2 U 48/09 – Tonumschaltung für ein Ton/Videosystem mit S-Videofähigkeit

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1571

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 13. Januar 2011, Az. 2 U 48/09

Vorinstanz: 4a O 65/08

A.
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17. März 2009 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I. Die Beklagten werden verurteilt,

der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie

Fernsehgeräte, welche geeignet sind, ein Verfahren zur Kompensation des Erdmagnetfeldes in einer Bildröhre eines fernsteuerbaren Fernsehempfängers mit Hilfe einer Kompensationsspule durchzuführen,

zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland zwischen dem 01. Juli 2006 und dem 23. August 2009 angeboten oder geliefert haben,

wenn bei dem Verfahren ein Fernsteuerkanal des Fernsehempfängers für die Erzeugung einer Gleichspannung im Fernsehempfänger vorgesehen ist, die an die Kompensationsspule gelegt ist, deren anderes Ende an eine stabile Spannung (0 Volt) gelegt ist, wobei die Spannung zwischen einem Minimalwert (-10 Volt) und einem Maximalwert (+10 Volt) veränderbar ist,

und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs-und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

 wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Kopien der Lieferpapiere oder – falls diese nicht verfügbar sind – der Rechnungen vorzulegen haben,

 wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. bezeichneten und seit dem 26. November 2007 begangenen Handlungen und der der Deutschen F-A GmbH durch die zu I. bezeichneten und vom 01. Juli 2006 bis zum 25. November 2007 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

B.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 10 % und den Beklagten zu 90 % auferlegt.

C.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,– Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

D.
Die Revision wird nicht zugelassen.

E.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 400.000,– Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin gehört zum F Konzern und ist Inhaberin zahlreicher Patente, welche die unterschiedlichsten Aspekte von Fernsehgeräten betreffen. Zu diesen Patenten gehört auch das europäische Patent 0 362 XXX B1 (Klagepatent). Es wurde am 23. August 1989 von der Deutschen F-A GmbH angemeldet, die es am 10. Oktober 2003 auf die F S.A. übertrug, welche es wiederum mit Vertrag vom 24. Oktober 2003 an die Klägerin übertrug. Diese wurde am 26. November 2007 – im Anschluss an die Deutsche F-A GmbH – als Patentinhaberin in die Rolle eingetragen. Das Klagepatent nimmt eine Priorität vom 12. September 1988 in Anspruch. Seine Anmeldung wurde am 11. April 1990 veröffentlicht, seine Erteilung am 3. November 1993. Es ist in deutscher Verfahrenssprache abgefasst und stand bis zu seinem Erlöschen aufgrund Zeitablaufs am 23. August 2009 u.a. in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Über eine von der Beklagten zu 1) mit Schriftsatz vom 25. August 2008 erhobene Nichtigkeitsklage ist noch nicht entschieden.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Kompensation des Erdmagnetfeldes in einer Bildröhre. Sein einziger Anspruch lautet wie folgt:

„Verfahren zur Kompensation des Erdmagnetfeldes in einer Bildröhre eines fernsteuerbaren Fernsehempfängers mit Hilfe einer Kompensationsspule,

dadurch gekennzeichnet,

dass ein Fernsteuerkanal des Fernsehempfängers für die Erzeugung einer Gleichspannung (US) im Fernsehempfänger vorgesehen ist, die an die Kompensationsspule (5) gelegt ist, deren anderes Ende an eine stabile Spannung (UB/2) gelegt ist, wobei die Spannung (US) zwischen dem Wert 0 und UB veränderbar ist.“

Die nachfolgend wiedergegebenen Abbildungen (Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift) verdeutlichen den Gegenstand der Erfindung, indem Figur 1 den prinzipiellen Aufbau zur Erklärung der Wirkungsweise der Erfindung und Figur 2 ein detailliertes Ausführungsbeispiel zeigt:

Die Beklagte zu 1) vertreibt über die Beklagte zu 2) Fernsehgeräte der Marke B in der Bundesrepublik Deutschland. Zwischen ihr und der Klägerin bestand ursprünglich ein Lizenzvertrag, der die Beklagte zu 1) berechtigte, bestimmte Teile für Fernsehgeräte unter Nutzung von Patenten der Klägerin herzustellen. Nachdem Streit über die Reichweite des Vertrages entstanden war, einigte man sich auf eine Abgeltung aller Nutzungshandlungen bis einschließlich 30. Juni 2006. Ein neuer Lizenzvertrag kam nicht zustande.

Zu den von den Beklagten vertriebenen Geräten gehören auch mit der CRT-Technik ausgestattete Farbfernsehgeräte, die die Bezeichnungen C II, D und E-S tragen (angegriffene Ausführungsformen). Sie sind alle mit einer Magnetfeld-Kompensationsspule ausgestattet, die am Hals der jeweiligen Bildröhre angeordnet ist. Über eine Fernbedienung kann die an dem einen Ende der Kompensationsspule anliegende Spannung zwischen -10 Volt und + 10 Volt eingestellt werden. Das andere Ende der Spule ist über einen Widerstand auf Masse gelegt. Die daraus resultierende Spannung variiert zwischen 1,38 Volt und 0 Volt sowie – 1,5 Volt. Nachfolgend wird eine Schaltanordnung eingeblendet, wie sie im Benutzerhandbuch einer der angegriffenen Ausführungsformen abgebildet ist:

Die Klägerin vertritt die Auffassung, mit den angegriffenen Ausführungsformen machten die Beklagten mittelbar von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Sie hat die Beklagten deshalb erstinstanzlich auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen und zur Begründung u.a. ausgeführt, mit dem im Klagepatentanspruch genannten „Wert 0“ sei nicht ein feststehender Wert von Null Volt, sondern allgemein der Minimalwert, mit dem Begriff „UB“ der Maximalwert und mit „UB/2“ der zwischen diesen Werten liegende Mittelwert bezeichnet. Dass die angegriffenen Ausführungsformen die konkreten Spannungswerte {- 10 Volt; 0 Volt; + 10 Volt} verwenden, führe daher nicht aus der technischen Lehre des Klagepatents heraus. Zumindest sei die technische Lehre des Klagepatents mit äquivalenten Mitteln verwirklicht.

Die Beklagten, die um Klageabweisung, hilfsweise Aussetzung bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage gebeten haben, haben demgegenüber die Ansicht vertreten, das Klagepatent nicht zu verletzen. Sie meinen, die Angaben „0“, „UB“ und „UB/2“ im Klagepatenanspruch seien eng auszulegende Zahlenangaben für konkrete Spannungswerte. Bei den angegriffenen Ausführungsformen fehle ein Wert 0 im Sinne des Klagepatents.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die angegriffenen Ausführungsformen machten vom Klagepatent weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln Gebrauch. Die Angaben „0“, „UB“ und „UB/2“ stellten keine bloßen Bezugszeichen dar. Dies folge bereits aus dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs, der von „Werten“ spreche. Dass es sich dabei um Angaben in Volt handeln müsse, folge auch ohne gesonderte Erwähnung aus dem Zusammenhang. Mit „0“ sei anders als bei „UB“ nicht lediglich ein Platzhalter für eine vom Fachmann frei festzulegende Spannung, sondern eine konkrete Zahl angegeben worden. Dass die an dem einen Ende anzulegende stabile Spannung nicht 0 Volt hoch sein könne, folge aus dem Umstand, dass das Klagepatent hier einen Wert von „UB/2“, mithin die Hälfte der Betriebsspannung „UB“ vorsehe. Bei den angegriffenen Ausführungsformen sei weder am einen Ende der Kompensationsspule die Spannung zwischen dem Wert 0 und UB veränderbar noch sei an das andere Ende eine Spannung von UB/2 angelegt. Für eine Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents durch äquivalente Mittel fehle es am Erfordernis der Gleichwertigkeit. Denn der Fachmann erhalte aus der Klagepatentschrift zwar Hinweise auf die allgemeine Funktionsweise der erfindungsgemäßen technischen Lehre, aber keine darauf, von den im Klagepatent angegebenen Werten abzuweichen. Dass sich die Wirkungen des Klagepatents auch mit anderen Spannungswerten erreichen ließen, genüge hierfür nicht, da der Patentanspruch nicht lediglich als Richtlinie für die Bestimmung des Schutzbereichs dienen dürfe.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, das Landgericht habe die technische Lehre des Klagepatents verkannt. Eben weil die Erfindung für den Fachmann ersichtlich unabhängig von dem Vorzeichen der Spannung funktioniere, sei für ihn kein Grund ersichtlich, weshalb er auf Wertegruppen beschränkt sein solle, bei denen ein Ende der Wertegruppe (Minimalwert oder Maximalwert) exakt auf dem Erdpotential liegen müsse. Jedenfalls sei – aus von der Klägerin näher ausgeführten Gründen – eine äquivalente Benutzung der Lehre des Klageschutzrechts zu bejahen.

Im Hinblick auf das zwischenzeitliche Erlöschen des Klagepatents haben die Parteien den Unterlassungsanspruch mit wechselseitigen Kostenanträgen für erledigt erklärt.

Nachdem die Klägerin außerdem die Klage hinsichtlich des Vernichtungsanspruchs zurückgenommen hat, beantragt sie,

wie erkannt, wobei sie allerdings die Vorlage von Liefer- und Zollpapieren oder – falls diese nicht verfügbar sind – Rechnungen begehrt.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise das Verfahren bis zur endgültigen Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren 5 Ni 69/09 auszusetzen,
die Revision zuzulassen
sowie den Auskunftsanspruch von der vorläufigen Vollstreckbarerklärung auszunehmen und ihnen zu gestatten, die Vollstreckung des Auskunftsanspruches durch Hinterlegung der die Auskunft enthaltenden Dokumente abzuwenden.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend. Die Beklagten machen insbesondere geltend, die drohende Vollstreckung insbesondere des Auskunftsanspruches verstoße, sofern sie vorläufig betrieben werde, gegen die Eigentumsgarantie gemäß Artikel 14 GG, dessen Schutz auch die Kundenbeziehungen des Auskunftsschuldners zu dritten Lieferanten und Abnehmern, die im Rahmen der Geschäftsbeziehungen erfolgten Lieferungen, die erzielten Preise und die Kosten- und Gewinnkalkulation umfasse, die gleichzeitig als Betriebsgeheimnisse geschützt seien. Dem geringen Vollstreckungsinteresse der Klägerin stehe eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer – der Beklagten – Interessen entgegen, insbesondere weil der Vollstreckungsschaden bestehend aus dem Arbeitsaufwand und im weiteren durch die Rechnungslegung entstehenden Kosten vom Bereicherungsanspruch des § 717 Abs. 3 ZPO nicht erfasst sei. Noch schwerer wiege, dass die mit der erzwungenen Auskunftserteilung einhergehende Preisgabe wesentlicher Betriebsgeheimnisse nicht mehr umkehrbar sei. Das zwinge den Auskunftsschuldner häufig zur Einigung mit dem Schutzrechtsinhaber, was in das Eigentumsrecht des Schuldners in Gestalt des Rechtes an seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreife und auch nicht erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei. Die aus den vorstehend dargelegten Gründen erbetenen Vollstreckungsschutzanordnungen ergäben sich in analoger Anwendung der Rechtsprechung zum Wirtschaftsprüfervorbehalt und der dahinter stehenden Rechtsgrundsätze.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und ganz überwiegend begründet. Entgegen der landgerichtlichen Beurteilung stehen der Klägerin die tenorierten Ansprüche zu, weil die angegriffenen Geräte die technische Lehre des Klagepatents mittelbar wortsinngemäß verwirklichen und die Beklagten diese durch den unstreitigen Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland unberechtigt und schuldhaft genutzt haben.

A.
Die Klägerin ist zur Geltendmachung der zuerkannten Ansprüche aktivlegitimiert. Hinsichtlich der Ansprüche auf Schadenersatz und Rechnungslegung wegen in der Zeit seit ihrer Eintragung als Inhaberin des Klagepatents am 26. November 2007 bis zum Erlöschen des Klagepatents am 23. August 2009 begangener Handlungen ergibt sich das aus § 30 Abs. 3 S. 2 PatG, wonach die Klägerin als eingetragene Inhaberin berechtigt ist, die Ansprüche aus dem Klagepatent für die Zeit seit ihrer Eintragung im Patentregister vor Gericht geltend zu machen; dies umfasst den ihr selbst entstandenen und noch entstehenden Schaden. Für die Zeit vom 01. Juli 2006 bis zum 25. November 2007 kann die Klägerin grundsätzlich nur den Ersatz desjenigen Schadens verlangen, der der seinerzeit als Schutzrechtsinhaberin eingetragenen F Consumer Electronics Inc. durch in dieser Zeitspanne begangene Handlungen der Beklagten entstanden ist und noch entsteht.

Die hierzu notwendige Abtretung der Schadenersatzansprüche von der Vorgängerin auf die Klägerin ist in den als Anlagen rop 1 und rop 2 (deutsche Übersetzung Anlagen rop 1a und rop 2a) vorgelegten Vereinbarungen vom 06./09. Oktober 2003 und 06./24. Oktober 2003 erfolgt. Mit Vertrag vom 06./09. Oktober 2003 gemäß Anlage rop 1 (deutsche Übersetzung Anlage rop 1a) hat zunächst die Deutsche F A GmbH das Klagepatent an die F S.A. mit Sitz in Frankreich übertragen. In § 1 heißt es, dass „die Rechtstitel an den Patenten“ übertragen werden. Mit Vertrag vom 06./24. Oktober 2003 gemäß Anlage rop 2 (deutsche Übersetzung Anlage rop 2a) hat die F S.A. sodann das Klagepatent an die Klägerin übertragen. Dort heißt es in § 1, dass F ihre „sämtlichen Rechte, Titel und Interessen an den Patenten“ an die Klägerin verkauft und überträgt. In beiden Vollrechtsübertragungen ist – als Minus – die Abtretung von in der Zukunft evtl. entstehenden und bei der Übertragenden aus Rechtsgründen verbleibenden Schadensersatzsprüchen enthalten. Dass die Vertragsparteien einen solchen – aus ihrer Sicht unwahrscheinlichen – Fall vertraglich ausdrücklich regeln, war nicht zu erwarten. Er resultiert aus der den Vertragsparteien damals nicht bekannten Rechtsauffassung, dass nur der, der in die Rolle eingetragen ist, für die Zeit der Eintragung eigene Rechte geltend machen kann.

B.
Die angegriffenen Fernsehgeräte sind mit Magnetfeld-Kompensationsspulen ausgerüstet, die es erlauben, die technische Lehre des Klagepatentanspruches 1 wortsinngemäß zu verwirklichen.

1.)
Nach der einleitenden Erläuterung der Klagepatentschrift betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Kompensation des Erdmagnetfeldes in einer Bildröhre. Eine solche Kompensation ist erforderlich, da bei einem nicht beseitigten Einfluss des Erdmagnetfeldes auf eine Bildröhre erhebliche Qualitätseinbußen in Form von Farbreinheitsfehlern auftreten können.

Das Klagepatent beschreibt es als möglich, den Erdmagneteinfluss entweder durch eine sehr kostspielige und deshalb in der Praxis nicht verwendete Abschirmung oder durch Schaltanordnungen zu kompensieren. Letztere waren nach dem Stand der Technik in der Weise bekannt, dass an der Bildröhre eine Spule angebracht wird und die Bildwiedergabegeräte an ihrer Rückseite einen oder mehrere Schalter zur Einstellung von Strömen unterschiedlicher Größe und Richtung durch die genannte Kompensationsspule besitzen. Letztere ist zwischen eine Betriebsspannung und Erdpotential geschaltet. Ihr nachgeschaltet ist ein Strombegrenzungswiderstand, der mit Hilfe eines Schalters teilweise überbrückbar ist, wodurch zwei unterschiedlich große Stromstärken eingestellt werden können. Mittels eines zweiten Schalters können die beiden Enden der Kompensationsspule wechselweise an den Vorwiderstand und an das Erdpotential geschaltet werden, wodurch die Stromrichtung durch die Kompensationsspule umgekehrt oder auch ganz abgeschaltet werden kann.

Das Klagepatent beschreibt an dieser Anordnung zum einen als nachteilig, dass der durch die Kompensationsspule fließende Strom nur zwischen zwei festen Werten umgeschaltet werden kann. Bei diesen beiden Werten handelt es sich um die Betriebsspannung und das Erdpotential. Zum anderen wird als nachteilig angesehen, dass die allein vorgesehene Bedienung durch Schalter an der Rückseite des Geräts umständlich bzw. bei festem Einbau des Bildwiedergabegerätes, wie in z.B. eine Schrankwand, unmöglich ist.

Als Aufgabe der Erfindung stellt die Klagepatentschrift daher heraus, die dargestellten Nachteile zu beseitigen, es also zu ermöglichen, dass die Einstellung des Stroms durch die Kompensationsspule kontinuierlich und ohne umständliche Handhabung infolge einer rückwärtigen Bedienung des Gerätes vorgenommen werden kann.

Dieses Ziel wird mit der Erfindung dadurch erreicht, dass

• die Magnetfeldkompensation durch einen Fernsteuerkanal (d.h. die Fernbedienung des Gerätes) gesteuert wird und

• die Richtung des Gleichstroms durch die Kompensationsspule sowie die Höhe dieses Gleichstroms durch eine Veränderung der Spannung an einem Ende der Kompensationsspule bestimmt werden kann.

In seinem einzigen Anspruch sieht das Klagepatent hierzu die Kombination folgender Merkmale vor:

1. Verfahren zur Kompensation des Erdmagnetfeldes in einer Bildröhre eines fernsteuerbaren Fernsehempfängers mit Hilfe einer Kompensationsspule (5).

2. Im Fernsehempfänger ist für die Erzeugung einer Gleichspannung (US) ein Fernsteuerkanal des Fernsehempfängers vorgesehen.

3. Die Gleichspannung (US) ist
a) an die Kompensationsspule (5) angelegt,
b) zwischen dem Wert 0 und UB veränderbar.

4. Das andere Ende der Kompensationsspule (5) ist an eine stabile Spannung (UB/2) gelegt.

Besonderer Betrachtung bedürfen insoweit die Merkmale (2), (3b) und (4):

Ungeachtet der Terminologie in Merkmal (2), dass der Fernsteuerkanal „für die Erzeugung einer Gleichspannun„ vorgesehen ist, unterliegt es für den Fachmann keinem Zweifel, dass der Fernsteuerkanal nicht dazu bestimmt und auch nicht dazu in der Lage ist, eine Gleichspannung zu generieren. Er dient dazu, die Bereitstellung einer geeigneten Gleichspannung an der Kompensationsspule zu regeln. Die Fernsteuerung ersetzt die rückwärtigen Schalter aus dem Stand der Technik, was den Bedienungskomfort steigert.

Mit Blick auf die Merkmale (3b) und (4) mag auf erste Sicht der Gedanke naheliegen, dass der Wert „0“ das Erdpotential (0 Volt) meint, wie dies im besonderen Beschreibungstext für ein Ausführungsbeispiel veranschaulicht wird. Zu beachten ist jedoch, dass die Patentschrift die Wirkungsweise der erfindungsgemäßen Schaltung in Spalte 2 Zeilen 18 bis 26 allgemein mit der Bemerkung erläutert:

„Die Wirkungsweise der Schaltung ist derart, dass bei einem Pegel (Anmerkung: gemeint ist die Gleichspannung (US)) am Ausgang des Leistungsverstärkers 4 in der Größe von UB/2 kein Strom durch die Kompensationsspule 5 fließt*, ist die Spannung (Anmerkung: gemeint ist ebenfalls die Gleichspannung (US)) am Ausgang des Leistungsverstärkers 4 größer, so fließt je nach Potentialdifferenz ein Strom I + **, ist die Spannung (Anmerkung: gemeint ist wiederum die Gleichspannung (US)) am Ausgang kleiner, so fließt je nach Potentialdifferenz ein Strom I – *** durch die Kompensationsspule.“

In der zitierten Textstelle werden – stichwortartig – 3 Fallgestaltungen abgehandelt, die sich durch die Spannungsverhältnisse an den beiden Enden der Kompensationsspule unterscheiden. Für die Zwecke der nachstehenden Übersicht soll das „1. Ende“ der Spule dasjenige sein, an welches die veränderbare Gleichspannung (US) angelegt ist, während das „2. Ende“ dasjenige Ende der Kompensationsspule bezeichnet, welches mit einer stabilen Gleichspannung beaufschlagt ist:

* 1. Ende der Spule: UB/2
2. Ende der Spule: UB/2
Folge: kein Stromfluss

** 1. Ende der Spule: Spannung > UB/2
2. Ende der Spule: UB/2
Folge: Strom fließt von 1 nach 2

*** Ende 1 der Spule: Spannung < UB/2
Ende 2 der Spule: UB/2
Folge: Strom fließt von 2 nach 1

Ob ein positiver (I +) oder ein negativer (I -) Strom fließt, hängt definitionsgemäß davon ab, ob der eingestellte Spannungswert (US) oberhalb (I +) oder unterhalb (I -) von UB/2 liegt.

Aus den dargelegten Zusammenhängen erkennt der Fachmann, dass der Wert „0“ nicht für den absoluten Spannungswert 0 Volt steht, sondern die Untergrenze des am einen Spulenende vorzusehenden Spannungsbereichs repräsentiert. Dieser Unterwert muss definiert sein, weil nur so ein beiderseits geschlossenes Spannungsintervall erhalten wird, für das sich ein Mittelwert (UB/2) festlegen lässt, der auf der anderen Spulenseite fest anzulegen ist.

Die Erfindung beruht nach allem auf der Erkenntnis, dass sich durch die Wahl des Gleichspannungswertes (US) – stufenlos – Einfluss darauf nehmen lässt,

 ob überhaupt ein Strom durch die Kompensationsspule fließt (US # UB/2) oder nicht (US = UB/2)
 und in welcher Richtung dieser Strom fließt (I +, wenn US > UB/2; I -, wenn US < UB/2).

Für beide Effekte kommt es nicht darauf an, dass der Unterwert des Spannungsintervalls bei 0 Volt liegt; er kann genauso einen negativen Wert haben, sich von dort bis 0 Volt oder bis zu einem positiven Spannungswert erstrecken.

2.)
Die streitbefangenen Kompensationsspulen der mit einer Fernsteuerung ausgerüsteten Fernseher sind Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen und die nicht nur geeignet, sondern mit Wissen und Wollen der Beklagten dazu vorgesehen sind, das patentgeschützte Verfahren im Inland durchzuführen (§ 10 PatG). Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, dass es sich zumindest bei einem Teil derjenigen, die das Fernsehgerät in Betrieb nehmen und damit das erfindungsgemäße Verfahren in Gang setzen, um nach § 11 Nr. 1 PatG privilegierte Private handelt (§ 10 Abs. 3 PatG).

a) In Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen ist insbesondere – worüber die Parteien allein streiten – die Merkmalsgruppe (3) erfüllt, weil dort die Gleichspannung (US) von – 10 Volt bis + 10 Volt einstellbar ist.

Der feste Mittelwert (UB/2) liegt dementsprechend bei 0 Volt. Dass er durch die aufgeschalteten Widerstände R 166 und R 179 geringfügig beeinflusst wird, wobei sich eine Verschiebung auf maximal 1,38 Volt bzw. – 1,5 Volt ergibt, je nachdem, ob (US) positiv oder negativ ist, ist unschädlich. Auch die bevorzugten Ausführungsbeispiele des Klagepatents kennen Widerstände. Zu verweisen ist auf das Ausführungsbeispiel nach Figur 1 des Klagepatents und die dort mit den Bezugszeichen (6) und (7) versehenen Widerstände. Dass das identische Rechteck-Symbol neben beiden Bezugszeichen für einen Widerstand steht, entnimmt der Fachmann der Beschreibung des Ausführungsbeispiels 2 des Klagepatents in Spalte 2 Zeilen 40 bis 43, wo es heißt, dass eine Z-Diode (13) über einen Widerstand (14) mit der Gleichspannung (UB) verbunden ist. Das mit dem Bezugszeichen (14) versehene Symbol in Figur 2 entspricht dem mit den Bezugszeichen (6) und (7) versehenen Symbol in Figur 1. Dass das Klagepatent die Kombination der Widerstände (6) und (7) in Ausführungsbeispiel 1 als „Spannungsteiler“ bezeichnet (Spalte 2 Zeilen 15-16), steht dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Ein Spannungsteiler wird typischerweise durch die Reihenschaltung zweier ohmscher Widerstände beschrieben (vgl. Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Stichwort „Spannungsteiler“).

Auch unter technisch funktionellen Gesichtspunkten ist eine engherzige Auslegung nicht geboten. Wie eingangs dargelegt, wird die Kompensationsspule dadurch gesteuert, dass die variable Gleichspannung auf einen bestimmten Wert eingestellt wird, der entweder mit der festen Spannung am anderen Spulenende übereinstimmt, diesen Spannungswert unterschreitet oder überschreitet. Für diese Zwecke kommt es entscheidend darauf an, dass sich das Spannungsintervall, innerhalb dessen die Gleichspannung eingestellt werden kann, beiderseits des festen Spannungswertes (UB/2) erstreckt. Die Vorgabe (UB/2) soll dabei gewährleisten, dass unterhalb wie oberhalb des festen Spannungswertes ein prinzipiell gleicher Intervallabschnitt liegt, innerhalb dessen die Gleichspannung (US) variiert werden kann. Dem Fachmann leuchtet ein, dass es hierbei nicht auf eine gleichsam „millimetergenaue“ Gleichheit der Teilintervalle ankommt, sondern dass für die Funktionsfähigkeit der vorgesehenen Verfahrensführung völlig ausreicht, dass jenseits des festen Spannungswertes ungefähr gleich bemessene Variationsbereiche zur Verfügung stehen. Dies ist bei den angegriffenen Ausführungsformen trotz der sich durch die eingebauten Widerstände ergebenden Verschiebungen vom exakten Erdpotential der Fall.

b) Dass die angegriffenen Ausführungsformen über zwei Stromquellen verfügen, eine für die negative Spannung von – 10 Volt bis 0 Volt und eine für die positive Spannung von 0 Volt bis + 10 Volt, führt aus dem Schutzbereich des Klagepatents ebensowenig heraus. Mit der Anzahl der Stromquellen befasst sich das Klagepatent nicht. Vorausgesetzt ist nur, dass an die Kompensationsspule eine Gleichspannung angelegt wird, die am einen Ende der Spule variabel und am anderen Ende der Spule stabil ist. Auf welche Weise die notwendige veränderbare Gleichspannung bereit gestellt wird – ob hierzu
eine Stromquelle oder mehrere zum Einsatz kommen – liegt außerhalb der verfahrensmäßigen Anweisungen der Erfindung.

3.)
Aus der vorstehend dargelegten Schutzrechtsverletzung ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

Die Beklagten haben während der Laufzeit des Klagepatents entgegen Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 10 PatG eine patentierte Erfindung mittelbar benutzt. Sie haben gewusst und gewollt, dass die Kunden der streitbefangenen Fernsehgeräte die Kompensationsspule mithilfe der Fernbedienung in der patentgemäßen Weise bedienen, um etwaige Störeinflüsse durch das Erdmagnetfeld auszugleichen.

Nach Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG haben die Beklagten deshalb der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aus den patentverletzenden Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird bzw. bzgl. der Zeit vor der Umschreibung des Klagepatentes im Patentregister auch den Schaden, der der vormaligen eingetragenen Patentinhaberin aus den in der Zeit ihrer Eintragung begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird. Die Beklagten haben das Klageschutzrecht schuldhaft verletzt, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 S. 2 BGB. Hätten sie, wie dort von ihnen verlangt, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet, hätten sie bei rechtlich zutreffender Beratung ohne Schwierigkeiten feststellen können, dass die angegriffenen Gegenstände das Klageschutzrecht verletzen, das ihnen aus der bisherigen lizenzvertraglichen Beziehung zur Klägerin bekannt war.

Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz zunächst dem Grunde nach feststellen zu lassen, statt auf Leistung zu klagen. Das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ist hinreichend wahrscheinlich, beziffern kann die Klägerin ihre daraus resultierenden Ansprüche jedoch erst, wenn die Beklagten über den Umfang ihrer patentverletzenden Handlungen Rechnung gelegt haben. Dass die Klägerin und auch deren Rechtsvorgängerin durch die patentverletzenden Handlungen der Beklagten geschädigt worden sind, ist hinreichend wahrscheinlich. Denn es ist plausibel, dass es im Anschluss an die mittelbar patentverletzenden Handlungen der Beklagten zu unmittelbar patentbenutzenden Handlungen der Abnehmer gekommen ist.

Steht die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz dem Grunde nach fest, so entspricht es Treu und Glauben (§ 242 BGB), dass sie der Klägerin über den Umfang ihrer Verletzungshandlungen Rechnung legen. Die Klägerin ist auf diese Angaben angewiesen, um ihre Schadenersatzansprüche berechnen und beziffern zu können, weil sie ohne eigenes Verschulden das Ausmaß der patentverletzenden Handlungen der Beklagten nicht kennt. Dem gegenüber werden die Beklagten durch die ihnen abverlangten und auch ohne Schwierigkeiten erteilbaren Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Gemäß § 140b PatG haben die Beklagten ferner über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind. Wegen des weitergehenden Begehrens der Klägerin war die Klage abzuweisen.

C.
Eine Aussetzung der Verhandlung bis zur (rechtskräftigen) Entscheidung in dem das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsverfahren (§ 148 ZPO) kommt nicht in Betracht. Das Vorbringen der Beklagten lässt nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erwarten, dass das Klagepatent für nichtig erklärt werden wird (vgl. Senat, Mitt 1997, 257 – Steinknacker). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass wegen des zwischenzeitlichen Ablaufs des Klagepatents zwar kein Unterlassungsanspruch mehr im Raum steht, dass jedoch, weil das Landgericht die Klage in erster Instanz zu Unrecht abgewiesen hat, im Grundsatz diejenigen strengen Aussetzungsregeln gelten, die im landgerichtlichen Verfahren maßgeblich sind.

1.)
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Klagepatent nicht über den Inhalt der Ursprungsanmeldung unzulässig erweitert. Davon könnte nur gesprochen werden, wenn sich die im Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte technische Lehre aus dem Offenbarungsgehalt der gesamten Anmeldungsunterlagen nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen ließe (BGH, GRUR 2010, 910 – Fälschungssicheres Dokument). Davon kann keine Rede sein.

Soweit die die Beklagten darauf verweisen, dass nach der Anspruchsformulierung der Anmeldeschrift „die Spannung (US) zur Speisung der Kompensationsspule (5) über einen Fernsteuerkanal des Bildwiedergabegerätes erzeugt wird“, während im erteilten Patentanspruch „ein Fernsteuerkanal des Fernsehempfängers für die Erzeugung einer Gleichspannung (US) im Fernsehempfänger vorgesehen“ ist, wobei „die (erzeugte) Gleichspannung an die Kompensationsspule gelegt ist“, besagen beide Formulierungen technisch dasselbe. Vor dem Hintergrund der inhaltlich gleichlautenden Patentbeschreibung, namentlich der übereinstimmenden allgemeinen Erläuterung der Funktions- und Wirkungsweise der Erfindung, bedeuten sie aus der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsfachmanns, dass es die Fernbedienung des Fernsehgerätes ist, die die am einen Ende der Kompensationsspule anliegende Gleichspannung (US) regelt.

Dass die Fernsteuersignale digitaler Natur sein und über einen Digital-Analog-Wandler gewonnen werden können, war im Anmeldetext Gegenstand des abhängigen Unteranspruchs 2. Schon daraus folgt, dass die betreffende (bloß bevorzugte und damit fakultative) Verfahrensvariante im Zuge des Erteilungsverfahrens nicht in den Hauptanspruch übernommen werden musste.

Unteranspruch 3 der Patentanmeldung enthält die Vorgabe, dass „die Kompensationsspule (5) mit ihrem einen Ende an eine stabilisierte Gleichspannung (UB/2 Volt) gelegt ist und mit ihrem anderen Ende mit der Spannung (US) verbunden ist“. Der Sache nach kommt darin der (erste) kennzeichnende Teil des Patentanspruchs zum Ausdruck, wonach am einen Ende der Kompensationsspule die Betriebsspannung (US) und am anderen Ende der Spule die stabile Spannung (UB/2) anliegen soll. Die zur näheren Umschreibung der letztgenannten Spannung gebrauchten Begriffe „stabile“ (Patentschrift) und „stabilisierte“ (Anmeldeschrift) sind vor dem Hintergrund der näheren Erläuterungen in der Patentbeschreibung, die sich insbesondere zur Wirkungsweise der neuerungsgemäßen Schaltung verhalten, Synonyme. Nichts anderes gilt im Hinblick darauf, dass Unteranspruch 4 der Patentanmeldung vorsieht, dass die Gleichspannung (US) aus den Fernsteuersignalen erzeugt wird und kontinuierlich zwischen den Werten 0 Volt und UB Volt veränderbar ist. Diese Anweisung beinhaltet den (zweiten) Teil des Kennzeichens der Erfindung, wonach die Spannung (US) zwischen dem Wert 0 und UB variiert werden kann. Zwar greift die erteilte Fassung des Patentanspruchs das der Zahl 0 beigefügte Wort „Volt“ nicht auf. Dies ist jedoch unschädlich, weil der Fachmann anhand der allgemein beschreibenden Aussagen zur Funktionsweise der Spulensteuerung unschwer erkennt, dass mit „0 Volt“ keine fixe, auf Erdpotential liegende Spannung gemeint ist, sondern der untere Wert eines Spannungsintervalls, innerhalb dessen die Betriebsspannung verändert werden kann. (US). Dass die Einstellung der Spannung (US) am einen Ende der Kompensationsspule mithilfe der Fernbedienung erfolgt, ist – entgegen der anderslautenden Behauptung der Beklagten – Gegenstand der erteilten Anspruchsfassung geworden (vgl. Merkmal 2).

2.)
Die EP 0 284 449 ist lediglich bei der Neuheitsprüfung zu berücksichtigen, weil es sich um eine zwar prioritätsältere, aber nachveröffentlichte Entgegenhaltung handelt. In ihr wird eine Fernsteuerung – unstreitig – nicht erwähnt. Zu Unrecht meinen die Beklagten, sie werde vom Fachmann „mitgelesen“, weil eine Bedienung der Kompensationseinrichtung nur möglich sei, wenn gleichzeitig das Fernsehbild betrachtet werden könne, was nicht möglich sei, wenn ein rückwärtiger Schalter für die Stromstärke und die Stromrichtung betätigt werden müsse. Dem ist entgegen zu halten, dass die Druckschrift (Seite 5, 1. und 2. Absatz) ausdrücklich erwähnt, dass Stromrichtung und Stromstärke für die Kompensationsspule durch eine Steuereinheit eingestellt werden, die im Fernsehgerät installiert ist. Angesichts des im Klagepatent erörterten, zum damaligen Zeitpunkt gängigen Standes der Technik mit rückwärtigen Schaltern kann der Fachmann für die von der EP 0 284 449 vorgeschlagene Steuereinheit nur eine Bedienung mittels der damals gebräuchlichen rückwärtigen Schalter erwägen. Jedes andere Verständnis liefe auf eine unzulässige, weil rückschauende Interpretation in Kenntnis der Erfindung hinaus.

3.)
Durchgreifende Bedenken gegen die Erfindungshöhe sind ebenfalls nicht auszumachen.

Die DE 36 03 476 zeigt eine Kompensationsspule (7), bei welcher der durchfließende Strom zwar von Hand variiert werden kann. In die Gleichstromzuleitung zur Spule ist jedoch eine Umpolvorrichtung (9) zwischengeschaltet, die dazu dient, die Durchlassrichtung des Gleichstromes umzukehren. Dies bedeutet, dass der Gleichstrom (unter der Wirkung der Umpolvorrichtung) entweder an das eine oder an das andere Ende der Kompensationsspule geführt wird. Mit dem Gegenstand der Erfindung hat diese Offenbarung keine Gemeinsamkeiten. Das Klagepatent beruht – in völligem Gegensatz zur DE 36 03 476 – gerade darauf, dass an das eine Spulenende immer ein veränderbarer Gleichstrom (US) und an das andere Spulenende immer ein stabiler Gleichstrom (UB/2) geführt wird.

Die DE 28 09 725 und die Veröffentlichung von Tietze, Halbleiterschaltungstechnik vermögen die Lehre des Klagepatents für einen Durchschnittsfachmann ebenfalls nicht nahezulegen. Bei ihnen wird der Kompensationsstrom nicht vom Benutzer variiert, sondern stellt sich nach Maßgabe einer Messspule ein, wobei Größe, Phase und Form der durch das Störfeld erzeugten Maßgröße maßgeblich sind.

Soweit sich die Beklagten schließlich auf die US 4 296 359 stützen, liegt – entgegen dem ausdrücklichen Hinweis in Ziffer 5a) der Ladungsverfügung – keine deutsche Übersetzung vor. Schon deswegen ist die Schrift nicht geeignet, eine Vernichtungswahrscheinlichkeit für das Klagepatent zu begründen.

III.

1.)
Die Parteien haben gemäß §§ 91a Abs. 2, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO die Kosten des Rechtsstreits anteilig zu tragen. Soweit sie in der Berufungsinstanz den Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, sind die diesbezüglichen Kosten den Beklagten aufzuerlegen, weil der Klägerin – wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt – bis zum Ablauf des Klagepatents ein Unterlassungsanspruch nach Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 10, 139 Abs. 1 PatG zustand. Da keine patentfreie Verwendungsmöglichkeit der Kompensationsspule erkennbar ist, stand der Klägerin während der Laufzeit des Klagepatents ein Anspruch auf Verhängung eines Schlechthinverbotes zu.

2.)
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Vollstreckungsschutzanträge der Beklagten sind unbegründet.

Aus Artikel 14 Abs. 1 GG lässt sich nicht herleiten, dass hinsichtlich der Vollstreckung einer Verpflichtung zur Auskunftserteilung wegen Patentverletzung vor Rechtskraft des Verletzungsurteils die Interessen des als Patentverletzer verurteilten Vollstreckungsschuldners Vorrang haben. Das Recht des Verletzers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb mag zwar von der Eigentumsgarantie des Artikels 14 GG erfasst werden, die Eigentumsgarantie steht jedoch nach Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GG unter Gesetzesvorbehalt. Zu den diesen Vorbehalt ausfüllenden Gesetzen gehören auch die Vorschriften der §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO, die die vorläufige Vollstreckbarkeit oberlandesgerichtlicher Urteile regeln und auch solche wegen Patentverletzung umfassen. Sie sind getragen von dem Rechtsgedanken, dass die Interessen des zweitinstanzlich obsiegenden Vollstreckungsgläubigers stets Vorrang haben, indem ein oberlandesgerichtliches Urteil für ihn ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist und der Schuldner seinerseits Sicherheit leisten muss, um die Vollstreckung abwenden zu können. Der Gesetzgeber geht von einer erhöhten Richtigkeitsgewähr von Urteilen aus, deren Streitgegenstand in aller Regel in zwei Instanzen sorgfältig überprüft worden ist. Im Patentverletzungsrechtsstreit gelten insoweit keine abweichenden Besonderheiten.
Bei einer Vollstreckung von Rechnungslegungsansprüchen wegen Patentverletzung treffen zwei Rechtspositionen aufeinander, die Gegenstand der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie sind, denn nicht nur das Recht des als Patentverletzer Verurteilten am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, sondern auch das geistige Eigentum des Erfinders, das sich in gewerblichen Schutzrechten verkörpert, genießt Verfassungsrang im Sinne des Artikels 14 Abs. 1 GG. Dieses Zusammentreffen ist ein weiterer Grund dafür, den Interessen des verletzten – erst recht des in zweiter Instanz obsiegenden – Schutzrechtsinhabers grundsätzlich Vorrang vor den Interessen des als Verletzer Verurteilten einzuräumen, der in fremde Schutzrechte eingegriffen und auf diese Weise das Eigentum ihres Inhabers verletzt hat, und ihn allenfalls in ganz besonderen Ausnahmefällen vor den mit einer Verurteilung wegen Patentverletzung regelmäßig verbundenen und vom Gesetz auch so angeordneten Konsequenzen zu bewahren.
Irgendwelche Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen eines derartigen außergewöhnlichen Ausnahmefalles ergeben könnte – etwa konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die im Rahmen der Rechnungslegung erlangten Kenntnisse für sachfremde Zwecke missbrauchen könnte – haben die Beklagten nicht dargelegt. Dass die Auskunft und Rechnungslegung in Bezug auf die Kundenbeziehungen als Betriebsgeheimnis geschützte Daten des Verletzers enthalten kann und ihre Herausgabe deshalb für ihn unangenehm oder der Vollstreckungsgläubiger Wettbewerber des Vollstreckungsschuldners ist, sind Umstände, die regelmäßig bei einem Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch wegen Patentverletzung vorliegen und in Kenntnis dessen vom Gesetzgeber auch so angeordnet.
Es hätte nicht einmal Veranlassung bestanden, unter den gegebenen Umständen die Zwangsvollstreckung aus einem der Klage stattgebenden erstinstanzlichen Urteil einzustellen; erst recht wäre ein solcher Anlass nicht gegeben, wenn zur Entscheidung stünde, ob die Zwangsvollstreckung aus einem oberlandesgerichtlichen Urteil unter den von den Beklagten vorgetragenen Gegebenheiten eingestellt werden sollte. Daher besteht keine Veranlassung, entgegen den gesetzlichen Bestimmungen den Auskunfts- und Rechnungslegungsausspruch von der vorläufigen Vollstreckbarkeit nach den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO auszunehmen; auch für eine Vollstreckungsschutzanordnung gemäß § 712 ZPO fehlt es an jedem Vortrag und jeder Glaubhaftmachung der Beklagten.

3.)
Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht gegeben sind. Die Rechtssache betrifft eine reine Einzelfallentscheidung, die weder entscheidungserhebliche Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung aufwirft und auch nicht aus Gründen der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.