4a O 51/02 – Streuvorrichtung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 104

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 28. November 2002, Az. 4a O 51/02

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

IV.

Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 80.000,– Euro vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte und selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Inland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 483 742, das unter Inanspruchnahme finnischer Prioritäten vom 30.10.1990 und 25.9.1991 am 29.10.1991 angemeldet, dessen Anmeldung am 6.5.1992 veröffentlicht und dessen Erteilung am 30.11.1994 bekannt gemacht wurde (Klagepatent). Deutschland ist einer der benannten Vertragsstaaten.

Anspruch 1 des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist, hat folgenden Wortlaut:

Vorrichtung zum Streuen faseriger Materialien, z.B. Spänen oder ähnlichem, um eine genau kontrollierte Spanschicht zusammen mit einem Bindemittel auf einem Streuförderband (8) oder einer Pressform auszuformen, wobei besagte Vorrichtung aus einer Streukammer (1) besteht, welche einen Dosierförderer (4) zum Transport des zu streuenden Materials zum Auslassende der Streu­kam­mer hin beinhaltet, dadurch gekennzeichnet, dass an das Auslassende der Streukammer (1) unmittelbar an den Dosierförderer (4) anschließend ein Wal­zen­satz (5) angeordnet ist, welcher aus wenigstens drei zueinander parallel angeordneten Walzen (6) besteht, wobei Schlitze individuell einstellbarer Weite zwischen den Walzen ausgebildet sind.

Die nachfolgend eingefügten Zeichnungen stammen aus der Klagepatentschrift und zeigen in Figur 1 und 2 ein erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel.

Die Klägerin ist außerdem eingetragene Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters 91 17 105, das unter Inanspruchnahme der Priorität des Klagepatents (Abzweigung) angemeldet und dessen Erteilung am 21.12.1995 bekannt gemacht wurde. Wegen des Wortlauts von Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters wird auf den damit identischen oben wiedergegebenen Wortlaut von Anspruch 1 des Klagepatents ver­wiesen. Gegen das Klagegebrauchsmuster wurde von der italienischen Gesell­schaft Fk s.p.a. Löschungsantrag gestellt. Mit Beschluss des Bundespatentgerichts vom 16.12.1998 wurde der Löschungsantrag zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 1), ist eine in Italien ansässige Gesellschaft, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist. Sie gehört dem T Konzern, der von der T GmbH & Co. geführt und beherrscht wird. Die Beklagte arbeitet mit der vorgenannten Gesellschaft weltweit und insbesondere auch in der Bundesrepublik Deutschland zusammen, indem gemeinsam Fabriken und zugehörige Anlagen für Holzfaserplatten erstellt und vertrieben werden.

Der von der Klägerin als Anlage K 9 in Fotokopie vorgelegte Prospekt wurde in der Bundesrepublik Deutschland verteilt. Nachfolgend werden die Kopfseite, die Seiten 6 (Doppelseite) und 7 sowie die letzte Seite wiedergegeben. Wegen des weiteren Inhalts des Prospekts wird auf die Anlage K 9 verwiesen.

Die Klägerin hat zudem als Anlage K 10 das Heft Juli/August 2001 (Nr. 4) der eng­lischsprachigen Zeitschrift „XYLION international“ vorgelegt. Auf den Seiten 92 ff. des Heftes ist unter der Überschrift „Turnkey Panels“ ein Artikel abgedruckt, der sich mit den technischen Entwicklungen der „LC“ befasst. Auf Seite 94 erster Absatz letzter Satz heißt es, dass die Gelegenheit der Ligna 2001 ideal sei, um die neue­sten Erfindungen von LC zu präsentieren. Unter der Zwischen­über­schrift „Effektive Trennung“ heißt es dann im ersten Satz des nächsten Ab­satzes, dass die wichtigsten Neuheiten, wie sie von Herrn Y, dem Vorstands­vorsitzenden von LC erläutert würden, auf der Einführung eines neuen Gegenstandes in das LC Formsystem („LC s“) beru­hen würde, der „Fr“ genannt werde. In den folgenden Spalten wird der „Fr“ dann im Einzelnen erläutert. Auf Seite 96 heißt es dann:

Wegen des weiteren Inhaltes des Artikels wird auf die Anlage K 10 Bezug genommen.

Die Kläger hat ferner als Anlage K 12 Ausdrucke einer Internet-Präsentation vorgelegt, die sie unter der Adresse „sxxxx.com“ empfangen hat. Es handelt sich dabei um den Internet-Auftritt der amerikanischen T Limited Partnership. Seite 4 der Anlage K 12 wird nachfolgend wiedergegeben.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sich aus dem als Anlage K 9 vorgelegten Prospekt eine Verletzung des Klagepatents durch Anbieten der als „C“ bezeichneten Streuvorrichtung seitens der Beklagten ergebe. Außerdem sei dem als Anlage K 10 vorgelegten Prospekt zu entnehmen, dass die Beklagte den „C“ auf der Holzfachmesse „LIGNA“ im Juli 2001 in I ausgestellt habe. Aus der Anlage K 12 ergebe sich, dass eine Fraktionierung sowohl im sogenannten „Crown-Face-Layer“ als auch im sogenannten „Crown-Core-Layer“ stattfinde, und zwar durch Einstellung der Schlitzweiten zwischen den einzelnen Rollen.

Sie beantragt,

I.

die Beklagten zu verurteilen,

1.

es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

im Bereich der Bundesrepublik Deutschland Vorrichtungen zum Streuen faseriger Materialien, zum Beispiel Spänen oder ähnlichem, um eine genau kontrollierte Spanschicht zusammen mit einem Bindemittel auf einem Streuförderband oder einer Pressform auszuformen, wobei besagte Vorrichtung aus einer Streukammer besteht, welche einen Dosierförderer zum Transport des zu streuenden Materials zum Auslassende der Streukammer hin beinhaltet,

anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen an das Auslassende der Streukammer, unmittelbar an den Dosierförderer anschließend, ein Walzensatz angeordnet ist, welcher aus wenigstens drei zueinander parallel angeordneten Walzen besteht, wobei Schlitze individuell einstellbarer Weite zwischen den Walzen ausgebildet sind,

2.

der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 30. Dezember 1994 begangen haben und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen,

-zeiten und -preisen sowie Typenbezeichnungen, ferner der Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, ferner nach Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

den Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,

II.

festzustellen, dass sämtliche Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr durch die unter I. 1. bezeichneten und gegangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie weist zunächst darauf hin, dass in dem als Anlage K 9 vorgelegten Prospekt der Name der Beklagten zu 1) nicht zu entnehmen sei, dort sei nur die in Italien ansässige CMC LC aufgeführt. Bei den „state-of-the-art“ Streusystemen, die die LC baue, handele es sich ausschließlich um Streumaschinen, wie sie auf den Seiten 4 und 5 der Anlage K 9 unter „Wind-Former“ und „CageFormer“ dargestellt und beschrieben seien. Mit der M des Klagepatents hätten diese Streumaschinen nichts zu tun. Schließlich könne nicht festgestellt werden, dass die CMC LC Vorrichtungen nach dem Klagepatent anbiete. Da die CMC LC die auf den Seiten 6 und 7 des Prospekts dargestellten Vorrichtungen nicht herstelle und auch nicht in Deutschland vertreibe, müsste ein etwaiges Anbieten in Gestalt des Prospekts nach Anlage K 9 durch den Prospekt selbst erkennbar sein. Das sei aber nicht der Fall, weil dem Prospekt nicht entnommen werden könne, dass zwischen den Walzen des am Auslassende der Streukammer angeordneten Walzen­satzes Schlitze individuell einstellbarer Weite ausgebildet seien. Die Anlage K 12 beginne mit dem Hinweis, dass T mehrere unterschiedliche Streuanlagen anbiete und eine neue Generation entwickelt habe. Von individuell einstellbaren Walzen sei nicht die Rede. Auch sei kein Leistungsergebnis beschrieben, wie es nach der von der Klägerin gewählten Auslegung der Vorrichtung gemäß dem Klagepatent zukommen soll.

Wegen des weiteren Inhalts des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

I.

Das Klagepatent betrifft

1. eine Vorrichtung zum Streuen faseriger Materialien wie Spänen oder ähnlichem, um eine genau kontrollierte Spanschicht zusammen mit einem Bindemittel auf einem Streuförderband oder einer Pressform auszuformen;

2. die Vorrichtung besteht aus einer Streukammer;

3. die Streukammer beinhaltet einen Dosierförderer;

4. der Dosierförderer dient zum Transport des zu streuenden Materials zum Auslassende hin.

Eine derartige Vorrichtung ist, wie in der Beschreibung des Klagepatents erläutert wird, zum Beispiel aus der DE-A 25 45 461 bekannt.

Bei der Herstellung von Spanplattenprodukten wird – so wird in der Klagepatentschrift weiter ausgeführt – das Rohteil mit Hilfe von Materialstreuung gebildet, indem zunächst ein Gemisch aus Spänen und Bindemittel zum Formen des Rohteils auf ein Förderband oder in eine Pressform gefüllt werden. Als nächstes wird das Rohteil in einer kontinuierlich arbeitenden Presse zu einer Platte gepresst oder alternativ geschnitten und zu einer Plattenpresse transportiert, in welcher das Rohteil aus Spänen und Bindemittel zu einer Spanplatte gepresst wird. Bei einer solchen Herstellung liegt ein Problem darin, wie eine optimale Streuung der Mischung aus Spänen und Bindemittel erreicht werden kann, um eine ebene Schicht auf dem Förderband auszubilden. Darüber hinaus sollte die Streuung so erfolgen, dass bei der fertig gepressten Spanplatte die gröbere Spanfraktion in der Mitte der Platte vorliegt, während sich die feinere Fraktion auf den beiden äußeren Oberflächen der Platte absetzt. Etwa wird im Stand der Technik ein Gebläse benutzt, um das Gemisch aus Spänen und Bindemittel zu fraktionieren. Blasen führt jedoch leicht zu unkontrollierten Turbulenzen und unbefriedigenden Endresultaten. Darüber hinaus verbraucht das Blasen ein große Menge Energie.

Mit der Erfindung des Klagepatents soll die Streumethode derart verbessert werden, dass vor dem Pressen ein maximale Homogenität der Anordnung des Gemisches aus Spänen und Bindemittel auf der Pressform erreicht wird und das in einer Weise, dass die feinere Fraktion sich auf den äußeren Oberflächen der Platte konzentriert, während die gröbere Fraktion in der Mitte der Platte konzentriert ist.

Das soll durch folgende weitere Merkmale der oben beschriebenen Streuvorrichtung erreicht werden:

5. An das Auslassende der Streukammer ist ein Walzensatz angeordnet;

6. der Walzensatz ist unmittelbar an den Dosierförderer anschließend angeordnet;

7. der Walzensatz besteht aus wenigstens drei zueinander parallel angeordneten Walzen;

8. zwischen den Walzen sind Schlitze individuell einstellbarer Weite ausgebildet.

Eine solche Walzenanordnung hat nach den Angaben in der Klagepatentschrift den Vorteil, dass die feine Spanfraktion am Ausgabeende des Walzensatzes ausgesiebt wird, um auf die Pressschicht zu fallen, während die Fraktion, die am Ende des Walzensatzes ausgesiebt wird, vor allem aus gröberen Spänen besteht. Die ausgesiebte Spanfraktion fällt durch die Schlitze der Walzen. Die Weite der Schlitze wird durch die Anforderungen an die Fraktionierungseffizienz und Kapazität festgesetzt. Die Entfernung von verworfenen Partikeln aus den fraktionierten Spänen ist ebenso möglich, weil diese Verwerfungen darin gehindert werden, durch die Schlitze zwischen den Walzen zu fallen und stattdessen auf der Oberseite des Walzensatzes entlang zu einer Förderschnecke oder ähnlichen Wegräumvorrichtungen gefördert werden, welche am Austrittsende des Walzensatzes angeordnet ist.

II.

Auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin kann eine Verletzung des Klagepatents durch die allein geltend gemachte Benutzungshandlung eines Anbietens nicht festgestellt werden. Den Darlegungen der Klägerin und den von ihr als Anlagen K 9, K 10 und K 12 eingereichten Unterlagen lässt sich nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen, dass die in dem als Anlage K 9 vorgelegten Prospekt unter der Bezeichnung „Crown Former“ beworbene Streuvorrichtung Merkmal 8 der in Anspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellten M verwirklicht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen, die an ein Anbieten i.S.v. § 9 Nr. 1 PatG zu stellen sind, danach zu unterscheiden, ob der angebotene Gegenstand dinglich vorhanden ist oder nicht. Ist der angebotene Gegenstand nicht dinglich vorhanden, muss sich die Verwirklichung der patentgemäßen M durch das angebotene Erzeugnis aus dem Angebot ergeben. Ist hingegen das patentverletzende Erzeugnis dinglich vorhanden, genügt es, wenn dem Angebot entnommen werden kann, dass ein solches Erzeugnis Gegenstand des Angebots ist. Dann ist es nicht noch zusätzlich erforderlich, dass die Erfindung für den Empfänger aus dem Angebot erkennbar gewesen ist (BGH, GRUR 1969, 35, 36 – Europareise; Bernhard/Kraßer, Patentrecht, 4. Aufl., S. 550 f.; Sefzig, GRUR 1992, 413 ff.).

In dem als Anlage K 9 vorgelegten Prospekt, der unstreitig auch in Deutschland vertrieben worden ist, wird auf den Seiten 6 und 7 eine als „C“ bezeichnete Streuvorrichung zum Zwecke des Verkaufs beworben und damit im Sinne von § 9 Nr. 1 PatG angeboten. Diese Werbung müssen sich die Beklagten zurechnen lassen. Zwar ist es zutreffend, dass auf der Vorderseite des Prospekts allein die Geschäftsbezeichnung „T“ aufgeführt ist. Jedoch ist bereits auf Seite 3 des Prospekts unter der Bezeichnung „T“ auch die Geschäftsbezeichnung „CMC LC“ der Beklagten aufgeführt. Auf derselben Seite heißt es in Spalte 2 des Fließtextes allgemein, dass T zusammen mit seinem Tochterunternehmen „CMC LC“ aus Italien „state-of-the-art“ Vlies-Bildungssysteme („mat forming systems“) herstellt. Ferner ist in der Tabelle auf Seite 3 neben anderen Vorrichtungen auch der „C“ aufgeführt. Ein einschränkender Hinweis, dass die Beklagte zu 1) allein die unter den Bezeichnungen „WindFormer“ und „CageFormer“ angebotenen Anlagen, nicht aber die Streuvorrichtung „C“ anbietet, findet sich weder auf den Seiten 3 und 4 noch an einer anderen Stelle des Prospektes. Vielmehr ist auf der letzten Seite des Prospektes als Bezugsadresse für Maschinen und Anlagen für „board products“ – ohne jede weitere Einschränkung – auch die Beklagte „CMC LC“ mit ihrer Adresse in Italien aufgeführt. Dass als Bezugsadresse für Italien auch eine „T S.r.l.“ in Monza genannt wird, schließt aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise nicht die Möglichkeit aus, dass es in Gestalt der Beklagten zu 1) eine zweite Bezugsadresse in Italien gibt. Vor diesem Hintergrund haben die mit dem Prospekt angesprochenen Verkehrskreise keinen Anlass zu der Annahme, dass – wie von den Beklagten geltend gemacht – allein die unter den Bezeichnungen „WindFormer“ und „CageFormer“ beschriebenen Anlagen von der Beklagten („CMC LC“) angeboten werden. Vielmehr werden die Empfänger des Prospektes aufgrund seiner Gestaltung zu der Annahme gelangen, dass die Beklagte auch den auf den Seiten 6 und 7 vorgestellten „C“ zum Verkauf anbietet.

Dem als Anlage K 5 vorgelegten Prospekt kann weiterhin entnommen werden, dass die Streuvorrichtung „C“ die Merkmale 1 bis 7 der in Anspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellten M aufweist. Das ist zwischen den Parteien unstreitig, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf. Hingegen lässt sich weder der Beschreibung noch den bildlichen Darstellungen des „Cs“ im Prospekt der Beklagten entnehmen, dass – wie in Merkmal 8 vorgesehen – zwischen den Walzen des am Auslassendes der Streukammer angeordneten Walzensatzes Schlitze individuell einstellbarer Weite ausgebildet sind. Aus den Abbildungen auf Seite 6 ist nicht erkennbar, ob die Schlitze zwischen den als „Face layer former“ und „C combined“ bezeichneten Vorrichtungen individuell einstellbar sind. Auch der von der Klägerin zitierten Textstelle auf Seite 6, dass der „Face layer C“ eine vorseparie­rende Einheit für die obere Rollerreihe hat, welche einen einheitlichen Materialfluss erzeuge und die untere Rollerreihe versorgt, d.h. die Hauptseparierungseinheit, kann nichts zu der Frage entnommen werden, ob die Schlitze zwischen Walzen individuell einstellbar sind. Auch die weiterhin von der Klägerin herangezogene Stelle auf Seite 7 des Prospekts, wonach der Core-Layer C ein Bett von identisch gestalteten gezahnten Walzen benutzt, um ein homogenes Vlies auf die erste Vlieslage zu streuen, wobei gleichzeitig sichergestellt wird, dass genug feines Material die Kernlage des Vlieses erreicht, um als Bindemittel zu agieren und außerordentlich große Partikel durch ein Förderband abtransportiert werden, ist insoweit unergiebig. Gleiches gilt für die übrigen von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 30.9.2002 zitierten und übersetzten Stellen.

Lässt sich demnach die Verwirklichung der geltend gemachten M des Klagepatents durch die von der Beklagten zu 1) angebotene Vorrichtung „C“ nicht bereits der Beschreibung des Angebots entnehmen, kommt es nach den obigen Grundsätzen darauf an, ob nach dem Vorbringen der Parteien festgestellt werden kann, dass der „C“ dinglich vorhanden ist und neben den unstreitigen Merkmalen 1 bis 7 auch das Merkmal 8 aufweist. Das ist indes nicht der Fall.

Der von der Klägerin als Anlage K 10 vorgelegten Juli/August-Heft der Zeitschrift „XYLION inter­national“ enthält auf Seite 96 die Beschreibung einer Vorrichtung zum Streuen faseriger Materialien, die zwei Reihen von Walzen aufweist. Während die erste Reihe im Wesentlichen dazu bestimmt ist, das Material zu öffnen, um das Separierungs­verhalten der darunterliegenden Walzen zu erleichtern, haben die letztgenannten abnehmende Walzenschlitze, damit die größeren Partikel zuerst abgelegt werden und dann die feineren Anteile. Ob die Schlitze zwischen den Walzen auch individuell eingestellt werden können, ergibt sich daraus nicht. Zudem bleibt unklar, ob mit dieser Beschreibung gerade die Vorrichtung gemeint ist, die in dem als Anlage K 9 vorgelegten Prospekt unter der Bezeichnung „C“ auf den Seiten 6 und 7 beschrieben und gezeigt wird. Allein der Umstand, dass das Foto auf Seite 96 der Anlage K 10 offensichtlich identisch mit dem Foto auf Seite 6 des als Anlage K 9 eingereichten Prospekts ist, mag zwar in diese Richtung deuten, lässt aber noch keine gesicherte Schlussfolgerung zu.

Das dingliche Vorliegen einer auch Merkmal 8 verwirklichenden Vorrichtung kann schließlich nicht dem als Anlage K 12 vorgelegten Internetauszug entnommen werden, den die Klägerin unter der Internet-Adresse „Sicomarietta.com“ erhalten hat, die von der US-amerikanischen T Limited Partnership unterhalten wird. In dem Text heißt es zwar im dritten Absatz der vierten Seite der Anlage K 12, dass T eine neue Generation von Vliesbildern („matformers“) für die Herstellung von Spanplatten („particleboards“) entwickelt hat. Außerdem sind unten auf der Seite zwei Abbildungen wiedergegeben, die den Abbildungen auf den Seiten 6 und 7 des als Anlage K 9 vorgelegten Prospekts gleichen und die Unterschrift „Face layer C“ und „Core layer C“ tragen. Es lässt sich jedoch auch der Internet-Präsentation nicht schlüssig entnehmen, ob der C den Anforderungen des Merkmals 8 genügt. Zwar heißt es im dritten Satz des vorletzen Absatzes der vierten Seite der Anlage K 12, dass durch die Einstellung der Drehgeschwindigkeit und des Abstandes zwischen den Walzen, gröbere und feinere Partikel voneinander getrennt werden („By adjusting the speed of rotation and the distance between disc rolls, coarse and fine particles are separated.“). Dies lässt aber nicht den sicheren Schluss zu, dass – wie in Merkmal 8 vorgesehen – zwischen den Walzen des „Cs“ Schlitze auch individuell einstellbarer Weite ausgebildet sind.

Mit dem Klagepatent wird angestrebt, die Streumethode so zu verbessern, dass vor dem Pressen eine maximale Homogenität der Anordnung des Gemisches aus Spänen unterschiedlicher Größe und Bindemittel auf der Pressform erreicht wird, indem sich die feinere Fraktion auf den äußeren Oberflächen der Platte konzentriert, während die gröbere Fraktion in der Mitte der Platte konzentriert ist. Dies wird insbesondere dadurch erreicht, dass nach Merkmal 8 zwischen den Walzen des unmittelbar an den Dosierförderer anschließend angeordneten Walzensatzes Schlitze individuell einstellbarer Weite ausgebildet sind. Die individuelle Einstellbarkeit der Schlitzweite ermöglicht es dem Anwender nicht nur feine und grobe Späne einer vorgegebenen Größe voneinander zu separieren, sondern die Weite jeweils entsprechend den Anforderungen an die Fraktionierungseffizienz und Kapazität festzulegen (Sp. 2. Z. 15 ff.; 25 ff.). Wie in der Klagepatentschrift im Hinblick auf das in den Figuren 1 und 2 gezeigte erfindungsgemäße Ausführungsbeispiels erläutert wird, kann die Schlitzweite zwischen den Walzen durch einfaches näher zueinander oder weiter auseinander bewegen der Wellen (oder einer einzelnen Wellen) der Walzen individuell eingestellt werden. Im besonderen kann jeder der Schlitze zwischen den Walzen individuell eingestellt werden, was bedeutet, dass die Weiteneinstellung eines jeden einzelnen Schlitzes so eingerichtet ist, dass sie unabhängig von den anderen Weiteneinstellungen ist (Sp. 4, Z. 21 ff.). Für die wortlautgemäße Verwirklichung des Merkmals 8 ist es also noch nicht hinreichend, wenn die Schlitze nur werkseitig im Hinblick auf eine bestimmte Fraktionierung eingestellt sind, aber nicht mehr vom Anwender eingestellt werden können oder aber die Schlitze zwar vom Anwender eingestellt werden können, dies jedoch nur für alle Schlitze gemeinsam erfolgen kann, die individuelle Einstellung eines einzelnen Schlitzes also nicht möglich ist.

Danach ist die Verwirklichung des Merkmals 8 aufgrund der Beschreibung des „Cs“ im dritten Satz des vorletzen Absatzes der vierten Seite der Anlage K 12, dass durch die Einstellung der Drehgeschwindigkeit und des Abstandes zwischen den Walzen, gröbere und feinere Partikel von einander getrennt werden, nicht feststellbar. Zwar spricht viel dafür, dass die Walzen des „Cs“ nicht nur werkseitig eingestellt worden sind, sondern – genauso wie die Geschwindigkeit der Walzen – auch durch den Anwender eingestellt werden können. Daraus ergibt sich jedoch noch nicht die individuelle Einstellbarkeit jeder einzelnen Walze der Streuvorrichtung. Auch das von den Vertretern der Klägerin im Termin vorgebrachte Argument, dass die Neueinstellung eines Schlitzes – etwa eine Erweiterung – eine entsprechende Neueinstellung des benachbarten Schlitzes bedinge, weil dieser durch die Verstellung der Walze schmaler wird, was wiederum eine Verstellung der nächsten benachbarten Walze erforderlich mache usw., lässt nicht den sicheren Schluss zu, dass jeder Schlitz zwischen den Walzen der am Auslassende der Streukammer angeordneten Walzenanordnung individuell eingestellt werden kann. Damit ist insbesondere nicht ausgeschlossen, dass die Schlitze nur gemeinsam in vorgegebenen Weiten verstellt werden können, wodurch ausgeschlossen wäre, dass die Weiteneinstellung eines jeden Schlitzes so eingerichtet ist, dass sie unabhängig von den anderen Weiteneinstellungen möglich ist (vgl. Sp. 4, Z. 26 ff.).

Schließlich ist auch nicht schlüssig dargetan, dass die Beklagte zu 1) die in Anspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellten M dadurch verletzt hat, dass sie den C auf der LIGNA 2001 ausgestellt hat. Der als Anlage K 10 vorgelegten Zeitschrift lässt sich bereits nicht sicher entnehmen, dass diese Streuvorrichtung überhaupt auf der Messe gezeigt worden ist. Im Übrigen lässt sich auch nicht feststellen, dass der C, wenn er denn von der Beklagten zu 1) ausgestellt worden sein sollte, Merkmal 8 verwirklicht, wie bereits oben dargetan wurde.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 5.112,918,80 Euro (10.000.000,00 DM).

Dr. H N L3