2 U 12/07 – Walzgerüst

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1542

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 17. März 2011, Az. 2 U 12/07

I.
Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten zu 1. gegen das am 23. Januar 2007 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf werden zurückgewiesen.

II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. tragen die Klägerin zu 91 % und die Beklagte zu 1. zu 9 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. trägt die Klägerin.

III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.200.000,– € festgesetzt, wobei auf die Berufung der Klägerin ein Teilbetrag von 2.000.000,– € und auf die Anschlussberufung der Beklagten zu 1. ein Teilbetrag von 200.000,– € entfällt.

G r ü n d e :

I.

Die Klägerin ist seit dem 22.02.2006 eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents 0 597 XXX, das eine Priorität vom 15.10.1992 in Anspruch nimmt und dessen Erteilung am 20.12.1995 im Patentblatt bekannt gemacht wurde. Das Klagepatent, dessen vormalige Inhaberin die SMS A AG (eine Schwestergesellschaft der Klägerin) war, steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Eine von der Beklagten zu 2. erhobene Nichtigkeitsklage hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 07.09.2010 (GRUR 2011, 37 – Walzgerüst) abgewiesen. Anspruch 1 des Klagepatents lautet in deutscher Verfahrenssprache wie folgt:

Walzgerüst mit in zwei zueinander parallelen Walzenständern (3, 4), von denen der bedienungsseitige Walzenständer (4) von dem anderen Walzenstände (3) wegbewegbar ist, anstellbar gelagerten Walzen, insbesondere Universal-Walzgerüst (1) mit Horizontalwalzen (5, 6) und in Kassetten (7) angeordneten vertikalen Walzen (7),

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,

dass ein mit dem bedienungsseitigen Walzenständer (3) wegbewegbarer Wechselrahmen (13) die Walzen (5, 6; 7) aufnimmt.

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 bis 3 der Klagepatentschrift) verdeutlichen den Gegenstand der Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels, wobei Figur 1 die im Walzbetrieb gegebene Anordnung zeigt, bei der sich das Walzgerüst in der Walzstraße befindet und der Wechselrahmen zwischen den beiden Walzenständern eingespannt ist.

Figur 2 zeigt eine Anordnung nach Beginn des Walzenwechsels, bei der der bedienungsseitige Walzenständer zusammen mit dem Wechselrahmen seitlich aus der Walzstraße herausgefahren ist,

während Figur 3 eine Anordnung verdeutlicht, bei der sich im weiteren Verlauf des Walzenwechsels auch der bedienungsseitige Walzenständer vom Wechselrahmen entfernt hat, um den Wechselrahmen mittels eines Krans beiseite zu schaffen.

Am 09.06.2005 fand in B eine vom Verein Deutscher D e.V. organisierte Seminarveranstaltung statt, an der u.a. Mitarbeiter der Unternehmen E, Salzgitter F, G Spundwand, H Krefeld, I + J und K teilnahmen. Referent bei dem besagten Seminar war ein Mitarbeiter der Beklagten zu 1., der im Rahmen seiner Ausführungen eine mehr als 40 Slides umfassende Powerpoint-Präsentation vortrug, die in Papierform als Anlage K 7 vorliegt. Auf dem Eingangsslide der Präsentation, welche in gedruckter Form an die Teilnehmer verteilt wurde, befindet sich in kleiner Schrift der Hinweis: „This document containes proprietary information of Danieli & C..S.p.A., not disclosable, not reproducible. All Rights Reserved.“ In der Unterlage ist das Walzgerüst „Stand Core L“ mit verschiedenen Abbildungen beschrieben.

Aufbau und Funktionsweise des genannten Walzgerüsts zeichnen sich – wie die nachfolgende Einblendung verdeutlicht –

dadurch aus,

– dass die Walzenständer zum Walzenwechsel mit dem zwischen ihnen sandwichartig eingespannten Wechselrahmen seitlich aus der Walzlinie auf eine Austragstraße bewegt werden,

– dass, nachdem das Walzgerüst seine Position jenseits der Walzstraße erreicht hat, sich der antriebsseitige und der bedienungsseitige Walzenständer in jeweils entgegengesetzte Richtungen von dem Wechselrahmen entfernen, so dass der Wechselrahmen von den Walzenständern frei kommt,

– dass der Wechselrahmen infolge dessen mit Hilfe eines Krans oder dergleichen gegen einen anderen Wechselrahmen (mit abweichend dimensionierten Walzen) ausgetauscht werden kann,

– woraufhin die beiden Walzenständer wieder an den Wechselrahmen heran fahren und

– das Walzgerüst (mit seinem neuen Wechselrahmen) sich alsdann erneut geschlossen in die Walzstraße bewegt, die daraufhin ihren Betrieb fortsetzen kann.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Walzgerüst „Stand Core L“ wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Sie nimmt deshalb die Beklagten – die Beklagte zu 2. als angebliche Herstellerin des angegriffenen Walzgerüstes – wegen Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung ihrer Schadenersatzpflicht in Anspruch.

Vor dem Landgericht hat die Beklagte zu 1. die internationale Zuständigkeit ebenso bestritten wie ihre Passivlegitimation. Sie – die Beklagte zu 2. – habe die Präsentation während der Seminarveranstaltung weder veranlasst noch von ihr gewusst. Ohnehin habe es sich um einen rein wissenschaftlichen Meinungsaustausch gehandelt, der – auch für die Beklagte zu 1. – keine patentrechtlich relevante Benutzungshandlung begründen könne. Das gezeigte Walzgerüst „Stand Core L“ unterfalle auch nicht dem Schutzbereich des Klagepatents, welches verlange, dass der antriebseitige Walzenständer ortsfest in der Walzstraße verbleibe und sich der Wechselrahmen nur mit dem bedienungsseitigen Walzernständer entferne.

In Bezug auf die zum Nachweis des Verletzungsvorwurfs von der Klägerin als Anlage K 7 vorgelegte Powerpoint-Präsentation der Seminarveranstaltung vom 09.06.2005 hat die Beklagte zu 1. Widerklage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass es sich um ein urheberrechtsfähiges Werk handele, welches die Klägerin rechtswidrig vervielfältigt und durch Einreichung bei Gericht verbreitet habe. Außerdem liege ein Wettbewerbsverstoß vor, weil sie – die Beklagte zu 1. – durch die Einleitung des offensichtlich unbegründeten Verletzungsverfahrens als Mitbewerberin der Klägerin behindert werde. Von der Klägerin begehrt sie deshalb, es zu unterlassen, die grafischen Darstellungen gemäß Anlage K 7 zu vervielfältigen, zu verbreiten oder diese Handlungen durch Dritte ausführen zu lassen, sämtliche Originaldokumente und/oder Kopien der Anlage K 7 herauszugeben, Auskunft über die bereits begangenen Vervielfältigungs- und Verbreitungshandlungen zu erteilen, die Schadenersatzverpflichtung der Klägerin festzustellen sowie auszusprechen, dass die Anlage K 7 im vorliegenden Verletzungsprozess einem Verwertungsverbot unterliegt.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht Klage und Widerklage abgewiesen. Es hat in Bezug auf die Beklagte zu 2. zwar seine internationale Zuständigkeit gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO angenommen, eine Benutzung des Klagepatents jedoch verneint, weil dessen technische Lehre dahin gehe, den Wechselrahmen zusammen mit dem bedienungsseitigen Walzenständer von dem ortsfest in der Walzstraße verbleibenden antriebseitigen Walzenständer zu lösen. Derartiges finde bei der angegriffenen Ausführungsform unstreitig nicht statt. Mangels Gleichwirkung komme auch keine äquivalente Benutzung des Klagepatents in Betracht. Die zulässige Widerklage der Beklagten zu 1. sei gleichfalls unbegründet. Urheberrechtliche Ansprüche kämen schon deshalb nicht in Betracht, weil als Urheber nur eine natürliche Person in Frage komme, die Beklagte zu 1. jedoch nicht dargetan habe, wer Urheber der Powerpoint-Präsentation sei. Darüber hinaus könne sich die Klägerin auf § 45 Abs. 1 UrhG berufen, der es ausdrücklich gestatte, einzelne Vervielfältigungsstücke von urheberrechtlich geschützten Werken herzustellen, wenn dies zur Verwendung in einem Gerichtsverfahren geschehe, was vorliegend der Fall sei. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche kämen gleichfalls nicht zum Tragen. Es fehle bereits an einer Wettbewerbshandlung. Während eines schwebenden Gerichtsverfahrens könne ein Mitbewerber nicht mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts davon abgehalten werden, dasjenige vorzutragen und vorzulegen, was er für die Zwecke seiner Rechtsverfolgung für erheblich halte. Für die Anordnung eines Verwertungsverbotes im Hinblick auf Anlage K 7 fehle es an einem Feststellungsinteresse. Da die behauptete Patentverletzung nicht vorliege, stehe eine Verwertung der Präsentation zu Lasten der Beklagten zu 1. nicht im Raum.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr in erster Instanz erfolglos gebliebenes Begehren weiter. Nirgends besage das Klagepatent, dass der antriebseitige Walzenständer ortsfest in der Walzstraße zu verbleiben habe. Bei zutreffender Auslegung werde der Forderung nach einer Wegbewegbarkeit des bedienungsseitigen Walzenständers von dem antriebseitigen Walzenständer vielmehr bereits dadurch entsprochen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform eine derartige Bewegung in dem Moment stattfinde, in dem beide Walzenständer sich in entgegengesetzter Richtung vom Wechselrahmen entfernen, um diesen freizugeben. Soweit Patentanspruch 1 verlange, dass sich der Wechselrahmen mit dem bedienungsseitigen Walzenständer wegbewegen könne, sei auch dem bei der angegriffenen Ausführungsform dadurch genügt, dass das gesamte Walzgerüst aus der Walzstraße seitlich verfahren werde. Da zu dem Walzgerüst auch der bedienungsseitige Walzenständer gehöre, sei ohne Weiteres die Feststellung gerechtfertigt, dass der Wechselrahmen – nicht allein, aber eben auch – mit dem bedienungsseitigen Walzenständer wegbewegbar sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 23.01.2007 abzuändern und

I.
die Beklagten zu verurteilen,

1.
es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,– € für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,

Walzgerüste mit in zwei zueinander parallelen Walzenständern, von denen der bedienungsseitige Walzenständer von dem anderen Walzenständer wegbewegbar ist, anstellbar gelagerten Walzen,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, einzuführen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,

a)
bei denen ein mit dem bedienungsseitigen Walzenständer wegbewegbarer Wechselrahmen die Walzen aufnimmt,

b)
hilfsweise,
bei denen ein Wechselrahmen die Walzen aufnimmt und mit dem bedienungsseitigen Walzenständer wegbewegbar ist und die notwendige Abstützung des Wechselrahmens am bedienungsseitigen Walzenständer durch den von der Antriebsseite weg bewegbaren anderen Walzenständer erfolgt und dieser Bestandteil der wegbewegbaren Einheit von Wechselrahmen und bedienungsseitigem Walzenständer ist;

2.
ihr (der Klägerin) darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 20.01.1996 begangen haben,

und zwar unter Angabe

a)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
–preisen, Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

b)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen, Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

II.
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr (der Klägerin) allen Schaden zu ersetzen, der ihr und der früheren Inhaberin des deutschen Teils des Europäischen Patents 0 597 XXX durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 20.01.1996 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 1. hat außerdem Anschlussberufung eingelegt, mit der sie ihr vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes Widerklagebegehren weiterverfolgt.

Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 23.01.2007 abzuändern und

I.
die Klägerin zu verurteilen,

1.
es bei Meidung der – näher bezeichneten – Ordnungsmittel zu unterlassen,

grafische Darstellungen gemäß den Abbildungen wie in Bl. 349 bis 395 der Gerichtsakte (entspricht Anlage K 7) zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder diese Handlungen durch Dritte ausführen zu lassen;

2.
sämtliche Originaldokumente und/oder Kopien gemäß Ziff. 1. an sie (die Beklagte zu 1.) herauszugeben,

3.
Auskunft zu erteilen über die Anzahl der hergestellten oder verbreiteten grafischen Darstellungen gemäß Ziff. 1. sowie unter Angabe der Adressen von Empfängern dieser Darstellungen und unter Angabe des Namens und der Adresse des Vorbesitzers dieser Darstellung, von dem die Klägerin diese erhielt;

II.
festzustellen,

1.
dass die Klägerin verpflichtet ist, ihr (der Beklagten zu 1.) allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus Handlungen gemäß Ziff. I. 1. entstanden ist oder künftig entstehen wird,

2.
dass das Dokument gemäß Anlage K 7 im vorliegenden Patentverletzungsverfahren einem Verwertungsverbot unterliegt.

Die Beklagte zu 1. wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen zur Widerklage. Mit Blick auf die urheberrechtlichen Ansprüche macht sie geltend, dass die gemäß Anlage K 7 vorgelegte Powerpoint-Präsentation von G. M (Vizepräsident der Danieli N) sowie Jörg O (Excecutive Manager bei der Danieli N) bearbeitet worden sei. Beide Personen hätten aufgrund ihres Arbeitsvertrages sämtliche Rechte auf die Beklagte zu 2. übertragen, die dies angenommen habe. Die damit vollzogene inhaltlich unbeschränkte Rechtsübertragung entspreche überdies der gesetzlichen Ausgestaltung im italienischen Rechtssystem. Die Beklagte zu 2. habe sämtliche urheberrechtlichen Nutzungsrechte an der Präsentation, das Eigentumsrecht, die Herausgabeansprüche sowie Schadenersatzansprüche, d.h. alle Rechte an, aus und im Zusammenhang mit der Anlage K 7, auf sie – die Beklagte zu 1. – übertragen. Mit Schriftsatz vom 13.01.2011 hat die Beklagte zu 1. vorsorglich darauf hinweisen lassen, dass die beiden Urheber, sollten sie aus irgendwelchen Gründen noch Inhaber urheberrechtlicher Nutzungsrechte sein, „diese hiermit und mit rückwirkender Kraft inhaltlich unbeschränkt auf die Beklagte zu 2. übertragen“.

Die Klägerin beantragt,

die Anschlussberufung der Beklagten zu 1. zurückzuweisen.

Sie hält die Anschlussberufung für unzulässig und verteidigt darüber hinaus das landgerichtliche Urteil, soweit es die Widerklage abgewiesen hat.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten zu 1. sind zulässig. Sie bleiben jedoch in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Verletzungsklage abgewiesen, weil das angegriffene Walzgerüst „Stand coree L“ weder wortsinngemäß noch äquivalent von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Hinsichtlich der Widerklage hat es ebenfalls zutreffend urheberrechtliche, eigentumsrechtliche und wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Beklagten zu 1. verneint und zu Recht keinen Anlass für ein Verwertungsverbot hinsichtlich der Präsentation nach Anlage K 7 gesehen.

A.
Berufung der Klägerin

Das Rechtsmittel der Klägerin ist unbegründet.

1.
Allerdings ist die – auch im Berufungsverfahren von Amts wegen zu prüfende – internationale Zuständigkeit bezüglich der in Italien ansässigen Beklagten zu 2. nicht zu verneinen. Sie ergibt sich jedenfalls aus Art. 24 EuGVVO. Die Vorschrift besagt, dass ein an sich unzuständiges Gericht zuständig wird, wenn die Beklagte vor ihm rügelos verhandelt. Exakt so liegt der Fall hier. Zwar hat die Beklagte zu 2. in erster Instanz eine Zuständigkeitsrüge erhoben, die sie jedoch im Berufungsrechtszug nicht mehr wiederholt. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 27.06.2007 – X ZR 15/05), dass von einem rügelosen Verhandeln zur Hauptsache auszugehen ist, wenn sich der Beklagte in der Berufungsinstanz zur Sache einlässt, selbst wenn er in erster Instanz die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts bestritten hat, diese Rüge im Berufungsverfahren jedoch nicht erneuert.

2.
Das Klagepatent betrifft ein Walzgerüst mit zwei zueinander parallelen Walzenständern sowie einem dazwischen angeordneten Wechselrahmen, in dem Walzen anstellbar gelagert sind.

Wie die Klagepatentschrift einleitend erläutert, ist aus der WO-A-88/06930 ein
– gattungsgemäßes – Walzgerüst bekannt, bei dem die Walzen in einem Wechselrahmen gehaltert sind, der auf einem Tisch aufsitzt und in zwei verfahrbaren Walzenständern angeordnet ist. Zum Walzenwechsel werden die Walzenständer auseinander gefahren, so dass der Wechselrahmen und die darin gehaltenen Walzen durch einen Deckenlaufkran vom Tisch abgehoben und durch einen anderen Wechselrahmen ersetzt werden können.

Ausgehend hiervon gibt das Klagepatent als der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe an, bei einem Walzgerüst den Walzenwechsel weiter zu vereinfachen und die Stillstandzeiten der Walzstraße beim Walzenwechsel zu verringern.

Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Patentanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Das Walzgerüst hat zwei zueinander parallele Walzenständer (3, 4).

(2) Der bedienungsseitige Walzenständer (4) ist von dem anderen Walzenständer (3) wegbewegbar.

(3) In den Walzenständern (3, 4) sind Walzen (5, 6; 7) anstellbar gelagert.

(4) Ein Wechselrahmen (13)

(a) nimmt die Walzen (5, 6; 7) auf und

(b) ist mit dem bedienungsseitigen Walzenständer (4) wegbewegbar.

3.
Von der vorbeschriebenen technischen Lehre macht das angegriffene Walzgerüst keinen Gebrauch.

Zwar ist der Senat in seinem Aussetzungsbeschluss vom 15.05.2008 aus den dort näher dargelegten Gründen noch von einer wortsinngemäßen Patentverletzung ausgegangen. Daran kann jedoch angesichts des zwischenzeitlich ergangenen Nichtigkeitsberufungsurteils des BGH vom 07.09.2010 nicht mehr festgehalten werden.
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein Zulassungsgrund für eine Nichtzulassungsbeschwerde und ein sich daran anschließendes Revisionsverfahren vor, wenn der im Verletzungsprozess relevante Patentanspruch im abgeschlossenen Nichtigkeitsverfahren eine abweichende Auslegung erfahren hat und das dortige Verständnis zu einer anderen als der getroffenen Entscheidung über die Verletzungsklage zwingt (BGH, GRUR 2010, 858 – Crimpwerkzeug III). Zulassungsgrund ist in einer solchen Konstellation die Divergenz in der Patentauslegung und die damit gebotene Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof. Wird das Nichtigkeitsverfahren erst nach Ablauf der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beendet, ist der betroffenen Partei sogar Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, damit sie den entsprechenden Sachverhalt nachträglich in das Zulassungsverfahren einführen kann (BGH, GRUR 2010, 858 – Crimpwerkzeug III). Für einen bei Abschluss des Nichtigkeitsberufungsverfahrens noch in einer Tatsacheninstanz laufenden Verletzungsprozess bedeutet dies de facto, dass das Verletzungsgericht, um keinen Zulassungsgrund zu schaffen, gehalten ist, seiner Beurteilung diejenige Auslegung der Anspruchsmerkmale zugrunde zu legen, die das Nichtigkeitsberufungsurteil vorgibt. Zwar betont der Bundesgerichtshof, dass es auch in der geschilderten Situation Sache des Tatrichters sei, die Patentauslegung als Akt der Rechtsanwendung eigenverantwortlich vorzunehmen. Wenn jedoch die Revisionszulassung erklärtermaßen darauf abzielt, im Verletzungsprozess demselben Verständnis der Anspruchsmerkmale Geltung zu verschaffen, wie sie der Nichtigkeitsentscheidung entspricht, mag es zwar rechtstheoretisch möglich sein, erweist es sich in jedem Fall aber als im Ergebnis sinnlos, eine abweichende Patentauslegung vorzunehmen, von der absehbar ist, dass sie der Bundesgerichtshof im anschließenden Revisionsverfahren im Sinne seiner Auslegung verwerfen wird (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2010 – X ZR 193/03 – Crimpwerkzeug IV).

Das im Nichtigkeitsberufungsurteil vom 07.09.2010 zum Ausdruck kommende Verständnis vom Inhalt der Merkmalsgruppe (4) lässt keinen Raum mehr für die Annahme, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatentes Gebrauch. Nach den Darlegungen des BGH geht die im Patentanspruch 1 des Klagepatentes niedergelegte Erfindung nämlich dahin, den die Walzen aufnehmenden Wechselrahmen zusammen mit dem bedienungsseitigen Walzenständer von dem antriebseitigen Walzenständer weg in eine Zwischenposition zu verfahren, so dass der Wechselrahmen von dem antriebseitigen Walzenständer gelöst ist (vgl. Rdnrn. 13, 18, 31, 34, 41, 43). Zwingende Folge dieser Auslegung ist, dass der antriebseitige Walzenständer – von dem sich der Wechselrahmen zusammen mit dem bedienungsseitigen Walzenständer entfernt – ortsfest in der Walzstraße verbleibt. Wie der Durchschnittsfachmann erkennt, hat diese im Klagepatent bereitgestellte Lösung den Vorteil, dass die mit dem antriebseitigen Walzenständer verbundenen Versorgungsleitungen weder gelöst noch später wieder angeschlossen werden müssen und sich auch nicht die Notwendigkeit ergibt, dass nach einem Hin- und Herverfahren des antriebseitigen Walzenständers dieser wieder so ausgerichtet werden muss, dass sich das Walzenlager exakt in der Sollposition befindet und eine Zentrierung der Walzen erfolgen kann (vgl. BGH, Urteil vom 07.09.2010, Rdnr. 32).

Bei der angegriffenen Ausführungsform wird der Wechselrahmen nicht zusammen mit dem bedienungsseitigen Walzenständer mit dem an Ort und Stelle verbleibenden antriebseitigen Walzenständer abgekuppelt und verfahren; vielmehr gelangt im Zuge des Walzenwechsels auch der antriebseitige Walzenständer aus der Walzstraße heraus. Dies widerspricht der Anweisung nach Merkmal 4 des Klagepatents, weswegen nicht nur eine wortsinngemäße, sondern – wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat – auch eine äquivalente Patentverletzung ausscheidet. Die bei der angegriffenen Ausführungsform gegebene Abwandlung – Verfahren des gesamten Walzgerüsts einschließlich des antriebseitigen Walzenständers in eine Austragstraße – ist bereits nicht gleichwirkend mit der in Patentanspruch 1 vorgesehenen Lösung, weil sie infolge der Bewegung des antriebseitigen Walzenständers nicht nur eine Demontage und Montage der Versorgungsleitungen, sondern auch eine Wiederausrichtung des antriebseitigen Walzenständers in der Walzstraße erfordert, die dank der Erfindung vermieden werden kann und vermieden werden soll. Abgesehen davon fehlt es auch an einer Gleichwertigkeit der Ersatzlösung. Die Lehre der Erfindung geht nach den Erläuterungen im Nichtigkeitsberufungsurteil nicht allgemein dahin, den Wechselrahmen – wie auch immer – in eine Position jenseits der Walzstraße zu verbringen. Die Lehre des Klagepatentes geht vielmehr konkret dahin, dies auf eine ganz bestimmte Weise, nämlich dergestalt zu tun, dass der antriebseitige Walzenständer ortsfest in der Walzstraße verbleibt und lediglich der bedienungsseitige Walzenständer zusammen mit dem Wechselrahmen seitlich verfahren wird. Diese Handlungsanweisung wird missachtet, wenn zum Walzenwechsel das Walzgerüst als Ganzes aus der Walzstraße bewegt wird.

B.
Anschlussberufung der Beklagten zu 1.

Die Anschlussberufung der Beklagten zu 1., mit der sie ihre Widerklageanträge verfolgt, ist ebenfalls nicht gerechtfertigt.

1.
Allerdings ist auch die Anschlussberufung zulässig. Sie scheitert nicht daran, dass über das mit der Widerklage geltend gemachte Begehren, nachdem die Beklagte zu 1. insoweit keine selbstständige Berufung eingelegt hat, rechtskräftig entschieden war, als – außerhalb der Berufungsfrist – Anschlussberufung eingelegt wurde. Gemäß § 524 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Anschließung auch dann statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Einlegung einer Berufung wirksam verzichtet hat, womit der Rechtsstreit an sich für ihn rechtskräftig entschieden war. Daraus ist zu folgern, dass nach Abweisung der Widerklage im erstinstanzlichen Verfahren eine Anschließung zur Weiterverfolgung der Widerklage innerhalb der für die Anschlussberufung geltenden Frist zulässig ist (Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 524 ZPO Rdnr. 39).

2.
Eine Abgabe der Widerklage an den nach der Geschäftsverteilung des OLG Düsseldorf für urheber- und wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten zuständigen 20. Zivilsenat kommt nicht in Betracht, nachdem die Beklagte zu 1. es versäumt hat, gegen die Abweisungsentscheidung des Landgerichts ein selbstständiges Rechtsmittel einzulegen. Die statt dessen erhobene Anschlussberufung ist unselbstständig und in ihrem Bestand von der klägerischen Berufung abhängig. Diese Akzessorietät verbietet es, die Widerklageansprüche – durch Abtrennung und Verweisung an den 20. Zivilsenat – zum Gegenstand eines eigenen Berufungsverfahrens zu machen.

3.
Die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche bestehen nicht.

a)
Urheberrechtliche Ansprüche (§§ 96, 97 UrhG) scheitern bereits daran, dass die Beklagte zu 1. auch im Berufungsverfahren nicht dargetan hat, dass und auf welche Weise ihre Aktivlegitimation begründet worden sein soll. Anspruchsberechtigt ist nur der Urheber oder sein Rechtsnachfolger. Dass die Präsentation auf eine eigene schöpferische Leistung ihrer eigenen Mitarbeiter zurück geht, macht die Beklagte zu 1. selbst nicht geltend. Urheber sollen vielmehr der Vizepräsident sowie der Executive Manager der Danieli N gewesen sein. Dass die betreffenden Arbeitsergebnisse nach dem ausländischen Recht, dem die Arbeitsverhältnisse der vorgeblichen Urheber unterstehen, bereits kraft Gesetzes auf die Arbeitgeberin, die Danieli N, übergegangen sind, macht die Beklagte zu 1. selbst nicht geltend. Sie bezieht sich vielmehr darauf, dass beide Urheber ihre Rechte „aufgrund ihres Arbeitsvertrages auf die Beklagte zu 2. übertragen“ haben, welche die entsprechenden Erklärungen angenommen habe. Dieser Vortrag ist gänzlich pauschal und weder für das Gericht nachvollziehbar noch für die Klägerin einlassungsfähig. Eine rechtliche Prüfung dahingehend, ob und mit welchen Folgen Urheber- oder Nutzungsrechte wirksam zu der Beklagten zu 2. gelangt sind, wäre überhaupt nur dann möglich, wenn die maßgeblichen Anstellungsverträge referiert oder vorgelegt worden wären, damit anhand des genauen Wortlautes der von der Beklagten zu 1. bei ihrer Argumentation in Anspruch genommenen Übertragungsklausel – unter Zugrundelegung des einschlägigen ausländischen Rechts – geklärt werden kann, ob sie eine taugliche Grundlage für den behaupteten Rechtsübergang auf die Beklagte zu 2. darstellen kann. Die nichtssagenden Ausführungen der Beklagten zu 1. lassen eine derartige Prüfung und Subsumtion nicht einmal ansatzweise zu. Unverständlich ist der Hinweis, dass vorsorglich mit dem Schriftsatz vom 13.01.2011 eine Übertragung der Nutzungsrechte von den beiden Urhebern auf die Beklagte zu 1. vorgenommen werde. Es erschließt sich nicht, inwiefern die Prozessbevollmächtigten der Beklagten irgendeine Handlungsvollmacht für die Urheber besitzen sollten, kraft der es ihnen gestattet ist, deren Rechte an dem in Anlage K 7 dokumentierten Werk auf die Beklagte zu 2. zu übertragen. Hierzu verhält sich auch die Beklagte zu 1. nicht näher. Fehl geht schließlich auch der Hinweis der Beklagten zu 1. auf die Anwendbarkeit deutschen Urheberrechts. Dieses kennt weder eine gesetzliche Berechtigung des Arbeitgebers an den urheberrechtlich relevanten Werken seiner Arbeitgeber noch ein dem ArbEG vergleichbares Aneignungsrecht des Arbeitgebers.

b)
Soweit die Beklagte zu 1. im Hinblick auf die Präsentation gemäß Anlage K 7 eigentumsrechtliche Positionen (§§ 903, 1004 BGB) anführt, gilt sinngemäß nichts anderes. Darüber hinaus ist nicht zu erkennen, dass der Beklagten zu 1. an den im Besitz der Klägerin befindlichen Präsentationsunterlagen irgendwelche Eigentumsrechte zustehen. Dem eigenen Vorbringen zufolge hat sich die Beklagte zu 1. bzw. deren Mitarbeiter im Rahmen der Seminarveranstaltung vom 09.06.2005 willentlich der für die Teilnehmer vervielfältigten Präsentationsunterlagen begeben. Rechtlich betrachtet hat hierbei eine Übereignung der Unterlagen stattgefunden, weil die Teilnehmer erkennbar auf Dauer und endgültig im Besitz der Präsentationsdokumente verbleiben sollten. Selbst wenn zu den Teilnehmern der Sitzung kein Mitarbeiter der Klägerin gehört haben sollte, sondern die Klägerin erst später in den Besitz der Anlage K 7 gelangt ist, ändert dies an ihrer Eigentumsposition nichts. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der Klägerin die Präsentation freiwillig überlassen worden ist, womit sie auch Eigentum an den ihr überlassenen Unterlagen erlangt hat. Der Vermerk „not disclosable, not reproducible“ auf dem Eingangsslide der Präsentation ändert an dieser dinglichen Rechtslage nichts. Sie stellt nicht in Zweifel, dass der anlässlich der Seminarveranstaltung mit dem Präsentationsausdruck bedachte Teilnehmer als Eigentümer seine sachenrechtliche Position als Berechtigter einem Dritten – vorliegend der Klägerin – weiter vermitteln konnte.

c)
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche (§ 4 Nr. 10, 11, § 18 OWiG) kommen gleichfalls nicht in Betracht. Die einzige konkrete Handlung der Klägerin, welche die Beklagte zu 1. in Bezug auf Anlage K 7 vortragen kann, ist die, die Präsentation als Beweismittel im vorliegenden Patentverletzungsverfahren vorgelegt zu haben. Darin liegt – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – bereits keine Wettbewerbshandlung, die den Anwendungsbereich der UWG-Vorschriften eröffnen würde.

d)
Unter den gegebenen Umständen fehlt es auch an einer Grundlage für ein Verwertungsverbot in Bezug auf Anlage K 7. Es könnte allenfalls an dem Vermerk auf dem Eingangsslide der Präsentation anknüpfen, bei dem es sich bei sinngemäßem Verständnis jedoch um nicht mehr als einen bloßen Urheberrechtsvermerk handelt, der auf die Unzulässigkeit einer Vervielfältigung und Verbreitung der Präsentation (als urheberrechtlich geschütztem Werk) hinweist, darüber hinaus aber keine generelle Geheimhaltungsverpflichtung begründet, der schon die freie Aushändigung an die Seminarteilnehmer entgegensteht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den BGH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erfordert.