4a O 86/14 – Heizkessel mit Brenner

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2354

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. November 2014, Az. 4a O 86/14

Rechtsmittelinstanz: 15 U 139/14

I. Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 22.08.2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin.

III. Das Urteil ist hinsichtlich des Kostenpunkts vorläufig vollstreckbar; die Verfügungsklägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Verfügungsbeklagten nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

TATBESTAND

Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagten wegen wortsinngemäßer, hilfsweise äquivalenter, Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 0 970 XXX B1 (im Folgenden kurz: Verfügungspatent) im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Unterlassung in Anspruch.

Die Verfügungsklägerin ist eingetragene Inhaberin des in deutscher Verfahrenssprache erteilten Verfügungspatents. Das Verfügungspatent trägt den Titel „Mit einem Brenner ausgerüsteter Heizkessel“. Die dem Verfügungspatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 23.03.1998 unter Inanspruchnahme dreier Prioritäten vom 24.03.1997 eingereicht. Das Verfügungspatent wurde erteilt und der Hinweis auf dessen Erteilung am 05.12.2001 vom Europäischen Patentamt veröffentlicht.

Das Verfügungspatent steht in Kraft. Die Verfügungsbeklagte zu 1) erhob unter dem 25.04.2014 vor dem Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage gegen das Verfügungspatent (vgl. Anlage AST8), über die noch nicht entschieden wurde.

Der geltend gemachte Anspruch 1 des Verfügungspatents lautet:

„Mit einem Brenner ausgerüsteter Heizkessel, mit einem einen Kesselraum umhüllenden Gehäuse, einem mantelförmigen Wärmetauscher, welcher den Kesselraum in eine Brennkammer (17, 112) und eine Abgaskammer (19) aufteilt und über die Mantelfläche verteilt Durchlässe (41) für heisse Verbrennungsgase aufweist, einem in der Brennkammer angeordneten Brennerkopf (111, 111`), welcher ein Flammrohr (23, 115) mit einer axialen Flammöffnung (37, 143) aufweist, und in Abstand von der Flammöffnung (37, 143) einem Flammenumlenkteil (39), dadurch gekennzeichnet, dass das Flammenumlenkteil (39) derart ausgebildet ist, dass die Flamme (25) in den Raum (65) zwischen Flammrohr (23, 115) und Wärmetauscher (15) umgelenkt wird, und dass die Durchlässe (41) für heisse Verbrennungsgase auf die ganze Länge der Brennkammer (17) verteilt angeordnet sind.“

Zur Veranschaulichung wird Figur 2 des Verfügungspatents, die einen erfindungsgemäßen Heizkessel im Längsschnitt zeigt, nachfolgend eingeblendet:

In Fig. 2 ist in einem Kessel 11 eine Brennkammer 17 gebildet. In dieser befindet sich ein Flammrohr 23 mit einer Flammöffnung 37. Der Wärmetauscher 15 ist mit Rohren 40 ausgestattet, die mit Abstand zueinander angeordnet sind, so dass sich Zwischenräume 41 bilden, durch die das Gas den Wärmetauscher 15 durchströmen kann. Gegenüber der Flammöffnung 37 ist ein Umlenkteil 39 angeordnet.

Die Verfügungsklägerin ist auf dem Gebiet der Heiztechnik tätig, wobei ein wesentlicher Anteil ihrer Geschäftstätigkeit in der Vergabe von Lizenzen liegt. Die Verfügungsbeklagte zu 1) ist ein deutsches Unternehmen, welches unter anderem Heiztechniksysteme herstellt. Die Verfügungsbeklagte zu 2) ist im Vertrieb unter anderem von Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik tätig; sie ist mit der Verfügungsbeklagten zu 1) über einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag verbunden.

Das Verfügungspatent war bzw. ist Gegenstand eines parallelen Rechtsstreits zwischen der Verfügungsklägerin und unter anderem der Verfügungsbeklagten zu 1). Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte die Verfügungsbeklagte zu 1) mit Urteil vom 27.02.2014 (Az. I-15 U 1/14, im Folgenden kurz: „das OLG-Urteil“) im Wesentlichen antragsgemäß wegen Verletzung des hiesigen Verfügungspatents. Für die Einzelheiten wird auf das in Anlage AST6 vorliegende Urteil Bezug genommen. Gegen die Nichtzulassung der Revision im OLG-Urteil hat die Verfügungsbeklagte zu 1) Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, über die der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden hat. Für die Einzelheiten wird auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde in Anlage AG1 verwiesen. Angegriffen im Parallelverfahren waren Öl-Brennwertgeräte mit einem Heizkessel, die unter der Bezeichnung „B“ (im Folgenden auch: ursprünglich angegriffene Ausführungsform) von den Verfügungsbeklagten vertrieben wurden.

Die Verfügungsbeklagten stellen nunmehr her und vertreiben Öl-Brennwert-Geräte mit den Bezeichnungen „C“, „D“ und „E“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsformen), wobei die angegriffenen Ausführungsformen jeweils baugleiche Heizkessel aufweisen.

Die angegriffenen Ausführungsformen sind Heizkessel mit einem Brenner, einem Gehäuse, das einen Kesselraum umhüllt und einem Brennerkopf, welcher in einer Brennkammer angeordnet ist und ein Flammrohr mit einer axialen Flammöffnung aufweist. Die angegriffenen Ausführungsformen besitzen jeweils einen Wendelrohrwärmetauscher, dessen einzelne Rohrwendeln auf Abstand gehalten sind. Durch die hierdurch gebildeten Durchlässe strömen heiße Gase aus der Brennkammer in eine Abgaskammer. An den Wendelrohrwärmetauscher schließt sich eine zylindrische Wand an, welche an einen Klöpperboden angeschweißt ist. Der Klöpperboden besteht aus einem gewölbten Boden und einer zylindrischen Wand. Weder die zylindrische Wand noch der Klöpperboden weisen Durchlässe auf. Die Rückwand des Klöpperbodens, dessen Durchmesser geringer ist als der Durchmesser des Wendelrohrwärmetauschers, ist wassergekühlt. Zur Veranschaulichung wird eine von der Verfügungsklägerin gefertigte Abbildung aus Anlage AST26 eingeblendet, wobei die Bezeichnung bzw. patentgemäße Bewertung der einzelnen Teile zwischen den Parteien teilweise streitig ist:

Die (nunmehr) angegriffenen Ausführungsformen unterscheiden sich – soweit für das vorliegende Verfahren relevant – von den ursprünglich angegriffenen Ausführungsformen, die Gegenstand des OLG-Urteil vom 27.02.2014 waren, lediglich darin, dass von den 10 Windungen (Durchlässen) des Wärmetauschers ca. 1,5 Windungen mit einer Kunststoffmasse versehen sind. Auf ihrer Internetseite (vgl. Anlage AST12) schreibt die Verfügungsbeklagte zu 1) hierzu:

„Dabei wurden die Durchlässe des Inox-Radial-Wärmetauschers brennertürseitig über 1,5 Windungen mit einer durchlaufenden, hochhitzebeständigen Abdichtung versehen. Dies führt zur geringeren Erwärmung der Brennertür und schnellerem Abkühlen im Servicefall.“

Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Ausführungsformen verletzten das Verfügungspatent wortsinngemäß, jedenfalls aber auf äquivalente Weise. Soweit 1,5 Windungen mit Kunststoffmasse verstopft sind, ändere dies nicht an der Merkmalsverwirklichung. Die Durchlässe seien trotz der nachträglich eingefügten Kunststoffmasse weiter vorhanden, was für eine Patentverletzung ausreichend sei. Die Abdichtung habe auf die technische Funktion des Wärmetauschers keinen oder jedenfalls keinen wesentlichen Effekt, wie die Angaben der Verfügungsbeklagten zu 1) in Anlage AST12 und ein Vergleich der Nennleistung der ursprünglich angegriffenen Ausführungsform mit den Nennleistungen der jetzigen angegriffenen Ausführungsformen belegten. Darüber hinaus stehe die Kunststoffmasse einer Patentverletzung auch deshalb nicht entgegen, da diese Abdichtung leicht entfernbar sei und zudem schon nach kurzer Betriebsdauer des Heizkessels angegriffen werde. Hierzu hat die Verfügungsklägerin einen Test über 19 Betriebsstunden in Volllast durchgeführt und ein Streichholz an eine aus einer angegriffenen Ausführungsform entfernten Abdichtung gehalten. Die Verfügungsklägerin behauptet, es könne hierauf basierend fest davon ausgegangen werden, dass die Kunststoffmasse in den Windungen nach kurzer Zeit verrotte und die Durchlässe frei würden. Die zum Beleg des Gegenteils von den Verfügungsbeklagten vorgelegten Untersuchungsergebnisse seien ungeeignet, insbesondere sei die dort gewählte Testdauer zu kurz. Ferner sei der Vortrag zu den Tests der Verfügungsbeklagten in sich widersprüchlich.

Sollte man eine wortsinngemäße Verletzung aufgrund der Kunststoffabdichtung der Durchlässe verneinen, läge zumindest aber eine äquivalente Patentverletzung vor. Die vom Verfügungspatent geforderte, verbesserte und gleichmäßige Wärmeübertragung bestehe auch bei der angegriffenen Ausführungsform, so dass eine Gleichwirkung zu bejahen sei. Das Verschließen einzelner Durchlässe sei auch naheliegend für den Fachmann. Schließlich sei die abgewandelte Lösung auch gleichwertig zur patentgemäßen Lehre.

Hinsichtlich der übrigen Merkmale liege ebenfalls eine Verletzung vor; insoweit sei den zutreffenden Feststellungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Urteil vom 27.02.2014 (Anlage AST6) zu folgen. Hierbei sei zutreffend als patentgemäße Flamme die sog. technische Flamme anzusehen, zu der nicht nur die sichtbare Flamme, sondern auch die Zone der Nachreaktion zähle.

Es bestehe auch ein Verfügungsgrund, insbesondere sei der Rechtsbestand des Verfügungspatents ausreichend gesichert. Dies zeige sich schon daran, dass die Verfügungsbeklagten den Rechtsbestand über einen Zeitraum von 8 Jahren (seit der Klageeinreichung im Parallelverfahren I-15 U 1/14 im Jahre 2006) nicht angegriffen und erst nach dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 27.02.2014 eine Nichtigkeitsklage eingereicht haben. Ferner stütze sich die Nichtigkeitsklage – unstreitig – nur auf Entgegenhaltungen, die bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt wurden.

Die Verfügungsklägerin behauptet, ihr drohen erhebliche Nachteile für ihre Marktposition, da sie bei fortgesetzter Verletzung des Verfügungspatents hieran keine neuen Lizenzen vergeben könne.

Die Verfügungsklägerin erhielt am 29.07.2014 eine angegriffene Ausführungsform und untersuchte diese. Sie hat mit Schriftsatz vom 22.08.2014, bei Gericht am 25.08.2015 eingegangenen, den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Die Kammer hat mit Beschluss vom 26.08.2014 entschieden, hierüber nicht ohne eine von der Verfügungsklägerin hilfsweise beantragte mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Die Verfügungsklägerin beantragt:

I. Den Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt,

mit einem Brenner ausgerüstete Heizkessel, mit einem einen Kesselraum umhüllenden Gehäuse, einem mantelförmigen Wärmetauscher, welcher den Kesselraum in eine Brennkammer und eine Abgaskammer aufteilt, und über die Mantelfläche verteilt Durchlässe für heiße Verbrennungsgase aufweist, einem in der Brennkammer angeordneten Brennerkopf, welcher ein Flammrohr mit einer axialen Flammöffnung aufweist, und in Abstand von der Flammöffnung einem Flammenumlenkteil,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wenn das Flammenumlenkteil derart ausgebildet ist, dass die Flamme in den Raum zwischen Flammrohr und Wärmetauscher umgelenkt wird, und dass die Durchlässe für heiße Verbrennungsgase auf die ganze Länge der Brennkammer verteilt angeordnet sind, wobei die Durchlässe des Wärmetauschers brennertürseitig über 1,5 Windungen mit einer Kunststoff-Masse versehen sind.

Hilfsweise:

Den Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt,

mit einem Brenner ausgerüstete Heizkessel, mit einem einen Kesselraum umhüllenden Gehäuse, einem mantelförmigen Wärmetauscher, welcher den Kesselraum in eine Brennkammer und eine Abgaskammer aufteilt, und über die Mantelfläche verteilt Durchlässe für heiße Verbrennungsgase aufweist, einem in der Brennkammer angeordneten Brennerkopf, welcher ein Flammrohr mit einer axialen Flammöffnung aufweist, und in Abstand von der Flammöffnung einem Flammenumlenkteil,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wenn das Flammenumlenkteil derart ausgebildet ist, dass die Flamme in den Raum zwischen Flammrohr und Wärmetauseher umgelenkt wird, und wenn die Durchlässe für heiße Verbrennungsgase über die Länge der Brennkammer verteilt angeordnet sind, wobei die Durchlässe des Wärmetauschers über 8,5 Windungen frei sind und brennertürseitig über 1,5 Windungen mit einer Kunststoff-Masse versehen sind.
(Anspruch 1, äquivalent)

II. Den Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche Verbot als Zwangsvollstreckungsmaßnahme Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren angedroht, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Verfügungsbeklagten zu 1) an dem Präsidenten des Verwaltungsrates ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin und hinsichtlich der Verfügungsbeklagten zu 2) an ihren Geschäftsführern zu vollziehen ist.

III. Für den Fall des Erlasses einer einstweiligen Verfügung von der Anordnung einer Sicherheitsleistung abzusehen und den Hilfsantrag der Verfügungsbeklagten zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagten beantragen,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kostenpflichtig zurückzuweisen;

hilfsweise:

die beantragte einstweilige Verfügung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2 Mio. Euro anzuordnen.

Die Verfügungsbeklagten tragen vor, es läge weder ein Verfügungsgrund noch ein Verfügungsanspruch vor. Die angegriffenen Ausführungsformen verletzten auch bei Zugrundelegung der Auslegung im OLG-Urteil vom 27.02.2014 das Verfügungspatent nicht, da es an über die ganze Länge der Brennkammer verteilt angeordneten Durchlässen fehle. Durch die Kunststoffmasse über 1,5 Windungen seien dort keine patentgemäßen Durchlässe (mehr) vorhanden. Die Kunststoffmasse werde auch beim Betrieb der angegriffenen Ausführungsformen nicht verbrannt, so dass Durchlässe entständen. Dies könne auch der Test der Verfügungsklägerin nicht belegen. Die eingesetzte Kunststoffmasse sei hochhitzebeständig und nicht leicht entfernbar. Die Kunststoffmasse verrotte auch nicht, was (Dauer-) Versuche der Verfügungsbeklagten mit zwei Heizkesseln belegten. Auch der Streichholz-Test der Verfügungsklägerin könne dies nicht nachweisen, insbesondere da die Kunststoffmasse im eingebauten Zustand durch 60 ° C warmes Wasser in den Rohren gekühlt werde.

Allerdings sei die Auslegung im OLG-Urteil unzutreffend. Gehe man dagegen von einer korrekten Auslegung aus, könne eine Verletzung auch weiterer Merkmale des Verfügungspatents nicht festgestellt werden. Das OLG-Urteil enthalte eine Reihe von Fehlern, die zum Erfolg der hiergegen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde führen werde. Eine patentgemäße Flamme sei nur eine sichtbare Flamme und nicht auch eine Reaktionszone, bei denen der CO-Konzentrationswert oberhalb einer sehr niedrigen Grenze liege. Das vom OLG Düsseldorf eingeholte Gutachten zu dieser Frage enthalte Fehler, Lücken und Widersprüche; das OLG Düsseldorf habe sich hiermit nicht hinreichend auseinandergesetzt.

Die Auslegung des OLG Düsseldorf sei auch deshalb unzutreffend, da hiernach als Flammenumlenkteil zwingend sämtliche Vorrichtungsbereiche umfasst würden, die für eine vollständige Flammenumkehr um 180° erforderlich sind. Die Verurteilung im OLG-Urteil beruhe darauf, dass aufgrund der weiten Flammendefinition auch solche Teile der ursprünglich angegriffenen Ausführungsform zum Flammenumlenkteil gezählt worden seien, bei denen nur heiße Gase umgelenkt würden. Bei der (ursprünglichen wie jetzigen) angegriffenen Ausführungsform reiche die (sichtbare) Flamme jedoch nicht einmal an den Klöpperboden heran. Der zylindrische Bereich am Klöpperboden sei bei richtiger Auslegung nicht Teil des Flammenumlenkteils, sondern der Brennkammer. Unstreitig befinden sich im gesamten Bereich stromabwärts der Flammrohröffnung (der auch den zylindrischen Teil des Klöpperboden umfasst) keine Durchlässe.

Bei Zugrundelegung der aus Sicht der Verfügungsbeklagten unzutreffenden Auslegung im OLG-Urteil vom 27.02.2014 sei das Verfügungspatent vom Stand der Technik DE 32 12 XXX (Entgegenhaltung K3, Anlage AST17) neuheitsschädlich getroffen. Da im Rechtsbestandsverfahren dieselbe Auslegung wie im Verletzungsverfahren angewendet werden muss, bestehe eine Zwickmühlensituation, so dass es entweder an einer Verletzung oder am Rechtsbestand des Verfügungspatents mangele.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2014 (Bl. 200 f. GA) Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Der Verfügungsklägerin steht gegen die Verfügungsbeklagten kein Anspruch auf Erlass einer Unterlassungsverfügung aus § 139 Abs. 1 PatG i.V.m. Art. 64 EPÜ zu.

I.
Die Verfügungsklägerin hat keinen Verfügungsanspruch. Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen Anspruch 1 des Verfügungspatents weder wortsinngemäß noch äquivalent.

1.
Das Verfügungspatent (im Folgenden nach Abs. zitiert, ohne das Verfügungspatent zu nennen) betrifft einen mit einem Brenner ausgerüsteten Heizkessel oder Durchlauferhitzer (Abs. [0001]).

In seiner einleitenden Beschreibung schildert das Verfügungspatent, dass im Stand der Technik FR 9 300 XXX eine Reihe von Anordnungen von Heizkesseln gezeigt werden, die aber auf Gasbrenner ausgerichtet sind. Diese Gasbrenner weisen den Vorteil auf, dass sie sehr platzsparend sind und keinen separaten Heizungsraum benötigen (Abs. [0002]). Allerdings besteht ein Bedürfnis, solche platzsparenden Heizanlagen zu entwickeln, die mit dem Brennstoff Öl betrieben werden können, da Öl gegenüber Gas hinsichtlich der Vorratshaltung vorteilhafter ist. Auch die Versorgung bzw. das Auffüllen des Öltanks mit Öl ist wesentlich einfacher und weniger gefährlich als bei Gas.

Das Verfügungspatent beschreibt ferner den Stand der Technik GB-A-792 XXX, die einen Heizkessel mit einem Kesselraum offenbart, welcher durch einen Wärmetauscher aus einem speziell gewundenen Rohr in eine vom Wärmetauscher umwundene Feuerkammer und eine den Wärmetauscher umgebende Abgaskammer aufteilt. Gegenüber einem stirnseitig angeordneten Schamotte-Flammtopf, in welchem ein Brennerkopf anzuordnen ist, ist eine Kopfanordnung ausgebildet, an welcher die heißen Gase umgelenkt und verwirbelt werden. Durch die Verwirbelung geraten unverbrannte Gase von der Peripherie zurück in die zentrale Flamme. Hieran kritisiert das Verfügungspatent, dass eine Rezirkulation des Gases in die Flamme lediglich im Kesselraum außerhalb des Flammenkopfes vorgesehen ist und dass sich mit einem solchen Kessel deshalb Brennstoffe lediglich mit hohen Abgasemissionen verbrennen lassen (Abs. [0004]).

Schließlich beschreibt das Verfügungspatent die DE-A-32 12 XXX (vorgelegt als Anlage AST17, in Abs. [0005] fälschlich als DE-A-32 12 XXX bezeichnet), aus der nach der Beschreibung des Verfügungspatents ein Heizkessel nach dem Oberbegriff seines Anspruchs 1 bekannt ist. Der Kessel ist mit einem senkrecht stehenden Wendelrohr als Wärmetauscher versehen. Oberseitig des Kessels ist ein Brennerkopf eines Sturzbrenners angeordnet. Gegenüber der Feueröffnung des Flammbechers des Sturzbrenners ist eine konkave Schamottplatte angeordnet. Um die Schamottplatte und die zwischen Feueröffnung und Schamottplatte sich erstreckende Umkehrbrennkammer ist der Wärmetauscher angeordnet, welcher einen um den Wärmetauscher herum angeordneten, ringförmigen Heizgaszug von der Brennkammer trennt. Durch die Schamottplatte werden die heißen Gase zurück zum Brennerkopf umgelenkt. Die Windungen des Wendelrohres sind in einem mittleren Bereich eng anliegend. Durch zunehmende Öffnungen zwischen den Endwindungen des Wendelrohrs gelangt das Gas in den äußeren Heizgaszug, wo es wieder nach unten und nochmals durch den Wärmetauscher hindurch in ein Abgasrohr geleitet wird (Abs. [0005]). Zur Veranschaulichung wird nachfolgend die einzige Figur aus der DE 32 12 XXX A1 (Anlage AST17) eingeblendet:

An dem Stand der Technik DE-A-32 12 XXX kritisiert das Verfügungspatent als nachteilig, dass die Temperatur des Heizgases im äußeren Heizgaszug noch derart hoch ist, dass Strahlungswärme von einem den Heizgaszug umschließenden und durch die Heizgase bestrichenen Schamotterohr auf den Wärmetauscher übertragen werden kann (Abs. [0006]).

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik nennt es das Verfügungspatent in Abs. [0007] als seine Aufgabe, eine Feuerungsanlage zu schaffen, welche mit einem Öl- oder Gasbrenner betrieben werden kann, ohne dass sie deswegen größer als eine Gasfeuerungsanlagen ist. Zudem soll sich die Heizanlage durch sehr niedrige Abgaswerte und kleine Wärmeverluste und auch einen niedrigen Geräuschpegel auszeichnen.

2.
Zur Lösung dieser Aufgaben schlägt das Verfügungspatent eine Vorrichtung nach Anspruch 1 vor, der sich in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt darstellen lässt:

(1) Heizkessel (11) mit
a) einem Brenner,
b) einem Gehäuse (13), das einen Kesselraum umhüllt,
c) einem mantelförmigen Wärmetauscher (15),
d) einem Brennerkopf (111, 111‘) und
e) einem Flammenumlenkteil (39).

(2) Der Wärmetauscher (15)
a) teilt den Kesselraum in eine Brennkammer (17, 112) und eine Abgaskammer (19) auf
b) weist Durchlässe (41) für heiße Verbrennungsgase auf, die
aa) über die Mantelfläche verteilt und
bb) auf die ganze Länge der Brennkammer (17) verteilt angeordnet sind.

(3) Der Brennerkopf (111, 111‘)
a) ist in der Brennkammer (17) angeordnet und
b) weist ein Flammrohr (23, 115) mit einer axialen Flammöffnung (37, 143) auf.

(4) Das Flammenumlenkteil (39)
a) befindet sich im Abstand von der Flammöffnung (37, 143) des Flammrohres (23, 115) und
b) ist derart ausgebildet, dass die Flamme (25) in den Raum (65) zwischen Flammrohr (23, 115) und Wärmetauscher (15) umgelenkt wird.

Die patentgemäße Vorrichtung ermöglicht es, einen Heizkessel, bei dem ein Brenner mit einer lanzenförmigen Flamme eingesetzt wird, ohne einen langgezogen Feuerraum zu konstruieren. Hierzu wird ein Flammenumlenkteil eingesetzt, welches die Flamme zu ihrem Ausgangspunkt zurücklenkt, wodurch die Länge des Feuerraumes auf etwa halbe Länge verkürzt werden kann (Abs. [0009]). Dadurch ist die Brennkammer mit einer Flamme fast ausgefüllt, so dass der Feuerungsraum besser ausgenutzt und kompakter gestaltet werden kann. Ferner werden durch die Umlenkung der Flamme zu ihrer Wurzel heiße Gase um das Flammrohr transportiert. Diese heißen Gase können vorteilhaft für die Verbesserung des Kaltstartverhaltens des Brenners genutzt werden (Abs. [0009]).

3.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von dieser geschützten Lehre keinen Gebrauch, da es an einer wortsinngemäßen oder äquivalenten Verwirklichung des Merkmals 2 b) bb) fehlt, wonach:

„(2) Der Wärmetauscher (15) (…)
b) weist Durchlässe (41) für heiße Verbrennungsgase auf, die
(…)
bb) auf die ganze Länge der Brennkammer (17) verteilt angeordnet sind.“

a)
Das Verfügungspatent ist aus der Sicht des Durchschnittsfachmanns im Prioritätszeitpunkt auszulegen. Der Durchschnittsfachmann ist – wie bereits im OLG-Urteil zutreffend festgestellt worden ist – ein Diplom-Ingenieur mit Universitäts- oder Fachhochschulstudium und einer ein- bis dreijährigen Erfahrung im Bereich der Verbrennungstechnik von Heizgeräten (S. 21 Abs. 3 OLG-Urteil, Anlage AST6).

aa)
Zu Merkmal 2b) hat das Oberlandesgericht Düsseldorf im Urteil vom 27.02.2014 (Az. I-15 U 1/14) auf S. 22/23 des Urteilsumdrucks (Anlage AST6) ausgeführt:

„Der erfindungsgemäße Wärmetauscher teilt nach Merkmal 2a) zudem den Kesselraum in eine Brennkammer und eine Abgaskammer auf und er weist gemäß Merkmal 2b) Durchlässe für heiße Verbrennungsgase auf, die über die Mantelfläche verteilt und auf die ganze Länge der Brennkammer verteilt angeordnet sind. (…)

Die zweite Anforderung, Verteilung der Durchlässe auf der ganzen Länge der Brennkammer, dient dem Zweck der verbesserten sowie gleichmäßigen Wärmeübertragung. Infolge der auf der ganzen Länge der Brennkammer angeordneten Durchlässe kann der Wärmetauscher effizienter als bei aus dem Stand der Technik bekannten, mit Öl betriebenen Brennern eingesetzt werden, was entsprechend der bereits genannten Aufgabe gemäß Absatz [0007] der Klagepatentschrift, eine ebenso kompakte Bauweise wie bei Gasfeuerungsanlagen ermöglicht.

Anders als im Stand der Technik müssen bei einer Verwendung des Brennstoffs Öl die heißen Verbrennungsgase nicht mehr (nur) zuerst entlang der Innenseite eines Wärmetauschers geführt werden, um dann im Endbereich des Wärmetauschers um diesen herum gelenkt und auf der Außenseite des Wärmetauschers an diesem entlang geleitet zu werden. Vielmehr ist es infolge der Durchlässe möglich, die heißen Gase auch bei Ölfeuerungsanlagen radial durch zahlreiche Durchlässe in die Abgaskammer zu führen, wie die Klagepatentschrift beispielhaft in den Absätzen [0024], [0026], [0027] erläutert. Viele Durchlässe ergeben zusammen einen großen Querschnitt, jedoch mit überall sehr geringen Abständen zu den Wärmetauscherwandungen. Bei der Durchfuhr der heißen Gase durch die Durchlässe des Wärmetauschers, insbesondere durch enge Spalte eines Wendelrohres entstehen aufgrund der Enge der Durchlässe intensive Verwirbelungen und eine hohe Konvektion.

Zur weiteren Optimierung der Wärmeübertragung trägt die Verteilung der Durchlässe auf der ganzen Länge der Brennkammer bei. Hierdurch wird gewährleistet, dass die gesamte Grenzfläche zwischen Brennkammer und Abgaskammer genutzt und der Wärmetauscher gleichmäßig durchströmt werden kann (Gutachten Dr. Hirsch, S. 5; Anhörungsprotokoll Dr. Hirsch, S. 49). Dem entsprechend führt die Klagepatentschrift in Absatz [0009] aus, dass durch das Wenden der Flamme und die Ummantelung des Brennerkopfs von der Flamme die ganze Länge des Feuerraums „praktisch gleichmäßig zur Wärmeübertragung auf ein Wärmetauschermedium geeignet ist.“

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird für die sonstige Auslegung des Begriffs „Wärmetauscher“ in den Merkmalen 1c), 2a) und 2b) auf die Urteilsbegründung des OLG Düsseldorf unter II. 1. b) aa) (S. 20 – 24 Anlage AST6) verwiesen.

Den oben dargestellten, zutreffenden Ausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf zur Auslegung des Merkmals 2b) schließt sich die Kammer nach eigener Sachprüfung vollumfänglich an. Dieser Teil der Auslegung ist auch von den Parteien nicht in Frage gestellt worden, wobei sich die Verfügungsklägerin explizit auf die Auslegung des OLG Düsseldorf berufen hat und auch die Verfügungsbeklagten in der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2014 ausdrücklich die zitierten Ausführungen des OLG Düsseldorf als zutreffend bezeichnet hat.

bb)
Soweit die Verfügungsklägerin ausführt, bei dem Merkmalsteil „für heiße Verbrennungsgase“ handele es sich um eine Zweckangabe, ist dies zwar grundsätzlich zutreffend. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass auch Zweckangaben mittelbar eine bestimmte, in den übrigen Merkmalen nicht zum Ausdruck kommende Konstruktion umschreiben können, nämlich dergestalt, dass diese Bauteile so ausgebildet sein müssen, dass sie die im Patentanspruch erwähnte Wirkung herbeiführen können (BGH, GRUR 2009, 837 – Bauschalungsstütze; BGH, GRUR 2012, 475 – Elektronenstrahltherapiesystem; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.05.2014 – Az. I-2 U 74/13, S. 31 des Urteilsumdruck; Schulte-Rinken/Kühnen, PatG, 9. Aufl. 2014, § 14 Rn. 84). Die Zweckangabe „für heiße Verbrennungsgase“ bedeutet also, dass die Durchlässe so ausgestaltet sein müssen, dass durch sie heiße Verbrennungsgase hindurchtreten können.

Ferner enthält Merkmal 2b) neben jener Zweckangabe die zusätzliche räumlich-körperliche Vorgabe, dass

„Durchlässe (…) auf die ganze Länge der Brennkammer (17) verteilt angeordnet sind“.

Bei solchen räumlich-körperlichen Vorgaben darf eine funktionsorientierte Auslegung nicht dazu führen, dass der Inhalt des Merkmals auf seine bloße Funktion reduziert wird und die räumlich-körperlichen Vorgaben ignoriert werden (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 42). Auch eine Auslegung unterhalb des Sinngehalts des Wortlauts der Patentansprüche ist nicht zulässig. Es darf im Rahmen der Auslegung also nicht zu einer sachlichen Einengung oder inhaltlichen Erweiterung des durch seinen Wortlaut festgelegten Gegenstands kommen (BGH, GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit). Insofern verlangt Merkmal 2b) bb) dass Durchlässe über die gesamte Länge der Brennkammer vorhanden sind, unabhängig davon, ob die Funktion des gleichmäßigen Wärmeaustausches auch bei einer Verteilung der Durchlässe nur über einen Teil der Länge der Brennkammer erreicht werden könnte.

Ausgenommen von dieser Vorgabe ist das Umlenkteil selbst, welches sich zwar in der Brennkammer befindet, aber keine Durchlässe enthalten muss, da dieses Bauteil ansonsten seine Umlenkfunktion nicht erfüllen könnte. Insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen auf S. 24 des OLG-Urteils (Anlage AST6) verwiesen.

b)
Ausgehend von der erläuterten Auslegung verwirklichen die angegriffenen Ausführungsformen Merkmal 2b) weder wortsinngemäß noch äquivalent.

aa)
Bei den angegriffenen Ausführungsformen sind keine Durchlässe über die ganze Länge der Brennkammer verteilt angeordnet. Unstreitig sind bei den angegriffenen Ausführungsformen im Auslieferzustand von 10 Windungen des Wärmetauscherrohrs im Bereich der Brennkammer ca. 1,5 durch eine Kunststoffmasse verstopft. In diesem Bereich der Brennkammer fehlt es an patentgemäß erforderlichen Durchlässen. Diese Fläche macht ca. 15 % der relevanten Brennkammerlänge aus. Die restlichen 85 % der Länge lassen sich nicht als „ganze Länge“ bezeichnen.

Der Argumentation der Verfügungsklägerin, die Durchlässe seien trotz der Abdichtung weiter vorhanden, kann nicht gefolgt werden. Ein abgedichteter Durchlass ist offensichtlich kein patentgemäßer Durchlass für heiße Verbrennungsgase, da ein Hindurchtreten von Gasen unmöglich gemacht ist. Ob die Durchlässe ursprünglich nicht vorhanden sind, nachträglich durch Verschweißen beseitigt werden oder – wie hier – durch eine Kunststoffmasse verschlossen werden, spielt keine Rolle. In allen Fällen ist die vom Merkmal 2 b) bb) verlangte Möglichkeit des Durchtritts von heißen Gasen nicht mehr gegeben.

bb)
Soweit die Verfügungsklägerin weiter ausführt, die Kunststoffmasse könne leicht entfernt werden, führt dies ebenfalls nicht zu einer Patentverletzung, so dass es auf das diesbezügliche Bestreiten der Verfügungsbeklagten insoweit nicht ankommt. Zwar kann in Ausnahmefällen auch bei Fehlen eines Merkmals eine unmittelbare Patentverletzung vorliegen, wenn ein letzter Herstellungsakt zwar vom Abnehmer vollzogen, er dabei aber als Werkzeug von dem Liefernden gesteuert wird, indem er ihm z. B. entsprechende Anweisungen und Hilfsmittel an die Hand gibt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2011 – Az. I-2 U 122/09 – Lungenfunktionsmessgerät – Tz. 141 bei Juris). Diese Ausnahmekonstellation, welche sich auf das vorhersehbare Hinzufügen einer Allerweltszutat durch den Abnehmer bezieht, lässt sich grundsätzlich auf andere Arten der Umgestaltung einer gelieferten Ausführungsform übertragen. Allerdings ist nicht im Ansatz vorgetragen worden, dass Abnehmer der angegriffenen Ausführungsform als Werkzeug der Verfügungsbeklagten tätig werden und die Kunststoffmasse zwischen den Windungen entfernen. Hiergegen spricht schon, dass die Verfügungsbeklagten die eingebrachte Kunststoffmasse ausdrücklich als vorteilhafte Weiterentwickelung der angegriffenen Ausführungsform öffentlich anpreisen (vgl. Anlage AST12). Vor diesem Hintergrund erscheint es fernliegend, dass Abnehmer auf den beworbenen Vorteil verzichten und die Kunststoffmasse zwischen den Windungen entfernen.

cc)
Auch soweit die Verfügungsklägerin vorträgt, bei den angegriffenen Ausführungsformen verrotte die Kunststoffmasse im Laufe des bestimmungsgemäßen Betriebs, so dass die Durchlässe wieder frei würden, kann dem nicht gefolgt werden.

Zwar ist zutreffend, dass auch dann eine unmittelbare Patentverletzung vorliegt, wenn bei einer hergestellten oder vertriebenen Vorrichtung ein für die Aufgabenlösung wesentliches Merkmal zwar noch nicht bei der fertigen aber ungebrauchten Vorrichtung in Erscheinung tritt, sondern erst dann und dadurch gebildet wird, dass sich die Vorrichtung verlässlich und vorhersehbar bei der bestimmungsgemäßen Benutzung räumlich verändert (OLG Düsseldorf, GRUR 1978, 425 – Umlenktöpfe; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 54). Jedoch konnte die insoweit darlegungs- und glaubhaftmachungsbelastete Verfügungsklägerin nicht nachweisen, dass sich bei den angegriffenen Ausführungsformen in deren üblichen Betrieb Duchlässe über die ganze Länge der Brennkammer bilden.

(1)
Zum Nachweis eines vorhersehbaren Verrottens ist der „Streichholz-Test“ nicht geeignet. Der Umstand, dass die Kunststoffmasse nach dem Entfernen aus einer angegriffenen Ausführungsform brennt, wenn man ein brennendes Streichholz an sie hält, kann kein Verrotten im eingebauten Zustand belegen. Dies wurde von den Verfügungsbeklagten bestritten. Deren Einwand, in der Einbausituation werde die Kunststoffmasse durch den Wärmetauscher gekühlt, erscheint für die technisch nicht fachkundige Kammer nachvollziehbar.

(2)
Zum Beleg ihrer Behauptung hat die Verfügungsklägerin ferner darauf verwiesen, dass nach 19 Stunden Volllastbetrieb Veränderungen bei der Kunststoffmasse festzustellen seien. Unstreitig kommt es an der Oberfläche der Kunststoffmasse nach einer gewissen Betriebsdauer zu Veränderungen.

Allerdings konnte die Verfügungsklägerin nicht glaubhaft machen, dass vorhersehbar ein Verrotten eintritt. Hierzu hat sie lediglich ausgeführt und durch die eidesstattliche Versicherung von Herrn F(Anlage AST11, S. 4 Abs. 1) belegt, dass man aufgrund der Gebrauchsspuren fest davon ausgehen könne, dass die Kunststoffmasse nach kurzer Zeit verrotte und der Durchlass wieder frei werde. Dies reicht zur Feststellung einer Patentverletzung nicht aus. Die Verfügungsbeklagten haben diese Behauptung bestritten, was sie mit einer eidessstattlichen Versicherung von Herrn Dr. G (Anlage AG6 unter 4.) und dort aufgeführten Versuchen belegt haben. Dieses Bestreiten reicht aus.

Die Verfügungsklägerin hat schon nicht substantiiert dargelegt, nach welcher Zeit tatsächlich die Windungen wieder über die ganze Länge der Brennkammer durchlässig sein sollen. Auch ist für die technisch nicht fachkundige Kammer ohne sachverständige Hilfe nicht überprüfbar, ob die sichtbaren Gebrauchspuren tatsächlich bedeuten – was bestritten ist –, dass im weiteren Zeitablauf die Kunststoffabdichtung durchlässig wird. Eine Erklärung der Prozesse, die nach Ansicht der Verfügungsklägerin zur Zerstörung der Abdichtung führen, hat diese nicht vorgetragen.

Dass eine „Nase“ der Kunststoffmasse im Test der Verfügungsklägerin verbrannt ist, lässt aus Sicht der Kammer nicht den Schluss zu, dass auch der Rest der Kunststoffmasse verrotten wird. Denn diese Nase ist vom kühlenden Wärmetauscher entfernt und aufgrund ihrer Geometrie im Betrieb fast vollständig von der Flamme umschlossen. Im Gegensatz hierzu erscheint es nachvollziehbar, dass die zwischen den Windungen des Wärmetauschers eingefügte Kunststoffmasse wesentlich besser der Hitze standhält.

Über die Einwände der Verfügungsklägerin gegen die von den Verfügungsbeklagten vorgelegten Messungen und Versuche muss nicht entschieden werden, da bereits die Verfügungsklägerin ihre Behauptung eines Verrottens nicht ausreichend glaubhaft machen konnte.

c)
Eine äquivalente Verletzung des Verfügungspatents kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Unter dem Gesichtspunkt der patentrechtlichen Äquivalenz kann eine vom Wortsinn abweichende Ausführungsform dann in den Schutzbereich einbezogen werden, wenn sie das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit abgewandelten, aber objektiv im Wesentlichen gleichwirkenden Mitteln löst (Gleichwirkung) und seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als im Wesentlichen gleichwirkend aufzufinden (Naheliegen), wobei die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Schutzanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht (Gleichwertigkeit; zu allen Voraussetzungen: BGH, GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung; BGH, GRUR 2007, 410, 415 f. – Kettenradanordnung; BGH, GRUR 2004, 758, 760 – Flügelradzähler; BGH, GRUR 2007, 959, 961 – Pumpeinrichtung; BGH, GRUR 2007, 1059, 1063 – Zerfallszeitmessgerät).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

aa)
Es ist schon fraglich, ob eine Gleichwirkung vorliegt. Wie oben ausgeführt wurde, dient Merkmal 2b) bb) der weiteren Optimierung der Wärmeübertragung, indem die gesamte Grenzfläche zwischen Brennkammer und Abgaskammer genutzt und der Wärmetauscher gleichmäßig durchströmt werden kann (vgl. Abs. [0009]). Dies bestätigt auch die Verfügungsklägerin in ihrer Antragsschrift (Bl. 19 GA).

Soweit die Verfügungsklägerin nunmehr vorträgt, dies werde bei der angegriffenen Ausführungsform objektiv gleichwirkend auch dann erreicht, wenn über 1,5 Windungen keine Durchlässe vorhanden sind, bestehen hieran Zweifel. Zwar ist über die ganze Länge der Brennkammer der angegriffenen Ausführungsform ein Wärmetauscher vorhanden, jedoch können über 1,5 von 10 Windungen keine heißen Verbrennungsgase durch den Wärmetauscher durchgeleitet werden. Im Bereich der Kunststoffmasse findet ein Wärmeaustausch schlechter statt, da es an einem Durchströmen von Durchlässen fehlt und entsprechend weniger Fläche für den Wärmeaustausch genutzt werden kann. Damit ist keine gleichmäßige Wärmeübertragung über die ganze Länge der Brennkammer gegeben.

Soweit die Verfügungsklägerin sich insoweit darauf beruft, dass die Nennleistung der ursprünglichen angegriffenen Ausführungsformen (ohne Kunststoffmasse) dieselbe Leistung erreicht wie die nunmehr angegriffenen Ausführungsformen und hieraus folgert, eine Gleichwirkung müsse vorhanden sein, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen trifft die Gesamtnennleistung keine Aussage zur Wirkung konkret des Wärmestauschers. Zum anderen ist patentgemäße Wirkung von Merkmal 2 b) bb), dass der Wärmetauscher über die gesamte Länge der Brennkammer gleichmäßig durchströmt wird. Selbst wenn der Wärmetauscher in seiner Gesamtleistung unverändert wäre, fände die Wärmeübertragung aufgrund der fehlenden Durchlässe im brennertürseitigen Teil nicht mit der vom Merkmal 2b) bb) angestrebten Gleichmäßigkeit statt.

bb)
Es kann aber letztlich dahingestellt bleiben, ob die abgewandelte Ausführungsform der angegriffenen Ausführungsformen gleichwirkend (und naheliegend) zur patentgemäßen Lehre ist. Denn es fehlt zumindest an dem Kriterium der Gleichwertigkeit. Es ist nicht ersichtlich, warum ein Fachmann ausgehend vom Sinngehalt der Lehre des Verfügungspatents die Anordnung von Durchlässen nur über ca. 85 % der Länge der Brennkammer als gleichwertige Lösung zu der Anordnung von Durchlässen über deren ganze Länge verteilt ansehen sollte. Ein Anhaltspunkt im Verfügungspatent für einen solchen abweichenden Lösungsweg ist für die Kammer nicht ersichtlich. Auch die Verfügungsklägerin konnte hierfür weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2014 eine tragfähige Begründung liefern.

II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 709 S. 2, 711 ZPO.

III.
Der Streitwert wird auf EUR 2.000.000,00 festgesetzt.