4 O 439/01 – Verpackungsbeutel für Hygieneartikel (Arbeitnehmererf.)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 65

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 5. Steptember 2002, Az. 4 O 439/01

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

dem Kläger darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie Verpackungsbeutel für Hygieneartikel, insbesondere Windeln, die befüllt quaderförmig sind und aus einer Kunststoff-Beutelfolie mit einer Vorderwand, einer Rückwand, zwei mit Schweißnähten geschlossenen Stirnwänden, einem nach dem Befüllen mit einer Schweißnaht verschlossenen Boden und einer Deckwandung bestehen, die beim Befüllen aus einer M-förmigen Kopfspalte aufgefaltet gebildet werden, deren beiden Endbereiche jeweils als ein Dreieck eingezogen, innenseitig der anschließenden Stirnwand eingefaltet liegen, sowie einen Tragegriff aufweisen, der aus Kunststoffolie als ein Kreuzband ausgebildet ist und sich, mit einem endseitigen Kreuzbandstreifen verschweißt, über die gesamte Deckwandung zwischen den Stirnwänden erstreckt,

in eigenen oder in fremden Betriebsstätten, im In- und Ausland, in denen parallele Schutzrechte bestehen, hergestellt, vertrieben und/oder in Verkehr gebracht hat,

bei denen die durch Schlitze gebildeten Kreuzbandstreifen jeweils an den stirnseitig aus der Kopffalte gebildeten Dreiecken angeschweißt sind und in den Beutel zwischen den Kreuzbandstreifen eine Perforationslinie eines Aufreißstreifens eingebracht ist,

und zwar in einem geordneten Verzeichnis unter Angabe

a.

der Herstellungsmengen,

b.

der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,

sämtliche Angaben aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren oder den betrieblichen Abrechnungszeiträumen;

2.

dem Kläger ferner darüber Rechnung zu legen, ob und in welchem Umfang sie hinsichtlich der unter 1. bezeichneten Verpackungsbeutel Lizenzen – auch in der Form von Freilizenzen – vergeben hat, und zwar unter Angabe der Namen und Anschriften der Lizenznehmer und – soweit es sich nicht um Freilizenzen handelt – der erzielten Lizenzeinnahmen, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren oder den betrieblichen Abrechnungszeiträumen.

II.

Hinsichtlich des weitergehenden Rechnungslegungsantrags wird die Klage abgewiesen.

III.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.300,– EUR vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Der Kläger macht gegen die Beklagte wegen der Benutzung einer Diensterfindung im Wege der Stufenklage Ansprüche auf Auskunftserteilung und Vergütung geltend.

Der Kläger ist Diplom-Wirtschafts-Ingenieur. Er war bei der Beklagten, die flexible Kunststoffverpackungen aus Folien für Schüttgüter und Hygieneartikel herstellt, aufgrund Anstellungsvertrages vom 24./25. November 1986 (Anlage K 1) mit Wirkung zum 15. März 1987 als Logistik-Manager angestellt. Gemäß Nachtrag zum Anstellungsvertrag vom 8. Juni 1993 war der Kläger seit dem 1. Januar 1988 als Projektleiter „K4x A5xxxxx P1xxxxx & G1xxxx“ eingesetzt, wobei nach Ziff. 3 der Vereinbarung das Aufgabengebiet des Klägers die Betreuung des Kunden P1xxxxx & G1xxxx im Bereich „Windelbeutel“ mit allen dazugehörigen Projekten und insbesondere auch die Entwicklung von speziellen Produkten über den Windelbeutelbereich hinaus umfasste. Zum 31. Dezember 1999 endete das Anstellungsverhältnis.

Ende 1992/Anfang 1993 machte der Kläger im Betrieb der Beklagten eine Diensterfindung, die einen „Verpackungsbeutel mit Tragegriff aus Kunststoff-Folie für Hygieneartikel“ (insbesondere Windeln) zum Gegenstand hat. Der Kläger meldete und erläuterte der Beklagten die Erfindung und wirkte, da die Beklagte Interesse an der Erfindung zeigte, bei der Ausarbeitung einer Patentanmeldung zugunsten der Beklagten mit. Eine schriftliche Inanspruchnahmeerklärung gab die Beklagte nicht ab. Am 12. März 1993 wurde die Erfindung unter Nennung des Klägers als Alleinerfinder als deutsches und am 10. Juni 1998 als europäische Patent angemeldet. Das europäische Patent 0 760 787 (Anlage K 3) wurde am 10. Juni 1998 und das deutsche Patent 43 07 842 (Anlage K 2) am 20. Januar 2000 erteilt. Patentanspruch 1 des europäischen Patents hat folgenden Wortlaut:

„Verpackungsbeutel für Hygieneartikel, insbesondere Windeln, der befüllt quaderförmig ist und aus einer Kunststoff-Beutelfolie (8) mit einer Vorderwand (15), einer Rückwand (16), zwei mit Schweißnähten (18) geschlossenen Stirnwänden (11), einem nach dem Befüllen mit einer Schweißnaht (19) verschlossenen Boden (14) und einer Deckwandung (5) besteht, die beim Befüllen aus einer M-förmigen Kopfspalte (4) aufgefaltet gebildet ist, deren beiden Endbereiche jeweils als ein Dreieck (10) eingezogen, innenseitig der anschließenden Stirnwand (11) eingefaltet liegen, sowie einen Tragegriff aufweist, der aus Kunststoffolie als ein Kreuzband ausgebildet ist und sich, mit einem endseitigen Kreuzbandstreifen (6) verschweißt, über die gesamte Deckwandung (5) zwischen den Stirnwänden (11) erstreckt, dadurch gekennzeichnet, dass die durch Schlitze gebildeten Kreuzbandstreifen (6) jeweils an den stirnseitig aus der Kopffalte (4) gebildeten Dreiecken (10) angeschweißt sind und in den Beutel zwischen den Kreuzbandstreifen (6) eine Perforationslinie (12) eines Aufreißstreifens (13) eingebracht ist.“

Außerdem reichte die Beklagte eine PCT-Anmeldung ein, die zur Erteilung eines parallelen US-Patents (US 60 95 686) führte.

Die Beklagte stellt die erfindungsgemäßen Windelbeutel seit 1997 her und liefert sie an die Firma P1xxxxx & G1xxxx, die die Verpackungsbeutel mit Windeln befüllt und unter der Marke „P2xxxxx“ in Verkehr bringt. Sie gab gegenüber P1xxxxx & G1xxxx eine sog. „freedom-of-use“-Erklärung ab, die jene Firma berechtigt, die erfindungsgemäßen Windelbeutel auch von anderen Firmen zu beziehen, ohne dass hierfür Lizenzgebühren anfallen.

Vorgerichtlich übersandte die Beklagte dem Kläger eine mit „Lieferungen P & G Crossbandhandle“ überschriebene Liste (Anlage K 11), die für den Zeitraum August 1997 bis Juni 1999 den „Wert“ und die „Menge in Stck.“ der veräußerten erfindungsgemäßen Windelbeutel angibt. Der Kläger weist diese Liste als unzureichend zurück und verlangt von der Beklagten auf der ersten Klagestufe Rechnungslegung über die Herstellungsmengen, die aufgeschlüsselten Liefermengen, die Abnehmer und Lizenznehmer, die nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, den erzielten Gewinn, die erzielten Lizenzeinnahmen sowie die sonstigen durch die Vergabe von (Frei-)Lizenzen erzielten entgeltlichen Vorteile.

Der Kläger trägt vor: Unabhängig von der Abgabe einer wirksamen Inanspruchnahmeerklärung durch die Beklagte sei aufgrund der Benutzung der erfindungsgemäßen Windelbeutel ein Vergütungsanspruch zu seinen Gunsten entstanden, zu dessen Durchsetzung er die begehrten Rechnungslegungsangaben verlangen könne. Als Gegenleistung für die Freilizenzerklärung („freedom of use“) habe die Beklagte von P1xxxxx & G1xxxx weitreichende Lieferaufträge – unter Verdopplung der Mindestabnahmemenge und Vertragslaufzeit – nicht nur für erfindungsgemäße, sondern auch für nicht erfindungsgemäße Beutel erhalten und dadurch zusätzliche Umsätze und Gewinne erwirtschaftet. Diese Vorteile seien durch seine Erfindung bedingt, müssten daher bei der Vergütungsbestimmung berücksichtigt werden und dementsprechend in die Rechnungslegung einfließen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1.

ihm darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie Verpackungsbeutel für Hygieneartikel, insbesondere Windeln, die befüllt quaderförmig sind und aus eine Kunststoff-Beutelfolie mit einer Vorderwand, einer Rückwand, zwei mit Schweißnähten geschlossenen Stirnwänden, einem nach dem Befüllen mit einer Schweißnaht verschlossenen Boden und einer Deckwandung bestehen, die beim Befüllen aus einer M-förmigen Kopfspalte aufgefaltet gebildet werden, deren beiden Endbereiche jeweils als ein Dreieck eingezogen, innenseitig der anschließenden Stirnwand eingefaltet liegen, sowie einen Tragegriff aufweisen, der aus Kunststoffolie als ein Kreuzband ausgebildet ist und sich, mit einem endseitigen Kreuzbandstreifen verschweißt, über die gesamte Deckwandung zwischen den Stirnwänden erstreckt,

in eigenen oder in fremden Betriebsstätten, im In- und Ausland, in denen parallele Schutzrechte bestehen, hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht oder Lizenzen, auch in Form von Freilizenzen an Zweitlieferanten ihrer Abnehmer wie insbesondere P1xxxxx & G1xxxx vergeben hat,

bei denen, die durch Schlitze gebildeten Kreuzbandstreifen jeweils an den stirnseitig aus der Kopffalte gebildeten Dreiecken angeschweißt sind und in den Beutel zwischen den Kreuzbandstreifen eine Perforationslinie eines Aufreißstreifens eingebracht ist,

und zwar in einem geordneten Verzeichnis unter Angabe

a.

der Herstellungsmengen,

b.

der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,

c.

der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

d.

der Namen und Anschriften der Lizenznehmer,

e.

der erzielten Lizenzeinnahmen und/oder der sonstigen entgeltlichen Vorteile aus einer Lizenzvergabe, namentlich bei Vergabe von Freilizenzen an Zweitlieferanten ihrer Abnehmer wie insbesondere P1xxxxx & G1xxxx unter Angabe der als Gegenleistung dafür erhaltenen Lieferverträge auch über andere Beutelverpackungen unter Angabe der Lieferzeiträume und Lieferumsätze,

sämtliche Angaben aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren oder den betrieblichen Abrechnungszeiträumen;

2.

nach erfolgter Rechnungslegung an ihn eine vom Gericht zu bestimmende angemessene Vergütung für die Benutzungshandlungen zu Ziff. 1 zu zahlen zuzüglich 3,5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. März eines jeden Jahres für die für die Benutzungshandlungen im Vorjahreszeitraum angefallene Vergütung.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend: Die von ihr gegebenen Auskünfte seien für die Berechnung der vom Kläger – dem mit Rücksicht auf die Inanspruchnahme ihrer Entwicklungsabteilung und Unterstützung eines Mitarbeiters von P1xxxxx & G1xxxx ein Erfinderanteil von lediglich 50% zuzubilligen sei – begehrten Vergütung ausreichend. Windelbeutel seien von ihr ausschließlich an P1xxxxx & G1xxxx geliefert worden. Entgeltliche Lizenzen habe sie nicht vergeben. Die Einräumung der Freilizenz „freedom of use“ sei zwingende Voraussetzung für die Aufnahme der erfindungsgemäßen Windelbeutel in die Produktpalette von P1xxxxx & G1xxxx gewesen. Im übrigen sei die Freilizenz für die Lieferbeziehungen zu P1xxxxx & G1xxxx nicht von Bedeutung gewesen. Auskünfte über ihre Umsätze mit nicht erfindungsgemäßen Windelbeuteln könne der Kläger nicht verlangen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der – im Wege der Stufenklage zunächst gemäß § 254 ZPO allein zur Entscheidung gestellte – Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch ist entscheidungsreif und teilweise begründet.

Dem Kläger steht der zuerkannte Rechnungslegungsanspruch gemäß den §§ 242, 259 BGB zu. Er umfasst die begehrten Angaben zu Herstellungsmengen, aufgeschlüsselten Lieferungen, Lizenzeinnahmen und den Namen und Anschriften der Abnehmer und Lizenznehmer. Unbegründet ist die Klage, soweit der Kläger Auskünfte über die Gestehungskosten, den erzielten Gewinn sowie über die aus der Vergabe von Freilizenzen erlangten entgeltlichen Vorteile verlangt.

I.

Inhalt und Umfang der aus §§ 242, 259 BGB folgenden Rechnungslegungspflicht richten sich nach dem Anspruchsgrund, dessen Durchsetzung die Rechnungslegung dient, also der oder den Anspruchsgrundlagen, die den vom Kläger in der nächsten Stufe geltend gemachten Zahlungsanspruch dem Grunde nach rechtfertigen. Vorliegend kann der Kläger gegen die Beklagte allein einen Zahlungsanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung gemäß §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB geltend machen. Ihm steht daneben weder ein Anspruch auf Arbeitnehmererfindervergütung nach § 9 Abs. 1 ArbEG noch ein Schadensersatzanspruch wegen Benutzung der Erfindung aus § 823 Abs. 1 BGB zu.

1.

Gemäß § 9 Abs. 1 ArbEG entsteht der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmererfinders mit der Inanspruchnahmeerklärung des Arbeitgebers. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ist von Seiten der Beklagten nach der Erfindungsmeldung und Anmeldung des Patents eine solche schriftliche Inanspruchnahmeerklärung nicht abgegeben worden. Allein aus der Anmeldung des Patents auf den Arbeitgeber und der Benennung des Arbeitnehmers als Erfinder lässt sich eine nach § 6 Abs. 2 ArbEG wirksame Inanspruchnahmeerklärung nicht ableiten (vgl. Fricke/Meier-Beck, Mitt. 2000, 199, 200). Ferner haben die Parteien keinen Sachverhalt behauptet, dem eine Inanspruchnahmeerklärung unter Verzicht auf das Schriftformerfordernis oder ein (zumindest konkludenter) rechtsgeschäftlicher Übergang der Erfindung auf die Beklagte entnommen werden könnte.

Da die Beklagte die Inanspruchnahmefrist des § 8 Abs. 1 Nr. 3 ArbEG, die spätestens mit der die Kenntniserlangung von Diensterfindung und Erfinder dokumentierenden Patentanmeldung vom 12. März 1993 zu laufen begann, hat verstreichen lassen, ist die Diensterfindung des Klägers frei geworden (§ 8 Abs. 2 ArbEG) und unterliegt folglich nicht der Vergütungspflicht nach § 9 Abs. 1 ArbEG.

2.

Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB steht dem Kläger wegen der von der Beklagten vorgenommenen Benutzungshandlungen ebenfalls nicht zu. Es kann insoweit dahinstehen, ob der eingetragene Patentinhaber eine rechtswidrige Benutzungshandlung begeht bzw. ob er sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf sein Benutzungsrecht berufen kann, wenn der Anspruchsteller einen auf die Übertragung des Patents gerichteten Vindikationsanspruch nach § 8 PatG hat. Denn die Beklagte handelte zumindest nicht schuldhaft. Wie der Kläger selbst vorträgt, hat der Patentanwalt der Beklagten die Patentanmeldung in Abstimmung mit ihm ausgearbeitet und vorgenommen. Dies durfte und konnte die Beklagte dahingehend verstehen, dass der Kläger mit der Patentanmeldung seitens der Beklagten sowie einer entsprechenden Benutzung bzw. wirtschaftlichen Verwertung der Erfindung einverstanden war. Dementsprechend hat der Kläger auch zu keiner Zeit Vindikations- oder Entschädigungsansprüche gegen die Beklagte erhoben.

3.

Dem Grunde nach steht dem Kläger gegen die Beklagte aber wegen ungerechtfertigter Bereicherung ein Zahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB zu.

Aufgrund der Erfindungsmeldung und der anschließenden Mitarbeit des Klägers bei der Ausarbeitung einer hierauf bezogenen Patentanmeldung hat die Beklagte Kenntnis von der Erfindung erhalten und ist in die Lage versetzt worden, den Erfindungsgegenstand gewerblich zu benutzen. Die gewerbliche Nutzungsmöglichkeit einer schutzfähigen Erfindung stellt einen Vermögensvorteil dar, der spätestens mit der Patentanmeldung auf eigenen Namen endgültig entstanden und vollständig – nämlich unter Ausschluss des eigentlich berechtigten Klägers – in das Vermögen der Beklagten übergegangen ist. Eine schutzfähige zum Patent angemeldete Erfindung hat unzweifelhaft einen Verkehrswert, der sich auch auf die Zahlung eines Nutzungsausgleichs erstreckt, den die Beklagte sich mit Vornahme der Eigenanmeldung erspart hat, solange der eigentlich Berechtigte seinen Vindikationsanspruch nach § 8 PatG nicht durchsetzt. Die Vermögensmehrung ist, wenn infolge der Erfindungsmeldung nicht schon durch Leistung des Klägers, zumindest in sonstiger Weise, nämlich durch die Patentanmeldung und Benutzung der Erfindung seitens der Beklagten erfolgt. Die Bereicherung erfolgte auf Kosten des Klägers und ohne Rechtsgrund, weil die Beklagte eine Inanspruchnahmeerklärung nicht abgegeben hat. Da nämlich gemäß § 7 Abs. 1 ArbEG erst die Inanspruchnahmeerklärung zu einer Überleitung der originär dem Arbeitnehmer zustehenden Rechte an der Erfindung – also auch des Rechts auf ihre wirtschaftliche Verwertung – auf den Arbeitgeber zur Folge hat, vermag auch allein die wirksame Abgabe dieser Erklärung, Vermögensverschiebungen vom Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber zu rechtfertigen, die die (geldwerte) Benutzung und Verwertung einer zum Patent angemeldeten Diensterfindung betreffen.

II.

In der Rechtsfolge hat die Beklagte dem Kläger das durch die ungerechtfertigte Nutzung der patentgeschützten Erfindung Erlangte herauszugeben (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB). Da es seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, hat die Beklagte nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Dieser bemißt sich beim Gebrauch gewerblicher Schutzrechte ausschließlich nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, weil sich allein in einer angemessenen Lizenz die Wertschätzung eines solchen Gebrauchs durch die beteiligten Verkehrskreise zeigt (vgl. nur BGH GRUR 1982, 301 – Kunststoffhohlprofil). Demgemäß reicht der Rechnungslegungsanspruch auch nur soweit, wie es zur Ermittlung des Wertersatzanspruchs nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie notwendig ist.

In aller Regel erfolgt die Lizenzberechnung anhand einer Umsatzlizenz. Je nach Fallgestaltung kann aber auch die Stücklizenz die wirtschaftlich sinnvollere und daher im Ergebnis angemessene Berechnungsgrundlage sein. Beide Berechnungsarten gewährleisten, dass der Schutzrechtsinhaber anteilig an denjenigen Erlösen beteiligt wird, die der Lizenznehmer aus der Benutzung der lizenzierten Schutzrechte tatsächlich erzielt. Danach gilt im Entscheidungsfall folgendes:

1.

Die im Klageantrag zu 1. a., b. und d. begehrten Angaben zu den Herstellungsmengen, den einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen, den Namen und Anschriften der Abnehmer und Lizenznehmer kann der Kläger vollumfänglich verlangen, da es sich hierbei um Angaben über Faktoren handelt, die für die Ermittlung einer angemessenen Umsatz- oder Stücklizenz von Bedeutung sind. Gleiches gilt, soweit der Kläger in seinem Klageantrag 1. e. Angaben zu den erzielten Lizenzeinnahmen verlangt. Die Rechnungslegung hat dabei – schon nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. nur Benkard/Rogge, PatG, 9. Aufl., § 139 Rdn. 89 m.w.N.) – so umfassend zu erfolgen, dass der Anspruchsberechtigte die Einzelangaben nachvollziehen und auf ihre Richtigkeit überprüfen kann, wozu auch die Angabe der Abnehmer und Lizenznehmer zählt. Der Berechtigte kann ferner eine geschlossene Darstellung verlangen und muss sich nicht mit einer Teilrechnung zufrieden geben.

Die von der Beklagten vorgelegte Liste über „Lieferungen P & G Crossbandhandle“ (Anlage K 11) genügt diesen Anforderungen nicht und hat – auch in Verbindung mit den Erklärungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 24. April 2002 (GA 47/48) – keine (Teil-)Erfüllungswirkung für den dort abgerechneten Zeitraum von August 1997 bis Juni 1999. In der Liste sind lediglich Stückmengen bezogen auf Monate angegeben. Angaben zu einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und den Abnehmern dieser jeweiligen Lieferungen werden nicht gemacht. Ohne diese Angaben sind die Auskünfte der Beklagten für den Kläger jedoch nicht einmal im Ansatz nachprüfbar. Soweit die Liste Wertangaben enthält, ist nicht ersichtlich, wie sich der Lieferpreis im einzelnen zusammensetzt. Herstellungsmengen werden überhaupt nicht genannt.

Angaben zu Namen und Anschriften der Lizenznehmer und Lizenzeinnahmen hat die Beklagte zum Zwecke der Rechnungslegung nicht gemacht, so dass auch insoweit keine Teilerfüllung – dieses an sich von den Lieferungen abtrennbaren Komplexes – vorliegt.

2.

Auf die Mitteilung der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns (Klageantrag 1. c) hat der Kläger hingegen keinen Anspruch.

Die Methode der Lizenzanalogie beinhaltet eine am objektiven Wert der Benutzung orientierte Betrachtung, die an die fiktive Überlegung anknüpft, was vernünftige Parteien im Rahmen einer Lizenzvereinbarung als Benutzungsvergütung festgesetzt haben würden (vgl. BGH GRUR 1990, 1008, 1009 – Lizenzanalogie). Wie der Bundesgerichtshof zur Ermittlung der Benutzungsentschädigung auf Grundlage der Lizenzanalogie entschieden hat, kann im Rahmen der Lizenzanalogie die angemessene Benutzungsvergütung – anders als etwa der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns – unabhängig davon berechnet werden, wie sich die konkrete Kosten- und Gewinnrechnung auf Seiten des jeweiligen individuellen Benutzers der Erfindung darstellt (vgl. BGHZ 107, 161, 169 = GRUR 1989, 411, 413 f. – Offenend-Spinnmaschine). Für den (allein) nach der Methode der Lizenzanalogie zu berechnenden Bereicherungsausgleich gilt nichts anderes.

a.

Maßgeblich für die Berechnung ist, welchen Lizenzsatz fiktive Vertragsparteien voraussichtlich vereinbart haben würden. Dies ist in wertender Betrachtung nach den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls zu bestimmen, wobei sich Anhaltspunkte für die vorzunehmende Prognose z.B. (und vorrangig) aus tatsächlich vereinbarten Lizenzen für gleiche oder vergleichbare Erfindungen (BGH GRUR 1982, 286, 287 – Fersenabstützung), außerdem aus der wirtschaftlichen Bedeutung der Erfindung und der durch sie etwa vermittelten Monopolstellung (BGH GRUR 1962, 401, 404 – Kreuzbodenventilsäcke III; GRUR 1967, 655, 659 – Altrix), aus dem Schutzumfang des Patents (RG Mitt. 1939, 195, 196) oder aus der handelsüblichen Gewinnspanne für Gegenstände der geschützten Art (RG GRUR, 1942, 316, 318 – Trockenvorrichtung) ergeben können (vgl. auch Benkard, a.a.O., § 139 PatG Rdn. 67 f.). Dem Wesen der Lizenzanalogie als objektive Berechnungsmethode, die an das bei der gegebenen Situation allgemein Übliche anknüpft, widerspricht es dagegen, die Lizenz danach zu bemessen, ob der individuelle Benutzer selbst mit Gewinn oder Verlust gearbeitet hat (vgl. Benkard, a.a.O., § 139 PatG Rdn. 64, 68). Es entspricht nämlich gerade nicht der Üblichkeit, dass der Lizenzgeber an dem allein in den Verantwortungsbereich des Lizenznehmers fallenden Risiko beteiligt wird, die Erfindung wirtschaftlich rentabel verwerten zu können.

Entsprechendes gilt für die vom Kläger begehrten Angaben zu den individuellen Gestehungskosten. Auch hier verbietet es sich aufgrund des anzulegenden objektiven, auf das allgemein Übliche abstellenden Maßstabes, die konkret beim Benutzer angefallenen, allein in seinen Risikobereich fallenden Gestehungskosten bei der Lizenzberechnung zu berücksichtigen.

Im Entscheidungsfall sind aufgeschlüsselte Angaben zu den Gestehungskosten auch nicht zur Rechnungsprüfung notwendig. Zwar umfasst der Anspruch auf Rechnungslegung über die eigentlichen Berechnungsfaktoren hinaus auch solche Angaben, die die Überprüfung der Verläßlichkeit (Vollständigkeit und Richtigkeit) der Rechnungslegung ermöglichen; jedoch reicht nicht schon aus, dass die Angaben für die Überprüfung der Berechnung irgendwie nützlich oder hilfreich sein können. Sie müssen vielmehr – unter angemessener Berücksichtigung der Interessen von Anspruchsteller und Anspruchsverpflichtetem – erforderlich sein (vgl. BGH Mitt. 1998, 111 – Spulkopf; GRUR 1958, 288, 290 – Dia-Rähmchen I). Danach lässt sich vorliegend eine Verpflichtung zur Rechnungslegung über die nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten nicht rechtfertigen. Es ist weder ersichtlich noch von dem insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Kläger vorgetragen, dass die vorbezeichneten Angaben den Kläger überhaupt in den Stand versetzen, von der Beklagten mitgeteilte Umsatz- oder Stückzahlen nachzuvollziehen. Selbst wenn man vom sog. Netto-Erlös ausgeht, indem man vom Brutto-Preis Verpackungs-, Versendungskosten, Rabatte, Preisnachlässe, Skonti und sonstige Kosten absetzt, lässt sich nicht feststellen, ob und inwieweit im einzelnen aufgeschlüsselte Angaben zu den Gestehungskosten für eine Überprüfung mitgeteilter Umsatz- oder Stückzahlen nützlich und notwendig sind.

b.

Der Umstand, dass Gegenstand der Lizenzberechnung eine arbeitnehmererfinderrechtliche Diensterfindung ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „Copolyester II“ (Mitt. 1998, 105 = GRUR 1998, 689) aufgestellten Grundsätze, nach denen der Arbeitgeber zur Ermittlung der nach § 9 Abs. 1 ArbEG angemessenen Vergütung auch die mit den erfindungsgemäßen Produkten erzielten Gewinne und die Gestehungs- und Vertriebskosten einschließlich der einzelnen Kostenfaktoren mitteilen muss, lassen sich auf den bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch des Arbeitnehmers, dessen Erfindung vom Arbeitgeber nicht in Anspruch genommen worden ist, nicht übertragen.

Die gesteigerte Rechenschaftspflicht des Arbeitgebers bei der Vergütung nach § 9 Abs. 1 ArbEG findet ihre Grundlage in Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Verbindung mit der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und leitet sich daraus ab, dass dem Arbeitnehmererfinder die freie Verfügung über seine Diensterfindung nicht zusteht, sondern er diese seinem Arbeitgeber gemäß §§ 5, 6 ArbEG zur Verwertung anbieten muss. Im Falle der Inanspruchnahme der Diensterfindung korrespondiert hiermit die Pflicht des Arbeitgebers, die Erfindervergütung des Arbeitnehmers festzusetzen und zu zahlen (§ 12 Abs. 3 ArbEG). Die Rechnungslegung des Arbeitgebers muss dem Arbeitnehmer insoweit die Prüfungsmöglichkeit eröffnen, ob die festgesetzte Vergütung angemessen ist, d.h. im konkreten Fall einen gerechten Ausgleich zwischen den betrieblichen Interessen des Arbeitgebers und seinen eigenen Vergütungsinteressen darstellt. Da der Arbeitnehmer durch die Inanspruchnahme der Diensterfindung die Verfügungsmacht über seine Erfindung zugunsten der Arbeitgebers verliert, stehen ihm im Vergleich zu einem Erfinder, der frei über seine Erfindung verfügen kann, nicht die gleichen Möglichkeiten offen, den marktgerechten Lizenzsatz – etwa durch Verhandlungen mit mehreren Interessenten – ermitteln zu können. Er muss sich an seinen Arbeitgeber und dessen einseitige Vergütungsbestimmung halten und ist mangels freier Marktverfügbarkeit der Erfindung zur Kontrolle, ob die Bestimmung tatsächlich einen angemessenen Ausgleich darstellt, auf zusätzliche Informationen über den konkreten betrieblichen Nutzen der Diensterfindung und damit auf Angaben zu den Gestehungskosten und dem erzielten Gewinn angewiesen.

Vergleichbare Verhältnisse liegen nicht vor, wenn der Arbeitgeber die Diensterfindung nicht in Anspruch nimmt. Die Verfügungsmacht über die Diensterfindung verbleibt beim Arbeitnehmer. Eine einseitige einzelfallbezogen auf ihre Angemessenheit zu überprüfende Vergütungsbestimmung seitens der Arbeitgebers findet nicht statt. Macht der Arbeitgeber von seiner Vorzugsstellung keinen Gebrauch, erhält er also keine Rechte an der Diensterfindung, so besteht auch keine Veranlassung, ihn als Folge seiner arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht einer gesteigerten Rechenschaftspflicht zu unterziehen. Dem Arbeitnehmer steht es wie jedem freien Erfinder offen, den Marktwert seiner Erfindung festzustellen und angemessene Lizenzsätze zu ermitteln. Auf Informationen über den konkreten betrieblichen Nutzen des ohne Rechtsgrund die Erfindung nutzenden Arbeitgebers ist er als allein Verfügungsberechtigter nicht angewiesen. Vielmehr gelten uneingeschränkt die oben unter a. dargestellten Grundsätze, nach denen es mit dem Wesen der Lizenzanalogie als objektiver Berechnungsmethode, die an das bei der gegebenen Situation allgemein Übliche anknüpft, nicht vereinbar ist, die Lizenz danach zu bemessen, inwieweit der individuelle Benutzer, sei es auch der Arbeitgeber, selbst Gewinn oder Verlust erzielt hat und welche Gestehungskosten bei ihm angefallen sind.

3.

Unbegründet ist die Klage schließlich auch, soweit der Kläger Angaben über die entgeltlichen Vorteile, insbesondere über als Gegenleistung erhaltene Lieferaufträge über nicht erfindungsgemäße Beutelverpackungen, verlangt, die die Beklagte durch die Vergabe von Freilizenzen erlangt haben soll (Klageantrag 1.e.).

Diese Angaben würden nur bei der gedachten Vergabe einer Umsatzlizenz Sinn machen. Die Vereinbarung einer Umsatzlizenz führt bei der Vergabe von Freilizenzen jedoch ersichtlich zu keinen angemessenen Ergebnissen, da an die Benutzung der Erfindung durch die Freilizenznehmer keine unmittelbare Gegenleistung geknüpft ist. Soweit durch die Vergabe von Freilizenzen mittelbare wirtschaftliche Vorteile wie der Erhalt von Lieferaufträgen in anderen, den Lizenzgegenstand nicht betreffenden Produktsparten erzielt werden, fehlt es an tauglichen Abgrenzungskriterien, anhand derer sich ermitteln ließe, welcher dieser Vorteile allein auf die Freilizenzvergabe und nicht (auch) auf andere betriebswirtschaftliche Gründe zurückzuführen ist und inwieweit diese Vorteile überhaupt als geldwertes Äquivalent für die Benutzung der Erfindung angesehen werden können. Vor diesem Hintergrund kann kein Zweifel bestehen, dass gedachte vernünftige Lizenzvertragsparteien, die eine Berechtigung des Lizenznehmers zur Vergabe von unentgeltlichen Unterlizenzen an Dritte ins Auge gefasst hätten, jedenfalls insoweit keine Umsatzlizenz, sondern eine feste Stücklizenz vereinbart hätten, die die (zusätzlichen) Benutzungshandlungen der Unterlizenznehmer erfasst und vergütungspflichtig gemacht hätte. Denn allein auf diese Weise lässt sich der Lizenzgebührenanspruch bei der Vergabe von Unterfreilizenzen exakt anhand der tatsächlich erfolgten Benutzungshandlungen ermitteln, ohne in Spekulation darüber zu verfallen, welche wirtschaftlichen Vorteile dem Lizenznehmer durch die Unterfreilizenzvergabe zugewachsen sind oder nicht. Für die Bestimmung des – zumindest insoweit – auf Grundlage einer Stücklizenz zu ermittelnden Lizenzgebührenanspruchs des Klägers sind die von der Beklagten durch die Freilizenzvergabe erlangten Vorteile dementsprechend ohne Belang.

Zur Erteilung von Auskünften über die infolge von Freilizenzvergaben durch Drittunternehmen gefertigten Stückzahlen der erfindungsgemäßen Beutel war die Beklagte nur deshalb nicht zu verurteilen, weil der Kläger – auch nach dem von der Kammer in der mündlichen Verhandlung gegebenen Hinweis auf die Stücklizenzberechnung – einen entsprechenden Rechnungslegungsantrag nicht, auch nicht hilfsweise, gestellt hat.

III.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und zur Sicherheitsleitung folgen aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 100.000,– DM.

Dr. K3xxxx
Dr. C1xxxxxxxx
L2xxxxxxx