Landgericht Düsseldorf
Schlussurteil vom 18. September 2014, Az. 4a O 24/14
Leitsatz (nichtamtlich):
§§ 242, 259 BGB sind auch im Gemeinschaftssortenrecht anwendbar (OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.05.2006 – I-2 U 66/05 Tz. 50 bei Juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 14.02.2006 – X ZR 93/04 Tz. 32 bei Juris – Melanie). […] Denn bei der Rechnungslegung über die Grundlagen des Schadensersatzanspruchs geht es nicht um eine zusätzliche, im Gemeinschaftsrecht nicht vorgesehene Wirkung des Sortenschutzes, sondern um die effektive Durchsetzung des gemeinschaftsrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Diese Durchsetzung muss das nationale Recht gewährleisten, eben weil das Gemeinschaftsrecht nur den Schadensersatzanspruch des Sortenschutzinhabers regelt, jedoch nicht die – verfahrens- oder materiell-rechtlichen – Instrumente seiner Durchsetzung. Diese Regelung ist nationalem Recht vorbehalten.
1. Der Beklagte wird verurteilt, Rechnung über die seit dem 01.01.2009 begangenen Sortenschutzverletzungen an der Sommergerstensorte „A“ zu legen und der Klägerin hinsichtlich des Erzeugens von Vermehrungsmaterial der Sommergerstensorte „A“ die Menge des erzeugten und ausgelieferten Materials, die Namen und Anschriften der jeweiligen Erzeuger, Aufbereiter und gewerblichen Abnehmer sowie die Menge des hergestellten und ausgelieferten Materials, dessen Preise sowie die Preise der Aufbereitungen zu nennen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 612,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank p.a. seit dem 30.11.2013 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz für alle weiteren Schäden zu leisten, die der B C GmbH durch die in Ziffer 1. bezeichneten Handlungen entstanden sind und entstehen werden.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wegen der Kosten und des Zahlungsantrages (Ziff. 2 des Tenors) nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages; hinsichtlich des Auskunftsanspruchs (Ziff. 1 des Tenors) nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 1.500,00.
TATBESTAND
Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen behaupteter Sortenschutzverletzung auf Auskunft- und Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie Zahlung von Schadenersatz für vorgerichtliche Anwaltskosten in Anspruch.
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das unter anderem auf dem Gebiet der Durchsetzung von Sortenschutzrechten tätig ist. Einer der Gesellschafter der Klägerin ist die B C GmbH. Diese firmierte ursprünglich unter der Bezeichnung C-D GmbH (vgl. den in Anlage K2 vorliegenden Handelsregisterauszug). Die B C GmbH beauftragte und ermächtigte die Klägerin, deren Rechte in Zusammenhang mit der Vermehrung, dem Vertrieb und der Aufbereitung von sortenschutzrechtlich geschützten Saat- und Pflanzengut im Wege der Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend zu machen. Die B C GmbH ist Sortenschutzinhaberin der nach Unionsrecht geschützten Sommergerstensorte “A“ (vgl. Anlage K4).
Der Beklagte ist Landwirt in E.
Im Frühjahr 2012 bestand eine große Nachfrage nach Saatgut von Sommergetreidesorten, da im vorgegangenen Winter ein Großteil des Getreides ausgewintert (eingegangen) war. Aus diesem Grund bot die Klägerin allgemein eine „Notsaataktion 2012“ an.
Da zu diesem Zeitpunkt bei seinem Händler kein zertifiziertes Getreide erhältlich war, besorgte sich der Beklagte im Frühjahr 2012 von einem befreundeten Landwirt Konsumsaatgut der Sommergerstensorte „A“ und brachte hiervon 9,3 dt als Saatgut aus. Eine ebenfalls aus dieser Quelle bezogene Restmenge von 4,0 dt vernichtete der Beklagte später.
Der Beklagte teilte der Klägerin am 15.10.2012 mit, dass die von ihm im Winter 2011 ausgesäte Winterweizensorte “F“ ausgewintert sei und er als Ersatz 9,3 dt der Sommergerstensorte „A“ ausgesät habe (Anlage K6). Hierzu gab der Beklagte auf Nachfrage gegenüber der Klägerin an, er habe von einem anderen Landwirt privat Sommergerste der Sorte „A“ erworben, wovon er 9,3 dt ausgesät habe. Mit Schreiben vom 12.08.2013 forderte die Klägerin den Beklagten deswegen unter anderen zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung sowie zur Rechnungslegung auf. Diesen Forderungen kam der Beklagte nicht nach. Der Beklagte bot eine Unterlassungserklärung mit einer Vertragsstrafe von EUR 2.000,00 an, was von der Klägerin als nicht ausreichend hoch abgelehnt wurde. Der Beklagte verpflichtete sich gleichwohl in einem anwaltlichen Schreiben vom 02.09.2013 (Anlage B2), „Erntegut aus nicht lizenzierten Saatgut der Sommergerstensorte „A“ nicht ohne Zustimmung der Sortenschutzinhabern zu erzeugen.“ Eine Vertragsstrafe war insoweit nicht vorgesehen.
Die Klägerin stellte dem Beklagten mit Rechnung ebenfalls vom 12.08.2013 als Schadensersatz für 9,3 dt „A“ einen Betrag von 76,73 EUR in Rechnung (Anlage B1). Diesen Betrag zahlte der Beklagte.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass ein Auskunftsanspruch sowie die weiter geltend gemachten Ansprüche nicht wegen Unverhältnismäßigkeit scheitern würden. Der Beklagte habe zugekaufte Futtergerste ausgesät und damit eine Sortenschutzrechtsverletzung begangen. Der Beklagte habe auch Anlass zur Klage hinsichtlich des Unterlassungsanspruches gegeben, da die von ihm angebotene Unterlassungsverpflichtungserklärung unzureichend gewesen sei.
Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,
– wie nunmehr beantragt, jedoch zusätzlich:
„den Beklagten zu verurteilen, es bei Meldung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise zu Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,
Erntegut der Sommergerstensorte „A“ unter Verwendung von Vermehrungsmaterial dieser Sorte ohne Zustimmung der B C GmbH zu erzeugen, wenn diese nicht Gelegenheit hatte, ihre Rechte im Zusammenhang mit den genannten Sortenbestandteilen geltend zu machen;
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 14.05.2014, bei Gericht am 16.05.2014 eingegangen, den oben aufgeführten Unterlassungsantrag der Klägerin anerkannt. Daraufhin hat die Kammer am 03.06.2014 ein Teil-Anerkenntnis-Urteil in diesem Umfang erlassen (Bl. 18 f. GA).
Die Klägerin beantragt nunmehr,
1. den Beklagten zu verurteilen, Rechnung über die seit dem 01.01.2009 begangenen Sortenschutzverletzungen an der Sommergerstensorte „A“ zu legen und der Klägerin hinsichtlich des Erzeugens von Vermehrungsmaterial der Sommergerstensorte „A“ die Menge des erzeugten und ausgelieferten Materials, die Namen und Anschriften der jeweiligen Erzeuger, Aufbereiter und Abnehmer sowie die Menge des hergestellten und ausgelieferten Materials, dessen Preise sowie die Preise der Aufbereitungen zu nennen;
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von EUR 612,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank p.a. seit dem 06.03.2013 zu zahlen;
3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz für alle weiteren Schäden zu leisten, die der B C GmbH durch die in Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden sind und entstehen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, aufgrund der Umstände des Einzelfalles sei die Geltendmachung des Rechnungslegungsanspruchs hier unverhältnismäßig im Sinne von § 37b Abs. 4 SortG. Ihm sei in einer außergewöhnlichen Extremlage ein einmaliger Fehler unterlaufen. Der Beklagte habe nie Schwarzhandel mit geschützten Sorten betrieben, sondern nur Nachbarschaftshilfe in Anspruch genommen. Ferner habe er rechtsirrig angenommen, von der „Notsaataktion 2012“ erfasst zu sein. Darüber hinaus habe es sich nur um eine äußerst geringe Menge Saatgut gehandelt. Aufgrund des erklärten Anerkenntnisses hinsichtlich des Unterlassungsantrages sowie mangels eines Auskunftsanspruchs sei die Klage auch hinsichtlich des Zahlungsantrages sowie des Schadensersatzfeststellungsantrages abzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet und lediglich hinsichtlich eines Teiles der Zinsforderung unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aufgrund einer Sortenrechtsverletzung des Beklagten zu.
I.
Die Klägerin ist zur Geltendmachung der (Sortenschutz-) Rechte der B C GmbH prozessführungsbefugt.
Die Prozessführungsbefugnis ist eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (st. Rspr., BGH, GRUR 2002, 238, 239 m.w.N.). Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft sind eine wirksame Ermächtigung des Prozessstandschaftlers zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche des Rechtsinhabers sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an dieser Rechtverfolgung, das auch durch ein wirtschaftliches Interesse begründet werden kann (st. Rspr., BGH, GRUR 2004, 763, 764 – Nachbauvergütung; GRUR 2002, 238, 239 m.w.N – Nachbau-Auskunftspflicht). Dieses ist bei Gesellschaftern und Mitgliedern von Vereinigungen und Verbänden anerkannt, soweit sich die Rechtsverfolgung im Rahmen der satzungsmäßigen Zwecke des Verbands hält (BGH, GRUR 2002, 238, 239 m.w.N. – Nachbau-Auskunftspflicht; GRUR 2004, 763, 764 – Nachbauvergütung; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2005, 243, 245).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin ist unstreitig durch die B C GmbH zur Geltendmachung ihrer Rechte ermächtigt worden (vgl. Anlagen K1/K2). Die Klägerin hat auch ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Geltendmachung der Rechte der B C GmbH, da diese Gesellschafterin der Klägerin ist (vgl. Anlage K3).
II.
Die Klägerin ist hinsichtlich der Sortenschutzrechte an der Sorte „A“ zur Geltendmachung der Sortenschutzrechte aktivlegitimiert. Diese Sortenschutzrechte hat der Beklagte verletzt, indem er ohne Berechtigung eine in Artikel 13 Abs. 2 GemSortVO genannte Handlung vorgenommen hat.
1.
Die Klägerin ist in Bezug auf die Sortenschutzrechte der Sorte „A“ für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aktivlegitimiert, da sie die Rechte der Sortenschutzrechtsinhaberin B C GmbH aufgrund von deren Ermächtigung geltend machen kann. Die Inhaberschaft der Sortenschutzrechte an der streitgegenständlichen Sorte „A“ seitens der B C GmbH ist nicht bestritten und wird zudem durch den Auszug aus dem Register des Gemeinschaftlichen Sortenamtes (Anlage K4 i.V.m. Anlage K2) nachgewiesen.
2.
Der Beklagte hat das Sortenschutzrecht an der Sorte „A“ verletzt, indem er Saatgut dieser Sorte ausgesät und damit vermehrt hat, an dem die Sortenschutzrechtsinhaberin keine ausreichende Gelegenheit hatte, ihre Rechte geltend zu machen (Art. 13 Abs. 2 lit a), Abs. 3 GemSortVO). Hierzu war er nicht berechtigt. Das vom Kläger ausgebrachte Saatgut war Futtermittel und damit nicht für die Aussaat freigegeben. Hieran ändert auch die nachträgliche Zahlung von Schadensersatz nichts.
Der Beklagte konnte sich bei der Aussaat nicht auf das Nachbauprivileg gemäß Art. 14 GemSortVO einwenden. Voraussetzung für einen solchen privilegierten Nachbau ist es unter anderem, dass das Saatgut durch Anbau von Vermehrungsgut im eigenen Betrieb gewonnen wurde. Dies ist hier nicht der Fall, da der Beklagte das streitgegenständliche Saatgut unstreitig von einem anderen Landwirt erhalten hat.
Der Beklagte kann sich auch nicht auf die „Notsaatkation 2012“ berufen. Hierzu hätte der Beklagte die von der Klägerin insoweit gestellten Bedingungen erfüllen müssen. Diese sahen vor, dass der Beklagte bis zum 30.06.2012 eine Mitteilung gegenüber der Klägerin macht und hierin die verwendeten Sorte, die Menge und den Lieferanten des nicht zertifizierten Saatguts mitteilt. Diese Bedingungen wurden unstreitig vom Beklagten nicht erfüllt.
III.
1.
Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Auskunft nach Art. 94 Abs. 2 GemSortVO i.V.m. §§ 242, 259 BGB bzw. § 37b SortG zu.
§§ 242, 259 BGB sind auch im Gemeinschaftssortenrecht anwendbar (OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.05.2006 – I-2 U 66/05 Tz. 50 bei Juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 14.02.2006 – X ZR 93/04 Tz. 32 bei Juris – Melanie). Zwar regelt Art. 94 Abs. 2 GemSortVO nur den Schadensersatzanspruch des Sortenschutzinhabers. Auch bestimmt Art. 97 Abs. 3 GemSortVO, dass sich die Wirkung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes, von den in Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Ausnahmen abgesehen, allein nach dieser Verordnung richtet. Gleichwohl sind §§ 242, 259 BGB entsprechend auf den Auskunftsanspruch im Zusammenhang mit der Verletzung eines gemeinschaftlichen Sortenschutzrechtes anzuwenden. Denn bei der Rechnungslegung über die Grundlagen des Schadensersatzanspruchs geht es nicht um eine zusätzliche, im Gemeinschaftsrecht nicht vorgesehene Wirkung des Sortenschutzes, sondern um die effektive Durchsetzung des gemeinschaftsrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Diese Durchsetzung muss das nationale Recht gewährleisten, eben weil das Gemeinschaftsrecht nur den Schadensersatzanspruch des Sortenschutzinhabers regelt, jedoch nicht die – verfahrens- oder materiell-rechtlichen – Instrumente seiner Durchsetzung. Diese Regelung ist nationalem Recht vorbehalten. Insoweit bestimmt Art. 93 GemSortVO ausdrücklich, dass die Geltendmachung der Rechte aus dem gemeinschaftlichen Sortenschutz Beschränkungen durch das Recht der Mitgliedsstaaten nur insoweit unterliegt, als in dieser Verordnung ausdrücklich darauf Bezug genommen ist. Das nationale Recht muss daher zur Durchsetzung der Ansprüche aus einer Gemeinschaftssorte jedenfalls die gleichen Möglichkeiten zur Verfügung stellen, die es zur Durchsetzung nationaler Sortenschutzrechte bereithält. Diese Mittel können prozessualer Natur oder – so wie vorliegend im nationalen deutschen Recht – materiell-rechtlicher Natur sein (OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.05.2006 – I-2 U 66/05 Tz. 50 bei Juris; BGH, Urteil vom 14.02.2006 – X ZR 93/04 Tz. 32 bei Juris – Melanie). Dies muss auch für § 37b SortG gelten, der als Ergänzung und Erweiterung des aus § 242 BGB abgeleiteten Anspruchs auf Auskunft geschaffen wurde (BGH, GRUR 2006, 504, 506).
Die Voraussetzungen des Rechnungslegungsanspruchs nach §§ 242, 259 BGB liegen vor, da eine Schadensersatzpflicht wegen der Verletzung des geltend gemachten Sortenschutzrechtes vorliegt (s.u.). Die Klägerin ist auf die beantragen Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt.
Die Angaben, hinsichtlich derer die Klägerin Auskunft verlangt, sind in § 37b Abs. 3 SortG angelegt. Allerdings umfasst die Auskunftspflicht nicht wie beantragt alle Abnehmer, sondern nur gewerbliche Abnehmer (§ 37b Abs. 3 Nr. 2 SortG). Zwar wird der Begriff des „Aufbereiter“ im Gesetzestext nicht genannt, dieser stellt sich jedoch als Konkretisierung der „anderen Vorbesitzer“ dar. Gleichsam sind die „Preise der Aufbereitungen“ eine Konkretisierung der Preise der betreffenden Dienstleistung (§ 37b Abs. 3 Nr. 2 a.E. SortG).
Die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs ist auch nicht unverhältnismäßig im Sinne von § 37b Abs. 4 SortG. Diese Vorschrift stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der Pflicht zur Auskunftserteilung dar. Die Auskunftsverpflichtung kann daher nur dann ausnahmsweise entfallen, wenn gravierende Belange des Verletzers betroffen sind (Leßmann/Würtenberger, Sortenschutzrecht, 2. Aufl. 2009, § 7 Rn. 86). Für die Unverhältnismäßigkeit trägt der Auskunftspflichtige die Darlegungs- und Beweislast. Vor diesem Hintergrund liegt eine Unverhältnismäßigkeit nicht vor. Zwar steht bislang nur ein Verstoß von recht geringem Umfang im Raum; gleichwohl hat die Klägerin ein schützenswertes Interesse, über eine Auskunftserteilung sicher feststellen zu können, dass keine weiteren Verletzungshandlungen begangen wurden, und zu erfahren, von welchem Lieferanten der Beklagte das streitgegenständliche Saatgut bezogen hat. Ein anzuerkennendes, rechtliches Interesse des Beklagten, keine Auskunft zu erteilen, ist dagegen nicht dargelegt worden.
2.
Die Klägerin hat ferner einen Anspruch auf Zahlung von EUR 612,80 für die ihr entstandenen, vorgerichtlichen Anwaltskosten aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683 S.1, 677, 670 BGB; vgl. zum insofern parallelen Patentrecht: Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl. 2013, Rn. 637). Die vorgerichtliche Einschaltung eines Rechtsanwalts war hier erforderlich, insbesondere, da der Beklagte ebenfalls einen Rechtsanwalt eingeschaltet hatte.
Der Erstattungsanspruch ist auch der Höhe nach begründet. Der für die anwaltliche Tätigkeit zugrundegelegte Streitwert von EUR 7.500,00 ist angemessen. Gegen die Berechnung der Anwaltsgebühren bestehen keine Bedenken (1,3 Gebühren aus einem Streitwert von EUR 7.500,00 (= EUR 592,80) zzgl. EUR 20,00 Pauschale).
Der Zinsanspruch ab dem 30.11.2013 aus dem Betrag von EUR 612,80 ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Im Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 14.11.2013 wurde der Beklagte zur Zahlung des genannten Betrages bis zum 29.11.2013 aufgefordert, so dass er sich ab dem 30.11.2013 mit der Zahlung in Verzug befand.
In zeitlicher Hinsicht darüberhinausgehende Zinsforderungen stehen der Klägerin nicht zu. Soweit die Klägerin Zinsen ab dem 06.03.2013 fordert, kann dieses Datum nicht nachvollzogen werden. Dies gilt insbesondere, da – falls die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu diesem Zeitpunkt schon beauftragt gewesen wären – die Vergütung nach dem RVG in der Fassung bis zum 31.07.2013 zu errechnen wäre. Geltend gemacht werden aber Rechtsanwaltsgebühren nach dem neuen RVG in der Fassung ab dem 01.08.2013, was nach § 60 Abs. 1 RVG einen Auftrag nach dem 01.08.2013 voraussetzt. Aus dem geltend gemachten Betrag können Zinsen damit auch aus diesem Grund nicht bereits ab dem 06.03.2013 anfallen.
3.
Die Klägerin hat darüber hinaus einen Anspruch auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz aus Art. 94 Abs. 2 GemSortVO, § 256 ZPO. Der Beklagte handelte bei der oben dargestellten Sortenschutzrechtsverletzung auch zumindest fahrlässig. Der Beklagte wusste, dass es sich bei der von einem Nachbarn bezogenen Sommergerste um eine geschützte Sorte, aber nicht um zertifiziertes Saatgut handelte. Die hiernach vorliegende Fahrlässigkeit wird nicht dadurch beseitigt, dass der Beklagte annahm, von der „Notsaataktion 2012“ erfasst zu sein. Dieser Irrtum lässt die Fahrlässigkeit nicht entfallen. Der Beklagte war verpflichtet gewesen, sich über die Bedingungen dieser Aktion zu informieren und entsprechend zu handeln.
Aufgrund der festgestellten Verletzungshandlung ist ausreichend wahrscheinlich, dass der Klägerin auch ein weiterer Schaden entstanden ist, der von ihr aber noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist. Es besteht daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach. Der Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gilt bereits beim Vorliegen einer Verletzungshandlung für die gesamte Schutzzeit der Sorte (BGH, Urteil vom 25.02.1992 – X ZR 41-90 Tz. 54 bei Juris (= BGHZ 117, 264) – Nicola), ist aber vorliegend erst ab dem 01.01.2009 geltend gemacht.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Beklagte trägt hierbei auch die Kosten hinsichtlich des anerkannten Unterlassungsanspruchs. Es liegt kein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO vor, da die Klägerin Anlass zur Klage hatte. Der Beklagte hatte vorprozessual eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben, sondern sich nur ohne Vertragsstrafe zur Unterlassung verpflichtet und eine Vertragsstrafe angeboten, ohne aber eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben. Eine Strafbewährung in angemessener Höhe wäre aber zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr erforderlich gewesen.
5.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
IV.
Der Streitwert wird auf EUR 7.500,00 festgesetzt.