I-2 U 1/24 – Schweissbolzen

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3409

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 9. Januar 2025, I-2 U 1/24

Vorinstanz: 4b O 51/22

  1. I. Die Berufung des Klägers gegen das am 19.12.2023 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
  2. II. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
  3. III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind für die Beklagte wegen ihrer Kosten vorläufig vollstreckbar.
  4. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
  5. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
  6. V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 315.000,00 EUR festgesetzt.
  7. Gründe:
  8. I.
  9. Der Kläger macht gegen die Beklagte patentrechtliche Vindikationsansprüche geltend und begehrt ferner die Feststellung einer Vorteilsausgleichs- und Schadensersatzpflicht sowie Auskunftserteilung und Rechnungslegung.
  10. Die Beklagte ist seit ihrer Gründung im Jahr 1952 im Bereich der Bolzenschweißtechnik tätig. Seit einer Verschmelzung zwischen der A GmbH und der Beklagten als übernehmender Rechtsträger im Jahr 2009 firmiert die Beklagte als A GmbH. Sie ist eingetragene Inhaberin des
    • europäischen Patents EP 3 511 XXX (Anlage K 5, nachfolgend: „Streitpatent 1“) mit der Bezeichnung „H“, des
    • europäischen Patents EP 1 857 XXX (Anlage K 9, nachfolgend: „Streitpatent 2“) mit der Bezeichnung „I“ und des
    • deutschen Patents DE 10 2017 011 XXX (Anlage KMG-BB 1, nachfolgend: „Streitpatent 3“) mit der Bezeichnung „J“.
  11. Der Hinweis auf die Erteilung des am 12.11.2018 angemeldeten Streitpatents 1 ist am 22.07.2020 veröffentlicht worden, der für das am 02.04.2007 angemeldete Streitpatent 2 am 08.01.2014 und der für das am 13.12.2017 angemeldete Streitpatent 3 am 04.01.2024. Alle Streitpatente stehen in Kraft.
  12. Der Kläger, ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau und Spezialist für Schweißtechnik, ist in den Streitpatenten 1 und 3 als alleiniger Erfinder benannt, im Streitpatent 2 – neben Herrn B – als Miterfinder. In den im Rahmen der Anmeldung erfolgten Erfinder(be)nennungen ist beim europäischen Streitpatent 1 in der Erfindernennung vom 19.09.2018 angekreuzt, dass der Anmelder das Recht „als Arbeitgeber“ erlangt habe (vgl. Anlage K 6). Entsprechendes findet sich bei der Erfinderbenennung vom 31.05.2007 für das Streitpatent 2, wobei dort zugleich im angekreuzten Feld „gemäß Vertrag vom“ das Datum „13.06.83“ eingetragen wurde (vgl. Anlage K 10). In der Erfinderbenennung vom 01.03.2018 für das deutsche Streitpatent 3 wurde eingetragen, dass das Recht auf das Patent durch „Inanspruchnahme aufgrund §§ 6 u. 7 ArbnErfG“ auf den Anmelder übergegangen sei (vgl. Anlage K 8).
  13. Der Kläger war von 1982 bis 2021 für die Beklagte tätig, wobei die Parteien die Tätigkeit übereinstimmend als „freie Mitarbeit“ verstanden wissen wollen. Niedergelegt war diese Tätigkeit zunächst in einem auf den 13.06.1983 datierten Vertrag (Anlage K 2), wonach der als „Arbeitnehmer“ unterzeichnende Kläger „Ingenieurleistungen auf den Gebieten Betreuung von Kunden, Beratung von Interessenten, Gewinnung von Neukunden, Bearbeitung von Reklamationen“ zu erbringen hatte. Am 07.04.1988 gab die Beklagte bekannt, dass der Kläger mit Wirkung vom 01.04.1988 die Abteilung Schweißtechnik übernommen habe, wobei ihm die Stellen Gerätebau und Konstruktion untergeordnet seien und die Abteilung Entwicklung zugeordnete Stelle sei; im Übrigen teilte sie mit, dass ihm Handlungsvollmacht erteilt worden sei (Anlage H 1). Mit Vertrag vom 18.12.1990 (Anlage K 3) wurden ausweislich der dortigen Präambel alle „früheren schriftlichen und mündlichen Vereinbarungen“ aufgehoben. Die Tätigkeit des in diesem Vertrag als „freier Mitarbeiter“ bezeichneten Klägers umfasste gemäß § 1 die Erbringung von „Ingenieurleistungen vorwiegend im Bereich der Absatzförderung“, die wie folgt näher beschrieben werden:
  14. „Die Vertretung von Interessen der Gesellschaft bei Fachverbänden, schweißtechnischen Institutionen, wichtigen Kunden und anderen Absatzmittlern, insbesondere in unerschlossenen Märkten;
    die Ausarbeitung von Fachartikeln und deren Veröffentlichung in der Fachpresse;
    die Erstellung von technischen Handbüchern einschl. grafischer Darstellungen; die Beobachtung des Marktes, insbesondere der Wettbewerber und die Berichterstattung darüber;
    die Beobachtung von Patentveröffentlichungen.“
  15. Unter dem 25.09.2008 erteilte die Beklagte dem Kläger anlässlich eines Gesellschafterwechsels ein Zwischenzeugnis, in dem u.a. ausgeführt wird, dass der Kläger ab dem 01.04.1988 als „Leiter Anwendungstechnik“ tätig gewesen sei und an die Geschäftsführung berichtet habe (Anlage H 2). Mit Schreiben vom 31.03.2023 kündigte der Kläger seine „Dienstleistungstätigkeit“ zum 30.06.2021 (Anlage K 4). Nach vergeblichen Verhandlungen über den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis außerordentlich.
  16. Das Landgericht hat in seiner angefochtenen Entscheidung weiterhin Folgendes als unstreitig festgestellt: Während der insgesamt 38-jährigen Tätigkeit des Klägers meldete die Beklagte jedenfalls acht Schutzrechte in Gestalt von sechs Patenten und zwei Gebrauchsmustern an, in denen der Kläger als Erfinder bzw. Miterfinder benannt war. Der Kläger kannte die Anmeldetätigkeit der Beklagten. Bis zu seiner Kündigung hat er weder die Übertragung von Schutzrechten verlangt, noch sonstige Forderungen im Zusammenhang mit den zugrundeliegenden Erfindungen geltend gemacht. Eine gesonderte Vergütung für Erfindungen, die zu Schutzrechtsanmeldungen oder deren Erteilung führten, erhielt er nicht.
  17. Der Kläger hat in erster Instanz im Hinblick auf die Streitpatente 1 und 3 – für letzteres existierte bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens nur eine Anmeldung (daher nachfolgend auch: „Streitanmeldung“) – die Übertragung an ihn sowie für das Streitpatent 2 die Einräumung einer Mitberechtigung begehrt und zwar für die (europäischen) Streitpatente 1 und 2 jeweils für die nationalen Teile der Benennungsstaaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Zur Begründung hat er im Wesentlichen angeführt, dass die Beklagte Nichtberechtigte sei, da diese von ihm zu keinem Zeitpunkt das Recht erworben habe, die streitgegenständlichen Schutzrechte im eigenen Namen anmelden zu dürfen. Dies sei weder mündlich oder schriftlich vereinbart worden noch könne dies aus seiner pflichtgemäßen Zusammenarbeit mit den externen Patentanwälten im Rahmen der Anmeldung hergeleitet werden. Er habe die Schutzrechtsanmeldungen auch nicht freigegeben, denn hierfür sei bei der Beklagten allein die Geschäftsleitung verantwortlich gewesen. Eine Ausschlussfrist greife nicht, da die Beklagte nicht gutgläubig gewesen sei. So habe sie die Angaben zur Arbeitnehmerstellung des Klägers in den Erfinderbenennungen wider besseres Wissen gemacht. Da er erst nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses von dem Unterschied zwischen Erfinderbenennung und Inhaberschaft erfahren habe, seien seine Ansprüche auch nicht verwirkt.

    Die Beklagte hat sich erstinstanzlich zur Erfinderstellung des Klägers mit Nichtwissen erklärt und im Übrigen geltend gemacht, dass es Abreden gegeben habe, die zum unmittelbaren Rechtserwerb durch sie geführt hätten, insbesondere zwischen dem Kläger und ihrem damaligen geschäftsführenden Gesellschafter C. Eine Gesamtbetrachtung der Zusammenarbeit der Parteien lasse deren Willen erkennen, dass sämtliche Erfindungen des Klägers ohne weitere Zahlungsverpflichtungen der Beklagten zugeordnet werden sollten. Die Anmeldung der streitgegenständlichen Schutzrechte habe der für das Patentmanagement zuständige Kläger veranlasst. Sie habe daher in gutem Glauben gehandelt, ein Dissens sei für sie nicht erkennbar gewesen und seitens des Klägers auch nie geäußert worden. Im Übrigen seien die Ansprüche verjährt, jedenfalls aber verwirkt.

  18. Mit Urteil vom 19.12.2023 hat das Landgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Im Hinblick auf die Streitanmeldung sei ein möglicher Anspruch auf Übertragung gemäß § 8 S. 1 PatG mit Ablauf des 31.12.2021 verjährt. Denn für den Vindikationsanspruch gelte die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren, da er kein Herausgabeanspruch im Sinne des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei und das aus der Erfindung resultierende Recht kein dingliches Recht im Sinne des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB darstelle. Im Hinblick auf die Streitpatente 1 und 2 seien etwaige Ansprüche des Klägers nicht innerhalb der Ausschlussfrist des Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜG geltend gemacht worden. Die Ausnahmeregelung des Art. II § 5 Abs. 2 a.E. IntPatÜG greife nicht, da sich eine Kenntnis der (unterstellten) Nichtberechtigung nicht feststellen lasse. Zwar stünden Erfindungen eines freien Mitarbeiters grundsätzlich nicht dem Unternehmen zu. Es sei aber schon fraglich, ob der Beklagten diese rechtlichen Konsequenzen einer freien Mitarbeit – von einer solchen gehe auch die Kammer trotz Bedenken aus – bewusst gewesen seien. Ausdrückliche Vereinbarungen über das Schicksal der klägerischen Erfindungen habe es nicht gegeben und es habe in der über Jahrzehnte andauernden Zusammenarbeit keinerlei Diskussion über die Berechtigung an diesen Erfindungen gegeben. Es sei daher plausibel, dass zwischen den Parteien ein (versteckter) Dissens über das Schicksal der Rechte an den vom Kläger getätigten Erfindungen bestanden habe. Gegen eine Kenntnis spreche auch, dass die Beklagte die Schutzrechte nicht hinter dem Rücken des Klägers angemeldet, sondern diesen – über ihre Patentanwälte – am Erteilungsverfahren beteiligt habe. Die Gesamtumstände sprächen dafür, dass die Beklagte den tatsächlichen Sachverhalt rechtlich unrichtig eingeordnet habe, was für das Eingreifen der Ausnahmeregelung des Art. II § 5 Abs. 2 a.E. IntPatÜG indes nicht genüge.
  19. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er sein vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes Klägerbegehren weiterverfolgt, wobei er dieses an die zwischenzeitlich erfolgte Erteilung des deutschen Streitpatents 3 angepasst hat sowie – über die erstinstanzlichen Anträge hinaus – die Beklagte auch auf die Feststellung einer Vorteilsausgleichs- und Schadensersatzpflicht sowie auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung in Anspruch nimmt.
  20. Er begründet seine Berufung im Wesentlichen damit, dass im Hinblick auf die Streitanmeldung – jetzt Streitpatent 3 – das Landgericht zu Unrecht von einer Verjährung ausgegangen sei. Denn aufgrund einer zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 19.03.2024 – X ZR 9/23, GRUR-RS 2024, 7772 – Automatisierte Wärmebehandlung) stehe zwar fest, dass auf den Vindikationsanspruch die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB Anwendung finde. Allerdings beginne die Verjährung erst mit Schluss des Jahres, in dem das Patent erteilt worden sei, zu laufen, weshalb eine Verjährung nicht eingetreten sei, weil das Streitpatent 3 erst nach Klageerhebung erteilt worden sei. Im Hinblick auf die Streitpatente 1 und 2 sei das Landgericht zu Unrecht von einer fehlenden Kenntnis der Beklagten von ihrer Nichtberechtigung ausgegangen. Zu betonen sei zunächst, dass zwischen den Parteien nach übereinstimmenden Vortrag kein Arbeitsverhältnis bestanden habe, sondern der Kläger freier Mitarbeiter gewesen sei. Der Kläger sei auch (Mit-)Erfinder der Streitpatente gewesen, das Bestreiten der Beklagten erfolge wider besseres Wissen und ins Blaue hinein. Vor dem Rechtsstreit habe sie die Erfinderstellung des Klägers nie in Frage gestellt und es handele sich zudem sämtlich um Vorgänge aus ihrem Bereich, so dass sie die als Erfinder in Betracht kommenden Personen benennen könnte.
  21. Eine schriftliche Vereinbarung zur Übertragung der Rechte aus den Streitpatenten habe es unstreitig nicht gegeben. Die Behauptung einer mündlichen Einigung zwischen ihm und Herrn C sei unsubstantiiert. Die Beklagte bleibe jeden konkreten Sachvortrag dazu schuldig, wie die „Zuordnung der Erfindung“ zu ihr vorgenommen worden sei, auch im Hinblick auf die geltend gemachte konkludente Einigung. Wenn sich die Beklagte auf die besonderen Fachkenntnisse des Klägers berufe, seien diese zwar für die Zusammenarbeit ausschlaggebend gewesen, könnten aber ansonsten nichts zur Frage der Rechteübertragung beitragen. Entgegen der Darstellung der Beklagten sei er bei dieser nicht für die Organisation und Verwaltung der Schutzrechte zuständig gewesen, dies sei Aufgabe der externen patentanwaltlichen Berater gewesen. Dies belege auch der Vorgang rund um die Erfindung „Schweißstromquelle“. Bei dieser habe ihm der Geschäftsführer D gerade eine Kompetenzüberschreitung wegen einer fehlenden Genehmigung der Geschäftsteilung vorgeworfen, wobei es sich aber um ein bloßes Missverständnis in der Kommunikation zwischen ihm, dem Kläger, und der externen Patentanwältin gehandelte habe, da diese einen Kommentar von ihm als Zustimmung zur Anmeldung aufgefasst habe. Der Vorfall belege gerade, dass er außerhalb der Organisation der Beklagten gestanden habe.
  22. Soweit das Landgericht bei der Frage der Kenntnis der Nichtberechtigung auf die rein subjektive Sichtweise der Beklagten abgestellt habe, gebe es für ein solches Verständnis bei der Beklagten keine belastbaren objektiven Anhaltspunkte und das Landgericht habe diesbezüglich auch keine konkreten Feststellungen getroffen. Das Landgericht habe zudem die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast missachtet. Die Annahme des Landgerichts, die Beklagte möge die Vorstellung gehabt haben, die Erfindungen seien auf sie übergegangen, sei eine bloße Spekulation wie auch die Überlegung, dass es ansonsten nahegelegen hätte, die Schutzrechtsanmeldungen hinter dem Rücken des Klägers vorzunehmen. Denn wie bei der Erfindung „Schweißstromquelle“ habe die Beklagte bei der Anmeldung aller Streitpatente gegenüber dem Europäischen Patentamt (EPA) bzw. dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) wissentlich falsche Angaben zum Rechteübergang gemacht. Denn es sei völlig klar gewesen, dass er kein Arbeitnehmer der Beklagten sein konnte, weshalb der Verweis auf §§ 6 u. 7 ArbnErfG genauso fehlginge wie die Angabe „als Arbeitgeber“. Der Vertrag vom 13.06.1983, auf den in der Anmeldung des Streitpatents 2 verwiesen werde, sei bekanntermaßen bereits im Jahr 1990 durch die Vereinbarung vom 18.12.1990 ersetzt worden.
  23. Die vorgenommene Klageerweiterung sei sachdienlich und daher auch in der Berufungsinstanz noch zulässig. Aus der unberechtigten Anmeldung der Streitpatente folge ein Schadenersatzanspruch, der auch einen Anspruch auf Ausgleich der gezogenen Gebrauchsvorteile umfasse, und dem nach der Entscheidung „Automatisierte Wärmebehandlung“ des Bundesgerichtshofs weder ein Ausschluss noch eine Verjährung des Vindikationsanspruchs entgegenstehe. Zum Zwecke der Bezifferung dieser Ansprüche stehe ihm ein Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch zu.
  24. Der Kläger beantragt,
  25. I. die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen,
    1. auf den Kläger die nachfolgend aufgeführten Schutzrechte zu übertragen:
    a) nationale Teile des EP 3 511 XXX in den Benennungsstaaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien;
    b) das deutsche Patent DE 10 2017 011 XXX;
    2. dem Kläger an den nationalen Teilen des europäischen Patents EP 1 857 XXX in den Benennungsstaaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien eine Mitberechtigung einzuräumen;
    3. gegenüber den jeweiligen für die Führung der Patentregister zuständigen Ämtern oder sonstigen Behörden in die Eintragung des Klägers als Inhaber der vorstehend zu 1. bezeichneten Schutzrechte und als Mitinhaber des vorstehend zu 2. bezeichneten Schutzrechts einzuwilligen;
    II. die Beklagte zu verurteilen,
    dem Kläger durch Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie und/oder, soweit der Beklagten bekannt, Dritte
  26. 1. seit dem 12. November 2018 Schweißvorrichtungen zum Aufschweißen von Bolzen auf ein Werkstück, umfassend ein an eine Schweißstromquelle anschließbares Schweißwerkzeug mit einem Bolzenhalter, mindestens eine an dem Werkstück befestigbare Massenklemme zur Ausbildung einer Schaltanordnung zum Lichtbogenbolzenschweißen und eine erste Zuführ- und Positioniereinrichtung zum Verfahren von Schweißwerkzeug und Werkstück zueinander an zumindest randbenachbarte Werkstückpositionen zum Anschweißen von Bolzen
    hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen haben,
    bei denen eine zweite Zuführ- und Positioniereinrichtung vorgesehen ist, mit der aus einem Vorrat einzelner ferromagnetischer Festkörper wählbarer Masse jeweils mindestens ein Festkörper entnehmbar und als eine die Masseverteilung des Werkstücks ergänzende Ausgleichsmasse für randbenachbarte Werkstückpositionen auf dem Werkstück zeitweilig randabgewandt zur Werkstückposition zur Veränderung der Masseverteilung des Werkstücks gegenüber der Massenklemme abstellbar ist (EP 3 511 XXX);
    2. seit dem 13. Dezember 2017 Schweißvorrichtungen zum Aufschweißen von Bolzen auf ein Werkstück, umfassend ein an eine Schweißstromquelle anschließbares Schweißwerkzeug mit einem Bolzenhalter, mindestens eine an dem Werkstück befestigbare Massenklemme zur Ausbildung einer Schaltanordnung zum Lichtbogenbolzenschweißen und eine erste Zuführ- und Positioniereinrichtung zum Verfahren von Schweißwerkzeug und Werkstück zueinander an zumindest randbenachbarte Werkstückpositionen zum Anschweißen von Bolzen
    hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen haben,
    bei denen eine zweite Zuführ- und Positioniereinrichtung vorgesehen ist, die mit einer Steuerung verbunden ist, die zur Berechnung der Auswahl und Positionierung mindestens eines ferromagnetischen Festkörpers auf dem Werkstück als eine die Masseverteilung des Werkstücks ergänzende Ausgleichsmasse für randbenachbarte Werkstückpositionen ausgelegt ist, und die Berechnung auf der Grundlage von das Werkstück charakterisierenden Kenngrößen, wie Abmessungen und Materialparameter, sowie der Werkstückposition in Bezug auf die Werkstückränder und den Befestigungspunkt der mindestens einen Massenklemme erfolgt (DE 10 2017 011 XXX);
    3. seit dem 2. April 2007 Stahllegierungen mit (in Masse-%) mehr als 1,3 bis 1,6 % Mn, mehr als 0,4 bis 0,7 % Si, mehr als 0,15 bis 0,20 % C, mehr als 0,05 bis 0,15 % V, bis 0,025 % S, bis 0,025 % P, Resteisen, einschließlich unvermeidbarer Verunreinigungen, wobei die Stahllegierung zur Erhöhung der Festigkeit einer Kaltumformung unterzogen wurde,
    hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen haben,
    bei denen die Stahllegierung in der Form eines Schweißbolzens für ein Bolzenschweißen geformt ist, wobei der Schweißbolzen einen eine Schweißzugabe aufweisenden Schweißabschnitt und einen Schaft aufweist, und eine feinstreifige Perlit-Struktur aus solchen Dualgefügen aufweist, die aus Ferrit mit ca. 20% Martensitinseln im Gefüge bestehen (EP 1 857 XXX);
    wobei dies jeweils in einem aufgeschlüsselten, geordneten Verzeichnis zu erfolgen hat unter Angabe insbesondere
  27. a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
    b) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, sowie der für die betreffenden Erzeugnisse bezahlten Preise,
    c) der einzelnen Lieferungen aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
    d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern und  medien, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    g) der Namen und Anschriften der Lizenznehmer unter Vorlage der entsprechenden Lizenzverträge in Kopie,
    h) der erzielten Lizenzeinahmen und/oder der sonstigen entgeltlichen Vorteile aus der Lizenzvergabe, aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren unter Vorlage der Lizenzabrechnungen in Kopie,
    i) Austausch oder Verkauf der Erfindungsrechte im In- und Ausland über etwaige korrespondierende Gegenleistungen unter Vorlage der entsprechenden Verträge in Kopie,
    wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu b) bis d) Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Liefer- und Zollpapiere sowie Angebotsunterlagen vorzulegen hat;
  28. III. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,
    1. dem Kläger die aus der Eigen- und Fremdnutzung stammenden Vorteile, die durch die unter Ziffer II.1. bis 3. bezeichneten, seit dem jeweils dort genannten Datum begangenen Handlungen erzielt oder in sonstiger Weise aus der Rechtsstellung als Anmelder gezogen wurden, auszugleichen,
    2. dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem aus den unberechtigten Patentanmeldungen und Nutzungshandlungen gemäß Ziffer II.1. bis 3. entstanden ist;
    IV. der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen;
    hilfsweise:
  29. das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit insgesamt an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Klageerweiterung zurückzuverweisen.
  30. Die Beklagte beantragt,
  31. die Berufung zurückzuweisen;
  32. hilfsweise:
  33. I. den Berufungsanträgen zu Ziff. I. nur mit der Maßgabe stattzugeben, dass die Beklagte verurteilt wird,
    1. die Schutzrechtspositionen gemäß Berufungsantrag zu Ziff. I. 1. a) und b) auf den Kläger Zug um Zug gegen Erstattung der für die jeweiligen Schutzrechtsanmeldungen und deren Aufrechterhaltung aufgewandten, erforderlichen Kosten in Höhe von 32.509,28 € und den seit August 2024 hierfür aufgewandten, erforderlichen Kosten jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der erstinstanzlichen Klage zu übertragen und hierzu durch Erklärungen gegenüber den jeweiligen für die Führung der Patentregister zuständigen Ämtern oder sonstigen Behörden in eine entsprechende Umschreibung dieser Schutzrechtspositionen einzuwilligen;
    2. die vom Kläger mit Berufungsantrag zu Ziff. I. 2. beantragte Mitinhaberschaft an den dort genannten Schutzrechtspositionen einzuräumen, Zug um Zug gegen Erstattung der für die jeweiligen Schutzrechtsanmeldungen und deren Aufrechterhaltung aufgewandten, erforderlichen Kosten in Höhe von 24.798,65 € und den seit August 2024 hierfür aufgewandten, erforderlichen Kosten jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der erstinstanzlichen Klage und hierzu durch Erklärungen gegenüber den jeweiligen für die Führung der Patentregister zuständigen Ämtern oder sonstigen Behörden in eine Eintragung als Mitinhaber einzuwilligen;
    II. den Berufungsanträgen zu Ziff. II. nur mit der Maßgabe stattzugeben, dass
    der Beklagten nachgelassen wird, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und/oder Lizenznehmer sowie die nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und den erzielten Gewinn statt dem Kläger einem diesem gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, beeidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte ihn ermächtigt, dem Kläger auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Lizenznehmer in der Rechnungslegung enthalten ist.
  34. Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen des Klägers unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Einzelnen entgegen. Die Beklagte hält insbesondere an ihrer Erklärung mit Nichtwissen zur (Mit )Erfinderstellung des Klägers fest. Dieser müsse seine Erfinderstellung beweisen, da die Erfinderbenennung in der Anmeldung nur ein widerlegbares Indiz sei.
  35. Unter Vertiefung ihres Vorbringens zur Zusammenarbeit der Parteien führt die Beklagte weiterhin aus, dass zwischen den Parteien eine Abrede bestanden habe, dass die Erfindungsrechte ihr zugeordnet sein sollten, wofür der Kläger mit seinen Bezügen eine angemessene Gegenleistung erhalten habe. Auch wenn der Kläger kein Arbeitnehmer gewesen sei, so sei er doch eine in ihre Betriebsorganisation eingebundene Person gewesen. Er habe bis zu seiner Kündigung nie die Übertragung von Patenten verlangt, obwohl er bei ihr die Organisation und Verwaltung der Schutzrechte durchgeführt habe und sich daher nicht als patentrechtlicher Laie darstellen könne. Die Behauptung, er habe erst im Jahr 2021 von seiner Rechtsstellung erfahren, sei falsch und eine reine Schutzbehauptung. Denn Patente und deren Bedeutung hätten zu seinem Tagesgeschäft gehört. Er sei nicht zuletzt ihr Bindeglied zur Patentanwaltskanzlei E gewesen und habe diese mit den Schutzrechtsanmeldungen beauftragt. Aus der jahrelangen Zusammenarbeit ohne jegliche Diskussion über die Berechtigungen an den klägerischen Erfindungen sei für sie ein Vertrauenstatbestand erwachsen, dass der Kläger sich bei den Streitpatenten nicht anders verhalten würde als bei den vorherigen von ihm (mit)entwickelten Erfindungen und insoweit (unausgesprochene) Einigkeit zwischen den Parteien bestünde. Ein (versteckter) Dissens, wie vom Landgericht angenommen, habe daher gerade nicht vorgelegen. Dies werde auch am Beispiel der Erfindung „Schweißstromquelle“ deutlich, aus dem folge, dass der Kläger die Zuordnung der Erfindungsrechte zu ihr akzeptiert habe und nur bei ihrem fehlenden Interesse das – ihm bekannte Recht – zur eigenen Schutzrechtsanmeldung nutzen wollte.
  36. Die geltend gemachten Ansprüche betreffend das Streitpatent 2 seien unter Zugrundelegung der vom Bundesgerichtshof bestätigten Anwendung der regelmäßigen Verjährungsfrist verjährt. Für die Streitpatente 1 und 2 sei das Landgericht (zudem) zutreffend davon ausgegangen, dass die Ausschlussfrist des Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜG greife. Entgegen der Behauptung des Klägers habe sie keine Kenntnis von einer vermeintlichen Nichtberechtigung gehabt, sondern habe nach Treu und Glauben davon ausgehen dürfen, dass die streitgegenständlichen Erfindungen vollumfänglich ihr zuzuordnen und zu ihrer ausschließlichen Benutzung vorbehalten gewesen seien. Aufgrund der versäumten Ausschlussfrist könne der Kläger auch keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz geltend machen. Im Übrigen seien alle geltend gemachten Ansprüche verwirkt. Bei einer Verurteilung müsse sie jedenfalls Zug-um-Zug die Kosten für die erfolgte Schutzrechtsanmeldung und -verwaltung erstattet bekommen.
  37. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Anlagen sowie auf den
    Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug
    genommen.
  38. II.
  39. Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übertragung der Streitpatente bzw. Einräumung einer Mitberechtigung und dementsprechend auch keine Vorteilsausgleichs- und Schadensersatzansprüche sowie Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung.
  40. A.
  41. Die – auch im Berufungsrechtszug zu prüfende (vgl. BGH, NJW 2004, 1456) – internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus Art. 4 Abs. 1 EuGVVO. Aufgrund der vom Kläger verlangten Übertragung der ausländischen nationalen Teile der Streitpatente 1 und 2 handelt es sich – trotz der Tatsache, dass beide Parteien in Deutschland ansässig sind – nicht um einen rein innerdeutschen Sachverhalt, weshalb der Anwendungsbereich des Art. 4 Abs. 1 EuGVVO eröffnet ist (vgl. Senat, GRUR-RR 2022, 213 Rn. 39 – Schienentransportsystem).
  42. B.
  43. Dem Kläger stehen im Hinblick auf die europäischen Streitpatente 1 und 2 keine Ansprüche auf Übertragung bzw. auf Einräumung einer Mitberechtigung aus Art. II § 5 Abs. 1 S. 2 IntPatÜG und im Hinblick auf das (zwischenzeitlich erteilte) deutsche Streitpatent 3 kein Übertragungsanspruch aus § 8 S. 2 PatG gegen die Beklagte zu. Denn in allen drei Fällen ist die Erfindung nicht von der Beklagten als Nichtberechtigten angemeldet worden.
  44. 1.
    Gemäß Art. II § 5 Abs. 1 S. 1 IntPatÜG kann der nach Art. 60 Abs. 1 EPÜ Berechtigte, dessen Erfindung von einem Nichtberechtigten angemeldet ist, vom Patentsucher verlangen, dass ihm der Anspruch auf Erteilung des europäischen Patents abgetreten wird. Hat die Anmeldung bereits zum Patent geführt, so kann er vom Patentinhaber die Übertragung des Patents verlangen (Satz 2). Einen entsprechenden Anspruch auf Abtretung bzw. Übertragung gewährt § 8 PatG dem Berechtigten, dessen Erfindung von einem Nichtberechtigten angemeldet ist, oder dem durch widerrechtliche Entnahme Verletzten, für ein angemeldetes (Satz 1) bzw. erteiltes (Satz 2) deutsches Patent. Beide Vorschriften gewähren dem Berechtigten damit einen vom Verschulden unabhängigen Anspruch auf Erteilung des Patents bzw. auf Übertragung des Patents.
  45. Die Einräumung einer Mitberechtigung kann als wesensgleiches Minus aus beiden Vorschriften begehrt werden. Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜG betrifft zwar wie § 8 PatG unmittelbar nur den Fall, dass dem Berechtigten im Verhältnis zum Anmelder oder Patentinhaber allein das Recht auf das Patent zusteht; die Bestimmungen sind ihrem Wortlaut nach nicht auf den Fall zugeschnitten, dass mehrere Personen um die Beteiligung an einer durch das Patent unter Schutz gestellten Erfindung streiten und die Einräumung einer Mitberechtigung an einem Patent verlangt wird. Sowohl bei einer europäischen Patentanmeldung oder einem europäischen Patent als auch bei einer deutschen Patentanmeldung oder einem deutschen Patent steht aber den an einer Erfindung Beteiligten eine Mitberechtigung an der Anmeldung oder dem Patent zu, die dem einzelnen materiellen Mitberechtigten einen Anspruch auf Einräumung eines Anteils gegen den gewährt, der formell Alleinrechtsinhaber ist. Ein an der Erfindung Beteiligter kann demnach gemäß Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜG (Senat, Teilurt. v. 23.06.2016 – I-2 U 71/11, juris Rn. 51 – Waschturm für Rauchgas-Einrichtung) bzw. gemäß § 8 Abs. 1 PatG (Senat, Urt. v. 22.8.2019 – I-2 U 29/17, GRUR-RS 2019, 45772 Rn. 47 – Stapelbox) die Einräumung einer Mitberechtigung an dem Patent verlangen.
  46. 2.
    Die Berechtigung, die Übertragung des Schutzrechts bzw. der Rechte aus der Schutzrechtsanmeldung zu fordern, ergibt sich aus Art. 60 EPÜ bzw. § 6 PatG. Danach hat der Erfinder das Recht auf das Patent, worunter alle Rechte aus der Erfindung zu verstehen sind. An dieser Berechtigung des Erfinders ändert die Eintragung eines Dritten in der Patentrolle und dessen Benennung als Patentinhaber in der Patentschrift nichts, denn dies sind nur deklaratorische Angaben. Materiell berechtigt ist allein der Erfinder, sofern er nicht sein Erfinderrecht als Ganzes, sein Recht auf das Patent oder sein Recht am Patent auf einen Dritten übertragen hat. In diesem Fall geht die materielle Berechtigung auf den Rechtsnachfolger des Erfinders über (BGH, GRUR 1982, 95 – Pneumatische Einrichtung; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.04.2021 – I-15 U 10/20, GRUR-RS 2021, 56276 Rn. 66 – Modulares Gepäcksystem).
  47. a)
    Erfinder ist derjenige, der tatsächlich Urheber der beanspruchten Erfindung ist, das heißt den Erfindungsgedanken erkannt und in schöpferischer Tätigkeit zum technischen Handeln entwickelt hat (Senat, Teilurt. v. 23.06.2016 – I-2 U 71/11, juris Rn. 51 – Waschturm für Rauchgas-Einrichtung; Benkard/Melullis/Koch, EPÜ, 4. Aufl. 2023, Art. 60 Rn. 13).
  48. Allgemeinen Regeln folgend hat im Rahmen der Vindikationsansprüche nach Art. II § 5 IntPatÜG bzw. § 8 PatG der Vindikationskläger dazulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen, dass er Erfinder ist (Senat, Teilurt. v. 23.06.2016 – I-2 U 71/11, juris Rn. 110 – Waschturm für Rauchgas-Einrichtung; OLG München, Urt. v. 07.12.2017 – 6 U 4503/15, BeckRS 2017, 152300 Rn. 92 – Einräumung von Mitberechtigung an Patenten über Vindikationsansprüche; BeckOK PatR/Konertz/Kubis, 33. Ed. 15.07.2024, PatG § 8 Rn. 49).
  49. b)
    Vorliegend hat sich die Beklagte zur (Mit-)Erfinderstellung des Klägers mit Nichtwissen erklärt. Dies ist indes unbeachtlich. Denn ein Bestreiten mit Nichtwissen nach § 138 Abs. 4 ZPO ist unzulässig, soweit es um Tatsachen geht, die eigene Handlungen der Partei betreffen (BGH, GRUR 2022, 1302 Rn. 85 – Brustimplantat). Juristische Personen wie die Beklagte trifft dabei eine Erkundigungspflicht, d.h. sie müssen zu Vorgängen im eigenen Geschäfts- oder Verantwortungsbereich Informationen einholen, sofern die maßgebenden Tatsachen Personen bekannt sind, die in ihrem Unternehmen oder sonst unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig sind (BGH, NJW 1999, 53, 54; NJW 1999, 1965; GRUR 2002, 190, 191 – DIE PROFIS; GRUR 2009, 1142 Rn. 20 – MP3-Player-Import; GRUR 2010, 1107 Rn. 14 – JOOP!; vgl. auch OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2011, 121, 122; Urt. v. 17.12.2015 – I-2 U 54/04, BeckRS 2016, 3307 Rn. 90; Urt. v. 20.01.2017 – I-2 U 43/12, BeckRS 2017, 162300 Rn. 120; Urt. v. 27.03.2014 – I-15 U 19/14, GRUR-RS 2014, 16067 Rn. 75; BeckOK ZPO/von Selle, 54. Ed. 01.09.2024, ZPO § 138 Rn. 26; Cepl/Voß/Nielen, 3. Aufl. 2022, ZPO § 138 Rn. 36). In Bezug auf solche Tatsachen ist ein Bestreiten mit Nichtwissen erst zulässig, wenn die Partei ihrer bestehenden Pflicht zur Informationsbeschaffung nachgekommen ist (BGHZ 109, 205, 210 = NJW 1990, 453; BGH, GRUR 2010, 1107 Rn. 14 – JOOP!). Eine Partei, die den behaupteten Vorgang nicht selbst wahrgenommen hat, verstößt daher gegen ihre Wahrheitspflicht, wenn sie eine gegnerische Behauptung bestreitet, ohne zuvor Informationen bei den am Geschehen beteiligten Personen in ihrem Verantwortungsbereich eingeholt zu haben (Bacher, MDR 2016, 1129).
  50. Es hätte daher an der Beklagten gelegen, bei den in ihrem Unternehmen tätigen Personen Erkundigungen zu der klägerischen Behauptung, er sei (Mit )Erfinder, einzuholen und das Ergebnis dieser Erkundigungen darzulegen, was nicht geschehen ist. Denn dass die Erfindungen aus der klägerischen Tätigkeit bei der Beklagten herrühren, die wiederholt betont hat, dass dieser in ihre Betriebsorganisation eingebunden gewesen sei, steht nicht in Streit. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung „Klebstoffzusammensetzung“ des Senats (Urt. v. 26.04.2012 – I-2 U 24/11, BeckRS 2013, 11916) verweist, verfängt dies nicht. Denn zu den dort behandelten Beweisfragen gelangt man erst, wenn die klägerische Behauptung aufgrund eines ausreichenden Bestreitens beweisbedürftig wird. Vorliegend hat die Beklagte die klägerische Behauptung aber bereits nicht in zulässiger Weise bestritten, so dass der klägerische Vortrag als zugestanden zu behandeln ist.
  51. 3.
    Die Beklagte handelte bei den Erfindungsanmeldungen allerdings nicht als Nichtberechtigte, da es zwischen ihr und dem Kläger als freiem Mitarbeiter eine stillschweigende Vereinbarung zur Übertragung der Rechte an den den Streitpatenten zugrundeliegenden Erfindungen an die Beklagte gab.
  52. a)
    Die für die Vindikation erhebliche Vorfrage, wer aufgrund des zwischen den – in Deutschland ansässigen – Parteien abgeschlossenen Dienstvertrags die Rechte an der Erfindung erlangt hat und deshalb zur Anmeldung von Schutzrechten berechtigt war, ist gemäß Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO (VO (EG) 593/2008) nach deutschem Recht zu beantworten (OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.01.2022 – I-2 U 26/21, GRUR-RS 2022, 2267 Rn. 98 – Schienentransportsystem; Urt. v. 29.04.2021 – I-15 U 10/20, GRUR-RS 2021, 56276 Rn. 68 – Modulares Gepäcksystem).
  53. b)
    Ähnlich wie im Eigentumsrecht der Besitzer nach § 986 BGB die Herausgabe der Sache verweigern kann, wenn er ein Recht zum Besitz hat, so kann der als Nichtberechtigter in Anspruch genommene Patentinhaber einwenden, er sei aufgrund einer Übertragung nunmehr auch sachlich berechtigter Inhaber des Patents. Ausgehend von den rechtsähnlichen Regelungen in den §§ 985, 986 BGB, wonach die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtmäßigkeit seines Besitzes grundsätzlich dem beklagten Besitzer obliegt, trägt im Falle eines patentrechtlichen Vindikationsanspruchs der Inanspruchgenommene grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für sein sachliches Recht am Streitpatent (BGH, GRUR 1982, 95 – Pneumatische Einrichtung; BeckOK PatR/Konertz/Kubis, 33. Ed. 15.07.2024, PatG § 8 Rn. 49).
  54. c)
    Dabei finden vorliegend die Vorschriften des Arbeitnehmererfindungsgesetzes keine Anwendung, da diese nicht für freie Mitarbeiter gelten (vgl. Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindungen, 7. Aufl. 2020, Abschn. C Rn. 56 m.w.N. in Fn. 179). Denn diese sind keine Arbeitnehmer im Sinne von § 1 ArbnErfG. Die Parteien haben sich auch nicht auf eine (entsprechende) Anwendung der Regelungen des Arbeitnehmererfindungsgesetzes verständigt.
  55. aa)
    Die Parteien haben übereinstimmend und wiederholt betont, dass sie davon ausgingen, dass der Kläger als freier Mitarbeiter für die Beklagte tätig gewesen sei, und nicht etwa als Arbeitnehmer. So bezeichnet auch der Vertrag vom 18.12.1990 (Anlage K 3) den Kläger als „freien Mitarbeiter“. Allerdings kommt weder der Bezeichnung, die die Parteien ihrem Rechtsverhältnis gegeben haben, noch einer von ihnen gewünschten Rechtsfolge eine entscheidende Bedeutung zu. Vielmehr ist für die Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters eine Gesamtbetrachtung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Arbeitnehmer ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die vom Gesetzgeber in § 611a Abs. 1 BGB aufgegriffen worden ist, derjenige, der seine vertraglich geschuldete Leistung in persönlicher Abhängigkeit im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt und dort dem Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt, während der Mitarbeiter, der im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, kein Arbeitnehmer ist (vgl. z.B. BAG, NZA 2003, 662, 663; NZA 2017, 1463 Rn. 17).
  56. Vorliegend spricht zwar die Eingliederung in die Betriebsorganisation der Beklagten – ausweislich der Bekanntmachung vom 07.04.1988 (Anlage H 1) und des Zwischenzeugnisses vom 25.09.2008 (Anlage H 2) bekleidete er dort die Funktion eines mit Handlungsvollmacht versehenen Abteilungsleiters – eher für eine (ggf. leitende) Arbeitnehmerstellung des Klägers, der im ursprünglichen Vertrag vom 13.06.1983 (Anlage K 2) im Unterschriftenfeld auch als Arbeitnehmer betitelt wurde. Die Tatsache, dass der Kläger als Abteilungsleiter eine Führungsposition innehatte, spricht indes nicht zwingend für ein Arbeitsverhältnis; denn das sich aus § 106 GewO ergebende Weisungsrecht des Arbeitgebers kann beispielsweise auch unternehmensfremden Dritten übertragen werden (BeckOGK/Maschmann, 01.09.2024, GewO § 106 Rn. 32). Gegen eine Arbeitnehmerstellung des Klägers streiten allerdings die im Vertrag vom 18.12.1990 (Anlage K 3) – durch den gemäß seiner Präambel alle vorherigen Vereinbarungen aufgehoben wurden – unter § 4 vereinbarten Regelungen, die keinen bezahlten Erholungsurlaub und keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vorsehen sowie der unter § 2 Nr. 3 zu findende Hinweis, dass der Kläger keine Ansprüche auf Abführung von Sozialabgaben durch die Gesellschaft habe. Die Vergütung nach Tagessätzen spricht ebenfalls eher für eine Stellung als freier Mitarbeiter wie auch die Tatsache, dass der Kläger der Beklagten mit seiner Abrechnung vom 31.08.2013 (Anlage KMG-BB 5) wegen der Patentanmeldung „Schweißstromquelle“ eine Gutschrift wegen eines eingeräumten Fehlverhaltens in Höhe von 3.500,00 EUR gewährt hat. Außerdem war der Kläger gemäß § 1 Nr. 2 „in der Bestimmung des Arbeitsortes und der Arbeitszeit frei“, was das wesensbestimmende Merkmal einer freien Mitarbeit ist. Zu der Frage, ob das Vertragsverhältnis tatsächlich dementsprechend gelebt wurde, haben die Parteien zwar nichts vorgetragen; es lässt sich aber jedenfalls nichts Gegenteiliges feststellen. Angesichts dessen vermag der Senat – wie bereits das Landgericht – auf der Grundlage des beiderseitigen Parteivortrags eine Arbeitnehmerstellung des Klägers nicht festzustellen. Vielmehr ist dem Verständnis der Parteien folgend von einer freien Mitarbeit auf der Grundlage eines freien Dienstverhältnisses, wie im Vertrag vom 18.12.1990 festgelegt, auszugehen.
  57. bb)
    Dass die Parteien die Anwendbarkeit des Arbeitnehmererfindungsgesetzes ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart haben, ist nicht dargetan. Eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung ist zwischen den Parteien unstreitig nicht geschlossen worden. Eine konkludente Abrede wird ebenfalls von keiner der Parteien behauptet. Für eine solche (stillschweigende) Vereinbarung fehlt es auch an hinreichenden Anhaltspunkten. Zwar findet sich in der Erfinderbenennung (Anlage K 8) zum Streitpatent 3 die Eintragung, dass das Recht durch „Inanspruchnahme aufgrund §§ 6 u. 7 ArbnErfG“ auf den Anmelder, also die Beklagte übergegangen sei. Hiervon abgesehen lässt sich dem beiderseitigen Parteivortrag aber ansonsten an keiner Stelle ein Hinweis entnehmen, der auf eine stillschweigende Vereinbarung der Anwendung der Regelungen des Arbeitnehmererfindungsgesetzes hindeuten könnte. Da dies auch keine der Parteien behauptet, ist allein der in der von der Beklagten beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Erfinderbenennung zu findende Hinweis nicht ausreichend, um von einer entsprechenden konkludenten Abrede auszugehen, zumal der Kläger die betreffende Unterlage nach seinen Angaben nicht von der Beklagten erhalten hat. Ohne eine solche Abrede finden die Vorschriften des Arbeitnehmerfindungsgesetzes aber keine Anwendung, auch nicht analog (Benkard PatG/Melullis, 12. Aufl. 2023, PatG § 6 Rn. 77).
  58. d)
    Erfindungen, die aufgrund eines Dienstverhältnisses als freier Mitarbeiter offenbart werden, stehen im Grundsatz nicht dem Unternehmen als Dienstherrn, sondern dem Erfinder zu. Allerdings kann sich aus den vertraglichen Vereinbarungen, die der Zusammenarbeit zugrunde liegen, ausdrücklich oder stillschweigend etwas anderes ergeben, insbesondere eine Pflicht, die Erfindung dem Dienstherrn anzubieten bzw. zur Verfügung zu stellen (vgl. BGH, GRUR 1960, 182 – Spanlose Verformung; GRUR 1965, 302, 304 – Schellenreibungskupplung; GRUR 1990, 193 – Auto-Kindersitz; GRUR 2010, 47 – Füllstoff; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.04.2021 – I-15 U 10/20, GRUR-RS 2021, 56276 Rn. 72 – Modulares Gepäcksystem; Benkard PatG/Melullis, 12. Aufl. 2023, PatG § 6 Rn. 77; vgl. auch Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindungen, 7. Aufl. 2020, Abschn. C Rn. 56). Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, so kann das Unternehmen die Erfindung nicht einseitig auf sich überleiten (für den Geschäftsführerdienstvertrag: Senat, GRUR 2000, 49, 50 – Geschäftsführer-Erfindung).
  59. Ob bzw. welche Verpflichtungen im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB innerhalb eines Vertrages bestehen, ist durch Auslegung zu ermitteln. In erster Linie hat eine nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Vertragsauslegung den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarungen und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen (vgl. z.B. BGH, NJW 2001, 144; NJW 2015, 1672 Rn. 21; NJW-RR 2016, 1032 Rn. 21). Nach der Ermittlung des Wortsinns sind in einem zweiten Auslegungsschritt dann die außerhalb des Erklärungsakts liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Vereinbarung zulassen (vgl. z.B. BGH, MMR 2011, 69 Rn. 14, NJW 2023, 1350 Rn. 29 m.w.N.). Zu diesen gehört – neben der Interessenlage der Beteiligten – auch das dem Vertragsschluss nachfolgende Verhalten der Beteiligten, soweit es Rückschlüsse auf den Vertragswillen erlaubt (vgl. z.B. BGH, NJW-RR 1997, 238; NJW 2005, 3205, 3207; NJW 2017, 1887 Rn. 9).
  60. aa)
    Eine schriftliche Vereinbarung zur Übertragung von im Rahmen des Dienstvertrags entstandenen Erfindungen existiert zwischen den Parteien nicht. Insbesondere finden sich in dem Vertrag vom 18.12.1990 (Anlage K 3) hierzu keine Regelungen. Der Vertrag behandelt das Thema möglicher Erfindungen durch den Kläger nicht. Er verpflichtet den Kläger zu keiner Entwicklungsarbeit für die Beklagte oder zu einer Mitarbeit im Rahmen von Schutzrechtsanmeldungen. Vielmehr sollte der Schwerpunkt seiner Ingenieurleistung im „Bereich der Absatzförderung“ (§ 1 Nr. 1) liegen. Die Tätigkeitsauflistung unter § 1 sieht dementsprechend die Vertretung der Gesellschaft nach außen und die Ausarbeitung bzw. Veröffentlichung von Fachartikeln vor sowie die Erstellung von technischen Handbüchern und die Beobachtung des Marktes. Schutzrechte werden allein am Ende der Tätigkeitsliste erwähnt und zwar als Tätigkeitspunkt „Beobachtung von Patentveröffentlichungen“. Von eigenen Erfindungen ist im Vertrag vom 18.12.1990 nicht die Rede, auch nicht im Zusammenhang mit der Vergütungsregelung (§ 2). Dort ist unter § 2 Nr. 2 zwar eine gesonderte Vergütung für Tätigkeiten, die über die „übliche Tätigkeit nach § 1 hinausgehen“, festgelegt. Ein Hinweis darauf, dass die Parteien hierbei Erfindungen des Klägers vor Augen gehabt haben könnten, findet sich allerdings auch hier nicht. Vielmehr werden mehrtägige Auslandsreisen und besonders umfangreiche Veröffentlichungen und Vorträge als Beispiele aufgezählt. Auch im ursprünglichen Vertrag vom 13.06.1983 (Anlage K 2), dessen Inhalt trotz seiner Aufhebung unter Umständen zur Ermittlung des beiderseitigen Vertragsverständnisses herangezogen werden könnte, finden sich keine Regelungen zu Erfindungen des Klägers, die dieser im Rahmen seiner Vertragsausübung für die Beklagte tätigt.
  61. Damit lässt sich als Ergebnis des ersten Auslegungsschrittes festhalten, dass sich aus dem Vertrag vom 18.12.1990 keine Regelungen zum Umgang mit während seiner Tätigkeit für die Beklagte getätigten Erfindungen des Klägers ergeben. Es sind auch keine Umstände vorgetragen oder ersichtlich, aus denen sich Erkenntnisse über ein Verständnis der Parteien zur Behandlung von solchen Erfindungen zum damaligen Zeitpunkt gewinnen ließen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Parteien über die Frage der Zuordnung von Erfindungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine Regelung getroffen haben, sei es, weil sie diese Frage nicht bedacht haben, oder hierzu keine Veranlassung sahen. Hierfür spricht, dass die Entwicklung von (anmeldefähigen) Erfindungen – jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt – nicht zum (ausdrücklich geregelten) Tätigkeitsgebiet des Klägers gehörte. Insbesondere bestand kein Erfindervertrag bzw. Forschungs- und Entwicklungsvertrag und es lässt sich dem Vertrag auch nicht entnehmen, dass es seinerzeit erklärtes Ziel der Vertragsparteien war, technische Neuerungen hervorzubringen, was im Einzelfall für eine Anbietungs- und Übertragungspflicht sprechen kann, vor allem wenn die Erfindung überwiegend auf Mitteln, Erfahrungen und Vorarbeiten des Unternehmens beruht (Senat, GRUR 2000, 49 – Geschäftsführer-Erfindung; Urt. v. 28.02.2014 – I-2 U 39/12, BeckRS 2014, 5731; vgl. auch OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 03.03.2016 – 6 U 29/15, BeckRS 2016, 6091 Rn. 11).
  62. bb)
    Allerdings kann die Prüfung, ob und wie die Parteien sich über den Umgang im Rahmen des Dienstverhältnisses getätigten Erfindungen des Klägers verständigt haben, nicht beim Vertrag vom 18.12.1990 stehen bleiben. Denn das Dienstverhältnis bestand noch über 30 Jahre fort, bevor es im Jahr 2021 im Streit beendet wurde. Der weitere Verlauf des Dienstverhältnisses und die Handhabung der Schutzrechtsanmeldungen für klägerische (Mit )Erfindungen lassen für den Senat nur den Schluss zu, dass sich die Parteien im Laufe der Zeit stillschweigend über die Zuordnung von klägerischen Erfindungen geeinigt haben, so dass zumindest zum Zeitpunkt der Anmeldung der drei Streitpatente eine entsprechende (konkludente) Vereinbarung existierte.
  63. (1)
    Aus den Gesamtumständen der langjährigen Zusammenarbeit zwischen den Parteien ergibt sich eine stillschweigende Übereinkunft, dass die Rechte an den vom Kläger – im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beklagte – getätigten Erfindungen dieser anzubieten waren und diese in der Folge – bei entsprechender Annahme – berechtigt war, hierauf fußende Schutzrechte im eigenen Namen unter Nennung des Klägers als (Mit )Erfinder anzumelden. Beleg für eine solche stillschweigende Vereinbarung ist die Tatsache, dass dem Kläger die Anmeldetätigkeiten der Beklagten bekannt waren, er bei den Schutzrechtsanmeldungen in zentraler Position selbst mitwirkte und nicht zuletzt der Umgang der Parteien mit der Patentanmeldung „Schweißstromquelle“.
  64. (i)
    Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil (LGU, S. 4) als unstreitig festgestellt, dass die Beklagte während der 38-jährigen Tätigkeit des Klägers jedenfalls acht Schutzrechte angemeldet hat, bei denen der Kläger als (Mit-)Erfinder benannt war. Diese mit keinem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffene Feststellung ist vom Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Der Tatbestand des angegriffenen Urteils liefert gemäß § 314 S. 1 ZPO Beweis dafür, dass dieser Umstand zwischen den Parteien unstreitig war; dem erstinstanzlichen Sitzungsprotokoll ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Der Kläger hat erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12.12.2024 behauptet, dass es sich nur um vier Schutzrechte – zwei deutsche und zwei europäische – gehandelt habe, von denen drei die Streitpatente seien. Das Bestreiten einer Tatsache, die in erster Instanz unstreitig war, stellt allerdings ein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel dar (BGH, Beschl. v. 01.08.2023 – VI ZR 191/22, BeckRS 2023, 24960 Rn. 11; Musielak/Voit/Ball, 21. Aufl. 2024, ZPO § 531 Rn. 14a). Zulassungsgründe im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO sind indes weder vorgetragen noch ersichtlich und auch nicht entbehrlich, da die Beklagte den neuen klägerischen Vortrag in der mündlichen Verhandlung unter Verweis auf die laufenden Fallnummern ihrer mit den Anmeldungen betrauten Patentanwältin bestritten hat.
  65. Dem Kläger war die Anmeldetätigkeit der Beklagten bekannt und er hat bis zu seiner Kündigung keine Forderungen im Hinblick auf seine den Anmeldungen zugrundeliegenden Erfindungen geltend gemacht. Dies hat das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung (LGU, S. 4) ebenfalls als unstreitig festgestellt und der Kläger persönlich hat dies in der mündlichen Verhandlung am 12.12.2024 – informatorisch angehört – bestätigt und dahingehend konkretisiert, dass ihm insbesondere bekannt gewesen sei, dass die Beklagte Anmelderin war. Der Kläger hat auch nicht in Abrede gestellt, dass er der Beklagten die Kenntnis über die fertigen Erfindungen im Bereich der Bolzenschweißtechnik verschafft hat. Er wendet sich insoweit allein gegen die Behauptung, dass er seine Rechte an der Erfindung zur Verfügung gestellt habe.
  66. Diese Kenntnis des Klägers und sein Verzicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen deutet aber bereits darauf hin, dass er damit einverstanden war, dass die Beklagte die von ihm im Rahmen des Dienstverhältnisses getätigten Erfindungen als Schutzrechte im eigenen Namen anmeldete. Denn bei einem fehlenden Einverständnis wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger während seiner jahrzehntelangen Tätigkeit hiergegen Einwände erhebt.
  67. (ii)
    Eine stillschweigende Hinnahme der Anmeldepraxis kann zwar allein kein ausreichender Beleg für einen entsprechenden (stillschweigend geäußerten) Übertragungswillen des Klägers sein. Insbesondere kann in einem Schweigen regelmäßig keine Willenserklärung erblickt werden, da dieses für sich genommen, ohne eine rechtsgeschäftliche Erklärung indizierende Begleitumstände, keinen Erklärungswert hat (vgl. nur MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB vor § 116 Rn. 8; BeckOK BGB/Wendtland, 71. Ed. 01.08.2024, BGB § 133 Rn. 10). Für die Annahme, dass die Schutzrechtsanmeldungen durch die Beklagte im eigenen Namen auch dem Willen des Klägers entsprachen, spricht allerdings weiterhin dessen Mitwirkung bei den Anmeldungen, die über ein bloßes Melden der Erfindung und eine Kenntnis der Anmeldetätigkeit weit hinausgeht. Dabei braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob der Kläger bei der Beklagten tatsächlich für die „Organisation und Verwaltung der Schutzrechte“ zuständig war, wie von dieser behauptet und vom Kläger bestritten wird. Er war jedenfalls an den Schutzrechtsanmeldungen an zentraler Stelle beteiligt, woraus die Beklagte schließen durfte, dass er mit dem jahrelang praktizierten Vorgehen der Schutzrechtsanmeldungen in ihrem eigenen Namen einverstanden war und er ihr hierfür die Rechte an seinen Erfindungen zur Verfügung stellte.
  68. Dass der Kläger bei der Beklagten nicht nur am Rande mit den Schutzrechtsanmeldungen befasst war, ergibt sich insbesondere aus dem vorgelegten E-Mail-Verkehr mit der Patentanwältin F von der Kanzlei G zur Anmeldung des Streitpatents 3. So übersandte der Kläger mit E-Mail vom 15.03.2017 an diese „bildliche Darstellungen mit der Bitte um Prüfung auf Eignung für die Beantragung des Schutzrechtes“ (Anlage H 3, Bl. 4 B_Anlagenband eA LG) und übermittelte im weiteren Verlauf u.a. folgende Nachrichten: „D möchte, bevor wir in dieser Sache unsere Idee dem Kunden offenbaren, sicher sein, dass wir unseren Anspruch sichern. Wir müssten in Kürze mit dem Projekt beginnen und bitte Sie, alles Notwendige für eine Sicherung unserer Ansprüche auf diese Idee zu veranlassen.“ […] „da ein konkretes Projekt mit Zeitdruck ansteht, haben wir uns entschlossen, zunächst diese Anmeldung möglichst schnell auf den Weg zu bringen“ (Anlage H 3, Bl. 5 B_Anlagenband eA LG). Hieraus folgt, dass der Kläger offensichtlich nicht allein sein technisches Fachwissen bei der Ausarbeitung der Schutzrechtsschriften einbrachte, wie er es zuletzt auch in der mündlichen Verhandlung am 12.12.2024 gegenüber dem Senat betont hat. Vielmehr war er nicht nur der unmittelbare Ansprechpartner für die Patentanwaltskanzlei, sondern wirkte bei der Beklagten offenbar auch beim Entscheidungsprozess mit, ob bzw. wann die Anmeldung erfolgen sollte, was die Formulierung „haben wir uns entschlossen“ (Unterstreichung hinzugefügt) nahelegt. Mit E-Mail vom 27.08.2018 (Anlage H 3, Bl. 8 B_Anlagenband eA LG) fragte der Kläger bei der Patentanwältin schließlich nach, ob es „etwas Neues“ gebe, da er auf der „nächsten regelmäßigen Besprechung […] sicher wieder nach dem Stand der Anmeldung gefragt“ werde. Auch dies deutet daraufhin, dass der Kläger bei den Anmeldungen offensichtlich nicht allein als Ansprechpartner für technische Fragen zur Verfügung stand, sondern ihm eine darüberhinausgehende Funktion zukam, in deren Rahmen er als Bindeglied zwischen Patentanwältin und Beklagter z.B. über den Fortgang der Anmeldung zu berichten hatte.
  69. Bereits dieser E-Mail-Verkehr legt zur Überzeugung des Senats nahe, dass der Kläger bei der Beklagten eine zentrale Rolle bei der Schutzrechtsanmeldung einnahm und er ein zentraler Ansprechpartner in der Kommunikation mit dem externen Patentanwalt war. Entweder führte er die Kommunikation selbst oder er wurde vom Geschäftsführer D über den Verlauf dadurch in Kenntnis gehalten, dass er „in cc“ genommen wurde (so in der E-Mail vom 27.02.2018, Anlage H 3, Bl. 6 B_Anlagenband eA LG, und vom 20.08.2018, Anlage H 4, Bl. 26 B_Anlagenband eA LG). Der Senat übersieht dabei nicht, dass der als Anlagen H 3 und H 4 vorgelegte E-Mail-Verkehr allein den Zeitraum 2017/2018 und die Anmeldung des Streitpatents 3 betrifft. Dass die dort wiedergegebene Kommunikation allerdings atypisch für die Tätigkeit des Klägers war und sich ansonsten abweichend darstellte, behauptet auch der Kläger nicht. Diese spiegelt sich im Übrigen auch in anderen – seitens der Beklagten – vorgelegten E-Mails wider, so z.B. in den E-Mails aus April 2020 zwischen dem Kläger und (u.a.) Herrn H, einem Mitarbeiter der Beklagten, aus denen sich ergibt, dass der Kläger in diesem Zeitraum eine Schutzrechtsanmeldung bearbeitete (vgl. E-Mail vom 15.04.2020, Anlage H 7, Bl. 59 B_Anlagenband eA LG) oder einer E-Mail vom 27.09.2016 an die Patentanwältin F, in der der Kläger um Übersendung einer Übersicht der „auf uns eingetragenen Schutzrechte“ bat (Anlage H 8, Bl. 60 B_Anlagenband eA LG). Bereits im Jahr 2006 informierte der Kläger mit E-Mail vom 01.04.2006 Frau F über die zuvor per Fax erfolgte Übersendung eines korrigierten Anmeldungsentwurfs (Anlage H 9, Bl. 62 f. B_Anlagenband eA LG), der offenbar das Streitpatent 2 betraf, was die Benennung des Miterfinders B, das patentanwaltliche Aktenzeichen „306 DE XX“ (Anmeldung: „306 EP XX“, vgl. Anlage K 10) und der mitübersande Formulierungsvorschlag für die Beschreibungsstelle Abs. [0002] belegen. Aus letzterem E-Mail-Verkehr ergibt sich im Übrigen auch, dass die Bezugnahme in der Erfinderbenennung für das Streitpatent 2 (Anlage K 10) auf den Vertrag vom „13.06.83“ auf einer Mitteilung des Klägers beruht, der mit E-Mail vom 09.05.2006 der Patentanwaltskanzlei auf Nachfrage mitteilte, dass „der Vertrag über die freie Mitarbeit […] vom 13.6.1983“ datiere. Entgegen des klägerischen Vorwurfs (vgl. Berufungsbegründung, Rn. 34, Bl. 186 eA OLG) hat die Beklagte insoweit nicht wissentlich einen aufgehobenen Vertrag bei der Anmeldung angegeben, sondern der Kläger selbst hat als Ansprechpartner für die Patentanwaltskanzlei diese Angabe verursacht.
  70. Weiterhin verdeutlich auch ein Schreiben vom 12.08.2014 die Stellung des Klägers, mit dem an die Patentanwältin F der Entwurf einer Gebrauchsmusteranmeldung (zurück)übersandt wurde und das der Kläger unter dem Briefkopf der Beklagten „i.V.“ unterzeichnet hat (vgl. Anlage H 10, Bl. 64 B_Anlagenband eA LG). Der Kläger besaß im Zusammenhang mit den Schutzrechtsanmeldungen augenscheinlich einen eigenen Kompetenzbereich, in dessen Rahmen er diesbezügliche Schreiben für die Beklagte „i.V.“ unterzeichnen durfte. Auch den zuvor dargelegten E-Mail-Verkehr durfte er offenbar in weiten Teilen eigenverantwortlich führen ohne den Geschäftsführer der Beklagten stets „in cc“ nehmen zu müssen. Dass der Kläger eine solche Position neben der Geschäftsleitung der Beklagten einnahm, erscheint nicht zuletzt deshalb plausibel, weil er als „Leiter Anwendungstechnik“ ausweislich des Zwischenzeugnisses vom 25.09.2008 (Anlage H 2) an diese berichtete und es somit zwischen ihm und der Geschäftsleitung augenscheinlich keine weitere Führungs-/Managementebene gab. Die Tatsache, dass die Letztverantwortung bzw. das Letztentscheidungsrecht für die Schutzrechtsanmeldungen bei der Geschäftsleitung der Beklagten lag – dies folgt aus der nachfolgend unter lit. iii) behandelten Patentanmeldung „Schweißstromquelle“ – und er sich insoweit mit dieser abzustimmen hatte, ändert dabei nichts an der dargestellten Rolle des Klägers. Es gab bei der Beklagten unstreitig auch keine Patentabteilung, von der die Kommunikation mit der externen Patentanwältin geführt bzw. gesteuert hätte werden können.
  71. Aufgrund seiner an zentraler Stelle ausgeübten Mitwirkung bei den Schutzrechtsanmeldungen durfte die Beklagte davon ausgehen, dass die Anmeldungen im eigenen Namen mit der Zustimmung des Klägers erfolgten, ohne dass für jedes Streitschutzrecht aufgeklärt werden müsste, wie sich die Anmeldung im jeweiligen Einzelfall genau abspielte. Denn ein schlüssiges Verhalten ist im Einzelfall als Willenserklärung zu werten, wenn die Partei erkennen musste, dass eine in ihrem Verhalten liegende Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte; in diesem Fall hat eine dem Erklärenden zurechenbare objektive Bedeutung des Verhaltens aus der Sicht des Erklärungsgegners Vorrang vor einem abweichenden subjektiven Willen des Erklärenden (vgl. z.B. BGH, NJW 2002, 363, 365; NJW-RR 2005, 639, 640). Dies ist vorliegend der Fall. Denn der Kläger hat der Beklagten als zentraler Ansprechpartner für Schutzrechtsanmeldungen unterhalb der Ebene der Geschäftsleitung keinen Anlass für die Annahme gegeben, dass er sich eigene Rechte an den Erfindungen vorbehalten wollte und er nicht damit einverstanden war, dass sie die Schutzrechte im eigenen Namen anmeldete. Ist ein freier Mitarbeiter in die Organisationsstruktur des Dienstherrn eingebunden und steuert dort in der Funktion eines Abteilungsleiters nicht nur technischen Sachverstand zur Anmeldung seiner Erfindungen bei, sondern führt – gleichsam wie eine interne Patentabteilung – als zentraler Ansprechpartner langjährig die Kommunikation mit externen Patentanwälten, so kommt diesem Verhalten ein Erklärungswert zu. Diese Außenwirkung seiner Position musste der Kläger erkennen, so dass es an ihm gelegen hätte, diesem Anschein, dass die Anmeldungen seitens der Beklagten mit seinem Einverständnis erfolgten, entgegenzutreten und deutlich zu machen, dass er davon ausging, dass die Rechte an den Erfindungen bei ihm verblieben.
  72. Aus der Tatsache, dass die Beklagte in den Erfinder(be)nennungen für die Streitpatente 1 und 3 angegeben hat, sie habe das Recht „als Arbeitgeber“ erlangt bzw. dieses sei durch „Inanspruchnahme aufgrund §§ 6 u. 7 ArbnErfG“ übergegangen, folgt nichts anderes. Zwar stellt dies prinzipiell einen Umstand dar, der einen Rückschluss auf das Vorstellungsbild der Beklagten zulassen könnte. Ausgehend vom Wortlaut der beiden Angaben wäre die Beklagte aber demnach davon ausgegangen, dass die Erfindungen durch Inanspruchnahme auf sie als Arbeitgeberin übergangen sind. Dass dies allerdings nicht ihrem tatsächlichen Vorstellungsbild entsprach, folgt schon daraus, dass die Parteien das zwischen ihnen bestehende Dienstverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis verstanden haben. Daher stellt die – unzutreffende – Angabe in den Erfinderbenennungen kein taugliches Indiz zur Ermittlung des tatsächlichen Vorstellungsbildes der Beklagten dar. Dies wird auch dadurch gestützt, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 12.12.2024 angegeben hat, dass die Angaben als „Plan B“ zu verstehen seien, den man gewählt habe, da die Anmeldungen eben die Angabe einer entsprechenden Erklärung erforderten.
  73. (iii)
    Das gegenseitige Verständnis der Parteien zum Umgang mit klägerischen Erfindungen spiegelt sich auch bei der Patentanmeldung „Schweißstromquelle“ wider. Bei dieser war es offensichtlich zu einem Missverständnis zwischen dem Kläger und der Patentanwältin F gekommen, die eine Nachricht des Klägers als Beauftragung auffasste, die entsprechende Erfindung als Schutzrecht für die Beklagte anzumelden, obwohl eine Anmeldung seitens der Geschäftsleitung der Beklagten nicht genehmigt/freigegeben worden war. Der Patentanwältin wurde daraufhin seitens eines Geschäftsführers der Beklagten offenbar vorgeworfen, die kostenverursachende Schutzrechtsanmeldung ohne Auftrag vorgenommen zu haben, wobei der Kläger mit E-Mail vom 25.08.2013 (Anlage CBH 2, Bl. 292 eA OLG) ihr gegenüber einräumte, dass eine Nachricht von ihm mit dem Inhalt „danke, in Ordnung“ als eine solche Zustimmung zur kostenverursachenden Patentanmeldung verstanden werden musste und er deshalb die „volle Verantwortung und damit auch die Kosten“ trage. Dementsprechend erteilte der Kläger der Beklagten in seiner Monatsabrechnung August 2013 (Anlage KMG-BB 5, Bl. 324 eA OLG) eine „Gutschrift wegen Fehlverhaltens im Zusammenhang mit der Patentanmeldung Batteriestromquelle (Anmeldung wurde nicht von der Geschäftsleitung genehmigt)“ in Höhe von 3.500,00 EUR. Gleichwohl entschied sich die Beklagte letztendlich, die Schutzrechtsanmeldung doch selbst fortzuführen.
  74. Dieser Vorgang bestätigt nicht nur, dass der Kläger bei Schutzrechtsanmeldungen eine zentrale Position innehatte, da die Patentanwältin offensichtlich keine Bedenken hatte, die kurze formlose Bestätigung „danke, in Ordnung“ als Auftragserteilung zur Patentanmeldung seitens der Beklagten zu verstehen. Im Übrigen verdeutlicht der Vorfall aber auch das Verständnis der Parteien zum Umgang mit klägerischen (Mit-)Erfindungen. Denn der Kläger hat in seiner E-Mail vom 25.08.2013 erklärt, dass er – nachdem die Beklagte zu dem Ergebnis gekommen sei, die Erfindung nicht verwerten zu wollen – es als sinnvoll erachte, die Erfindung in seinem Namen und auf seine Rechnung anzumelden, wie es auch aus der E-Mail des Geschäftsführers der Beklagten vom 26.08.2013 an die Patentanwältin hervorgeht (vgl. Anlage CBH 2, Bl. 291 eA OLG). Dies legt nicht nur den Schluss nahe, dass dem Kläger offensichtlich bewusst war, dass ihm originäre eigene Rechte an seinen Erfindungen zustanden, die er – bei fehlendem Verwertungsinteresse der Beklagten – wahrnehmen und ausüben durfte. Vielmehr gingen die Parteien offenbar übereinstimmend davon aus, dass der Kläger seine Erfindungen zunächst der Beklagten zum Zwecke einer Schutzrechtsanmeldung im eigenen Namen – also im Namen der Beklagten – anzubieten hatte. Bestand seitens der Beklagten kein Interesse, so konnte der Kläger die Erfindung selbst verwerten.
  75. Zwischen den Parteien bestand damit eine stillschweigende Vereinbarung, mit klägerischen Erfindungen gemäß der vorstehenden Vorgehensweise zu verfahren. Diese entsprach auch ersichtlich dem Willen des Klägers. Denn während der jahrzehntelangen Vertragsbeziehung hat er nie sein Missfallen gegenüber der Handhabung seiner (Mit)Erfindungen geäußert hat. Er hat auch keine gesonderte Vergütung für seine Erfindungen verlangt, was dafür spricht, dass er diese nicht als – nicht mit der regulären Tagessatzvergütung abgedeckte – „besondere Leistung“ im Sinne von § 2 Nr. 2 des Vertrags vom 18.12.1990 angesehen hat.
  76. (2)
    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger nicht nur Kenntnis von den einzelnen Schutzrechtsanmeldungen hatte, sondern an diesen für die Beklagte auch an zentraler Stelle mitwirkte. Zwischen den Parteien bestand unter diesen Umständen eine – im Laufe des Dienstverhältnisses geschlossene – stillschweigende Vereinbarung, dass der Kläger seine (Mit )Erfindungen der Beklagten anbietet und diese – mit Einverständnis des Klägers – die Schutzrechtsanmeldungen im eigenen Namen vornehmen konnte. Anhaltspunkte, dass dies bei den Streitpatenten abweichend gehandhabt wurde, sind weder dargetan noch ersichtlich.
  77. 4.
    Die Beklagte handelte damit bei den Anmeldungen nicht als Nichtberechtigter, weshalb vindikationsrechtliche Ansprüche des Klägers ausscheiden. Dementsprechend greifen für die begehrte Übertragung auch etwa in Betracht kommende schadensersatzrechtliche oder bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlagen nicht, die gleichermaßen voraussetzen, dass die Beklagte die Streitpatente widerrechtlich bzw. ohne Rechtsgrund im eigenen Namen angemeldet hat, was nicht der Fall war.
  78. Entsprechendes gilt für die im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Vorteilsausgleichs- und Schadensersatzansprüche nebst Ansprüchen auf Auskunft und Rechnungslegung. Die diesbezügliche Klageerweiterung ist in zweiter Instant zulässig (§ 533 ZPO), da die Voraussetzungen einer Klageänderung nach § 533 Nr. 1 ZPO vorliegen. So ist eine Einwilligung der Beklagten entsprechend § 267 ZPO unwiderleglich zu vermuten, da sie sich rügelos auf die geänderte Klage eingelassen hat (vgl. BGH, NJW 2016, 56 Rn. 41; Beschl. v. 27.10.2015 – VIII ZR 288/14, BeckRS 2016, 482 Rn. 12). Im Übrigen ist die Klageänderung aber auch sachdienlich. Denn mit der geänderten Klage werden die bestehenden Streitpunkte zwischen den Parteien im Hinblick auf die Streitpatente insgesamt erledigt und so ein möglicher weiterer Prozess wegen einer Nutzung dieser durch die Beklagte vermieden. Für die Beurteilung der Klageerweiterung kann auch der bisherige Prozessstoff verwendet werden, da die Klageänderung sich auf Tatsachen stützt, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Die Klage ist aber auch insoweit unbegründet. Da die Beklagte die Schutzrechtsanmeldungen nicht unberechtigt eingereicht hat, ist sie dem Kläger weder nach Maßgabe von § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz noch nach Maßgabe von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB oder einer anderen Anspruchsgrundlage zur Herausgabe erlangter Vorteile verpflichtet.
  79. III.
  80. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
  81. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
  82. Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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