Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 5. Mai 2011, Az. 2 U 10/10
Vorinstanz: 4b O 49/09
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. Dezember 2009 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Tenor zu I. 3. des landgerichtlichen Urteils nach erfolgter Teil-Klagerücknahme wie folgt gefasst wird:
Die Beklagte wird verurteilt, die vorstehend zu I. 1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents EP 0 608 XXX erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagten unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird, sowie die zurückgerufenen und an sie zurückgegebenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen,
wobei diese Verpflichtung nur für ab dem 30. April 2006 vertriebene Erzeugnisse gilt.
II.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 192.000,– Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 192.000,– Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 0 608 XXX (Klagepatent, Anlage K 6; deutsche Übersetzung [DE 694 02 YYY T2] Anlage K 6a). Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Rückruf der als patentverletzend beanstandeten Erzeugnisse sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.
Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 18. Januar 1994 unter Inanspruchnahme dreier japanischer Prioritäten vom 18., 19. und 21. Januar 1993 eingereicht. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am
2. April 1997. Der deutsche Teil des Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 694 02 YYYgeführt (vgl. Anlage K 6a). Das Klagepatent steht in Kraft.
Das Klagepatent betrifft ein Klammermagazin und ein Klammerdrahtbogenpaket. Die Patentansprüche 1 und 10 lauten wie folgt:
“1.
A staple cartridge employable for a motor driven stapler comprising:
a means for receiving a plurality of staple sheets (2) in the laminated state, each said staple sheet (2) including a number of straight staples (1) successively connected to each other in the side-by-side relationship,
wherein the laminated structure of said staple sheets (2) is bundled by a band member (14, 35, 124, 213), and
wherein said staple cartridge is detached from said motor driven stapler when said bundled staple sheets (2) are inserted into said receiving means.”
“10.
A staple sheet pack usable fo a staple cartridge comprising:
a band member for bundling a predetermined number of staple sheets (2) which are laminated one above another,
wherein said laminated staple sheets (2) are bundled by said band member when said staple sheets are charged into said staple cartridge, and said band member is detached from said laminated staple sheets (2) after completing the charging operation of said laminated staple sheets.”
In der vom Deutschen Patent- und Markenamt veröffentlichten deutschen Übersetzung (Anlage K 6a) lauten diese Anspruch wie folgt:
„1.
Klammerdrahtkassette zur Verwendung für ein motorisch angetriebenes Klammergerät mit:
einem Mittel zur Aufnahme mehrere Klammerdrahtbögen (2) in geschichtetem Zustand, wobei jeder Klammerdrahtbogen (2) eine Anzahl gerader Klammerdrähte (1) umfasst, die aufeinanderfolgend – Seite an Seite – miteinander verbunden sind,
wobei die geschichtete Anordnung an Klammerdrahtbögen (2) mit Hilfe eines Bündelelements (14, 45, 124, 213) gebündelt ist, und
wobei die Klammerdrahtkassette von dem motorisch angetriebenen Klammergerät gelöst wird, wenn die gebündelten Klammerdrahtbögen (2) in das Aufnahmeelement eingeführt sind.“
„10.
Klammerdrahtbogenpaket zur Verwendung für eine Klammerdrahtkassette mit:
einem Bandelement zum Bündeln einer vorbestimmten Anzahl von Klammerdrahtbögen, die einer über dem anderen geschichtet sind, wobei die geschichteten Klammerdrahtbögen durch das Bandelement gebündelt sind, wenn die Klammerdrahtbögen in die Klammerdrahtkassette geladen werden und das Bandelement von den geschichteten Klammerdrahtbögen gelöst wird, nachdem der Ladevorgang für die geschichteten Klammerdrahtbögen abgeschlossen ist.“
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1, 3 und 4 der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele. Figur 1 ist eine perspektivische Ansicht einer Klammerdrahtkassette und eines Klammerdrahtbogenpaketes nach einem Ausführungsbeispiel der Erfindung, Figur 3 zeigt eine perspektivische Ansicht der Klammerdrahtkassette mit einem darin geladenen Klammerdrahtbogenpaket und Figur 4 zeigt eine perspektivische Ansicht des Klammerdrahtbogenpaketes, insbesondere in Darstellung der Bodenfläche des Klammerdrahtbogenpaketes.
Die in Österreich geschäftsansässige Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, ist auf dem Gebiet des Vertriebs von Büromaschinen und Verbrauchsmaterialien tätig. Zu ihrem Sortiment gehören u. a. Klammerdrahtbogenpakete mit den Typenbezeichnungen „E 1“ (Artikelnummer 50310ZZZ), „L 1“ (Artikelnummer 50310YXZ), „G 1“ (Artikelnummer 50310YYZ) und „J 1“ (Artikelnummer 50311XXZ) (nachfolgend auch: angegriffene Ausführungsformen). Als Anlagen K 9 bis K 12 hat die Klägerin Muster dieser Klammerdrahtbogenpakete vorgelegt. Die generelle Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsformen, die sich lediglich in ihrer Größe unterscheiden, ergibt sich ferner aus dem nachfolgend wiedergegebenen, von der Klägerin als Anlage K 11F überreichten Lichtbild:
Als Anlagen K 9a bis K 12a hat die Klägerin ferner Muster von eigenen Klammerdrahtkassetten vorgelegt, in welche die Klammerdrahtbogenpakete der Beklagten jeweils passen.
Die Klägerin bezog die von ihr vorgelegten Muster der angegriffenen Klammerdrahtbogenpakete von einer Firma A. Sie behauptet, dass diese die Ware über das Internet bei der B GmbH erworben habe, was die Beklagten mit Nichtwissen bestreiten. Unstreitig ist, dass die B GmbH die angegriffenen Klammerdrahtbogenpakete von der Beklagten zu 1. bezog, wobei zwischen den Parteien allerdings streitig ist, wo die Übergabe der Ware stattfand und ob die Beklagte zu 1. wusste bzw. ob für sie erkennbar war, dass die Krampenbogenkassetten in der Bundesrepublik Deutschland auf den Markt gebracht werden sollten.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte wegen mittelbarer Verletzung des Anspruchs 1 sowie wegen unmittelbarer Verletzung des Anspruchs 10 des Klagepatents in Anspruch genommen.
Sie hat vor dem Landgericht behauptet, die Beklagten hätten die B GmbH mit allen angegriffenen Klammerdrahtbogenpaketen beliefert. Die Beklagte zu 1. habe die Spedition C damit beauftragt, die angegriffenen Ausführungsformen zur B GmbH in die Bundesrepublik Deutschland zu liefern. Aufgrund der langjährigen Geschäftsbeziehung mit diesem Unternehmen sei der Beklagten zu 1. bekannt gewesen, dass die B GmbH die Ware in der Bundesrepublik Deutschland vertreibe. Zudem habe die Beklagte zu 1. der B GmbH am 11. August 2006 per Email ein die angegriffenen Klammerdrahtbogenpakete betreffendes Angebot gemacht. Aus dem von ihr als Anlage K 17a vorgelegten Angebot, in dem die angegriffenen Klammerdrahtbogenpakete E 1, G 1 und L 1 aufgeführt seien, ergebe sich, dass die Beklagte zu 1. die angegriffenen Ausführungsformen direkt in Deutschland angeboten und dorthin geliefert habe. Mit den angegriffenen Ausführungsformen, die nur gemeinsam mit den von ihr stammenden Klammerdrahtkassetten gemäß Anlagen K 9a bis K 12a verwandt werden könnten, hätten die Beklagten Patentanspruch 1 mittelbar und Patentanspruch 10 unmittelbar verletzt.
Die Beklagten haben vorab die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt und um Klageabweisung gebeten. Sie haben geltend gemacht, dass sie die angegriffenen Produkte nicht in Deutschland angeboten und auch nicht nach Deutschland geliefert oder hier in Verkehr gebracht hätten. Die B GmbH habe die Beklagte zu 1. kontaktiert und die angegriffenen Ausführungsformen zum Zwecke des Weitervertriebs in Osteuropa, insbesondere nach Tschechien, geordert. Die Bestellerin habe die Ware durch die in Österreich ansässige Spedition C im Lager der Beklagten zu 1. in Österreich abholen lassen. Das von der Klägerin in Bezug genommene Angebot (Anlage K 17a) betreffe andere Produkte. Außerdem lasse sich diesem Angebot nicht entnehmen, dass die Ware nach Deutschland habe gesendet werden sollen. Vor diesem Hintergrund seien die deutschen Gerichte international nicht zuständig. Auch seien sie – die Beklagten – nicht passivlegitimiert. Darüber hinaus verletzten die angegriffenen Ausführungsformen weder Patentanspruch 1 mittelbar noch Patentanspruch 10 unmittelbar. Was die geltend gemachte unmittelbare Patentverletzung anbelange, seien in den angegriffenen Klammerdrahtbogenpaketen zwar mehrere Klammerdrahtbögen übereinander geschichtet und mit einem Bandelement gebündelt. Allerdings sei an Hand der angegriffenen Klammerdrahtbogenpakete nicht ersichtlich, dass diese gebündelt seien, wenn sie in die Klammerdrahtkassette geladen würden, und dass bei diesen das Bandelement gelöst werde, nachdem der Ladevorgang für die Klammerdrahtbögen abgeschlossen sei. Vielmehr werde bei den angegriffenen Ausführungsformen das Band vor dem Beladen der Klammerdrahtkassette entfernt; eine Entfernung des Bandes nach dem Beladen der Klammerdrahtkassette sei nicht möglich.
Durch Urteil vom 15. Dezember 2009 hat das Landgericht dem auf Patentanspruch 10 gestützten Klagebegehren nach den zuletzt gestellten Anträgen entsprochen und die weitergehende Klage abgewiesen, wobei es in der Sache wie folgt erkannt hat:
„I.
Die Beklagten werden verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis insgesamt zu 2 Jahren, zu unterlassen,
Klammerdrahtbogenpakete zur Verwendung für eine Klammerdrahtkassette mit einem Bandelement zum Bündeln einer vorbestimmten Anzahl von Klammerdrahtbögen, die einer über dem anderen geschichtet sind, wobei die geschichteten Klammerdrahtbögen durch das Bandelement gebündelt sind, wenn die Klammerdrahtbögen in die Klammerdrahtkassette geladen werden und das Bandelement von den geschichteten Klammerdrahtbögen gelöst wird, nachdem der Ladevorgang für die geschichteten Klammerdrahtbögen abgeschlossen ist,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
2.
der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 02.05.1997 begangen haben, und zwar unter Angabe (mit jeweiliger Produktnummer)
a) der Herkunft und des Vertriebsweges der bezeichneten Produkte unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und anderen Vorbesitzer der bezeichneten Produkte sowie der bezahlten Preise, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
-preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung der jeweiligen Domain, Schaltungszeiträume, Zugriffszahlen, sowie bei Auftritten auf Messen und anderen Ausstellungen der Orte und Zeiten,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei die Angaben zu den Einkaufspreisen nur für die Zeit seit dem 01.09.2008 zu machen sind und die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu a) und b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen) in Kopie vorzulegen haben.
3.
die vorstehend zu I. 1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents EP 0 608 XXX erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagten unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird, sowie die Erzeugnisse aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem die Beklagte die Erzeugnisse entweder wieder an sich nimmt oder deren Vernichtung beim jeweiligen Besitzer veranlasst.
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 02.05.1997 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“
Zur Begründung hat das Landgericht – soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung – im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei zulässig. Denn die Kammer sei nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO international zuständig. Die Klage sei auch im zuerkannten Umfang begründet. Zwar verletzten die angegriffenen Ausführungsformen Patentanspruch 1 nicht mittelbar. Sie machten aber unmittelbar von der Lehre des Patentanspruchs 10 Gebrauch. Verwirklicht seien insbesondere auch diejenigen Merkmale von Patentanspruch 10, wonach die Klammerdrahtbögen durch das Bandelement gebündelt seien, wenn die Klammerdrahtbögen in die Klammerdrahtkassette geladen würden, und das Bandelement gelöst werde, nachdem der Ladevorgang für die geschichteten Klammerdrahtbögen abgeschlossen sei. Die betreffenden Merkmale beinhalteten lediglich eine Funktionsbeschreibung für das Klammerdrahtbogenpaket; sie seien hingegen nicht dahingehend zu verstehen, dass sie das Verfahren des Einsetzens des Klammerdrahtbogenpakets in die Klammerdrahtkassette beschrieben. Der Fachmann gehe davon aus, dass Patentanspruch 10 insgesamt ein Sachanspruch sei, bei dem das Klammerdrahtbogenpaket lediglich für eine bestimmte Funktionsweise, nämlich für ein Einsetzen im gebündelten Zustand und für ein Abziehen des Bandelements im eingesetzten Zustand, geeignet sein müsse. Die so auszulegenden Merkmale würden von den angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht. Die Klägerin habe im Verhandlungstermin demonstriert, dass das Bandelement des Klammerdrahtbogenpaketes auch dann noch von den geschichteten Klammerdrahtbögen lösbar sei, wenn die Klammerdrahtbögen bereits in die Klammerdrahtkassette geladen worden seien.
Die Beklagten seien passivlegitimiert. Aus dem Angebot gemäß Anlage K 17a ergebe sich, dass die Beklagten die angegriffenen Ausführungsformen E 1, L 1 und G 1 an die B GmbH geliefert hätten. Dass auch die angegriffene Ausführungsform J 1 an die B GmbH geliefert worden sei, gehe aus der vorgelegten Bescheinigung der Spedition C hervor. Aus dem als Anlage K 21 vorgelegten Lieferschein ergebe sich ebenfalls, dass die angegriffenen Ausführungsformen E 1, J 1 und L 1 an die B GmbH nach Deutschland versandt worden seien. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen könne auch davon ausgegangen werden, dass die B GmbH die Ware innerhalb Deutschlands an die Firma A weitervertrieben habe und dass den Beklagten bewusst gewesen sei, dass ein solcher Weitervertrieb innerhalb Deutschlands geplant gewesen sei. Angesichts der langjährigen Geschäftsbeziehung mit dem in Deutschland ansässigen Unternehmen könnten die Beklagten nicht pauschal behaupten, sie hätten nicht gewusst, dass die B GmbH innerhalb Deutschlands weitervertreibe. Soweit die Beklagten behaupteten, die angegriffenen Ausführungsformen seien von der B GmbH „zum Zwecke des Weitervertriebs nach Osteuropa, namentlich Tschechien geordert worden“, sei ihr Vorbringen unsubstanziiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin den Anspruch auf Rückruf und Entfernung teilweise zurückgenommen (vgl. Bl. 331 – 332 GA).
Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens machen die Beklagten geltend:
Zu Unrecht habe das Landgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht. Die angegriffenen Ausführungsformen seien bei der Beklagten zu 1. nur zum Zwecke des Weitervertriebs in Osteuropa, namentlich Tschechien, geordert worden. Der Weitervertrieb der Produkte innerhalb der Bundesrepublik Deutschland sei ihnen nicht bekannt gewesen.
Rechtlich unzutreffend habe das Landgericht ferner eine Verletzung des Patentanspruchs 10 bejaht. Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten die streitigen Merkmale allenfalls insoweit, als die Klammerdrahtbogenpakete durch eine bestimmte Anzahl an Klammerdrahtbögen gebildet seien, welche durch ein Bandelement gebündelt seien. Bestritten werde, dass die angegriffenen Ausführungsformen für die in Anspruch 10 angegebene Verwendung – Lösen des Bandelementes nach dem Einführen des Klammerdrahtbogenpaketes in die Klammerdrahtkassette – geeignet seien. Wenn überhaupt, sei es nur mit viel Geschick und Vorsicht möglich, das Klammerdrahtbogenpaket darauffolgend bestimmungsgemäß zu verwenden, weil das Paket auseinanderbreche. Das Bandelement müsse bei den angegriffenen Ausführungsformen vor dem Ladevorgang entfernt werden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handele es sich bei den in Rede stehenden Merkmalen auch eindeutig um Verfahrensmerkmale; es werde ein Verfahren beansprucht, was auch durch die Patentbeschreibung bestätigt werde. Eine unmittelbare Patentverletzung scheide daher aus; eine mittelbare Patentverletzung liege ebenfalls nicht vor.
Im Übrigen seien etwaige Ansprüche der Klägerin erschöpft. Zumindest scheide ein Schadensersatzanspruch mangels Verschuldens aus, weil sie davon ausgegangen seien, dass die von der B GmbH georderten Waren für Osteuropa bestimmt seien.
Die Beklagten beantragen,
das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, mit der Maßgabe,
• dass die Verpflichtung der Beklagten zum Rückruf der patentverletzenden Erzeugnisse gemäß dem Tenor zu Ziff. I. 3. des landgerichtlichen Urteils nur für ab dem 30. April 2006 vertriebene Erzeugnisse gelten soll,
• dass im Tenor zu Ziff. I. 3. des landgerichtlichen Urteils die Formulierung „sowie die Erzeugnisse aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem die Beklagte die Erzeugnisse entweder wieder an sich nimmt oder deren Vernichtung beim jeweiligen Besitzer veranlasst“ entfallen und es stattdessen dort heißen soll: „wobei die Beklagten die zurückgerufenen und an sie zurückgegebenen patentverletzenden Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen haben“.
hilfsweise unter Zurückweisung der Berufung zu erkennen wie erstinstanzlich, jedoch mit der Maßgabe, dass in Ziffer I 1 die letzten drei Zeilen ersetzt werden durch „in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und zu liefern“, und mit der weiteren Maßgabe, dass Ziffer I 2 entfällt.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten im Einzelnen entgegen, wobei sie hilfsweise eine mittelbare Verletzung des Patentanspruchs 10 geltend macht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht seine internationale Zuständigkeit bejaht und die angegriffenen Ausführungsformen als wortsinngemäße Übereinstimmung mit der in Anspruch 10 des Klagepatentes unter Schutz gestellten technischen Lehre beurteilt. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.
A.
Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, das Landgericht habe zu Unrecht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht. Zwar kann die Berufung darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Denn die Vorschrift des § 513 Abs. 2 ZPO bezieht sich nicht auf die internationale Zuständigkeit (BGH, NJW 2004, 1456; BGH, NJW 2005, 1660, 1662; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl. § 513 ZPO Rdnr. 8 m. w. Nachw.) Die Rüge der Beklagten, es fehle an der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte, ist jedoch unbegründet. Wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, folgt die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus Art. 5 Nr. 3 EG der EG-Verordnung Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Die EuGVVO ist hier anwendbar, weil Patentverletzungsprozesse zu den Zivil- und Handelssachen nach Art. 1 Abs. 1 EuGVVO gehören und weil die Beklagten ihren Sitz innerhalb eines der Mitgliedstaaten haben (Art. 2 Abs. 1, Art. 60 Abs. 1 EuGVVO).
1.
Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Unter die Zuständigkeit des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO fallen Klagen, die Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche wegen Patentverletzung zum Gegenstand haben. Der Ort des schädigenden Ereignisses im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ist neben dem Handlungsort auch der Erfolgsort (EuGH, GRUR Int. 1998, 298 Rdnr. 20 – Shevill; BGH, GRUR 2006, 513, 514 f. – Arzneimittelwerbung im Internet). Demgemäß gelten bei Distanzdelikten, bei denen der Ort der Handlung und der des Erfolgseintritts verschieden sind, beide alternativ als Tatort. Der an erster Stelle als Anknüpfungspunkt für die internationale Gerichtszuständigkeit für Deliktsklagen genannte Handlungsort ist überall da gegeben, wo der Täter gehandelt, d. h. eine auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete Tätigkeit vorgenommen hat. Das kann bei Übermittlung der Willenserklärung im Rahmen einer Telekommunikation auch an dem Ort der Fall sein, an dem eine Kundgabehandlung optisch oder akustisch wahrgenommen werden kann (OLG Koblenz, NJW-RR 2008, 148, 149). In den Fällen des Angebotes liegt der Handlungsort daher grundsätzlich nicht nur am Absende-, sondern auch am Empfangsort. Der ferner als Anknüpfungspunkt für die internationale Gerichtszuständigkeit für Deliktsklagen in Betracht kommende Erfolgsort ist der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist (EuGH, GRUR Int. 1998, 298 Rdnr. 20 – Shevill; BGH, GRUR 2006, 513, 514 f. – Arzneimittelwerbung im Internet). Dies ist der Ort, an dem die (behauptete) Verletzung des geschützten Rechtsguts eingetreten ist (vgl. BGH, GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME). Bei einer Patentverletzung befindet sich der Erfolgsort immer dort, wo der mutmaßlich verletzte nationale Schutzrechtsteil belegen ist (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Aufl., Rdnr. 491).
Nicht anders als bei der örtlichen Zuständigkeit genügt es auch für die Bejahung der internationalen Zuständigkeit, dass eine zuständigkeitsbegründende Verletzungshandlung vom Kläger behauptet wird (Kühnen/Geschke, a.a.O., Rdnr. 491). Sie ist vom Gericht für die Zwecke der Zulässigkeit in tatsächlicher Hinsicht nicht aufzuklären (Kühnen/Geschke, a.a.O., Rdnr. 495). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob das dem Beklagten vorgeworfene Tun tatsächlich eine Schutzrechtsverletzung ergibt (Kühnen/Geschke, a.a.O., Rdnr. 495). Es reicht vielmehr aus, dass eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH, GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME; GRUR 2006, 513, 515 – Arzneimittelwerbung im Internet; Kühnen/Geschke, a.a.O., Rdnr. 495). Zu versagen ist die internationale Zuständigkeit nur dann, wenn von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass das behauptete Verhalten des Beklagten einen Schutzrechtseingriff darstellt (BGH, GRUR 2005, 431, 432 – Hotel Maritime; Kühnen/Geschke, a.a.O., Rdnr. 495) oder wenn der vorgetragene Sachverhalt im Hinblick auf den Auslandsbezug aus Rechtsgründen Ansprüche nicht begründen kann (vgl. LG Mannheim, InstGE 5, 179 – Luftdruck-Kontrollvorrichtung; Kühnen/Geschke, a.a.O., Rdnr. 495).
2.
Im Entscheidungsfall liegt nach dem Vortrag der Klägerin sowohl der Handlungsort als auch der Erfolgsort in Bezug auf die den Beklagten vorgeworfene Patentverletzung in Deutschland.
Die Klägerin wirft den Beklagten eine unmittelbare Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents vor, die dadurch begangen worden sei, dass die Beklagte zu 1. die angegriffenen Klammerdrahtbogenpakete der in Deutschland geschäftsansässigen B GmbH angeboten und diese – unter Einschaltung eines Dritten – auch nach Deutschland an die B GmbH geliefert habe.
Nach dem Vortrag der Klägerin hat die Beklagte zu 1. jedenfalls die angegriffenen Ausführungsformen E 1, G 1 und L 1 der B GmbH im Inland angeboten. Die Klägerin hat hierzu als Anlage K 17a ein an die B GmbH gerichtetes Angebot der Beklagten zu 1. vom 11. August 2006 vorgelegt, welches der B GmbH unstreitig als Email von der Beklagten zu 1. übermittelt worden ist und welches nach dem Vortrag der Klägerin die vorbezeichneten Ausführungsformen betrifft. In der Übermittlung dieses Angebots liegt ein Anbieten der angegriffenen Ausführungsformen im Inland, weil die betreffende Email der B GmbH bestimmungsgemäß hier zugegangen ist.
Außerdem hat die Klägerin dargetan, dass sämtliche angegriffenen Ausführungsformen, also auch die von dem Angebot gemäß Anlage K 17a nicht umfasste angegriffene Ausführungsform J 1, von der Beklagten zu 1. – unter Einschaltung der Spedition C – an die B GmbH geliefert worden sind und dass die B GmbH die Ware in der Bundesrepublik Deutschland weitervertrieben hat. Insoweit liegt der Erfolgsort der behaupteten Patentverletzung in Deutschland. Dabei kommt es nicht einmal entscheidend darauf an, ob die Beklagte zu 1. die mit der Lieferung nach Deutschland betraute Spedition selbst beauftragt hat und/oder bis zu welchem Zeitpunkt die Beklagte zu 1. nach den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen der an der Versendung der in Deutschland ausgelieferten Ware beteiligten Unternehmen im Eigentum oder Besitz der Ware gewesen ist. Zumindest kommt nach dem Vortrag der Klägerin, nach welchem die B GmbH die als patentverletzend beanstandeten, von der Beklagten zu 1. bezogenen Klammerdrahtbogenpakete in Deutschland weitervertrieben hat, eine Verantwortlichkeit der Beklagten für von der B GmbH in Deutschland begangene Verletzungshandlungen in Betracht. Als Verletzer verantwortlich ist nämlich nicht nur derjenige, der die geschützte Erfindung selbst rechtswidrig benutzt, sondern auch derjenige, der sich an der patentverletzenden Handlung beteiligt bzw. an dieser mitgewirkt hat, sei es als Nebentäter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe. In grenzüberschreitenden Fällen ist daher auch ein im Ausland ansässiger Lieferant für die Verletzung inländischer Patentrechte mitverantwortlich, wenn er die patentverletzenden Vorrichtungen in Kenntnis des Klagepatents und in Kenntnis des Bestimmungslandes liefert und damit den inländischen Vertrieb bewusst und willentlich mitverursacht (BGH, GRUR 2002, 509 – Funkuhr). Für die patentrechtliche Beurteilung kommt es hierbei nicht darauf an, ob und bis zu welchem Zeitpunkt der ausländische Lieferant nach den vertraglichen Vereinbarungen der an der Versendung und dem Import der in Deutschland ausgelieferten Ware beteiligten Unternehmen im Eigentum oder Besitz der Ware gewesen ist (BGH, GRUR 2002, 509 – Funkuhr). Da jeder Beteiligte bereits für eine fahrlässige Verletzung des Klagepatents, für die jede vorwerfbare Verursachung der Rechtsverletzung einschließlich der ungenügenden Vorsorge gegen solche Verstöße genügen kann, einzustehen hat – gegebenenfalls neben anderen als Nebentäter im Sinne des § 840 Abs. 1 BGB –, ist in derartigen Fällen auch unerheblich, ob der im Ausland ansässige Lieferant vorsätzlich mit einem inländischen Haupttäter, Mittäter oder Gehilfen zusammengewirkt hat (BGH, GRUR 2002, 509 – Funkuhr). Den ausländischen Hersteller oder Händler patentverletzender Vorrichtungen trifft daher eine Mitverantwortung schon dann, wenn er seine Erzeugnisse an einen inländischen Abnehmer liefert, von dem er weiß, dass dieser die Ware bestimmungsgemäß im Bundesgebiet weiter vertreibt (LG Düsseldorf, InstGE 1, 154, 155 – Rohrverzweigung; InstGE 3, 174, 175 – Herzkranzgefäß-Dilatationskatheter; Benkard/Scharen, PatG/GebrMG, 10. Aufl., § 9 PatG Rdnr. 11). Es reicht aus, wenn der ausländische Lieferant weiß, dass das Inland Bestimmungsland ist, weil er bereits dadurch den inländischen Vertrieb bewusst und willentlich mitverursacht hat (LG Düsseldorf, InstGE 3, 174; Benkard/Scharen, PatG/GebrMG, 10. Aufl., § 9 PatG Rdnr. 11). Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ist daher auch gegenüber einem ausländischen Hersteller oder Händler patentverletzender Vorrichtungen gegeben, der seine Erzeugnisse an einen inländischen Abnehmer liefert, von dem er weiß, dass dieser die Ware bestimmungsgemäß im Bundesgebiet weiter vertreibt (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 1, 154, 155 – Rohrverzweigung – zu § 32 ZPO).
Soweit die Beklagten behaupten, die B GmbH habe die in Rede stehenden Klammerdrahtbogenpakete nur zum Zwecke des Weitervertriebs in Osteuropa, namentlich Tschechien, geordert, kommt dem im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung keine Bedeutung zu. Nach zutreffender, vom erkennenden Senat geteilter Auffassung kommt es im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung allein auf den Klägervortrag an. Das gilt auch, soweit dieselben Tatsachen sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage erheblich sind. Von der Klagepartei behauptete doppelrelevante Tatsachen werden im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung als gegeben unterstellt. Ob sie tatsächlich gegeben sind, ist allein eine Frage der Begründetheit (so genannte doppelrelevante Tatsachen; vgl. BGH, VersR 2008, 1129, 1130 = NJW-RR 2008, 516; BGHZ 124, 237, 240 f. = NJW 1994, 1413; BGHZ 132, 105, 110 = NJW 1996, 1411; BGH, NJW-RR 2010, 1554). Maßgeblich ist somit allein der Vortrag der Klägerin. Nach diesem hat die von der Beklagten zu 1. belieferte B GmbH gegenüber den Beklagten zu keinem Zeitpunkt behauptet oder zum Ausdruck gebracht, dass die bei der Beklagten zu 1. Bezogene Ware für den Weitervertrieb in Osteuropa bestimmt sei. Die gegenteilige Behauptung der Beklagten ist im Übrigen – wie noch ausgeführt wird – auch ohne Substanz.
B.
Das Klagepatent betrifft mit dem im Berufungsverfahren allein noch interessierenden Anspruch 10 ein Klammerdrahtbogenpaket.
Klammerdrahtkassetten werden in motorisch betriebenen Klammergeräten verwendet, mit denen beispielsweise mehrere bedruckte Papiere geklammert werden können.
Im Stand der Technik ist es bekannt, in einem solchen Klammergerät umgekehrt
U-förmige Klammern zu verwenden, die in das Papier eingetrieben und deren freie Enden anschließend umgebogen werden (vgl. Anlage K 6a, Seite 1, Zeilen 17 bis 20). Ebenfalls bekannt ist es im Stand der Technik, ungebogene, also gerade Klammerdrähte (1) vorzusehen, die Seite an Seite miteinander verbunden sind, so dass sie einen Klammerdrahtbogen (2) bilden, wie dies die nachfolgend eingeblendeten Figuren 16 (a), und 16 (b) der Klagepatentschrift verdeutlichen (vgl. Anlage K 6a, Seite 1, Zeilen 20 bis 24).
Mehrere solcher Klammerdrahtbögen (2) können – wie die nachfolgend eingeblendete Figur 17 der Klagepatentschrift zeigt – in geschichtetem Zustand in einer Klammerdrahtkassette (3) aufgenommen werden. Die Klammerdrahbögen (2) werden in der Klammerdrahtkassette (3) mittels der elastischen Kraft einer Kompressionsspiralfeder (4), die über eine Druckplatte (5) nach unten wirkt, nach unten gedrückt bzw. vorgespannt (vgl. Anlage K 6a, Seite 1, Zeilen 24 bis 35).
Die Klammerdrahtkassette (3) wird in ein motorisch angetriebenes Klammergerät (7) geladen (vgl. Figur 19 der Klagepatentschrift). Mit Hilfe eines Riemens oder einer Walze werden die Klammerdrahtbögen (2) nacheinander in Vorwärtsrichtung befördert. Dort gelangen sie in einen Formgebungsmechanismus, von dem sie zunächst umgekehrt U-förmig gebogen und dann in dem Papier zusammengeklammert werden (vgl. Anlage K 6a, Seite 2, Zeilen 1 bis 19).
Gegenüber dem eingangs erwähnten Stand der Technik, bei dem eine Reihe zuvor verformter Klammerdrähte verwendet wird, von denen jeder eine im Wesentlichen umgekehrt U-förmige Kontur aufweist, besteht bei einem solchen Klammergerät, das eine Klammerdrahtkassette aufweist, die eine Mehrzahl von zu diesem Zweck in geschichtetem Zustand angeordnete Klammerdrahtbögen beinhaltet, nicht die Notwendigkeit, häufig Klammerdraht nachzuladen, weil in der Klammerdrahtkassette eine große Anzahl an Klammerdrähten aufgenommen werden kann (Anlage K 6a, Seite 2, Zeilen 21 bis 31). Die Klagepatentschrift kritisiert an diesem Stand der Technik jedoch als nachteilig, dass die gesamte Klammerdrahtkassette ausgetauscht werden muss, wenn die Klammerdrahtbögen verbraucht sind. In der Praxis ist eine Entsorgung der Klammerdrahtkassetten aus Kunstharz schwierig und nicht umweltfreundlich. Auch ein Recyclingvorgang ist aufwändig, da die verwendeten Materialien getrennt werden müssen. Dadurch wird die Klammerdrahtkassette unerwünscht teuer (Anlage K 6a, Seite 2, Zeile 33, bis Seite 3, Zeile 12).
Vor diesem Hintergrund hat es sich das Klagepatent zur Aufgabe gemacht, eine Klammerdrahtkassette vorzusehen, die wiederholt verwendet werden kann, ohne ein spezielles Problem mit der Behandlung der gebrauchten Klammerdrahtkassette bei der Entsorgung aufzuwerfen (Anlage K 6a, Seite 3, Zeilen 14 bis 19). Soweit Patentanspruch 10 betroffen ist, welcher nicht auf eine Klammerdrahtkassette gerichtet ist, geht es präziser formuliert darum, ein Klammerdrahtbogenpaket für eine Klammerdrahtkassette bereitzustellen, die wiederholt verwendet werden kann, ohne dass sich ein spezielles Problem bei der Entsorgung stellt.
Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Anspruch 10 des Klagepatents die Kombination folgender Merkmalen vor:
(1) Klammerdrahtbogenpaket zur Verwendung für eine Klammerdrahtkassette
(2) mit einem Bandelement zum Bündeln einer vorbestimmten Anzahl von Klammerdrahtbögen (2), die einer über dem anderen geschichtet sind.
(3) Die geschichteten Klammerdrahtbögen (2) sind durch das Bandelement gebündelt, wenn die Klammerdrahtbögen (2) in die Klammerdrahtkassette geladen werden.
(4) Das Bandelement wird von den geschichteten Klammerdrahtbögen (2) gelöst, nachdem der Ladevorgang für die geschichteten Klammerdrahtbögen (2) abgeschlossen ist.
Der nebengeordnete Patentanspruch 10 ist ein Sachanspruch, der auf ein Klammerdrahtbogenpaket gerichtet ist.
Soweit es in Patentanspruch 10 einleitend heißt, dass es sich bei dem geschützten Gegenstand um ein „Klammerdrahtbogenpaket zur Verwendung für eine Klammerdrahtkassette“ handelt, stellt die in dieser Formulierung enthaltene Angabe „zur Verwendung für eine Klammerdrahtkassette“ kein unmittelbares Merkmal der unter Schutz gestellten Vorrichtung, sondern lediglich eine den Patentanspruch einleitende Zweckbestimmung des Gegenstandes der Erfindung dar. Es handelt sich damit um eine Zweckangabe. Zweck- oder Funktionsangaben in einem Sachanspruch beschränken als solche dessen Gegenstand regelmäßig nicht (BGHZ 72, 236 = GRUR 1979, 149, 151 – Schießbolzen; BGH, GRUR 2006, 570 Rdnr. 21 – extracoronales Geschiebe; GRUR 2006, 923 Rdnr. 15 – Luftabscheider für Milchsammelanlage; GRUR 2009, 838 – Bauschalungsstütze). Die Zweckangabe ist damit nicht etwa bedeutungslos. Sie hat vielmehr regelmäßig die Aufgabe, den durch das Patent geschützten Gegenstand dahin zu definieren, dass er nicht nur die räumlich-körperlichen Merkmale erfüllen, sondern auch so ausgebildet sein muss, dass er für den im Patentanspruch angegebenen Zweck verwendbar ist (BGHZ 112, 140, 155 f. = GRUR 1991, 436 – Befestigungsvorrichtung II; BGHZ 72, 236 = GRUR 1979, 149, 151 – Schießbolzen; BGH, GRUR 1981, 259, 260 – Heuwerbungsmaschine II; GRUR 2006, 923 Rdnr. 15 – Luftabscheider für Milchsammelanlage; GRUR 2009, 838 – Bauschalungsstütze; BGH, Urt. v. 06.07.2010 – X ZR 115/07, Umdr. S. 10 f. Tz. 14)). Dies bedeutet im Streitfall, dass das Klammerdrahtbogenpaket so ausgebildet sein muss, dass es in eine Klammerdrahtkassette eingesetzt werden kann. Hingegen folgt aus der in Rede stehenden Angabe nicht, dass es sich bei Patentanspruch 10 um einen Verwendungsanspruch oder sogar um einen Verfahrensanspruch handelt.
Die Merkmale (3) und (4), wonach die geschichteten Klammerdrahtbögen durch das Bandelement gebündelt sind, wenn die Klammerdrahtbögen in die Klammerdrahtkassette geladen werden, und wonach das Bandelement von den geschichteten Klammerdrahtbögen gelöst wird, nachdem der Ladevorgang für die geschichteten Klammerdrahtbögen abgeschlossen ist, beschreiben die Funktionsweise des erfindungsgemäßen Klammerdrahtbogenpaketes im Zusammenwirken mit der Klammerdrahtkassette, für das der Gegenstand der Erfindung bestimmt ist, näher. Der Fachmann entnimmt diesen Merkmalen, dass die übereinander zu einem Klammerdrahtbogenpaket geschichteten Klammerdrahtbögen durch das Bandelement (Merkmal (2)) derart gebündelt sind, dass sie (1) in ihrer durch das Bandelement gebündelten Form in die Klammerdrahtkassette geladen werden können, und dass (2) das Bandelement nach dem Laden von den geschichteten Klammerdrahtbögen gelöst werden kann. Hingegen versteht der Fachmann – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – diese Merkmale, obgleich sie auch den Ladevorgang und das Lösen des Bandelements im Anschluss an den Ladevorgang beschreiben, nicht dahin, dass sie ein Verfahren beschreiben, nämlich das Verfahren des Einsetzens des Klammerdrahtbogenpakets in die Klammerdrahtkassette, bei dem in einem ersten Verfahrensschritt das Klammerdrahtbogenpaket in gebündelter Form in die Kassette eingesetzt und bei dem in einem zweiten Verfahrensschritt das Bandelement nach Abschluss des Ladevorgangs von dem Klammerdrahtbogenpaket gelöst wird.
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, würde letztere Auslegung zu dem ungewöhnlichen Ergebnis führen, dass innerhalb ein- und desselben Patentanspruchs Merkmale eines Erzeugnisses und Merkmale eines Verfahrens miteinander vermischt wären. Eine solche Mischung von Patentkategorien innerhalb eines Patentanspruchs ist jedoch im Erteilungsverfahren tunlichst zu vermeiden, weil durch solche Mischformen die Gefahr besteht, dass unklar ist, welcher Kategorie der Anspruch letztlich angehört und damit auch der Schutzbereich zweifelhaft ist (Schulte/Moufang, PatG, 8. Aufl., § 1 Rdnr. 197; Benkard/Bacher/Mellulis, a.a.O., § 1 PatG Rdnr. 6 m. w. Nachw.). Zwar schließt dies die Erteilung eines entsprechenden Patentanspruchs nicht aus. Sie wird jedoch im Zweifel nicht gewollt sein.
Von einer solchen Mischform wird der Fachmann vorliegend auch nicht ausgehen. Im Hinblick auf den Wortlaut der Merkmale (3) und (4) wird der Fachmann die zutreffende Kategorie des Patentanspruchs 10 im Wege der Auslegung anhand der Patentschrift ermitteln (vgl. hierzu Benkard/Bacher/Mellulis, a.a.O., § 1 PatG Rdnr. 6). Er wird hierbei maßgeblich darauf abstellen, wie der Anspruchswortlaut eingeleitet wird, ob also im Oberbegriff ein Erzeugnis genannt ist oder aber ob dort von einem Verfahren die Rede ist. Der Einleitung des Patentanspruchs 10 entnimmt der angesprochene Fachmann, dass dieser Anspruch nach dem eindeutigen Anspruchswortlaut ein „Klammerdrahtbogenpaket“ betrifft, was dafür spricht, dass es sich bei Patentanspruch 10 um einen Sachanspruch handelt. Hiermit im Einklang steht, dass das Klagepatent die Bezeichnung „staple cartridge and staple sheet pack“ („Klammermagazin und Klammerpaket“) trägt. Zudem erkennt der Fachmann, dass es sich bei Merkmal (2) eindeutig um ein Sachmerkmal handelt.
In dem Verständnis, dass Patentanspruch 10 ein Sachanspruch ist, wird der Fachmann durch die Klagepatentbeschreibung bestärkt. Denn in dieser heißt es einleitend ausdrücklich, dass die Erfindung eine Klammerdrahtkassette und zudem „ein Klammerdrahtbogenpaket zur Verwendung für die Klammerdrahtkassette“ betrifft (Anlage K 6a, Seite 1, Zeilen 7 bis 12).
In der weiteren allgemeinen Klagepatentbeschreibung wird, soweit sich diese mit dem Klammerdrahtbogenpaket befasst, ebenfalls auf das Erzeugnis abgestellt. So heißt es zunächst auf Seite 4, Zeilen 11 bis 22, der Klagepatentbeschreibung (Unterstreichung hinzugefügt):
„Zusätzlich wird gemäß einem dritten Aspekt der vorliegenden Erfindung ein Klammerdrahtbogenpaket zur Verwendung für die gemäß dem vorhergehenden Aspekt der vorliegenden Erfindung konstruierte Klammerdrahtkassette vorgesehen, bei dem das Klammerdrahtbogenpaket aus einem Material, wie beispielsweise Papier, Kunstharz oder ähnlichem hergestellt ist, die jeweils bei der Entsorgung als verbrennbares Abfallmaterial behandelt werden können mit geringerer Umweltverschmutzung, mehrere Klammerdrahtbögen in dem Klammerdrahtbogenhalter in geschichtetem Zustand aufgenommen und die Klammerdrahtbögen und der Klammerdrahtbogenhalter unter Verwendung eines Bandes zusammen gebündelt sind.
Im daran anschließenden Absatz heißt es auf Seite 4, Zeilen 24 bis 31, der Klagepatentbeschreibung (Unterstreichung hinzugefügt):
„Mit der Klammerdrahtkassette gemäß dem zweiten Aspekt der vorliegenden Erfindung kann das Klammerdrahtbogenpaket, bestehend aus dem Klammerdrahtbogenhalter und mehreren Klammerdrahtbögen lösbar bzw. abnehmbar in die Klammerdrahtkassette eingepasst bzw. in diese aufgenommen werden. Dadurch kann die Klammerdrahtkassette selbst wiederholt verwendet werden, indem jedes leere Klammerdrahtbogenpaket durch ein neues ausgetauscht wird.“
Daran anschließend heißt es auf Seite 4, Zeile 33, bis Seite 5, Zeile 7, der allgemeinen Klagepatentbeschreibung (Unterstreichung hinzugefügt):
„Das Klammerdrahtbogenpaket gemäß dem dritten Aspekt der vorliegenden Erfindung ist die Art konstruiert, dass eine vorbestimmte Anzahl an Klammerdrahtbögen in dem Klammerdrahtbogenhalter aufgenommen wird, der bezüglich der Entsorgung als brennbarer Abfall behandelt werden kann, und sie werden unter Verwendung eines Bandes zusammengebündelt. Wird die die gebündelte Anordnung aufgelöst, indem die Verbindung durch das Band gelöst oder dieses durchrissen wird, nachdem das Klammerdrahtbogenpaket in die Klammerdrahtbogenkassette geladen wurde, ist dadurch ein Klammerdrahtzufuhrvorgang beendet. Der leere Klammerdrahtbogenhalter wird als brennbarer Abfall weggeworfen.“
Schließlich heißt es auf Seite 6, Zeilen 9 bis 18, der Klagepatentbeschreibung (Unterstreichung hinzugefügt):
„Mit dem Klammerdrahtbogenpaket gemäß dem fünften Aspekt der vorliegenden Erfindung kann eine vorbestimmte Anzahl an Klammerdrahtbögen, die in dem Klammerdrahtbogenhalter aufgenommen sein können, unter Verwendung eines Bandes zusammen gebündelt werden, um ein einzelnes Klammerdrahtbogenpaket auszubilden, das wiederum in den Klammerdrahtbogenhalter geladen wird. Folglich wird eine vorbestimmte Anzahl an Klammerdrahtbögen in dem Klammerdrahtbogenhalter zugeführt, wenn der gebündelte Zustand des Klammerdrahtbogenpaketes aufgelöst ist.“
In den zitierten Beschreibungsstellen wird jeweils das Klammerdrahtbogenpaket als solches angesprochen, dessen Konstruktion und Funktionsweise beschrieben wird. Ein Hinweis darauf, dass nicht Schutz für dieses Erzeugnis, sondern ein Verfahren beansprucht wird, ist der allgemeinen Patentbeschreibung nicht zu entnehmen.
Auch die besondere Klagepatentbeschreibung spricht dafür, dass Patentanspruch 10 (insgesamt) als Sachanspruch zu verstehen ist. Wie das Landgericht zutreffend herausgearbeitet hat, befasst sich diese damit, wie das Bandelement zum Zusammenbündeln der Klammerdrahtbögen körperlich auszugestalten ist, damit es nach dem Laden des Klammerdrahtbogenpaketes in die Klammerdrahtkassette noch abziehbar ist. So wird auf Seite 13, Zeilen 13 bis 30, der Patentbeschreibung beschrieben, dass überlappende Enden des Bandes aneinander haftend miteinander verbunden werden sollen und darüber hinaus eine Lasche vorgesehen sein soll, die nicht mit Haftmittel versehen ist und an der man ziehen kann, um die Verhaftung aufzubrechen. Die Ausgestaltung ist auch in den Figuren 4 und 5 des Klagepatents gezeigt, wobei es zuvor in der die Figur 5 betreffenden Kurzbeschreibung heißt, dass diese „eine perspektivische Ansicht einer Klammerdrahtkassette und eines Klammerdrahtbogenpaketes, konstruiert gemäß einem zweiten Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung“ ist (Anlage K 6a, Seite 8, Zeilen 4 bis 8). Ebenso heißt es in der Kurzbeschreibung zu Figur 1, dass diese Figur „eine perspektivische Ansicht einer Klammerdrahtkassette und eines Klammerdrahtbogenpaketes, konstruiert gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung“ zeigt (Anlage K 6a, Seite 7, Zeilen 27 bis 30). Der Fachmann entnimmt dem, dass es um die Ausgestaltung des Klammerdrahtbogenpaketes bzw. des Bandelementes geht, welche ein Ablösen des Bandes von den geschichteten Klammerdrahtbögen nach dem Ladevorgang ermöglichen soll. Zwar wird in der oben angesprochenen Beschreibungsstelle auch beschrieben, dass das Band von dem Klammerdrahtbogenpaket gelöst wird, nachdem dieses in die Klammerdrahtkassette geladen wurde (Anlage K 6a, Seite 13, Zeilen 25 f.). Dies versteht der Fachmann aber nicht als Beschreibung eines bestimmten Verfahrens, sondern als Beschreibung der Funktionsweise des Klammerdrahtbogenpaketes, welche Funktionsweise sich aus der konstruktiven Ausgestaltung des zuvor im Einzelnen beschriebenen Bandes ergibt.
Da schließlich auch weder der Würdigung des Standes der Technik durch die Klagepatentschrift noch der in der Klagepatentschrift formulierten Aufgabenstellung ein Hinweis darauf zu entnehmen ist, dass Gegenstand des Klagepatents auch ein Verfahren sein könnte, wird der Fachmann vor diesem Hintergrund annehmen, dass Patentanspruch 10 ein reiner Sachanspruch ist und es sich demgemäß bei den Merkmalen (3) und (4) nicht um Verfahrensmerkmale handelt. Der Fachmann wird diese Merkmale vielmehr dahin verstehen, dass sie die Funktionsweise bzw. den Verwendungszweck des Gegenstands der Erfindung näher beschreiben und zum Ausdruck bringen, dass die übereinander zu einem Klammerdrahtbogenpaket geschichteten Klammerdrahtbögen durch das Bandelement nicht beliebig, sondern in bestimmter Weise, nämlich derart gebündelt sind, dass sie in dieser gebündelten Form in die Klammerdrahtkassette geladen werden können, und dass das Bandelement nach dem Laden im geladenen Zustand gelöst werden kann. Die Merkmale (3) und (4) sind damit nicht bedeutungslos. Denn sie verdeutlichen dem Fachmann, dass das Klammerdrahtbogenpaket bzw. sein Bandelement so ausgebildet sein muss, dass es im gebündelten Zustand in eine Klammerdrahtkassette eingesetzt und dass das Bandelement hiernach im eingesetzten Zustand von dem Klammerdrahtbogenpaket gelöst werden kann. Die Merkmale (3) und (4) umschreiben insoweit bestimmte räumlich-körperliche bzw. funktionale Anforderungen an den geschützten Gegenstand, die sich aus den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs noch nicht ergeben.
C.
Zu Recht ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die angegriffenen Ausführungsformen der unter Schutz gestellten technischen Lehre des Patentanspruchs 10 wortsinngemäß entsprechen.
Dass die angegriffenen Klammerdrahtbogenpakete die Merkmale (1) und (2) der vorstehenden Merkmalsgliederung wortsinngemäß verwirklichen, steht zwischen den Parteien auch in der Berufungsinstanz – zu Recht – außer Streit.
Streit besteht allein darüber, ob die angegriffenen Ausführungsformen auch die Merkmale (3) und (4) verwirklichen. Diesbezüglich kommt es aus den vorstehenden Gründen lediglich darauf an, ob die angegriffenen Ausführungsformen so ausgestaltet sind, dass sie in ihrer durch das Bandelement gebündelten Form in eine entsprechende Klammerdrahtkassette eingesetzt werden können, und dass nach dem Ladevorgang das Bandelement von dem Klammerdrahtbogenpaket im geladenen Zustand gelöst werden kann.
Dass die angegriffenen Ausführungsformen in dem Zustand, in dem die geschichteten Klammerdrahtbögen durch das Bandelement gebündelt sind, in eine passende Klammerdrahtkassette eingesetzt werden können, ziehen die Beklagten nicht in Zweifel und dies hat die Klägerin im Verhandlungstermin auch anhand eines Musters einer angegriffenen Ausführungsform demonstriert. Merkmal (3) wird von den angegriffenen Ausführungsformen deshalb wortsinngemäß verwirklicht.
Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen entgegen der Auffassung der Beklagten auch das Merkmal (4). Denn sie sind so ausgestaltet, dass das Bandelement nach dem Ladevorgang von dem Klammerdrahtbogenpaket gelöst werden kann.
Das Landgericht hat hierzu auf der Grundlage einer von der Klägerin im Verhandlungstermin vor dem Landgericht an Hand von zwei Mustern der angegriffenen Ausführungsformen durchgeführten Demonstration festgestellt, dass das Bandelement des Klammerdrahtbogenpaketes auch dann noch von den geschichteten Klammerdrahtbögen lösbar ist, wenn die Klammerdrahtbögen in die Klammerdrahtkassette geladen worden sind. Um das Bandelement zu lösen, wird an der freiliegenden Lasche gezogen, wodurch der kurze Bereich, in dem das Bandelement mit seinem anderen Ende verklebt ist, aufgebrochen wird und das lose Bandelement entfernt werden kann. Zwar sind nach den Ausführungen des Landgerichts bei der ersten Demonstration die Klammerdrahtbögen aus der Klammerdrahtkassette herausgefallen, als Zug auf das Bandelement ausgeübt worden ist. Bei der zweiten Demonstration sind – bei Ausübung eines behutsameren Zugs auf das Bandelement – die Klammerdrahtbögen jedoch in der Klammerdrahtkassette verblieben, so dass sich das Bandelement ohne weiteres im geladenen Zustand hat ablösen lassen.
Davon, dass sich das Bandelement des Klammerdrahtbogenpaketes auch dann noch von den geschichteten Klammerdrahtbögen ablösen lässt, wenn die Klammerdrahtbögen bereits in die Klammerdrahtkassette geladen worden sind, hat sich der Senat auch selbst überzeugt. Im Verhandlungstermin hat ein Mitarbeiter der Klägerin die Handhabung eines der angegriffenen Klammerdrahtbogenpakete mit einer Klammerdrahtkassette der Klägerin demonstriert. Das Bandelement konnte hierbei im geladenen Zustand wiederum ohne Weiteres von dem Klammerdrahtbogenpaket gelöst werden, ohne dass auch nur ein einziger Klammerdrahtbogen aus der Klammerdrahtkassette herausgefallen ist.
Soweit die Beklagten im Verhandlungstermin mit Nichtwissen bestritten haben, dass es sich bei dem zur Demonstration verwandten Klammerdrahtbogenpaket um ein solches Klammerdrahtbogenpaket handelt, wie es bei der erstinstanzlichen Demonstration verwandt worden ist, kommt es hierauf nicht an. Entscheidend ist, dass es sich bei dem verwandten Klammerdrahtbogenpaket um ein Muster einer der angegriffenen Ausführungsformen handelt, welche sich unstreitig nur in ihrer Größe unterscheiden. Ausweislich des an der Kassette angebrachten Farbbandes handelt es sich um die Ausführungsform G 1. Dass es sich bei dem zur Demonstration verwandten Muster um ein Muster der angegriffenen Ausführungsformen handelt, haben die Beklagten nicht in Abrede. Sofern sie auch dies bestreiten wollten, wäre ihr bloßes Bestreiten mit Nichtwissen auch unerheblich. Denn sie hätten im Einzelnen aufzeigen müssen, ob und inwiefern sich das betreffende Muster von den von ihnen vertriebenen Klammerdrahtbogenpaketen unterscheidet.
Selbst wenn man annimmt, dass sich das Bandelement bei den angegriffenen Ausführungsformen im geladenen Zustand nicht immer so einfach ablösen lässt, wie dies bei dem im Verhandlungstermin benutzten Muster der Fall gewesen ist, etwa bei kleineren Größen eine behutsamere Handhabung erforderlich ist, entsprechen die angegriffenen Ausführungsformen den Vorgaben des Merkmals (4). Denn es reicht jedenfalls aus, dass das Bandelement im geladenen Zustand von dem Klammerdrahtbogenpaket von einem durchschnittlich geschickten Benutzer von dem Klammerdrahtbogenpaket abgelöst werden kann, was zweifelsfrei der Fall ist.
Es gibt keinen Rechtssatz, wonach eine planmäßige, nur zufällige Verwirklichung eines erteilten Patentanspruchs nicht verletzend sei (Benkard/Scharen, a.a.O., § 14 Rdnr. 88). Entscheidend ist, ob die Merkmale der angegriffenen Ausführungsform objektiv geeignet sind, die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen (Benkard/Scharen, a.a.O., § 14 Rdnr. 88). Allenfalls kann mangels objektiver erfindungsgemäßer Geeignetheit der verwendeten Mittel eine Patentverletzung zu verneinen sein, wenn infolge einer „Fehlkonstruktion“ nur in Einzelfällen oder nur unter Schwierigkeiten und nur gelegentlich die Wirkung der geschützten Merkmale erreicht wird (Benkard/Scharen, a.a.O., § 14 Rdnr. 88). Ein Patent ist nicht nur gegen quantitativ erhebliche Eingriffe zu schützen; auch zahlenmäßig unerhebliche Eingriffe in ein Patent sind als Verletzung des Rechts des Patentinhabers zu werten (Benkard/Scharen, a.a.O., § 14 Rdnr. 88). Wenn eine Vorrichtung so hergerichtet ist, dass sie in patentverletzender Weise bedient werden kann, sind deren Herstellung und Vertrieb grundsätzlich eine Patentverletzung (vgl. Benkard/Scharen, a.a.O., § 14 Rdnr. 88). Demgemäß hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass eine Patentverletzung jedenfalls vorliegt, wenn die Merkmale des Patentanspruchs verwirklicht sind und die angegriffene Ausführungsform objektiv geeignet ist, die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen (BGH, GRUR 2006, 399, 401 – Rangierkatze; vgl. a. Benkard/Scharen, a.a.O., § 14 Rdnr. 88). Einer Patentverletzung steht es nicht einmal entgegen, dass eine Vorrichtung normalerweise anders bedient wird und die Abnehmer deshalb von der patentverletzenden Lehre regelmäßig keinen Gebrauch machen. Die Patentverletzung entfällt in einem solchen Fall selbst dann nicht, wenn – was hier nicht einmal der Fall ist – der Hersteller ausdrücklich eine andere Verwendung seiner Vorrichtung empfiehlt, solange die Nutzung der patentgemäßen Lehre möglich bleibt (BGH, GRUR 2006, 399, 401 – Rangierkatze; Benkard/Scharen, a.a.O., § 14 Rdnr. 88). Eine solche Nutzung ist vorliegend ohne weiteres möglich.
D.
Mit Recht ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Beklagten passivlegitimiert sind.
1.
Wie die Klägerin dargetan und belegt hat, hat die Beklagte zu 1. die angegriffenen Ausführungsformen E 1, G 1 und L 1 der B GmbH im Inland angeboten. Das hierzu von der Klägerin als Anlage K 17a vorgelegte Angebot der Beklagten zu 1. vom 11. August 2006 ist der B GmbH unstreitig als Email übermittelt worden. Dieses Angebot betrifft u. a. das Produkt „E 1“ mit der Artikelnummer GR 50310ZZZ, das Produkt „G 1“ mit der Artikelnummer GR 50310YYZ und das Produkt „L 1“ mit der Artikelnummer GR 50310YXZ. Soweit die Beklagten in erster Instanz geltend gemacht haben, die Anlage K 17a betreffe „andere Produkte“, ist das darin liegende Bestreiten völlig unzureichend und daher unerheblich. Denn die Beklagten tragen nicht ansatzweise vor, um welche anderen Produkte es sich bei den angebotenen Produkten „E 1 mit der Artikelnummer GR 50310ZZZ, „G 1“ mit der Artikelnummer GR 50310YYZ und „L 1“ mit der Artikelnummer GR 50310YXZ handeln soll. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts bietet die Beklagte zu 1. die angegriffene Ausführungsformen E 1, G 1 und L 1 unter diesen Typenbezeichnungen und mit diesen Artikelnummern an. Eben diese Produkte hat die Beklagte zu 1. der B GmbH ausweislich der Anlage K 17a angeboten.
2.
Darüber hinaus sind die Beklagten auch deshalb passivlegitimiert, weil sie für von ihrer deutschen Abnehmerin im Inland begangene Verletzungshandlungen mitverantwortlich sind.
a)
Wie bereits ausgeführt (siehe oben unter A. 1.), trifft den ausländischen Hersteller oder Händler patentverletzender Vorrichtungen eine Mitverantwortung schon dann, wenn er seine Erzeugnisse an einen inländischen Abnehmer liefert, von dem er weiß, dass dieser die Ware bestimmungsgemäß im Bundesgebiet weitervertreibt. Es reicht aus, wenn der ausländische Lieferant weiß, dass das Inland Bestimmungsland ist, weil er bereits dadurch den inländischen Vertrieb bewusst und willentlich mitverursacht hat.
b)
So verhält es sich auch hier.
Alle angegriffenen Ausführungsformen sind an die B GmbH geliefert worden. Dass der die angegriffenen Ausführungsformen E 1, G 1 und L 1 betreffende Auftrag gemäß dem Angebot vom 11. August 2006 (Anlage K 17a) tatsächlich zur Auslieferung gekommen ist, wird von den Beklagten – auch in der Berufungsinstanz – nicht bestritten. Dass auch die angegriffene Ausführungsform J 1 an die B GmbH geliefert worden ist, ergibt sich nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts aus der Bescheinigung LS 1 der Spedition C. Darüber hinaus geht aus dem als Anlage K 21 vorgelegten Lieferschein hervor, dass die angegriffenen Ausführungsformen E 1, J 1 und L 1 an die B GmbH nach Deutschland versandt worden sind. Dass die Lieferungen an die in Deutschland ansässige B GmbH gegangen sind, stellen die Beklagten letztlich auch gar nicht in Abrede. Sie behaupten nur, dass die Spedition C nicht von der Beklagten zu 1., sondern von der B GmbH beauftragt worden sei. Darauf kommt es jedoch nicht an. Es reicht aus, dass die Beklagte zu 1. – wovon aufgrund der langjährigen Geschäftsbeziehung mit der B GmbH und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auszugehen ist – die angegriffenen Ausführungsformen in Kenntnis ihrer Versendung und ihres Importes nach Deutschland an den Spediteur übergeben haben.
Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts hat die B GmbH die an sie gelieferte Ware in der Bundesrepublik Deutschland weitervertrieben, und zwar an die Firma A.
Dass die Ware von der B GmbH in Deutschland in den Verkehr gebracht wird, haben die Beklagten – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – zumindest billigend in Kauf genommen. Die angegriffenen Ausführungsformen sind an einen in Deutschland ansässigen Händler geliefert worden, zu dem die Beklagte zu 1. – was durch die vorliegenden Unterlagen belegt ist – eine langjährige Geschäftsbeziehung unterhalten hat. Damit, dass dieser die Ware (auch) in der Bundesrepublik Deutschland weitervertreibt, mussten die Beklagten rechnen und dies haben sie zumindest billigend in Kauf genommen. Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang behaupten, die B GmbH habe die in Rede stehenden Produkte nur zum Zwecke des Weitervertriebs in Osteuropa, namentlich Tschechien, geordert, ist ihr Vorbringen ohne Substanz. Denn es fehlt an näheren, überprüfbaren und einlassungsfähigen Angaben dazu, was in diesem Zusammenhang wann und wo zwischen welchen Personen konkret besprochen worden sein soll. Überhaupt ist nach dem Vorbringen der Beklagten völlig unklar, ob es überhaupt diesbezügliche Gespräche gegeben hat. Die Beklagten führen nämlich auch aus, dass der Beklagten zu 1. (bloß) „der Eindruck vermittelt“ worden sei, die bestellten Waren seien für den Vertrieb nach Osteuropa bestimmt. Konkreter Sachvortrag dazu, woraus die Beklagte zu 1. dies geschlossen hat, fehlt. Zwar haben die Beklagten auf den in dem Parallelverfahren (4 O 268/08) ergangenen Hinweisbeschluss des Landgerichts, mit dem die Kammer darauf hingewiesen hat, dass das betreffende Vorbringen der Beklagten unsubstanziiert ist, noch vorgetragen, der vormalige Mitarbeiter Meise der B GmbH habe in einem – nicht näher bezeichneten – Rechtsstreit zwischen der B GmbH und der Beklagten zu 1. vor dem Landesgericht Wiener Neustadt als Zeuge bekundet, dass bei den Kontakten zwischen der B GmbH und der Beklagten zu 1., insbesondere bei der erstmaligen Präsentation der B GmbH gegenüber der Beklagten zu 1., auf den Export nach Osteuropa hingewiesen worden sei. Auch dies haben sie jedoch nicht näher konkretisiert. Insbesondere lässt sich dem vagen Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen, dass eine derartige Aussage seitens der B GmbH auch im Hinblick auf die hier angegriffenen Produkte erfolgt sein soll. Daraus, dass die B GmbH anlässlich einer ersten Vorstellung ihres Unternehmens bei der Beklagten zu 1. möglicherweise (auch) auf Exporte nach Osteuropa hingewiesen hat, konnten und durften die Beklagten nicht darauf schließen, dass sämtliche in der Folgezeit im Rahmen der langjährigen Geschäftsbeziehung mit der B GmbH von dieser bei ihnen georderten Waren für einen Export nach Osteuropa bestimmt sind. Ihr Vorbringen haben die Beklagten auch in der Berufungsinstanz nicht weiter konkretisiert; dieses ist weiterhin völlig vage. Der fehlende substantiierte Sachvortrag kann auch nicht durch einen auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gerichteten Beweisantritt ersetzt werden.
Im Übrigen träfe die Beklagen eine Mitverantwortung für von der B GmbH in Deutschland begangene Verletzungshandlungen selbst dann, wenn die angegriffenen Ausführungsformen von der B GmbH vom Inland aus an in Osteuropa ansässige Abnehmer veräußert worden wären. Denn die Lieferung eines Erzeugnisses, das Gegenstand eines Patent ist, vom Inland in das Ausland stellt eine Patentbenutzung im Inland dar (Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 Rdnr. 11 m. w. Nachw.), und zwar selbst dann, wenn diese Gegenstände zuvor zur Weiterbeförderung in das Inland eingeführt worden waren (Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 Rdnr. 11 m. w. Nachw.). Ebenso stellt das Anbieten eines Erzeugnisses, das Gegenstand eines Patents ist, eine inländische Patentbenutzung auch dann dar, wenn das Erzeugnis vom Anbieter ins Ausland geliefert werden soll. Eine inländische Benutzungshandlung liegt beim Anbieten im Inland selbst dann vor, wenn der Verkauf im Ausland erfolgt (Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 Rdnr. 11 m. w. Nachw.).
D.
Die Verbietungsrechte der Klägerin aus dem Klagepatent sind nicht erschöpft. Erschöpfung meint den Verbrauch des Patentrechts. Der Einwand der Erschöpfung ist begründet, wenn die Partei, die sich darauf beruft, schlüssig darlegen kann, dass der Patentinhaber selbst oder ein mit dessen Zustimmung handelnder Dritter das patentierte Erzeugnis in einem der Vertragsstaaten der Europäischen Union in Verkehr gebracht hat (BGH, GRUR 1997, 116 – Prospekthalter; BGH, GRUR 2001, 223 – Bodenwaschanlage; Benkard/Scharen, PatG GebrMG, § 9 PatG Rdnr. 16 m. w. Nachw.). Dazu fehlt es in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen an jedwedem Vorbringen der Beklagten.
Soweit das Vorbringen der Beklagten so zu verstehen sein sollte, dass sie geltend machen wollen, die (End-)Abnehmer seien zum Beladen der Klammerdrahtkassetten der Klägerin mit den angegriffenen Klammerdrahtbogenpaketen als Verbrauchsmaterialien befugt, können die Beklagten hieraus von vornherein nichts für sich herleiten, weil sie selbst keine von der Klägerin stammenden Klammerdrahtkassetten mit den angegriffenen Ausführungsformen bestücken. Abgesehen davon, können die Abnehmer den die Klammerdrahtkassette betreffenden Anspruch 1 des Klagepatents durch das Beladen der von der Klägerin stammenden Klammerdrahtkassetten mit den angegriffenen Ausführungsformen ohnehin nicht verletzen, weil Patentanspruch 1 nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts das Vorhandensein von Klammerdrahtbogen bzw. eines Klammerddrahtbogenpaketes nicht voraussetzt. Die Abnehmer bedürfen daher, was den Patentanspruch 1 anbelangt, keiner Erlaubnis der Klägerin. Dafür, dass die Klägerin den Erwerbern ihrer Klammerdrahtkassetten und/oder Hefter eine stillschweigende Erlaubnis hinsichtlich der Benutzung des Patentanspruchs 10 betreffend Klammerdrahtbogenpakete aus dritter Quelle erteilt, kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil sich die Klammerdrahtkassetten der Klägerin auch mit Klammerdrahtbogenpaketen bestücken lassen, die nicht von der technischen Lehre des Patentanspruchs 10 Gebrauch machen, so dass die Klammerdrahtkassetten der Klägerin nicht nur mit erfindungsgemäßen Klammerdrahtbogenpaketen benutzt werden können. Den angemessenen Lohn für das Bereitstellen der neuen technischen Lehre des Patentanspruchs 10 erhält der Erfinder im vorliegenden Fall überdies erst, wenn er am Vertrieb der patentgemäßen Klammerdrahtbogenpakete partizipiert. Das in der Verwertung der Erfindung nach Anspruch 10 des Klagepatents liegende wirtschaftliche Potential ist ersichtlich mit dem Kaufpreis für eine wiederbeladbare Klammerdrahtkassette nicht ausgeschöpft. Entscheidend kommt es hierauf im Streitfall allerdings nicht an, weil die Beklagten keine von der Klägerin stammenden Klammerdrahtkassetten zu deren bestimmungsgemäßen Gebrauch mit den angegriffenen Klammerdrahtbogenpaketen bestücken.
E.
Dass die Beklagten im Hinblick auf die festgestellte Schutzrechtsverletzung bzw.
–benutzung zur Unterlassung und zum Rückruf der patentverletzenden Erzeugnisse sowie, weil sie das Klagepatent, schuldhaft verletzt haben, auch zum Schadenersatz verpflichtet sind und der Klägerin, um ihr die Berechnung ihres Schadensersatzanspruches zu ermöglichen, über den Umfang ihrer Benutzungs- und Verletzungshandlungen Rechnung zu legen haben, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt; auf diese Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen mit folgenden Maßgaben Bezug genommen:
1.
Ein Anspruch auf Rückruf der patentverletzenden Erzeugnisse besteht – wie von der Klägerin nunmehr auch nur noch beantragt – hinsichtlich ab dem 30. April 2006 vertriebener Erzeugnisse.
Für die Zeit ab Umsetzung der Enforcement-Richtlinie am 1. September 2008 ergibt sich der zuerkannte Anspruch auf Rückruf unmittelbar aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG. Darüber hinaus steht der Klägerin ein entsprechender Anspruch auch für vor diesem Zeitraum liegende, ab dem 30. April 2006 begangene Handlungen zu. Mangels besonderer Überleitungsbestimmungen gilt die Neufassung des § 140a Abs. 3 PatG nur für solche Entstehungstatbestände, die nach Inkrafttreten der Bestimmung am 1. September 2008 verwirklicht worden sind (BGH, GRUR 2009, 515, 517 – Motorradreiniger). Für die Zeit nach dem
29. April 2006, bis zu welchem Zeitpunkt die Enforcement-Richtlinie spätestens von den Mitgliedstaaten umzusetzen war, folgt der Rückrufanspruch aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 PatG, 823 BGB, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. Art. 10 Abs. 1 der Enforcement-Richtlinie (vgl. Senat, Urt. v 27.1.2011 – I-2 U 18/09, – Faktor VIII-Konzentrat). Für Normen, die in Vollzug einer EG-Richtlinie erlassen worden sind, aber auch für früher erlassenes Recht, gilt der Grundsatz richtlinienkonformer Auslegung (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., Einl. Rdnr. 43 m. w. Nachw.). Die nationalen Gerichte haben unter Berücksichtigung des gesamten nationalen Rechts und unter Anwendung seiner Auslegungsmethoden alles zu tun, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie zu gewährleisten und in diesem Rahmen auch das nationale Recht richtlinienkonform fortzubilden (Palandt/Sprau, a.a.O., Einl. Rdnr. 43 m. w. Nachw.). Die Pflicht zur richtlinienkonform Auslegung beginnt mit Ablauf der Umsetzungsfrist (Palandt/Sprau, a.a.O., Einl. Rdnr. 43 m. w. Nachw.). Hält der Gesetzgeber die Frist für die Umsetzung einer Richtlinie nicht ein, müssen die Gerichte prüfen, ob die Richtlinie, etwa auf der Grundlage von Generalklauseln des nationalen Rechts, durch richtlinienkonforme Auslegung umgesetzt werden kann (Palandt/Sprau, a.a.O., Einl. Rdnr. 43 m. w. Nachw.). Nach Art. 10 der Enforcement-Richtlinie, welche bis zum 29. April 2006 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen, sollen die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsordnungen vorsehen, dass dem Verletzten eine Möglichkeit gegeben wird, den Rückruf der patentverletzenden Ware aus den Vertriebswegen zu erreichen. Diese Rechtsfolge lässt sich im Wege richtlinienkonformer Auslegung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog herleiten, denn diese Vorschrift berechtigt den Verletzten dazu, die „Beseitigung“ der Beeinträchtigung zu verlangen. Darunter lässt sich der Rückruf patentverletzender Ware aus den Vertriebswegen subsumieren (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 12.02.208 – 4b 220/08; ebenso LG Mannheim, InstGE 12, 207/208 – Stickstoffmonoxid-Nachweis). Entsprechend sieht Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140 a Abs. 3 PatG in Umsetzung der Enforcement-Richtlinie einen Anspruch auf Rückruf patentverletzender Erzeugnisse aus den Vertriebswegen vor. Die Entscheidung „Motorradreiniger“ des Bundesgerichtshofs (GRUR 2009, 515) steht dem nicht entgegen. Mit der Frage einer richtlinienkonformen Auslegung bislang bereits geltender Vorschriften des nationalen Rechts hat sich der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung nicht befasst und musste dies auch nicht tun. Denn das dortige Verfahren hatte – worauf der Bundesgerichtshof ausdrücklich hingewiesen hat (GRUR 2009, 515, 517 Tz. 22) – in der Revisionsinstanz nur rechtsverletzende Handlungen zum Gegenstand, die einen Zeitraum betrafen, der sowohl vor dem Inkrafttreten des Durchsetzungsgesetzes am 1. September 2008 als auch vor dem 29. April 2006 lag, bis zu dem die Durchsetzungsrichtlinie nach ihrem Art. 20 Satz 1 spätestens von den Mitgliedstaaten umzusetzen war.
2.
Die Beklagte zu 1. ist auch verpflichtet, die zurückgerufenen und an sie zurückgegebenen patentverletzenden Gegenstände wieder an sich zu nehmen. Diese Verpflichtung ist bereits Teil der Rückrufverpflichtung der Beklagten (vgl. Senat, Urt. v. 06.05.2010 – I-2 U 98//09, Umdr. Seite 27). Den geltend gemachten weitergehenden Entfernungsanspruch hat die Klägerin im Verhandlungstermin vor dem Senat zurückgenommen. Zur Klarstellung und im Hinblick auf die in der Berufungsinstanz vorgenommene zeitliche Beschränkung des Rückrufanspruchs hat der Senat den betreffenden Ausspruch im landgerichtlichen Urteil neu gefasst.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.