4 O 84/00 – Auflaufspulenhalter (Arbeitnehmererf.)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 70

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Januar, 2002, Az. 4 O 84/00

In dem Rechtsstreit wird für Recht erkannt:

I.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit ihren Spannfuttern SW 4S und/oder SW 4R von der Lehre des Klagepatents DE 21 06 493 Gebrauch gemacht hat, indem sie

selbstspannende Auflaufspulenhalter, insbesondere mit Antrieb durch eine Treibwalze und für hohe Aufspulgeschwindigkeiten, unter Anwendung des Freilaufprinzips, bei welchem die Spulenhalterwelle Spannflächen für als Spannelemente dienende Wälzkörper aufweist, wobei die Spulenhalterwelle von einem konzentrisch angeordneten, mit Aussparungen zur Aufnahme der Spannelemente, deren radialen Weg begrenzend, versehen, etwa der Länge der zu spannenden Spulenhülse entsprechenden Korb umgeben ist, dadurch gekennzeichnet, daß eine federnde, den Korb ( 27 ) gegen die Spulenhalterwelle ( 51 ) in das Verspannen bewirkender Drehrichtung belastende Verbindung ( 52; 53 ) und auf den Korb ( 27 ) wirkende, die Umkehrung der Kraftrichtung beim Übergang vom Antrieb Abbremsen verhindernde Bremsmittel ( 43 ) vorgesehen sind;

gewerbsmäßig hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht hat und/oder hat herstellen oder vertreiben lassen und/oder Lizenzen an Dritte vergeben hat und hieraus entgeltliche Vorteile gezogen hat und/oder Einnahmen aus Kauf-oder Austauschverträgen oder sonstige durch die Erfindung erzielte Vermögenswerte erzielt hat.

II. Die Beklagte wird verurteilt,

1. dem Kläger darüber Auskunft zu erteilen, in welcher Art und in welchem Umfang sie und/oder ihr organisatorisch verbundene Unternehmen im In- und Ausland zwischen dem 26.01.1971 und dem 10.02. 1989 die Diensterfindung Bag 718 = DE PS 21 06 493 wie unter Ziff. I. gekennzeichnet, benutzt hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen und –zeiten,

b) der Namen und Anschriften der Abnehmer/Lizenznehmer/Kauf-bzw sonstigen Vertragsparteien der Beklagten;

2. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die sonstige wirtschaftliche Verwertbarkeit im Unternehmen, insbesondere die Behandlung als Vorrats- oder Sperrpatent.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen Bank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand :

Der Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 1. Juli 1970 bis zum 30. September 1991 und zwar zunächst als Entwicklungsingenieur, beschäftigt und hat in dieser Zeit zahlreiche Diensterfindungen für die Beklagte gemacht.

Der Kläger ist Alleinerfinder eines Spannfutters zum Spannen von Hülsen (im folgenden Bag 718), das er am 9. Oktober 1970 der Beklagten als Diensterfindung meldete. Mit Schreiben vom 16. Oktober 1970 bestätigte die Beklagte den Eingang der Erfindungsmeldung (Anlage K1). Am 26. Januar 1971 nahm die Beklagte die Erfindung als Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch. Am 11. Februar 1971 reichte die Beklagte eine Patentanmeldung beim Deutschen Patentamt ein. Sie teilte dies dem Kläger mit Schreiben vom 23. Februar 1971 mit. Am 31. August 1972 erfolgte die Offenlegung der Anmeldungsschrift und am 6. September 1979 die Erteilung des Patentes DE 21 0 6493 ( im folgenden Klagepatent, Anlage K 4). Ende des Jahres 1980 leistete die Beklagte eine Zahlung in Höhe von insgesamt 7.600 DM an den Kläger, wobei 5.500,– DM auf die Diensterfindung Bag 718 entfielen. Hierzu heißt es in einem unter dem 16.12.1979 datierten Brief an den Kläger:

“ …zu den nachgenannten Anmeldungen, deren Erfinder bzw Miterfinder Sie sind, möchten wir Ihnen als Anerkennung und Endzahlung eine Erfindervergütung von 7600,– DM zukommen lassen.“

Anspruch 1 des inzwischen wegen Zeitablaufs erloschenen Klagepatents lautete wie folgt:

Selbstspannender Auflaufspulenhalter, insbesondere mit Antrieb durch eine Treibwalze und für hohe Aufspulgeschwindigkeiten, unter Anwendung des Freilaufprinzips, bei welchem die Spulenhalterwelle Spannflächen für als Spannelemente dienende Wälzkörper aufweist, wobei die Spulenhalterwelle von einem konzentrisch angeordneten, mit Aussparungen zur Aufnahme der Spannelemente, deren radialen Weg begrenzend, versehen, etwa der Länge der zu spannenden Spulenhülse entsprechenden Korb umgeben ist, dadurch gekennzeichnet, daß eine federnde, den Korb ( 27) gegen die Spulenhalterwelle ( 51) in das Verspannen bewirkender Drehrichtung belastende Verbindung ( 52; 53) und auf den Korb ( 27) wirkende, die Umkehrung der Kraftrichtung beim Übergang vom Antrieb zum Abbremsen verhindernde Bremsmittel ( 43) vorgesehen sind.

Im Jahre 1991 schied der Kläger aus den Diensten der Beklagten aus. Im Rahmen eines sich anschließenden Schriftwechsels verlangte der Kläger von der Beklagten eine nachvollziehbare Berechnung der Erfindervergütung für zahlreiche seiner Erfindungen und vertrat die Auffassung, die bisherige Erfindervergütung sei nicht ausreichend gewesen. Hinsichtlich des Klagepatentes teilte die Beklagte ihm daraufhin mit, sie habe dessen Gegenstand nicht benutzt. Nachdem der Kläger festgestellt hatte, daß das Klagepatent über die gesamte Patentlaufzeit von 18 Jahren aufrechterhalten worden und er in den Besitz von Konstruktionszeichnungen eines von der Beklagten produzierten Spannfutters mit der Bezeichnung SW4S gelangt war, wandte sich der Kläger am 18. September 1997 (Anlage K5) erneut an die Patent- und Rechtsanwälte der Beklagten. Mit Schreiben vom 29. September 1997 (Anlage K6) sowie auch mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 28.Dezember 1998 wies die Beklagte jegliche Ansprüche des Klägers erneut mit der Begründung zurück, sie habe den Gegenstand des Klagepatents nicht benutzt.

Am 28. Februar 2000 schlossen die Parteien die als Anlage B 1 überreichte Vereinbarung, in der es u.a. unter Punkt 2 heißt:

„Herr M1xxxxxxxxx behält sich das Recht vor, wegen der Erfindung Bag 718, insbesondere SW 4S-Spannfutter durch Klage gerichtlich feststellen zu lassen, dass die B3xxxx AG mit der Ausführung des Spannfutters, insbesondere bei SW4S bzw SW4R, von der geschützten Lehre des Patents Gebrauch gemacht hat. Herr M4xxxxxxx wird Ansprüche auf Auskunft über die Höhe des Umsatzes nur dann geltend machen, wenn durch rechtskräftiges Urteil festgestellt ist, daß die B3xxxx AG mit der Ausführung des Spannfutters, insbesondere bei SW 4S bzw. SW 4R von der geschützten Lehre des Patents Gebrauch gemacht hat. Sämtliche Ansprüche aus der Erfindung BAG 718, insbesondere SW 4S-Spannfutter verjähren am 31.März 2000, sofern bis dahin nicht die oben genannte Klage erhoben wird“

Mit der von ihm am 27. März 2000 eingereichten und der Beklagten am 5. April 2000 zugestellten Klage hat der Kläger zunächst angekündigt, die Beklagte – im Wege der Stufenklage – auf Auskunft und Rechnungslegung über die von ihr vorgenommen Benutzungshandlungen, insbesondere auch unter Angabe von Lizenzeinnahmen sowie zur wirtschaftlichen Verwertbarkeit des Klagepatents, insbesondere als Sperrpatent, und zur Zahlung einer angemessenen Vergütung in Anspruch nehmen zu wollen.

Im frühen ersten Termin vom 18.Mai 2000 hat der Kläger seinen Antrag umgestellt.

Er beantragt nunmehr, zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen,

Sie hält die Klage für unzulässig. Nach der mit dem Kläger geschlossenen Vereinbarung vom 23. Februar 2000 habe dieser auf die gerichtliche Geltendmachung seiner Ansprüche aus der Erfindung Bag. 718 verzichtet für den Fall, dass bis zum 31.03.2000 keine Feststellungsklage erhoben worden sei. Sinn und Zweck des Stichtages sei es gewesen, bis dahin Klarheit und Planungssicherheit für beide Parteien zu schaffen.

Ferner habe der Kläger auf die gerichtliche Geltendmachung jeglicher Auskunftsansprüche im Hinblick auf die dem Klagepatent zugrunde liegende Erfindung bis zum rechtskräftigen Vorliegen eines Urteils über die Benutzung verzichtet. Die von ihm erhobene Auskunftsklage sei somit bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils über die Benutzung mangels Klagbarkeit unzulässig. Eine Rechnungslegung sei ihr aber auch unzumutbar. Dahingehende Ansprüche seien aufgrund des Zeitablaufs auch verwirkt. Jedenfalls aber seien sämtliche Ansprüche verjährt.

Sie stellt eine Benutzung der Lehre des Klagepatents in Abrede und behauptet hierzu:

Bei den von ihr hergestellten Aufwickelmaschinen handele es sich um Maschinen mit Fremdantrieb in Form eines Treibwalzenantriebs, bei denen Bremsmittel -wie zwischen den Parteien unstreitig ist- nicht auf den Korb sondern auf die Achse des Spulenhalters wirken. Daher werde das Merkmal 4.1 nicht wortsinngemäß verwirklicht. Denn es komme nicht darauf an, dass durch das Abbremsen der Spulenhalterwelle die Aufwickelvorrichtung insgesamt und damit selbstverständlich auch der Korb abgebremst werde. Ein Einwirken der Bremsmittel auf die Spulenhalterwelle werde vom technischen Bedeutungsgehalt des Merkmals 4.1 nicht erfasst. Der Anspruch 1 befasse sich nur mit der einen der beiden Grundformen des Antriebs und des Abbremsens, nämlich des Abbremsens der Aufwickelvorrichtung unmittelbar über den Korb. Das Abbremsen von Aufwickelmaschinen über die Wickelwelle sei zum Prioritätszeitpunkt absolut gängig gewesen. Gegenüber dem Stand der Technik habe dem Klagepatent überhaupt nur deshalb Schutzfähigkeit zuerkannt werden können, weil der Korb als Ansatzpunkt für die darauf wirkenden Bremsmittel beansprucht worden sei.

Mögliche Vergütungsansprüche seien aber auch vollständig abgegolten.

Mit dem Kläger sei eine Pauschalabrede über 5.500,– DM getroffen worden.

Das Schreiben vom 16.12.1980 sei das Ergebnis einer vorausgegangenen intensiven und umfassenden Besprechung zwischen dem Kläger und dem damaligen Leiter der Patentabteilung, dem Zeugen P4xxxxxxx gewesen. Mit der abschließenden Zahlung von 5.500 DM habe sich der Kläger auch durch Unterschriftsleistung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung eines Zeugen P4xxxxxxx. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18.Dezember 2001 ( Bl. 117ff GA) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die geltend gemachten Auskünfte sowie auf die Feststellung, dass die Beklagte von der im Tenor beschriebenen Diensterfindung Gebrauch gemacht hat.

I.1. Die geltend gemachte Auskunftsklage ist zulässig. Die vertragliche Vereinbarung der Parteien vom 28.2.2000 steht der gerichtlichen Geltendmachung nicht entgegen. So haben sich die Parteien unter Ziffer 2. des Vertrages darauf verständigt, dass dem Kläger das Recht vorbehalten bleiben sollte, gerichtlich feststellen zu lassen, dass die Beklagte mit der Ausführung des Spannfutters insbesondere des Typs SW4S von der geschützten Lehre des Streitpatens Gebrauch macht. Zwar sollte dies unter der Einschränkung geschehen, dass sämtliche Ansprüche aus der Erfindung Bag 718 am 31.März 2000 verjähren, sofern bis dahin nicht eine solche Klage erhoben wird. Diese Frist hat der Kläger jedoch eingehalten. Gem. § 253 ZPO wurde die Klage zwar erst mit ihrer Zustellung am 5.4.2000 und damit nach Ablauf der vereinbarten Frist „erhoben“. Da die Erhebung der Klage jedoch der Unterbrechung der von den Parteien vereinbarten Verjährung dienen sollte, ist gemäß § 270 Abs.3 ZPO auf die Einreichung des Klageantrages abzustellen. Denn die Zustellung der Klage ist am 5.4.2000 und damit „demnächst“ im Sinne des § 270 Abs.2 ZPO, nämlich ohne dem Kläger anzulastende Verzögerung erfolgt. Bei Gericht eingereicht wurde die Klage am 27. März 2000 und damit noch vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist.

Dem steht auch nicht entgegen, dass zunächst lediglich eine Auskunfts- und Zahlungsklage angekündigt und die auf die Feststellung der Benutzung gerichtete Feststellungsklage erst im frühen ersten Termin am 18. Mai 2000 erhoben worden ist. Zwar sieht die vertragliche Vereinbarung unter Ziffer 2. vor, dass der Kläger sich das Recht vorbehält, die Benutzung der Erfindung Bag. 718 durch Klage „gerichtlich feststellen zu lassen“. Doch ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger mit der Vereinbarung verpflichtet werden sollte, eine Feststellungsklage zu erheben. Vereinbart ist vielmehr, dass dann, wenn der Kläger keine Klage bis zum 31. März 2000 erhebt, diese künftig ausgeschlossen sein soll. Nach der Interessenlage der Parteien kam es für die Einhaltung der Frist lediglich darauf an, dass überhaupt eine Klage eingereicht wurde, aufgrund der das Gericht eine Entscheidung über die streitige Benutzungsfrage zu treffen hatte, da – wie die Beklagte selber geltend macht- , für beide Parteien ab diesem Zeitpunkt Planungssicherheit bestehen sollte. Ob die gerichtlichen Feststellungen über die Benutzung mit Rechtskraftwirkung oder inzidenter getroffen werden, war dabei ohne Belang.

Die vom Kläger nunmehr erhobene Auskunftsklage ist auch nicht dadurch – zur Zeit – unzulässig, dass die Parteien vereinbart haben, Ansprüche auf Auskunft über die Höhe des Umsatzes erst dann geltend zu machen, wenn durch rechtskräftiges Urteil festgestellt ist, dass die Beklagte von der Lehre des Klagepatentes Gebrauch macht. Denn diese Einschränkung bezieht sich ausdrücklich nur auf Auskünfte über die Höhe des Umsatzes, die der Kläger aber derzeit nicht geltend macht. Weder dem Wortlaut des Vertrages, noch dem Vorbringen der Beklagten lässt sich dagegen entnehmen, dass sämtliche Auskünfte über Benutzungshandlungen ausgeschlossen sein sollten. Hätte sie sämtliche Auskunftsansprüche ausschließen wollen, hätte es an der Beklagten gelegen, dies ausdrücklich in den Vertrag mit aufzunehmen.

2. Der Auskunftsanspruch ist auch in der Sache begründet.

a.) Dem Kläger kann als Arbeitnehmer ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Erfindervergütung nach §§ 9, 12 ArbNErfG zustehen. Die Erfindung ist von ihm als Diensterfindung gemeldet und von der Beklagten nach § 6 fristgerecht als Diensterfindung in Anspruch genommen worden, nämlich innerhalb der 4-Monats-Frist. Die Beklagte hat die Erfindung des Klägers auch benutzt.

Das Klagepatent, dem nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien die Erfindung des Klägers mit der internen Bezeichnung Bag 718 zugrundelag, betrifft einen selbstspannenden Auflaufspulenhalter, wie er vor allem in der Textilindustrie zum Aufwickeln von Fäden auf eine Spule verwendet wird. Die Spule wird hierbei auf eine sog. Spulenhalterwelle gesteckt, die sich mit hoher Umdrehungszahl dreht, wodurch sich der Faden auf der Spule aufwickelt. Hierbei muss die Spule fest auf der Welle sitzen, damit sie sich mit der Welle dreht. Dies geschieht durch Spannelemente, z.b. zylindrische Rollen, die sich in einem Korb der Spulenhalterwelle befinden und dort so in Öffnungen angeordnet sind, dass sie bei der Rotation der Welle durch die Fliehkraft nach außen gedrückt werden. Solche Spulenhalter waren bereits aus der in der Klagepatentschrift behandelten ( Sp 1 Z.67- Sp. 2 Z.16 ) US-PS 25 61 745 (K 9) bekannt. Bei diesem Stand der Technik soll die auf die Hülse beim Anlaufen ausgeübte Rückhaltekraft dafür sorgen, dass sich Korb und Welle relativ zueinander verschieben, wodurch Klemmwirkung eintreten soll. Zwar ist – nach den Ausführungen in der Klagepatentschrift – anzunehmen, dass bei genügend hoher Drehzahl die Rollen nach außen wandern und in Kontakt mit der Hülse treten, worauf dann die Klemmung erfolgt. Die Klagepatentschrift kritisiert jedoch, dass beim Anlaufen selbst und unmittelbar nach dem Anlaufen die Hülse locker auf dem Aufnehmer sitzt und die Konstruktion zudem beim Anhalten der Wickelstelle eine Umkehrung der Kraftrichtung bewirkt, so dass die Klemmwirkung aufgehoben wird; der Wickel kann sich nur frei drehen und ist auch in Längsrichtung nicht mehr festgehalten, was insbesondere bei hohen Aufwickelgeschwindigkeiten und großen Wickelgewichten nicht zugelassen werden kann.

Der Erfindung liegt daher die Aufgabe –das technische Problem- zugrunde, insbesondere für hohe Aufwickelgeschwindigkeiten und vor allem für Hülsen mit geringem Innendurchmesser einen Auflaufspulenhalter zu finden, der ein leichtes Aufstecken der leeren und eine einfache Abnahme der bewickelten Hülse sowie eine genaue Zentrierung der Spulenhülse gewährleistet, Sicherheit gegen ein Abwandern der Hülse in Richtung der Aufnehmerwellenachse bietet und insbesondere beim Anlaufen und Abbremsen der Spulstelle ein sicheres Festhalten der Hülse bzw. des Wickels gewährleistet (Sp2 Z.17- 27).

Zur Lösung des Problems wird in Anspruch 1 des Klagepatentes folgende technische Lehre vorgeschlagen:

1. Selbstspannende Auflaufspulenhalter,

1.1 insbesondere

1.1.1. mit Antrieb durch eine Treibwalze und

1.1.2 für hohe Aufspulgeschwindigkeiten,

2. die Spulenhalterwelle

2.1 weist Spannflächen für als Spannelemente dienende Wälzkörper auf und

2.2 ist von einem konzentrisch angeordneten Korb umgeben,

2.2.1 der mit Aussparungen zur Aufnahme der Spannelemente, deren radialen Weg begrenzend, versehen ist und

2.2.2 etwa der Länge der zu spannenden Spulenhülse entspricht.

3. Es ist eine federnde Verbindung ( 52; 53 ) vorgesehen,

3.1 die den Korb gegen die Spulenhalterwelle ( 51 ) belastet,

3.2 und zwar in das Verspannen bewirkender Drehrichtung

4. es sind Bremsmittel (43) vorgesehen,

4.1 die auf den Korb ( 27 ) wirken und

4.2 die Umkehrung der Kraftrichtung beim Übergang vom Antrieb zum Abbremsen verhindern

Von dieser technischen Lehre hat die Aufwickelmaschine der Beklagten Gebrauch gemacht. Dies ist hinsichtlich der Merkmale 1 –3 zwischen den Parteien unstreitig und bedarf keiner weiteren Ausführungen. Unstreitig ist zwischen den Parteien auch, dass die Aufwickelmaschine der Beklagten einen Fremdantrieb in Form eines Treibwalzenantriebs besitzt, bei dem die Bremsmittel nicht – wie Merkmal 4.1 vorsieht – auf den Korb, sondern auf die Achse des Spulenhalters wirkt. Eine wortsinngemäße Benutzung liegt demnach nicht vor. Die Vorrichtung der Beklagten verwirklicht dieses Merkmal jedoch in äquivalenter Form.

So kann eine Benutzung der Erfindung auch dann vorliegen, wenn eine vom Sinngehalt der Patentansprüche abweichende Ausführung zur Beurteilung steht, der Fachmann aber auf Grund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen beschriebenen Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse zur Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems als gleichwirkend auffinden konnte ( BGH, GRUR 1989, 903, 904- Batteriekastenschnur). Ein in diesem Sinne äquivalentes, in den Schutzbereich des Klagepatentes fallendes Mittel stellt die Abbremsung über die Welle selbst dar.

Wie dem Fachmann geläufig ist und aus der Klagepatentschrift hervorgeht, gibt es zwei verschiedene Arten des Antriebs; einmal wird die Spulenhalterwelle direkt angetrieben, das andere Mal erfolgt der Antrieb über einen Fremd- bzw. Treibwalzenantrieb. Aus der Formulierung des Anspruchs 1 geht hervor, dass sowohl der Fremdantrieb durch eine Treibwalze ( „insbesondere“) wie auch der Direktantrieb von der technischen Lehre des Klagepatents erfasst werden. Aus der Beschreibung ( Sp.3 Z.6- 18) folgt darüber hinaus, dass je nach Wahl der Antriebsart die Abbremsung entweder mit Einwirkung auf die Spulenhalterwelle selbst oder mit Einwirkung auf den Korb erfolgt und die richtige Abbremsart in Abhängigkeit von der Wahl des Antriebs erfolgen muss. So entnimmt der Fachmann der Patentschrift unmittelbar, dass bei Verwendung des erfindungsgemäßen Auflaufspulenhalters bei Fremd- bzw. Treibwalzenantrieb die erfindungsgemäß vorgesehene Bedingung einer Beibehaltung der relativen Kraftwirkung zwischen Hülse und Spulenhalterwelle bei allen Betriebszuständen durch Abbremsen über die Spulenhalterwelle zu erfüllen ist, während bei Verwendung des erfindungsgemäßen Spulenhalters an direkt angetriebenen Spulenhalterwellen zweckmäßigerweise so vorgegangen wird, dass der die Spannelemente aufnehmende Korb abgebremst werden kann ( Sp. 3 Z. 6-18). Unter diesen Umständen steht für den Fachmann nichts im Wege, bei Fremd- bzw. Treibwalzenantrieb die Abbremsung nicht – wie gefordert – über den Korb, sondern über die Welle durchzuführen und dies als gleichwirkendes Mittel aufzufinden.

Auch der Formstein-Einwand der Beklagten greift nicht. Insbesondere die hierfür herangezogene CH 528 605 ( B 4 ) zeigt nicht sämtliche kennzeichnenden Merkmale des erfindungsgemäßen Hauptanspruches. So ist insbesondere keine federnde Verbindung im Sinne des Merkmales 3 offenbart .

Da dem Kläger demgemäß ein Anspruch auf Arbeitnehmererfindervergütung zustehen kann, er diesen jedoch mangels Rechnungslegung der Beklagten ohne eigenes Verschulden bislang nicht beziffern kann, stehen ihm gegen die Beklagte die geltend gemachten Auskunftsansprüche zu, § 242 BGB.

Die Erteilung der begehrten Auskunft ist der Beklagten nicht unzumutbar. Zum einen belegt die Vorlage der Anlage B2, dass der Beklagten sehr wohl Angaben möglich und zuzumuten ist. Zum anderen weiß sie seit 1993, dass der Kläger beabsichtigt, seine Ansprüche notfalls auch gerichtlich durchzusetzen und konnte sich hierauf einrichten. Sie kann sich auch von daher nicht auf übliche steuerliche bzw. buchhalterische Aufbewahrungspflichten von 10 Jahren berufen.

Der Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Erfindervergütung ist auch nicht durch die Vereinbarung einer endgültigen, jede darüber hinausgehende Vergütung ausschließenden Pauschalvergütung und deren Auszahlung untergegangen.

Eine solche Pauschalvergütungsabrede ist zwar grundsätzlich zulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (unveröffentlicht 4 O 139/95) liegt eine Pauschalabrede nur dann vor, wenn sie eindeutig ist und dem Arbeitnehmerfinder deutlich macht, ob und in welchem Umfang etwaige weitergehende Vergütungsansprüche mit abgegolten sein sollen.

An einer Pauschalvergütungsregelung fehlt es dagegen dann, wenn sich die Parteien keine Vorstellungen über die Grundlagen der Vergütungsberechnung und über die Spannbreite nach oben oder unten gemacht haben.

Dass sie sich mit dem Kläger über eine Erfindervergütung für die Zeit nach dem 16. Dezember 1980 geeinigt haben will, macht die Beklagte schon nicht hinreichend ausdrücklich geltend, wird aber auch jedenfalls vom Zeugen P4xxxxxxx nicht bestätigt. Von einer solchen Vereinbarung ist aber auch für die Zeit bis zum 16. Dezember 1980 nicht auszugehen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte die Kammer nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass eine von der Beklagten behauptete, für die Vergangenheit abschließende Pauschalvergütungsvereinbarung zwischen dem Kläger und dem für die Beklagte handelnden Zeugen P4xxxxxxx zustandegekommen ist

Das vom Kläger unterzeichnete Schreiben der Beklagten vom 16. Dezember 1980 läßt einen eindeutigen Rückschluss auf eine vorangegangene Pauschalvergütungsabrede zwischen den Parteien nicht zu. Zwar heißt es dort, daß die Beklagte dem Kläger „zu den nachgenannten Anmeldungen als Anerkennung und Endzahlung eine Erfindervergütung von 7.600,–DM zukommen lassen will“. Doch nimmt das Schreiben weder auf eine vorangegangene Besprechung Bezug, noch läßt es erkennen, ob der Verfasser eine vertraglich vereinbarte abschließende Vergütung für die Jahre bis einschließlich 1980 bestätigen oder nur eine Erfindervergütung in Form einer freiwillig in Anerkennung der geleisteten Dienste gezahlten Gratifikation (z.B. Weihnachtsgratifikation) gewähren will. Gegen die Behauptung der Beklagten, dass mit der im Schreiben vom 16.12.1980 bezeichneten „Endzahlung“ die Bestätigung einer vorab vereinbarten Pauschalabfindung gemeint gewesen sei, spricht aber bereits, dass auch in weiteren Fällen „Endzahlungen“ in Verbindung mit gleichlautenden Schreiben geleistet wurden und dennoch im Nachhinein eine „Nachvergütung“ erfolgt ist, wie z.B. hinsichtlich der Bag 936 entsprechend den Anlagen K 12, K 13, ohne dass hierbei auf eine angeblich zuvor geleistete Endzahlung Bezug genommen wurde. Gegen die Annahme, es sei im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 16.12.1980 zu einer abschließenden Vereinbarung gekommen, spricht auch, dass eine solche Vereinbarung oder das Schreiben vom 16.12.1980 weder im vorprozessualen Schriftverkehr noch in der Vereinbarung vom 28.2.2000 Erwähnung gefunden haben. Dies aber hätte nahe gelegen, da nach einer solchen Vereinbarung von vorneherein nur noch Ansprüche für die Zeit nach 1980 in Betracht gekommen wären. Die Erklärungen des Zeugen P4xxxxxxx, dass man sich lediglich auf fehlende Benutzung berufen habe, um auf jeden Fall Auskunftsansprüche zu vermeiden, ist nicht überzeugend. Denn gerade dann, wenn die Arbeitnehmererfindervergütung für die Zeit vor 1980 bereits verbindlich geregelt worden wäre, wären Auskunftsansprüche für diese weit zurückliegende Zeit, hinsichtlich derer Auskünfte mit erhöhten Schwierigkeiten verbunden gewesen wären, nicht mehr in Betracht gekommen.

Dass man es sich mit dem Kläger nicht verderben wollte, konnte bei Abschluss des Vertrages vom 28.2.2000 auch kein entscheidendes Argument mehr gewesen sein.

Davon, dass dem Schreiben dennoch eine eingehende Erörterung und ausdrückliche Vereinbarung des Klägers mit dem Zeugen P4xxxxxxx über eine abschließende Vergütung für die Vergangenheit vorangegangen ist, ist die Kammer auch nach der Vernehmung des Zeugen P4xxxxxxx nicht hinreichend überzeugt.

Zwar konnte sich der Zeuge P4xxxxxxx, der sich nach seinen eigenen Angaben im Verlaufe seiner 30 Dienstjahre bei der Beklagten als Leiter der Patentabteilung mit einer Vielzahl von Arbeitnehmererfindern und Arbeitnehmererfindungen zu befassen hatte, bei seiner Vernehmung im Dezember 2001 auch ohne Rückgriff auf eine Gesprächsnotiz noch an ein Gespräch mit dem Kläger über die das Hülsenspannfutter betreffende Erfindung sowie daran erinnern, dass dieses Gespräch einige Tage, vielleicht aber auch Wochen vor dem 16. Dezember 1980 stattgefunden haben soll. In diesem Gespräch, so meinte sich der Zeuge zu erinnern, sei auch ausdrücklich darüber gesprochen worden, dass die Erfindervergütungsansprüche des Klägers für die Vergangenheit mit dem Betrag von 5.500 DM abgegolten sein sollten. Bereits aufgrund des Zeitablaufs bestehen jedoch erhebliche Bedenken, ob das in der Erinnerung des Zeugen befindliche Gespräch mit dem konkreten Inhalt tatsächlich stattgefunden hat, oder er sich nicht vielmehr im Verlaufe der langjährigen und umfangreichen Erörterungen mit dem Kläger aufgrund des in den Akten befindlichen Schreibens und der Liste mit den festgesetzten Beträgen im Laufe der Zeit die Überzeugung gebildet hat, ein solches Gespräch mit diesem Inhalt müsse stattgefunden haben. Hierfür spricht, dass der Zeuge zwar ausführte, sich an das konkrete Gespräch erinnern zu können, weil es ein unangenehmes Gespräch gewesen sei. Der Grund hierfür, nämlich dass der Kläger einerseits ein angesehener Mitarbeiter war, den es durch zu niedrige Erfindervergütungen nicht zu verärgern galt, und dass der Vorstand andererseits sehr sparsam war, trifft aber ganz allgemein auf die Situation bei der Bewertung der vom Kläger stammenden Erfindungen zu und gilt gegebenenfalls auch für anderer Mitarbeiter, so dass Gespräche mit Arbeitnehmererfindern über den Wert ihrer Erfindungen durchweg schwierig gewesen sein dürften und dies allein kein Grund sein kann, sich an sie auch über 20 Jahre später mit hinreichender Zuverlässigkeit zu erinnern. An Details des Gespräches, die so außergewöhnlich waren, dass sie ein derart langes Erinnerungsvermögen erklären könnten, konnte sich der Zeuge dagegen nicht erinnern. Auch seine Ausführungen, man habe ausdrücklich darüber gesprochen, dass mit dem genannten Vergütungsbetrag von 5.500 DM die Ansprüche für die Vergangenheit bis einschließlich 1980 abgegolten sein sollten, gründet der Zeuge nicht auf eine konkrete Erinnerung an das Gespräch, sondern auf Plausibilitätserwägungen, nämlich darauf, dass zum damaligen Zeitpunkt die betreffende Erfindung bereits aus der Serienfertigung herausgenommen war und auch nicht wieder in die Serienfertigung aufgenommen werden würde. Von daher sei klar gewesen, dass eine abschließende Vergütung gezahlt werden sollte. Dass und warum man darüber dennoch ausdrücklich gesprochen haben will, konnte der Zeuge nicht mit weiteren Details anreichern.

Der Vergütungsanspruch des Klägers ist auch weder verjährt noch verwirkt. Er unterliegt der 30jährigen Verjährungsfrist.

Vergütungsansprüche sind auch nicht verwirkt. Zwar ist der Kläger bereits 1991 bei der Beklagten ausgeschieden, so daß mindestens 10 Jahre vergangen sind. Die Parteien verhandeln aber jedenfalls seit 1993 miteinander, weshalb es sowohl am Umstandsmoment als auch am Zeitmoment fehlt.

II. Darüber hinaus steht dem Kläger auch ein Anspruch darauf zu, dass die zu I. erörterte Benutzung der Diensterfindung durch die Beklagte gesondert festgestellt wird.

Die Geltendmachung der sog. Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs.2 ZPO neben der Auskunftsklage ist auch ohne gesondertes Feststellungsinteresse zulässig. An seine Stelle tritt die Vorgreiflichkeit, das heißt von dem Bestehen oder Nichtbestehen des streitigen Rechtsverhältnisses muß die Entscheidung des Rechtsstreites ganz oder teilweise abhängen. Dies ist hinsichtlich der Benutzungsfrage für den Auskunftsanspruch der Fall. Die im Rahmen der Auskunftsklage zu treffende Entscheidung über die Benutzung der Erfindung erfährt bei der Auskunftsklage nur begrenzte Rechtskraft, das heißt, die Feststellungen des Gerichts zur Frage der Benutzung entfalten im Hinblick auf den Leistungsanspruch keine Rechtskraftwirkung und begründet damit die Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage. Wie sich aus den Ausführungen zum Auskunftsanspruch ergibt, ist diese auch begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Streitwert: 50.000,00 Euro.