I-2 U 47/24 – Spritzpistole

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3431

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 5. Juni 2025, I-2 U 47/24

Vorinstanz: 4b O 19/22

  1.  I. Auf die Berufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten – das am 06.03.2024 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorfs, Az. 4b O 19/22, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 06.05.2024 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
    Die Beklagte wird verurteilt,
    an die Klägerin 277.814,07 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozent vom 01.01.2012 bis zum 06.04.2022 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2022
    sowie weitere 3.000,68 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2022 zu zahlen.
    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    II. Die Berufung der Klägerin gegen das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts wird zurückgewiesen.
    III. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin zu 80 % und die Beklagte zu 20 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 85 % und die Beklagte zu 15 %.
    IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
    V. Die Revision wird zugelassen.
  2. Gründe:
  3. A.
    Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 371 XXX (Anlage K19; nachfolgend: „Klagepatent“) auf Schadensersatz in Anspruch.
    Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 19.04.2003 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 15.06.2002 in deutscher Verfahrenssprache angemeldet wurde. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 16.03.2005 veröffentlicht. Das Klagepatent ist am 19.04.2023 durch Zeitablauf erloschen.
    Das Klagepatent betrifft eine Spritzpistole zum Zerstäuben von flüssigen Medien mit Hilfe von Druckluft. Sein Anspruch 1 lautet wie folgt:
    „Spritzpistole (1) zum Zerstäuben von flüssigen Medien mit Hilfe von Druckluft, im Wesentlichen bestehend aus einem mit einem Griffstück (14) und einer Zerstäuberdüse (19) versehenen, an eine Druckluftleitung (2) anschließbaren Gehäuse (11), einer mit einem Ende in die Zerstäuberdüse (19) eingreifenden, mit einer Zuführungsleitung (16) für das zu zerstäubende Medium versehenen und im Gehäuse (11) abgestützten Führungshülse (21) sowie einer Düsennadel (31), die zum Öffnen der Zerstäuberdüse (19) mittels eines verschwenkbar an dem Gehäuse (11) aufgehängten Abzugsbügels (26) entgegen der Kraft einer Rückstellfeder (33) betätigbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Düsennadel (31) im Bereich der Führungshülse (21) mittels eines diese durchgreifenden Gelenkbolzens (27′) mit dem Abzugsbügel (26) formschlüssig verbunden ist und dass in die im Längsschnitt U-förmig ausgebildete Führungshülse (21) zwischen der Zuführungsleitung (16) und dem Gelenkbolzen (27′) eine Dichtung (32) eingesetzt ist, in der die Düsennadel (31) verschiebbar gehalten ist.“
  4. Die Beklagte vertrieb in Deutschland über TV-Shopping-Kanäle und über das Internet unter der Bezeichnung „XX“ ein Farbsprühsystem. Alle unter dieser Bezeichnung verkauften Farbsprühsysteme bezog die Beklagte von ihrer Lieferantin, der spanischen I. (im Folgenden: I.). Die Beklagte bestellte das XX Farbsprühsystem erstmals am 16.04.2010 und erhielt am 18.05.2010 die erste Lieferung. Die ersten Lieferungen betrafen ein Farbsprühsystem mit einer Hülse, die eine im Wesentlichen runde Querschnittsform aufwies. Wegen dieses Farbsprühsystems (nachfolgend: „angegriffene Ausführungsform“) nahm die Klägerin die Beklagte, die Herstellerin X. sowie ein weiteres Unternehmen vor dem Landgericht Mannheim klageweise in Anspruch. Jedenfalls ab Februar 2011 brachte die Beklagte auch Ausführungsformen des XXX Systems auf den Markt, die das Klagepatent nicht verletzen.
    Durch (rechtskräftiges) Urteil vom 14.01.2014 (Az: 2 O 405/11) verurteilte das Landgericht Mannheim die Beklagte wegen des Angebots und Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform zur Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung, zum Rückruf und zur Entfernung der angegriffenen Ausführungsform aus den Vertriebswegen. Außerdem stellte es die Verpflichtung der Beklagten fest, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die im Unterlassungsausspruch bezeichneten und seit dem 16.04.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das als Anlage K1 zur Akte gereichte Urteil des Landgerichts Mannheim Bezug genommen.
    Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.04.2014 (Anlage K2) forderte die Klägerin die Beklagte unter anderem zur Erteilung von Auskunft und Rechnungslegung auf. Daraufhin legte die Beklagte mit Schreiben vom 28.04.2014 (Anlage K3) Rechnung und bezifferte die Anzahl der von ihr vertriebenen „alten Ausführungsformen“ auf 54.560 Stück, wobei sie in einem Schreiben vom darauffolgenden Tag (Anlage K4) darauf hinwies, dass nicht sämtliche der beauskunfteten Ausführungsformen in Deutschland vertrieben worden seien. Mit Schreiben vom 18.06.2014 (Anlage K5) legte die Beklagte ergänzend ihre Einkaufsbelege sowie die Belege ihrer gewerblichen Verkäufe vor. Mit Beschluss vom 10.08.2015 (Anlage K7) verhängte das Landgericht Mannheim gegen die Beklagte ein Zwangsgeld von 1.000,00 EUR, um den Rechnungslegungsanspruch der Klägerin aus dem Urteil vom 14.01.2014 durchzusetzen.
    Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.05.2016 (Anlage K20) forderte die Klägerin die Beklagte zunächst außergerichtlich zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung auf. Nachdem diese Aufforderung ohne Erfolg blieb, leitete sie ein Klageverfahren gegen die Beklagte ein. Mit Urteil vom 25.04.2017 (Anlage K9) verpflichtete das Landgericht Mannheim die Beklagte, die Richtigkeit ihrer bisherigen Auskünfte und ihrer Rechnungslegung an Eides statt zu versichern. Daraufhin legte die Beklagte mit Schreiben vom 16.10.2017 (Anlage K10) erneut Rechnung. In der diesem Schreiben beigefügten Übersicht (Anlage K11) wurde die Anzahl der von der Beklagten vertriebenen Ausführungsformen (Groß- und Einzelhandel) mit 55.706 Stück und der darauf entfallende Umsatz mit 3.639.933,09 EUR angegeben. Mit Schreiben vom 26.02.2018 (Anlage K12) ergänzte und korrigierte die Beklagte ihre Rechnungslegung nochmals. Die Beklagte gab hierin zusätzliche 253 Vertriebshandlungen mit einem Gesamtumsatz von 16.761,27 EUR an, die in einer gesonderten Datenbank erfasst waren („getrennter Nummernkreis“). Dem Schreiben vom 26.02.2018 war die als Anlage K13 zur Akte gereichte Übersicht beigefügt, in der die Anzahl der verkauften Produkte nunmehr mit 55.959 (55.706 + 253) und der Gesamtumsatz mit 3.656.694,36 EUR (3.639.933,09 EUR + 16.761,27 EUR) angegeben ist. Am 18.08.2021 versicherte der Geschäftsführer der Beklagten, Herr X., die Richtigkeit und Vollständigkeit der mit Schreiben vom 16.10.2017 und 26.02.2018 nebst Anlagen gemachten Angaben vor dem Amtsgericht Mannheim an Eides statt (Anlage K14).
    Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.10.2018 (Anlage K21) forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos außergerichtlich zur Zahlung von Schadensersatz für die begangene Patentverletzung in Deutschland, Österreich und in der Schweiz in Höhe von 2.000.000,00 EUR auf. Mit ihrer Klage hat die Klägerin von der Beklagten die Herausgabe des Verletzergewinns für die von der Beklagten im Zeitraum vom 18.05.2010 bis zum 31.12.2011 in Deutschland verkauften patentverletzenden XXX Farbsprühsysteme verlangt und diesen auf einen Betrag von 1.294.001,93 EUR beziffert.
    Die Klägerin hat sich erstinstanzlich darauf berufen, die von der Beklagten beauskunftete Anzahl von 55.959 Stück verkaufter Farbsprühsysteme beziehe sich ausschließlich auf die angegriffene Ausführungsform, mithin eine patentverletzende Gestaltung des Farbsprühsystems. Die hierauf entfallenden Umsätze seien demnach vollständig für die Berechnung des Verletzergewinns zu berücksichtigen. Ein Abschlag für in der angegebenen Stückzahl möglicherweise enthaltene patentfreie Farbsprühsysteme komme nicht in Betracht.
    Die Auswertung der Belege der Beklagten im Rahmen einer Datenextraktion habe zudem ergeben, dass diese im Zusammenhang mit dem beauskunfteten Vertrieb der Farbsprühsysteme durch die Abrechnung einer Versandkostenpauschale, einer Transportversicherung, einer Nachnahmegebühr, einer Kreditkartengebühr und einer 5-Jahres-Garantie weitere Einnahmen generiert habe, die umsatzerhöhend zu berücksichtigen seien. Diesen Einnahmen könnten keine Kosten gewinnmindernd gegenübergestellt werden, weil die Beklagte hierauf im Rahmen der Rechnungslegung verbindlich verzichtet habe bzw. entsprechende Kosten nicht dargelegt seien.
    Zudem habe die Datenextraktion weitere relevante Umsätze in Höhe von 564.208,74 EUR ergeben, die – insoweit unstreitig – auf den Verkauf zusätzlicher Füllbecher und Sprühpistolen zurückzuführen seien. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang geltend gemachten Kosten für den Wareneinsatz würden mit Nichtwissen bestritten.
    Die von der Beklagten in Ansatz gebrachten Kosten für Werbezeiten könnten nicht gewinnmindernd in Ansatz gebracht werden. Es handele sich hierbei um Allgemeinkosten, die sowieso entstanden wären. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass die Werbezeiten bei den verschiedenen Sendern ein Jahr im Voraus gebucht worden seien. Auch wenn die angegriffene Ausführungsform von der Beklagten nicht vertrieben worden wäre, hätte diese die gebuchten Sendezeiten bezahlen müssen. Die Kosten seien insofern vergleichbar mit nicht abzugsfähigen Lagerkosten. Die – insoweit unstreitige – Bezuschussung der Werbekosten durchXXX sei allerdings gewinnerhöhend zu berücksichtigen.
    Im Hinblick auf den anzusetzenden Kausalfaktor sei zu berücksichtigen, dass der Kaufentschluss zu Gunsten des XXX Farbsprühsystems ganz wesentlich auf die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre zurückzuführen sei. Erst durch diese sei es möglich gewesen, auf die Spannschraube und die Stopfdichtung zu verzichten, die bei den aus dem Stand der Technik bekannten Spritzpistolen notwendig gewesen seien. Im Gegensatz zu diesen sei die Bedienung der angegriffenen Ausführungsform wesentlich leichter, das Produkt langlebiger und weise zudem weniger Verschleißteile auf. Dies sei für die Kunden der Beklagten, bei denen es sich um Heimwerker handele, ohne Weiteres erkennbar gewesen. Außerdem sei mit dem Hinweis auf die einfache Handhabbarkeit des XXX Farbsprühsystems eine werbliche Herausstellung der patentgemäßen Vorteile erfolgt. Patentfreie Alternativen, die die gleichen Vorteile aufwiesen, habe es am Markt nicht gegeben.
    Neben dem Verletzergewinn hat die Klägerin mit ihrer Klage die Erstattung der Kosten für die durchgeführte Datenextraktion in Höhe von 13.903,40 EUR verlangt. Diese Kosten seien Folge der Patentverletzung; aufgrund der zögerlichen und widersprüchlichen Auskunft und Rechnungslegung durch die Beklagte sowie der Dauer des Zwangsvollstreckungsverfahrens sei es zur Wahrnehmung und Durchsetzung ihres Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig gewesen, die von der Beklagten vorgelegten Belege durch ein externes Unternehmen auswerten zu lassen.
    Des Weiteren seien ihr – der Klägerin – die Kosten für die vorgerichtlichen anwaltlichen Schreiben in Höhe von insgesamt 17.152,85 EUR zu erstatten. Für die Aufforderung zur Auskunft und Rechnungslegung vom 01.04.2024 (Anlage K2) seien Kosten in Höhe von 209,95 EUR zu erstatten, für die Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vom 17.05.2016 seien Anwaltskosten in Höhe von 3.039,50 EUR zu erstatten. Schließlich könne sie Erstattung der für die Zahlungsaufforderung vom 17.10.2018 angefallenen Kosten in Höhe von 13.903,40 EUR verlangen.
  5. Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
    die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.294.001,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.01.2012 zu zahlen;
    ferner, die Beklagte zu verurteilen, an sie 33.658,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,
    die Klage abzuweisen.

  6. Sie hat geltend gemacht, dass es ihr von Beginn an nicht möglich gewesen sei, die Anzahl der klagepatentverletzenden Produkte zu ermitteln. Nur deshalb habe sie überobligatorisch Auskunft über die gesamte Anzahl der unter der Bezeichnung „XXX“ verkauften Farbsprühsysteme erteilt, zu denen auch patentfreie Varianten gehört hätten. Da sie alle Farbsprühsysteme von ihrer Lieferantin X bezogen habe und der Unterschied zwischen den Ausführungsformen äußerlich nicht erkennbar gewesen sei, habe keine Möglichkeit bestanden, eine Stückzahl allein für die angegriffene Ausführungsform anzugeben. „Ende 2010“ habe die X. ihre Produktion auf die patentfreie Variante umgestellt. Ab Februar bis Mai 2011 habe sie, die Beklagte, mit der Lieferung der patentfreien Variante begonnen, was bedeute, dass von diesem Zeitpunkt an immer weniger angegriffene Ausführungsformen verkauft worden seien. Für den Zeitraum ab Juni 2011 bis Dezember 2011 sei davon auszugehen, dass allenfalls noch vereinzelt durch den Vertrieb von Retouren die angegriffene Ausführungsform auf den Markt gekommen sei.
    Die mit zusätzlichen Füllbechern und Sprühpistolen erzielten Umsätze seien nicht gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Die Füllbecher und Sprühpistolen als solche seien nicht patentverletzend und hätten auch mit patentfreien Sprühsystemen verwendet werden können.
    Soweit die Klägerin außerdem weitere Einnahmen aus einer Versandkostenpauschale, einer Transportversicherung, einer Nachnahmegebühr, einer Kreditkartengebühr und einer 5-Jahres-Garantie angesetzt habe, seien diese ebenfalls nicht gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Es handele sich um bloße Durchlaufposten, aus denen sie – die Beklagte – keinen Gewinn gezogen habe.
    Von dem mit den streitgegenständlichen XXX Farbsprühsystem erzielten Umsätzen seien jedoch in erheblichem Maße Werbekosten gewinnmindernd in Abzug zu bringen. Sie habe speziell für das XXX Farbsprühsystem in großem Umfang sog. „Infomercials“ geschaltet, in denen im Rahmen des Teleshoppings die angegriffene Ausführungsform unmittelbar vermarktet worden sei. Zu diesem Zweck habe sie Sendezeiten gebucht und bezahlt; die Kosten hierfür habe sie auch dann getragen, wenn im Einzelfall die Buchung durch die XXX erfolgt sei. Auch wenn die Buchung der Werbezeiten im Voraus erfolgt sei, ließen sich die Kosten ohne weiteres ganz konkret dem XXX Farbsprühsystem zuordnen. Denn jeder Spot habe eine eigene Rufnummer, über den das entsprechende Produkt bestellt werden könne. Ohne das Farbsprühsystem hätte sie – die Beklagte – aus Gründen der Wirtschaftlichkeit die Werbezeiten nicht in dem erfolgten Umfang gebucht, sondern die Aufwendungen für TV-Werbung verringert und die entsprechenden Werbekosten eingespart.
    Die Beklagte meint, dass der Kausalanteil im geringen einstelligen Prozentbereich liegen müsse. Bei der Bestimmung des Kausalanteils sei – wenn man diesen Umstand nicht bereits bei der Bestimmung der maßgeblichen Umsätze berücksichtige – ein Abzug zu machen, weil sie, die Beklagte, neben der angegriffenen Ausführungsform auch patentfreie Varianten des XXX Farbsprühsystems angeboten habe. Im Übrigen hätten die alternativ verfügbaren patentfreien Varianten nicht nur im Aussehen, sondern auch in der Handhabung durch den Benutzer keinen Unterschied zu der angegriffenen Ausführungsform aufgewiesen. Der Kaufentschluss der Kunden habe vor allem auf der Art der Werbung beruht. Denn mit dem Angebot mittels Teleshoppings werde dem Kunden ein Einkaufserlebnis geboten, das ihn zu Spontankäufen bewege, ohne dass zuvor ein Vergleich zu anderen Produkten angestellt werde. Relevant für die Kaufentscheidung sei vor allem auch der niedrige Preis, zu dem das XXX Farbsprühsystem angeboten worden sei. Dieser sei auf die Anstrengungen ihrer Zulieferin zurückzuführen, nicht aber auf die Verwirklichung der klagepatentgemäßen Lehre. Das zeige sich bereits daran, dass sich die Herstellungskosten mit der Umstellung auf die nunmehr vertriebene, patentfreie Variante nicht geändert hätten.
  7. Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 06.03.2024 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 06.05.2024 verurteilt, an die Klägerin 380.436,10 EUR nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 % vom 01.01.2012 bis zum 06.04. 2022 und von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04. 2022 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
    Die Klägerin habe gegen die Beklagte Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 380.436,10 EUR. Dieser Betrag beruhe auf einem maßgeblichen Umsatz von 4.902.671,69 EUR, einem daraus resultierenden Gewinn von 3.043.488,78 EUR und einem Anteilsfaktor von 12,5 %. Die Umsätze seien auf der Grundlage der von der Beklagten beauskunfteten 55.959 Farbsprühsysteme zu bestimmen gewesen. Die Beklagte habe nicht darlegen und beweisen können, dass die von ihr beauskunfteten Stückzahlen auch patentfreie Farbsprühsysteme umfassten und die maßgeblichen Umsätze deshalb zu verringern seien. Durch das Urteil des Landgerichts Mannheim sei zwar festgestellt worden, dass das Farbsprühsystem in unterschiedlichen, auch patentfreien Ausführungsformen vertrieben worden sei. Keine Feststellungen seien aber zu dem Zeitraum getroffen worden, in dem die patentfreien Varianten vertrieben worden seien. Die Rechnungslegung der Beklagten lasse nicht erkennen, dass die beauskunfteten Stückzahlen und korrespondierenden Erlöse neben der im Ausgangsverfahren angegriffenen Ausführungsform auch patentfreie Varianten umfasst hätten.
    Neben den Erlösen, die unmittelbar auf den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform zurückzuführen seien, seien weitere Umsätze gewinnerhöhend zu berücksichtigen, die mit dem Verkauf von Füllbechern und Sprühpistolen erzielt worden seien. Die Füllbecher seien mit dem Durchmesser ihrer Öffnung und ihrem Außengewinde speziell an das Innengewinde der Farbbecheraufnahme der XXX Farbsprühpistole angepasst gewesen. Dass die Füllbecher ebenso gut mit der patentfreien Variante des Farbsprühsystems funktioniert hätten, sei unbeachtlich, da es sich hierbei um einen nicht zu berücksichtigenden hypothetischen Kausalverlauf handele.
    Aus der Vereinnahmung einer Versandkostenpauschale, einer Transportversicherung, einer Nachnahmegebühr, einer Kreditkartengebühr und einer 5-Jahres-Garantie seien weitere Umsätze generiert worden, die gewinnerhöhend zu berücksichtigen seien. Es handele sich hierbei um Zusatzgeschäfte, die ohne das Inverkehrbringen der angegriffenen Ausführungsform nicht hätten generiert werden können. Dass diese nicht in direktem ursächlichen Zusammenhang mit den technischen Eigenschaften der Farbsprühsysteme gestanden hätten, sei unerheblich. Es sei auch kein Abzug deshalb vorzunehmen, weil mit den patentverletzenden Produkten ggf. auch patentfreie Produkte versandt worden seien. Insofern hätte es der Beklagten oblegen vorzutragen, welche Produkte völlig losgelöst von dem XXX Farbsprühsystem verkauft worden seien und welchen Anteil an den gesamten Verkäufen dies betreffe.
    Weiter sei der von der Lieferantin XXX beigesteuerte Beitrag zu den Werbekosten in Höhe von 91.648,37 EUR umsatzsteigernd zu berücksichtigen. Es handele sich um Einnahmen, die dem Verkauf des XXX Farbsprühsystems konkret zugerechnet werden könnten.
    Aus alledem ergebe sich ein maßgeblicher Gesamtumsatz von 4.902.671,69 EUR. Von diesem Betrag seien Kosten in Höhe von 1.859.182,91 EUR abzuziehen.
    Nicht berücksichtigt werden könnten Kosten für Sendeplätze, die mit Infomercials für das patentverletzende XXX Farbsprühsystem belegt wurden. Hierbei handele es sich um allgemeine Marketingkosten, die den patentverletzenden Farbsprühsystemen nicht konkret zurechenbar seien. Die Buchung der Sendezeiten erfolge aufgrund von Jahresverträgen im Voraus. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass bereits im Zeitpunkt der Buchung der Sendezeiten feststehe, welches konkrete Produkt wann beworben werde. Das Kontingent an Sendeplätzen wäre daher auch dann gebucht worden, wenn das XXX Farbsprühsystem nicht angeboten worden wäre. Der Verkauf bestimmter Produkte lasse sich im „XXX TV“ zwar sehr genau nachvollziehen und einer bestimmten TV-Sendung zuordnen, dies aber erst nach der Buchung der Sendezeiten. Damit seien die hierdurch entstehenden Kosten in jeglicher Hinsicht vergleichbar mit Lagerkosten, die ebenfalls zu den nicht abzugsfähigen Kosten gehörten. Denn auch ein Lager werde im Vorhinein für die Bevorratung verschiedener Produkte angemietet. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass sich im Nachhinein genau sagen lasse, für welchen Zeitraum welche Produkte bevorratet wurden. Auf eine nachträgliche Zuordnung komme es nicht an; entscheidend sei vielmehr, ob bereits bei Entstehung der Kosten eine eindeutige und ausschließliche Zurechnung zu den patentverletzenden Produkten vorgenommen werden könne.
    Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie ohne den Vertrieb des XXX Farbsprühsystems die Werbezeiten nicht in demselben Umfang gebucht hätte. Sie habe schon nicht hinreichend vorgetragen, dass sie bei der Jahresbuchung von vornherein weniger Sendezeiten gebucht hätte, wenn sie das XXX Farbsprühsystem nicht von Beginn an im Programm gehabt hätte. Zudem habe die Bewerbung des XXX Farbsprühsystems nicht nur zum Verkauf patentverletzender, sondern auch patentfreier Produkte geführt. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Möglichkeit gehabt habe, in der für die XXX Farbsprühsysteme genutzten Sendezeit andere Produkte zu bewerben. Schließlich finde der von der Beklagten betriebene Werbeaufwand bereits bei der Bestimmung des Kausalanteils Berücksichtigung. Würde man die Kosten für die Sendezeiten von den Umsätzen in Abzug bringen, würden diese ungerechtfertigt doppelt berücksichtigt.
    Allerdings könne die Beklagte den Umsätzen in erheblichem Umfang andere abzugsfähige Kosten gegenüberstellen. Dies betreffe zum einen die Kosten für den Wareneinsatz sowohl für das Farbsprühsystem selbst als auch für die Füllbecher und Sprühpistolen. Zum anderen seien Ausgaben für Verpackung und Versand zu berücksichtigen. Auf eine Geltendmachung dieser Ausgaben habe die Beklagte nicht verzichtet. Die Versandkostenpauschale sei von der Beklagten als Durchlaufposten angesehen worden und im Rahmen des Rechnungslegungsverfahrens nicht thematisiert, insbesondere nicht umsatzerhöhend berücksichtigt worden. Daher könne es der Beklagten nunmehr nicht verwehrt werden, Versandkosten gewinnmindernd in Abzug zu bringen. Für Verpackung, Versand und Kartonage könne insofern ein Betrag von 213.553,29 EUR errechnet werden, der in Abzug zu bringen sei. Den Nachnahmegebühren von 4,95 EUR pro Paket stünden abzugsfähige Kosten in Höhe von 5,99 EUR pro Paket gegenüber.
    Von dem ermittelten Gewinn sei ein Anteil von 12,5 % auf die Verletzung des Klagepatents zurückzuführen. Die erfindungsgemäße Lehre betreffe insbesondere den Zusammenbau der Spritzpistole, der vereinfacht und damit weniger kostspielig werde. Damit seien herstellerseitige Vorteile betroffen, die nur mittelbar für den Endkunden relevant seien. Daneben werde durch die besondere Ausgestaltung der Dichtung die Lebensdauer der Spritzpistole verlängert und das Ersetzen von Verschleißteilen vermieden. Aufgrund dieser Wirkungen stelle die Erfindung mehr als nur eine Detailverbesserung dar. Am Markt erhältlich seien alternativ nur die das Patent verwirklichende „XXX“ und die patentfreie „XXX“ gewesen. Die „XXX“ habe aber eine Stopfdichtung und eine Spannschraube aufgewiesen. Durch den Verzicht hierauf seien bei der angegriffenen Ausführungsform die Montage vereinfacht und der Verschleiß reduziert gewesen. Dies seien unmittelbare Vorteile für den Kunden, die sich auf die Kaufentscheidung auswirken könnten. Im Ausgangspunkt sei der Kausalanteil deshalb mit etwa einem Drittel zu bemessen. Der Absatz des XXX Farbsprühsystems sei aber ganz erheblich durch das Werbemodell des „Teleshoppings“ beeinflusst worden, die Bedeutung der erfindungsgemäßen Vorteile sei dabei in den Hintergrund getreten. Diese seien werblich auch nicht besonders herausgestellt worden. Dies rechtfertige es, den Kausalanteil auf 12,5 % zu reduzieren.
    Die der Klägerin für die Datenextraktion entstandenen Kosten könne diese nicht ersetzt verlangen. Insbesondere bestehe kein Schadensersatzanspruch wegen Nicht- oder Schlechtleistung der Auskunft durch die Beklagte. Es habe der Klägerin oblegen, ihren Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung vollständig im Zwangsvollstreckungsverfahren geltend zu machen. Mache sie hiervon keinen Gebrauch, könne sie dadurch entstandene zusätzliche Kosten nicht im Wege des Schadensersatzes bei der Beklagten geltend machen.
    Auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seien nicht erstattungsfähig. Insofern fehle es an substantiiertem Vortrag der Klägerin dazu, ob die Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten zunächst allein die außergerichtliche Geltendmachung ihrer Ansprüche umfasst habe. Hiervon sei nicht ohne weiteres auszugehen. Sei dies nicht der Fall, so diene die außergerichtliche Tätigkeit der Vorbereitung der Klage und werde mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG VV abgegolten. Für das Entstehen einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG VV sei dann kein Raum mehr.
    Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der landgerichtlichen Entscheidung vom 06.03.2024 sowie den Berichtigungsbeschluss vom 06.05.2024 Bezug genommen.
  8. Gegen dieses Urteil richten sich die form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen beider Parteien.
    Die Klägerin begehrt mit ihrer Berufung auch die Zuerkennung des vom Landgericht abgewiesenen Teils ihrer Klageforderung und macht unter Bezugnahme auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen geltend:
    Das Landgericht sei in seinem Urteil von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. So seien weder die Kosten für den Wareneinsatz der Füllbecher (153.957,60 EUR) noch die Kosten für den Wareneinsatz der Sprühpistolen (6.176,00 EUR) unstreitig gestellt worden. Vielmehr habe sie, die Klägerin, diese Kosten in ihrer Replik mit Nichtwissen bestritten. Lediglich aus anwaltlicher Vorsicht sei im Rahmen der Klage ein ggf. abzugsfähiger Betrag geschätzt worden. Die Beklagte habe hierzu aber nicht substantiiert vorgetragen und insbesondere nach dem Bestreiten der Klägerin in der Replik die Höhe dieser Kosten nicht nachgewiesen. Aus diesem Grunde sei die Abzugsfähigkeit dieser Kostenpositionen zu verneinen.
    Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht außerdem der Einnahme der VersandkostenpauschaIe Ausgaben für Verpackung und Versand gegenübergestellt. Diese seien in der Rechnungslegung der Beklagten nicht aufgeführt und hätten daher im Prozess von ihr im Einzelnen dargelegt und bewiesen werden müssen. Die Beklagte habe für diese Kostenpositionen lediglich (bestrittene) Preisspannen pro Paket angegeben und dem Gericht nicht einmal die Gesamtzahl der von ihr versandten Pakete genannt. Kosten für Versand, Verpackung und Kartonage seien aber jedenfalls dann nicht abzugsfähig, wenn mit den versandten Paketen auch andere, nicht patenverletzende Produkte ausgeliefert worden seien. Auch hierzu habe die Beklagte keine Angaben gemacht. Dennoch habe das Landgericht auf dieser Grundlage rechtsfehlerhaft die Kosten nach § 287 ZPO geschätzt. Im Übrigen habe die Beklagte im Laufe des RechnungsIegungsverfahrens gegenüber ihr, der Klägerin, wirksam darauf verzichtet, die Kosten für EinzeIhandelsIieferungen gewinnmindernd in Abzug zu bringen. Das Vorstehende gelte entsprechend für die Nachnahmekosten.
    Mit 12,5 % habe das Landgericht außerdem den Kausalanteil wesentlich zu niedrig bemessen. Dies sei mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes insbesondere in seiner grundlegenden Entscheidung „Gemeinkostenanteil“ (BGH GRUR 2001, 329, 332) nicht vereinbar. Diese stehe einer Berücksichtigung des von der Beklagten praktizierten Vertriebsmodells des „Teleshoppings“ und des damit verbundenen Werbeaufwandes bei der Bemessung des Kausalanteils entgegen, weil damit dem allgemeinen Grundsatz widersprochen werde, dass es bei der Berechnungsmethode der Herausgabe des Verletzergewinns nicht darauf ankomme, ob der Verletzte den herausverlangten Gewinn selbst hätte erzielen können.
    Die Kosten für die Datenextraktion seien nach § 139 Abs. 2 S. 1 PatG erstattungsfähig. Die Rechtsauffassung des Landgerichts, sie (die Klägerin) hätte sich die von ihr benötigten Informationen vorrangig durch eine Vollstreckung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs verschaffen müssen, sei verfehlt. Ein solcher Vorrang des Zwangsmittelverfahrens und eine entsprechende Obliegenheit, ein VoIIstreckungsverfahren durchzuführen, existiere nicht. Wegen der langen Dauer des Verfahrens vor dem Landgericht Mannheim sei ihr im Übrigen ein weiteres Zwangsmittelverfahren gegen die Beklagte nicht zumutbar gewesen, dessen Erfolgsaussichten auch unsicher gewesen seien, weil die Belege, welche die Klägerin habe auswerten lassen, von der Beklagten im Rahmen ihrer Rechnungslegung bereits vorgelegt worden seien.
    Schließlich seien auch die vorprozessual entstandenen Anwaltskosten erstattungsfähig. Insbesondere habe im Zeitpunkt der Abfassung des Aufforderungsschreibens vom 01.04.2014 (Anlage K 2) und des Zwangsmittelantrags vom 12.02.2015 kein uneingeschränkter Auftrag zur gerichtlichen Durchsetzung vorgelegen. Vielmehr habe sie, die Klägerin, ihrem Anwalt zunächst (nur) einen auf die außergerichtliche Tätigkeit beschränkten Auftrag erteilt. Der Auftrag zur gerichtlichen Durchsetzung sei erst später erfolgt, nachdem die Beklagte eine außergerichtliche Erfüllung verweigert habe und VergIeichsverhandlungen gescheitert seien.
  9. Die Klägerin beantragt,
    die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 06.03.2024 (Az. 4b O 19/22) zu verurteilen,
    an sie über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere 878.213,19 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % vom 01.01.2012 bis zum 06.04.2022 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.04.2022 sowie
    weitere 36.907,64 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.04.2022 zu zahlen.
  10. Die Beklagte beantragt,
    die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,
    sie – auf ihre Anschlussberufung – unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 06.03.2024 (Az. 4b O 19/22) zu verurteilen, an die Klägerin 75.923,93 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% vom 01.01.2012 bis zum 06.04.2022 und von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2022 zu zahlen und die Klage im Übrigen abzuweisen.
  11. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit das Landgericht die Klage abgewiesen hat, unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, wobei sie geltend macht:
    Zu Recht habe das Landgericht die Kosten für den Wareneinsatz der Füllbecher (153.957,60 EUR) und die Kosten für den Wareneinsatz der Sprühpistolen (6.176,00 EUR) gewinnmindernd in Abzug gebracht. Die Klägerin selbst habe diese Kosten in ihrer Klageschrift zugestanden und in der Anlage K18 berücksichtigt. Die Einkaufspreise der zusätzlichen Füllbecher entsprächen exakt den Einkaufspreisen der Füllbecher, die im Paket mit dem XXX Farbsprühsystem abgegeben würden. Ein Bestreiten mit Nichtwissen sei diesbezüglich nicht möglich. Die Klägerin widerspreche damit ohne nachvollziehbare Begründung ihrem eigenen Vortrag. Gleiches gelte für den Wareneinsatz für die Sprühpistolen.
    Ebenfalls zu Recht habe das Landgericht Kosten für Verpackung und Versand in Abzug gebracht. Entsprechende Kosten ergäben sich aus den Belegen gemäß Anlagen B6, B7 und B8. Das Landgericht habe die Berechnung der entstandenen Kosten auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen selbst vornehmen können. Ein Ermessensfehler liege hierin nicht. Auf die Geltendmachung der Verpackungs- und Versandkosten habe sie – die Beklagte – im Rahmen der Rechnungslegung nicht generell verzichtet. Der erklärte Verzicht habe vielmehr – wie das Landgericht richtig festgestellt habe – auf dem Verständnis gefußt, dass in der Rechnungslegung auch keine Einnahmen aus der Versandkostenpauschale enthalten waren. Diesem Verständnis sei die Klägerin im Rechnungslegungsverfahren nicht entgegengetreten. Wenn die Klägerin nunmehr im Rahmen ihrer Klage Erlöse aus dem Versand geltend mache, dürfe es ihr – der Beklagten – nicht verwehrt sein, im Gegenzug Kosten für den Versand in Abzug zu bringen. Insofern habe das XXX System die Grundlage für sämtliche X-Produkte dargestellt und sei Ursache jeglicher entstandenen Kosten für Verpackung, Versand und Kartonage. Das Vorstehende gelte in gleicher Weise für die Nachnahmekosten. Diese seien von ihr durch die Anlagen B8 und B10 nachgewiesen worden.
    Im Ergebnis richtig habe das Landgericht auch den Kausalanteil bestimmt, wobei die streitgegenständliche Erfindung allerdings lediglich eine Detailverbesserung darstelle. Für die Kunden sei nicht erkennbar, dass die angegriffene Ausführungsform – anders als die „XXX“ – keine Stopfdichtung und keine Spannschraube aufweise. Im Übrigen seien auch patentfreie Alternativen des XXX Farbsprühsystems angeboten worden. Bei der Bemessung des Kausalanteils sei aber vor allem der erhebliche Werbeaufwand zu berücksichtigen, den die Beklagte für das XXX Farbsprühsystem betrieben habe und der die großen Umsätze mit diesem Produkt erst ermöglicht habe.
    Mit ihrer eigenen Berufung begehrt die Beklagte die Klageabweisung, soweit das Landgericht sie durch sein Urteil vom 06.03.2024 zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt hat, der über einen Betrag von 75.923,23 EUR nebst Zinsen hinausgeht. Unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag trägt sie hierzu vor:
    Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht die von ihr, der Beklagten, aufgewandten Werbekosten für die Infomercials nicht als abzugsfähige Kosten anerkannt. Es handele sich hierbei keineswegs um Gemeinkosten, sondern um konkret auf den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform bezogene Gestehungskosten. In den ausgestrahlten Infomercials sei ein konkretes Produkt, hier das XXX Farbsprühsystem beworben worden. Das Teleshopping eröffne einen direkten Verkaufskanal zum Kunden. Der direkte Zusammenhang zwischen einer konkreten Warenbestellung und der Ausstrahlung des Infomercials lasse sich genau nachvollziehen. Für die Abzugsfähigkeit könne es nicht darauf ankommen, ob die konkrete Zuordnung zur Verletzungsform bereits von Anfang an bei der Buchung der TV-Sendezeiten oder erst später vorgenommen werden könne. Wenn ein Vertrieb des XXX Systems nicht erfolgt wäre, wären die Sendezeiten nicht gebucht worden, jedenfalls aber im Nachhinein erheblich verringert worden. Im Übrigen sei über das im Rahmen der Jahresverträge Vereinbarte hinaus in erheblichem Umfang Sendezeit für die Bewerbung der angegriffenen Ausführungsform hinzugebucht worden. Diese Zubuchungen hätten Kosten in Höhe von 490.440,00 EUR verursacht.
    Der Werbeaufwand werde bei einem Abzug der Kosten für die Werbezeiten auch nicht etwa doppelt berücksichtigt. Soweit die Werbung bei der Bemessung des Anteilsfaktors eine Rolle spiele, habe dies nicht vorrangig mit den aufgewandten Kosten für die Sendezeit zu tun, sondern vielmehr mit der inhaltlichen Gestaltung der Werbung. Denn erst die gute und humorvolle Aufmachung der Werbespots rege die Kunden zum Kauf an, so dass die technische Ausgestaltung des Produkts in den Hintergrund trete.
  12. Die Klägerin beantragt,
    die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
  13. Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts im Hinblick auf die fehlende Abzugsfähigkeit der Werbekosten. Das Landgericht habe zu Recht darauf abgestellt, dass die Kosten für die TV-Sendezeiten im Zeitpunkt ihrer Entstehung, nämlich der Buchung der Sendezeiten, nicht einem konkreten Produkt zugeordnet werden könnten. Damit seien diese Werbekosten in jeder Hinsicht mit Lagerkosten vergleichbar, die nicht gewinnmindernd in Ansatz gebracht werden könnten.
    Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
  14. B.
    Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. In der Sache hat aber nur die Berufung der Beklagten teilweise Erfolg. Die Berufung der Klägerin ist hingegen unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 280.814,75 EUR, von denen 277.814,07 EUR auf den ihr zustehenden Verletzergewinn und 3.000,68 EUR auf den Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten entfallen.

    I.
    Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der erstinstanzliche Streitgegenstand, soweit das angefochtene Urteil über ihn entschieden hat und eine Änderung durch die Berufungsanträge begehrt wird (BeckOK ZPO/Wulf, 56. Ed. 1.12.2024, § 528 Rn. 3). Vorliegend begehrt die Beklagte eine Änderung des erstinstanzlichen Urteils, soweit sie hierdurch zur Zahlung eines über den Betrag von 75.923,93 EUR hinausgehenden Schadensersatzes nebst Zinsen verurteilt worden ist. Die Klägerin begehrt eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, soweit ihrem Klageantrag über den Betrag von 380.836,10 EUR nebst Zinsen hinaus nicht entsprochen worden ist. Nicht angegriffen wird demnach die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 75.923,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % vom 01.01.2012 bis zum 06.04.2022 und von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2022. Insofern unterliegt das Urteil nicht der Berufung. Die hierin liegende Beschränkung der Berufung seitens der Beklagten ist gemäß § 528 ZPO zulässig. Ein Teilanerkenntnis – wie die Klägerin meint – liegt in dem beschränkten Berufungsangriff der Beklagten nicht. An ihrer diesbezüglichen Rechtsauffassung hält die Klägerin im Übrigen wohl auch nicht mehr fest. Denn sie hat mit Schriftsatz vom 06.03.2024 einen Antrag nach § 537 ZPO gestellt. Auf diesen hat der Senat durch Beschluss vom 08.05.2025 das Urteil des Landgerichts Düsseldorf in Höhe von 75.923,93 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % vom 01.01.2012 bis zum 06.04.2022 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.04.2022 für vorläufig vollstreckbar erklärt (Bl. 537-538 eAkte).

  15. II.
    In der Sache hat die Klägerin gegen die Beklagte nur einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt 280.814,75 EUR nebst Zinsen aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 2 S. 2 PatG. Im Übrigen besteht kein Anspruch.
    Der im Vergleich zum Urteil des Landgerichts geringere Betrag beruht vor allem darauf, dass von den Umsatzerlösen der Beklagten Kosten für TV-Werbezeiten in Höhe von insgesamt 1.583.913.42 EUR in Abzug zu bringen sind. Dass der Senat demgegenüber einen etwas höheren Kausalanteil von 15 % angenommen hat, führt vor diesem Hintergrund im Ergebnis nicht zu einer Erhöhung des zu erstattenden Verletzergewinns. Die Erstattung von Kosten für die Datenextraktion kann die Klägerin nicht verlangen; von den geltend gemachten vorprozessualen Rechtsanwaltskosten ist aber ein Teil erstattungsfähig. Im Einzelnen gilt Folgendes:

    1.
    Zur Ermittlung des der Klägerin entstandenen Schadens stützt sich diese auf die Berechnungsmethode der Herausgabe des Verletzergewinns.
    Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns folgt nach der Umsetzung der Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vom 29.04.2004 (Richtlinie 2004/48/EG) unmittelbar aus § 139 Abs. 2 Satz 2 PatG. Für die Berechnung des Schadens auf der Grundlage des vom Verletzer erzielten Gewinns sind grundsätzlich alle Gewinne zu berücksichtigen, die mit der Verletzung des Patents in ursächlichem Zusammenhang stehen (BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 18 – Polsterumarbeitungsmaschine; GRUR 2024, 1201 Rn. 15 – Verdampfungstrockneranlage).
    Der durch die Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts zu kompensierende Schaden ist in der Beeinträchtigung des absoluten Rechts und der mit diesem verbundenen, allein dem Inhaber zugewiesenen Nutzungsmöglichkeiten zu sehen (BGH, GRUR 2012, 1226 Rn. 15 – Flaschenträger, m.w.N.; GRUR 2024, 273 – Polsterumarbeitungsmaschine; Senat, GRUR 2025, 479 Rn. 141 – Spenderteil). Der Schaden besteht darin, dass der Verletzer die durch das immaterielle Schutzgut vermittelten konkreten Marktchancen für sich nutzt und sie damit zugleich der Nutzung durch den Schutzrechtsinhaber entzieht (BGH, GRUR 2012, 1226 Rn. 15 – Flaschenträger; GRUR 2024, 273 Rn. 20 – Polsterumarbeitungsmaschine; GRUR 2024, 1201 Rn. 32 – Verdampfungstrockneranlage; Senat, GRUR 2025, 479 Rn. 141 – Spenderteil)
    Bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 07.07.2008 war in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Verletzte zur Kompensation seines Schadens zwischen der Berechnung des konkret entgangenen Gewinns, der Geltendmachung einer angemessenen Lizenzgebühr und der Herausgabe des Verletzergewinns wählen konnte (BGH, GRUR 1962, 401 – Kreuzbodenventilsäcke III; GRUR 1962, 509 – Dia-Rähmchen II; GRUR 1993, 55 – Tchibo/Rolex II). Ziel der Methoden zur Schadensberechnung ist die Ermittlung desjenigen Betrags, der zum Ausgleich dieses Schadens erforderlich und angemessen ist, und damit die Ermittlung des wirtschaftlichen Werts des Schutzrechts und der in ihm verkörperten Marktchance. Dieser wird durch den erwarteten, aber entgangenen Gewinn des Schutzrechtsinhabers, durch den tatsächlichen Gewinn des Verletzers oder durch die Gewinnerwartung erfasst, die vernünftige Vertragsparteien mit dem Abschluss eines Lizenzvertrags über die Nutzung des Schutzrechts verbunden hätten (BGH, GRUR 2012, 1226 Rn. 16 – Flaschenträger; GRUR 2024, 273 Rn. 20 – Polsterumarbeitungsmaschine; GRUR 2025, 574 Rn. 42 – Glatirameracetat; Senat, GRUR 2025, 479 Rn. 141 – Spenderteil).
    Anders als der Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns sind die Schadenskompensation durch Herausgabe des Verletzergewinns und die Kompensation durch Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr allerdings nicht auf Ersatz des konkret eingetretenen Schadens gerichtet. Die beiden zuletzt genannten Berechnungsmethoden zielen vielmehr in anderer Weise auf einen billigen Ausgleich des Vermögensnachteils, den der verletzte Rechtsinhaber erlitten hat (BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 21 – Polsterumarbeitungsmaschine).
    Der Anspruch auf Herausgabe des Gewinns beruht auf der Erwägung, dass es unbillig wäre, dem Verletzer einen Gewinn zu belassen, der auf einer schuldhaften unbefugten Benutzung des Schutzrechts beruht (BGH, GRUR 2019, 496 Rn. 20 – Spannungsversorgungsvorrichtung; GRUR 2024, 273 Rn. 22 – Polsterumarbeitungsmaschine; Senat, GRUR 2025, 479 Rn. 142 – Spenderteil). Er zielt auf eine Kompensation des Umstands, dass sich der Verletzer bei Umsatzgeschäften die erfindungsgemäße Lehre zunutze gemacht und damit die von der Rechtsordnung dem Schutzrechtsinhaber zugewiesene Marktchance für sich genutzt hat (BGH GRUR 2012, 1226 Rn. 35 – Flaschenträger; GRUR 2024, 273 Rn. 22 – Polsterumarbeitungsmaschine; Senat, GRUR 2025, 479 Rn. 142 – Spenderteil). Die Abschöpfung des Verletzergewinns dient zudem der Sanktionierung des schädigenden Verhaltens und auf diese Weise der Prävention gegen eine Verletzung der besonders schutzbedürftigen Immaterialgüterrechte (BGH, GRUR 2019, 496 Rn. 20 – Spannungsversorgungsvorrichtung; GRUR 2024, 273 Rn. 23 – Polsterumarbeitungsmaschine; Senat, GRUR 2025, 479 Rn. 142 – Spenderteil).
    In welchem Umfang der erzielte Gewinn auf die Schutzrechtsverletzung zurückzuführen ist, lässt sich regelmäßig nicht genau ermitteln, sondern nur abschätzen. Der notwendige ursächliche Zusammenhang zwischen der Schutzrechtsverletzung und dem erzielten Gewinn ist daher nicht nur im Sinne adäquater Kausalität zu verstehen. Auch bei Gewinnen aus dem Inverkehrbringen patentgemäßer Vorrichtungen ist vielmehr wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf den mit dem verletzten Schutzrecht zusammenhängenden Eigenschaften des veräußerten Gegenstands oder anderen Faktoren beruht (BGH, GRUR 2012, 1226 Rn. 20 – Flaschenträger; GRUR 2013, 1212 Rn. 5 – Kabelschloss; GRUR 2024, 273 Rn. 25, 26 – Polsterumarbeitungsmaschine; GRUR 2024, 1201 Rn. 26 – Verdampfungstrockneranlage; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.04.2019 – I-15 U 33/18, GRUR-RS 2019, 7923 Rn. 33 – Verletzergewinn).
    Ausgehend hiervon ist der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns auch auf Gewinne gerichtet, die durch den Abschluss von Zusatzgeschäften erzielt worden sind, die zwar keine Benutzungshandlung iSv § 9 PatG oder § 10 PatG darstellen, deren Abschluss aber in ursächlichem Zusammenhang mit patentverletzenden Handlungen steht und einen hinreichenden Bezug zu dem verletzenden Gegenstand aufweist (BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 26 ff. – Polsterumarbeitungsmaschine; Senat, GRUR 2025, 479 Rn. 143 – Spenderteil). Dem steht nicht entgegen, dass der Gegenstand solcher Geschäfte nicht dem durch das Patent begründeten Ausschließlichkeitsrecht unterliegt. Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns ist zwar nur auf denjenigen Gewinn gerichtet, der durch die unbefugte Benutzung der Erfindung erzielt worden ist. Dieser Gewinn ist aber nicht zwingend beschränkt auf Vermögensvorteile, die im Austausch gegen die Überlassung von patentgemäßen Gegenständen erlangt worden sind (BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 29, 30 – Polsterumarbeitungsmaschine).
    Seiner Funktion, einen billigen Ausgleich für den vom verletzten Rechtsinhaber erlittenen Vermögensnachteil zu ermöglichen, kann der Anspruch auf Gewinnherausgabe nur dann gerecht werden, wenn er sich auf alle Gewinne des Verletzers bezieht, die dieser erzielt hat, weil er eine Marktchance wahrgenommen hat, die ihm nur bei Verletzung des Schutzrechts zugänglich war. Der Rechtsinhaber hat Anspruch darauf, dass ihm nicht nur diejenigen Vermögensnachteile ersetzt werden, die ihm entstanden sind, weil ihm die Chance genommen wurde, für die zum Schadensersatz verpflichtenden Benutzungshandlungen selbst Entgelte zu vereinnahmen, sondern auch Folgeschäden aus Zusatzgeschäften, die ihm bei Benutzung der Erfindung möglich gewesen wären. Folgerichtig muss der Verletzergewinn aus solchen Zusatzgeschäften grundsätzlich ebenfalls in die Berechnungsgrundlage für den herauszugebenden Gewinn einbezogen werden, soweit der erforderliche Ursachenzusammenhang zu der Patentverletzung besteht (BGH GRUR 1962, 509, 512 ff. – Dia-Rähmchen II; GRUR 2024, 273 Rn. 30, 32 – Polsterumarbeitungsmaschine; Senat, GRUR 2023, 394 Rn. 120 ff. – Tassenspender).
    Ein hinreichender Zusammenhang zu einer patentverletzenden Handlung besteht insbesondere bei Gewinnen aus Zusatzgeschäften, die einen Bezug zu patentverletzenden Gegenständen aufweisen. Ein solcher Bezug besteht grundsätzlich dann, wenn sich das Geschäft auf einen patentverletzenden Gegenstand bezieht (BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 36 – Polsterumarbeitungsmaschine). Wie der Gewinn aus dem Inverkehrbringen des verletzenden Gegenstands wird in solchen Konstellationen zwar auch der Gewinn aus dem Zusatzgeschäft in aller Regel nicht allein auf der Patentverletzung beruhen, sondern auf anderen Faktoren, die für die Kaufentscheidung des Kunden maßgeblich waren. Dies ändert aber nichts daran, dass der Gewinn jedenfalls auch auf der Patentverletzung beruht, weil die zusätzliche Leistung ohne das Inverkehrbringen der patentverletzenden Vorrichtung nicht hätte erbracht werden können (BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 37 – Polsterumarbeitungsmaschine). Der Einwand, er hätte den Gewinn auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten erzielen können, ist dem Verletzer unter diesen Voraussetzungen – ebenso wie im Zusammenhang mit dem Gewinn aus dem Vertrieb der geschützten Vorrichtung (BGH, GRUR 2012, 1226 Rn. 35 – Flaschenträger) – grundsätzlich versagt (BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 38 – Polsterumarbeitungsmaschine).
    Zur Ermittlung des nach den Grundsätzen der Herausgabe des Verletzergewinns zu zahlenden Schadensersatzes ist in einem ersten Schritt der Gewinn zu ermitteln, den der Verletzer mit den patentverletzenden Gegenständen – und ggf. diesen zuzurechnenden Zusatzgeschäften – erzielt hat. Dabei werden die berücksichtigungsfähigen Kosten des Verletzers vom erzielten Umsatzerlös abgezogen. In einem zweiten Schritt ist der Anteil des Verletzergewinns zu bestimmen, der kausal auf der Verletzung des fremden Schutzrechts beruht; nur dieser ist vom Verletzer herauszugeben (Senat, Urt. v. 09.09.2011 – I-2 U 77/09, BeckRS 2012, 9342 – Schräg-Raffstore; Urt. v. 04.10.2012 – I-2 U 76/11, BeckRS 2013, 11915 – Kabelschloss; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.04.2019 – I-15 U 33/18, GRUR-RS 2019, 7923 Rn. 32 – Verletzergewinn; Urt. v. 03.06.2015 – I-15 U 34/14, GRUR-RS 2015, 13605 Rn. 97 – Funkarmbanduhr).
    Ausgehend von diesen Grundsätzen schätzt der Senat den zu erstattenden Verletzergewinn auf einen Betrag von 277.814,07 EUR. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:

  16. a)
    Als Gesamtgewinn legt der Senat nach Abzug berücksichtigungsfähiger Kosten einen Betrag von 1.852.093,80 EUR zugrunde.
  17. aa)
    Dem liegt ein maßgeblicher (Gesamt-)Umsatz von 4.902.671,69 EUR zugrunde, der sich wie folgt zusammensetzt (vgl. auch die Berufungsbegründung der Klägerin vom 13.06.2024, S. 5 f. Bl. 287 f. eAkte):

    Verkaufserlöse Großhandel € 40.559,60
    Verkaufserlöse Einzelhandel € 3.599.373,49
    Verkaufserlöse getrennter Nummernkreis € 16.761,27
    Verkaufserlöse Füllbecher € 563.853,03
    Verkaufserlöse Sprühpistole € 355,71
    Zusätzliche Verkaufserlöse € 4.102,70
    Erlöse Versandkosten € 253.595,51
    Erlöse Transportversicherung € 114.526,72
    Erlöse Nachnahmegebühr € 177.175,50
    Erlöse Kreditkartengebühr € 2.478,52
    Erlöse 5-Jahres-Garantie € 38.241,26
    Werbekostenzuschuss XXX(gesamt) € 91.648,37
    Gesamt € 4.902.671,69

  18. (1)
    Bezugsgröße für die Berechnung des Verletzergewinns ist zunächst derjenige Umsatz, den die Beklagte mit den klagepatentgeschützten XXX Farbsprühsystemen erzielt hat.
    Zu Recht hat das Landgericht auf die von der Beklagten beauskunfteten 55.959 Farbsprühsysteme und damit korrespondierende Einnahmen von 3.656.694,36 EUR abgestellt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 54.648 im Einzelhandel verkauften Farbsprühsystemen (Gesamteinnahmen: 3.599.373,49 EUR) und 1.311 im Großhandel vertriebenen Farbsprühsystemen (Gesamteinnahmen: 40.559,60 EUR). Die Angaben entstammen der Rechnungslegung der Beklagten in ihren Schreiben vom 16.10.2017 (Anlage K10) und 26.02.2018 (Anlage K12) sowie den diesen Schreiben beigefügten Gewinn- und Kostenübersichten (Anlagen K11, K13). Soweit in Anlage K11 zunächst nur eine geringere Anzahl von 54.395 Farbsprühsystemen angegeben war, die über den Einzelhandel vertrieben worden sind, hat die Beklagte diese Angabe mit ihrem Schreiben vom 26.02.2018 korrigiert und darauf hingewiesen, dass es weitere 253 Verkäufe im Einzelhandel gegeben habe, die in einer gesonderten Datenbank erfasst gewesen und daher zunächst versehentlich übersehen worden seien („getrennter Nummernkreis“). Die Richtigkeit und Vollständigkeit der in der Rechnungslegung enthaltenen Angaben hat der Geschäftsführer der Beklagten, Herr XXX, am 18.08.2021 vor dem Amtsgericht Mannheim an Eides statt versichert (Anlage K14). Für sie streitet die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit (vgl. BGH, GRUR 1993, 897, 899 – Mogul-Anlage). Insgesamt ergeben sich damit Umsätze in Höhe von 3.656.694,36 EUR, die mit dem Verkauf des XXX Farbsprühsystems erzielt wurden.
    Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass diese Umsätze sämtlich mit dem Verkauf der angegriffenen Ausführungsform, mithin der patentverletzenden Variante des XXX Farbsprühsystems erzielt wurden, und darin keine Verkäufe von patentfreien Varianten des XXX Farbsprühsystems enthalten waren. Die Beklagte selbst hat in ihrem ersten Auskunftsschreiben vom 28.04.2014 (Anlage K3) eine Stückzahl von 54.560 angegeben, die sich „auf die für das EP 1371XXX relevante Ausführungsform“ bezog. In ihrem weiteren Schreiben vom 29.04.2014 (Anlage K4) hat sie zwar zwischen patentverletzenden und weiteren, patentfreien Ausführungsformen unterschieden, die Anzahl der „relevanten Farbsprühsysteme“ aber weiterhin mit 54.560 angegeben. Mit ihrem Schreiben vom 16.10.2017 (Anlage K10) hat die Beklagte grundlegend neu Rechnung gelegt und als Anlage einen Ordner mit einer tabellarischen Übersicht sämtlicher Transaktionsvorgänge mit Bezug zur angegriffenen Ausführungsform überreicht. Zugleich hat die Beklagte in diesem Schreiben darauf hingewiesen, zur Vorbereitung der Rechnungslegung ihre spanische Lieferantin, die XXX, befragt zu haben. Diese habe ihr mitgeteilt, „welche Lieferungen des Produkts XXX möglicherweise die angegriffene Ausführungsform, also die nicht abgewandelte Variante des Produkts XXX enthielten.“ In dem vor dem Handelsgericht Wien geführten Klageverfahren (30 Cg XXX) hat die Zeugin XXXn, Mitarbeiterin bei der XXX, ausgesagt, an die hiesige Beklagte (für den Vertrieb in Deutschland, Österreich und der Schweiz) 58.560 Stück der patentverletzenden Ausführungsform des XXX Farbsprühsystems geliefert zu haben (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2023, S. 4, vorgelegt als Anlage B15). Dies übersteigt die Menge der in der Rechnungslegung der Beklagten aufgeführten 55.959 Farbsprühsysteme, hinsichtlich derer Umsätze von insgesamt 3.656.694,35 EUR angegeben wurden. Soweit die Lieferung von XXX neben Deutschland auch den Vertrieb nach Österreich und in die Schweiz betraf, bleibt unklar, welcher Anteil der Gesamtlieferung auf diese beiden Länder entfiel. Es erscheint aber nicht unrealistisch, dass der überwiegende Teil der gelieferten Farbsprühsysteme in Deutschland vertrieben wurde. Dies gilt umso mehr, als die XXX nach den Angaben der Beklagten in dem maßgeblichen Verletzungszeitraum sogar 60.060 XXX Farbsprühsysteme an die Beklagte geliefert hat (vgl. Anlage K13 „Wareneinsatz“).
    Soweit die Beklagte vor diesem Hintergrund erstinstanzlich behauptet hat, in den von ihr beauskunfteten Transaktionsvorgängen seien auch solche enthalten, die patentfreie Varianten des XXX Farbsprühsystems betroffen hätten, bleibt ihr Vortrag unsubstantiiert. Sie trägt keinen einzigen konkreten Anhaltspunkt dafür vor, warum in den angegebenen Lieferungen nur ein Anteil von 1/3 auf die angegriffene Ausführungsform entfallen sollte. Mit ihrer Berufung greift die Beklagte die vom Landgericht zugrunde gelegten Umsätze auch nicht mehr explizit an. Vielmehr nimmt sie diese als Berechnungsgrundlage hin und führt sie in ihrer Berufungsbegründung vom 06.06.2024 (dort S. 3, Bl. 256 eAkte) selbst an. Insofern entspricht die von ihr erstellte Übersicht derjenigen der Klägerin in deren Berufungsbegründung vom 13.06.2024 (dort S. 5 f. Bl. 287 f. eAkte):
  19. Verkaufserlöse Einzelhandel € 3.599.373,49
    Verkaufserlöse getrennter Nummernkreis € 16.761,27
    Verkaufserlöse Großhandel € 40.559,60
    Gesamt € 3.656.694,36
  20. (2)
    Daneben sind zusätzliche Erlöse in Höhe von insgesamt 564.208,74 EUR gewinnerhöhend zu berücksichtigen, die mit dem Verkauf von zusätzlichen Füllbechern und Spritzpistolen erzielt wurden. Diese Umsätze sind durch die Patentverletzung ermöglicht worden und daher in die maßgeblichen Umsätze einzubeziehen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (LGU S. 20 ff.). Die Beklagte greift die Berücksichtigung dieser Umsätze mit ihrer Berufung auch nicht mehr an (vgl. die Übersicht in ihrer Berufungsbegründung vom 06.06.2024, S. 3, Bl. 256 eAkte).
  21. (3)
    Weitere Umsätze in Höhe von 4.102,70 EUR, die die Klägerin durch eine Datenextraktion der von der Beklagten überlassenen Belege ermittelt hat, sind zwischen den Parteien unstreitig. Auch sie führt die Beklagte selbst in ihrer Berufungsbegründung vom 06.06.2024 (dort S. 3, Bl. 256 eAkte) auf.
  22. (4)
    Die Klägerin hat im Wege der Datenextraktion weitere Einnahmen der Beklagten in Höhe von 586.017,51 EUR identifiziert, die die Beklagte im Zusammenhang mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform durch den Ansatz einer Versandkostenpauschale, einer Transportversicherung, einer Nachnahmegebühr, einer Kreditkartengebühr und einer 5-Jahres-Garantie generiert hat.
    Wie bereits einleitend ausgeführt, sind im Rahmen der Berechnung des Verletzergewinns grundsätzlich auch Gewinne aus Zusatzgeschäften zu berücksichtigen, die zwar keine Benutzungshandlung im Sinne von § 9 oder § 10 PatG darstellen, deren Abschluss aber in ursächlichem Zusammenhang mit patentverletzenden Handlungen steht und einen hinreichenden Bezug zu dem verletzenden Gegenstand aufweist (BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 28 – Polsterumarbeitungsmaschine). Ein solcher Bezug besteht grundsätzlich dann, wenn sich das Geschäft auf einen patentverletzenden Gegenstand bezieht, wie dies etwa bei einem Wartungsvertrag über eine unter Verletzung des Patents in Verkehr gebrachte Maschine der Fall ist, dessen Abschluss in ursächlichem Zusammenhang mit der Lieferung der Maschine durch den Verletzer steht (BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 36 – Polsterumarbeitungsmaschine).
    Diesen Grundsätzen folgend sind die Einnahmen aus der Versandkostenpauschale, der Transportversicherung, der Nachnahmegebühr, der Kreditkartengebühr und der 5-Jahres-Garantie gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Die entsprechenden Umsätze wurden im Wege der Datenextraktion aus Belegen ermittelt, die den Verkauf der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte betrafen. Es ist daher davon auszugehen, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufgeschäfts über das patentverletzende XXX Farbsprühsystem erzielt wurden. Soweit die Zeugin X im österreichischen Verfahren angegeben hat, die 5-Jahres-Garantie sei nur für die neue, patentfreie Variante erteilt worden (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2023S. 5, vorgelegt als Anlage B15), fehlt es an substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, warum die entsprechenden Beträge dann in den Belegen über die Verkäufe des patentverletzenden Farbsprühsystems zu finden waren. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die nachfolgenden Einnahmen auf den Verkauf der angegriffenen Ausführungsform und somit auf die Patentverletzung zurückzuführen sind:
  23. Erlöse Versandkosten € 253.595,51
    Erlöse Transportversicherung € 114.526,72
    Erlöse Nachnahmegebühr € 177.175,50
    Erlöse Kreditkartengebühr € 2.478,52
    Erlöse 5-Jahres-Garantie € 38.241,26
    Gesamt € 586.017,51
  24. Die Beklagte listet diese Umsätze in der von ihr erstellten Übersicht in ihrer Berufungsbegründung vom 06.06.2024 (dort S. 3, Bl. 256 eAkte) zwar nicht explizit auf, sie sind rechnerisch aber in dem von der Beklagten selbst angegebenen Gesamtbetrag von 4.902.671,69 EUR enthalten. Insofern nimmt die Beklagte die Berücksichtigung dieser Umsätze hin und tritt ihr mit ihrer Berufung nicht mehr entgegen.
  25. (5)
    Ob der von X gezahlte Werbekostenzuschuss in Höhe von 91.648,37 EUR umsatzerhöhend berücksichtigt wird oder aber von den Werbekosten in Abzug zu bringen ist, wirkt sich im Ergebnis nicht aus, da der Senat abzugsfähige Werbekosten in Höhe von 1.583.913.42 EUR ermittelt hat (s.u.) und dieser Betrag über den gezahlten Werbekostenzuschuss von 91.648,37 EUR (weit) hinausgeht. Gegen die Höhe des vom Landgericht berücksichtigten Werbekostenzuschusses erhebt die Beklagte mit ihrer Berufung keine Einwände. Insbesondere macht sie nicht geltend, dass dieser ggf. zum Teil die Ausstrahlung von Werbespots betraf, mit denen (zumindest auch) patentfreie Varianten des XXX Farbsprühsystems beworben wurden. Der Senat hat diesen Aspekt deshalb unberücksichtigt gelassen und den (gesamten) Werbekostenzuschuss in Höhe von 91.648,37 EUR umsatzerhöhend berücksichtigt.
  26. bb)
    Von den Erlösen in Höhe von insgesamt 4.902.671,69 EUR kann die Beklagte Kosten in Höhe von 3.050.577,89 EUR in Abzug bringen, die sich wie folgt aufteilen:
  27. Wareneinsatz XXX € 1.207.657,14
    Nachverrechnung XXX € 28.542,26
    Transportkosten XXX € 54.325,82
    Verzollung und Entladung XXX € 16.005,65
    Wareneinsatz Füllbecher € 153.957,60
    Wareneinsatz Sprühpistolen € 6.176,00
    DR-TV Kosten € 1.583.913.42
    _______________________________________________________________
    Gesamt € 3.050.577,89
  28. (1)
    Zunächst sind die Kosten für den Wareneinsatz des XXX Farbsprühsystems zu berücksichtigen. Diese belaufen sich unstreitig auf 1.207.657,14 EUR. Ebenfalls unstreitig sind die Kostenpositionen „Nachverrechnung XXXr“ (28.542,28 EUR), „Transport“ (54.325,82 EUR) sowie „Verzollung und Entladung“ (16.005,65 EUR).
  29. (2)
    Weiter sind – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch die Kosten für den Wareneinsatz betreffend die Füllbecher (153.957,60 EUR) und die Sprühpistolen (6.176,00 EUR) abzugsfähig.
    Die Klägerin hat diese Kosten in ihrer Klageschrift selbst aufgeführt und umsatzmindernd berücksichtigt, ohne im Einzelnen aufzuführen, wie sie diese Beträge ermittelt hat (vgl. Klageschrift v. 14.03.2022, S. 21). Soweit die Klägerin unter Verweis auf S. 21 ihrer Klageschrift vom 15.03.2022 geltend macht, sie habe die Kosten für den Wareneinsatz der Füllbecher und der Sprühpistolen nicht zugestanden, sondern nur einen möglichen Beklagtenvortrag antizipiert, ist ihr entgegenzuhalten, dass beide Posten auch in der von ihr erstellten Übersicht gemäß Anlage K18 auftauchen und es offenbar eine für die Klägerin tragfähige Grundlage gab, diese Kosten bei der Berechnung ihrer Klageforderung gewinnmindernd in Abzug zu bringen. Damit aber hat die Klägerin diese Kosten im Sinne von § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden.
    Zwar unterscheidet sich ein Zugeständnis nach § 138 Abs. 3 ZPO von einem förmlichen Geständnis im Sinne der §§ 288, 290 ZPO durch die fehlende Bindungswirkung. Es steht einem späteren Bestreiten – vorbehaltlich der Präklusion wegen Verspätung – nicht entgegen (Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 138 Rn. 9). Die Klägerin konnte das Zugeständnis daher innerhalb der durch die Präklusionsvorschriften gezogenen Grenzen widerrufen. Dies hat sie vorliegend in erster Instanz getan, indem sie die angesetzten Kosten für den Wareneinsatz hinsichtlich der Füllbecher und der Spritzpistolen in ihrer Replik vom 16.03.2023 (dort S. 19) mit Nichtwissen bestritten hat. Dieses Bestreiten kann jedenfalls im zweiten Rechtszug nicht mehr gemäß §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen werden, nachdem das Landgericht es nicht als präkludiert angesehen hat. Denn das Berufungsgericht darf eine vom Erstgericht unterlassene Zurückweisung verspäteten Vorbringens grundsätzlich – mit Ausnahme des nicht einschlägigen § 296 Abs. 3 ZPO – nicht nachholen (BGH, NJW 2006, 1741; NJW-RR 2013, 655). Dass das Landgericht das Bestreiten der Klägerin übersehen hat, ist insoweit ohne Bedeutung.
    Gleichwohl sind die von der Klägerin selbst angeführten Beträge in Abzug zu bringen. Die Beklagte beruft sich im vorliegenden Höheprozess auf diese abzugsfähigen Kosten, wobei sie diese in erster Instanz sogar höher beziffert hat als von der Klägerin ermittelt (Replik v. 01.08.2024, S. 27). Die in Rede stehenden Kosten sind damit zwar im Rahmen des Rechtsstreits erster Instanz streitig geworden und auch nach wie vor zwischen den Parteien streitig. Es liegt allerdings auf der Hand, dass der Beklagten Kosten für den Wareneinsatz entstanden sind.
    Insofern ist die Klägerin den entsprechenden Angaben der Beklagten in ihrer Rechnungslegung auch nicht entgegengetreten. Die Kosten für den Wareneinsatz der XXX Farbsprühsysteme hat sie vielmehr anerkannt und ihrer Berechnung zugrunde gelegt. Dass daneben weitere Kosten für den Wareneinsatz bezüglich zusätzlich veräußerter Füllbecher und Sprühpistolen in der Rechnungslegung nicht enthalten waren, liegt darin begründet, dass der Vertrieb dieser „Upsell“-Produkte von der Beklagten zunächst nicht beauskunftet wurde. Es liegt aber auf der Hand, dass die zusätzlichen Füllbecher und Spritzpistolen im Wareneinsatz dieselben Kosten verursacht haben wie die Füllbecher und Spritzpistolen, die Bestandteil des XXX Farbsprühsystems waren. Dies hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15.05.2025 nochmal ausdrücklich bestätigt.
    Wenn die Klägerin also den Vertrieb zusätzlicher Füllbecher und Spritzpistolen – zu Recht – umsatzhöhend geltend macht, muss sie sich gewinnmindernd auch die Kosten für den diesbezüglichen Wareneinsatz anrechnen lassen. Dass ihr selbst die Berechnung bzw. Schätzung dieser Kosten ohne weiteres möglich war, zeigt die in ihrer Klageschrift enthaltene Kostenaufstellung. Da keine Anhaltspunkte dafür dargetan oder ersichtlich sind, dass die von der Klägerin ermittelten Kosten für den Wareneinsatz unrichtig ermittelt worden oder tatsächlich Kosten in geringerer Höhe entstanden sind, können die tatsächlich entstandenen Kosten auf die von der Klägerin selbst ermittelten Beträge vom Senat geschätzt werden (§ 287 ZPO).
  30. (3)
    Nicht abzugsfähig sind die von der Beklagten mit einem Betrag von 213.553,29 EUR angegebenen Kosten für Verpackung, Versand und Kartonage. Diesbezüglich hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 16.10.2017 (Anlage K10, S. 10 Rn. 32) ausdrücklich und rechtsverbindlich auf die Geltendmachung verzichtet, indem sie erklärt hat:
    „Da Versand- und Verpackungskosten für die Einzelhandelsumsätze, wenn überhaupt, nur mit unverhältnismäßigem Aufwand berechnet werden können, hat sich unsere Mandantin entschlossen, endgültig darauf zu verzichten, diese Kosten für Einzelhandelslieferungen gewinnmindernd in Ansatz zu bringen.“
    An diese Erklärung, die ohne jeden Vorbehalt erfolgt ist, ist die Beklagte gebunden. Denn durch sie hat es die Beklagte der Klägerin unmöglich gemacht, im Zwangsvollstreckungsverfahren auf eine entsprechende Ergänzung der Auskunft und Rechnungslegung hinzuwirken (vgl. Senat, Beschl. v. 02.05.2011 – 2 W 33/11, BeckRS 2014, 4837).
    Zwar hat die Klägerin seinerzeit die von ihr im Wege der Datenextraktion auf der Grundlage der von der Beklagten beigebrachten Belege ermittelten Erlöse aus Versandkosten (Versandkostenpauschale) noch nicht als Einnahmen der Beklagten in Ansatz gebracht und die Beklagte selbst hat diesen Posten im Rahmen ihrer Rechnungslegung nicht als Erlös von ihr angegeben. Den Verzicht hat sie jedoch ohne jeden Vorbehalt erklärt. Insbesondere hat sie nicht erklärt, dass dieser nur gelten soll, wenn die Klägerin ihren Schaden unter Zugrundelegung der Rechnungslegungsangaben gemäß ihrem Schreiben vom 16.10.2017 berechnet.
  31. (4)
    Gleiches gilt für Nachnahmekosten, die die Beklagte in Höhe von 178.965,15 EUR gewinnmindernd in Abzug bringen will. Auch dies kann – entgegen der Auffassung des Landgerichts – nicht zum Erfolg führen.
    Aus der Sicht eines objektiven Empfängers kann die von der Beklagten abgegebene Verzichtserklärung nur so verstanden werden, dass keinerlei Versandkosten für die Einzelhandelsumsätze gewinnmindernd in Ansatz gebracht werden. Die von der Beklagten geltend gemachten Nachnahmekosten sind jedoch Teil der „Versandkosten“. Ein objektiver Erklärungsempfänger differenziert insofern nicht zwischen „normalen“ Versandkosten und den speziellen Kosten für die Versendung eines Pakets mittels Nachnahme, zumal die von der Beklagten in dem Schreiben vom 16.10.2017 angeführte Erklärung für den Verzicht, die Kosten könnten nur mit unverhältnismäßigem Aufwand berechnet werden, in gleicher Weise für die Nachnahme- wie für die Versandkosten gilt. Die Beklagte hat es vor diesem Hintergrund stets unterlassen, eine konkrete Anzahl der versandten Pakete anzugeben. Dies aber ist sowohl für die Versand- als auch für die Nachnahmekosten zur Berechnung zwingend.
  32. (5)
    Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Landgerichts sind die Kosten, die für die produktbezogene TV-Werbung des XXX-Farbsprühsystems aufgewandt wurden, von den Einnahmen abzuziehen, allerdings nicht in Höhe der geltend gemachten 2.094.439,63 EUR, sondern lediglich in Höhe von 1.583.913.42 EUR.
  33. (a)
    Es ist zunächst davon auszugehen, dass diese Kosten bei der Beklagten angefallen sind bzw. sie diese getragen hat. Die Beklagte hat diese Kosten bereits in ihrer vorgerichtlichen Rechnungslegung angegeben. Dass die Rechnungslegung der Beklagten insoweit unrichtig ist, ist nicht feststellbar.
    Soweit die Klägerin erstinstanzlich geltend gemacht hat, der von der Beklagten angegebene Betrag sei nicht von der Beklagten selbst, sondern von der XXX gezahlt worden, hat sie keine hinreichenden Umstände dafür aufgezeigt, dass die in Rede stehenden Werbekosten entgegen ihren Angaben nicht von der Beklagten getragen worden sind.
    Macht der Gläubiger sich die Auskünfte des Schuldners für seine Schadensberechnung – ganz oder teilweise – nicht zu eigen, sondern legt er hiervon abweichende Tatsachen zugrunde, hat grundsätzlich er (der Gläubiger) diese darzulegen und notfalls zu beweisen (Senat, Urt. v. 15.02.2007 – 2 U 71/05, NJOZ 20007, 4297, 4304 – Schwerlastregal; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Aufl., Kap. I Rn. 190, Kap. H Rn. 288). Grundsätzlich ist nämlich der Verletzte, will er den Verletzer auf Schadensersatz wegen Patentverletzung in Anspruch nehmen, für sämtliche Anspruchsvoraussetzungen darlegungspflichtig. Dazu gehört auch die Höhe des entstandenen Schadens einschließlich aller für deren Ermittlung wesentlichen Faktoren.
    Zwar kann der Verletzte seiner Darlegungslast auch dadurch genügen, dass er sich die Rechnungslegung des Verletzers zu eigen macht. Angesichts der Funktion der Rechnungslegung des Verletzers, dem Verletzten das Wissen zu vermitteln, das er zur Berechnung und zur Durchsetzung seines Ersatzanspruchs benötigt, die über das Eigeninteresse des Auskunftspflichtigen hinaus eine sorgfältige Prüfung der Rechnungslegung auf seiner Seite gebietet, spricht jedenfalls der erste Anschein dafür, dass die erteilte Auskunft vollständig und richtig ist. Bei dieser Sachlage obliegt es dem Verletzer, der in einem daraufhin eingeleiteten gerichtlichen Verfahren sachliche Fehler der von ihm gelegten Rechnung geltend macht und diese ganz oder teilweise widerruft, den für die Berechtigung dieser Korrektur wesentlichen Sachverhalt vorzutragen und notfalls zu beweisen (BGH, GRUR 1993, 897, 899 – Mogul-Anlage). Diese Grundsätze gelten allerdings nur, wenn und soweit sich der verletzte Schutzrechtsinhaber die Rechnungslegung des Verletzers im Höheverfahren zur Berechnung seines Schadens tatsächlich zu eigen macht. Wählt der Verletzte diesen Weg nicht und legt seiner Schadensberechnung andere Tatsachen zu Grunde – was ihm offen steht – bleibt es bei der grundsätzlich auf seiner Seite liegenden Darlegungslast. (Senat, Urt. v. 15.02.2007 – 2 U 71/05, NJOZ 20007, 4297, 4304 – Schwerlastregal).
    Ob dies (uneingeschränkt) auch in Bezug auf von dem Verletzer in seiner Rechnungslegung angegebene Kosten gilt, die der Verletzte im Höheprozess bestreitet, kann dahinstehen. Dagegen könnte sprechen, dass sich der Verletzer insoweit auf Umstände beruft, die zu einer Ermäßigung des von ihm herauszugebenden Gewinns führen sollen und damit für ihn günstig sind. Den Kläger trifft aber zumindest dann die Darlegungslast dafür, dass solche Kosten nicht oder nicht in der angegebenen Höhe angefallen sind, wenn der Verletzer die entsprechenden Kosten nicht nur in seiner Rechnungslegung angegeben hat, sondern – wie hier (vgl. Anlage K14) – die Richtigkeit dieser Rechnungslegung auf Verlangen des Verletzten auch an Eides statt versichert hat. Unter solchen Umständen muss der Gläubiger zumindest hinreichende Anhaltspunkte dafür aufzeigen, dass die betreffenden Kosten (doch) nicht (in der Person des Verletzers) angefallen sind.
    Solche hinreichenden Anhaltspunkte ergeben sich vorliegend nicht daraus, dass eine (einzige) Rechnung des Senders XXX TV nicht auf die Beklagte, sondern auf die XXX ausgestellt wurde (vgl. Anlage K22). Dies hat die Beklagte nachvollziehbar damit erklärt, dass es sich um ein Versehen gehandelt habe. Die anderen vorgelegten Rechnungen waren jeweils an die Beklagte adressiert (vgl. Anlagen K23 bis K25).
    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin in Bezug genommenen „eidesstattlichen Erklärung“ des HerrnXXX vom 13.04.2015 (vorgelegt als Anlage K6). Als Geschäftsführer der XXX hat dieser hierin zwar erklärt, diese habe in den Jahren 2010 und 2011 insgesamt 2.241.292,16 EUR in Sendezeiten zur Bewerbung des Artikels „XXX“ auf diversen TV-Stationen in Deutschland investiert. Die Versicherung betrifft allerdings den Umstand, dass diese TV-Werbezeiten ausschließlich für die Bewerbung des XXX Farbsprühsystems und nicht für andere Produkte genutzt wurden. Nicht explizit wird darin erklärt, welche Gesellschaft schlussendlich die Kosten für die Werbung getragen hat, ggf. auch nur konzernintern.
    Dafür, dass dies – wie von ihr angegeben – die Beklagte war, sprechen die vorliegenden protokollierten Zeugenaussagen der Herren XXX und XXX aus dem österreichischen Verfahren. Ausweislich des vorliegenden Sitzungsprotokolls vom 25.04.2023 hat Herr XXX vor dem Handelsgericht Wien ausgesagt, dass am Ende die hiesige Beklagte die Werbekosten getragen habe. Die XXX habe die Werbezeiten gebucht, die Kosten getragen habe jedoch die Beklagte (Anlage B15, S. 15). Die Gesellschaft, die die Umsätze gemacht habe, habe auch die Kosten getragen (Anlage B15, S. 16). Der Zeuge XXX hat vor dem Handelsgericht Wien ebenfalls bekundet, dass die hiesige Beklagte die Kosten des TV-Medien-Spots und der Werbung getragen habe (Anlage B15, S. 16).
    Der Senat hat keine Anhaltspunkte, etwas anderes anzunehmen.
  34. (b)
    Die auf die TV-Werbung entfallenden Kosten sind als produktbezogene Kosten gewinnmindernd in Abzug zu bringen.
  35. (aa)
    Bei der Ermittlung des Verletzergewinns sind nach der Rechtsprechung des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs von den erzielten Erlösen nur die variablen, vom Beschäftigungsgrad abhängigen Kosten für die Herstellung und den Vertrieb der schutzrechtsverletzenden Gegenstände abzuziehen, nicht auch Fixkosten, d.h. solche Kosten, die von der jeweiligen Beschäftigung unabhängig sind. Gemeinkosten sind zwar Voraussetzung für die Leistungserstellung und damit gegebenenfalls für die Herstellung schutzrechtsverletzender Gegenstände. Sie können jedoch einer solchen Produktion im Allgemeinen nicht unmittelbar zugerechnet werden. Bei Fixkosten besteht dementsprechend die Vermutung, dass sie ohnehin angefallen wären. Falls und soweit Fixkosten und variable Gemeinkosten ausnahmsweise den schutzrechtsverletzenden Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden können, sind diese allerdings bei der Ermittlung des Verletzergewinns von den Erlösen abzuziehen (BGH, GRUR 2001, 329, 331 – Gemeinkostenanteil; GRUR 2007, 431 Rn. 24 ff. – Steckverbindergehäuse).
    Diese Grundsätze sind, wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat (Urt. v. 02.06.2005 – 2 U 39/03, BeckRS 2005, 30357482 = Mitt. 2006, 553 – Lifter; Urt. v. 15.02.2007 – 2 U 71/05, NJOZ 2007, 4297, 4306 = InstGE 7, 194 – Schwerlastregal; Urt. v. 08.09.2011 – 2 U 77/09, BeckRS 2012, 9342 = InstGE 13, 199 – Schräg-Raffstore; Urt. v. 04.10.2012 – 2 U 76/11, BeckRS 2013, 11915 – Kabelschloss) im Patentrecht ebenfalls anwendbar (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.06.2015 – I-15 U 34/14, GRUR-RS 2015, 13605 Rn. 102 – Funkarmbanduhr; m.w.N.).
    Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass angefallene Gemeinkosten im Einzelfall den schutzrechtsverletzenden Produkten unmittelbar zuzuordnen sind, d.h. ausschließlich diesen zugerechnet werden können, trägt der Verletzer (BGH, GRUR 2001, 329, 331 f. – Gemeinkostenanteil; GRUR 2007, 431 Rn. 24 – Steckverbindergehäuse; Senat, Urt. v. 15.02.2007 – 2 U 71/05, NJOZ 2007, 4297, 4306 = InstGE 7, 194 – Schwerlastregal; Senat, Urt. v. 04.10.2012 – 2 U 76/11, BeckRS 2013, 11915 – Kabelschloss; OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.06.2015 – I-15 U 34/14, GRUR-RS 2015, 13605 Rn. 102 – Funkarmbanduhr; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Aufl., Kap. I Rn. 196).
    Ausgangspunkt für die Unterscheidung der anzurechnenden und der nicht anzurechnenden Kosten ist nach der vorzitierten Rechtsprechung der Rechtsgedanke, dass für die Ermittlung des Schadensersatzes nach dem Verletzergewinn zu unterstellen ist, dass der Verletzte einen entsprechenden Betrieb unterhält, der dieselben Produktions- und Vertriebsleistungen wie der Betrieb des Verletzers hätte erbringen können (vgl. BGH, GRUR 2001, 329 – Gemeinkostenanteil; GRUR 2007, 431 Rn. 31 – Steckverbindergehäuse). Daher sind bei der Ermittlung des Verletzergewinns die Kosten des Materials sowie der Energie für die Produktion und die Kosten der Sachmittel für Verpackung und Vertrieb abzuziehen (BGH, GRUR 2007, 431 Rn. 31 – Steckverbindergehäuse). Zu den Fertigungskosten, die vollständig abgezogen werden können, gehören ferner die auf die fragliche Produktion entfallenden Lohnkosten. Sie können der Produktion des schutzrechtsverletzenden Gegenstands unmittelbar zugerechnet werden (BGH, GRUR 2007, 431 Rn. 31 – Steckverbindergehäuse), weil davon auszugehen ist, dass diese Kosten beim Verletzten ebenso angefallen wären. Im Bereich des Anlagevermögens können die Kosten für Maschinen und Räumlichkeiten (anteilig bezogen auf ihre Lebensdauer) abgesetzt werden, die nur für die Produktion und den Vertrieb der Nachahmungsprodukte verwendet worden sind (BGH, GRUR 2007, 431 Rn. 31 – Steckverbindergehäuse).
    Nicht anrechenbar sind hingegen die Kosten, die unabhängig vom Umfang der Produktion und des Vertriebs durch die Unterhaltung des Betriebs entstanden sind, weil diese Kosten beim Verletzer, der einen entsprechenden Betrieb unterhält, sowieso angefallen wären. Hierzu zählen beispielsweise allgemeine Marketingkosten, die Geschäftsführergehälter, die Verwaltungskosten sowie die Kosten für Anlagevermögen, das nicht konkret der rechtsverletzenden Fertigung zugerechnet werden kann (BGH, GRUR 2007, 431 Rn. 31 – Steckverbindergehäuse).
  36. (bb)
    Im Streitfall besteht die Besonderheit der von der Beklagten für das XXX Farbsprühsystem in Auftrag gegebenen TV-Werbung darin, dass im Rahmen des Teleshoppings sog. Infomercials für ein bestimmtes Produkt, in diesem Fall das XXX Farbsprühsystem, ausgestrahlt werden. Dabei handelt sich um längere Werbeclips (ca. 15 min), die die Kunden zugleich unterhalten und zum Kauf animieren sollen. Der Begriff setzt sich zusammen aus „Information“ und „Commercial“.
    Mit diesen Clips wird in keiner Weise – weder konkret noch allgemein – für das Unternehmen der Beklagten geworben. Dieses tritt vielmehr fast vollständig in den Hintergrund, indem die Infomercials auf nur ein einziges Produkt zugeschnitten sind, das im Rahmen des Teleshoppings unmittelbar erworben werden kann. Die „Infomercials“ zielen gerade darauf ab, eine direkte Kundenreaktion in Bezug auf ein einziges, konkret beworbenes Produkt hervorzurufen, indem die Kunden durch speziell auf das Produkt abgestimmte Werbung zum Kauf animiert werden. Der Kauf wird den Kunden besonders leicht dadurch gemacht, dass sie das entsprechende Produkt unmittelbar über das Teleshopping erwerben können (sog. Direct Response TV). Die Person des Verkäufers tritt dabei fast völlig in den Hintergrund. Vielmehr geht es um die Eröffnung eines produktbezogenen, unmittelbaren Verkaufskanals zum Kunden. Jeder Werbespot erhält dabei eine eigene Rufnummer, so dass konkret nachvollzogen werden kann, welche Umsätze aufgrund welchen Werbespots generiert wurden. Die unmittelbar auf die Ausstrahlung der Infomercials erfolgenden Kaufabschlüsse belegen den direkten Zusammenhang zwischen der getätigten Werbung und den erzielten Gewinnen. Die Beklagte hat dies erstinstanzlich beispielhaft anhand eines Schaubildes dargestellt, wobei die blauen Balken die auf einen bestimmten Tag entfallenden Werbekosten und die orangen Balken diejenigen Umsätze zeigen, die über die der Werbung zugeordnete Rufnummer erwirtschaftet wurden (Diagramm vorgelegt im Rahmen des Anlagenkonvoluts B11):
  37. Die Sendezeit-Kosten für die Ausstrahlung solcher „Infomercials“ im Rahmen des Teleshoppings können nicht als typische Allgemein- oder Gemeinkosten eingeordnet werden. Sie sind in keiner Weise vergleichbar mit allgemeinen Marketingkosten, Geschäftsführergehältern, Verwaltungskosten oder Kosten für Anlagevermögen, die unabhängig vom Umfang der Produktion und des Vertriebs des Verletzungsprodukts durch die Unterhaltung des Betriebs entstehen.
    Soweit das Landgericht meint, die Kosten für die Werbezeiten seien der Beklagten sowieso, d.h. unabhängig vom Vertrieb des XXX Farbsprühsystems entstanden, weil diese geraume Zeit im Voraus gebucht worden seien, ohne dass festgestanden habe, welches konkrete Produkt zu welchen Zeiten habe beworben werden sollen, vermag dies nicht zu überzeugen. Es mag zutreffend sein, dass die Sendezeiten im Teleshopping frühzeitig im Vorfeld gebucht werden, um diese zu blocken, und erst zu späterer Zeit entschieden wird, welches konkrete Produkt wann beworben werden soll. Das bedarf keiner weiteren Aufklärung. Eben in dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung getroffen wird, welches konkrete Produkt beworben werden soll, handelt es sich aber bei den Kosten für eben diese Sendezeit nicht mehr um Allgemeinkosten, sondern um klar produktbezogene Kosten, die unmittelbar zugeordnet werden können.
    Insofern sind die Kosten für die in Rede stehenden Infomercials – entgegen der Auffassung der Klägerin – in keiner Weise mit allgemein anfallenden Lagerkosten zu vergleichen. Denn die Bereitstellung eines Lagers dient im Regelfall der Lagerung und dem anschließenden Vertrieb verschiedener Produkte des Unternehmens. Wird ein Lager aber ausschließlich für das Verletzungsprodukt bereitgestellt, handelt es sich dabei selbstverständlich um produktbezogene Kosten, die gewinnmindernd zu berücksichtigen sind (vgl. Mes PatG, 6. Aufl. 2024, § 139 Rn 176; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Aufl., Kap. I Rn. 214). Das gilt auch für die Miete einer Produktionshalle, in der ausschließlich das patentverletzende Produkt hergestellt oder verpackt wird (BGH, GRUR 2007, 431 Rn. 31 – Steckverbindergehäuse; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Aufl., Kap. I Rn. 214). In ähnlicher Weise sind auch Gehälter von Personen, die ausschließlich dazu eingestellt sind, patentverletzende Produkte zu entwickeln und zu fertigen, abzugsfähig (Senat, Urt. v. 02.06.2005 – 2 U 39/03, BeckRS 2005, 30357482 = Mitt. 2006, 553 – Lifter; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Aufl., Kap. I Rn. 212).
    Ähnlich verhält es sich im vorliegenden Fall. Entscheidend ist, dass die eingekaufte TV-Werbezeit, soweit sie für das XXX Farbsprühsystem verwandt worden ist, ausschließlich für das patentverletzende Produkt und für keine anderen Produkte genutzt worden ist, so dass die Kosten hierfür ausschließlich dem Verletzungsgegenstand zugerechnet werden können.
    Insoweit lässt sich der Streitfall mit dem Fall vergleichen, dass ein Verletzer im Voraus bestimmte Komponenten (z. B. Schrauben) einkauft, die er zur Herstellung mehrerer von ihm gefertigter Gegenstände verwendet. Es ist anerkannt, dass die tatsächlichen Material- und Fertigungskosten für die Herstellung und Montage des verletzenden Produkts abzugsfähig sind (BGH, GRUR 2007, 431 Rn. 31 – Steckverbindergehäuse; Senat, Urt. v. 15.02.2007 – 2 U 71/05, NJOZ 2007, 4297 = InstGE 7, 194 – Schwerlastregal; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Aufl., Kap. I Rn. 209). Werden z.B. aus einem zugekauften Rohmaterial neben der Verletzungsform noch andere Produkte gewonnen, so ist derjenige Teil der Einstandskosten abzugsfähig, der dem Verhältnis der Verletzungsprodukte an der Gesamtmenge der aus dem Rohmaterial gefertigten Produkte entspricht (Senat, Beschl. v. 27.06.2012 – 2 W 14/12, BeckRS 2014, 1175; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Aufl., Kap. I Rn. 209). Nichts Anderes kann in dem eingangs erwähnten Fall gelten. Dass sich hier im Zeitpunkt des Einkaufs der Herstellungskomponenten ggf. noch nicht sagen lässt, in welchem Produkt sie später eingebaut werden, ist unschädlich.
    Darauf, ob die von der Beklagten gebuchten Sendezeiten hätten gekündigt werden können oder die Sendezeit ggf. für andere Produkte genutzt worden wäre, wenn ein Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform nicht stattgefunden hätte, kommt es daher nicht entscheidend an. Es liegt gerade in der Natur des Teleshoppings, dass keine allgemeine Werbung für das Unternehmen des Werbenden erfolgt, sondern die ausgestrahlten „Infomercials“ stets ganz konkret auf ein bestimmtes Produkt gerichtet sind, das unmittelbar käuflich erworben werden kann. Insofern lassen sich die für die Sendezeiten anfallenden Kosten jeweils ganz konkret den Umsätzen zuordnen, die mit dem beworbenen Produkt erzielt wurden. Erfolgt für ein bestimmtes Produkt keine Bewerbung – und fallen deshalb keine Kosten für Sendezeiten an –, so werden mit diesem Produkt auch keine Umsätze generiert. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung müssen daher die Kosten für die Bewerbung des XXX Farbsprühsystems gewinnmindernd berücksichtigt werden.
  38. (cc)
    Von den angegebenen Gesamtwerbekosten für das XXX Farbsprühsystem in Höhe von 2.094.439,63 EUR ist allerdings nur ein Anteil von 1.583.913.42 EUR gewinnmindernd zu berücksichtigen. Denn wie vorstehend ausgeführt, können nur diejenigen Kosten in Abzug gebracht werden, die klar dem patentverletzenden Produkt zugeordnet werden können.
    In dem maßgeblichen Verletzungszeitraum hat die Beklagte nach eigenen Angaben nicht nur die patentverletzende, sondern auch eine patentfreie Ausführungsform des XXX Farbsprühsystems vertrieben. Soweit die Klägerin dies noch in ihrer Replik vom 25.10.2022 (dort S. 2, Bl. 181 eAkte LG) bestritten hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 15.05.2025 vor dem Senat unstreitig gestellt, dass im maßgeblichen Verletzungszeitraum auch patentfreie Varianten des XXX Farbsprühsystems veräußert wurden. Dies steht nicht im Widerspruch zu der Annahme, die von der Beklagten im Rahmen ihrer Rechnungslegung beauskunfteten Vertriebshandlungen hätten nur patentverletzende Ausführungsformen des XXX Farbsprühsystems betroffen. Denn dies schließt es nicht aus, dass darüber hinaus weitere Vertriebshandlungen betreffend die patentfreie Variante des XXX Farbsprühsystems stattgefunden haben. Die Lieferantin der Beklagten, die spanische XXX, hat insofern angegeben, ihre Produktion „Ende 2010“ auf eine patentfreie Ausführungsform umgestellt zu haben. Die Beklagte selbst trägt vor, ab Februar 2011 (auch) die neue patentfreie Ausführungsform vertrieben zu haben. Hiervon ist auch das Landgericht ausgegangen. Es hat angenommen, dass die Bewerbung des XXX Farbsprühsystems nicht nur zum Verkauf patentverletzender Produkte führte, sondern auch patentfreie Varianten verkauft wurden. Das gelte insbesondere für den Zeitraum ab Februar 2011, als die Produktion auf die Herstellung patentfreier XXX Farbsprühsysteme umgestellt worden sei (LGU S. 31).
    Ab diesem Zeitpunkt betraf die Werbung für das XXX Farbsprühsystem dann aber nicht mehr ausschließlich die angegriffene Ausführungsform, sondern auch die patentfreie Variante. Die entsprechenden Kosten lassen sich damit nicht mehr klar nur der angegriffenen Ausführungsform zuordnen und können daher nicht gewinnmindernd in Ansatz gebracht werden.
    Der in Anlage K3 enthaltenen Übersicht zu den Sendezeiten lässt sich entnehmen, dass bis Ende Januar 2011 Kosten für Sendezeiten in Höhe von 1.583.913,42 EUR angefallen sind. Gegen die Heranziehung dieser Anlage bzw. die hierin enthaltenen Angaben zu den entstandenen Kosten haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15.05.2025 auch auf Vorhalt nichts Erhebliches vorgebracht. Soweit darin Kosten ab April 2010 aufgeführt sind, mithin auch für eine Zeit vor dem hier maßgeblichen Verletzungszeitraum ab dem 18.05.2010, ist dies dadurch zu erklären, dass mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform im April 2010 begonnen und zu diesem Zeitpunkt auch bereits Werbung geschaltet wurde. Soweit es ab dem 18.05.2010 zu Lieferungen der Beklagten an ihre Abnehmer gekommen ist, ist davon auszugehen, dass diese auf der zuvor erfolgten Werbung und dadurch generierten Bestellungen beruhten.
  39. b)
    Von dem unter a) ermittelten Gewinn in Höhe von 1.852.093,80 EUR ist nur ein Anteil von 15 %, mithin ein Betrag von 277.814,07 EUR auf die Verletzung des Klagepatents zurückzuführen.
  40. aa)
    Wie eingangs ausgeführt, ist der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen der Schutzrechtsverletzung und dem erzielten Gewinn nicht im Sinne adäquater Kausalität zu verstehen, sondern es ist wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf mit dem verletzten Schutzrecht zusammenhängenden Eigenschaften des veräußerten Gegenstandes oder anderen Faktoren beruht. Die Höhe des herauszugebenden Verletzergewinns lässt sich daher nicht berechnen. Es ist vielmehr gemäß § 287 ZPO (BGH, GRUR 2007, 431 Rn. 38 – Steckverbindergehäuse; GRUR 1993, 55 Rn. 42 – Tripp-Trapp-Stuhl) unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung darüber zu entscheiden, ob zwischen der Schutzrechtsverletzung und dem erzielten Gewinn ein ursächlicher Zusammenhang im Rechtssinne besteht und wie hoch der danach herauszugebende Gewinnanteil zu beziffern ist (BGH, GRUR 2012, 1226 Rn. 18 – Flaschenträger; GRUR 2012, 1212 Rn. 5 – Kabelschloss; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.04.2019 – I-15 U 33/18, GRUR-RS 2019, 7923 Rn. 33 – Verletzergewinn). Für die eine Kausalität begründenden und den Kausalanteil erhöhenden Tatsachen liegt dabei die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich beim Schutzrechtsinhaber (Senat, Urt. v. 04.10.2012 – 2 U 76/11, BeckRS 2013, 11915 – Kabelschloss; OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.06.2015 – I-15 U 34/14, GRUR-RS 2015, 13605 Rn. 166 und Rn. 171 – Funkarmbanduhr; Urt. v. 11.04.2019 – I-15 U 33/18, GRUR-RS 2019, 7923 Rn. 33 – Verletzergewinn).
    Auch wenn bereits aus der Tatsache der Verwendung der technischen Lehre des Klagepatents geschlossen werden kann, dass dieses für die Ausgestaltung der nicht patentfrei nutzbaren angegriffenen Ausführungsform jedenfalls mitprägend war, ist nicht ohne weiteres anzunehmen, dass der erzielte Gewinn in vollem Umfang auf der Benutzung der patentgeschützten technischen Lehre beruht, indem der Kaufentschluss und damit der gesamte Gewinn allein dadurch verursacht worden ist. Das ist in denjenigen Fällen offensichtlich, in denen der geschützte Gegenstand nur ein Detail des in den Verkehr gebrachten größeren Gegenstands betrifft. Aber auch wenn der in den Verkehr gebrachte Gegenstand durch das Schutzrecht mitgeprägt wird, beruht der erzielte Gewinn nicht notwendigerweise nur auf der Benutzung des verletzten Immaterialgüterrechts. So können für die Entscheidung zum Kauf eines Gebrauchsgegenstandes neben den technischen Vorteilen der erfindungsgemäßen Lösung die Formgestaltung des Produkts, sein Hersteller oder die verwendete Marke und damit verbundene Qualitätserwartungen, der Preis und andere vom Patent unabhängige Faktoren die Marktchancen beeinflussen (BGH, GRUR 2012, 1226 Rn. 18 – Flaschenträger; GRUR 2013, 1212 Rn. 5 – Kabelschloss; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.04.2019 – I-15 U 33/18, GRUR-RS 2019, 7923 Rn. 34 – Verletzergewinn, m.w.N.).
    Grundlegendes Kriterium für die Bestimmung des Kausalanteils ist der Abstand der geschützten Erfindung gegenüber dem marktrelevanten Stand der Technik. Dieser lässt regelmäßig Rückschlüsse darauf zu, in welchem Umfang die Nachfrage des Produkts auf die mit der Verwendung des Patents zusammenhängenden Eigenschaften des Verletzungsgegenstandes zurückzuführen ist. Er spiegelt wider, dass die Verkaufs- und Erlösaussichten maßgeblich davon abhängen, ob und in welchem Umfang gleichwertige Alternativen und damit Umgehungsmöglichkeiten des Patents im Verletzungszeitraum zur Verfügung standen (BGH, GRUR 1995, 578 – Steuereinrichtung II; GRUR 2012, 1226 Rn. 27 – Flaschenträger). Ergibt sich, dass gegenüber dem erfindungsgemäßen Produkt im Wesentlichen gleichwertige Alternativen existieren, da es sich lediglich um eine Detailverbesserung eines bereits bekannten Produkts handelt, ist eher anzunehmen, dass der Kaufentschluss nicht allein auf der Verwendung der technischen Lehre, sondern auf weiteren Faktoren beruht (BGH, GRUR 1993, 55 – Tripp-Trapp-Stuhl; GRUR 2012, 1226 Rn. 27 – Flaschenträger). Handelt es sich demgegenüber um ein neues Produkt, das neue Einsatzgebiete erschlossen hat und zu dem es keine solchen Alternativen gab, kann eher angenommen werden, dass der Kaufentschluss gerade auf die Verwendung des Patents zurückzuführen ist (BGH, GRUR 2012, 1226 Rn. 27 – Flaschenträger; OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.06.2015 – I-15 U 34/14, GRUR-RS 2015, 13605 Rn. 168 – Funkarmbanduhr; Urt. v. 11.04.2019 – I-15 U 33/18, GRUR-RS 2019, 7923 Rn. 35 – Verletzergewinn).
  41. bb)
    Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist im Streitfall der Kausalanteil zu schätzen, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist:
  42. (1)
    Das Klagepatent betrifft (lediglich) die Spritzpistole, wohingegen es sich bei dem von der Beklagten vertriebenen XXX Farbsprühsystem um ein Gesamtsystem handelt. Für die Funktion des Farbsprühsystems ist die Spritzpistole zwar von zentraler Bedeutung, nichtsdestotrotz umfasst das veräußerte Gesamtsystem, aus dem die relevanten Umsätze generiert wurden, neben der Spritzpistole noch den Kompressor, den Schlauch und den Farbfüllbehälter für das aufzutragende Medium. Der mit einem Motor ausgestattete Kompressor stellt dabei das teuerste Bauteil dar. Insofern ist wertungsgemäß ein Abschlag von den Umsätzen vorzunehmen, die mit dem gesamten Farbsprühsystem erzielt wurden.
  43. (2)
    Gegenüber den im Stand der Technik bekannten Spritzpistolen unterscheidet sich die erfindungsgemäße Spritzpistole dadurch, dass die Düsennadel im Bereich der Führungshülse mittels eines diese durchgreifenden Gelenkbolzens mit dem Abzugsbügel formschlüssig verbunden ist und dass in die im Längsschnitt U-förmig ausgebildete Führungshülse zwischen der Zuführungsleitung und dem Gelenkbolzen eine Dichtung eingesetzt ist, in der die Düsennadel verschiebbar gehalten ist (Abs. [0006]). Hierdurch wird nach den Angaben in der Klagepatentbeschreibung nicht nur eine stets betriebssichere Funktionsweise gewährleistet, sondern die Düsennadel kann auch ohne Schwierigkeit lageorientiert in die Führungshülse eingebaut werden, ohne dass das zu verarbeitende Medium aus dieser austreten kann. Gesonderte Dichtungen müssen dabei nicht mehr verspannt werden, auch sind nur wenige Bauteile notwendig, um das bevorratete Medium dosiert verarbeiten zu können (Abs. [00012]). Nahezu alle Bauteile, insbesondere auch die einstückige Düsennadel, können aus Kunststoff hergestellt werden, was eine wirtschaftliche Fertigung ermöglicht. Betriebsstörungen sowie Verschleiß werden aufgrund der konstruktiven Ausgestaltung nach Angaben der Klagepatentschrift verringert (Abs. [0013]).
    Wie den vorstehenden Ausführungen zu entnehmen ist, betrifft die erfindungsgemäße Lehre kein neues Produkt, mit dem sich neue Einsatzgebiete erschließen ließen. Vielmehr stellt die patentgemäße Erfindung lediglich eine Detailverbesserung der bekannten Sprühsysteme bzw. Spritzpistolen dar. Diese besteht in einer bestimmten Änderung der konstruktiven Ausgestaltung der Spritzpistole, durch die die Montage vereinfacht, die Fertigung vergünstigt und der Verschleiß der Vorrichtung reduziert wird. Die erfindungsgemäßen Vorteile betreffen vor allem die Herstellung und die Montage der Spritzpistole. Dies korrespondiert mit der in der Klagepatentschrift angegebenen Aufgabe, die zugleich die dem Klagepatent objektiv zugrundeliegende Aufgabe ist und darin besteht, eine gattungsgemäße Spritzpistole derart zu verbessern, dass eine einfache Montage der Düsennadel in kurzer Zeit möglich ist und dennoch zuverlässig verhindert wird, dass Material aus dem Innenraum der Führungshülse nach außen gelangt. Zudem soll der Bauaufwand geringgehalten werden, um eine wirtschaftliche Herstellung und Montage der Spritzpistole zu ermöglichen (Abs. [0005]). Auch wenn es sich somit nur um eine Detailverbesserung handelt, betrifft diese allerdings die Spritzpistole als Ganzes und prägt diese mit.
    Brauchbare Spritzpistolen zum Zerstäuben von flüssigen Medien mit Hilfe von Druckluft waren im Stand der Technik bereits vorhanden. So führt die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung selbst aus, dass Spritzpistolen dieser Art in zahlreichen unterschiedlichen Ausgestaltungen bekannt sind und sich auch in der Praxis bewährt haben (Abs. [0003]). Eine solche gattungsgemäße Spritzpistole will das Klagepatent „nur“ verbessern (vgl. Abs. [0005]). Bereits aus der Klagepatentschrift ergibt sich damit, dass es nicht nur im Prioritätszeitpunkt offenbarte technische Lösungen gab, sondern dass diese auch auf dem Markt vorhanden waren. Ferner hatten sich die im Stand der Technik bekannten Spritzpistolen in der Praxis auch durchaus bewährt.
    Wie das Landgericht unangegriffen festgestellt hat und zwischen den Parteien auch unstreitig ist, gab es im Verletzungszeitraum insbesondere mit der „XXX“ am Markt eine alternative Spritzpistole. Dass sich diese in der Praxis – anders als der in der Klagepatentschrift erwähnte Stand der Technik – nicht bewährt hätte, ist weder dargetan noch ersichtlich.
    Die am Markt vorhandene Sprühpistole „XXX“ verwirklichte die patentgemäßen Vorteile zwar nicht. Sie wies insbesondere eine herkömmliche Stopfdichtung mit Spannschraube auf, was für den Kunden äußerlich erkennbar war. Für den Kunden war auch erkennbar, dass die patentverletzende Spritzpistole des von der Beklagten angebotenen XXX Farbsprühsystems eine solche technische Ausgestaltung mit einer Spannschraube nicht aufweist. Allein auf die Erkennbarkeit des Fehlens einer Spannschraube und einer Stopfdichtung bei der Verletzungsform kann vorliegend aber nicht abgestellt werden, weil bei einem an private Endabnehmer veräußerten Erzeugnis allein mit einer solchen Erwägung die in der Regel komplexen und vielgestaltigen Gründe für den Markterfolg eines Produkts nicht angemessen erfasst werden (BGH, GRUR 2013, 1212 Rn. 6 – Kabelschloss).
    Bei der Bestimmung des auf die Verletzung eines Patents entfallenden Gewinnanteils ist zwar grundsätzlich auch zu berücksichtigen, ob die unter Schutz gestellten technischen Details und die damit verbundenen Vorteile für die Käufer der Verletzungsformen wahrnehmbar waren oder von der Beklagten sonst werblich herausgestellt wurden (vgl. Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Aufl., Kap. I Rn. 251). Denn dies lässt Rückschlüsse darauf zu, inwieweit die Marktchancen des vom Verletzer vertriebenen Produkts gerade durch die erfindungsgemäße Ausgestaltung und die hierdurch vermittelten technischen oder wirtschaftlichen Vorteile beeinflusst wurden (Senat, Urt. v. 04.10.2012 – 2 U 76/11, BeckRS 2013, 11915 – Kabelschloss; bestätigt durch BGH, GRUR 2013, 1212 – Kabelschloss; ferner OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.06.2015 – I-15 U 34/14, GRUR-RS 2015, 13605 Rn. 231 – Funkarmbanduhr). Wenn gerade die Lehre eines benutzten Patents herausgestellt beworben wird, so spricht dies dafür, dass sie erheblichen Einfluss auf den erfolgreichen Vertrieb des Produkts hat, selbst wenn es sich dabei lediglich um eine technische Detailverbesserung handelt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.06.2015 – I-15 U 34/14, GRUR-RS 2015, 13605 Rn. 231 – Funkarmbanduhr).
    Die im Teleshopping angesprochenen Kunden, bei denen es sich um private Endabnehmer handelt, werden aber, auch wenn es sich bei ihnen bereits um Hobbyheimwerker handelt, kaum bewusst zur Kenntnis nehmen, dass die Spritzpistole des angebotenen XXX Farbsprühsystems keine Spannschraube und Stopfdichtung aufweist und sie werden auch nicht einordnen können, welche Vor- bzw. Nachteile mit diesem technischen Detail verbunden sind. Die Bedeutung der technischen Lehre des Klagepatents und die damit verbundenen technischen Vorzüge für die Verletzungsform werden ihnen kaum bekannt sein.
    Hinzu kommt, dass das Geschäftsmodell der Beklagten auf dem Umstand beruht, dass eine Beratung im Einzelfachhandel nicht erfolgt, sondern Kunden allein aufgrund der Werbung im Fernsehen das angebotene XXX Farbsprühsystem erwerben. Die besondere konstruktive Ausgestaltung der Sprühpistole dieses Systems ist dabei für den Kunden – anders als im stationären Handel, in dem sich der Kunde das Produkt ansehen und ggf. sogar ausprobieren sowie ggf. mit anderen Produkten vergleichen kann – nicht genau erkennbar. Im Unterschied zum Online-Handel, in dem der Kunde die technischen Spezifikationen des verkauften Produkts gezielt aufrufen und sich ggf. Kundenbewertungen betreffend die technischen Details des Produkts durchlesen kann, vermittelt das Teleshopping lediglich einen kurzen Eindruck von dem angebotenen Produkt. Der durchschnittliche Kunde der Beklagten, der im Rahmen der TV-Werbung auf das XXX Farbsprühsystem aufmerksam wird, informiert sich üblicherweise vorher nicht über die am Markt erhältlichen alternativen Produkte und stellt demgemäß keine Vergleiche an. Er handelt vielmehr aufgrund eines spontanen Kaufentschlusses, der durch die besondere Präsentation der Produkte im Rahmen des Teleshoppings hervorgerufen wird.
    Die Lehre des Klagepatents ist in der TV-Werbung der Beklagten nicht herausgestellt worden; sie nimmt nicht einmal mittelbar auf die Vorteile Bezug, die mit der technischen Lehre des Klagepatents verbunden sind. Vielmehr stellt der Werbespot der Beklagten darauf ab, welche Vorzüge das XXX Farbsprühsystems im Vergleich zu Malerarbeiten mit „herkömmlichen“ Werkzeugen wie Pinseln und Farbrollen bietet. Dabei wird werblich herausgestellt, wie einfach und schnell die Arbeit mit dem XXX Farbsprühsystem im Vergleich sei. Als vorteilhaft werden insbesondere die Sprühleistung und das geringe Gewicht des XXX Systems beworben, außerdem der besonders leistungsstarke 650 Watt Motor.
    Soweit die Klägerin hieraus entnimmt, es werde auch eine einfachere Handhabbarkeit des XXX Farbsprühsystems beworben, welche ebenfalls Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre sei, lässt sich der Klagepatentschrift nicht entnehmen und ist auch nicht ersichtlich, dass eben ein solcher Vorteil mit der Erfindung nach dem Klagepatent verbunden ist.
    Dass die mit der streitgegenständlichen Erfindung verbundenen Vorteile in der Werbung der Beklagten keine Rolle spielten, lässt sich schließlich auch daran erkennen, dass die Beklagte ihre Vermarktung ohne weiteres auf eine patentfreie Version des XXX Farbsprühsystems umzustellen vermochte, ohne dass die TV-Werbung geändert worden ist.
  44. (3)
    Auch die Vertriebsbemühungen der Beklagten haben im vorliegenden Fall in angemessener Weise in die Bemessung des Kausalanteils einzufließen.
    Eine Berücksichtigung von Vertriebsbemühungen ist zwar grundsätzlich abzulehnen. Dem Verletzer ist es in der Regel verwehrt, sich darauf zu berufen, der erzielte Gewinn beruhe zum Teil auf seinen besonderen eigenen Vertriebsleistungen, wie der Ausnutzung seiner Geschäftsbeziehungen, dem Einsatz seiner Vertriebskenntnisse, seinem guten Ruf und dergleichen, weil nach der gesetzlichen Regelung der gesamte vom Verletzer erzielte Gewinn herauszugeben ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Verletzte diesen Gewinn in gleicher Höhe hätte erzielen können (BGH, GRUR 2001, 329, 332 – Gemeinkostenanteil).
    Bei einem technischen Schutzrecht liegt ein vergleichbarer Sachverhalt nach zutreffender, vom erkennenden Senat geteilter Auffassung indes nur vor, wenn erst seine Benutzung dem Verletzer die Möglichkeit zu einem erfolgreichen Vertrieb eröffnet hat, weil die Verletzungsgegenstände ohne die patentgemäßen Eigenschaften nicht absetzbar gewesen wären (vgl. Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Aufl., Kap. I Rn. 254). In einem solchen Fall kann der Verletzer nicht einwenden, dass es ihm nur deshalb gelungen sei, eine große Anzahl von Verletzungsgegenständen zu vertreiben, weil er über eine außerordentlich leistungsfähige Vertriebsstruktur verfüge. Ohne die Benutzung des Klagepatents hätte er keinerlei Umsätze oder Gewinne erzielt. Da der Gewinn vollständig herauszugeben ist, und damit auch, wenn er nur deshalb so groß ausgefallen ist, weil der Verletzer ein marktstarkes Unternehmen ist, sind besondere Vertriebsbemühungen des Verletzers rechtlich unbeachtlich. Dies folgt auch daraus, dass schon diejenige Marktchance zugunsten des Patentinhabers geschützt ist, die sich daraus ergibt, dass er aufgrund seines Ausschließlichkeitsrechts jeden Dritten daran hindern kann, ein mit seinem patentgemäßen Erzeugnis technisch identisches Produkt auf den Markt zu bringen (offenlassend zur „Preisunterbietung“ BGH, GRUR 2012, 1226 – Flaschenträger) und der Verletzer, der sich mit Verletzungsgegenständen einen großen Markt erschließt, besonders stark in diese geschützte Marktchance des Patentinhabers eingreift (OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.06.2015 – I-15 U 34/14, GRUR-RS 2015, 13605 Rn. 253 – Funkarmbanduhr).
    Anders ist es hingegen, wenn das Klagepatent lediglich eine Detailverbesserung zum Gegenstand hat und von ihr der Vermarktungserfolg nicht entscheidend abhängt, weil auch nicht erfindungsgemäß ausgestattete Vorrichtungen praktisch brauchbar sind und ihre Abnehmer finden. In diesem Falle ist die Vertriebsstruktur des Verletzers auch bei der gebotenen wertenden Betrachtung ein für den Umsatz wesentlicher Kausalfaktor und mindert demzufolge den Anteil der Benutzung des Klagepatents am erzielten Gewinn (OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.06.2015 – I-15 U 34/14, GRUR-RS 2015, 13605 Rn. 254 – Funkarmbanduhr; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Aufl., Kap. I Rn. 255).
    So ist es hier. Das Klagepatent unterschied sich im Verletzungszeitraum von anderen Farbsprühsystemen wie der Sprühpistole „XXX“ nur in technischen Details.
    Die Beklagte hat zudem unwidersprochen vorgetragen, dass sie aufgrund der Nutzung des Teleshopping-Systems in der Lage ist, innerhalb kurzer Zeit hohe Stückzahlen abzusetzen. Käufer, die Produkte im Rahmen des Teleshoppings erwerben, informieren sich – wie bereits erwähnt – üblicherweise vorher nicht über die am Markt erhältlichen alternativen Produkte und stellen demgemäß keine Vergleiche an. Sie handeln vielmehr aufgrund eines spontanen Kaufentschlusses, der durch die besondere Präsentation der Produkte im Rahmen des Teleshoppings hervorgerufen wird.
    Der Berücksichtigung der besonderen Vertriebsbemühungen der Beklagten im Rahmen der Bemessung des anzusetzenden Kausalanteils steht auch nicht entgegen, dass die Kosten für die Sendezeiten bereits in der Ermittlung des maßgeblichen Gewinns gewinnmindernd in Abzug gebracht worden sind. Hierin liegt – entgegen der Auffassung des Landgerichts – keine unzulässige Doppelberücksichtigung der Werbung durch die Beklagte. Der ausschlaggebende Aspekt im Rahmen der Bemessung des Kausalanteils liegt nicht in der (Kosten verursachenden) Buchung von Sendezeiten, sondern in der Ausrichtung des Vertriebs auf das „Teleshopping“ und der inhaltlichen Gestaltung der Werbung. Die auf das angegriffene XXX Farbsprühsystem bezogenen Infomercials regen den Kunden gerade durch ihre besondere Aufmachung und die Möglichkeit des unmittelbaren Erwerbs des Produkts zum Kauf an. Dies ist bei der Bemessung des Anteilsfaktors anteilsmindernd zu berücksichtigen.
  45. (4)
    Die Preisgestaltung der angegriffenen Ausführungsform wirkt sich hingegen nicht anteilsmindernd aus.
    Wird das verletzende Produkt zu einem deutlich niedrigeren Preis angeboten als das Originalprodukt, so liegt darin häufig ein wichtiger Grund für den Verkaufserfolg. Dies bedeutet zwar nicht, dass stets derjenige Teil, der dem Gewicht der Preisunterbietung für die Kaufentscheidung entspricht, bei ihm verbleibt. Indes ist der herauszugebende Gewinnanteil bei wertender Betrachtung angemessen zu reduzieren, wenn die günstigen Preise den eigenen Anstrengungen des Verletzers zuzuschreiben sind, weil er zum Beispiel besonders effiziente Fertigungsmethoden anwendet oder seinen Geschäftsbetrieb sonst kostenoptimiert organisiert (OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.06.2015 – I-15 U 34/14, GRUR-RS 2015, 13605 Rn. 261 – Funkarmbanduhr; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Aufl., Kap. I Rn. 257).
    Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Verkaufspreis des XXX Farbsprühsystems im Gegensatz zu vergleichbaren Farbsprühsystemen – insbesondere im Vergleich zu dem patentgemäßen „XXX“ – sehr preisgünstig. Auch wenn dem durchschnittlichen Kunden der Beklagten die Preise anderer Farbsprühsysteme nicht bekannt waren, dürfte ihm der Preis für das XXX Farbsprühsystems doch recht günstig erschienen sein, weshalb mit dem Landgericht angenommen werden kann, dass der Preis bei der Kaufentscheidung durchaus ein wesentlicher Faktor zugunsten eines Kaufs des XXX Farbsprühsystems war.
    Es ist allerdings nicht schlüssig dargetan, dass der günstige Preis den eigenen Anstrengungen der Beklagten zuzuschreiben war. Die Beklagte trägt zwar vor, es werde ein kostenoptimiertes Herstellungsverfahren angewandt, das sie in die Lage versetze, die Spritzpistolen zu einem besonders günstigen Preis anzubieten. Hierzu fehlt jedoch näherer Vortrag. Solchen Vortrags hätte es jedoch bedurft, weil die Preisgestaltung gerade auch auf den Vorteilen beruhen kann, die die erfindungsgemäße Lehre bietet. Denn die technische Lehre des Klagepatents zielt – wie ausgeführt – gerade darauf ab, eine wirtschaftliche Herstellung und Montage der Spritzpistole zu ermöglichen.
    Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die patentfreie Variante des XXX Farbsprühsystems zu demselben günstigen Preis angeboten wurde wie die patentverletzende Ausführungsform. Denn dies kann auch darauf beruhen, dass die Fertigung zuvor bereits auf die patentverletzende Ausführungsform abgestimmt war und – hierauf basierend – eine Abwandlung gefunden wurde, die zwar nicht patentverletzend, aber ebenso günstig herstellbar war.
  46. (5)
    Eine Gesamtabwägung der gemäß den vorstehenden Ausführungen zu berücksichtigenden Umstände führt im Wege der Schätzung (§ 287 ZPO) zu dem Ergebnis, dass der erzielte Gewinn der Beklagten lediglich zu 15 % auf die Patentverletzung zurückzuführen ist.
    Dieser Kausalanteil beruht vor allem darauf, dass der Abstand der geschützten Erfindung zu vorhandenen patentfreien Alternativen eher gering war, weil im Verletzungszeitraum auf dem Markt im Wesentlichen gleichwertige technische Lösungen zur Verfügung standen, die ebenfalls praxistaugliche Spritzpistolen bereitstellten. Die Lehre des Klagepatents unterschied sich von diesen Alternativen nur in technischen Details der konstruktiven Ausgestaltung, die sich insbesondere in der vereinfachten Herstellung und der Langlebigkeit des Produkts bemerkbar machten. Da dies für die Abnehmer allerdings nicht ohne weiteres erkennbar war und von der Beklagten nicht explizit beworben wurde, vermochten diese Details die Kaufentscheidung potentieller Kunden nicht zu beeinflussen. In Anbetracht der erzielten bloßen Detailverbesserung im Verhältnis zu alternativ vorhandenen technischen Lösungen im Verletzungszeitraum ist ferner bei der gebotenen wertenden Betrachtung zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass sie ihren Gewinn in maßgeblichem Umfang durch eigene Vertriebsleistungen, insbesondere ihren starken Werbeauftritt im Teleshopping, erzielt hat. Diese Faktoren bewirkten, dass sie eine große Anzahl von Verletzungsformen absetzen konnte.
    Auf der anderen Seite ist die Verwendung der geschützten Erfindung für den Vertrieb der Verletzungsformen nicht völlig unbedeutend gewesen. Dabei ist zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen, dass sie tatsächlich die vorhandenen patentfreien Alternativen nicht gewählt, sondern stattdessen rechtswidrig das Klagepatent benutzt hat, was ihr bzw. ihrer Lieferantin eine technisch relativ einfache und kostengünstige Herstellung von Spritzpistolen mit den genannten Eigenschaften erst ermöglichte.
  47. 2.
    Soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag zu Ziffer II. die Erstattung von Kosten für eine Datenextraktion in Höhe von 13.903,40 EUR verlangt, steht ihr ein entsprechender Anspruch weder aus § 139 Abs. 1 PatG i.V.m. § 249 Abs. 1 BGB noch aus § 139 Abs. 2 PatG, den einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen, zu.
    Zu Recht hat das Landgericht darauf verwiesen, dass es sich bei den Kosten für die Datenextraktion der im Rahmen der Rechnungslegung überreichten Belege nicht um einen aus der Patentverletzung entstandenen Schaden handelt. Der Klägerin war in dem Moment, in dem sie die Datenextraktion beauftragte, bereits im Besitz eines vollstreckbareren Titels gegen die Beklagte, aufgrund dessen sie Auskunft und Rechnungslegung von der Beklagten verlangen konnte. Diesen titulierten Anspruch hat sie auch gegen die Beklagte vollstreckt, wobei sie im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens umfangreich Gelegenheit hatte, die Ergänzung der Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit zu verlangen. Das Gesetz geht insofern davon aus, dass der Gläubiger des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruches selbst – unterstützt durch seinen Rechtsanwalt – in der Lage ist, die erfolgte Auskunft und Rechnungslegung zu überprüfen und ggf. notwendige Schritte im Zwangsvollstreckungsverfahren zu ergreifen.
    Dies gilt auch dann, wenn – wie vorliegend – das Zwangsvollstreckungsverfahren bereits geraume Zeit in Anspruch genommen hat und aufgrund der widersprüchlichen Angaben der Beklagten Zweifel an der Richtigkeit der erteilten Auskünfte bestanden. Solche Zweifel aufzuklären, ist gerade Sinn der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, die die Beklagte zu Recht von der Beklagten verlangt und die der Geschäftsführer der Beklagten sodann erteilt hat. Eine weitere Überprüfung der Angaben durch externe Datendienstleister sieht das Gesetz demgegenüber nicht vor. Dadurch verursachte Kosten sind nicht mehr als durch den Verletzter verursachte adäquate Folge der Patentverletzung einzuordnen und demgemäß nicht erstattungsfähig.
  48. 3.
    Ein Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Rechtsanwaltskosten steht der Klägerin gegen die Beklagte gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 S. 1 PatG nur in Höhe von 3.000,68 EUR zu.

  49. a)
    Für das anwaltliche Schreiben vom 01.04.2014 (Anlage K2), mit dem die Klägerin die Beklagte und die XXX aufgefordert hat, gemäß dem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14.01.2014 (Anlage K1) Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen sowie die Erfüllung der titulierten Ansprüche auf Vernichtung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen nachzuweisen sowie die ausgeurteilten vorgerichtlichen Abmahnkosten zu erstatten, besteht ein Erstattungsanspruch in Höhe von 197,20 EUR aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 S. 1 PatG.
    Die Aufforderung zur Auskunft und Rechnungslegung, zur Vernichtung, zum Rückruf und zur Entfernung aus den Vertriebswegen sowie zur Erstattung vorprozessualer Rechtsanwaltsgebühren gehört als die Vollstreckung vorbereitende Maßnahme bereits zur Vollstreckung und nicht mehr zur Hauptsache (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 26. Aufl. 2023, RVG VV 3309 Rn 290 m.w.N.). Der Verfahrensbevollmächtigte verdient mit einer solchen Aufforderung also grundsätzlich die Vollstreckungsgebühr nach Nr. 3309 VV RVG. Bleibt die Androhung der Vollstreckung allerdings ohne Erfolg, so stellt der anschließend erteilte Vollstreckungsauftrag mit dem Aufforderungsschreiben in aller Regel eine Angelegenheit dar (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 26. Aufl. 2023, RVG VV 3309 Rn 433 m.w.N.). Vorbereitende Maßnahmen wie die Zustellung des Titels, die Erwirkung der Vollstreckungsklausel, das Aufforderungsschreiben mit Vollstreckungsandrohung gehören sämtlich zur Vollstreckung und stellen gebührenrechtlich eine Angelegenheit dar (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 26. Aufl. 2023, RVG VV 3309 Rn 10). Insofern kommt es nicht darauf an, ob im Zeitpunkt des Aufforderungsschreibens vom 01.04.2014 ein unbedingter Auftrag zur gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs auf Auskunft und Rechnungslegung vorlag oder nicht. Die Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG kann in jedem Fall nur einmal verlangt werden.
    Da die Beklagte allerdings nicht geltend gemacht hat, die Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG bereits (im Rahmen des gerichtlichen Vollstreckungsverfahrens) erstattet zu haben, steht der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung einer 0,3 Gebühr aus Nr. 3309 VV RVG gegen die Beklagte zu. Die mit dem Aufforderungsschreiben vom 01.04.2014 gegen die hiesige Beklagte und die XXX geltend gemachten Ansprüche hatten zusammen einen Gegenstandswert von 53.365,68 EUR (vgl. Anlage K1 Tenor zu Ziffer VIII.). Eine 0,3 Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG hieraus beträgt 374,40 EUR. Zuzüglich einer Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 20,00 EUR ergibt sich ein Betrag von 394,40 EUR. Der hälftige Betrag in Höhe von 197,20 EUR entfällt auf die hiesige Beklagte.
  50. b)
    Für die vorgerichtliche Aufforderung der Beklagten vom 17.05.2018 (Anlage K20) zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 857,00 EUR aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 S. 1 PatG zu.
    Die Beklagte war der Klägerin gemäß dem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14.01.2014 (Anlage K1) zur Auskunft und Rechnungslegung sowie zum Schadensersatz verpflichtet. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte auf Grund der wiederholt korrigierten Rechnungslegung zunächst nicht pflichtgemäß nachgekommen, weshalb der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zustand. Diesen Anspruch hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 17.05.2018 geltend gemacht.
    Grundsätzlich entsteht für dieses Schreiben eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG. Allerdings kann eine vorprozessuale anwaltliche Leistungsaufforderung eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nur auslösen, wenn sie nicht als der Vorbereitung der Klage dienende Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RVG zum Rechtszug gehört und deshalb mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten ist. Die Abgrenzung ist eine Frage der Art und des Umfangs des im Einzelfall erteilten Mandats (BGH, NJW-RR 2019, 1332; NJW-RR 2021, 1070; NJW-RR 2022, 707). Erteilt der Mandant den unbedingten Auftrag, im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden (vgl. Vorb. 3 Abs. 1 S. 1 VV RVG), lösen bereits Vorbereitungshandlungen die Gebühren für das gerichtliche Verfahren aus, und zwar auch dann, wenn der Anwalt zunächst nur außergerichtlich tätig wird. Für das Entstehen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG VV ist dann kein Raum mehr. Anders liegt es, wenn sich der Auftrag nur auf die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts beschränkt oder der Prozessauftrag jedenfalls unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wird, dass zunächst vorzunehmende außergerichtliche Einigungsversuche erfolglos bleiben. Ein lediglich (aufschiebend) bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter Prozessauftrag steht der Gebühr aus Nr. 2300 RVG VV nicht entgegen (BGH, NJW-RR 2022, 707 Rn 24; NJW-RR 2021, 1070 Rn 7; jeweils m.w.N.).
    Letzteres ist hier in Bezug auf die Aufforderung vom 17.05.2018 zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung anzunehmen. Denn in dem Schreiben vom 17.05.2018 heißt es am Ende:
    „Sollten Ihre Mandantinnen von der eingeräumten Gelegenheit keinen Gebrauch machen, werde ich meiner Mandantin empfehlen, auch diese Ansprüche gerichtlich durchzusetzen.“ (Unterstreichung durch den Senat)
    Dem ist zu entnehmen, dass im Zeitpunkt der Abfassung des Aufforderungsschreibens noch kein unbedingter Auftrag der Klägerin zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erteilt war. Gegenteilige Anhaltspunkte sind weder dargetan noch ersichtlich. Das Schreiben lag bereits dem Landgericht vor; der Hinweis auf dessen Inhalt ist daher nicht verspätet.
    Soweit das Landgericht gleichwohl weiteren Vortrag zur Auftragserteilung für erforderlich hielt, hätte es der Klägerin einen entsprechenden Hinweis erteilen müssen. In diesem Fall hätte die Klägerin bereits im ersten Rechtszug ausdrücklich vortragen bzw. klarstellen können, dass sie ihren Prozessbevollmächtigten zunächst jeweils einen auf die außergerichtliche Tätigkeit beschränkten Auftrag erteilt hatte und der Auftrag zur gerichtlichen Durchsetzung erst später erfolgte, nachdem die Beklagte eine außergerichtliche Erfüllung verweigerte und VergIeichsverhandlungen gescheitert waren. Zwar bestreitet die Beklagte diesen Vortrag mit Nichtwissen. Wie ausgeführt ergibt sich hier aber aus dem anwaltlichen Aufforderungsschreiben selbst, dass die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten noch keinen unbedingten Auftrag erteilt hatte, im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden.
    Die von der Klägerin ihrer Berechnung zu Grunde gelegte 1,5-Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG erscheint angemessen, allerdings ist entgegen der Auffassung der Klägerin (nur) ein Gegenstandswert von 10.000,- EUR zugrunde zu legen. Der Gegenstandswert für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bemisst sich grundsätzlich nach dem Aufwand und der Zeit, den die Versicherung erfordert (vgl. BGH, NJW 1991, 1833; NJW 2000, 3073; NJW 2002, 145; OLG Koblenz, NJOZ 2015, 736). Entsprechend der in Ziffer 3. des Tenors des Urteils des Landgerichts Mannheim vom 25.04.2017 festgesetzten Sicherheitsleistung für die vorläufige Vollstreckung des Anspruchs auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geht der Senat von einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,- EUR aus. Für den von der Klägerin angenommenen Gegenstandswert in Höhe von 200.000,- EUR fehlt jeglicher Vortrag. Den Gegenstandswert von 10.000,- EUR zugrunde gelegt errechnet sich eine 1,5-Geschäftsgebühr von 837,00 EUR. Zuzüglich einer Post- und Telekommunikationspauschale von 20,00 EUR nach Nr. 7002 VV RVG ergibt sich ein erstattungsfähiger Betrag von 857,00 EUR.

    c)
    Für die vorgerichtliche Aufforderung zur Zahlung von Schadensersatz vom 17.10.2018 (Anlage K21) steht der Klägerin gegen die Beklagte ein weiterer Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 1.946,48 EUR nach Nr. 2300 VV RVG aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 S. 1 PatG zu. Die zu Buchstabe b) aufgeführten Grundsätze gelten hier entsprechend.
    Mit dem Schreiben vom 17.10.2018 versuchte die Klägerin zunächst, eine vergleichsweise Beilegung des Streits zu erreichen. Erst ca. 3 ½ Jahre später, nämlich am 15.03.2022, erhob sie die vorliegende Klage auf Zahlung von Schadensersatz. Diese Daten waren bereits dem Landgericht bekannt. Insofern liegt auch insoweit ein verspäteter Sachvortrag der Klägerin nicht vor. Aus dem zeitlichen Ablauf ist der Schluss zu ziehen, dass die Klägerin ihrem Prozessbevollmächtigten nicht bereits im Oktober 2018 den unbedingten Auftrag zur gerichtlichen Geltendmachung des ihr zustehenden Schadensersatzes erteilt hat. Dass sie zu diesem Zeitpunkt ggf. bereits die Vorstellung hatte, bei Nichterfolg der Vergleichsgespräche ihre Ansprüche gerichtlich gegen die Beklagte durchzusetzen, steht der Entstehung einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nicht entgegen (s.o. unter b).
    Allerdings ist bei der Berechnung des Kostenerstattungsanspruchs zu berücksichtigen, dass die Klägerin vorprozessual von der Beklagten mit 2.000.000,00 EUR eine erheblich zu hohe Schadensersatzsumme gefordert hat. Dass der Klägerin von der ursprünglich geforderten Summe nur etwa 14 % zustehen, führt nicht zu einer Verminderung des Gegenstandswertes für die vorgerichtliche Zahlungsaufforderung, der sich nach wie vor nach dem bemisst, was die Klägerin seinerzeit in ihrem Aufforderungsschreiben verlangt hat, sondern zu einer entsprechenden Quotierung des auf der Grundlage des vollen Gegenstandswertes errechneten Betrages, wie es auch im gerichtlichen Verfahren bei der Verteilung der Prozesskosten im Falle eines nur teilweisen Obsiegens zu geschehen hat (BGH, GRUR 2010, 744 Rn. 51 – Sondernewsletter; GRUR 2010, 939 Rn. 41 – Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel; GRUR 2019, 82 Rn. 38 – Jogginghosen; Senat, Urt. v. 08.09.2011 – 2 U 77/09, BeckRS 2012, 9342 = InstGE 13, 199 – Schräg-Raffstore). Die in der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs praktizierte Berechnung des Erstattungsanspruchs nach dem Gegenstandswert der berechtigten Forderung (BGH, MDR 2008, 251) führt demgegenüber zu sachlich nicht gerechtfertigten Unterschieden, je nachdem, ob ein nur teilweise berechtigter Anspruch nur vorgerichtlich oder später auch gerichtlich geltend gemacht wird. Auch ergäbe sich dann ein im Verhältnis zum tatsächlichen Obsiegensanteil zu hoher Betrag (Senat, Urt. v. 08.09.2011 – 2 U 77/09, BeckRS 2012, 9342 = InstGE 13, 199 – Schräg-Raffstore).
    Die übrigen von der Klägerin angewendeten Berechnungsgrundsätze sind nicht zu beanstanden. Die geltend gemachte 1,8 Geschäftsgebühr ist im Hinblick auf den erheblichen Schwierigkeitsgrad der Sache angemessen. Die Schwierigkeit des vorliegenden Falles liegt insbesondere darin, dass im Rahmen der Ermittlung des Verletzergewinns zuvor eine Vielzahl von Kostenpositionen auf ihre Abzugsfähigkeit untersucht werden musste und zahlreiche Umstände bei der Ermittlung des herauszugebenden Gewinnanteils zu berücksichtigen waren.
    Eine 1,8-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 2.000.000,00 EUR beträgt 13.883,40 EUR. Zuzüglich einer Post- und Auslagenpauschale von 20,00 EUR nach Nr. 7002 VV RVG ergibt sich ein Betrag von 13.903,40 EUR. 14 % hiervon ergibt einen zu erstattenden Betrag von 1.946,48 EUR.

  51. d)
    Da die Ansprüche auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten Bestandteil des nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 S. 1 PatG bestehenden Schadenersatzanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte wegen schuldhafter Patentverletzung sind, kommt eine Verjährung dieser Ansprüche nicht in Betracht. Die Verjährung wurde durch die Erhebung der Klage vor dem Landgericht Mannheim gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
  52. 4.
    Der mit den Berufungen nicht gesondert angegriffene Zinsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte richtet sich nach den §§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 1 S. 2 BGB.
  53. II.
    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
    Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
    Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts sowohl zur Abzugsfähigkeit von im „XXX“ angefallenen Kosten für Sendezeiten als auch zu den für die Bestimmung des Kausalanteils der Schutzrechtsverletzung am Gewinn maßgeblichen Faktoren erfordert. Letzteres gilt namentlich für die Frage, ob bei technischen Schutzrechten die Vertriebsstruktur des Verletzers ein für den Umsatz wesentlicher Kausalfaktor sein kann, der demzufolge den Anteil der Benutzung des Klageschutzrechts am erzielten Gewinn mindern kann.
  54. III.
    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.219.633,00 EUR festgesetzt.
  55. Berufung der Klägerin: 915.120,83 EUR
    Berufung der Beklagten: 304.512,17 EUR

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