Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 15. Januar 2002, Az. 4 O 176/01
I.
Die Beklagte wird verurteilt, durch ihre Vorstandsmitglieder R1xx S3xxxxx und P2xxxx M3xxxxx zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, das sie die aus den Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17. April 2000 (Anlage K 2) und 22. Februar 2001 (Anlage K 5) ersichtlichen Angaben zur Erfüllung ihrer Rechnungslegungsverpflichtung gemäß Ziffer I 2 des Kammerurteils vom 16. Dezember 1999 in Sachen M1xxxx-W1xxx GmbH gegen M6xxxx S5x (4 0 168/96) nach bestem Wissen so vollständig gemacht hat, als sie dazu imstande ist.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 50.000,– DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.
IV.
Der Streitwert wird auf 25.000,– € festgesetzt.
Tatbestand :
Mit Urteil der Kammer vom 16. Dezember 1999 (4 0 168/96) ist die Beklagte unter anderem verurteilt worden, der Klägerin (welche seinerzeit noch unter M1xxxx-W1xxx GmbH firmiert hat) Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie – die Beklagte – seit dem 29. Januar 1994 Spundfässer aus thermoplastischem Kunststoff mit den Merkmalen von Patentanspruch 1 des europäischen Patents 0 515 390 angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat, und zwar unter Angabe näher bezeichneter Einzeldaten, unter anderem der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie den Typenbezeichnungen und den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger. Das Urteil ist am 29. Februar 2000 rechtskräftig geworden.
Über ihre Angebotshandlungen erteilte die Beklagte der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 17. April 2000 (Anlage K 2) wie folgt Rechnung:
Nachdem die Klägerin ein in der Aufstellung nicht enthaltenes Angebot der Beklagten an die P3xxxxxxx S7xxxxx in L1xxxx vom 4. Dezember 1998 (Anlage K 3) ermittelt und die Beklagte mit dieser Feststellung konfrontiert hatte, legte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 22. Februar 2001 (Anlage K 5) wie folgt Rechnung über ihre Angebote:
Die Klägerin ist der Auffassung, das die Vielzahl der ihr zunächst verschwiegenen Angebote und die gegenüber der ersten Rechnungslegung in mehreren Fällen abweichenden Angebotspreise ein Beleg dafür seien, dass die Rechnungslegung der Beklagten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden sei. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt sie die Beklagte deshalb auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung im Hinblick auf die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Rechnungslegungsangaben in Anspruch.
Die Klägerin beantragt, wie erkannt.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie meint, dass die bloß einmalige Korrektur der ursprünglichen Rechnungslegung vom 17. April 2000 nicht die Annahme rechtfertige, dass die Angebotsangaben nicht mit der gebotenen Sorgfalt erstellt worden seien. Im übrigen wendet sie ein, das die Klägerin nach deutschem und EG-Kartellrecht verpflichtet sei, ihr – der Beklagten – eine Freilizenz an dem deutschen Teil des europäischen Patents 0 515 390 zu erteilen. Da die entsprechenden kartellrechtlichen Fragen in einem späteren, zwischen den Parteien geführten und derzeit beim Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (U (Kart) 18/01) anhängigen Berufungsverfahren erörtert würden und im übrigen eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften rechtfertigten, beantragt sie hilfsweise,
1.
den Rechtsstreit auszusetzen, bis der Europäische Gerichtshof über die ihm vorzulegende Frage entschieden hat, ob die Geltendmachung eines Anspruchs auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zur Vorbereitung eines Schadenersatzanspruchs gegen die Beklagte aus dem deutschen Teil des europäischen Patents 0 515 390 gegen Artikel 81 und/oder Artikel 28 und/oder Artikel 30 und/oder Artikel 82 EGV verstößt;
2.
hilfsweise den Rechtsstreit auszusetzen, bis der Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in dem Verfahren U (Kart) 18/01 über die von ihr – der Beklagten – gegen die Klägerin erhobene Widerklage auf Erteilung einer Freilizenz an dem europäischen Patent 0 515 390 für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland entschieden hat.
Die Klägerin tritt den Aussetzungsanträgen und dem zu ihrer Begründung angeführten Sachvortrag entgegen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe :
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Die Beklagte ist gem. § 259 Abs. 2 BGB verpflichtet, die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Rechnungslegungsangaben, wie sie sich aus den Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17. April 2000 und 22. Februar 2001 ergeben, zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, weil Grund zu der Annahme besteht, das die in den genannten Unterlagen enthaltenen Angaben zu den Angebotshandlungen der Beklagten im Bundesgebiet nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind. Zwischen den Parteien steht außer Frage, dass die in der Aufstellung vom 17. April 2000 enthaltenen Angebote unvollständig und hinsichtlich einzelner Angebotspreise sachlich falsch sind. Es handelt sich dabei nicht nur um fehlerhafte Angaben in einem Einzelfall, sondern – wie die Rechnungslegung der Beklagten vom 22. Februar 2001 belegt – um eine massive Unvollständigkeit und Unrichtigkeit. Die späteren Rechnungslegungsangaben enthalten statt der zunächst mitgeteilten 9 Angebote nunmehr insgesamt 69 Angebote. In mehreren Fällen werden überdies abweichende Angebotspreise genannt. Derartige Lücken und Mängel der Rechnungslegung lassen sich nicht mit einem entschuldbaren Versehen, sondern nur damit erklären, dass die Angaben ohne die gehörige Sorgfalt gemacht worden sind. Nachdem die Beklagte bereits ihre erste Rechnungslegung vom 17. April 2000 weitestgehend hat vervollständigen und korrigieren müssen, ist die Sorge berechtigt, dass auch die späteren Rechnungslegungsangaben der Beklagten nicht in jeder Hinsicht vollständig und richtig sind. Diese Besorgnis kann nur dadurch ausgeräumt werden, dass die Beklagte ihre Rechnungslegungsangaben zu Protokoll an Eides Statt versichert.
Soweit die Beklagte einwendet, ein Anspruch auf Schadenersatz und damit auch ein diesen Schadenersatzanspruch vorbereitender Rechnungslegungsanspruch der Klägerin bestehe nicht, weil ihr – der Beklagten – ein Anspruch auf Einräumung einer Freilizenz am Gegenstand des Klagepatents zustehe, kann die Beklagte damit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Die Argumentation der Beklagten richtet sich gegen den titulierten Anspruch auf Rechnungslegung selbst. Dass die Klägerin einen dahingehenden Anspruch besitzt, steht indessen aufgrund der Rechtskraft des zugrunde liegenden Urteils der Kammer vom 16. Dezember 1999 zwischen den Parteien fest. Für die Frage, ob die Beklagte zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet ist, ist deswegen nicht mehr von Belang, ob der Klägerin die Rechnungslegungsansprüche zu Recht zugesprochen worden sind; maßgeblich ist vielmehr allein, ob die Befürchtung berechtigt ist, dass die Rechnungslegungsangaben der Beklagten nicht mit der gebotenen Sorgfalt gemacht worden sind. Letzteres ist – wie ausgeführt – der Fall und rechtfertigt deshalb die Verurteilung der Beklagten.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 709 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO.
Dr. K2xxxx Schuh-O1xxxxxxxx Dr. C1xxxxxxxx