4a O 28/13 – Dichtstreifen mit Endkappe

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2229

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. Mai 2014, Az. 4a O 28/13
Rechtsmittelinstanz: 15 U 106/14

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

TATBESTAND

Die Klägerin ist – unter ihrem früheren, bis zum 30.09.2013 geltenden Namen A B GmbH – eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des in deutscher Verfahrenssprache erteilten Europäischen Patents EP 1 652 XXX B1 (im Folgenden kurz: „Klagepatent“). Das Klagepatent nimmt die Priorität der DE 10 2004 052 XXX vom 27.10.2004 in Anspruch und wurde am 29.09.2005 angemeldet. Die Anmeldung wurde am 03.05.2006 offengelegt, der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 19.08.2009 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Kraft.

Das Klagepatent trägt den Titel „Dicht- oder Zierstreifen, insbesondere für Kraftfahrzeuge“. Die geltend gemachte Anspruchskombination lautet:

Dichtstreifen für Kraftfahrzeuge (10) zum Abdichten einer Fensterscheibe umfassend:

ein als Dichtung ausgestaltetes Trägerprofil (20), das zum Abdichten der Fensterscheibe entlang der Öffnung eines Fensterschachts dient, wobei das Trägerprofil (20) aus einem elastomeren Werkstoff gefertigt und durch einen metallenen Träger armiert ist und

einen Endabschnitt (21) aufweist;

eine Zierleiste (30), die an dem Trägerprofil (20) befestigt ist und eine Außenfläche (32) und eine dem Trägerprofil zugewandte Innenfläche (31) aufweist;

eine Endkappe (40), die an dem Endabschnitt(21) angeordnet ist und einen zwischen dem Trägerprofil (20) und der Innenfläche (31) der Zierleiste (30) vorhandenen Zwischenraum (41) abdeckt;

die Endkappe (40) weist eine Abdeckplatte (42) auf, die den Zwischenraum (41) abdeckt;

die Endkappe (40) weist ein BefestigungsteiI (46) auf, das an der Innenseite (43) der Abdeckplatte (42) angeordnet ist und das sich in den Zwischenraum (41) erstreckt;

das Befestigungsteil (46) ist in dem Zwischenraum (41) verrastet;

die Abdeckplatte (42) ist an die Kontur der Zierleiste (30) angepasst und weist eine Außenseite (44) und eine dem Zwischenraum (41) zugewandte Innenseite (43) auf;

die Endkappe (40) weist wenigstens einen Führungsstift (45) auf, der an der Innenseite (43) der Abdeckplatte (42) angeordnet ist und an der Innenfläche (31) der Zierleiste (30) anliegt und diese abstützt;

die ZierIeiste (30) ist im Querschnitt annähernd C-förmig ausgebildet und mit einer Aussparung (22) versehen;

das Befestigungsteil (46) ist im Querschnitt annähernd L-förmig und weist einen ersten Schenkel (47) und einen zweiten Schenkel (51) auf;

der erste Schenkel (47) ist mit einem Rastarm (49) versehen, der zum Verrasten des Befestigungsteils (46) in dem Zwischenraum (41) einen in eine Aussparung (22) eingreifenden Vorsprung (50) aufweist;

die Aussparung (22) ist in einem ersten Abstand (x) von der Innenseite (43) der Abdeckplatte (42) angeordnet; der Vorsprung (50) ist in einem zweiten Abstand (y) von der Innenseite (43) der Abdeckplatte (42) angeordnet;

zum Erreichen eines Kraftschlusses zwischen Vorsprung (50) und Aussparung (22), der eine an dem Befestigungsteil (46) angreifende Zugkraft hervorruft, welche die Endkappe an das Trägerprofil (20) und die Zierleiste (30) heranzieht, ist der erste Abstand (x) größer als der zweite Abstand (y).

Hinsichtlich der in Form von Insbesondere-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 12 und 13 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Im Folgenden wird Fig. 2 des Klagepatents eingeblendet, die eine patentgemäße Endkappe 40 mit einem Befestigungsteil 46 und einer Abdeckplatte 42 zeigt:

Die Beklagte zu 1) reichte mit Schriftsatz vom 31.10.2013 vor dem Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent ein, über die das Bundespatentgericht noch nicht entschieden hat.

Gegen das im Vergleich zum Klagepatent weitgehend gleichlautende Prioritätsschutzrecht, das deutsche Patent DE 10 2004 052 XXX, ist ein Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) anhängig. Das DPMA hat die DE 10 2004 052 XXX in gegenüber der ursprünglich erteilten Fassung eingeschränkten Umfang aufrechterhalten. Gegen diese Entscheidung läuft ein Beschwerdefahren vor dem Bundespatentgericht (Az. 7 W (pat) 27/10).

Die Klägerin und die Beklagte zu 1) sind Zulieferer der Automobilindustrie und stehen zu einander im Wettbewerb. Die Beklagte zu 2) ist die Komplementärin der Beklagten zu 1). Die Beklagten zu 3) bis zu 6) sind oder waren Geschäftsführer der Beklagten zu 2), wobei die Beklagten zu 5) und zu 6) am 07.12.2005 sowie die Beklagten zu 3) und zu 4) am 16.01.2012 als Geschäftsführer der Beklagten zu 2) in das Handelsregister eingetragen worden sind. Der Beklagte zu 3) schied mit Ablauf des 31.03.2014 als Geschäftsführer der Beklagten zu 2) aus. Der Beklagte zu 6) schied mit Ablauf des 30.04.2014 ebenfalls als Geschäftsführer aus.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) stellten am 10.03.2014 Insolvenzantrag. Mit Beschluss vom 10.03.2014 wurde vom Insolvenzgericht jeweils die vorläufige Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt angeordnet.

Die Beklagten lieferten Dichtstreifen mit Endkappen (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform) an die D AG, welche diese in Fahrzeugen der Baureihe E F einsetzt. Auf dem folgenden Bild ist eine Gesamtaufnahme der angegriffenen Ausführungsform zu sehen:

Die angegriffene Ausführungsform besteht aus einem armierten Profil, an dem eine Zierleiste befestigt ist. An dem Profil sind Dichtlippen angebracht, die beim Einsatz des Dichtstreifens in einem Fahrzeug eine Fensterscheibe abdichten sollen. Dies verdeutlichen folgende Querschnittabbildungen, wobei die linke Zeichnung von den Beklagten beschriftet wurde:

Die Dichtlippen werden in einem separaten Arbeitsschritt an das Profil der angegriffenen Ausführungsform angebracht. Um die Armierung angeordnet ist Polypropylen (PP)/Polyethylen (PE); die Gummidichtlippen bestehen aus einer Mischung von Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM) und Polypropylen (PP).

Am Ende des Profils der angegriffenen Ausführungsform befindet sich ein ausgeschnittener Bereich, in dem eine Endkappe in einer Aussparung der Zierleiste verrastet werden kann. Zur Verdeutlichung werden folgende Bilder aus der Anlage HL2, die den Endabschnitt des Profils ohne und mit eingerasteter Endkappe zeigen, nunmehr eingeblendet:

Die Endkappe der angegriffenen Ausführungsform weist auf einer Platte angeordnet einen im Querschnitt – vereinfachend ausgedrückt – wellenförmigen Flansch auf, der senkrecht auf der Platte steht. Ein Teil des Flansches ist mit einer Rastnase versehen und kann in eine Aussparung der Zierleiste einrasten. Ein anderer Teil des Flansches ist an seinem Ende schwertartig ausgeführt. Zur Illustration werden nunmehr folgende Bilder aus der Anlage K7 (links) bzw. Bl. 71 GA (rechts) eingeblendet, welche die Endkappe im Querschnitt und von der Seite zeigen:

Mit Schreiben vom 23.12.2010 (Anlage K6) wandte sich der patentanwaltliche Vertreter der Klägerin an die Beklagte zu 1) und machte geltend, dass die angegriffene Ausführungsform Anspruch 1 des Klagepatents verletze. Das Schreiben endete mit der Aufforderung, innerhalb einer Frist „mitzuteilen, durch welche Umstände Sie [die Beklagte zu 1)] sich berechtigt sehen, das Patentrecht meiner Mandantin nicht respektieren zu müssen“ (Zusatz in eckigen Klammern hinzugefügt). Die Klägerin behalte sich vor, patentrechtliche Ansprüche geltend zu machen, sollte keine ausreichende Antwort innerhalb der Frist erfolgen. Anschließend kam es zu einem Briefwechsel zwischen den Parteien, der aber ohne Ergebnis blieb.

Die Klägerin behauptet, die angegriffene Ausführungsform verletze den geltend gemachten Anspruch wortsinngemäß.

Das Klagepatent enthalte keine Vorgaben, wie das Trägerprofil die Dichtfunktion ausübe. Ob das Trägerprofil Dichtlippen aufweise und ob die Dichtlippen einstückig oder mehrstückig vom Trägerprofil ausgebildet sind, sei in das Belieben des Fachmanns gestellt. Die gegenteilige Sichtweise der Beklagten spalte das als Dichtung ausgestaltete Trägerprofil willkürlich auf.

Das Klagepatent erfordere lediglich, dass das Trägerprofil als Bestandteil einen elastormeren Werkstoff enthalte; jedoch nicht, dass es ausschließlich aus den im Anspruch genannten Werkstoffen bestehen müsse.

Der patentgemäße „Zwischenraum“ („zwischen dem Trägerprofil und der Innenfläche der Zierleiste“) müsse nicht nach allen Seiten begrenzt sein. Ein Raum sei insofern nur ein gedachter dreidimensionaler Ausschnitt. Auch die Abdeckfunktion der Endkappe werde nicht beeinträchtigt, wenn der patentgemäße Zwischenraum nicht nach allen Seiten geschlossen sei. Insofern sei auch der bogenförmig ausgeschnittene Endabschnitt der angegriffenen Ausführungsform als patentgemäßer Zwischenraum anzusehen.

Hinsichtlich der anspruchsgemäß im Querschnitt L-förmig angeordneten Schenkel des Befestigungsteils sei nur erforderlich, dass zwei Schenkel in einem Winkel zueinander stehen, der annähernd eine L-Form bildet. Die L-Form stelle aber für den Fachmann nicht zwingend die abschließende (Querschnitts-)
Form für das gesamte Befestigungsteil dar, so dass auch weitere Schenkel patentgemäß zulässig seien.

Die Klägerin trägt ferner vor, das Klagepatent werde sich auf die anhängige Nichtigkeitsklage als rechtsbeständig erweisen. Die geltend gemachte Anspruchskombination werde von den vorgebrachten Entgegenhaltungen nicht nahe gelegt. Eine unzulässige Erweiterung liege nicht vor.

Aufgrund des über Jahre andauernden Schriftwechsels zu der geltend gemachten Patentverletzung könne diese den Beklagten zu 3) bis zu 5) nicht unbekannt geblieben sein.

Die Klägerin trägt weiter vor, ihr stehe ein Schadensersatzanspruch in Bezug auf die vorgerichtlichen Patentanwaltskosten auf Grundlage einer 1,5 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von EUR 1,0 Mio zu. Der Patentanwalt der Klägerin habe auf Zeithonorarbasis mehr als den sich so ergebenden Betrag abgerechnet. Der auch in der Klageschrift angegebene Streitwert von EUR 1,0 Mio. sei angemessen.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1. und 2. an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist,

zu unterlassen,

Dichtstreifen für Kraftfahrzeuge zum Abdichten einer Fensterscheibe in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen und/oder anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu diesen Zwecken einzuführen und/oder auszuführen und/oder zu besitzen, wenn diese folgende Merkmale aufweisen:

– ein als Dichtung ausgestaltetes Trägerprofil, das zum Abdichten der Fensterscheibe entlang der Öffnung eines Fensterschachts dient, wobei

– das Trägerprofil aus einem elastomeren Werkstoff gefertigt und

– durch einen metallenen Träger armiert ist und

– einen Endabschnitt aufweist;

– eine Zierleiste, die an dem Trägerprofil befestigt ist und eine Außenfläche und eine dem Trägerprofil zugewandte Innenfläche aufweist, wobei

– die Zierleiste im Querschnitt annähernd C-förmig ausgebildet und mit einer Aussparung versehen ist;

– eine Endkappe, die an dem Endabschnitt angeordnet ist und einen zwischen dem Trägerprofil und der Innenfläche der Zierleiste vorhandenen Zwischenraum abdeckt,

– die Endkappe weist eine an die Kontur der Zierleiste angepasste Abdeckplatte auf, die eine Außenseite und eine dem Zwischenraum zugewandte Innenseite hat und den Zwischenraum abdeckt,

– die Endkappe weist ein Befestigungsteil auf, das an der Innenseite der Abdeckplatte angeordnet ist und sich in den Zwischenraum erstreckt,

– die Endkappe weist wenigstens einen Führungsstift auf, der an der Innenseite der Abdeckplatte angeordnet ist und an der Innenfläche der Zierleiste anliegt und diese abstützt;

– das Befestigungsteil ist in dem Zwischenraum verrastet,

– das Befestigungsteil ist im Querschnitt annähernd L-förmig und weist einen ersten Schenkel und einen zweiten Schenkel auf,

– der erste Schenkel ist mit einem Rastarm versehen, der zum Verrasten des Befestigungsteils in dem Zwischenraum einen in eine Aussparung eingreifenden Vorsprung aufweist,

– die Aussparung ist in einem ersten Abstand (x) von der Innenseite der Abdeckplatte angeordnet,

– der Vorsprung ist in einen zweiten Abstand (y) von der Innenseite der Abdeckplatte angeordnet,

– zum Erreichen eines Kraftschlusses zwischen Vorsprung und Aussparung, der eine an dem Befestigungsteil angreifende Zugkraft hervorruft, welche die Endkappe an das Trägerprofil und die Zierleiste heranzieht, ist der erste Abstand (x) größer als der zweite Abstand (y);

insbesondere wenn die Zierleiste aus Aluminium gefertigt ist und

insbesondere wenn das als Dichtung ausgestaltete Trägerprofil durch Extrusion gefertigt ist;

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, chronologisch geordneten Verzeichnisses Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 19.09.2009 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse gezahlt wurden,

wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

und wobei von dem Beklagten zu 3. sämtliche Angaben nur für die Zeit vom 16.01.2012 bis zum 31.03.2014 zu machen sind;

und wobei von dem Beklagten zu 4. sämtliche Angaben nur für die Zeit seit dem 16.01.2012 zu machen sind;

und wobei von dem Beklagten zu 6. sämtliche Angaben nur für die Zeit bis zum 30.04.2014 zu machen sind;

3. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, chronologisch geordneten Verzeichnisses Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 03.06.2006 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagehöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage hin mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,

und wobei von der Beklagten zu 1. die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 19.09.2009 zu machen sind;

und wobei von den Beklagten zu 2. und zu 5. sämtliche Angaben nur für die Zeit seit dem 19.09.2009 zu machen sind;

und wobei von dem Beklagten zu 3. sämtliche Angaben nur für die Zeit vom 16.01.2012 bis zum 31.03.2014 zu machen sind;

und wobei von dem Beklagten zu 4. sämtliche Angaben nur für die Zeit seit dem 16.01.2012 zu machen sind;

und wobei von dem Beklagten zu 6. sämtliche Angaben nur für die Zeit vom 19.09.2009 bis zum 30.04.2014 zu machen sind;

4. nur die Beklagte zu 1.: die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1. – Kosten herauszugeben, wobei ihr das Recht vorbehalten bleibt, die genannten Erzeugnisse selbst zu vernichten;

5. nur die Beklagte zu 1.: die vorstehend zu Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 19.09.2009 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte zu 1. oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 1 652 XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1. zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird

und

endgültig zu entfernen, indem die Beklagte zu 1. die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst;

6. samtverbindlich an die Klägerin € 6.764,- zzgl. Zinsen daraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

II. festzustellen,

1. dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin für die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 03.06.2006 bis 18.09.2009 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

2. dass die Beklagten samtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 19.09.2009, hinsichtlich der Beklagten zu 3. und zu 4. erst seit dem 16.01.2012, begangenen Handlungen bereits entstanden ist und noch entstehen wird;

wobei dies für den Beklagten zu 3. lediglich für die in der Zeit bis zum 31.03.2014 begangenen Handlungen gilt

und wobei dies für den Beklagten zu 6. lediglich für die in der Zeit bis zum 30.04.2014 begangenen Handlungen gilt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise:

den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 31.10.2013 eingereichte Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent gemäß § 148 ZPO auszusetzen.

Die Beklagten tragen vor, das Klagepatent sei nicht verletzt und zudem nicht rechtsbeständig.

Das Klagepatent verlange, dass das Trägerprofil selbst eine Dichtungsfunktion aufweise und als eine Einheit ausgestaltet sei. Dies zeige sich schon daran, dass das Klagepatent die Begriffe Trägerprofil und Dichtung synonym verwende. Bei der angegriffenen Ausführungsform habe das Trägerprofil jedoch keine Dichtungsfunktion. Die nachträglich angebrachten Dichtlippen seien nicht Teil des Trägerprofils.

Soweit das Klagepatent ein aus einem elastomeren Werkstoff gefertigtes Trägerprofil beansprucht, müsse das Trägerprofil aus einem elastisch verformbaren Kunststoff gefertigt sein. Von Elastomeren seien reine Thermoplaste zu unterscheiden, da diesen elastomere Eigenschaften fehlten. Die in Abs. [0020] des Klagepatents genannten und insoweit von diesem bevorzugten thermoplastischen Elastomere (TPE) verfügten über die Materialeigenschaften von Elastomeren. Thermoplastische Elastomere ließen sich zwar auf der Basis von Polypropylen (PP) und Polyethylen (PE) herstellen, PP und PE an sich seien jedoch reine Thermoplasten ohne elastomere Eigenschaften. Ein aus einem elastomeren Werkstoff gefertigtes Trägerprofil sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht, da das Trägerprofil hier aus einem reinen Thermoplast (namentlich aus Polypropylen (PP)/Polyethylen (PE)) bestehe. Diese Stoffe seien als Dichtung ungeeignet. Die Dichtlippen gehörten dagegen nicht zum Trägerprofil.

Aus dem Wortlaut „Innenfläche“ der Zierleiste ergebe sich, dass hiermit jene Fläche der Zierleiste gemeint ist, die zum Inneren des Dichtstreifens zeige. Dem Zusatz „dem Trägerprofi zugewandt“ im Anspruchswortlaut entnehme der Fachmann daher, dass es auch Abschnitte der Innenseite der Zierleiste geben müsse, die nicht dem Trägerprofil zugewandt sind.

Der anspruchsgemäße Zwischenraum sei ein beidseitig begrenzter, dreidimensionaler Bereich der einerseits vom Trägerprofil, andererseits von der dem Trägerprofil zugewandten Innenseite der Zierleiste begrenzt werden müsse. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut „Zwischenraum“. Der Zwischenraum könne auch dort enden, wo die Innenfläche dem Trägerprofil nicht zugewandt ist.

Die Abdeckplatte müsse den Zwischenraum patentgemäß vollständig abdecken, was bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall sei, da die Endabschnitte des Trägerprofils – soweit unstreitig – bei der angegriffenen Ausführungsform ausgeschnitten sind. Hierdurch existiere kein abgeschlossener Zwischenraum. Endsprechend – und anders als im Klagpepatent vorgeschrieben – erstrecke sich damit auch weder das Befestigungsteil in den Zwischenraum hinein noch sei es dort verrastet.

Schließlich sei bei der angegriffenen Ausführungsform das Befestigungsteil nicht im Querschnitt annähernd L-förmig, wie es der Anspruch vorschreibe. Vielmehr ähnele das Profil eher einem „Z“ oder einem spiegelverkehrten „S“. Patentgemäß müsse der Rastarm zudem mit dem ersten Schenkel des Befestigungsteils fluchten.

Ferner werde das Befestigungsteil nicht – wie vom Klagepatent vorgeschrieben – durch eine Zugkraft verrastet. Vielmehr sei bei der angegriffenen Ausführungsform die leichte Schrägfläche des Vorsprungs als Schneidefläche konstruiert, in der sich die scharfe Fräskante in der Zierleiste eingraben könne.

Das Klagepatent werde sich auf die Nichtigkeitsklage als nicht rechtsbeständig erweisen, so dass das hiesige Verfahren zumindest hilfsweise auszusetzen sei. Der ursprünglich erteilte Anspruch 1 des Klagepatents werde durch die Entgegenhaltung E2 (DE 20 18 XXX) neuheitsschädlich vorweggenommen. Die Anspruch 1 in der geltend gemachten Anspruchskombination hinzugefügten Merkmale seien naheliegend vor dem Hintergrund des Standes der Technik. Darüber hinaus enthalte die geltend gemachte Anspruchskombination eine unzulässige Erweiterung auf nicht lediglich aus elastomeren Werkstoffen gefertigte Trägerprofile.

Im Betrieb der Beklagten seien den einzelnen Geschäftsführern unterschiedliche Zuständigkeitsbereiche zugeordnet. Dabei sei nur der Beklagte zu 6) für die technischen Sachverhalten und den Vertrieb zuständig. Die nicht abgemahnten Geschäftsführer, die Beklagten zu 3) bis zu 5), hätten erst mit der Klageschrift Kenntnis von der angeblichen Patentverletzung erhalten.

Die Beklagten sind ferner der Ansicht, bei dem Schreiben nach Anlage K6 handele es sich nicht um eine Abmahnung, für die eine Kostenerstattungspflicht bestehen könnte. Darüber hinaus bestehe ohnehin keine Erstattungspflicht, da – soweit unstreitig – der jetzt geltend gemachte Anspruch nicht Teil der vorgerichtlichen Korrespondenz war.

Der Streitwert sei von der Klägerin zu hoch angegeben worden.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten patentrechtlichen Ansprüche gegen die Beklagten nicht zu.

I.
Die Klage ist zulässig und das Verfahren auch gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) nicht nach § 240 ZPO unterbrochen.

Durch die Insolvenzantragsstellung alleine wird ein Verfahren nicht unterbrochen, wenn weder das Insolvenzverfahren eröffnet noch ein allgemeines Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Var. InsO angeordnet worden ist (§ 240 ZPO; vgl. hierzu Zöller/Greger, 30. Aufl. 2014, § 240 Rn. 5; Schulte/Schulte, PatG, 9. Aufl. 2014, Einl. Rn. 193).

Dies ist nicht der Fall. Vielmehr wurde hinsichtlich der Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils nur ein Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2, 1. Var. InsO angeordnet, was nicht zu einer Unterbrechung nach § 240 S. 2 ZPO führt (Zöller/Greger, 30. Aufl. 2014, § 240 Rn. 5 m.w.N.).

II.
Die Klage ist jedoch unbegründet, da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre der geltend gemachten Anspruchskombination keinen Gebrauch macht.

1.
Das Klagepatent betrifft einen Dichtstreifen, der in Kraftfahrzeugen Anwendung findet.

In seiner einleitenden Beschreibung schildert das Klagepatent, dass ein Dichtstreifen, der beispielsweise eine Fensterscheibe eines Kraftfahrzeugs einfassen könne, zum einen dazu diene, die Fensterscheibe abzudichten, und zum anderen die Funktion habe, der Einfassung der Fensterscheibe ein in ästhetischer Hinsicht ansprechendes Erscheinungsbild zu verleihen (Abs. [0002] Sp. 1 Z. 13 – 18 des Klagepatents; im Folgenden sind Zitate nach Abs. ohne Quellenangabe solche des Klagepatents).

Um ein ansprechendes Erscheinungsbild zu erreichen, sei ferner bekannt, an einem Endabschnitt des Trägerprofils oder der Zierleiste eine Endkappe anzuordnen, die einen zwischen dem Trägerprofil und der Innenfläche der Zierleiste vorhandenen Zwischenraum abdeckt (Abs. [0003] Sp. 1 Z. 26 – 32). Diese Endkappe werde gewöhnlich entweder stoffschlüssig mit dem Trägerprofil verbunden, zum Beispiel mittels Spritzgießen, oder an die Zierleiste gesteckt.

Hieran kritisiert das Klagepatent, dass dies eine spezielle Formgebung der Zierleiste erfordere, was die Gestaltungsfreiheit beschränke. Ferner sei es beim Anstecken der Endkappe an die Zierleiste oftmals erforderlich, die Endkappe zusätzlich zu verkleben oder formschlüssig mit der Zierleiste zu verbinden, um eine zuverlässige Befestigung sicherzustellen (Abs. [0003] Sp. 1 Z. 33 – 41).

An der Endkappe aus dem Stand der Technik DE 2 018 XXX XXX bemängelt das Klagepatent, dass hier die für die Befestigung der Endkappe dienenden Klemmmittel es erforderlich machten, die Endkappe außerhalb des Bereichs der Dichtung an dem Flansch anzuordnen, woraus sich ein vergleichsweise hoher Montageaufwand ergebe (Abs. [0004]). In den Abs. [0005] – [0007] erläutert das Klagepatent drei weitere Ausführungsformen aus dem Stand der Technik, ohne hieran Kritik zu üben.

Vor diesem Hintergrund bezeichnet es das Klagepatent in Abs. [0008] als seine Aufgabe,

„einen Dichtstreifen der eingangs genannten Art dahingehend weiterzubilden, dass sich bei einer vergleichsweise einfachen Montage eine zuverlässige Befestigung der Endkappe erzielen lässt.“

Diese Aufgabe löst die geltend gemachte Anspruchskombination aus den Ansprüchen 1, 2, 3, 4 und 5 sowie Teilen der Patentbeschreibung, welche sich in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt darstellen lässt:

a) Dichtstreifen für Kraftfahrzeuge (10) zum Abdichten einer Fensterscheibe umfassend:

b) ein als Dichtung ausgestaltetes Trägerprofil (20), das zum Abdichten der Fensterscheibe entlang der Öffnung eines Fensterschachts dient, wobei

b1) das Trägerprofil (20) aus einem elastomeren Werkstoff gefertigt und

b2) durch einen metallenen Träger armiert ist und

b3) einen Endabschnitt (21) aufweist;

c) eine Zierleiste (30), die an dem Trägerprofil (20) befestigt ist und eine Außenfläche (32) und eine dem Trägerprofil zugewandte Innenfläche (31) aufweist;

d) eine Endkappe (40), die an dem Endabschnitt (21) angeordnet ist und einen zwischen dem Trägerprofil (20) und der Innenfläche (31) der Zierleiste (30) vorhandenen Zwischenraum (41) abdeckt;

e) Die Endkappe (40) weist eine Abdeckplatte (42) auf, die den Zwischenraum (41) abdeckt;

f) Die Endkappe (40) weist ein BefestigungsteiI (46) auf, das an der Innenseite (43) der Abdeckplatte (42) angeordnet ist und das sich in den Zwischenraum (41) erstreckt.

g) Das Befestigungsteil (46) ist in dem Zwischenraum (41) verrastet.

h) Die Abdeckplatte (42) ist an die Kontur der Zierleiste (30) angepasst und weist eine Außenseite (44) und eine dem Zwischenraum (41) zugewandte Innenseite (43) auf.

i) Die Endkappe (40) weist wenigstens einen Führungsstift (45) auf, der an der Innenseite (43) der Abdeckplatte (42) angeordnet ist und an der Innenfläche (31) der Zierleiste (30) anliegt und diese abstützt.

j) Die ZierIeiste (30) ist im Querschnitt annähernd C-förmig ausgebildet und mit einer Aussparung (22) versehen

k) Das Befestigungsteil (46) ist im Querschnitt annähernd L-förmig und weist einen ersten Schenkel (47) und einen zweiten Schenkel (51) auf.

l) Der erste Schenkel (47) ist mit einem Rastarm (49) versehen, der zum Verrasten des Befestigungsteils (46) in dem Zwischenraum (41) einen in eine Aussparung (22) eingreifenden Vorsprung (50) aufweist;

l1) die Aussparung (22) ist in einem ersten Abstand (x) von der Innenseite (43) der Abdeckplatte (42) angeordnet;

l2) der Vorsprung (50) ist in einem zweiten Abstand (y) von der Innenseite (43) der Abdeckplatte (42) angeordnet;

l3) zum Erreichen eines Kraftschlusses zwischen Vorsprung (50) und Aussparung (22), der eine an dem Befestigungsteil (46) angreifende Zugkraft hervorruft, welche die Endkappe an das Trägerprofil (20) und die Zierleiste (30) heranzieht, ist der erste Abstand (x) größer als der zweite Abstand (y).

2.
Der Schutzbereich eines Patents wird durch die Ansprüche bestimmt, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung heranzuziehen sind (vgl. § 14 S. 1 PatG bzw. Art. 69 Abs. 1 S. 1 EPÜ). Die Auslegung hat aus Sicht eines Durchschnittsfachmanns im Prioritäts- bzw. Anmeldezeitpunkt zu erfolgen (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl. 2013, Rn. 64). Maßgebend ist der Offenbarungsgehalt der Patentansprüche und ergänzend – im Sinne einer Auslegungshilfe – der Offenbarungsgehalt der Patentschrift, soweit dieser Niederschlag in den Ansprüchen gefunden hat (BGH GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube; GRUR 2004, 1023, 1024 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Hierbei ist nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen, den der Inhalt der Patentschrift dem Fachmann vermittelt. Der Fachmann orientiert sich an dem in der Patentschrift zum Ausdruck gekommenen Zweck eines Merkmals, womit der technische Sinn der in der Patentschrift benutzten Worte und Begriffe – nicht die philologische oder logisch-wissenschaftliche Begriffsbestimmung – entscheidend ist. Die Patentschrift stellt dabei gleichsam ihr eigenes Lexikon dar (BGH GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I; GRUR 1999, 909 – Spannschraube).

Der Fachmann ist hier ein Maschinenbau-Ingenieur mit Hochschulabschluss und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet von Fahrzeugdichtungen.

3.
Das Klagepatent lehrt, den Dichtstreifen, der aus einem als Dichtung ausgestalteten Trägerprofil (Merkmalsgruppe b) und einer Zierleiste (Merkmale c) und j)) besteht, mit einer patentgemäß ausgestalteten Endkappe (Merkmal d)) zu versehen, um den Zwischenraum zwischen Trägerprofil/Dichtung und Zierleiste formschön abzuschließen (Abs. [0010] Sp. 2 Z. 47 – 53). Diese Endkappe besteht aus einer Abdeckplatte (Merkmale e) und h)), einem Befestigungsteil (Merkmale f), g), k) sowie einem Führungsstift (Merkmal i)).

Die Abdeckplatte der Endkappe deckt den Zwischenraum ab, während das Befestigungsteil der Endkappe sich in den Zwischenraum erstreckt (Merkmal f)) und dort verrastet ist (Merkmal g)). Die Verrastung erfolgt dadurch, dass an einem ersten Schenkel des Befestigungsteils ein Rastarm mit einem Vorsprung ausgebildet ist, der in eine Aussparung der Zierleiste eingreift (Merkmal l)).

Dabei dient das Verrasten einerseits dem einfachen Einführen des Befestigungsteils in den Zwischenraum, andererseits der form- und kraftschlüssigen Befestigung des Befestigungsteils (Abs. [0010] Sp. 2 Z. 52 – Sp. 3 Z. 1). Gegenüber dem Stand der Technik vorteilhaft entfällt durch das Verrasten ein zusätzlicher Stoffschluss, was eine einfache Montage sicherstellt (Abs. [0010] Sp. 3 Z. 1 – 6). Ferner wird durch das Verrasten ein als ästhetisch nicht ansprechend empfundener Spalt zwischen Zierleiste und Endkappe vermieden (Abs. [0010] Sp. 3 Z. 9 – 11).

4.
Das Klagepatent ist nicht verletzt, da die angegriffene Ausführungsform jedenfalls von den Merkmalen b) und k) keinen Gebrauch macht.

a)
Merkmal b),

„ein als Dichtung ausgestaltetes Trägerprofil (20), das zum Abdichten der Fensterscheibe entlang der Öffnung eines Fensterschachts dient“,

erfordert ein einheitliches Bauteil, das gleichzeitig Dichtung und Trägeprofil ist.

aa)
Nach dem Anspruchswortlaut dient das Trägerprofil nicht nur als Dichtung, sondern ist als solche ausgestaltet. Bereits der Anspruchswortlaut zeigt, dass dem Trägerprofil eine Doppelfunktion zukommt – es soll zum einen (die Fensterscheibe) abdichten, zum anderen (die Zierleiste) tragen. Mit dem Wortlaut „als Dichtung ausgestaltetes Trägerprofil“ beschreibt der Anspruch eine räumlich-körperliche Vorgabe, denn das Trägerprofil soll eine spezielle Ausgestaltung erfahren, um ebenfalls eine Dichtung darzustellen.

Diese Doppelfunktion wird von den das Trägerprofil näher spezifizierenden Merkmalen b1) und b2) bestätigt:

„b1) das Trägerprofil (20) aus einem elastomeren Werkstoff gefertigt und

b2) durch einen metallenen Träger armiert ist und“.

Diese Merkmale schreiben für das Trägerprofil einerseits einen für Dichtungen üblichen, elastomeren Werkstoff vor, anderseits eine für die Tragefunktion hilfreiche Metallarmierung. Umgekehrt ist eine Armierung durch einen metallenen Träger für die Dichtfunktion, eine Fertigung aus einem elastomeren Werkstoff für die Tragefunktion jeweils nicht förderlich oder gar erforderlich. Die Merkmale b1) und b2) sind also nur sinnvoll, wenn dem Trägerprofil die beschriebene Doppelfunktion zukommt.

Die Ausgestaltung des Trägerprofils als einheitliches, doppelfunktionales Bauteil entspricht auch der patentgemäßen Aufgabe, den Dichtstreifen einfach und kostengünstig herstellen zu können. Diese Aufgabenstellung und deren Lösung durch das als „Dichtung ausgestaltete Trägerprofil“ werden explizit in Abs. [0020] genannt. Hierbei handelt es sich hinsichtlich des Merkmals b) nicht um ein reines Ausführungsbeispiel, sondern um eine allgemeine Beschreibung des Merkmals. Die Lehre, das patentgemäße Trägerprofil als Dichtung auszugestalten, wurde dem geltend gemachten Anspruch aus der Beschreibung in Abs. [0020] hinzugefügt, wo dieses Merkmal allgemein beschrieben ist.

Dass die einfache und kostengünstige Fertigung ein Teil der patentgemäßen Aufgabe ist, ergibt sich ebenfalls aus Abs. [0020]. Dem steht nicht entgegen, dass in der vom Klagepatent in Abs. [0008] explizit genannten Aufgabe eine einfache und kostengünstige Fertigung des Dichtstreifens nicht genannt ist. Die (eigentliche) Aufgabe eines Patents ergibt sich letztlich nicht aus der vom Patent selbst genannten Aufgabe; sie ist vielmehr aus dem zu ermitteln, was die unter Schutz gestellte Lehre tatsächlich leistet (BGH, GRUR 2010, 602 – Gelenkanordnung; GRUR 1991, 811, 813/814 – Falzmaschine; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl. 2013, Rn. 33). Dies gilt insbesondere für Fälle wie dem Vorliegenden, bei dem ein Merkmal aus der Beschreibung dem Anspruch hinzugefügt wurde und dieses daher nicht zwingend zur Lösung der ursprünglich vom Patent genannten Aufgabe beiträgt.

Die gleichzeitige Doppelfunktionalität des Trägerprofils findet sich in der Patentbeschreibung bestätigt. In Abs. [0002] beschreibt das Klagepatent im Zusammenhang mit dem Stand der Technik, dass das Trägerprofil Bestandteil einer Dichtung sein kann. Dem Klagepatent ist daher bewusst, dass es neben der Ausgestaltung des Trägerprofils als Dichtung auch andere Ausführungsformen gibt, bei denen Trägerprofil und Dichtung separate Bauteile sind. Vor diesem Hintergrund versteht der Fachmann den Anspruchswortlaut „als Dichtung ausgestaltetes Trägerprofil“ dahingehend, dass der Anspruch solche Ausgestaltungen gerade nicht erfasst, bei denen Trägerprofil und Dichtung durch zwei Bauteile ausgestaltet sind.

Schließlich findet der Fachmann diese Auslegung darin bestätigt, dass das Klagepatent Trägerprofil und Dichtung mit demselben Bezugszeichen (20) bezeichnet und beide Begriffe auch durchgehend synonym verwendet.

Das Klagepatent verlangt ferner in Merkmal b1), ein Trägerprofil, das aus einem elastomeren Werkstoff gefertigt ist. Wie sich aus Abs. [0020] der Beschreibung ergibt, können dies bevorzugt thermoplastische Elastomere (TPE) sein. Thermoplastische Elastomere sind Kunststoffe, die sich bei Raumtemperatur vergleichbar den klassischen Elastomeren verhalten, sich jedoch unter Wärmezufuhr plastisch verformen lassen und somit auch ein thermoplastisches Verhalten zeigen. Abs. [0020] unterstreicht daher, dass das Trägerprofil aus einem Werkstoff gefertigt sein muss, der elastomere Eigenschaften hat und somit als Dichtung fungieren kann.

bb)
Merkmal b) wird von der angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht. Bei der angegriffenen Ausführungsform ist kein Trägerprofil vorhanden, das als Dichtung ausgestaltet ist. Vielmehr besteht die angegriffene Ausführungsform aus einer Dichtung einerseits und einem Trägerprofil andererseits. Anders als vom Klagepatent vorgeschrieben werden die beiden Funktionen von zwei separaten Bauteilen ausgeübt, die jeweils aus unterschiedlichen Materialien bestehen, klar unterscheidbar sind und erst nachträglich zusammengesetzt werden.

Im Folgenden wird die von den Beklagten beschriftete Querschnittzeichnung der angegriffenen Ausführungsform zur Verdeutlichung erneut eingeblendet:

Die Tragefunktion wird bei der angegriffenen Ausführungsform von einem armierten Trägerprofil aus Polypropylen/Polyethylen (PP/PE) ausgeübt. Dieses Trägerprofil ist nicht als Dichtung ausgestaltet und hat auch keine Dichtfunktion, vielmehr ist es nur mit Dichtlippen verbunden. Das (nicht-patentgemäße) Trägerprofil in der angegriffenen Ausführungsform ist auch nicht aus einem elastomeren Werkstoff, wie es Merkmal b1) verlangt, sondern aus PP/PE. Hierbei handelt es sich entgegen des Vortrages der Beklagten nicht um einen thermoplastischen Elastomer (TPE), sondern um reine Thermoplasten, die keine elastomeren Eigenschaften aufweisen. Die von der Beklagten benannten thermoplastische Elastomere auf Olefinbasis (TPE-O) bestehen nicht ausschließlich aus einem Thermoplast (PP/PE), sondern beispielsweise aus einer Kombination von Polypropylen und dem auch im Klagepatent angesprochenen Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM, Abs. [0020]). Reines PP/PE weist dagegen keine elastomeren Eigenschaften auf und eignet sich auch nicht als Werkstoff für eine Dichtung.

Die Dichtlippen sind zwar aus einem elastomeren Werkstoff und stellen eine Dichtung dar. Sie erfüllen jedoch keine Tragefunktion für die Zierleiste und sind auch nicht durch einen metallenen Träger armiert (Merkmal b2).

b)
Zudem läge auch bei einer unterstellten Verwirklichung von Merkmal b) keine Patentverletzung vor, da Merkmal k),

„Das Befestigungsteil (46) ist im Querschnitt annähernd L-förmig und weist einen ersten Schenkel (47) und einen zweiten Schenkel (51) auf“,

in der angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht ist. Das Befestigungsteil der Endkappe weist nicht zwei Schenkel auf, die einen annähernd L-förmigen Querschnitt bilden.

aa)
Bereits dem Anspruchswortlaut „annähernd L-förmig“ entnimmt der Fachmann, dass beide Schenkel im Wesentlichen senkrecht zu einander stehen müssen. Denn es ist für den Fachmann klar, dass mit einer L-Form eine Anordnung beansprucht ist, bei der wie bei dem Buchstaben L (in Druckschrift) zwei Schenkel in einem Winkel von annähernd 90° zueinander stehen.

Dies wird von der Beschreibung gestützt. Zu der L-Form heißt es in Abs. [0014] Sp. 3 Z. 37 – 41:

„Der sich im Wesentlichen senkrecht zu dem ersten Schenkel erstreckende zweite Schenkel dient vornehmlich dazu das Befestigungsteil in den Zwischenraum zu führen und ein Widerlager für den Rastarm zu bilden.“

Bei dieser Stelle handelt es sich zwar dem Wortlaut von Abs. [0014] nach um eine bevorzugte Ausführungsform. Allerdings ist das Merkmal k) dem Unteranspruch 4 entnommen; in Bezug auf diesen Anspruch stellt Abs. [0014] die allgemeine Beschreibung der L-Form dar.

Dieses Verständnis wird auch von dem im Klagepatent genannten Ausführungsbeispiel gestützt. Nach der Beschreibung in Abs. [0024] Sp. 5 Z. 58 f. zeigt Fig. 2 ein im Querschnitt annähernd L-förmiges Befestigungsteil. In Fig. 2 stehen entsprechend die beiden Schenkel (47 und 51) in einem etwa senkrechten Winkel aufeinander:

Der Fachmann entnimmt der weiteren Beschreibung, dass die Spezifizierung der L-Form in Bezug auf die beiden Schenkel sich bewusst von einer C-Form und einer V-Form abgrenzt. Denn in Abs. [0013] Sp. 3 Z. 21 – 23 ist beschrieben, es habe sich als vorteilhaft erwiesen, wenn die Zierleiste im Querschnitt „annähernd C-förmig oder V-förmig ist“.

Dem Erfordernis, beide Schenkel in einem Winkel von annähernd 90° zueinander anzuordnen, steht nicht entgegen, dass die Funktion des Widerlagers – wie sie im oben zitierten Abs. [0014] zum Ausdruck kommt – auch von einem zweiten Schenkel ausgeführt werden könnte, der in einem anderen als einem im Wesentlichen senkrechten Winkel zum ersten Schenkel steht. Merkmal k) beschreibt eine bestimmte, räumlich-körperliche Ausgestaltung der Schenkel des Befestigungsteils. Eine funktionale Betrachtung darf nicht dazu führen, dass der Inhalt des Merkmals derart auf die Funktion reduziert wird, dass sie nicht mehr mit den räumlich-körperlichen Vorgaben in Einklang zu bringen ist (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl. 2013, Rn. 34).

bb)
In der angegriffenen Ausführungsform ist Merkmal k) nicht verwirklicht. Zwischen den Schenkeln, welche die Klägerin als ersten und zweiten Schenkel ansieht, besteht ein Winkel von ca. 50°. Jedenfalls bei einem solchen Winkel liegt keine patentgemäße, annähernde L-Form mehr vor.

Zur Verdeutlichung wird das von der Klägerin zur Begründung von Merkmal k) verwendete Bild (links, Bl. 110 GA) sowie die von den Beklagten bearbeitete Fassung (rechts, Bl. 148 GA) eingeblendet, aus der sich der nicht L-förmige Querschnitt mit einem Winkel von ca. 50° ergibt:

III.
Auch die neben dem Unterlassungsanspruch geltend gemachten Ansprüche bestehen nicht, da sie alle eine – hier nicht vorliegende – Patentverletzung erfordern.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

De Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

IV.
Der Streitwert wird auf EUR 1.000.000,00 festgesetzt. Der Streitwert ist vom Gericht gemäß § 51 Abs. 1 GKG nach billigem Ermessen festzusetzen. Der Streitwertangabe des Klägers kommt für die Festsetzung regelmäßig besonderes Gewicht bei, es sei denn, es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Angabe ersichtlich zu niedrig oder offensichtlich überhöht ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.04.2010, I-2 W 10/10). Vor dem Hintergrund der angegebenen Verkaufszahlen erscheint der von der Klägerin mit EUR 1,0 Mio. angegebene Streitwert weder offensichtlich zu hoch, noch erkennbar zu niedrig.