4a O 121/10 – Orthopädische Einlagen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1605

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 5. Mai 2011, Az. 4a O 121/10

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

Fußbetten, insbesondere Einlagen für an Diabetes erkran-kte Personen, welche aus einem formstabilen Grundkörper, einer darüber verlaufenden Dämpfungsschicht aus einem gegenüber dem Grundkörper weicheren, elastischen Material und einer fußseitigen Deckschicht bestehen, welche in der Ebene der Deckschicht verlaufende Scherbewegungen zulässt,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzu-bieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen der Grundkörper ausschließlich im mittleren Fuß-bereich vorgesehen und zur Entlastung des Vorderfußes und der Ferse über seine gesamte Breite überhöht aus-gebildet ist und bei denen die Deckschicht aus einem ge-genüber der Dämpfungsschicht nochmals weicherem Mate-rial besteht, welches die in der Ebene der Deckschicht ver-laufenden Scherbewegungen durch Materialverformungen zulässt;

2. dem Kläger unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 21.01.1995 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten, der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungs-auflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungs-gebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufge-schlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und lit. b) Rechnungen, oder, falls keine Rechnungen ausgestellt wurden, Lieferscheine vorzulegen haben,

wobei die Angaben zu lit. e) nur für die Zeit seit dem 25.10.1996 zu machen sind,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden, diesem gegenüber zur Verschwie-genheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, dem Kläger auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

3. die vorstehend zu Ziffer I .1. bezeichneten, im Besitz ge-werblicher Abnehmer befindlichen und nach dem 01.09.2008 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse

a) zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Ab-nehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befin-den, darüber schriftlich informiert werden, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 0 629 XXX B1 erkannt hat, ih-nen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagten unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Über-nahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rücknahme zugesagt wird;

b) aus den Vertriebswegen – soweit sie seit dem 01.09.2008 in die Vertriebswege gelangt sind – end-gültig zu entfernen, indem die Beklagten die Erzeugnisse entweder an sich nehmen oder deren Vernichtung beim jeweiligen Besitzer veranlassen.

II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die in ihrem unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. 1. beschrieben Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen vom Kläger zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 1) herauszugeben.

III. Es wird festgestellt,

1. dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, an den Kläger für die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 21.01.1995 bis zum 24.10.1996 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm seit dem 25.10.1996 durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

IV. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.380,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.04.2010 zu zahlen.

V. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamt-schuldnern auferlegt.

VI. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagten aus dem europäischen Patent 0 629 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent), dessen eingetragener Inhaber er ist, auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung, Feststellung der Schaden-ersatzpflicht und Entschädigung sowie Rückruf und endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen und Erstattung außergerichtlicher Kosten in Anspruch. Das Klagepatent wurde am 25.03.1994 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE 4320XXX vom 19.06.1993 in deutscher Sprache angemeldet. Die Offenlegung der Patentanmeldung erfolgte am 21.12.1994. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 25.09.1996 veröffentlicht. Das Klagepatent ist in Kraft.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Fußbett, insbesondere Einlage für an Diabetes erkrankte Personen“. Sein hier allein maßgeblicher Patentanspruch 1 lautet:

„Fußbett, insbesondere Einlage für an Diabetes erkrankte Personen, wel-ches aus einem formstabilen Grundkörper (1), einer darüber verlaufenden Dämpfungsschicht (2) aus einem gegenüber dem Grundkörper (1) weicheren, elastischen Material und einer fußseitigen Deckschicht (5) besteht, welche in der Ebene der Deckschicht (5) verlaufende Scherbewegungen zulässt, dadurch gekennzeichnet, dass der Grundkörper (1) ausschließlich im mittleren Fußbereich vorgesehen und zur Entlastung des Vorderfußes und der Ferse über seine gesamte Breite überhöht ausgebildet ist und dass die Deckschicht (5) aus einem gegenüber der Dämpfungsschicht (2) nochmals weicheren Material besteht, welches die in der Ebene der Deckschicht (5) verlaufenden Scherbewegungen durch Materialverformungen zulässt.“

Die nachfolgend (verkleinert) wiedergegebene Figur 1 zeigt nach der Beschreibung des Klagepatents einen Längsschnitt durch ein erfin-dungsgemäß gestaltetes Fußbett:
Die Beklagte zu 1), deren Gesellschafter und Geschäftsführer die Beklagten zu 2) bis 4) sind, stellt in der Bundesrepublik Deutschland her, bietet an und vertreibt unter der Marke „A“ unter anderem über die Internetadresse www.A.de orthopädische Einlagen mit Quergewölbestütze, die wie folgt gestaltet sind (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform):

Hinsichtlich der technischen Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform wird im Übrigen auf das als Anlage rop 6 zur Akte gereichte Muster Bezug ge-nommen.

Nach Auffassung des Klägers macht die angegriffene Ausführungsform wort-sinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Er hat die Beklagten daher mit patentanwaltlichem Schreiben vom 30.03.2010 unter Fristsetzung bis zum 16.04.2010 erfolglos abgemahnt.

Der Kläger beantragt zuletzt,

zu erkennen wie geschehen.

Hinsichtlich der Formulierung der im Wege von „insbesondere-Anträgen“ geltend gemachten Hilfsanträge wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Klageschrift Bezug genommen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten, dass es über die Lieferung von 13 Einlagen ohne Schuh als Rohlinge an die Firma B in C zu weiteren Lieferungen der angegriffenen Ausführungsform gekommen ist.
Zudem mache die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents auch keinen Gebrauch. Der Grundkörper, wie ihn die Beklagte zu 1) herstelle, sei wesentlich höher als der Grundkörper des Klägers und darüber hinaus anatomisch geformt. Zudem sei klagepatentgemäß der Grundkörper ausschließlich im mittleren Fußbereich vorgesehen. Hingegen sei die Konstruktion des Grundkörpers der Beklagten als Teil eines „Bausteins“ zu verstehen, der mit weiteren „Bausteinen“ kombiniert werden könne. Dazu sei der Grundkörper kürzer als der Grundkörper des Klägers. Es sei zwar rich-tig, dass bei den 13 hergestellten Einlagen keine Kombination mit einem weiteren Fußbett vorhanden sei. Dies liege jedoch schlicht an der ent-sprechenden Bestellung der Firma B. Überdies treffe es zwar zu, dass die hergestellten Einlagen auf Kundenwunsch mit Neopren bezogen gewesen seien, das in Relation zur Dämpfungsschicht weicher sei. Jedoch sei bei den Einlagen der Beklagten die Verwendung jeder üblichen Deckschicht möglich. Zudem sei die verwendete Deckschicht bei der angegriffenen Ausführungsform mit 3 mm wesentlich dünner als nach der technischen Lehre des Klagepatents, so dass das Ermöglichen der Scherbewegungen, wie es das Klagepatent für die Deckschicht vorsehe, nicht ausgeprägt sei, wobei die Verwendung von Neopren auch dem Stand der Technik entspreche. Im Übrigen seien sämtliche Merkmale des Klagepatents im Stand der Technik vorweggenommen, so dass die beanspruchte Erfindung nicht schutzfähig sei.

Der Kläger tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die einge-reichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen, Vernichtung, Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach und Entschädigung sowie Erstattung der außergerichtlichen Kosten aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140 a Abs. 1 und 3, 140 b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB i. V. m. Art. II
§ 1 IntPatÜG zu.

I.
Die Erfindung betrifft ein Fußbett, insbesondere eine Einlage für an Diabetes erkrankte Personen.

Wie das Klagepatent einleitend ausführt, seien Schuhe mit einem Fußbett oder Einlagen allgemein bekannt und gebräuchlich. Sie würden üblicherweise dazu eingesetzt, den Fuß nach orthopädischen Ge-sichtspunkten zu korrigieren oder um den Fuß belastbarer zu machen und den Fußauftritt und die Abrollbewegung zu optimieren. Letzteres sei bei Sporteinlagen der Fall, wie sie in dem deutschen Patent 35 27 583 beschrieben seien.

Nach der Darstellung in der Klagepatentschrift komme es bei an Diabetes er-krankten Personen im Laufe der Erkrankung zu einer Verminderung der Sensibilität der Füße. Gleichzeitig nehme die Gewebeelastizität im Vergleich zu gesunden Menschen erheblich ab. Die verminderte Gewebeelastizität führe dazu, dass dieses seine Polsterfunktion nur noch unzureichend erfüllen könne. Dadurch würde Druckkräfte nicht mehr über ausreichend große Bereiche verteilt. Es würden vielmehr Druckspitzen auftreten, wobei insbesondere die nach unten gerichteten Köpfchen der Fußmittelknochen dazu neigen würden, durch herkömmliches Polstermaterial des Schuhbettes oder übliche Einlagen durchzuschlagen, wodurch es zu einer Überbeanspruchung des Fußgewebes komme. Aufgrund der Sensibilitätsminderung des an Diabetes Erkrankten werde diese Überbeanspruchung oftmals nicht wahrgenommen. Es komme auf diese Weise häufig zu Wunden im Bereich der Fußsohlenseite, welche schwer heilen würden und daher oftmals im Krankenhaus stationär behandelt werden müssten. Auch andere neuropatische Erkrankungen oder Durchblutungsstörungen könnten Gleiches bewirken.

Das Klagepatent geht sodann auf die DE-U-91 00 326 ein, welche eine insbe-sondere für an Diabetes erkrankte Personen bestimmte Einlage gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 des Klagepatentes mit einem sich über die ge-samte Länge erstreckenden, stabilen Grundkörper, einer darüber verlaufenden Dämpfungsschicht und einer oberseitigen, dünnen Deckschicht, zeige, wobei die Deckschicht eine glatte Faserstruktur habe. Dies führe dazu, dass beim Gehen in der Ebene der Deckschicht verlaufende Scherbewegungen dadurch möglich würden, dass der Fuß sich relativ zur Deckschicht bewege.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, ein Fußbett der eingangs genannten Art so auszubilden, dass der Bildung von Druckläsionen des Fußes durch örtliche Überbelastungen entgegengewirkt wird.

Dies geschieht nach Patentanspruch 1 durch ein Fußbett mit folgenden Merk-malen:

1. Fußbett, insbesondere Einlage für an Diabetes erkrankte Personen, bestehend aus

1.1. einem Grundkörper (1), der

1.1.1. formstabil ist,

1.2. einer Dämpfungsschicht (2), die

1.2.1. über dem Grundkörper verläuft und
1.2.2. aus einem gegenüber dem Grundkörper (1) wei-cheren, elastischen Material besteht, und

1.3. einer Deckschicht (5), welche

1.3.1. fußseitig angeordnet ist und

1.3.2. in der Ebene der Deckschicht (5) verlaufende Schwerbewegungen zulässt,

2. der Grundkörper (1) ist ausschließlich im mittleren Fußbereich vorgesehen;

3. der Grundkörper ist zur Entlastung des Vorderfußes und der Ferse über seine gesamte Breite überhöht ausgebildet;

4. die Deckschicht (5) besteht aus einem gegenüber der Dämpfungs-schicht (2) nochmals weicheren Material, welches die in der Ebene der Deckschicht (5) verlaufenden Scherbewegungen durch Materialverformungen zulässt.

II.
Die Beklagten haben den Vortrag des Klägers zur Verletzung des Klage-patents nicht erheblich bestritten.

Sie haben vielmehr selbst eingeräumt, 13 Sohlen, wie sie der Kläger als Anlage rop 6 als Muster vorgelegt hat, als Proben an die Firma B Orthopädie-technik in C geliefert zu haben. Ob es demgegenüber zu weiteren Lieferungen gekommen ist, ist für eine Verurteilung der Beklagten wegen einer Verletzung des Klagepatents ohne Bedeutung.

Soweit sich die Beklagten weiterhin darauf berufen, der Grundkörper, wie ihn die Beklagten verwenden, sei wesentlich höher als bei dem Kläger und darüber hinaus anatomisch geformt, führt dies bereits deshalb nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatentes heraus, weil Patentanspruch 1 hinsichtlich der Dicke des Grundkörpers keine Vorgaben enthält. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr nach Merkmal 1.1.1., dass der Grundkörper formstabil ist. Dass dies bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall ist, lässt sich ohne Weiteres anhand der als Anlagen rop 6 bzw. K 5 vorgelegten Muster erkennen und wurde durch die Beklagten auch nicht erheblich in Abrede gestellt.

Ebenso steht es einer Verwirklichung des Klagepatents nicht entgegen, dass der Grundkörper nach dem Vortrag der Beklagten bei den durch sie hergestell-ten Sohlen Teil eines Bausteinsystems ist, so dass der Grundkörper der Be-klagten mit weiteren Stützkörpern an verschiedenen Stellen kombiniert werden kann. Die Beklagten räumen ein, dass bei den 13 hergestellten Einlagen keine Kombination mit einem weiteren Fußbett erfolgt ist, so dass dort der Grundkörper, wie in Merkmal 2. vorgesehen, ausschließlich im mittleren Fußbereich vorgesehen war.

Darüber hinaus ist die bei der angegriffenen Ausführungsform aus Neopren bestehende Deckschicht, worauf die Beklagten selbst hinweisen, auch weicher als die Dämpfungsschicht (Merkmal 4). Dass die Deckschicht demgegenüber nur 3 mm dick ist, steht der Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents nicht entgegen, da Patentanspruch 1 keine Vorgaben hinsichtlich der Dicke der einzelnen Schichten zu entnehmen sind. Soweit sich demgegenüber in Unteranspruch 3 und der Patentbeschreibung der Hinweis auf eine 5 mm dicke Deckschicht findet (vgl. Anlage rop 1, Sp. 2, Z. 35), handelt es sich dabei lediglich um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel, auf das die technische Lehre des Klagepatents nicht reduziert werden darf.

Zwar findet sich in Merkmal 4 weiterhin, dass das Material der Deckschicht die in der Ebene der Deckschicht (5) verlaufenden Scherbewegungen durch Materialverformungen zulassen soll, wobei derartige Zweck-, Wirkungs- oder Funktionsangaben als Bestandteile eines Patentanspruchs an dessen Aufgabe teilnehmen können, den geschützten Gegenstand gegenüber dem Stand der Technik abzugrenzen, wenn sie das Vorrichtungselement, auf das sie sich beziehen, als ein solches definieren, das so ausgebildet sein muss, dass es die betreffende Funktion erfüllen kann (vgl. BGH GRUR 2006, 923 – Luftabscheider für Milchsammelanlage = Fortführung von BGHZ 112, 140 Befestigungsvorrichtung II; GRUR 1979, 149, 151 – Schießbolzen). Dass dies bei dem durch die Beklagten verwendeten Neopren jedoch nicht der Fall ist, ist weder hinreichend vorgetragen, noch ersichtlich. Vielmehr geht auch das Klagepatent bereits von einem Stand der Technik aus, in welchem die glatte Faserstruktur die beim Gehen in der Ebene der Deckschicht verlaufenden Scherbewegungen dadurch ermöglicht, dass der Fuß sich relativ zur Deckschicht bewegt (vgl. Anlage rop 1, Sp. 1, Z. 50 – 53). Dies ist, was bereits die Inaugenscheinnahme des als Anlage rop 6 vorgelegten Musters zeigt, bei der angegriffenen Ausführungsform jedoch auch dann möglich, wenn das Neopren dort, wie von den Beklagten behauptet, vollflächig verklebt ist.

Schließlich rechtfertigt auch der Einwand der Beklagten, im Stand der Technik sei die Verwendung von Neopren als Deckschicht ebenso bekannt wie der Einsatz von Polyurethan-Schaumstoff (PU) als Dämpfungsschicht und die gegenüber der Deckschicht härtere Ausgestaltung des Grundkörpers, keine andere Bewertung. Der durch die Beklagten damit erhobene Formstein-Einwand kann keinen Erfolg haben, da der Kläger derzeit lediglich eine wortsinngemäße, nicht aber eine äquivalente Verletzung des Klagepatents geltend macht (vgl. BGH GRUR 1999, 914 – Kontaktfederblock; Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rz. 44).

III.
Da die angegriffene Ausführungsform mithin ein Erzeugnis darstellt, welches Gegenstand des Klagepatents ist, ohne dass die Beklagten zu einer Nutzung des Klagepatents berechtigt sind (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG), rechtfertigen sich die tenorierten Rechtsfolgen.

1.
Die Beklagten machen durch die Herstellung und den Vertrieb der angegriffe-nen Ausführungsform in Deutschland widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, so dass sie gegenüber dem Kläger zur Unterlassung verpflichtet sind (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG).

2.
Des Weiteren haben die Beklagten dem Kläger Schadenersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen bzw. Fachunternehmer hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffene Aus-führungsform bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass dem Kläger durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von dem Kläger noch nicht beziffert werden kann, weil er ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse des Klägers an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen,
§ 256 ZPO. Darüber hinaus hat die Beklagte zu 1) dem Kläger gemäß Art. II
§ 1 IntPatÜG im zuerkannten Umfang eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

3.
Damit der Kläger in die Lage versetzt wird, den ihm zustehenden Schadener-satzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Der Kläger ist auf die zuer-kannten Angaben angewiesen, über die er ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Darüber hinaus werden die Beklagten durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140 b PatG). Soweit ihre nicht gewerbli-chen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist den Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).

4.
Ferner hat der Kläger im zuerkannten Umfang gegen die Beklagten einen An-spruch auf Rückruf und Entfernung der angegriffenen Ausführungsform aus den Vertriebswegen, der sich aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140 a Abs. 3 PatG ergibt.

5.
Überdies hat die Beklagte zu 1) die in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen vom Kläger zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 1) herauszugeben, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140 a Abs. 1 S. 1 PatG.

6.
Schließlich haben die Beklagten dem Kläger die Kosten der außergerichtlichen Abmahnung im tenorierten Umfang zu erstatten, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m.
§ 139 Abs. 2 PatG bzw. §§ 683 S. 1, 670 BGB analog.

IV.
Für eine Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung,
§ 148 ZPO, da die Beklagten zwar die fehlende Schutzfähigkeit des Klagepa-tents im Verletzungsverfahren eingewandt, jedoch den Rechtsbestand des Klagepatents nicht im Nichtigkeitsverfahren angegriffen haben (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rz. 1039).

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 200.000,- EUR festgesetzt.