2 U 61/00 – Ortsnetzschaltanlage

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 140 

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Januar 2002, Az. 2 U 61/00 

Die Berufung der Beklagten gegen das am 21. März 2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düssel-
dorf wird zurückgewiesen.

Die Beklage hat auch die Kosten der Berufungsinstanz zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 22.63,94 (= DM 51.02) abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten dürfen auch durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder
durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren bewirkt werden, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz und die Beschwer der Beklagten betragen Euro 22.63,94 (= DM 51.02).

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 36 06 770, welches auf eine Anmelderbeschwerde hin durch Beschluss des Bundespatentgerichts vom 23. Juli 1991 hin erteilt worden ist (vgl. Anlage 2). Auf einen Einspruch der A1 Patent GmbH hin ist es im Einspruchsbeschwerdeverfahren mit Beschluß des Bundespatentgerichts vom 18. September 1996 beschränkt aufrechterhalten worden (vgl. Anlage 3), und zwar mit dem sich aus der Patentschrift gemäß Anlage 1 ergebenden Inhalt (nachfolgend Klagepatent bzw. Klagepatentschrift). – Die Beklagte hat im Juli 2000 Nichtigkeitsklage betreffend das Klagepatent erhoben (vgl. Anlage ROP 9), die durch Urteil des Bundespatentgerichts vom 4. Oktober 2001 (Anlage K 22) abgewiesen worden ist (vgl. Anlage K 22). Dagegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2001 beim Bundesgerichtshof Berufung eingelegt.

Das Klagepatent beruht auf einer Anmeldung vom 1. März 1986, die am 3. September 1987 offengelegt worden ist. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 27. August 1992 und der des geänderten Patents der 4. September 1997. Das Klagepatent steht in Kraft.

Der Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:

Gasisolierte gekapselte Mittelspannungs-Ortsnetzschaltanlage bestehend aus mehreren Schaltfeldern in einer gemeinsamen Gasfüllung im wesentlichen mit Lasttrennschaltern, Antriebselementen, Sammelschienen und angeschlossenen Leitungen, denen Erdungsschalter zugeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, daß zumindest alle diejenigen Erdungsschalter (5), die den einspeisenden Leitungen (6,7,8) zugeordnet sind, vorgespannte Kraftspeicherantriebe (10) mit einer gemeinsamen, mit mindestens einem nachgiebigen Abschnitt (12) der Kapselung verbundenen Auslöseeinrichtung (11,12,13,14) besitzen.

Die nachfolgend verkleinert wiedergebenen Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift zeigen in Form einer prinzipmäßigen Zeichnung ein Ausführungsbeispiel nach der Erfindung, wobei Figur 1 eine Schaltanlage in Vorderansicht mit ausge-schalteten Erdungsschaltern und Figur 2 eine Schaltanlage gemäß Figur 1 nach einem Störlichtbogen mit eingeschalteten Erdungsschaltern zeigt.

Die Beklagte vertreibt gasisolierte gekapselte Mittelspannungs-Ortsnetzschalt-anlagen, die aus mehreren Schaltfeldern in einer gemeinsamen Gasfüllung bestehen und einen Störlichtbogenbegrenzer aufweisen. Die insoweit mit der Klage als die Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents verwirklichend angegriffene Schaltanlage der Beklagten ergibt sich aus den Anlagen 11, 12 sowie 15 bis 20 und B 1, aus denen die nachstehend wiedergegebenen Darstellungen entnommen sind.

Die Klägerin hat geltend gemacht, daß die Beklagte mit dem Vertrieb der zuvor dargestellten Schaltanlage ihre Rechte aus dem Klagepatent verletze. Diese Schaltanlage verwirkliche den Patentanspruch 1 des Klagepatents nämlich unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz (vgl. Klageschrift Seite 7 oben/Bl. 7 GA). Bei der angegriffenen Ausführungsform sei an der Kapselung ein Druckanstiegsfühler angeordnet, der einen Kolben besitze, der ein Verbindungsglied trage, das auf das gemeinsame Auslösegestänge einwirke. Bei einem Anstieg des Druckes in dem gasgefüllten Raum zufolge des Entstehens eines Störlichtbogens werde der Kolben, der im Sinne des Merkmals 4 der Erfindung, welches besage, daß die Auslöseeinrichtung mit mindestens einem nachgiebigen Abschnitt der Kapselung verbunden sei, als nachgiebiger Abschnitt ausgestaltet sei, in die Druckdose hineingedrückt und dadurch über das Verbindungsglied derart auf das Gestänge eingewirkt, daß die Kraftspeicherantriebe (Federn) entspannten und dadurch die Erdungsschalter schlagartig eingeschaltet würden. Wie der erfindungsgemäße „nachgiebige Abschnitt der Kapselung“ diene die Druckdose als Sensor, der den Druckanstieg in dem mit Gas gefüllten Raum in der Weise detektiere, daß ein bewegliches Teil unter dem anwachsenden Druck nachgebe und durch seine Bewegung die gemeinsame Auslöseeinrichtung betätige. Dem Fachmann habe ein solcher Detektor auch aus dem Stand der Technik zur Verfügung gestanden, der als DE-OS 31 31 47 (Anlage 13) in der Klagepatentschrift erwähnt sei.

Die Beklagte hat erstinstanzlich ausschließlich die Verwirklichung des Merkmals 4 der Erfindung in Abrede gestellt und geltend gemacht, für die Lehre des Klagepatents sei es maßgeblich, daß das zur Betätigung der Erdungsschalter vorgesehene Auslösegestänge bei einem Störlichtbogen von einem expandierenden „Kapselungsabschnitt“ betätigt werde und der Einsatz eines gesonderten Drucksensors vermieden werde. Die angegriffene Ausführungsform bediene sich jedoch eines von der Kapselung getrennten, separat angeordneten Druckanstiegfühlers in Form einer Druckdose.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil in der Sache antragsgemäß wie folgt erkannt:

I.
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen, gasisolierte gekapselte Mittelspannungs-Ortsnetzschaltanlagen bestehend aus mehreren Schaltfeldern in einer gemeinsamen Gasfüllung im wesentlichen mit Lasttrennschaltern, Antriebselementen, Sammelschienen und angeschlossenen Leitungen, denen Erdungsschalter zugeordnet sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei denen zumindest alle diejenigen Erdungsschalter, die den einspeisenden Leitungen zugeordnet sind, vorgespannte Kraftspeicherantriebe mit einer gemeinsamen, mit mindestens einem nachgiebigen Abschnitt einer Einrichtung zur Druckanstiegserfasssung verbundenen Auslöseeinrichtung besitzen,

2.
der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Um- fang die Beklagte die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 27. September 1992 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen, Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen, Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbe- trägern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüssel- ten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit ver- pflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu der Ziffer I.1. bezeichneten und seit dem 27. September 1992 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, daß die angegriffene Ausführungsform die Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatentes verwirkliche. Die Merkmale 1 bis 3 seien wortsinngemäß verwirklicht, was von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt werde. Das Merkmal 4 sei zwar nicht wortsinngemäß verwirklicht, doch die insoweit gewählte abweichende Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform sei der erfindungsgemäßen Gestaltung patentrechtlich äquivalent.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz wiederholen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen und ergänzen es.

Die Beklagte macht nunmehr nicht nur geltend, daß bei der angegriffenen Ausführungsform das Merkmal 4 nicht verwirklicht sei, sondern dort auch das Merkmal 1 d fehle, wonach u.a. den angeschlossenen Leitungen (6 – 8) Erdungsschalter zugeordnet seien. Erdungsschalter im Sinne dieses Merkmals und der erfindungsgemäßen Lehre seien solche Schalter, die zum Beispiel zu Reparaturzwecken ohnehin vorhanden seien und mit denen die einspeisenden Leitungen der Schaltanlage geerdet werden könnten und die gleichzeitig als Kurzschlußschalter für die Lichtbogenbegrenzung dienten (vgl. Vorbringen auf Seite 9 der Berufungsbegründung vom 13. Juli 2000 – Bl. 127 GA), wobei überdies der Gebrauch des Plurals bezüglich der Kraftspeicherantriebe in dem Patentanspruch 1 zeige, daß jedem Schalter ein eigener Kraftspeicherantrieb zugeordnet sein müsse (vgl.a.a.0.). Die angegriffene Ausführungsform besitze zwar auch Erdungsschalter, die den Lasttrennschaltern räumlich zugeordnet seien, doch handele es sich dabei nicht um die Schalter, die mit dem Lichtbogenbegrenzer in einem Wirkzusammenhang stünden (vgl. Seite 16 der Berufungsbegründung vom 13. Juli 2000 – Bl. 134 GA). Die erwähnten Erdungsschalter hätten nur die Aufgabe, die Leitungen zu erden, nicht aber die Aufgabe, die einspeisenden Leitungen im Falle eines Lichtbogens kurzzuschließen. – Im übrigen sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig, so daß im Hinblick auf die inzwischen erhobene Nichtigkeitsklage zumindest eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits veranlaßt sei.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise,
den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung der von ihr eingereichten Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 21. März 2000 und den Aussetzungsantrag der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verweist hinsichtlich der Verwirklichung des Merkmals 4 im Wege der Äquivalenz durch die angegriffene Ausführungsform im wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil und macht überdies geltend, die patentgemäßen Erdungsschalter dienten dazu, die einspeisenden Leitungen kurzzuschließen, wenn Störlichtbögen aufträten. Dies könne durch die ohnehin vorhandenen Erdungsschalter geschehen, aber auch durch zusätzliche Erdungsschalter. Dies lasse der Anspruch offen. Nach der erfindungsgemäßen Lehre solle für alle den einspeisenden Leitungen zugeordneten Erdungsschalter, und zwar ganz gleich, ob es sich um ohnehin vorhandene Erdungsschalter handele oder zum Zwecke der Störlichtbogenunterdrückung zusätzlich vorgesehene Erdungsschalter, eine gemeinsame Auslöseeinrichtung vorhanden sein. Soweit die Klagepatentschrift davon spreche, daß die Erdungsschalter als Kurzschlußeinrichtung dienten, könne diese Doppelfunktion sowohl von den ohnehin vorhandenen Erdungsschaltern als auch von zusätzlichen Erdungsschaltern erfüllt werden. Entscheidend für die Lehre des Klagepatents sei, daß im Störlichtbogenfall sämtliche (ob ohnehin vorhandene oder zusätzliche) Erdungsschalter betätigt würden. Die angegriffene Ausführungsform habe mit den in ihrer Anlage 12 mit der Bezugsziffer 5 gekennzeichneten Schaltern Erdungsschalter im Sinne der Erfindung, die den jeweiligen Leitungen zugeordnet seien und Erdungsfunktion hätten. Auf eine von der Beklagten angesprochene Erdungsfunktion „im Sinne der allgemeinen Vorschriften“ komme es im vorliegenden Zusammenhang der Lichtbogenunterdrückung nicht an. Separate Kraftspeicherantriebe für die einzelnen Erdungsschalter verlange das Klagepatent nicht. Es komme nur darauf an, daß alle Erdungsschalter über einen (jeweils einzelnen oder gemeinsamen) Antrieb verfügten, der ihre Betätigung im Störlichtbogenfall ermögliche. Eine Aussetzung sei angesichts des die Nichtigkeitsklage abweisenden Urteils des Bundespatentgerichts nicht gerechtfertigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist sachlich nicht gerechtfertigt. Die von ihr vertriebene und mit der Klage angegriffene gasisolierte gekapselte Mittelspannungs-Ortsnetzschaltanlage macht von der Lehre des Patenanspruches 1 des Klagepatents Gebrauch, wenn auch nicht in vollem Umfang wortsinngemäß, so doch, soweit vom Wortsinn abgewichen worden ist, mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln. – Eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreites wegen der anhängigen Nichtigkeitsklage kam nicht in Betracht, da angesichts der mit einer überzeugenden Begründung erfolgten Abweisung der Nichtigkeitsklage der Beklagten durch Urteil des Bundespatentgerichts vom 4. Oktober 2001 (Anlage K 22) der bisher nicht begründeten Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil keine hohe Erfolgsaussicht beigemessen werden kann.

I.
Das Klagepatent betrifft nach Spalte 1, Zeilen 3,4 der Klagepatentschrift eine Schaltanlage gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruches 1, was bedeutet, daß es eine Schaltanlage betrifft, die merkmalsmäßig gegliedert sich wie folgt darstellt:

1. Gasisolierte, gekapselte Mittelspannungs-Ortsnetzschaltanlage, bestehend aus

a) mehreren Schaltfeldern, die

b) in einer gemeinsamen Gasfüllung angeordnet sind und

c) im wesentlichen Lasttrennschalter, Antriebselemente, Sammelschienen und angeschlossene Leitungen aufweisen, denen

d) Erdungsschalter zugeordnet sind.

Bei solchen im Stand der Technik bekannten Anlagen besteht die Isoliergasfüllung häufig aus Schwefelhexafluorid. Auch bei diesen Anlagen lassen sich Spannungsüberschläge , die einen Störlichtbogen entstehen lassen, nie ganz vermeiden. Ein derartiger Störlichtbogen bewirkt, wie der Durchschnittsfachmann weiß, einen raschen Temperaturanstieg des Isoliergases und einen entsprechenden Überdruck, der ausgeglichen werden muß. Ein Druckausgleich durch Ermöglichen des Austritts von Gas aus mit Schwefelhexafluorid gefüllten Anlagen befriedigt nicht, weil dann auch durch den Störlichtbogen erzeugte Zersetzungsprodukte freigesetzt werden, was aus Sicherheitsgründen unerwünscht ist (vgl. Spalte 1, Zeilen 5 bis 12 der Klagepatentschrift).

Dem Klagepatent liegt daher das technische Problem zugrunde, eine Schaltanlage der angegebenen Art, also mit den vorgenannten Merkmalen 1. a) – d), so auszubilden, daß eventuell entstehende Zersetzungsprodukte möglichst nicht aus der Schaltanlage austreten und daß die Menge der entstehenden Zersetzungsprodukte möglichst gering bleibt (vgl. Spalte 1, Zeilen 13 bis 18).

Diese Aufgabe wird nach Spalte 1, Zeilen 19, 20 durch die Merkmale des Patentanspruches 1 gelöst, d. h. durch eine Anlage, die neben den oben genannten Merkmalen 1. a) – d) folgende weitere Merkmale aufweist:

2. Zumindest alle diejenigen Erdungsschalter (5), die den einspei-
senden Leitungen (6,7,8) zugeordnet sind, besitzen vorgenannte
Kraftspeicherantriebe (10).

3. Die vorgenannten Kraftspeicherantriebe (10) besitzen eine ge-
meinsame Auslöseeinrichtung (11,12,13,14).

4. Die Auslöseeinrichtung (11,12,13,14) ist mit mindestens einem
nachgiebigen Abschnitt (12) der Kapselung verbunden.

Kern der Erfindung ist die gemeinsame Auslöseeinrichtung gemäß Merkmal 3, die über vorgespannte Kraftspeicherantriebe im Störfall das Einschalten aller Erdungsschalter bewirkt, so daß unabhängig vom Ort des Lichtbogens die Energieeinspeisung in jedem Fall sicher unterbrochen wird (vgl. Spalte 1, Zeilen 25 bis 29 der Klagepatentschrift).

Von der gemeinsamen Auslöseeinrichtung beeinflußt sind diejenigen Erdungs-schalter, die den einspeisenden Leitungen zugeordnet sind. Ob es sich dabei um solche Erdungsschalter handelt, die ohnehin als vorhanden vorausgesetzt werden, oder ob zusätzliche Erdungsschalter genommen werden, die die patentgemäße Funktion der Unterdrückung des Störlichtbogens im Bereich der einspeisenden Leitungen erfüllen, überläßt der Patentanspruch 1 dem Belieben des Durchschnittsfachmanns. Die Darstellung in Spalte 1, Zeilen 20, 21 der Klagepatentschrift, die Erdungsschalter dienten gleichzeitig als Kurzschließeinrichtung, ist nur ein Hinweis auf die Doppelfunktion von Erdungsschaltern (Kurzschließen und Erden), wobei im konkreten Fall die Funktion des Kurzschließens von Interesse ist.

Soweit Patentanspruch 1 in den Merkmalen 2 und 3 von „Kraftspeicherantrieben“ spricht, deutet dies zunächst auf eine Mehrheit dieser Vorrichtungsteile hin. Daß jedem einzelnen Erdungsschalter ein gesonderter Kraftspeicherantrieb zugeordnet werden soll, sagt der Patentanspruch 1 des Klagepatents dagegen nicht. Der Durchschnittsfachmann erkennt, daß eine solche in den Zeichnungen dargestellte Zuordnung eine Besonderheit des Ausführungsbeispiels darstellt. Nach dem technischen Sinn der Kraftspeicherantriebe kommt es nur darauf an, daß alle Erdungsschalter so mit einem Kraftspeicherantrieb verbunden sind, daß die gemeinsame Auslöseeinrichtung in der Lage ist, bei Auftreten eines Störlichtbogen-druckes sämtliche Erdungsschalter einzuschalten. Der Plural „Kraftspeicherantriebe“ bezeichnet daher nach dem Verständnis des Durchschnittsfachmanns nur eine Gattung; es ist jedoch seinem Belieben überlassen, wieviele Kraftspeicherantriebseinheiten er – gegebenenfalls in Abhängigkeit von der Zahl der Schaltfelder und der einspeisenden Leitungen, die vom Anspruch 1 auch nicht vorgegeben wird – vorsieht und wie er diese im einzelnen ausgestaltet. Daß bei der in den Figuren der Klagepatentschrift dargestellten Ausführungsform der Erfindung der einzelne Kraftspeicherantrieb mit einer Handhabe und/oder einem Gestänge versehen ist, stellt lediglich eine Besonderheit dieses Ausführungsbeispiels der Erfindung dar.

Gemäß Merkmal 4 ist die Auslöseeinrichtung mit mindestens einem nachgiebigen Abschnitt der Kapselung verbunden. Klar ist damit für den Durchschnittsfachmann, daß der Abschnitt nach dem Wortsinn des Anspruchs 1 Bestandteil der Kapselung selbst ist. Wie die Verbindung zwischen Auslöseeinrichtung und nachgiebigem Abschnitt im einzelnen und konkret beschaffen ist, sagt Anspruch 1 nicht. Aufgezeigt wird in den Merkmalen 2 bis 4 nur eine Wirkverbindung, in die der vorgespannte Kraftspeicherantrieb eingebunden ist. Erst Unteransprüche 2,4, 7 und 8 befassen sich mit der konstruktiven Ausgestaltung dieser Wirkverbindung, indem sie ein auf Druck reagierendes Auslösegestänge vorsehen, das – wie insbesondere Anspruch 4 beschreibt – längs der Schaltanlage geführt ist und mit seinen beiden Enden über eine gelenkige Verbindung mit je einem seitlich an der Anlage vorgesehenen nachgiebigen Abschnitt der Kapselung verbunden ist. Anspruch 1 des Klagepatents läßt selbstverständlich auch zum Beispiel ein auf Zug reagierendes Auslösegestänge zu, das im Innnern der Kapselung angeordnet ist. Dies mag aus Reparaturgründen weniger zweckmäßig sein. Mit der Leichtigkeit oder Schwierigkeit einer Reparatur befaßt sich die Klagepatentschrift jedoch ebensowenig wie mit der Vermeidung gesonderter Drucksensoren.

II.
Von der sich so darstellenden Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents macht die sich aus den Anlagen 11,12, 15 bis 20 sowie B 1 ergebende angegriffene Ausführungsform, wie das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil zutreffend entschieden hat, Gebrauch.

Es handelt sich bei ihr um eine gasisolierte gekapselte Mittelspannungs-Orts-netzschaltanlage, die aus mehreren Schaltfeldern besteht (vgl. Anlage 11 bzw. Anlage 12 und die dort mit 1, 2 und 3 gekennzeichneten Schaltfelder), wobei die Schaltfelder sich in einem gemeinsamen Schrank befinden, der mit dem Gas Schwefelhexafluorid gefüllt und gasdicht gekapselt ist (vgl. Anlage 11 Seite 3 ). Die Merkmale 1. a) und b) sind mithin wortsinngemäß verwirklicht.

Die Beklagte hat auch nicht in Abrede gestellt, daß diese Anlage im wesentlichen Lasttrennschalter, Antriebselemente, Sammelschienen und angeschlossene Leitungen aufweist. Die Lasttrennschalter sind aus der vergrößerten Wiedergabe der Figur 2 der Anlage 11 in der Anlage 12 auch ersichtlich und dort mit der Bezugsziffer 4 gekennzeichnet. Auch die angeschlossenen Leitungen sind aus dieser Darstellung und auch aus der Figur 1 der Anlage 11, die in der Anlage 12 ebenfalls vergrößert wiedergegeben ist, ersichtlich und in der Anlage 12 jeweils mit den Bezugsziffern 6,7 und 8 versehen. Merkmal 1. c) ist mithin auch dem Wortsinne nach verwirklicht.

Entgegen der Auffassung der Beklagten weist die angegriffene Schaltanlage aber auch entsprechend dem Wortsinne den vorgenannten Lasttrennschaltern, Antriebselementen, Sammelschienen und angeschlossenen Leitungen zugeordnete Erdungsschalter auf. Diese Erdungsschalter sind in den Figuren 1 und 2 der Anlage 12 mit der Bezugsziffer 5 gekennzeichnet. Daß es sich bei diesen Schaltern um Erdungsschalter im Sinne mechanischer Schaltgeräte zum Erden und Kurzschließen von Stromkreisen handelt, die fähig sind, während einer festgelegten Zeit Ströme unter abnormalen Bedingungen zu führen, ist von der Beklagten nicht in Abrede gestellt worden. Diese Erdungsschalter sind auch den Lasttrennschaltern, angeschlossenen Leitungen usw. zugeordnet, wie sich aus dem eigenen Prospekt der Beklagten gemäß Anlage 11 ergibt, in welchem es auf Seite 3 wie folgt heißt:

„Der Lichtbogenbegrenzer enthält mehrere Dreiphasen-Kurzschluß-/ Erdungsschalter, die jeweils den einzelnen Eingangslasttrennschaltern ( C ) in der Ringkabelschaltanlage zugeordnet sind.“

Diese Schalter, die im Hinblick auf die Lichtbogenbegrenzung bzw. Lichtbogenunterdrückung nur hinsichtlich ihrer Kurzschließfunktion von Interesse sind, weisen mithin auch eine Erdungsfunktion auf, sie sind den einspeisenden Leitungen 7, 8 und 9 zugeordnet und werden, wie noch im einzelnen dargelegt werden wird, bei Auftreten eines Lichtbogens gemeinsam ausgelöst.

Soweit die Beklagte geltend macht, daß es sich bei diesen Erdungsschaltern deshalb nicht um Erdungsschalter im Sinne des Merkmals 1.d) handele, weil sie separat als Kurzschlußschalter für die Lichtbogenbegrenzung vorgesehen seien, während Merkmal 1.d) ohnehin nur für u.a. Reparaturzwecke vorgesehene Erdungsschalter meine, kann sie damit aus den oben unter Ziffer I. dieser Entscheidungsgründe dargestellten Gründen keinen Erfolg haben. Wie oben im einzelnen dargelegt, fordert die erfindungsgemäße Lehre nicht zwingend die Nutzung bereits vorhandener Erdungsschalter. Entscheidend ist lediglich, daß den einspeisenden Leitungen Erdungsschalter zugeordnet sind, welche bei Auftreten eines Lichtbogens gemeinsam ausgelöst werden.

Soweit die Beklagte schließlich die Verwirklichung des Merkmals 1.d) mit der Begründung in Abrede stellt, die angegriffene Ausführungsform besitze nur einen derartigen Schalter, der eine Anzahl von auf einer gemeinsamen Drehwelle angeordneten Schaltmessern aufweise, kann sie auch mit dieser Argumentation keinen Erfolg haben, da die einzelnen Schaltmesser nämlich Schalter im Sinne des Klagepatents bilden, mit denen im Falle eines Störlichtbogens alle einspeisenden Leitungen kurzgeschlossen bzw. geerdet werden.

Neben den Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruches 1 des Klagepatents verwirklicht die angegriffene Ausführungsform jedoch auch die Merkmale des Kennzeichens mit Ausnahme des Merkmals, daß der „nachgiebige Abschnitt“, der mit der Auslöseeinrichtung verbunden ist, Bestandteil der Kapselung zu sein hat, wortsinngemäß.

Entsprechend dem Wortsinn des Merkmals 2 besitzen zumindest alle diejenigen Erdungsschalter (5) , die den einspeisenden Leitungen (6,7,8) zugeordnet sind, vorgespannte Kraftspeicherantriebe, die entsprechend dem Wortsinn des Merkmals 3 eine gemeinsame Auslöseeinrichtung aufweisen.

Wie sich aus der mit Bezugszeichen versehenen Figur 2 der Anlage 12, die dem eigenen Prospekt der Beklagten entnommen ist, ergibt, sind die den einspeisenden Leitungen (6,7,8) zugeordneten Erdungsschalter (5) mit vorgespannten Federn, die jeweilige Kraftspeicherantriebe 10 bilden, belastet, und zwar in der geöffneten Stellung. Die angegriffene Ausführungsform besitzt am Ende der Welle, welche die Erdungsschalter in Form von Schaltmessern trägt, eine vorgespannte Feder, welche einen Kraftspeicherantrieb bildet. Wird die die Vorspannung bewerkstelligende Verriegelung aufgehoben, drücken die Federn die Erdungsschalter 5 schlagartig in die Schließstellung, bei der die Leitungen 6, 7 und 8 kurzgeschlossen werden.

Wie sich aus den obigen Ausführungen unter Ziffer I. dieser Entscheidungsgründe im einzelnen ergibt, verlangt die erfindungsgemäße Lehre mit dem Merkmal 2 nicht, daß separate Kraftspeicherantriebe für jeweils jeden einzelnen Erdungsschalter vorgesehen sein müssen, so daß die darauf beruhende Begründung der Beklagten, daß sie auch dieses Merkmal nicht verwirkliche, nicht durchgreift.

Entsprechend dem Wortsinn des Merkmals 3 weisen die ausweislich der zuvor gemachten Ausführungen vorhandenen vorgespannten Kraftspeicherantriebe (10) in Form des in der Figur 1 der Anlage 12 mit dem Bezugszeichen versehenen Gestänges 14 und des Stiftes 15 eine gemeinsame Auslöseeinrichtung auf. Im Falle des Entstehens eines Störlichtbogens und des damit verbundenen Druckanstiegs wirkt dieser über einen an der Kapselung angeordneten Druckanstiegsfühler mit einem bewegbaren Kolben, der den Stift 15 trägt, auf das gemeinsame Auslösegestänge 14 derart ein, daß die Kraftspeicherantriebe (Federn) entspannen und dadurch die Erdungsschalter schlagartig eingeschaltet werden. In dem eigenen Prospekt der Beklagten gemäß Anlage 11 Seite 3 heißt es insoweit:

“ Der Lichtbogenbegrenzer ist mit einem Druckanstiegsfühler ausgestattet, der auf eine Druckerhöhung im SF – Raum reagiert. Beim Auftreten eines Störlichtbogens löst dieser Fühler die Betätigung der Kurzschluß-/Erdungsschalter aus, wodurch alle Phasen der Lasttrennschalter kurzgeschlossen werden.“

Schließlich ist entsprechend dem Wortsinn des Merkmals 4 die Auslöseeinrichtung mit mindestens einem nachgiebigen Abschnitt in Form eines bewegbaren Kolbens verbunden, wobei jedoch abweichend vom Wortsinn dieser nachgiebige Abschnitt nicht Bestandteil der Kapselung ist, sondern als bewegbarer Kolben Teil eines an der Kapselung angeordneten Druckanstiegsfühlers, der auf eine Druckerhöhung im Schwefelhexafluorid -Raum reagiert und über die gemeinsame Auslöseeinrichtung, mit der er wirkungsmäßig verbunden ist, die Betätigung der Kurzschluß-/Erdungsschalter auslöst. Der Druckanstiegsfühler mit seinem bewegbaren Kolben ist nicht Bestandteil der Kapselung selbst, sondern bildet ein eigenständiges Bauteil, so daß insoweit der Wortsinn des Merkmals 4 bei der angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht ist. Dies steht jedoch der oben getroffenen Festellung, daß die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Patentanspruches 1 Gebrauch macht, nicht entgegen.

Der Schutz eines Patents erfaßt nämlich nicht nur die wortsinngemäße Benutzung der Lehre des Patents, sondern auch sogenannte äquivalente Abwandlungen der im Wortlaut des Patentanspruchs formulierten Patentlehre. Ein Abwandlung vom Wortlaut fällt als äquivalent in den Schutzbereich des Patents, wenn dadurch das durch die Erfindung gelöste technische Problem mit gleichwirkenden Mitteln gelöst wird und der Durchschnittsfachmann diese gleichwirkenden Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse und aufgrund von Überlegungen auffinden konnte, die sich an der in der Patentansprüchen umschriebenen Erfindung orientieren (vgl. BGH GRUR 1986, 803, 805 – Formstein; 1988, , 896, 899 – Ionenanalyse; 1989, 205, 208 – Schwermetalloxidationskatalysator; 1989, 903, 904 – Batteriekastenschnur; 1991, 436, 439 – Befestigungsvorrichtung II; 1994, 597, 599 – Zerlegevorrichtung).

Diese Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz liegen hier vor. Für die Lösung des erfindungsgemäßen Problems, eventuell entstehende Zersetzungsprodukte möglichst nicht aus der Schaltanlage austreten zu lassen und dafür zu sorgen, daß die Menge der entstehenden Zersetzungsprodukte möglichst gering bleibt, macht es keinen Unterschied, ob der nachgiebige Abschnitt im Sinne des Merkmals 4 Bestandteil der Kapselung oder eines gesonderten Bauteils in Form eine Druckanstiegsfühlers mit bewegbarem Kolben ist, den man mitsamt der Auslöseeinrichtung im Inneren der Kapselung anordnet. Wie oben unter Ziffer I. dieser Entscheidungsgründe im einzelnen dargelegt, befaßt sich das Klagepatent nicht damit, und zwar auch nicht durch die mit dem Merkmal 4 gelehrte Maßnahme, etwa erforderliche Reparaturen zu erleichtern und gesonderte Bauteile in Form von zum Beispiel Druckanstiegsfühlern u. dergl. zu vermeiden, sondern es geht darum, mit dieser Maßnahme ein Mittel zur Verfügung zu stellen, das unter Ausnutzung des Druckanstieges im Falle eines Störlichtbogens durch seine wirkungsmäßige Verbindung zur gemeinsamen Auslöseeinrichtung dafür sorgt, daß alle Erdungsschalter schlagartig geschlossen werden. Insoweit ist jedoch die mit der angegriffenen Gestaltung abweichend vom Wortlaut des Merkmals 4 gewählte Gestaltung der wortsinngemäßen Gestaltung gleichwirkend (vgl. insoweit auch die Angaben auf Seite 3 des als Anlage 11 vorliegenden Prospektes der Beklagten).

Der Durchschnittsfachmann konnte dieses gleichwirkende Mittel auch mit Hilfe seiner Fachkenntnissse und aufgrund von Überlegungen auffinden, die sich an der in dem Patentanspruch 1 umschriebenen Erfindung orientieren.

Kommt es nach den oben unter Ziffer I. dieser Entscheidungsgründe gemachten Ausführungen für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre nicht darauf an, ob die in den Merkmalen 2 bis 4 genannten Vorrichtungsteile nebst Übertragungsmechanismen innerhalb oder außerhalb der Kapselung angebracht sind, und auch nicht darauf an, den Einsatz besonderer Bauteile zu vermeiden, wird sich der Durchschnittsfachman fragen, ob die Funktion, die das Klagepatent dem nachgiebigen Abschnitt beimißt, nicht auch durch eine vom Wortlaut des Anspruches 1 abweichende Gestaltung in gleicher Weise erreicht werden kann. Zu dieser Überlegung wird der Durchschnittsfachmann vor allem durch die Beschreibung in Spalte 1, Zeile 66 bis Spalte 2, Zeile 2 der Klagepatentschrift veranlaßt, die das Prinzip dessen herausstellt, was der Anweisung zugrunde liegt, einen nachgiebigen Abschnitt der Kapselung vorzusehen: Es geht darum, den infolge des Störlichtbogens erhöhten Gasdruck in eine Ausweichbewegung einer nachgiebigen Wandung umzuwandeln, die ihrerseits über Kraftspeicherantriebe und Auslöseeinrichtung bewirkt, daß sämtliche Erdungsschalter einschalten.

Daß diese nachgiebige Stelle nicht unbedingt Teil der Außenwandung der Kapselung der Anlage sein muß, liegt für den Durchschnittsfachmann auf der Hand. Er erkennt aufgrund der genannten Stelle in der Klagepatentschrift, daß andere druckempfindliche Elemente („nachgiebige Abschnitte“) zur Auslösung der Auslöseeinrichtung ebenso geeignet sind wie der im Patentanspruch 1 des Klagepatents genannte „nachgiebige Abschnitt der Kapselung“: Anregungen, entsprechende Vorrichtungsteile nach innen zu verlegen, erhält der Durchschnittsfachmann, wie das Landgericht im angefochtenen Urteil zu Recht ausgeführt hat, unter anderem aus der in der Klagepatentschrift erwähnten DE-OS 31 31 417 (Anlage 13), aber auch aus den Ansprüchen 5 und 6 des Klagepatents. Die DE-OS zeigt in verschiedenen Ausführungsbeispielen unterschiedliche druckempfindliche Elemente, die zur Auslösung von Erdungsschaltern im Falle eines Störlichtbogens geeignet sind (vgl. Figuren 1 bis 7). In Figur 4 ist beispielsweise ein Faltenbalg dargestellt, wie er auch in Patentanspruch 6 des Klagepatents explizit als mögliche Ausführungsvariante für einen nachgiebigen Abschnitt der Kapselung vorgeschlagen ist.

Aus alledem ergibt sich, daß das Landgericht zu Recht in der angegriffenen Ausführungsform eine Benutzung der Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents gesehen hat.

III.
Das Landgericht hat unter Ziffer III. seiner Entscheidungsgründe im einzelnen ausgeführt, aufgrund welcher weiteren Tatumstände und Rechtsvorschriften der Klägerin die zuerkannten Ansprüche gegen die Beklagte zustehen. Auf diese zutreffenden Ausführungen, die von der Beklagten als solche nicht beanstandet worden sind und die sich der Senat zu eigen macht, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

IV.
Eine Aussetzung der Verhandlung nach § 148 ZPO wegen der anhängigen Nichtigkeitsklage erschien dem Senat, wie bereits einleitend bemerkt, nicht geboten. Sie kommt nach ständiger, vom Bundesgerichtshof (vgl. GRUR 1987, 284) gebilligter Rechtsprechung des Senats im allgemeinen nur in Betracht, wenn die Nichtigkeitsklage mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird (vgl. die Senatsentscheidungen „Flachdachabläufe“ in GRUR 1979, 188 und „Steinknacker“ in Mitt. 1997, 258). Diese Prognose läßt sich jedoch regelmäßig dann nicht treffen, wenn – wie hier – die Nichtigkeitsklage durch Urteil des Bundespatentgerichts abgewiesen worden ist und eine Berufungsbegründung gegen dieses Urteil nicht vorliegt. Im übrigen ist hier die im Urteil des Bundespatentgerichts vom 4. Oktober 2001 (Anlage K 22) gegebene Begründung, mit der die Nichtigkeitsklage der Beklagten abgewiesen worden ist, auch überzeugend und läßt weder eine fehlerhafte Würdigung des Standes der Technik noch eine nicht haltbare Bewertung des Vorliegens erfinderischer Tätigkeit erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 ZPO.

S9 K1 R2