4a O 84/10 – Positionsdefiniertes Aufspannen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1652

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 31. Mai 2011, Az. 4a O 84/10

Rechtsmittelinstanz: 2 U 58/11

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten aus dem europäischen Patent 1 068 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent), dessen eingetragene Inhaberin sie ist, auf Unterlassung, Rechnungslegung, öffentliche Bekanntmachung des Urteils, Vernichtung und Rückruf sowie die Feststellung der Entschädigungs- und Schadenersatzpflicht in Anspruch.

Das Klagepatent wurde am 26.06.2000 unter Inanspruchnahme der Priorität der CH 129XXX vom 14.07.1999 in deutscher Sprache angemeldet. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 25.02.2004. Das Klagepatent ist in Kraft.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine“. Sein hier allein maßgeblicher Patentanspruch 1 lautet:

„Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine, mit einem im Arbeitsbereich der Bearbeitungsmaschine zu fixierenden Spannfutter (1) und einem auf das Spannfutter (1) aufsetzbaren und daran festzuspannenden Werkstückträger (25), ferner mit ersten Positioniermitteln (22, 23) am Spannfutter (1) und zweiten Positioniermitteln (29, 30) am Werkstückträger (25), welche als Richtelemente paarweise zusammenarbeiten und den Werkstückträger (25) in drei senkrecht zueinander verlaufenden Koordinatenachsen (X, Y, Z) sowie winkelgerecht gegenüber dem Spannfutter (1) positionieren, und mit einer Spannvorrichtung (12, 14, 18, 28), deren Spannkraft den Werkstückträger in der durch die Positioniermittel festgelegten Position am Spannfutter festhält, dadurch gekennzeichnet, dass die ersten Positioniermittel konische Zentrierzapfen (22) und die zweiten Positioniermittel Vertiefungen in Form einer zweistufigen Nut (30) aufweisen, welche zwei Absätze (31a, 31b) besitzt, deren gegen das Innere der Nut (30) vorstehenden Kanten (32a, 32b) einen gegenseitigen Abstand besitzen, der etwas geringer ist als die Breite eines Zentrierzapfens (22) zwischen denjenigen Stellen gemessen, die bei in das Spannfutter (1) eingespanntem Werkzeugträger (25) die Kanten (32a, 32b) berühren.“

Die nachfolgend (verkleinert) wiedergegebenen Figuren der Klagepatentschrift veranschaulichen den Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Figur 1 zeigt eine perspektivische Ansicht des Spannfutters.
Die Figur 3 bildet eine perspektivische Ansicht des Werkstückträgers ab, Figur 5 einen Schnitt durch den Werkstückträger.
Figur 6 zeigt einen schematisch dargestellten Teilschnitt durch eine Zentrieröffnung und einen Zentrierzapfen in größerem Maßstab.

In Figur 7 ist ein Schnitt entlang des Spannfutters abgebildet.
Die Beklagte zu 1), deren Gründer und Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist (welcher bis 2004 Leiter der Entwicklungsabteilung der Klägerin war), bietet an und vertreibt unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland Spannsysteme, hierunter ein Rollenspannsystem (im Folgenden angegriffene Ausführungsform A) und ein segmentiertes Spannsystem (im Folgenden angegriffene Ausführungsform B). Diese werden im Produktkatalog der Beklagten (Anlage K 7) wie folgt dargestellt:

Bezüglich der angegriffenen Ausführungsform A ist in der ersten Abbildung (Anlage K 7, S. 17) von oben betrachtet als zweites Bauteil der Werkstückträger, darunter ein von den Beklagten als Positionierring bezeichnetes Bauteil und darunter ein Spannfutter gezeigt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Positionierring einen Teil des Spannfutters darstellt. Die zweite Abbildung zeigt nochmals das Spannfutter und den Positionierring.

Die nachfolgende Abbildung ist Seite 7 des Katalogs gemäß Anlage K 7 entnommen und zeigt in vergrößerter Form das Ineinandergreifen von Zapfen und Nut.
Bezüglich der angegriffenen Ausführungsform B zeigt die erste der nachfolgenden Abbildungen als mittleres Teil den Werkstückträger und darunter das Spannfutter. Die zweite Abbildung zeigt das Spannfutter im Einzelnen (Anlage K 7 S. 26/27).

Die nachfolgende Zeichnung (Bl. 110 d.A.) stammt von den Beklagten und zeigt die Verbindung des verwendeten Zapfens (Kegels) mit der Nut.
Nach Auffassung der Klägerin machen die angegriffenen Ausführungsformen wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Die Klägerin macht insbesondere geltend: Die Verwirklichung sämtlicher Merkmale lasse sich den Angaben im Produktkatalog gemäß Anlage K 7 und den von den Beklagten vorgelegten Konstruktionszeichnungen entnehmen. Um die beworbene Wiederhol- und Repetiergenauigkeit zu erreichen, müsse der Zapfen entsprechend den Vorgaben des Patentanspruchs 1 breiter sein als die Nut. Auch sei insoweit die Ausbildung der patentgemäßen Kanten durch die Nutabsätze notwendig, die in den Abbildungen der angegriffenen Ausführungsformen auch erkennbar seien. Dass sich die Beklagten die Materialverformung der Nut in Relation zum breiteren Zapfen an den Nutkanten zunutze machen, werde für die angegriffene Ausführungsform B auch durch eine entsprechende Patentanmeldung des Beklagten zu 2 bestätigt (WO 2009/074273 A2, Anlage K 16).

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder im Falle wiederholter Zuwiderhandlung Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen,

Einrichtungen zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine, mit einem im Arbeitsbereich der Bearbeitungsmaschine zu fixierenden Spannfutter und einem auf das Spannfutter aufsetzbaren und daran festzuspannenden Werkstückträger, ferner mit ersten Positioniermitteln am Spannfutter und zweiten Positioniermitteln am Werkstückträger, welche als Richtelemente paarweise zusammenarbeiten und den Werkstückträger in drei senkrecht zueinander verlaufenden Koordinatenachsen (X, Y, Z), sowie winkelgerecht gegenüber dem Spannfutter positionieren und mit einer Spannvorrichtung, deren Spannkraft den Werkstückträger in der durch die Positioniermittel festgelegten Position am Spannfutter festhält,

wobei die ersten Positioniermittel konische Zentrierzapfen und die zweiten Positioniermittel Vertiefungen in Form einer zweistufigen Nut aufweisen, welche zwei Absätze besitzt, deren gegen das Innere der Nut vorstehenden Kanten einen gegenseitigen Abstand besitzen, der etwas geringer ist als die Breite eines Zentrierzapfens zwischen denjenigen Stellen gemessen, die bei in das Spannfutter eingespanntem Werkstückträger die Kanten berühren

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder besitzen,

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 18.02.2001 (der Beklagte zu 2 erst ab dem 26.03.2004) begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, –zeiten und –preisen (und Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen (nach Typenbezeichnungen) sowie den Namen und die Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns

wobei

es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und die Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. nur die Beklagte zu 1: die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. benannten Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihnen zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben;

4. nur die Beklagte zu 1: die vorstehend zu Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 29.04.2006 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte zu 1 oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1 zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird;

5. der Klägerin zu gestatten, den Urteilskopf und Tenor auf Kosten der Beklagten durch eine im Handelsblatt erscheinende halbseitige Anzeige in 3 aufeinander folgenden Ausgaben öffentlich bekannt zu machen;

II. festzustellen,

1. dass die Beklagte zu 1 verpflichtet ist, der Klägerin für die zu I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 18.02.2001 bis zum 25.03.2004 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 26.03.2004 entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise:
den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die das Klagepatent betreffende Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Beklagten stellen den Verletzungsvorwurf in Abrede und machen im Wesentlichen geltend: Bei der Ausführungsform A befänden sich die Positioniermittel nicht am Spannfutter, sondern an einem Positionierring, welcher gegenüber dem Spannfutter ein separates Element des Matrizenspannsystems darstelle und separat am Maschinenrahmen festgeschraubt werde. Hierdurch werde der Positionierring bei ungezwungener Betrachtung Bestandteil des Maschinenrahmens und sei nicht dem Spannfutter zuzuordnen. Ferner weise die Ausführungsform A keine zweistufigen Nuten mit Absätzen und Kanten, sondern konventionelle einstufige Nuten auf, die lediglich Abschrägungen mit fließenden Übergängen besäßen, durch welche eine Kantenbildung vermieden werde. Es bilde sich mithin auch kein Absatz, sondern eine Kurve. Schließlich sei der Zapfen in der angegriffenen Ausführungsform im maßgeblichen Bereich nicht breiter als die Nut. Zapfen und Nut seien passgenau, indem die Breite der Nut gleich bzw. geringfügig breiter als die Breite des Zapfens sei, wodurch ein ansonsten drohendes Kaltverschweißen vermieden werde. Die kraft- und formschlüssige Verbindung von Zapfen und Nut erfolge beim A-System dadurch, dass die Zapfen nicht exakt in der gleichen Achslage wie die Nuten angebracht seien.

Die Beklagten haben zudem zunächst vorgetragen, die Ausführungsform A weise keine konischen Zapfen im Sinne des Klagepatents auf. In der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten dann unstreitig gestellt, dass bei dem in der Verhandlung vorgelegten Muster die Zentrierzapfen konisch gestaltet sind.

Bei der angegriffenen Ausführungsform B, so die Beklagten, besäßen die Vertiefungen bzw. Nuten ebenfalls keine Absätze. Eine Kantenbildung werde gerade vermieden. Zapfen und Nut würden sich nicht auf einer durch vorstehende Absätze gebildeten Kante, sondern auf einer im Wesentlichen vertikal verlaufenden Linie Fläche auf Fläche berühren. Nut und Zapfen seien passgenau „Null auf Null“ gefertigt. Zu einem Kontakt zwischen Zapfen und Nut komme es nur oberhalb und nicht auch an dem von der Klägerin als Nutkanten angesehenen Bereich im Fasenübergang der Nut.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten vorgetragen, aufgrund (kostenintensiver) hochpräziser Fertigung mit einer Toleranz von 2 µm auf die Ausbildung einer sonst notwendigen Positionierungskante sowie auf eine patentgemäße Übermaßbreite des Zapfens verzichten zu können.

Schließlich werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsklageverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen, weshalb der Rechtsstreit zumindest auszusetzen sei.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten und dem Aussetzungsbegehren entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Entschädigung, Schadensersatz, Rechnungslegung und Auskunft, Rückruf, Vernichtung sowie Urteilsveröffentlichung nicht zu. Dass die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen, lässt sich nicht feststellen.

I.
Das Klagepatent bezieht sich auf eine Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine, mit einem im Arbeitsbereich der Bearbeitungsmaschine zu fixierenden Spannfutter und einem auf das Spannfutter aufsetzbaren und daran festzuspannenden Werkstückträger.

Wie in der Klagepatentschrift einleitend ausgeführt wird, sind derartige Einrichtungen bekannt und dienen vornehmlich dazu, zu bearbeitende Werkstücke mit hoher Präzision in eine Bearbeitungsmaschine einzuspannen, wobei insbesondere auch die Repetiergenauigkeit der Einspannung gewährleistet werden soll. Aus der EP-A1-0255 042 ist zum Beispiel eine Einrichtung bekannt, die zwei über die Oberfläche des Spannfutters hinausragende Zentrierleistenpaare aufweist, die mit Anlageflächen zur Ausrichtung des Werkstückträgers in X- und Y-Richtung versehen sind. Ferner sind vier über die Oberfläche des Spannfutters vorstehende Zapfen vorgesehen, die für die Ausrichtung des Werkstückträgers in Z-Richtung verantwortlich sind. Der zugeordnete Werkzeughalter weist eine plane Oberfläche auf, die gegen die Stirnfläche der vorerwähnten Zapfen aufzuliegen bestimmt ist. Ferner sind im Werkzeughalter zwei Paare von auf die Zentrierleisten ausgerichtete Nuten mit zur Anlage an die Leisten vorgesehenen elastischen Lippen vorhanden. Schließlich ist der Werkzeughalter mit einer Mittelbohrung zur Aufnahme eines Zugbolzens versehen, mit Hilfe dessen die zur lagegerechten Zentrierung des Werkstückträgers erforderliche Spannkraft übertragen wird. Dabei weist das Spannfutter einen zentrisch angeordneten Kugelverschluss auf, der mit diesem Zugbolzen zusammenarbeitet.

An den bekannten Einrichtungen bezeichnet es das Klagepatent als nachteilig, dass sie relativ instabil seien, insbesondere wenn größere bzw. schwerere Werkstücke zu bearbeiten seien. Somit könnten sie keine allzu großen Kipp- und Drehmomente aufnehmen, die insbesondere bei der zerspanenden Bearbeitung, besonders von größeren Werkstücken, auftreten könnten. Eine Vergrößerung der Einrichtung, die eine bessere Stabilität gewährleisten würde, sei in vielen Fällen aus Platzgründen unerwünscht.

Vor diesem Hintergrund bezeichnet es die Klagepatentschrift als Aufgabe (technisches Problem), eine Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine derart weiterzubilden, dass der am Spannfutter festgespannte Werkstückträger und damit das zu bearbeitende Werkstück bei gleich bleibender, hoher Positioniergenauigkeit, beispielsweise auch beim wiederholten Aus- und Einspannen, unter Beibehaltung der erwünschten kleinen Abmessungen größere Kipp- und Drehmomente aufnehmen kann, ohne dass sich die gegenseitige Lage von Werkstückträger und Spannfutter verändert.

Dies geschieht nach Patentanspruch 1 durch eine Einrichtung mit folgenden Merkmalen:

1. Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine,

2. mit einem im Arbeitsbereich der Bearbeitungsmaschine zu fixierenden Spannfutter (1), und

3. einem auf das Spannfutter (1) aufsetzbaren und daran festzuspannenden Werkstückträger (25),

4. ferner mit ersten Positioniermitteln (22, 23) am Spannfutter (1)

5. und zweiten Positioniermitteln (30, 29) am Werkstückträger (25),

6. welche als Richtelemente paarweise zusammenarbeiten und den Werkstückträger (25) in drei senkrecht zueinander verlaufenden Koordinatenachsen (X, Y, Z) sowie winkelgerecht gegenüber dem Spannfutter (1) positionieren, und

7. mit einer Spannvorrichtung (12, 14, 18, 28), deren Spannkraft den Werkstückträger in der durch die Positioniermittel festgelegten Position am Spannfutter festhält,

dadurch gekennzeichnet, dass

8. die ersten Positioniermittel konische Zentrierzapfen (22) aufweisen,

9. die zweiten Positioniermittel Vertiefungen in Form einer zweistufigen Nut (30) aufweisen, welche zwei Absätze (31a, 31b) besitzt,

10. deren gegen das Innere der Nut (30) vorstehenden Kanten (32a, 32b) einen gegenseitigen Abstand besitzen, der etwas geringer ist als die Breite eines Zentrierzapfens (22) zwischen denjenigen Stellen gemessen, die bei in das Spannfutter (a) eingespanntem Werkstückträger (25) die Kanten (32a, 32b) berühren.

II.
Die Gestaltung der ersten und zweiten Positioniermittel gemäß den Merkmalen 8 bis 10 dient, wie für den Durchschnittsfachmann offenkundig ist, dazu, eine exakte Positionierung des Werkstückträgers in den Koordinatenachsen X, Y und Z sowie winkelgerecht gegenüber dem Spannfutter zu ermöglichen (vgl. Merkmal 6). Der Werkstückträger wird dabei zum Zwecke seiner Positionierung zunächst lose auf das Spannfutter aufgelegt, wobei der Zentrierzapfen (22) in die Nut (30) eintaucht. Die Zentrierung in X- und Y-Richtung sowie bezüglich der Winkellage erfolgt dann dadurch, dass beim Eintauchen des Zapfens seine Seitenflächen in Kontakt („Linienberührung“) mit den Kanten der Absätze gelangen (vgl. Abs. 0021). Dadurch wird dann auch die Möglichkeit eröffnet, den Werkstückträger in definierter Weise unter elastischer Verformung der Absatzkanten in Z-Richtung zu positionieren (vgl. Abs. 0022).

Der Gestaltung der Nut entsprechend den Vorgaben des Merkmals 9 kommt dementsprechend der technische Sinn zu, dass durch die Zweistufigkeit und die damit verbundene Absatzbildung die in Merkmal 10 genannten Kanten ausgebildet werden, auf die die konischen Seitenflächen des Zentrierzapfens beim Eintauchen in die Nut auftreffen und die die technische Eigenschaft aufweisen, sich unter Einwirkung der Spannkraft elastisch zu verformen (vgl. Abs. 0022). Hinsichtlich der Art der Ausprägung der Absätze und Kanten sind dem Patentanspruch zwar keine konkreten Vorgaben zu entnehmen. Allerdings muss der Absatz bzw. die durch ihn gebildete Kante noch eine solche Ausprägung bzw. einen solchen Winkel aufweisen, dass sie ihrer technischen Funktion der elastischen Verformung nachkommen kann. Hinzu kommt, dass die Kanten nach der technischen Lehre des Klagepatents (Abs. 0020) maßgebend für die exakte Positionierung sind.

Dient die Kantenbildung der exakten Positonierung und soll mit ihr ein punktuell bzw. linienmäßig elastisch verformbarer Bereich geschaffen werden, ist dann aber auch zu verlangen, dass – im Rahmen des bei der Fertigung von Spannfuttern üblichen Toleranzrahmens – eine Kante, der diese Eigenschaften zugeordnet werden können, tatsächlich vorliegt. Durch die Kante muss ein punktuell bzw. linienförmig hervortretender Bereich gebildet sein, der die Positionerung und Verformung exakt in diesem Bereich vorgibt. Runden oder fließenden Übergängen in der Materialbreite kann – worauf die Kammer in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat – diese Eigenschaft nicht ohne weiteres zugebilligt werden, da sie einen entsprechenden Punkt bzw. eine Linie für die Positionierung und einen entsprechenden elastischen Verformungspunkt nicht definieren.

III.
Ausgehend von dieser Auslegung machen die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Patentanspruchs 1 des Klagepatents keinen Gebrauch.

1.
Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform A lässt sich nicht feststellen, dass sie über Kanten, die von Absätzen der Nut gebildet werden, entsprechend den Vorgaben der Merkmale 9 und 10 verfügt.

Das von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Muster der Ausführungsform A hat keine sichtbaren Kanten in der Nut aufgewiesen, die sich in einem linienförmigen Bereich verformen könnten. Die Positionierzapfen des Positionierrings lagen auf keiner sichtbaren Kante auf, sondern traten dem Augenschein nach durch die Nut.

Die von der Klägerin in Bezug genommene Abbildung des „Positioniersystems C“ auf Seite 7 des Katalogs nach Anlage K 7 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der – zudem im Original sehr klein gestalteten – Abbildung lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob im Übergangsbereich zur Fase tatsächlich in einem linienförmigen Bereich eine elastisch verformbare Kante ausgebildet wird. Nach der zeichnerischen Darstellung kann es sich auch um einen allmählichen, gerundeten Übergang handeln, wie er bei dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Muster vorhanden war.

Dass die in dem genannten Katalog gemäß Anlage K 7 beworbene Wiederhol- bzw. Repetiergenauigkeit (vgl. die Angabe zu den technischen Daten zum A-System auf S. 17: 0,001 mm Wiederholgenauigkeit X/Y und Z sowie auf S. 7 zum „Positioniersystem C“: X, Y, Z < +/- 0,5 µm Repetiergenauigkeit) zwingend das Vorhandensein einer erfindungsgemäßen Kante zur Positionierung voraussetzt, lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Die Beklagten haben insoweit in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass aufgrund hochpräziser Fertigung mit einer Toleranz von maximal 2 µm auf die Ausbildung einer sonst notwendigen Positionierungskante verzichtet werde, um das Klagepatent zu umgehen. Die Toleranz sei ausreichend, da die Wiederhol- und Repetiergenauigkeit nicht allein von der hochgenauen Fertigung in dem Übergangsbereich abhänge. Dem ist die Klägerin nicht in erheblicher Weise entgegengetreten.

2.
Bezüglich der angegriffenen Ausführungsform B lässt sich nicht feststellen, dass bei ihr entsprechend Merkmal 10 die Breite des Zentriefzapfens geringer ist als ein gegenseitiger Kantenabstand in der Nut. Das Merkmal stellt dabei schon seinem Wortlaut nach darauf ab, dass es für die Messung der Breite auf diejenigen Stellen des Zapfens ankommt, die bei in das Spannfutter eingespanntem Werkstück die Kanten berühren.

Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich nicht feststellen und insbesondere auch nicht der in der Duplik der Beklagten (S. 16; Bl. 144 d.A.) dargestellten und nachfolgend wiedergegebenen Konstruktionszeichnung (eindeutig) entnehmen, dass der Zentrierzapfen mit den von der Klägerin am Fasenübergang angenommenen Nutkanten in Kontakt tritt, was notwendige Mindestvoraussetzung für die Verwirklichung des Merkmals 10 wäre.

Vielmehr ergibt sich aus der auf derselben Seite befindlichen und nachfolgend dargestellten Detailzeichnung, dass es ein solcher Kontakt nach dem Vortrag der Beklagten gerade nicht stattfindet.
Da bei der Ausführungsform B gemäß obiger Zeichnungen sowohl die Nut als auch der Zapfen konisch gestaltet sind, lässt sich – auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin unter Verweis auf die Patentanmeldung des Beklagten zu 2 (Anlage K 16) aufgestellten Behauptung, der Zapfen sei breiter als die Nut – nicht der technisch zwingende Schluss auf das Vorhandensein eines Kontakts zwischen dem Zapfen und den nach Klägeransicht vorhandenen Nutkanten ziehen. Denn entsprechend der gewählten konischen Gestaltung beider Teile kann der Zapfen in der Nut schon festgelegt sein, bevor es zu einem Kontakt des Zapfens mit etwaig am Fasenübergang befindlichen Nutkanten kommt. Soweit die Klägerin auf die von den Beklagten beworbene Wiederhol- bzw. Repetiergenauigkeit (Katalog Anlage K 7, S. 26) abstellt, gilt nichts anderes als für die angegriffene Ausführungsform A. Dem Vortrag der Beklagten, die Wiederholgenauigkeit aufgrund hochpräziser Fertigung zu erreichen, ist die Klägerin nicht in erheblicher Weise entgegengetreten.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 S. 1, 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.000.000,- EUR festgesetzt.