4b O 190/09 – Fleisch-Zerkleinerer

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1596

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. März 2011, Az. 4b O 190/09

Rechtsmittelinstanz: 2 U 36/11

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

T a t b e s t a n d
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des EuBäischen Patents EP 1 237 XXX B1 (Anlage K 5, im Folgenden: Klagepatent), welches unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 15.12.1999 am 05.12.2000 angemeldet wurde. Die Anmeldung wurde am 11.09.2002, die Erteilung des Klagepatents am 24.09.2003 veröffentlicht. Zu den benannten Vertragsstaaten gehört unter anderem die Bundesrepublik Deutschland.

Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Zerkleinern eines Zerkleinerungsgutes. Patentanspruch 1 hat folgenden Inhalt:

„Vorrichtung zum Zerkleinern eines Zerkleinerungsgutes, insbesondere für die fleischverarbeitende Industrie, mit zwei aus jeweils einer Lochplatte (9.1, 9.3) und einem davor rotierenden Schneidkopf (10.1, 10.3) mit Schneidklingen (11.1, 11.3) bestehenden Schneidsätzen (A, C) mit einstellbarem Spalt zwischen der jeweiligen Lochplatte (9.1, 9.3) und den Schneidklingen (11.1, 11.3) des Schneidkopfes (10.1, 10.3), wobei die Lochplatten (9.1, 9.3) gegen Anschläge (20.1, 20.3) innerhalb eines gemeinsamen Stellkörpers (13) gehalten sind, der axial gegenüber den unverstellbar angeordneten Schneidköpfen (10.1, 10.3) verstellbar gelagert ist und die Lochplatten (9.1, 9.3) gemeinsam in ihrem Abstand zum zugehörigen Schneidkopf verstellt,
dadurch gekennzeichnet,
dass zwischen den beiden Lochplatten (9.1, 9.3) zumindest ein weiterer Schneidsatz (B, D) angeordnet ist, bei dem sich die Lochplatte (9.2, 9.4) gegenüber den benachbarten Lochplatten (9.1, 9.3) über Distanzringe (21.2, 21.3, 21.4) abstützt und zumindest ein Distanzring (21.2, 21.4) an einer Ringschulter (25.2, 25.4) in dem Stellkörper (13.1, 13.4) anliegt.“

Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen veranschaulichen den Gegenstand der Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen. Figur 1 zeigt einen teilweise dargestellten Längsschnitt durch einen Zerkleinerungsbereich einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zum Zerkleinern des Zerkleinerungsgutes, Figuren 2 und 3 zeigen Längsschnitte durch weitere Ausführungsbeispiele von Zerkleinerungsbereichen von Vorrichtungen gemäß Figur 1:

Die Beklagte, eine Gesellschaft österreichischen Rechts mit Sitz in Österreich, stellt eine Vorrichtung zum Zerkleinern eines Zerkleinerungsgutes mit dem Namen „A“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform) her und vertreibt diese. Im Bmagazin kündigte die Beklagte an, die vorgenannte Zerkleinerungsvorrichtung auf der Messe C 2009 in D erstmals auszustellen. Aufbau und Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform ergeben sich aus den Anlagen K 21 bis K 31, insbesondere aus dem als Anlage K 21 vorgelegten Prospekt, dem vergrößert dargestellten Explosionsbild (Anlage K 24) sowie aus der Offenlegungsschrift DE 10 2009 020 XXX A1 (Anlage K 23), nach der die angegriffene Ausführungsform konstruiert ist. Der Aufbau der angegriffenen Ausführungsform ist insbesondere der seitens der Beklagten als Anlage B 7 zur Akte gereichten kolorierten Schnittzeichnung der Figur 1 der vorgenannten Offenlegungsschrift zu entnehmen, von der nachfolgend eine (in schwarz-weiß gehaltene, verkleinerte) Kopie eingefügt wird.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2010 weitere kolorierte Schnittzeichnungen zur Akte gereicht, von denen die mit der Überschrift „Verletzung E“ versehene Zeichnung die angegriffene Ausführungsform zeigt.

Mit als Anlage K 11 in Kopie zur Akte gereichten anwaltlichen Schreiben vom 06.03.2009 mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie unter Fristsetzung bis 11.03.2009 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Dies verweigerte die Beklagte. Die Klägerin bringt insoweit außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.428,95 € in Ansatz. Wegen der Berechnung wird auf die Ausführungen in der Klageschrift (Bl. 7 GA) Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Sie verwirkliche die Merkmale des Hauptanspruchs 1 des Klagepatents teils in äquivalenter, teils in wortsinngemäßer Weise. Durch den Aufbau der angegriffenen Ausführungsform werde zum Einen ein exaktes Ausrichten der Schneidköpfe auf die Lochplatten, zum Anderen ein erleichterter Zusammenbau ermöglicht. Zur äquivalenten Benutzung ist die Klägerin zunächst der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform beinhalte, soweit nicht die Lochplatten, sondern die Schneidköpfe axial verschiebbar seien, lediglich eine kinematische Umkehr der Lehre des Klagepatents. Soweit das Klagepatent die Fixierung der Lochplatten in einem gemeinsamen Stellkörper vorsehe, seien die drei Gehäuseringe der angegriffenen Ausführungsform das Austauschmittel; nach dem Klagepatent sei nicht erforderlich, dass ein gemeinsamer Stellkörper einstückig ausgeprägt sei; angesichts der kinematischen Umkehr könnten die Lochplatten auch in den (axial unverstellbaren) Gehäuseringen gelagert sein.

Die Klägerin meint weiter, die in dem Klagepatent vorgesehene Ringschulter diene im Zusammenwirken mit den Spannringen der Arretierung der Distanzringe sowie deren Festlegung immer an einer exakt vorbestimmten Stelle, und zwar unabhängig von der Dicke der Lochplatten. Dadurch führe die Ringschulter auch zu einer Entkopplung der einzelnen Bauteile untereinander. Insgesamt erleichtere sie den Zusammenbau des Schneidbereiches auch nach mehrmaligem Auseinandernehmen und Zusammenbauen, da immer die gewünschten definierten Abstände eingehalten würden. Bei der angegriffenen Ausführungsform stellten die Bajonettausnehmungen des Gehäuserings jeweils eine Ringschulter dar, während die Bajonettringe als Distanzringe anzusehen seien.
Die Klägerin behauptet, sowohl nach dem allgemeinen technischen Sprachgebrauch als auch nach dem Klagepatent müsse eine Ringschulter sich nicht notwendigerweise durch einen umlaufenden kreiszylindrischen Vorsprung auszeichnen; sie könne auch in der Ausbildung eines Schulterabschnitts mit radialer Ausrichtung bestehen.

Nach Modifikation der ursprünglich angekündigten Anträge beantragt die Klägerin nunmehr,

I. die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen,

Vorrichtungen zum Zerkleinern eines Zerkleinerungsgutes mit zwei aus jeweils einer Lochplatte und einem davor rotierenden Schneidkopf mit Schneidklingen bestehenden Schneidsätzen mit einstellbarem Spalt zwischen der jeweiligen Lochplatte und den Schneidklingen des Schneidkopfes, wobei die Lochplatten jeweils gegen einen Anschlag in einem Gehäusering gehalten sind und wobei die Schneidköpfe gegenüber den unverstellbar angeordneten Lochplatten axial verstellbar gelagert sind und ein Stellkörper die Schneidköpfe gemeinsam in ihrem Abstand zur zugehörigen Lochplatte verstellt,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen zwischen den beiden Lochplatten zumindest ein weiterer Schneidsatz angeordnet ist, bei dem sich die Lochplatte gegenüber den benachbarten Lochplatten über Distanzringe abstützt und zumindest ein Distanzring an einer Ringschulter in dem Gehäusering anliegt;

2. ihr über den Umfang der vorstehend zu 1. bezeichneten und seit dem 11.10.2002 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe
a. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei
– die Angaben zu e. nur für die Zeit seit dem 24.10.2003 zu machen sind;
– der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
– die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu a. und b. die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen) in Kopie vorzulegen hat, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der rechnungslegungspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.

II. festzustellen,
1. dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr (der Klägerin) für die zu I.1. bezeichneten und vom 11.10.2002 bis zum 23.10.2003 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr (der Klägerin) allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend unter I.1. bezeichneten, seit dem 24.10.2003 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Sie meint, bei der angegriffenen Ausführungsform sei ein Spalt zwischen Lochplatte und Schneidklingen/Schneidköpfen nicht einstellbar, da die Schneidköpfe nur mit Druck in einer Richtung beaufschlagt werden könnten; die Ausübung von Zug auf die Schneidköpfe sei hingegen nicht möglich, da diese untereinander entkoppelt seien. Auch erfordere die angegriffene Ausführungsform keine Verstellung des Spaltes während des Betriebes, da die Einhaltung eines konstanten Spaltes bei unveränderter Einstellung über die Beaufschlagung mit einem immer gleichbleibenden Druck gewährleistet werde. Sie behauptet, im Betriebszustand würde auf die Schneidköpfe immer ein Beaufschlagungsdruck ausgeübt, der über dem Produktdruck liege, weshalb die Schneidklingen im Betriebszustand immer an den Lochplatten anlägen.

Weiter ist die Beklagte der Ansicht, die Bajonettausnehmungen der Gehäuseringe stellten keine Ringschultern im Sinne des Klagepatents dar. Nach dem allgemeinen technischen Sprachgebrauch zeichne sich eine Ringschulter durch einen umlaufenden kreiszylindrischen Vorsprung aus. Sie ist der Ansicht, auch das Klagepatent ginge von diesem Verständnis einer Ringschulter aus. Danach sei eine patentgemäße Ringschulter nur gegeben, wenn diese zur Aufnahme von gegen die Durchflussrichtung des Zerkleinerungsgutes wirkenden Kräften geeignet sei und zu einer Verjüngung des Zerkleinerungsbereiches führe; beides sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall.

Die Beklagte ist darüber hinaus der Auffassung, die Anordnung der angegriffenen Ausführungsform stelle keine bloße kinematische Umkehr der Lehre des Klagepatents dar; die Lösung der angegriffenen Ausführungsform sei konstruktiv viel aufwändiger als die des Klagepatents und folge anderen Prinzipien. Zudem stelle die angegriffene Ausführungsform auch keine gleichwertige Lösung des dem Klagepatent zugrunde liegenden Problems dar, da sie sich nicht am Sinngehalt des Anspruchs 1 des Klagepatents orientiere. Für den Fachmann habe die Lösung der angegriffenen Ausführungsform zum Prioritätszeitpunkt auch deshalb nicht nahegelegen bzw. sei von ihm nicht als gleichwirkend und gleichwertig auffindbar gewesen, weil „Lochplatten“ und „Schneidköpfe“ des Patentanspruchs 1 nicht durchgängig, sondern nur teilweise untereinander ausgetauscht worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. Der Klägerin stehen die gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung (§ 139 Abs. 1 PatG), Schadensersatz (§ 139 Abs. 2 PatG), Auskunft (§ 140 b Abs. 1 und 3 PatG) und Rechnungslegung (§§ 242, 259 BGB) nicht zu. Alle genannten Ansprüche setzen eine Patentbenutzung im Sinne von § 9 PatG voraus. Daran fehlt es vorliegend. Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatents weder in wortsinngemäßer noch in äquivalenter Weise Gebrauch.

I.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Zerkleinern eines Zerkleinerungsgutes, insbesondere für die fleischverarbeitende Industrie, mit zwei aus jeweils einer Lochplatte und einem davor rotierenden Schneidkopf mit Schneidklingen bestehenden Schneidsätzen mit einstellbarem Spalt zwischen der jeweiligen Lochplatte und den Schneidklingen des Schneidkopfes, wobei die Lochplatten gegen Anschläge innerhalb eines gemeinsamen Stellkörpers gehalten sind, der axial gegenüber den unverstellbar angeordneten Schneidköpfen verstellbar gelagert ist und die Lochplatten gemeinsam in ihrem Abstand zum zugehörigen Schneidkopf verstellt.

Aus dem Stand der Technik ist, wie das Klagepatent ausführt, aus der DE 17 57 XXX A eine Maschine zum Zerkleinern von Fleisch mit einem Siebkörper und durch Fliehkraft daran anpressbaren, rotierenden Schneidmessern bekannt. Bei Stillstand der Maschine sind die Messer von der Lochplatte abgehoben. Wird jedoch eine Welle für das Messer angetrieben, so werden über den Fliehkraftregler die Messer gegen die Lochplatte gedrückt. Es ist daher möglich, durch Wahl der Drehzahl den Anpressdruck der Messer auf die Lochscheibe zu regeln. Als bekannt beschreibt das Klagepatent ferner aus der CH 489 XXX A eine Fleischzerkleinerungsmaschine, bei der in einem zylindrischen Gehäuse mit Abstand voneinander drei Lochscheiben angeordnet sind, deren Bohrungen in Förderrichtung des Zerkleinerungsgutes bei zunehmender Anzahl abnehmenden Durchmesser besitzen. Schließlich verweist das Klagepatent auf die DE 39 15 XXX A1, aus der eine Vorrichtung zum Zerkleinern von Zerkleinerungsgut bekannt ist. Das Klagepatent gibt an, eine Vorrichtung nach dieser Druckschrift habe erhebliche Vorteile, was die Verstellbarkeit der Lochplatten und der Schneidklingen anbelange. Dadurch werde die Qualität des Zerkleinerungsverfahrens wesentlich verbessert.

Vor dem Hintergrund des Standes der Technik formuliert das Klagepatent es als seine Aufgabe, den Zerkleinerungs- und auch Emulgationsgrad der Vorrichtung nochmals zu verbessern und den Zusammenbau zu erleichtern (Anlage K 5, Absatz [0005]).

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung zum Zerkleinern eines Zerkleinerungsgutes gemäß des Patentanspruchs zu 1 des Klagepatents vor, der wie folgt gegliedert werden kann:

Vorrichtung zum Zerkleinern eines Zerkleinerungsgutes, insbesondere für die fleischverarbeitende Industrie

1. mit zwei Schneidsätzen (A, C), wobei
a. jeder Schneidsatz aus jeweils einer Lochplatte (9.1, 9.3) und einem davor rotierenden Schneidkopf (10., 10.3) mit Schneidklingen (11.1, 11.3) besteht und
b. ein Spalt zwischen der jeweiligen Lochplatte (9.1, 9.3) und den Schneidklingen (11.1, 11.3) des Schneidkopfes (10., 10.3) einstellbar ist,

2. wobei die Lochplatten (9.1, 9.3) gegen Anschläge (20.1, 20.3) innerhalb eines gemeinsamen Stellkörpers (13) gehalten sind,

3. der axial gegenüber den unverstellbar angeordneten Schneidköpfen (10.1, 10.3) verstellbar gelagert ist

4. und die Lochplatten (9.1, 9.3) gemeinsam in ihrem Abstand zum zugehörigen Schneidkopf verstellt,

5. wobei zwischen den Lochplatten (9.1, 9.3) zumindest ein weiterer Schneidsatz (B, D) angeordnet ist,

6. bei dem sich die Lochplatte (9.2, 9.4) gegenüber den benachbarten Lochplatten (9.1, 9.3) über Distanzringe (21.2, 21.3, 21.4) abstützt

7. und zumindest ein Distanzring (21.2, 21.4) an einer Ringschulter (25.2, 25.4) in dem Stellkörper (13.1, 13.4) anliegt.

II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatents weder in wortsinngemäßer noch in äquivalenter Weise Gebrauch. Dass die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 1.a. und 5 der vorstehend wiedergegebenen Merkmalsgliederung wortsinngemäß verwirklicht, steht zwischen den Parteien zu Recht außer Streit.

Die angegriffene Ausführungsform macht jedenfalls von Merkmalen 2 bis 4 der vorstehenden Merkmalsgliederung weder in wortsinngemäßer noch in äquivalenter Weise Gebrauch. Danach sind die Lochplatten gegen Anschläge innerhalb eines gemeinsamen Stellkörpers gehalten (Merkmal 2), der axial gegenüber den unverstellbar angeordneten Schneidköpfen verstellbar gelagert ist (Merkmal 3) und die Lochplatten gemeinsam in ihrem Abstand zum zugehörigen Schneidkopf verstellt (Merkmal 4).

1.
Nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 sind die Lochplatten in dem Stellkörper festgelegt, während der Stellkörper in axialer Richtung beweglich ist, so dass die Lochplatten im Verhältnis zu den Schneidköpfen in axialer Richtung bewegt werden können. Da die angegriffene Ausführungsform im Gegensatz dazu unstreitig über unverstellbar angebrachte Lochplatten und axial verschiebbare Schneidklingen/Schneidköpfe verfügt, gehen die Parteien zu Recht übereinstimmend davon aus, dass die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 2 bis 4 nicht wortsinngemäß verwirklicht.

2.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Merkmale 2 bis 4 der Merkmalsgliederung auch nicht in äquivalenter Weise. Die angegriffene Ausführungsform stellt insoweit keine schlichte kinematische Umkehr der Lehre des Klagepatents dar.

Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Äquivalenz kann eine vom Wortsinn abweichende Ausführungsform dann in den Schutzbereich einbezogen werden, wenn sie das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit abgewandelten, aber objektiv im Wesentlichen gleichwirkenden Mitteln löst (Gleichwirkung) und seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als im Wesentlichen gleichwirkend aufzufinden (Naheliegen), wobei die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht (Gleichwertigkeit; zu allen Voraussetzungen: BGH, GRUR 2002, 511 (512) – Kunstoffrohrteil; BGH, GRUR 2002, 515 (518) – Schneidmesser I; BGH, GRUR 2002, 519 (521) – Schneidmesser II; BGH, GRUR 2002, 527 (529) – Custodiol II; BGH, GRUR 2007, 410 (415 f.) – Kettenradanordnung; BGH, GRUR 2004, 758 (760) – Flügelradzähler; BGH, GRUR 2007, 959 (961) – Pumpeinrichtung; BGH, GRUR 2007, 1059 (1063) – Zerfallzeitmessgerät; s. auch Schulte/Kühnen, PatG, 8. Auflage, § 14 Rn 58).

Selbst wenn zu Gunsten der Klägerin Gleichwirkung und Naheliegen unterstellt werden, fehlt es jedenfalls an der Gleichwertigkeit. Erforderlich ist hiernach, dass diejenigen Überlegungen, die der Fachmann anzustellen hat, um zu der gleichwirkenden Abwandlung zu gelangen, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen Lehre gleichwertige Lösung in Betracht zieht. Es ist mithin nicht ausreichend, dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens eine Lehre als technisch sinnvoll und gleichwirkend zu der in den Patentansprüchen formulierten Lehre erkennt. Vielmehr müssen sich seine Überlegungen an der Patentschrift orientieren, wobei sich aus einer objektiven Betrachtung des Schutzrechts eine engere Anspruchsfassung ergeben kann, als dies nach dem technischen Gehalt der Erfindung und gegenüber dem Stand der Technik geboten wäre (Kühnen / Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn 51). Der Patentinhaber ist an die technische Lehre gebunden, die er unter Schutz hat stellen lassen (BGH, GRUR 2002, 511 (512 f.) – Kunststoffrohrteil). Es reicht auch nicht aus, die Gleichwertigkeit isoliert für das abgewandelte Mittel festzustellen; vielmehr muss die angegriffene Ausführungsform in ihrer für die Merkmalverwirklichung relevanten Gesamtheit eine auffindbar gleichwertige Lösung darstellen (BGH, GRUR 2007, 959 (961) – Pumpeneinrichtung). Dies ist vorliegend nicht ersichtlich.

a.
Als technischen Sinn und Zweck der Merkmale 2 bis 4 des Anspruchs 1 des Klagepatents erkennt der Fachmann, die Ermöglichung der Einstellung eines Spaltes zwischen Lochplatten und Schneidköpfen. Dies entnimmt er zunächst dem Merkmal 4, nach dem der Stellkörper die Lochplatten gemeinsam in ihrem Abstand zum zugehörigen Schneidkopf verstellt. Bestärkt wird der Fachmann in diesem Verständnis durch die Absätze [0020] und [0032], die erläutern, dass durch eine Bewegung des Stellkörpers entlang der Längsachse der Abstand zwischen jeweiligem Schneidkopf und Lochplatte verstellt werden kann. Er erkennt – wie in Absatz [0032] der Klagepatentschrift dargestellt –, dass die Verstellung des Abstandes zwischen Schneidklingen und Lochplatten erforderlich ist, wenn festgestellt wird, dass die Tätigkeit zwischen Schneidklingen und Lochplatten nicht mehr optimal ist. Der Fachmann entnimmt der Klagepatentschrift, dass es dazu aufgrund folgender Umstände kommt:

Befindet sich das Zerkleinerungsgut im Gehäuse und dreht der auf der Hauptmotorwelle festgelegte Schneidkopf, so drückt er das Produkt durch die Lochplatte bei gleichzeitigem Schneiden. Dabei wirken hohe Kräfte auf den Schneidkopf und somit auch auf die Welle. Diese Kräfte bewirken, dass die Welle zurückgedrückt wird (Anlage K 5, Absatz [0014]). Dies führt zu einem Spalt zwischen Lochplatte und Schneidklinge, dessen Größe unter anderem von der Art des Zerkleinerungsguts und dem gewünschten Zerkleinerungs- und Emulgationsgrad abhängt, wobei es, wie sich aus Absatz [0032] des Klagepatents ergibt, jeweils einen bestimmten Abstand zwischen Lochplatte und Schneidkopf gibt, der eine optimale Tätigkeit der Vorrichtung gewährleistet, wobei das Klagepatent auf einen solchen Abstand nicht beschränkt ist. Da es während des Betriebs der Vorrichtung zu einem Abrieb kommt, kann sich der zu Beginn des Zerkleinerungsvorgangs eingestellte Abstand verändern, was dazu führt, dass die Tätigkeit zwischen Schneidklingen und Lochplatten nicht mehr optimal ist. Dies ergibt sich nicht nur aus Absatz [0032] des Klagepatents, sondern auch aus der als Stand der Technik gewürdigten DE 39 15 XXX (Anlage B 1, insbesondere Spalte 1, Zeilen 32 ff., 47 ff., 64 ff., Spalte 2 Zeilen 17 ff., 44 ff.). Darüber hinaus haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, die patentgemäße Einstellbarkeit des Spaltes habe vor allem den Hintergrund, dass wegen der im Betrieb auftretenden Abnutzung ein Nachführen der Lochplatten notwendig sei. Dies erkennt der Fachmann bei Lektüre der Klagepatentschrift.

b.
Als Austauschmittel für den in Merkmal 2 vorgesehenen gemeinsamen Stellkörper benennt die Klägerin die Gehäuseringe der angegriffenen Ausführungsform. Bezüglich der Merkmale 3 und 4 seien bei der angegriffenen Ausführungsform jeweils Schneidköpfe und Lochplatten vertauscht. Soweit sich aus Merkmal 4 ergebe, dass die Verstellung des Abstandes durch den gemeinsamen Stellkörper erfolge, stelle die Stellhülse der angegriffenen Ausführungsform einen solchen Stellkörper dar.

Auch bei Unterstellung, dass die Anordnung der angegriffenen Ausführungsform mit feststehenden Lochplatten und axial verschiebbaren Schneidköpfen objektiv die gleiche Wirkung erzielt, wie eine Vorrichtung mit den Merkmalen 2 bis 4 der Merkmalsgliederung und diese Lösung für den Fachmann naheliegend war, sind die Überlegungen, die der Fachmann anzustellen hat, um zu der Abwandlung zu gelangen, nicht derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert, dass der Fachmann die abweichende Ausführung als der patentgemäßen Lehre gleichwertige Lösung in Betracht zieht.

Zwar offenbart die im Stand der Technik bekannte und vom Klagepatent auf dem Deckblatt erwähnte DE 92 06 XXX dem Fachmann die Möglichkeit axial verschiebbarer Schneidköpfe (vgl. Anlage K 23, Absatz [0002]). Die Lösung der angegriffenen Ausführungsform geht aber über den bloßen Austausch von axial verschiebbaren Lochplatten gegen axial verschiebbare Schneidköpfe indes hinaus. Denn bei der angegriffenen Ausführungsform sind Lochplatten und Schneidköpfe nicht durchgehend untereinander ausgetauscht. In den Merkmalen 2 bis 4 der Merkmalsgliederung, die sich auf die Art und Weise der Einstellbarkeit des Abstandes zwischen Lochplatten und Schneidköpfen beziehen, sind nur in den Merkmalen 3 und 4 Schneidköpfe und Lochplatten untereinander ausgetauscht, während bezüglich des Merkmals 2 kein solcher Austausch erfolgt. Inwieweit das Klagepatent dem Fachmann Anlass zu einem solchen teilweisen Austausch geben sollte, ist auf Grundlage des Sach- und Streitstandes nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass bei der angegriffenen Ausführungsform auch keine durchgehende Verwendung der Gehäuseringe als Austauschmittel für den gemeinsamen Stellkörper vorliegt. Wie auch die Klägerin geltend macht, werden die Aufgaben, die dem Stellkörper nach dem Klagepatent zugeschrieben werden, nämlich Festlegung der Lochplatten in dem Stellkörper (Merkmal 2) und gemeinsame Verstellung des Abstandes von jeweiliger Lochplatte zum zugehörigen Schneidkopf (Merkmal 4) bei der angegriffenen Ausführungsform teilweise durch die Gehäuseringe (Festlegung der Lochplatten (Merkmal 2)) und teilweise durch die Stellhülse (Verstellung des Abstandes von Lochplatte zu Schneidkopf (Merkmal 4)) erfüllt. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, inwieweit das Klagepatent dem Fachmann Veranlassung geben sollte, den gemeinsamen Stellkörper teilweise durch feststehende Gehäuseringe zu ersetzen und teilweise zur Erfüllung des technischen Sinns und Zwecks des Stellkörpers eine Stellhülse vorzusehen. Auch ist nicht erkennbar, welchen Anlass das Klagepatent dem Fachmann zur Verlegung des Anschlages der Lochplatten aus dem axial verschiebbaren Stellkörper in die feststehenden Gehäuseringe geben sollte. Dass – wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat – sich der teilweise Austausch von Lochplatten und Schneidköpfen bzw. die Aufteilung des patentgemäßen gemeinsamen Stellkörpers in zwei Bauteile für den Fachmann aus der Umkehr der Bewegungsabläufe automatisch ergeben würde, vermag die Kammer nicht zu erkennen.

Dagegen, dass der Fachmann den Aufbau der angegriffenen Ausführungsform als gleichwertige Lösung des dem Klagepatent zu Grunde liegenden Problems erkennt, spricht auch, dass – bei zu Gunsten der Klägerin unterstellter Einordnung der Bajonettringe der angegriffenen Ausführungsform als Distanzringe und der Bajonettausnehmungen als Ringschultern – die Ringschulter von dem axial verschiebbaren Stellkörper in die feststehenden Gehäuseringe verlegt wird (Merkmal 7). Auch insoweit ist auf Grundlage des vorgetragenen Sachstandes nicht ersichtlich, inwieweit der Fachmann nach dem Klagepatent Veranlassung zu einem solchen Vorgehen gehabt haben sollte.

Angesichts dieser Umstände stellt die angegriffene Ausführungsform auch keine schlichte kinematische Umkehr der Lehre des Klagepatents dar. Unter einer kinematischen Umkehr versteht man die Umkehr der Bewegung infolge des Wechsels des Beobachtungsorts – aus dem ruhenden Glied wird ein feststehendes Glied, aus dem feststehenden Glied wird ein ruhendes Glied (BGH GRUR 1964, 669 – Abtastnadel für eine Steckverbindung; OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.10.2009, I-2 U 82/08, BeckRS 2010, 22209; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.03.2008, I-2 U 75/06, BeckRS 2010, 21190; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.06.2003, I-2 U 4/01, BeckRS 2008, 02517; Benkard/Scharen, PatG, 10. Auflage 2006, § 14 Rn 104 m.w.N.). Dies ist nach den vorstehenden Ausführungen bei der angegriffenen Ausführungsform gerade nicht der Fall, da sie sich nicht auf einen Austausch der axialen Verschiebbarkeit von Lochplatten und Schneidköpfen beschränkt. Denn sie teilt den patentgemäßen gemeinsamen Stellkörper in zwei Bauteile, nämlich in Gehäuseringe und Stellhülse auf, und verlegt zusätzlich den Anschlag der Lochplatten aus dem axial verschiebbaren Stellkörper in die feststehenden Gehäuseringe.

Angesichts der fehlenden Verwirklichung der Merkmale 2 bis 4 bedarf es keiner Erörterung der weiteren zwischen den Parteien streitigen Merkmale.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert: 300.000,00 €