4a O 423/01 – Fristlose Kündigung eines Lizenzvertrages

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 100

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 21. März 2002, Az. 4a O 423/01

I.

Es wird festgestellt, dass der vor dem Bundespatentgericht am 15.10.1996 geschlossene Lizenzvertrag zwischen den Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 20.12.2000 noch durch die Kündigung vom 10.1.2001 beendet worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Im Rahmen eines vor dem Bundespatentgericht geführten Nichtigkeitsverfahren (1 Ni 20/94) schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, mit dem die Beklagte den Klägern eine einfache, nicht übertragbare, entgeltliche Lizenz an dem deutschen Patent 39 17 110, dem europäischen Patent 0 399 540, dem europäischen Patent 0 445 443, dem deutschen Patent 39 18 311 und an dem europäischen Patent 0 344 815. Gemäß Ziffer 2 des Vergleiches haben die Kläger für jede Vorrichtung, die von einem der vorstehend genannten Schutzrechte Gebrauch macht, eine Stücklizenz in Höhe von 1.000,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen, solange das jeweilige Schutzrecht besteht. In Ziffer 3 des Vergleiches ist festgelegt, dass die Lizenzpflicht ab dem 1. September 1995 gilt. Weiter ist in Ziffer 3 des Vergleiches der Abrechnungsmodus bestimmt. Hiernach haben die Kläger vierteljährlich, und zwar jeweils 6 Wochen nach Quartal, gegenüber der Beklagten Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe der Zahl der verkauften Vorrichtungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, wobei den Klägern vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Abnehmer nicht der Beklagten, sondern einem von dieser zu bezeichnenden, und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Kläger die durch die Einschaltung des Wirtschaftsprüfers entstehenden Kosten übernehmen und diesen zugleich ermächtigen, der Beklagten auf Verlangen Auskunft darüber zu erteilen, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist. Wegen der weiteren Regelungen des zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs wird auf die Anlage K 1 verwiesen.

Die Kläger haben in der Folgezeit Namen und Anschriften von Abnehmern an die K5xx, D4xxxxxx T1xxxxxxxxxxxxxxxxxx AG, als Wirtschaftsprüfergesellschaft weiter gegeben.

Mit Schreiben vom 8. November 2000 (Anlage K 2) legte die Beklagte über ihre Prozessbevollmächtigten der K5xx eine Liste vor und bat um Mitteilung, ob die in dieser Liste genannten Abnehmer in der Lizenzabrechnung der Kläger enthalten sind.

Mit Schreiben vom 28. November 2000 (Anlage K 5) informierten die Kläger die Beklagte darüber, dass bei der Lizenzabrechnung für das zweite Quartal 2000 „fälschlicherweise“ eine Anlage nicht aufgeführt gewesen sei. Gleichzeitig entrichteten die Kläger die hierfür angefallenen Lizenzgebühr von 1.000,– DM per Scheck.

Auf die an sie gerichtete Anfrage der Beklagten vom 8. November 2000 antwortete die K5xx der Beklagten mit Schreiben vom 12. Dezember 2000 (Anlage K 3) und gab zu der von der Beklagten übermittelten Liste jeweils an, ob der von der Beklagten genannte Kunde in der Liste der Kläger enthalten oder nicht enthalten ist (vgl. Anlage K 4).

Ihr an die Beklagte gerichtetes Schreiben vom 12. Dezember 2000 übermittelte die K5xx auch den Klägern. Diese machte daraufhin mit Schreiben vom 18. Dezember 2000 (Anlage K 6) Erläuterungen zu den 13 Positionen, die in der von der K5xx ausgefüllten Liste unter der Rubrik „In den Listen der Firma L1xxxxxxxxx nicht enthalten“ aufgeführt waren. Diese Erläuterungen ergaben, dass der erste in der Liste genannte Kunde, die Firma „K7xx M4xxxxxx“, der Kunde war, dessen fehlende Abrechnung die Kläger mit ihrem Schreiben vom 28. November 2000 gegenüber der Beklagten korrigiert hatten. Hinsichtlich der weiteren Kunden wurde erläutert, dass entweder Lieferungen vor dem Lizenzstichtag erfolgt seien, oder dass die Lieferungen doch in der Liste enthalten seien.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 20. Dezember 2000 (Anlage K 7) kündigte die Beklagte den mit den Klägern vor dem Bundespatentgericht im Wege des Vergleichs geschlossenen Lizenzvertrag fristlos. Zur Begründung führte die Beklagte aus, das von 29 Lieferungen 13 nicht in der Liste aufgeführt gewesen seien.

Diese Kündigung wiesen die Kläger, da dem Kündigungsschreiben der Beklagten keine Vollmacht beigelegen hatte, mit patentanwaltlichem Schreiben vom 21. Dezember 2000 (Anlage K 8) als formell mangelhaft zurück. Außerdem verwiesen die Kläger darauf, dass die Kündigung jeglicher Grundlage entbehre. Ferner wurde der Beklagten „zur Abwendung der allfälligen nach Feststellungsklage“ Gelegenheit gegeben, die Kündigung bis spätestens zum 2. Januar 2001 zurück zu nehmen. Daraufhin legten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben vom 10. Januar 2001 (Anlage K 9) eine Vollmachtserklärung der Beklagten vor und wiederholten die zuvor ausgesprochene fristlose Kündigung.

Unter Bezugnahme auf ein Schreiben der Kläger vom 15. Januar 2001 erklärte die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19. Januar 2001 (Anlage K 10), dass die fristlose Kündigung aufrecht erhalten werde, und führte aus, dass es weitere 4 Anlagen gebe, die nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden seien. Dem traten die Kläger mit patentanwaltlichem Schreiben vom 28. Februar 2000 (Anlage K 11) entgegen, wobei sie nochmals darauf hinwiesen, dass die an die Firma K7xx M4xxxxxx gelieferte anlage auf Grund eines Versehens zunächst nicht deklariert worden sei, und wobei sie hinsichtlich der weiteren drei von der Beklagten angesprochenen Kunden erläuterten, dass es diesbezüglich auf Seiten der Beklagten zu einer Zuordnungsverwechselung gekommen sei. Außerdem heißt es in dem Schreiben der patentanwaltlichen Vertreter der Kläger:

„… Wir erwarten eine ordnungsgemäße Rücknahme der unberechtigt ausgesprochenen Kündigung bis spätestens zum

15.03.2001,

hier eingehend. Sollten wir wider Erwarten ohne eine die Angelegenheit bereinigende Nachricht bleiben, werden wir nicht umhin können eine umgehende gerichtliche Klärung der Angelegenheit anzuraten.“

Auf dieses Schreiben erhielten die Kläger von der Beklagten keine Antwort. Am 18. Januar 2001 und am 4. April 2001 rechneten die Kläger entsprechend dem Lizenzvertrag gegenüber der Beklagten ab und bezahlten die sich aus der Abrechnung ergebenden Lizenzgebühren per Scheck. Diese Schecks wurden von der Beklagten ohne Vorbehalt eingelöst.

Mit patentanwaltlichem Schreiben vom 4. Mai 2001 (Anlage K 15) wandten sich die Kläger erneut an die Beklagten. In dem Schreiben heißt es:

„… nachdem Ihre Mandantin am 20. April 2001 den ihr zugesandten Scheck mit der Lizenzgebühr für das erste Quartal 2001 kommentarlos eingelöst hat, können wir vernünftigerweise nur davon ausgehen, dass Ihre Mandantin die von ihr ausgesprochene Kündigung des Lizenzvertrages selbst für unwirksam hält.

Um eventuelle spätere Komplikationen zu vermeiden, müssen wir Ihre Mandantin der guten Ordnung halber gleichwohl bitten nochmals ausdrücklich zu bestätigen, dass an der Kündigung nicht weiter festgehalten wird. Hierzu haben wir uns eine Frist bis zum

20. Mai 2001

vorgemerkt.“

Am 31. Juli 2001 und am 23. Oktober 2001 übersandten die Kläger der Beklagten weitere vierteljährliche Lizenzabrechnungen gemäß dem zwischen den Parteien geschlossenen Lizenzvertrag. Eine weitere vierteljährliche Lizenzabrechnung ist am 21. Januar 2002 erfolgt.

Die Kläger haben am 3. Dezember 2001 Klage bei Gericht gegen die Beklagte eingereicht, mit der sie die Feststellung begehren, dass der zwischen den Parteien geschlossene Lizenzvertrag nicht durch die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen beendet worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht. In dem frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 2002 (Bl. 26 d.A.) hat die Beklagte den erhobenen Feststellungsantrag unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt.

Die Kläger beantragen nunmehr,

durch Anerkenntnisurteil zu erkennen wie geschehen und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Aufgrund des von ihnen erklärten Anerkenntnisses sind die Beklagten in der Sache gemäß ihrem Anerkenntnis zu verurteilen, § 307 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO).

Als unterlegene Parteien hat die Beklagte gemäß §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

§ 93 ZPO kann zugunsten der Beklagten keine Anwendung finden. Zwar hat die Beklagte den erhobenen Klageanspruch „sofort“ anerkannt, sie hat jedoch durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben. Veranlassung zur Klageerhebung im Sinne des § 93 ZPO hat der Beklagte gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn – ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage – gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 20. Aufl., § 93 Rdnr. 3 m.w.N.). Dies war hier der Fall. Denn die Beklagte hat trotz entsprechender Bitten der Kläger vor Erhebung der Feststellungsklage nicht erklärt, dass sie die von ihr ausgesprochenen Kündigungen des Lizenzvertrages zurück nimmt bzw. nicht mehr an diesen fest hält.

Die Beklagte hat den zwischen den Parteien im Rahmen des gerichtlichen Vergleichs am 15. Oktober 1996 geschlossenen Lizenzvertrag mit ihrem Schreiben vom 10. Januar 2001 fristlos gekündigt, weil sie den Eindruck hatte, die Kläger hätten nicht ordnungsgemäß nach dem Lizenzvertrag abgerechnet. Nachdem sich der Vorwurf einer nicht ordnungsgemäßen Abrechnung dahingehend „geklärt“ hatte, das lediglich eine Maschine von den Klägern nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden ist, haben die Kläger die Beklagte zunächst mit ihrem Schreiben vom 28. Februar 2001 unter Fristsetzung aufgefordert, die Kündigung „zurückzunehmen, wobei bereits in diesem Schreiben von den patentanwaltlichen Vertretern der Kläger angekündigt worden ist, dass sie, sofern sie wider Erwarten eine die Angelegenheit bereinigende Nachricht von der Beklagten nicht enthalten, sie ihren Mandanten, den Klägern, eine „gerichtliche Klärung“ der Angelegenheit anraten werden. Mit dem patentanwaltlichem Schreiben vom 4. Mai 2001 (Anlage K 15) hat die Beklagte dann noch einmal, „um eventuelle Komplikationen zu vermeiden“, unter Fristsetzung um eine Bestätigung gebeten, das an der Kündigung nicht weiter festgehalten wird. Dieser wiederholten Bitte ist die Beklagte jedoch nicht nachgekommen, weshalb sie Veranlassung zur Erhebung der vorliegenden Feststellungsklage gegeben hat. Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass die Kläger in ihrem Schreiben vom 4. Mai 2001 bemerkt hätten, dass sie auf Grund der kommentarlosen Einlösung des der Beklagten am 20. April 2001 zugesandten Schecks betreffend die Lizenzgebühr für das erste Quartal 2001 vernünftigerweise nur davon ausgehen könnten, dass die Beklagte die von ihr ausgesprochene Kündigung des Lizenzvertrages selbst für unwirksam halte, und die Kläger an diesem Ausgangspunkt, nämlich der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses sodann in der Folgezeit auch durch die weiteren vierteljährlichen Lizenzabrechnungen festgehalten hätten, steht dies dem nicht entgegen. Denn mit dieser „faktischen Durchführung“ des Lizenzvertrages durch die Kläger ist letztlich nur deren Ansicht zum Ausdruck gebracht worden, dass der zwischen den Parteien geschlossene Lizenzvertrag von der Beklagten nicht wirksam gekündigt worden ist und deshalb ungekündigt fort besteht. Dass die Beklagte diese Auffassung teilt und an den zuvor ausgesprochenen Kündigungen nicht länger festhält, hat sie gegenüber den Klägern jedoch nicht eindeutig und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht. Für die Kläger bestand deshalb nach wie vor die Unsicherheit, dass sich die Beklagte in der Folgezeit auf eine Beendigung des Lizenzvertrages auf Grund der von ihr ausgesprochenen Kündigungen berufen könnte. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Kläger nach ihrem Schreiben vom 4. Mai 2001 bis Anfang Dezember mit der Erhebung der vorliegenden Feststellungsklage zugewartet haben, zumal die Beklagte auf das Schreiben der Klägerin vom 4. Mai 2001 überhaupt nicht reagiert hatte und deshalb nicht zu erwarten gewesen ist, dass die Beklagte auf ein nochmaliges Schreiben unmittelbar vor Klageerhebung geantwortet und bestätigt hätte, dass sie an der Kündigung des Lizenzvertrages nicht weiter festhält. Die Beklagte hat damit Veranlassung zur Erhebung der vorliegenden Feststellungsklage gegeben, so dass es dabei bleibt, dass sie als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziffer 1 ZPO.

Der Streitwert beträgt 511.291,98 € (= 1.000.000,– DM).

Dr. G3xxxxxxx F1xxxx M3xx