeit der Beklagten als ihre mittelbare hundertprozentige Tochtergesellschaft unterbinden. Die Beklagte ist im Hinblick auf die Erfüllung der aus dem „Nomination Letter“ gegenüber der F AG erwachsenden Verbindlichkeiten faktisch ausschließlich als Erfüllungsgehilfin der D GmbH, nicht aber auf eigene Gefahr tätig. Dass die Beklagte demgegenüber in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform außerhalb des zwischen der D GmbH und der F AG existierenden Rahmenvertrages tätig geworden ist oder tätig werden wird, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.
Der Streitwert wird auf 150.000,- EUR festgesetzt.