4a O 17/14 – Fräseinrichtung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2224

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. Mai 2014, Az. 4a O 17/14

I. Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Fräseinrichtungen zum Befräsen des Schweißbereichs von durch einen Elektrodenhalter gehaltenen Punkt-Schweiß-Elektroden

umfassend einen Werkzeugträger mit wenigstens einem darin um eine Werkzeugdrehachse drehbar gelagerten Fräswerkzeug und Drehantriebsmitteln für dieses Fräswerkzeug,

wobei vorzugsweise das Fräswerkzeug mit wenigstens einer zur Werkzeugdrehachse im wesentlichen konzentrischen, konkaven Aufnahmepfanne für die Aufnahme des Schweißbereichs der jeweiligen Punkt-Schweiß-Elektrode mit jeweils wenigstens einer Fräskante im Bereich dieser wenigstens einen Aufnahmepfanne zum Befräsen des jeweiligen Schweißbereichs ausgeführt ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, mit

Absaugmittel zum Absaugen von während des Befräsens erzeugten Spänen oder dgl., wie in Anlage AST12 ersichtlich:
wobei die Absaugmittel umfassen:

wenigstens an einer Seite des Fräswerkzeugs in Richtung der Werkzeugdrehachse ein Plattenteil mit einer Elektrodeneinführöffnung,

durch welche eine Punkt-Schweiß-Elektrode an das Fräswerkzeug heranführbar ist,

und mit einem ersten die Elektrodeneinführöffnung wenigstens bereichsweise umgebenden und in Verbindung mit Unterdruckerzeugungsmitteln stehenden Absaugkanalabschnitt.

II. Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, der Verfügungsklägerin innerhalb von zwei Wochen nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung Angaben zu machen über Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der in Antrag I. bezeichneten Fräseinrichtungen,

sowie der gewerblichen Abnehmer oder Verkaufsstellen, für die diese Fräseinrichtungen bestimmt waren,

sowie über die Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Fräseinrichtungen.

III. Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

IV. Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung ist davon abhängig, dass die Verfügungsklägerin vor der Vollziehung eine Sicherheit in Höhe von EUR 250.000,00 leistet.

TATBESTAND

Die Verfügungsklägerin ist die im Patentregister eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des in deutscher Verfahrenssprache erteilten Europäischen Patents EP 0 958 XXX B1 (im Folgenden kurz: „Verfügungspatent“). Das Verfügungspatent nimmt die Priorität der DE 29609XXX U vom 21.05.1996 sowie der DE 19627XXX vom 10.07.1996 in Anspruch und wurde am 20.05.1997 angemeldet. Der Hinweis auf Erteilung des Verfügungspatents wurde am 02.07.2003 veröffentlicht. Das Verfügungspatent steht in Kraft.

Das Verfügungspatent trägt den Titel „Fräseinrichtung und Verfahren zum Befräsen des Schweissbereichs von Punkt-Schweiss-Elektroden“. Der geltend gemachte Anspruch 1 des Verfügungspatents lautet in der erteilten deutschen Fassung wie folgt:

„Fräseinrichtung zum Befräsen des Schweißbereichs von durch einen Elektrodenhalter gehaltenen Punkt-Schweiß-Elektroden,

umfassend einen Werkzeugträger (412)

mit wenigstens einem darin um eine Werkzeugdrehachse (A) drehbar gelagerten Fräswerkzeug und

Drehantriebsmitteln für dieses Fräswerkzeug,

wobei vorzugsweise das Fräswerkzeug mit wenigstens einer zur Werkzeugdrehachse (A) im wesentlichen konzentrischen, konkaven Aufnahmepfanne für die Aufnahme des Schweißbereichs der jeweiligen Punkt-Schweiß-Elektrode mit jeweils wenigstens einer Fräskante im Bereich dieser wenigstens einen Aufnahmepfanne zum Befräsen des jeweiligen Schweißbereichs ausgeführt ist,

gekennzeichnet durch

Absaugmittel (416,418) zum Absaugen von während des Befräsens erzeugten Spänen oder dgl.,

wobei die Absaugmittel (416,418) umfassen:

wenigstens an einer Seite des Fräswerkzeugs in Richtung der Werkzeugdrehachse (A) ein Plattenteil (416,418)

mit einer Elektrodeneinführöffnung (428,430), durch welche eine Punkt-Schweiß-Elektrode an das Fräswerkzeug heranführbar ist,

und mit einem ersten die Elektrodeneinführöffnung (428,430) wenigstens bereichsweise umgebenden und in Verbindung mit Unterdruckerzeugungsmitteln stehenden Absaugkanalabschnitt (444,446).

Im Folgenden wird Fig. 16 des Verfügungspatents zur Verdeutlichung eingeblendet, in der ein Werkzeugträger 414 zu sehen ist, an dem zwei Plattenteile 416, 418 befestigt sind:

Gegen die Erteilung des Verfügungspatents wurde kein Einspruch eingelegt. Auch gegen das erteilte Verfügungspatent wurde bislang keine Nichtigkeitsklage erhoben.

Der Erfinder und ehemalige Inhaber des Verfügungspatents, Herr Joseph Peter Stephan A, schloss unter dem 07.02.2005 einen Lizenzvertrag mit der B A Technik GmbH. Hierin wird eine „exklusive Lizenz“ der B A Technik GmbH an dem Verfügungspatent erteilt. In dem Vertrag heißt es unter anderem:

„Die Verteidigung des Schutzrechtes gegen dessen Verletzung steht alleine dem Lizenznehmer zu.“

Die Verfügungsklägerin ist ein mittelständiges Unternehmen mit Hauptsitz in der Slowakei, das sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Zubehör für Schweißgeräte beschäftigt, die vornehmlich in der Automobilindustrie Verwendung finden.

Die Verfügungsbeklagte bietet unter anderem über das Internet ein Frässpannabsaugsystem für automatische Kappenfräser an, wobei es sich laut der Homepage um ein optionales Zubehör handelt (vgl. Anlage AST2 sowie die Standbilder aus dem Video im Anlagenkonvolut AST3). Ein Kappenfräser mit Absaugsystem der Verfügungsbeklagten (im Folgenden kurz: angegriffene Ausführungsform) stand auch am 27.02.2014 bei der Firma C.

Bei der angegriffenen Ausführungsform ist auf einem Werkzeugträger ein Fräswerkzeug angeordnet. Dieses besteht aus einer nach oben offenen Pfanne, in die eine Elektrodenkappe eingeführt werden kann. Durch einen Antrieb dreht sich eine Fräskante in dieser Pfanne und kann so die Elektrodenkappe bearbeiten.

Die Platte des Werkzeugträges umgibt eine zweiteilige Plastikhaube. Die beiden Hälften der Haube sind durch Schraubverbindungen mit einander verbunden, wie sich aus der nachfolgend eingeblendeten Abbildung ergibt, die aus dem Anhang zur Anlage AG1 entnommen ist, und auf der an den Seiten der Haube ein Spalt zwischen beiden Teilen der vom Werkzeugträger abgenommenen Haube erkennbar ist:

Ferner ist im obigen Bild auf der linken Seite das Fräswerkzeug in einer Pfanne erkennbar, die in eine Platte des Werkzeugträgers eingelassen ist.

Oberhalb der Pfanne mit dem Fräswerkzeug ist in dem oberen Teil der (auf dem Werkzeugträger angebrachten) Haube eine Öffnung vorhanden, durch welche eine Elektrodenkappe von oben in die Haube eingeführt und dem Fräswerkzeug zugeführt werden kann, wie sich aus dem nachfolgend eingeblendeten Bild (entnommen S. 3 der Anlage AST 3) ergibt, das eine in die Haube eingeführte Elektrodenkappe zeigt:

Ferner ist – wie auch in dem soeben eingeblendeten Bild erkennbar ist – schräg oberhalb der Öffnung der Haube, in welche die Elektrode eingeführt wird, ein silberfarbenes, kleines Rohr vorhanden. Durch dieses Rohr kann Luft in das Innere der Haube geblasen werden.

Schließlich ist die Haube über eine Öffnung mit einer Strahlpumpe verbunden. Beim Fräsen anfallende Späne werden durch einen Schlauch in Richtung der Strahlpumpe transportiert, wie auch aus dem folgenden Bild aus der Anlage AST12 ersichtlich ist:

Auf der dem zur Strahlpumpe führenden Schlauch gegenüberliegenden Seite der Haube ist eine Öffnung in der Haube vorhanden, deren Größe der oben sichtbaren Schlauchöffnung entspricht. Diese Öffnung lässt sich auch in dem als erstes eingeblendeten Bild aus dem Anhang zur Anlage AG1 anhand einer eingezeichneten Bleistiftmakierung erkennen.

Die Verfügungsklägerin trägt vor, die angegriffene Ausführungsform verletze das Verfügungspatent wortsinngemäß.

Patentgemäß könne der gesamte Innenraum, der von dem Werkzeugträger und zwei Plattenteilen umschlossen wird, den Absaugkanalabschnitt bilden, wie sich aus Abs. [0105] des Verfügungspatents ergebe.

Das im Anspruch 1 genannte Plattenteil sei in der angegriffenen Ausführungsform als ein durchsichtiges Plastikgehäuse ausgeführt. Dieses Plastikgehäuse bilde auch einen Absaugkanalabschnitt im Sinne des Anspruchs.

Die durch das silberne Rohr in die Haube eingeleitete Druckluft blase die aufgewirbelten Spänne nicht im nennenswerten Umfang in Richtung der Unterdruckerzeugungsmittel der angegriffenen Ausführungsform.

Die Verfügungsklägerin ist ferner der Ansicht, es bestehe eine zeitliche Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung, da das Verfügungspatent in drei Jahren abläuft und durch ein Hauptsacheverfahren diese Zeitdauer um die Hälfte verkürzt würde. Im Übrigen seien die Abnehmer (Automobilfirmen) der angegriffenen Ausführungsform (potenzielle) Kunden der Verfügungsklägerin, so dass dieser ein Vorgehen gegen diese Unternehmen nicht zuzumuten sei.

Die Verfügungsklägerin behauptet, sie habe erst am 17.02.2014 Kenntnis von den hier angegriffenen Handlungen und der angegriffenen Ausführungsform der Verfügungsbeklagten erlangt.

Bei dem Erwerb des Verfügungspatents sei der Verfügungsklägerin versichert worden, dieses sei frei von Rechten Dritter.

Die Verfügungsklägerin beantragt:

I. Der Antragsgegnerin wird bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe von EUR 2,50 bis EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft, letztere zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, verboten,

1. Fräseinrichtungen zum Befräsen des Schweißbereichs von durch einen Elektrodenhalter gehaltenen Punkt-Schweiß-Elektroden mit den nachfolgenden Merkmalen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen:

1.1. mit einem Werkzeugträger mit wenigstens einem darin um eine Werkzeugdrehachse (A) drehbar gelagerten Fräswerkzeug und

1.2. Drehantriebsmitteln für dieses Fräswerkzeug,

1.3. wobei vorzugsweise

1.3.1. das Fräswerkzeug mit wenigstens einer zur Werkzeugdrehachse (A) im Wesentlichen konzentrischen, konkaven Aufnahmepfanne für die Aufnahme des Schweißbereichs der jeweiligen Punkt-Schweiß-Elektrode versehen ist und

1.3.2. die wenigstens eine Aufnahmepfanne mit jeweils wenigstens einer Fräskante im Bereich dieser wenigstens einen Aufnahmepfanne zum Befräsen des jeweiligen Schweißbereichs, ausgeführt ist,

wobei

2. Absaugmittel zum Absaugen von während des Befräsens erzeugten Spänen oder dergleichen

wie in Anlage AST12 ersichtlich

vorhanden sind, wobei die Absaugmittel umfassen:

2.1. wenigstens an einer Seite des Fräswerkzeugs in Richtung der Werkzeugdrehachse (A) ein Plattenteil mit einer Elektrodeneinführöffnung;

2.2. durch die Elektrodeneinführöffnung ist eine Punkt-Schweiß-Elektrode an das Fräswerkzeug heranführbar;

2.3. mit einem ersten, die Elektrodeneinführöffnung wenigstens bereichsweise umgebenden und in Verbindung mit Unterdruckerzeugungsmitteln stehenden Absaugkanalabschnitt.

II. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, der Antragstellerin innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der einstweiligen Verfügung Angaben zu machen über Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der in Antrag I. bezeichneten Fräseinrichtungen, sowie der gewerblichen Abnehmer oder Verkaufsstellen, für die diese Fräseinrichtungen bestimmt waren, sowie über die Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Fräseinrichtungen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, eine Patentverletzung liege nicht vor. Die angegriffene Ausführungsform weise weder ein patentgemäßes Plattenteil noch einen Absaugkanalabschnitt auf.

Das Plattenteil müsse patentgemäß ein massives Bauteil sei. Die Plastikhaube der angegriffenen Ausführungsform sei aus Sicht des Fachmanns kein patentgemäßes Plattenteil.

Der Absaugkanalabschnitt müsse etwas sein, was zusätzlich in dem durch das Plattenteil und den vorstehenden Teil des Werkzeugträgers gebildeten Fräsraum vorhanden ist. Fräsraum und Absaugkanalabschnitt seien getrennte Räumlichkeiten.

Ein Absaugkanalabschnitt sei bei der angegriffen Ausführungsform nicht vorhanden. Der Raum unter Haube bei der angegriffenen Ausführungsform sei großvolumig. Er stelle zwar einen Fräsraum dar, dieser werde aber vollständig ohne Beteiligung des Werkzeugträges gebildet.

Zudem würden in der angegriffenen Ausführungsform Späne nicht abgesaugt. Hierzu sei die vorhandene (Strahl-) Pumpe alleine nicht in der Lage. Erst durch das Einblasen von Druckluft könne ein Abtransport der Späne erfolgen, der Abtransport der Späne geschehe ausschließlich über die eingeblasene Druckluft. Die (Strahl-) Pumpe diene nur der Beschleunigung dieses Vorgangs. Durch die zweite Öffnung der Haube trete genauso viel Luft in die Haube ein, wie abgesaugt werde. Insofern komme es nie zu einem Unterdruck innerhalb der Haube. Entsprechend fehle es auch an patentgemäßen Unterdruckerzeugungsmitteln.

Ferner fehle es an einem hinreichend gesicherten Rechtsbestand des Verfügungspatents.

Schließlich bestehe auch keine zeitliche Dringlichkeit. Hierzu behauptet die Verfügungsbeklagte, der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin, Herr Volker D, habe spätestens seit Anfang 2013 positive Kenntnis von der angegriffenen Ausführungsform gehabt. Er habe bereits zu diesem Zeitpunkt angekündigt, patentrechtlich gegen die jetzt angegriffene Ausführungsform vorzugehen. Ferner habe er während der Messe „E“ im September 2013 davon geredet, gegen einen Wettbewerber der Verfügungsklägerin wegen einer angeblichen Patentverletzung im Bereich der Absaugung vorzugehen. Hiermit könne nur die Verfügungsbeklagte gemeint gewesen sein.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist am 24.02.2014 bei Gericht eingegangen und der Verfügungsbeklagten am 12.03.2014 zugestellt worden.

Wegen des weiteren Parteivortrages wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung verwiesen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet. Die Verfügungsklägerin hat sowohl einen Verfügungsanspruch als auch einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.

I.
Die Verfügungsklägerin kann als derzeitige Inhaberin des Verfügungspatents ungeachtet des Lizenzvertrages zwischen dem ehemaligen Patentinhaber und der B A Technik GmbH aus dem Verfügungspatent vorgehen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Lizenz auf die Verfügungsklägerin nach § 15 Abs. 3 PatG übergegangen ist und derzeit noch gilt.

Selbst wenn die Lizenz zugunsten der B A Technik GmbH weiter bestehen sollte, wird dadurch die Aktivlegitimation der Verfügungsklägerin nicht in Frage gestellt. Dem Patentinhaber steht grundsätzlich auch dann ein Unterlassungsanspruch gegen einen Verletzer zu, wenn er an dem Schutzrecht eine ausschließliche Lizenz vergeben hat (BGH, GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone).

Ferner folgt aus der ggf. nach § 15 Abs. 3 PatG übergegangen Lizenz keine Bindung der Verfügungsklägerin an die Klausel des Lizenzvertrages, wonach der Lizenznehmerin B A Technik GmbH alleine das Vorgehen gegen Verletzungen des Verfügungspatents zusteht. Nach § 15 Abs. 3 PatG bleibt bei einer Übertragung nur die Lizenz als solche erhalten; der Patenterwerber tritt aber ohne weitere Vereinbarung nicht in den gesamten, bestehenden Lizenzvertrag ein (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl. 2013, Rn. 1408; Schulte/Moufang, 9. Aufl. 2014, § 15 Rn. 43). Eine solche (dreiseitige) Vereinbarung zwischen den Parteien des Lizenzvertrags und der Verfügungsklägerin ist nicht ersichtlich.

Darüber hinaus ist schon zweifelhaft, ob sich die Verfügungsbeklagte auf eine solche Klausel in einem Vertrag zwischen einem Patentinhaber und einem exklusiven Lizenznehmer berufen könnte. Es handelt sich insoweit nur um eine schuldrechtliche Abrede zwischen den Lizenzvertragsparteien. Es bestehen keine Anzeichen dafür, dass hiermit Dritten Rechte eingeräumt werden sollten.

II.
Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte einen Anspruch auf Unterlassung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG glaubhaft gemacht. Die angegriffene Ausführungsform verletzt das Verfügungspatent wortsinngemäß.

1.
Das Verfügungspatent betrifft eine Fräseinrichtung zum Befräsen des Schweißbereichs von durch einen Elektrodenhalter gehaltenen Punkt-Schweiß-Elektroden.

In seiner einleitenden Beschreibung schildert das Verfügungspatent, dass das Punkt-Schweißen eine häufig angewandte Methode zum Verbinden von Metallblechen und Bändern sei, so etwa in der Automobilindustrie (Abs. [0002] des Verfügungspatents; im Folgenden sind Abs. ohne Quellenangaben solche des Verfügungspatents). In einer Fertigungsstraße sei dabei eine Vielzahl von Schweißrobotern angeordnet, die Karosserieblechteile durch Punkt-Schweißen miteinander verbinden (Abs. [0002]). Die Schweißroboter seien dabei häufig mit sogenannten Schweißzangen ausgebildet, deren Zangenbacken mit je einer Punkt-Schweiß-Elektrode ausgerüstet sind, so dass durch Annähern der Schweißbacken die Punkt-Schweiß-Elektrode zum Schweißeingriff mit bereits zur gegenseitigen Anlage gebrachten oder angenäherten Karosserieblechteilen gebracht werden könnten.

Das Verfügungspatent erläutert weiter, dass in einer solchen automatisierten Fertigungsstraße die Schweißvorgänge an aufeinander folgenden Karosserieblechteilen möglichst unterbrechungsfrei ablaufen sollten (Abs. [0004] Sp. 1 Z. 38 – 44). Eine Kontrolle oder ein Austausch von Punkt-Schweiß-Elektroden sei in der Regel nur in zeitlichem Zusammenhang mit Schichtwechseln oder an Sonn- und Feiertagen möglich (Abs. [0004] Sp. 1 Z. 44 – 48). Aufgrund der hohen Anzahl von Schweißgängen würden allerdings die Punkt-Schweiß-Elektroden verschleißen. Beim Stromübergang während der einzelnen Punkt-Schweißungen trete nämlich eine Veränderung der Elektrodenkappen an deren Schweißbereichen auf. Eine häufig festgestellte Verschleißerscheinung bestehe darin, dass sich am Rand der Wirkflächen von Schweißelektroden Abbrandwülste bildeten, die eine Vergrößerung der jeweiligen Wirkfläche bedeuteten. Eine solche Vergrößerung der Wirkfläche führe wiederum zu veränderten Schweißbedingungen, da sich die Größe des Stromübergangsquerschnitts am jeweiligen Schweißpunkt vergrößere. Dies führe letztlich zu Punkt-Schweißungen minderer Qualität (Abs. [0005] Sp. 3 Z. 48 – Sp. 4 Z. 18). Daneben könne sich beim Punkt-Schweißen von verzinkten Karosserieblechteilen an den Wirkflächen eine Zinkoxidschicht anlagern, welche den Stromübergangswiderstand erhöht. Auch dieses Phänomen führe zu Beeinträchtigungen der Schweißqualität (Abs. [0005] Z. 19 – 24).

Daher habe man Fräseinrichtungen an einer Fertigungsstraße installiert, um die Punkt-Schweiß-Elektroden in ihren Schweißbereichen zur Kompensation der Abnutzungserscheinungen nachzubearbeiten (Abs. [0006] ff.). So offenbare die EP 0 171 XXX A1 eine Fräseinrichtung, bei der das eingesetzte Fräswerkzeug an einem Träger zur Drehung um eine Drehachse drehbar getragen werde. An dem Träger seien in axialer Richtung beidseits des Fräswerkzeugs Plattenteile vorgesehen, die zur Zentrierung von zu bearbeitenden Elektrodenspitzen Zentrieraussparungen aufwiesen (Abs. [0009] Sp. 3 Z. 37 – 45).

Beim Durchführen von Befräsungsvorgängen von Punkt-Schweiß-Elektroden entständen Späne oder abgetragenes Material, welches sich dann im Bereich des Fräswerkzeugs ansammeln könne (Abs. [0010] Sp. 4 Z. 2 – 9). Diese Späne könnten dann dazu führen, dass ein Fräsvorgang nicht mehr in geeigneter Weise durchgeführt werden könne. Ferner bestehe die Gefahr, dass die Späne in Komponenten der Fräseinrichtung eindringen und diese dabei beschädigen (Abs. [0010] Sp. 4 Z. 10 – 12).

Um beim Fräsvorgang entstehende Späne aus dem Bereich des Fräswerkzeugs und des Werkzeugträgers zu entfernen, sei in der EP 0 171 XXX A ein Druckluftsystem vorgesehen. Wenn der Vorgang der Bearbeitung von Elektrodenspitzen beendet und die bearbeiteten Elektroden weggezogen seien, werde durch starke Druckluftbeaufschlagung ein Reinigungsvorgang vorgenommen (Abs. [0009] Sp. 3 Z. 45 – Sp. 4 Z. 1). Ein Wegblasen der Späne habe aber – wie das Verfügungspatent in Abs. [0014], nach Umschreibung der Aufgabe, schildert – den Nachteil, dass sich Späne an ungewünschten Orten ansammeln könnten.

Das Verfügungspatent nennt es vor diesem Hintergrund in Abs. [0011] als seine Aufgabe,

„eine gattungsgemäße Fräseinrichtung derart weiterzubilden, dass eine Beeinträchtigung durch beim Durchführen eines Fräsvorgangs entstehende Späne verhindert werden kann.“

2.
Diese Aufgabe löst das Verfügungspatent mit Hilfe des Inhalts von Anspruch 1, der sich in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt darstellen lässt:

1. Fräseinrichtung zum Befräsen des Schweißbereichs von durch einen Elektrodenhalter gehaltenen Punkt-Schweiß-Elektroden, umfassend

1.1 einen Werkzeugträger (412) mit wenigstens einem darin um eine Werkzeugdrehachse (A) drehbar gelagerten. Fräswerkzeug und

1.2 Drehantriebsmitteln für dieses Fräswerkzeug,

1.3 wobei vorzugsweise

1.3.1 das Fräswerkzeug mit wenigstens einer zur Werkzeugdrehachse (A) im wesentlichen konzentrischen, konkaven Aufnahmepfanne für die Aufnahme des Schweißbereichs der jeweiligen Punkt-Schweiß-Elektrode

1.3.2 mit jeweils wenigstens einer Fräskante im Bereich dieser wenigstens einen Aufnahmepfanne zum Befräsen des jeweiligen Schweißbereichs ausgeführt ist,

2. Absaugmittel (416,418) zum Absaugen von während des Befräsens erzeugten Spänen oder dgl.,

wobei die Absaugmittel (416,418) umfassen:

2.1 wenigstens an einer Seite des Fräswerkzeugs in Richtung der Werkzeugdrehachse (A) ein Plattenteil (416,418) mit einer Elektrodeneinführöffnung (428,430),

2.2 durch die Elektrodeneinführöffnung ist eine Punkt-Schweiß-Elektrode an das Fräswerkzeug heranführbar,

2.3 und mit einem ersten die Elektrodeneinführöffnung (428,430) wenigstens bereichsweise umgebenden und in Verbindung mit Unterdruckerzeugungsmitteln stehenden Absaugkanalabschnitt (444,446).

Der Schutzbereich eines Patents wird durch die Ansprüche bestimmt, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung heranzuziehen sind (vgl. § 14 S. 1 PatG bzw. Art. 69 Abs. 1 S. 1 EPÜ). Die Auslegung hat aus Sicht eines Durchschnittsfachmanns im Prioritäts- bzw. Anmeldezeitpunkt zu erfolgen (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl. 2013, Rn. 64). Maßgebend ist der Offenbarungsgehalt der Patentansprüche und ergänzend – im Sinne einer Auslegungshilfe – der Offenbarungsgehalt der Patentschrift, soweit dieser Niederschlag in den Ansprüchen gefunden hat (BGH GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube; BGH GRUR 2004, 1023, 1024 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Hierbei ist nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen, den der Inhalt der Patentschrift dem Fachmann vermittelt.

3.
a)
Die Merkmalsgruppe 1 (Oberbegriff) beschreibt nach Abs. [0009] Sp. 3 Z. 37/38 eine Fräseinrichtung nach dem Stand der Technik (EP 0 171 XXX A1), die dem Befräsen des Schweißbereichs von Punkt-Schweiß-Elektroden dient. Hierzu ist auf einen Werkzeugträger ein drehbar gelagertes Fräswerkzeug vorhanden, welches mit Drehantriebsmitteln betrieben wird. Dieses Fräswerkzeug kann den Schweißbereich von Punkt-Schweiß-Elektroden befräsen, um die Abbrandwülste zu entfernen, die ansonsten die Qualität des Schweißergebnisses beeinträchtigen könnten.

b)
Um das in der einleitenden Patentbeschreibung geschilderte Problem der sich ansammelnden Späne zu lösen, sind gemäß der Merkmalsgruppe 2 Absaugmittel vorhanden. Dadurch wird auch vermieden, dass sich Späne an ungewünschten Orten ansammeln, wie es beim Wegpusten geschehen kann (Abs. [0014]).

Die patentgemäßen Absaugmittel bestehen aus einem Plattenteil, mit einer Elektrodeneinführöffnung (Merkmal 2.1), durch welche die zu befräsende Punkt-Schweiß-Elektrode an das Fräswerkzeug heranführbar ist (Merkmal 2.2). Diese Elektrodeneinführöffnung soll das Heranführen der Punkt-Schweiß-Elektroden an das Fräswerkzeug unterstützen (Abs. [0057]). Die Öffnung kann sich beispielsweise quer zur Werkzeugdrehachse wegerstrecken und/oder trichterförmig ausgebildet sein (Abs. [0057] Sp. 12 Z. 23 f.; Abs. [0059] Sp. 12 Z. 59). Ferner bestehen die Absaugmittel nach Merkmal 2.3 aus einem Absaugkanalabschnitt, der eine Verbindung zu Unterdruckerzeugungsmitteln herstellt.

c)
Merkmal 2.1,

„wenigstens an einer Seite des Fräswerkzeugs in Richtung der Werkzeugdrehachse (A) ein Plattenteil (416,418) mit einer Elektrodeneinführöffnung (428,430)“,

erfordert ein Plattenteil. Der Fachmann entnimmt dem Anspruchswortlaut und der Beschreibung, dass er einen weiten Spielraum bei der Ausgestaltung des Plattenteils in räumlich-körperlicher Hinsicht hat. Im Allgemeinen wird unter dem Anspruchswortlaut „Plattenteil“ ein flächiges Bauteil verstanden. Bei einem solchen Bauteil sind zwei der Seiten signifikant länger als die dritte Seite, welche die Dicke der Platte definiert. Diese Vorgaben sind allerdings patentgemäß weit zu verstehen. Dies zeigt schon die nun eingeblendete Fig. 17, in der ein oberes Plattenteil 416 dargestellt ist, welches nur teilweise flächig ausgestaltet ist:

Wie sich aus der allgemeinen Erfindungsbeschreibung in Abs. [0055] ergibt, soll das Plattenteil an den Werkzeugträger des Oberbegriffs angeordnet werden. Eine solche Ausgestaltung beschreibt auch Abs. [0105] Sp. 21 Z. 37. Dies steht in Einklang mit dem im Abs. [0009] erläuterten Stand der Technik. Hieraus ergeben sich aber keine zwingenden Vorgaben an die körperliche Ausgestaltung des Plattenteils, da eine Befestigung am Werkzeugträger durch vielfältige Weise vorgenommen werden kann.

Auch die weitere Beschreibung enthält keine über den Wortlaut „Plattenteil“ hinausgehende Anforderung an die räumlich-körperliche Ausgestaltung dieses Bauteils. Das Verfügungspatent erläutert in Abs. [0056], dass ein Plattenbauteil durch Fräsen einfach herzustellen sei, wobei es sich aber nur um ein Beispiel handelt. Die Elektrodeneinführöffnung kann durch die Seitenrandfläche des Plattenteils hergestellt werden (Abs. [0058]). Dies lässt sich aber nicht als zwingende Vorgabe einer bestimmten Dicke des Plattenteils auffassen. Denn es ist nicht zwingend erforderlich, dass sich der Absaugkanalabschnitt innerhalb des Plattenteils befindet. Dies zeigt bereits das in Abs. [0108] geschilderte Ausführungsbeispiel, worin der Absaugkanalabschnitt durch die Fläche 425 (siehe Fig. 17 oben) und dem Werkzeugträger 412 gebildet wird, der Werkzeugträger also eine Wandung des ansonsten zu der Fläche 425 offenen Kanalabschnitt bildet.

Als Teil des Absaugmittels dient das Plattenteil in funktioneller Hinsicht dem Absaugen der Späne, was auch in Abs. [0061] zum Ausdruck kommt. Aus dem Wortlaut der Merkmalsgruppe 2 insgesamt ergibt sich, dass diese Funktion dadurch erfüllt wird, dass das Plattenteil einerseits eine Elektrodeneinführöffnung, andererseits einen Absaugkanalabschnitt aufweist. Weitere Vorgaben an die Funktion des Plattenteils lassen sich weder dem Anspruchswortlaut noch der Patentbeschreibung entnehmen.

d)
Nach Merkmal 2.3,

„und mit einem ersten die Elektrodeneinführöffnung (428,430) wenigstens bereichsweise umgebenden und in Verbindung mit Unterdruckerzeugungsmitteln stehenden Absaugkanalabschnitt (444,446)“,

soll beim Plattenteil ein Absaugkanalabschnitt vorhanden sein, der die Elektrodeneinführöffnung zumindest bereichsweise umgibt und in Verbindung mit Unterdruckerzeugungsmitteln steht.

aa)
Dem Anspruchswortlaut und der grundsätzlichen Funktion der Absaugmittel entnimmt der Fachmann, dass der Zweck des Absaugkanalabschnitts der Transport der Späne von dem Fräswerkzeug in Richtung der Unterdruckerzeugungsmittel ist. Dies zeigt sich bereits an dem Wortlaut Absaugkanalabschnitt. Dieser Absaugkanalabschnitt steht in Verbindung mit Unterdruckerzeugungsmitteln, die etwa durch eine Vakuumpumpe ausgebildet sein können (Abs. [0064]). Durch den Absaugkanalabschnitt werden die Späne dann abgesaugt, wie in der allgemeinen Erfindungsbeschreibung in Abs. [0055] erläutert wird. Dies bestätigt Abs. [0107] Sp. 22 Z. 31 – 40, wo der Abtransport der Späne zur Pumpe hin geschildert wird.

Der Absaugkanalabschnitt muss dem Anspruchswortlaut zu Folge die Elektrodeneinführöffnung wenigstens bereichsweise umgeben und zu den Unterdruckerzeugungsmitteln eine Verbindung herstellen. Dies dient dazu, die anfallenden Späne direkt am Fräswerkzeug abzusaugen. Denn aus Merkmal 2.2 ergibt sich, dass die zu befräsende Punkt-Schweiß-Elektrode durch die Elektrodeneinführöffnung an das Fräswerkzeug herangeführt wird; die abgefrästen Späne also nahe der Elektrodeneinführöffnung anfallen.

Abgesehen von diesen Funktionsvorgaben erhält der Fachmann keine Anweisungen zu der räumlich-körperlichen Ausgestaltung des Absaugkanalabschnitts. Vielmehr wird die körperliche Ausgestaltung dieses Bauteils in das Belieben des Fachmanns gestellt. Unter einem Kanal ist im Allgemeinen eine Röhre oder Rinne zu verstehen. Da es sich aber anspruchswortlautgemäß nur um einen „Abschnitt“ eines Absaugkanals handelt, ist eine röhrenförmige Ausgestaltung nicht zwingend. Ein abweichendes Verständnis lässt sich der Patentbeschreibung oder den Zeichnungen nicht entnehmen.

Wie bereits oben geschildert, muss der Absaugkanalabschnitt nicht vollständig innerhalb des Plattenteils gebildet sein (vgl. Abs. [0108] Sp. 23 Z. 2 – 7). Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten muss der Absaugkanalabschnitt auch nicht zusätzlich in dem Fräsraum vorhanden sein. Anhaltspunkte für ein solches einschränkendes Verständnis des Anspruchswortlauts finden sich nicht.

bb)
Soweit Unterdruckerzeugungsmittel von Merkmal 2.3 gefordert werden, dienen diese dem Ansaugen der Späne durch den Absaugkanalabschnitt. Ein statischer Unterdruck ist dabei nicht erforderlich. Vielmehr entnimmt der Fachmann der Funktion des patentgemäßen Absaugmittels, dass durch die Unterdruckerzeugungsmittel eine Ansaugwirkung hergestellt werden soll.

4.
Ausgehend von der vorstehenden Auslegung verletzt die angegriffene Ausführungsform das Verfügungspatent wortsinngemäß.

a)
Die von der Verfügungsklägerin vorgetragene Verwirklichung der Merkmalsgruppe 1 wird von der Verfügungsbeklagten nicht bestritten, was auch nicht auf unzutreffenden patentrechtlichen Erwägungen beruht, so dass es hierzu keiner weiteren Ausführungen mehr bedarf.

b)
Merkmal 2.1,

„wenigstens an einer Seite des Fräswerkzeugs in Richtung der Werkzeugdrehachse (A) ein Plattenteil (416,418) mit einer Elektrodeneinführöffnung (428,430),“

ist in der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht. Der obere Teil der Haube stellt ein Plattenteil im Sinne von Merkmal 2.1 dar. Es erfüllt die – wie oben dargestellt, in körperlich-räumlicher Hinsicht weiten – patentgemäßen Anforderungen an ein Plattenteil. Bei dem oberen Teil der Haube handelt es sich um ein flächiges Bauteil, bei dem die X- und die Y-Achse die Länge der Z-Achse (der Dicke) übersteigen.

Wie oben dargestellt, stellt das Verfügungspatent ansonsten keine besonderen Anforderungen an das Plattenteil mit der Ausnahme, dass eine Elektrodeneinführöffnung nach Merkmal 2.2 sowie ein Absaugkanalabschnitt nach Merkmal 2.3 vorhanden sein müssen.

Dies ist der Fall. Das obere Haubenteil enthält eine Elektrodeneinführöffnung in Form einer Öffnung zur Einführung der zu befräsenden Punkt-Schweiß-Elektrode in Richtung des unter der Öffnung angeordneten Fräswerkzeuges. Schließlich ist auch ein Absaugkanalabschnitt vorhanden, wobei die innenliegende Wandflächen des oberen Haubenteils den Absaugkanalabschnitt nach oben begrenzen (vgl. die folgenden Ausführungen).

c)
Merkmal 2.3,

„und mit einem ersten die Elektrodeneinführöffnung (428,430) wenigstens bereichsweise umgebenden und in Verbindung mit Unterdruckerzeugungsmitteln stehenden Absaugkanalabschnitt (444,446)“,

ist in der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht. Der durch die Plastikhaube umschlossene Raum stellt einen patentgemäßen Absaugkanalabschnitt dar. Dieser Raum umgibt einerseits die Elektrodeneinführöffnung und steht andererseits über einen Schlauch in Verbindung mit der Strahlpumpe, die ein patentgemäßes Unterdruckerzeugungsmittel darstellt.

Der Raum unter der Haube dient auch dem Abtransport der abgefrästen Späne, da diese von der Strahlpumpe angesaugt und durch die Haube in Richtung der Pumpe gezogen werden.

Soweit die Verfügungsbeklagte einwendet, es bestehe kein Unterdruck, da in der Haube eine Öffnung vorhanden ist, deren Größe der Größe der zur Pumpe führenden Öffnung entspricht, kann dem nicht gefolgt werden. Das Verfügungspatent erfordert – wie gezeigt – keinen statisch vorhandenen Unterdruck, sondern nur, dass durch Unterdruck eine Ansaugwirkung entsteht. Dies ist durch die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Strahlpumpe der Fall. Soweit die Verfügungsbeklagte anführt, der Transport in Richtung der Absaugvorrichtung erfolge in der angegriffenen Ausführungsform aufgrund von in die Haube eingeblasener Druckluft, wobei die Strahlpumpe dies nur unterstütze, führt dies nicht aus einer Patentverletzung heraus. Denn unstreitig wird durch die Strahlpumpe eine (sei sie auch nur geringe) Saugwirkung erzeugt, so dass ein patentgemäßes Absaugmittel vorhanden ist.

III.
Für den Erlass der einstweiligen Verfügung ist auch ein Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.

Ein Verfügungsgrund besteht, wenn der Rechtsbestand des Verfügungspatents hinreichend gesichert und die Verfügung zeitlich dringlich sowie notwendig ist, da der Antragstellerin ein Verweis auf ein Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist (LG Düsseldorf, Beschluss vom 13.05.2011, Az. 4b O 88/11, Rn. 4 bei Juris; Busse/Kaess, 7. Aufl. 2013, Vor § 143 Rn. 254). Bei bejahter Verletzung und ausreichend gesichertem Rechtsbestand des Verfügungsschutzrechtes besteht regelmäßig ein entsprechender Verfügungsgrund (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl. 2013, Rn. 1739). Eine solche Konstellation liegt hier vor.

1.
Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist der gesicherte Bestand des Verfügungsschutzrechts Voraussetzung, wobei hierzu grundsätzlich erforderlich ist, dass das Verfügungspatent bereits ein kontradiktorisches Rechtsbestandverfahren erfolgreich überstanden haben muss oder aus sonstigen Gründen ausnahmsweise nicht ein solches Verfahren durchgeführt sein muss (OLG Düsseldorf, InstGE 12, 114, 120 – Harnkatheterset) oder das Verfügungsverfahren wie ein Hauptsacheverfahren geführt wird, weil die Verfügungsbeklagte gegen eine Beschlussverfügung erst Monate nach deren Erlass Widerspruch eingelegt hat.

Ein für das Bestehen eines Verfügungsgrundes ausreichend gesicherter Rechtsbestand liegt aber auch dann vor, wenn der Rechtsbestand des Verfügungsschutzrechts gar nicht angegriffen wird. Auch im einstweiligen Verfügungsverfahren können Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents grundsätzlich nur dann mit Erfolg eingewendet werden, wenn das Schutzrecht durch einen Einspruch oder eine Nichtigkeitsklage tatsächlich angegriffen ist (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 219 – Kleinleistungsschalter). Liegt zwischen Kenntnis der Antragsgegnerin vom Verfügungsantrag und der mündlichen Verhandlung hierüber nur ein kurzer Zeitraum, in dem der Abschluss von Rechtsbestandrecherchen nicht zumutbar erscheint, genügt es insoweit wenn ein solcher Angriff verlässlich vorauszusehen ist (OLG Düsseldorf, InstGE 12, 114, 120 – Harnkatheterset).

Dies ist hier nicht der Fall. Es ist weder eine Nichtigkeitsklage gegen das Verfügungspatent anhängig gemacht worden, noch ist eine solche vorauszusehen. Auf entsprechende Nachfrage hat die Verfügungsbeklagte zu diesem Punkt nicht vorgetragen, so dass die Erhebung einer Nichtigkeitsklagte nicht verlässlich vorausgesehen werden kann.

2.
Es ist ferner auch eine Dringlichkeit im Allgemeinen glaubhaft gemacht. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt voraus, dass die Verfügungsklägerin nach Kenntnisnahme von der angegriffenen Ausführungsform nicht länger zugewartet hat (vgl. hierzu: Busse/Kaess, 7. Aufl. 2013, Vor § 143 Rn. 259 m.w.N.).

a)
Ein solches längeres Zuwarten ist hier nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Verfügungsklägerin zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft gemacht, dass vor dem 17.02.2014 innerhalb der Verfügungsklägerin keine Kenntnis von der angegriffenen Ausführungsform bestand.

Der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin, Herr Volker D, hat eidesstattlich versichert, dass vor dem 17.02.2014 innerhalb der Verfügungsklägerin keine Kenntnis davon bestanden habe, dass die Verfügungsbeklagte „ein Frässpan-Absaugsystem für automatische Kappenfräser“ (also die angegriffene Ausführungsform) anbietet.

Diese Glaubhaftmachung wird durch die eidesstattliche Versicherung von Herrn Johannes F (Anlage AG1) nicht erschüttert. Soweit der eidesstattlichen Versicherung von Herrn F etwas Gegenteiliges zu entnehmen ist, überzeugt dies die Kammer nicht. Diese enthält nur Aussagen vom „Hörensagen“. Eidesstattliche Versicherungen der unmittelbaren Zeugen der behaupteten Aussagen der Verfügungsklägerin bzw. ihrer Geschäftsführer konnte die Verfügungsbeklagte nicht beibringen. Gründe hierfür hat sie nicht genannt, außer dass Herr G eine entsprechende Versicherung nicht habe abgeben wollen. Vor diesem Hintergrund ist der Überzeugungswert der eidessstattlichen Versicherung von Herrn F geringer.

Hinsichtlich der Aussagen von Herrn H, auf die sich Herr F beruft, bestehen Zweifel, ob Herr H Herrn F tatsächlich über ein geplantes Vorgehen gegen die Verfügungsbeklagte berichtet hat. Aus der Frage von Herrn H, ob die Verfügungsbeklagte eine Klage erhalten habe, lässt sich dies nicht schließen. Hinsichtlich der Messe „Schweißen und Schneiden“ im September 2013 ist ferner zu berücksichtigen, dass die Verfügungsklägerin eidesstattlich versichert hat (Anlage AST14), im September 2013 sei auf einer Messe die Rede von einer Verletzung des Verfügungspatents durch ein italienisches Unternehmen gewesen, nicht aber von einem Vorgehen gegen die Verfügungsbeklagte. Weitere Tatsachen, die für eine vorherige Kenntnis der angegriffenen Ausführungsform auf Seiten der Verfügungsklägerin sprechen könnten, sind der eidesstattlichen Versicherung von Herrn F nicht zu entnehmen.

b)
Soweit die Verfügungsbeklagte vorträgt, die angegriffene Ausführungsform sei bereits seit geraumer Zeit auf ihrer Homepage abgebildet, kann dies ohne das Hinzukommen weiterer Umstände die Dringlichkeit nicht entfallen lassen. Denn es existiert keine allgemeine Marktbeobachtungspflicht. Insoweit schadet selbst eine fahrlässige Unkenntnis der angegriffenen Ausführungsform der Dringlichkeit nicht (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl. 2013, Rn. 1803).

3.
Es ist auch sonst kein Grund ersichtlich, der – etwa aufgrund der Marktsituation oder aus anderen Umständen in der Sphäre des Verfügungsbeklagten – gegen das Bestehen eines Verfügungsgrundes spricht. Vielmehr handelt es sich bei den Parteien um Wettbewerber mit denselben potenziellen Kunden, so dass ein entsprechendes Erlass-Interesse der Verfügungsklägerin angenommen werden kann. Schließlich spricht die eher kurze Restlaufzeit des Verfügungspatents von ca. 3 Jahren tendenziell ebenfalls für den Erlass der einstweiligen Verfügung.

IV.
1.
Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG. Da die Verfügungsbeklagte bereits angegriffene Ausführungsformen ins Inland geliefert hat, besteht Wiederholungsgefahr.

Gemäß § 938 Abs. 1 ZPO wurde der Tenor gegenüber dem gestellten Antrag insofern abgewandelt, dass die Androhung der Ordnungsmittel entsprechend der gesetzlichen Regelungen des § 890 Abs. 1 ZPO gefasst wurde. Ferner wurde statt der Merkmalsanalyse der tatsächliche Wortlaut von Anspruch 1 verwendet.

2.
Die Verfügungsklägerin hat auch den in Ziff. II des Tenors zuerkannten Auskunftsanspruch aus § 140b PatG, der im Rahmen einer einstweiligen Verfügung durchsetzbar ist. Es liegt eine insoweit von § 140b Abs. 7 PatG geforderte „offensichtliche Rechtsverletzung“ vor. Die tatsächlichen Umstände, d.h. insbesondere die tatsächliche Ausgestaltung der Ausführungsform, sind unstreitig. Auch bestehen keine Zweifel an der oben dargestellten Auslegung des Verfügungspatents und der auf dieser Grundlage festgestellten Verletzung von Anspruch 1.

3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S.1 ZPO.

4.
Da ein Hauptsacheurteil nur gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt werden würde und die Verfügungsklägerin in einem einstweiligen Verfügungsverfahren demgegenüber nicht besser gestellt werden sollte (vgl. Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl. 2013, Rn. 1759), war hier die Vollziehung der einstweiligen Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Bei der Höhe der Sicherheitsleistung war der von der Kammer festgesetzte Streitwert maßgeblich.

V.
Die nicht nachgelassenen Schriftsätze, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingereicht wurden, fanden bei der Entscheidung keine Berücksichtigung. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, §§ 296a, 156 ZPO.

VI.
Der Streitwert wird auf EUR 250.000,00 festgesetzt.