Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3327
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 9, August 2022, I-2 U 110/22
Vorinstanz: 4c O 8/20
- I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 09.08.2022 verkündete Urteil der 4c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit den Maßgaben zurückgewiesen,
- 1. dass der Tenor zu 2. des landgerichtlichen Urteils wie folgt gefasst wird:
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagte die A. nicht in schriftlicher und eindeutiger (rechtsklarer) Form vertraglich verpflichtet hat, den Lizenzvertrag mit der Klägerin vom 22.08.2018 gemäß Anlage K 4 betreffend die Schutzrechtsfamilien MD-XXA, MD-XXB und MD-XXC mit sämtlichen Rechten und Pflichten zu übernehmen, damit die Klägerin die ihr nach dem Lizenzvertrag eingeräumten Rechte gegenüber der A. im Sinne eines eigenen Forderungsrechts i.S.v. § 328 BGB genauso wie gegenüber der Beklagten ausüben und/oder eine Vertragsverletzung gegenüber der A. im eigenen Namen geltend machen kann,
- und zwar die im Vertrag vorgesehenen Rechte und Pflichten gemäß Ziffer 6.2.
- 2. und dass der Tenor zu 3. des landgerichtlichen Urteils wie folgt gefasst wird:
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte bezüglich der nachfolgend aufgelisteten Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen der Klägerin die erforderlichen Umschreibungserklärungen nicht bis spätestens zum 09.01.2020 zur Verfügung gestellt hat:
- II. Die Rücknahme der Anschlussberufung durch die Klägerin hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge.
- III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte 91 % und die Klägerin 9 %.
- VI. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
- V. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin aus Ziff. 1. des landgerichtlichen Tenors (Auskunftserteilung) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,- Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
- Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund der Urteile erster und zweiter Instanz vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
- Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund der Urteile erster und zweiter Instanz vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
- VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
- VII. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.500,- Euro festgesetzt, wovon 2.500,- Euro auf die Anschlussberufung der Klägerin entfallen.
- Gründe
- I.
- Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit der Übertragung und Lizenzierung von Patenten.
- Am 22.08.2018 schlossen die Parteien eine Vereinbarung über den Kauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Agreement, vorgelegt als Anlage K 3, in deutscher Übersetzung als Anlage K 3a; nachfolgend: APA), deren Inhalt es unter anderem war, dass die damals als B GmbH firmierende Beklagte bestimmte Bereiche ihres Geschäfts betreffend Windenergieanlagen zur Stromerzeugung auf die damals als C GmbH firmierende Klägerin überträgt. In diesem Zuge sollte ein Teil der gewerblichen Schutzrechte der Beklagten auf die Klägerin übertragen werden (Sold IP Rights), während ein anderer Teil bei der Beklagten verbleiben und nicht-exklusiv an die Klägerin lizenziert werden sollte (Licensed IP). Die Parteien schlossen hierzu ebenfalls am 22.08.2018 einen Lizenzvertrag (License Agreement, vorgelegt als Anlage K 4, in deutscher Übersetzung als Anlage K 4a; nachfolgend: LA).
- Das LA regelt in Ziff. 6.2 den Fall einer von der Beklagten (= Verkäufer/Lizenzgeber) beabsichtigten Aufgabe von lizenzierten Schutzrechten. Die Klausel lautet in deutscher Übersetzung:
- „Für den Fall, dass der Verkäufer/Lizenzgeber beabsichtigt, eines der Licensed IP in einem Land der Welt aufzugeben oder zu beenden, muss der Verkäufer/Lizenzgeber sicherstellen, dass keine dritte Partei derartige Licensed IP erwirbt oder vor dem Abschlussdatum (entsprechend dem Asset Purchase Agreement) erworben hat, und der Verkäufer/Lizenzgeber muss diese Licensed IP mindestens drei Monate vor deren Aufgabe oder Einstellung kostenlos an den Käufer/Lizenznehmer übertragen (und eine nicht-exklusive Lizenz behalten); der Käufer/Lizenznehmer akzeptiert diese Übertragung durch Unterzeichnung dieser Lizenzvereinbarung. Die Parteien werden die Einzelheiten der Übergabe abstimmen.
- Sofern zwischen den Parteien nichts Anderes vereinbart wurde, ist der Verkäufer/Lizenzgeber verpflichtet, vor einer solchen Übertragung alle Lizenzen an Dritte zu kündigen, die sich auf diejenigen Licensed IP beziehen, die der Verkäufer/Lizenzgeber aufzugeben oder zu beenden beabsichtigt; der Käufer/Lizenznehmer ist verpflichtet, mit dem ehemaligen Lizenznehmer eine neue Lizenz zu Marktbedingungen auszuhandeln.
- Der Käufer/Lizenznehmer übernimmt alle Aufrechterhaltungsgebühren und andere gesetzlich vorgesehene Zahlungsverpflichtungen für diese übertragenen Licensed IP sowie alle Rechtsgebühren und die Pflicht für die Vorbereitung und Durchführung einer solchen Übertragung oder Abtretung. Es wird klargestellt, dass es dem Käufer freisteht, jegliche übertragenen oder abgetretenen Licensed IP zu nutzen und zu verwerten und die Licensed IP nach eigenem Ermessen aufzugeben oder einzustellen.“
- Ziff. 10.4.1 des LA regelt die Übertragbarkeit von lizenzierten Schutzrechten und lautet in deutscher Übersetzung:
- „Der Verkäufer/Lizenzgeber kann alle Rechte oder Ansprüche aus diesem Lizenzvertrag an eines seiner verbundenen Unternehmen übertragen. Darüber hinaus ist der Verkäufer/Lizenzgeber berechtigt, das lizenzierte IP und/oder diesen Lizenzvertrag auf ein verbundenes Unternehmen oder einen Dritten zu übertragen. Diese Vereinbarung ist für die Rechtsnachfolger und zulässigen Abtretungsempfänger jeder Partei bindend und berechtigt diese.“
- Mit Schreiben vom 11.10.2019 (Anlage K 6, in deutscher Übersetzung vorgelegt als Anlage K 6a) teilte die Beklagte der Klägerin mit Blick auf die vom LA umfassten Patentfamilien MD-XXD, MD-XXE, MD-XXF, MD-XXG, MD-XXH und MD-XXI mit, dass sie deren Weiterverfolgung aufzugeben beabsichtige und bot diese Patentfamilien daher der Klägerin zur Übernahme gemäß Ziff. 6.2 des LA an. Mit Blick auf die Patentfamilien MD-XXA, MD-XXC, MD-XXB, MD-XXJ und MP-XXK erklärte die Beklagte zudem, dass sie auch auf diese Patentfamilien verzichten wolle, diese aber zunächst einer Drittlizenznehmerin – deren Identität die Beklagte später als D (D und A. nachfolgend: GE) mitteilte –, zur Übernahme angeboten habe, die über eine ähnliche Option verfüge wie die Klägerin in Ziff. 6.2 des LA.
- Es folgte Schriftwechsel der Parteien, in dem die Klägerin ihren Standpunkt deutlich machte, dass alle im Schreiben vom 11.10.2019 genannten Patentfamilien auf sie übergegangen seien. Die Beklagte bestätigte zunächst nur die Übertragung derjenigen Patentfamilien an die Klägerin, die sie bereits mit Schreiben vom 11.10.2019 ohne Verweis auf die Option der Drittlizenznehmerin angeboten hatte. Im weiteren Verlauf teilte die Beklagte zudem mit, dass die Drittlizenznehmerin kein Interesse an den Patentfamilien MD-XXJ und MP-XXK, wohl aber an den Patentfamilien MD-XXA, MD-XXC und MD-XXB (nachfolgend: streitige Patentfamilien) habe, weshalb letztere der Klägerin nicht angeboten werden könnten.
- Mit E-Mail vom 02.12.2019 übersandte die Beklagte der Klägerin den Entwurf eines Abtretungs- und Übertragungsvertrages (Anlage B 3, in deutscher Übersetzung vorgelegt als Anlage B 3a), der unter anderem die Patentfamilien MD-XXD, MD-XXE, MD-XXG, MD-XXF (nachfolgend: unstreitige Patentfamilien) betraf. Die Unterzeichnung dieser Vereinbarung lehnte der patentanwaltliche Vertreter der Klägerin mit Schreiben vom 12.12.2019 (Anlage B 4, in deutscher Übersetzung vorgelegt als Anlage B 4a) jedoch ab und forderte stattdessen die Vorlage von Übertragungserklärungen.
- Bis zum 09.01.2020 hatte die Beklagte die im Tenor zu I. 2. (= neugefasster Tenor zu 3. LGU) genannten Umschreibungserklärungen nicht zur Verfügung gestellt. Inzwischen liegen der Klägerin alle erforderlichen Erklärungen jedoch vor.
- Die Klägerin hat vor dem Landgericht geltend gemacht, sie sei Inhaberin auch der streitigen Patentfamilien geworden, jedenfalls aber sei die Beklagte zur Abgabe von Willenserklärungen zur Übertragung dieser Schutzrechte verpflichtet. Sollte die Beklagte die Schutzrechte nicht mehr übertragen können, habe sie zumindest gegen ihre vertraglichen Pflichten aus dem LA verstoßen und sei in der Folge zum Schadenersatz sowie zur Auskunftserteilung verpflichtet. Darüber hinaus könne sie, die Klägerin, die Feststellung einer Schadenersatzpflicht auch darauf bezogen verlangen, dass die Beklagte hinsichtlich der unstreitigen Patentfamilien die erforderlichen Umschreibungserklärungen entweder nicht binnen einer Frist bis 28.11.2019 abgegeben habe oder in der Zukunft nicht rechtzeitig oder vollständig abgeben oder gebotene Mitwirkungshandlungen nicht vornehmen werde.
- Mit dem erstmals im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 18.03.2021 gestellten Hilfsantrag zu I.7. hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte sich dadurch schadenersatzpflichtig gemacht hat, dass sie GE nicht die ihr, der Klägerin, gegenüber bestehenden Verpflichtungen aus dem LA auferlegt hat, beispielsweise die Verpflichtung aus dessen Ziff. 6.2 (= späterer Tenor zu 2. LGU). Hierzu hat die Klägerin geltend gemacht, die von der Beklagten vorgelegten angeblichen Vereinbarungen mit GE, deren Richtigkeit und Vollständigkeit sie – auch mit Blick auf die darin enthaltenen Schwärzungen – bestreite, seien selbst bei unterstellter Richtigkeit unzureichend. Es sei nicht ansatzweise erkennbar, dass sie, die Klägerin, dadurch ein eigenes, gegenüber GE einklagbares Recht erworben habe. Auf ihre mehrfache Aufforderung habe GE inhaltlich nicht reagiert.
- Die Beklagte, die um Klageabweisung gebeten hat, hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Klägerin sei mangels auf die Übertragung gerichteter Willenserklärungen nicht Inhaberin der streitigen Patentfamilien geworden. Sie, die Beklagte, habe auch keine gegenüber der Klägerin bestehende Pflicht verletzt. Die Regelung in Ziff. 6.2 des LA beziehe sich nur auf eine Übertragung vor Vertragsschluss, weshalb sie an einer späteren Übertragung nicht gehindert gewesen sei. Im Übrigen habe sie, die Beklagte, sichergestellt, dass GE die Rechte der Klägerin übernimmt. Hierzu hat die Beklagte behauptet, sie habe mit GE am 21./25.02.2019 einen Lizenzvertrag abgeschlossen (in englischer Sprache und teilgeschwärzter Fassung vorgelegt als Anlage B 21, Ziff. 6.3 bis 6.5 in deutscher Übersetzung in der Berufungsinstanz vorgelegt als Anlage B 24), aus dessen Ziff. 6.3 bis 6.5 sich ergebe, dass GE Verpflichtungen gegenüber Dritten erfüllen werde, wenn ihr mit derartigen Rechten belastete Schutzrechte angeboten würden und GE sich entscheide, diese zu übernehmen. Nachdem GE mit E-Mail vom 08.11.2019 (in englischer Sprache vorgelegt als Anlage B 22, in Übersetzung in der Berufungsinstanz vorgelegt als Anlage B 22a) über die bestehenden Bindungen des Lizenzvertrages mit der Klägerin aufgeklärt worden sei, habe GE mit E-Mail vom 22.11.2019 (Anlage B 1, in deutscher Übersetzung vorgelegt als Anlage B 1a) erklärt, an welchen Rechten sie interessiert sei und dann die Übertragung mit dem am 03./18.03.2020 unterzeichneten Abtretungs- und Übertragungsvertrag (Assignment and Transfer Agreement, vorgelegt als Anlage B 2, in deutscher Übersetzung als Anlage B 2a) abgeschlossen. Damit habe GE die Bindungen gegenüber der Klägerin akzeptiert und übernommen. Soweit die Klägerin behaupte, dass GE ihr gegenüber nicht auf Anfragen reagiert habe, bestreite sie dies mit Nichtwissen.
- Hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung erhobenen Hilfsantrags zu I.7. der Klägerin hat die Beklagte bereits in erster Instanz die Einrede der Verjährung erhoben.
- Mit Urteil vom 09.08.2022 hat das Landgericht Düsseldorf der Klage stattgegeben, soweit die Klägerin hinsichtlich der streitigen Patentfamilien mit dem Hilfsantrag zu I.7. Schadenersatzfeststellung wegen der fehlenden Übertragung von ihr gegenüber bestehenden Verpflichtungen aus dem LA an GE (= Tenor zu 2.) sowie – soweit es das Verhältnis der Beklagten mit GE betrifft – mit einem weiteren Hilfsantrag Auskunft verlangt hat (= Tenor zu 1.). Darüber hinaus hat das Landgericht einen Anspruch der Klägerin auf Schadenersatzfeststellung wegen der nicht oder nicht rechtzeitig erfolgten Übergabe der für die Umschreibung oder Eintragung erforderlichen Unterlagen bejaht (= Tenor zu 3.). Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Im Einzelnen hat das Landgericht wie folgt erkannt:
- 1. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen über die zwischen der Beklagten und der A (GE) getroffenen Vereinbarungen und Absprachen sowie geführter Korrespondenz unter Vorlage von Kopien von Schriftstücken oder Ausdrucken elektronischer Korrespondenz bezüglich der einzelnen Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen, die den Schutzrechtsfamilien MD-XXA, MD-XXB und MD-XXC angehören, und zwar insbesondere von
- • Kopien der zwischen GE und der Beklagten geschlossenen Vereinbarungen,
• Kopien der Korrespondenz zwischen GE und der Beklagten im Zusammenhang mit dem Abschluss der Vereinbarung, der Aufgabe der Schutzrechte und der Forderung der Klägerin an die Beklagte, ihr die Schutzrechtsfamilien gemäß Ziff. 1. zu übertragen,
• Kopien etwaiger anlässlich der Aufgabe geschlossener Vereinbarungen,
• Kopien der Korrespondenz zwischen der Beklagten und GE im Zusammenhang mit dem Anschreiben der Klägerin an die Beklagte gemäß Anlage K 18. - 2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagte der A. nicht die ihr gegenüber der Klägerin obliegenden Verpflichtungen aus dem zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossenen Lizenzvertrag vom 22. August 2018 gemäß Anlage K 4 auferlegt hat, beispielsweise die Verpflichtung aus dessen Ziffer 6.2.
- 3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte bezüglich der einzelnen Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen, die den Schutzrechtsfamilien MD-XXD, MD-XXE, MD-XXG, MD-XXF und MP-XXK angehören, der Klägerin die erforderlichen Umschreibungserklärungen nicht bis spätestens zum 28. November 2019 zur Verfügung gestellt hat und/oder der Klägerin nicht sämtliche für die Umschreibung und oder die Eintragung erforderlichen Unterlagen und Erklärungen verschafft hat oder verschaffen kann.
- 4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
- Soweit die Klägerin Feststellung ihrer Inhaberschaft an den Schutzrechten der streitigen Patentfamilien begehre, bleibe der Antrag ohne Erfolg, weil die Klägerin nicht Inhaberin dieser Schutzrechte geworden sei. Insbesondere statuiere Ziff. 6.2 des LA nur eine schuldrechtliche Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin die Inhaberschaft an den Schutzrechten für den Fall zu verschaffen, dass sie deren Aufgabe beabsichtige. Hingegen sei Ziff. 6.2 des LA nicht als eine auf ein Verfügungsgeschäft gerichtete Willenserklärung zu verstehen. Auch dem Schreiben der Beklagten vom 11.10.2019 sei nicht zu entnehmen, dass die streitigen Patentfamilien der Klägerin sofort zur Übernahme angeboten würden. Vielmehr habe das Übertragungsangebot der Beklagten unter der aufschiebenden Bedingung gestanden, dass der Drittlizenznehmer die Übernahme ablehnt.
- Auch der auf Verschaffung der Inhaberschaft an den streitigen Patentfamilien gerichtete Hilfsantrag der Klägerin bleibe ohne Erfolg. Es greife jedenfalls der Einwand der Unmöglichkeit (§ 275 BGB) durch, nachdem die Beklagte die streitigen Schutzrechte auf GE übertragen habe und somit selbst nicht mehr Inhaberin dieser Schutzrechte sei. In der Folge könne die Klägerin auch nicht die Abgabe von Erklärungen zum Zwecke ihrer Eintragung als Inhaberin oder den Ersatz des durch die fehlende Beibringung der Übertragungserklärungen gerichteten Schadens verlangen.
- Erfolg habe demgegenüber der Hilfsantrag zu I.7., weil die Beklagte schuldhaft eine Pflicht aus dem LA verletzt habe und der Eintritt eines Schadens bei der Klägerin nicht auszuschließen sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Beklagte bereits dadurch eine Pflichtverletzung begangen habe, dass sie die streitigen Patentfamilien nach Vertragsschluss mit der Klägerin auf GE übertragen habe. Jedenfalls habe die Beklagte gegen die in Ziff. 6.2 des LA flankierend statuierten weiteren Pflichten verstoßen. So habe sie nach dieser Klausel sicherzustellen gehabt, „dass keine dritte Partei derartige Licensed IP erwirbt oder vor dem Abschlussdatum (entsprechend dem Asset Purchase Agreement) erworben hat“, was aus der Sicht eines verständigen Dritten nur so verstanden werden könne, dass sich die Beklagte habe verpflichten wollen, alle Handlungen und Rechtsgeschäfte zu unterlassen, die eine Übertragung der lizenzierten Schutzrechte auf die Klägerin verhindern könnten. Dies gelte nicht nur für Umstände, die bereits vor Abschluss der Verträge mit der Klägerin vorgelegen hätten, sondern auch für Handlungen der Beklagten danach. Diesem Verständnis stehe auch nicht Ziff. 10.4.1 des LA entgegen, wonach die Beklagte berechtigt sei, die lizenzierten Schutzrechte auf einen Dritten zu übertragen. Denn dieses Recht korrespondiere mit dem letzten Satz der Ziff. 10.4.1, wonach „diese Vereinbarung [der Lizenzvertrag mit der Klägerin] für die Rechtsnachfolger und zulässigen Abtretungsempfänger jeder Partei bindend [ist]“. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die lizenzierten Schutzrechte auf einen Dritten zu übertragen, hätte dabei aber dafür Sorge tragen müssen, dass der Dritte der Klägerin die gleichen Rechte einräumt, wie es die Beklagte in dem LA getan habe. Insbesondere müsse der Dritte die lizenzierten Schutzrechte der Klägerin zur Übernahme anbieten, falls er sie aufgeben wolle.
- Gegen diese Pflicht habe die Beklagte schuldhaft verstoßen, weil nicht festzustellen sei, dass GE die gegenüber der Klägerin bestehenden Pflichten übernommen habe. Aus Ziff. 3 der von der Beklagten vorgelegten Übertragungsvereinbarung mit GE (Anlage B 2) ergebe sich nur, dass die Patentfamilien mit solchen Lizenzen und Belastungen übertragen würden, die separat identifiziert worden seien („subject to existing licenses and encumbrances that have been separately identified“). Weder der Anlage B 2 noch der als Annex 1 beigefügten Patentliste sei jedoch zu entnehmen, dass GE Kenntnis von dem Lizenzvertrag mit der Klägerin und insbesondere der Belastung nach Ziff. 6.2 des LA habe. Entsprechendes ergebe sich auch nicht aus Ziff. 6.3 bis 6.5 des in teilgeschwärzter Fassung vorgelegten Lizenzvertrages (Anlage B 21). Insbesondere dem zweiten Satz der Ziff. 6.5 sei nur zu entnehmen, dass Schutzrechte, die Gegenstand von Belastungen, Rechten, Zusicherungen und Verpflichtungen gegenüber Dritten sein können, GE übertragen werden können. Aus dem Begriff „können“ folge, dass eine Übertragung der bestehenden Verpflichtungen gegenüber Dritten zwar möglich, aber nicht zwingend sei. Soweit es am Ende des zweiten Satzes – nicht mehr im Konjunktiv – heiße, dass der Lizenznehmer Verpflichtungen gegenüber Dritten „beachten und erfüllen“ wolle, stehe dieser Halbsatz in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem ersten Teil des Satzes, der nur eine optionale Übernahme etwaiger Pflichten durch GE vorsehe. Selbst wenn GE mit E-Mail vom 08.11.2019 (Anlage B 22) über die seitens der Beklagten gegenüber der Klägerin bestehenden Pflichten informiert worden sei – was zu Gunsten der Beklagten als richtig unterstellt werden könne – besage dies nichts darüber, ob sich GE an diese Verpflichtungen zukünftig auch halten wolle.
- Die Beklagte sei deshalb dem Grunde nach verpflichtet, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Pflichtverletzung erwachsen seien und noch erwachsen könnten, beispielsweise deshalb, weil GE die Schutzrechte – aus welchen Gründen auch immer – aufgebe. Der Anspruch der Klägerin sei nicht verjährt, weil der Hilfsantrag zu I.7. eine bloße Präzisierung des ursprünglich bereits gestellten, auf Schadenersatzfeststellung gerichteten Hilfsantrags zu I.6 darstelle und damit als Minus zu diesem bereits streitgegenständlich gewesen sei.
- Die Klägerin könne überdies Auskunft von der Beklagten verlangen. Ein hinreichendes Interesse der Klägerin, das einen Auskunftsanspruch aus § 242 BGB begründe, bestehe allerdings nur mit Blick auf solche Unterlagen, die Vereinbarungen der Beklagten mit GE – nicht auch mit weiteren Dritten – beträfen.
- Ebenfalls begründet sei der Antrag der Klägerin auf Schadenersatzfeststellung hinsichtlich der unstreitigen Patentfamilien, da sich die Beklagte mit der Übersendung der für die Umschreibung in den jeweiligen Registern erforderlichen Unterlagen in Verzug befinde.
- Gegen dieses, ihren Prozessbevollmächtigten am 09.08.2022 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am selben Tag bei Gericht eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz vom 09.09.2022 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren auf Klageabweisung weiterverfolgt, soweit dies vor dem Landgericht erfolglos geblieben ist.
- Sie wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend:
- Das Landgericht sei unter Verstoß gegen die anerkannten Auslegungsgrundsätze zu der Auffassung gelangt, sie, die Beklagte, habe GE bei Übertragung der Schutzrechte die gegenüber der Klägerin bestehenden Verpflichtungen nicht auferlegt. Tatsächlich habe sie bereits nach Ziff. 6.4 des Lizenzvertrages mit GE (Anlage B 21) ein Angebot abgegeben, Schutzrechte, die Gegenstand von Rechten Dritter sind, nur mit den jeweiligen Bindungen zur Übernahme anzubieten. Der Vertrag sehe insoweit eine Information von GE in Bezug auf diese Drittrechte vor (Ziff. 6.3 der Anlage B 21), was mit der Übersendung einer Kopie des LA an GE (Anlage B 22) auch geschehen sei. GE habe dann in Kenntnis der vertraglichen Bindungen gegenüber der Klägerin den Abtretungs- und Übertragungsvertrag (Anlage B 2) geschlossen und die streitgegenständlichen Schutzrechte dabei mit eben diesen Bindungen übernommen. Dass in dem Abtretungs- und Übertragungsvertrag mit dem Hinweis auf die separat mitgeteilten Beschränkungen auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände Bezug genommen werde, sei nach deutschem Recht zulässig und nicht zu beanstanden.
- Selbst wenn man annehmen würde, dass auf Grundlage des vorgelegten Vertrages und der geführten Korrespondenz zwischen ihr, der Beklagten, und GE keine direkte vertragliche Beziehung zwischen der Klägerin und GE vorliegen sollte, so ergebe sich hieraus doch mindestens ein Vertrag zu Gunsten Dritter nach § 328 BGB, auf den sich die Klägerin ohne weiteres auch gegenüber GE berufen könne. Zudem sei – als praktische Überlegung – die Klägerin auch prozessual gegenüber GE geschützt, nachdem sie dieser den Streit verkündet habe. Auch wenn man aber unterstellen würde, dass die Klägerin keinen direkten Anspruch gegenüber GE habe, so könnte sie, die Beklagte, gleichwohl ihren der Klägerin gegenüber bestehenden Verpflichtungen nachkommen, indem sie sich gegenüber GE auf die direkte vertragliche Beziehung berufe und GE, notfalls gerichtlich, zu deren Einhaltung verpflichte. Bislang seien allerdings keine Umstände gegeben, die ein solches Einschreiten notwendig machen würden und es sei kein Schadenseintritt zu Lasten der Klägerin erkennbar.
- Soweit die Vorlage einer ungeschwärzten Fassung der Anlage B 21 in Rede stehe, weise sie auf ihre gegenüber GE bestehende Geheimhaltungsverpflichtung hin und begehre, dass eine etwaige Vorlage nur nach Erlass einer Anordnung gegenüber der Klägerin und ihren Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf Geheimhaltungsverpflichtung und Verwendungsbeschränkung für das vorliegende Verfahren nach den anwendbaren Vorschriften des GeschGehG ausgesprochen werde.
- Rechtsfehlerhaft sei auch die Auffassung des Landgerichts, die von der Klägerin mit ihrem (erfolgreichen) Hilfsantrag zu I.7. erhobenen Ansprüche seien nicht verjährt. Tatsächlich knüpfe der Hilfsantrag zu I.7. an einen anderen Lebenssachverhalt an und sei daher mit der Klage nicht zum Streitgegenstand gemacht worden. Sie, die Beklagte, mache sich in diesem Zusammenhang die Ansicht und den Vortrag der Klägerin aus der Klageschrift zu eigen, demzufolge das zwischen den Parteien geschlossene APA eine feste Verjährung von 18 Monaten vorsehe, die auch für das LA gelte und mit deren Ablauf alle Ansprüche zwischen den Parteien verjährt seien.
- Der der Klägerin vom Landgericht zugesprochene Auskunftsanspruch bestehe mangels einer Vertragsverletzung ebenfalls nicht. Jedenfalls sei der Klägerin zumindest eine den Vorschriften des GeschGehG entsprechende Geheimhaltungspflicht und Verwendungsbeschränkung aufzuerlegen und die begehrte Auskunft entsprechend zu beschränken.
- Das Urteil des Landgerichts sei ferner fehlerhaft, soweit es davon ausgehe, dass sie, die Beklagte, sich dadurch schadenersatzpflichtig gemacht habe, dass sie der Klägerin Umschreibungserklärungen bezüglich der streitigen Patentfamilien nicht bis zum 28.11.2019 zur Verfügung gestellt habe. Zum einen sei die von der Klägerin gesetzte Frist – deren Berechtigung unterstellt – zu kurz bemessen gewesen. Zum anderen habe die Klägerin nach der Regelung in Ziff. 6.2 des LA sowohl eine Kostentragungspflicht als auch eine Pflicht zur Organisation und Durchführung der Übertragung und Abtretung der Schutzrechte übernommen, was zwanglos auch das Vorbereiten und Erstellen etwaiger Umschreibungserklärungen umfasse.
- Nachdem in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist, dass hinsichtlich der Patentfamilie MP-XXK bereits zum Zeitpunkt der Klage keine weiteren Mitwirkungshandlungen der Beklagten erforderlich waren, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, soweit die Klägerin auch hinsichtlich dieser Patentfamilie die Feststellung einer Schadenersatzpflicht wegen fehlender oder nicht rechtzeitiger Umschreibung verlangt hat (Tenor zu 3. LGU).
- Im Übrigen beantragt die Beklagte,
- das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 09.08.2022 (Az.: 4c O 8/20) abzuändern und die Klage abzuweisen.
- Die Klägerin beantragt,
- unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils
- dessen Tenor zu 2. wie folgt zu fassen:
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagte die A. nicht in schriftlicher und eindeutiger (rechtsklarer) Form vertraglich verpflichtet hat, den Lizenzvertrag mit der Klägerin vom 22.08.2018 gemäß Anlage K 4 betreffend die Schutzrechtsfamilien MD-XXA, MD-XXB und MD-XXC mit sämtlichen Rechten und Pflichten zu übernehmen, damit die Klägerin die ihr nach dem Lizenzvertrag eingeräumten Rechte gegenüber der A. im Sinne eines eigenen Forderungsrechts i.S.v. § 328 BGB genauso wie gegenüber der Beklagten ausüben und/oder eine Vertragsverletzung gegenüber der A. im eigenen Namen geltend machen kann,
- und zwar die im Vertrag vorgesehenen Rechte und Pflichten gemäß Ziffer 6.2.
- und dessen Tenor zu 3. wie folgt zu fassen:
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte bezüglich der nachfolgend aufgelisteten Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen der Klägerin die erforderlichen Umschreibungserklärungen nicht bis spätestens zum 09.01.2020 zur Verfügung gestellt hat:
- und im Übrigen, soweit nicht der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
- Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Beklagten unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.
- Die Beklagte habe zumindest ihre Pflicht verletzt, bei Veräußerung der Schutzrechte an Dritte sicherzustellen, dass diese die gleichen Pflichten treffe wie sie selbst, nämlich etwa bei Aufgabeabsicht die Schutzrechte auf sie, die Klägerin, zu übertragen. Selbst wenn die Vertragswerke gemäß der Anlage B 2 und der weiterhin nur in geschwärzter Fassung vorgelegten Anlage B 21 zwischen der Beklagten und GE so abgeschlossen worden sein sollten, seien diese nicht geeignet, die Übertragung sämtlicher sich aus dem LA ergebender Verpflichtungen der Beklagten auf GE zu begründen. An keiner Stelle der Verträge sei konkret vorgesehen, dass GE die erworbenen Schutzrechte bei Aufgabeabsicht auf sie, die Klägerin, die überdies in den Verträgen nicht einmal genannt sei, zu übertragen habe. Bereits deshalb liege es fern, dass ihr ein eigenes durchsetzbares Forderungsrecht gegenüber GE erwachsen sei. Hierfür müsse es sich um einen Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB handeln und sich solches zweifelsfrei – gegebenenfalls nach Auslegung gemäß § 328 Abs. 2 BGB – aus dem Vertrag ergeben. Ihre Sicherung aufgrund des Sukzessionsschutzes sei unzureichend, was nicht nur für die Übertragung der Schutzrechte bei Aufgabeabsicht, sondern beispielsweise auch für den Fall der Weiterübertragung der Schutzrechte an Dritte durch GE gelte. Von der fehlenden Übertragung an GE betroffen und im Tenor beispielhaft zu benennen seien ferner – wie die Klägerin unter Neufassung ihres Antrages erstmals in der Berufungsinstanz geltend macht – die Regelungen des LA, wonach sich die Parteien wechselseitig über Rechtsverletzungen unterrichten sollten, ihr als Lizenznehmerin ein eigenes Klagerecht eingeräumt werde, der Vertrag deutschem Recht unterliege und sie, die Klägerin, vor dem Landgericht Düsseldorf klagen könne.
Soweit die Beklagte eine Fehlerhaftigkeit des landgerichtlichen Urteils in Bezug auf den Auskunftsanspruch beanstande, genüge die Berufungsbegründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 und 3 ZPO. Aus den Ausführungen der Beklagten sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Auskunftsanspruch nicht bestehen solle. In der Sache habe das Landgericht den Auskunftsanspruch zu Recht zuerkannt. Die verlangten Auskünfte dienten dazu, sie in die Lage zu versetzen, selbst beurteilen zu können, welche Rechtsposition sie gegenüber GE habe. Nachdem die Beklagte lediglich auszugsweise Schriftverkehr und teilweise geschwärzte Vertragsunterlagen vorgelegt habe und dies zudem nicht zum Zwecke der Auskunftserteilung erfolgt sei, bestünden ihre Ansprüche weiterhin. Höchst vorsorglich beantrage sie, gemäß § 142 ZPO anzuordnen, dass die Beklagte den vollständigen mit GE geschlossenen Lizenzvertrag sowie sämtliche zu diesem Vertrag gehörenden Abreden vorlege.
- Das Landgericht habe schließlich zu Recht angenommen, dass ihr ein Anspruch auf Ersatz sämtlicher Schäden zustehe, die darauf beruhten, dass die Beklagte erforderliche Dokumente nicht fristgerecht zur Verfügung gestellt habe. Bei Fristablauf und noch am 15.01.2020 hätten, wie sich aus dem Schreiben gemäß Anlage B 5 ergebe, eine Vielzahl von Unterlagen und Übertragungserklärungen gefehlt. Massive Verzögerungen hätten sich auch daraus ergeben, dass, wie ebenfalls das Schreiben gemäß Anlage B 5 zeige, die Beklagte die Vornahme irgendwelcher Erklärungen von einer gesonderten Vereinbarung habe abhängig machen wollen, wofür es keine Rechtsgrundlage gegeben habe. Durch die verzögerte Bearbeitung und Bereitstellung der erforderlichen Unterlagen sei ihr ein beträchtlicher finanzieller Mehraufwand entstanden.
- Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
- II.
- Die Berufung der Beklagten ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Der landgerichtliche Tenor zu 2. und zu 3. war jedoch, wie geschehen, zu konkretisieren.
- A.
- Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Berufung der Beklagten auch im Hinblick auf den Auskunftsanspruch (= Tenor zu 1. LGU) zulässig, insbesondere genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die von der Klägerin als fehlend beanstandete Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt (§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO), lässt sich der Berufungsbegründung entnehmen. Diese lässt erkennen, dass die Berufung auf eine Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO gestützt wird, weil es bereits an einer Vertragsverletzung oder einem entsprechenden Verdacht fehle und damit keine Grundlage für einen Auskunftsanspruch gegeben sei. Dass die Beklagte hinsichtlich der fehlenden Vertragsverletzung auf ihre vorherigen Ausführungen – in der Berufungsbegründung selbst – verweist, ist nicht zu beanstanden. Der zusätzliche Verweis auf die erstinstanzlichen Ausführungen erfolgt nur ergänzend und ersetzt nicht die Begründung. Die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung des materiellen Rechts ergibt sich ebenfalls aus den genannten Ausführungen sowie aus dem ausdrücklichen Hinweis in der Berufungsbegründung, wonach der Klägerin der zugesprochene Auskunftsanspruch nicht zustehe.
- B.
- Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht Ansprüche der Klägerin auf Schadenersatz wegen der fehlenden Übertragung der vertraglichen Pflicht nach Ziff. 6.2 des LA auf GE (Tenor zu 2. LGU, dazu unter 1.) und wegen der nicht fristgerecht erfolgten Zurverfügungstellung von Umschreibungserklärungen (Tenor zu 3. LGU, dazu unter 3.) sowie einen Auskunftsanspruch betreffend die vertraglichen Beziehungen der Beklagten mit GE (Tenor zu 1. LGU, dazu unter 2.) bejaht. Soweit es die Feststellungsbegehren betrifft, genügt der Ausspruch des Landgerichts jedoch nicht den Bestimmtheitsanforderungen, weshalb er wie geschehen neu zu fassen war.
- 1.
Die Beklagte hat schuldhaft ihre aus dem LA folgende Pflicht verletzt, bei Übertragung der streitigen Patentfamilien an GE dieser die gegenüber der Klägerin bestehenden Verpflichtungen aus Ziff. 6.2 des LA in eindeutiger und schriftlich niedergelegter Form und unter Begründung eines eigenen Forderungsrechts der Klägerin aufzuerlegen. Die Klägerin hat deshalb einen Anspruch auf Schadenersatz gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 BGB, den sie im Wege der Feststellungsklage geltend machen kann. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch. - a)
Die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten aus den zwischen ihnen geschlossenen Verträgen ergibt sich, was die Parteien auch nicht in Frage stellen, aus Ziff. 15.6 des APA und Ziff. 10.7 des LA. - b)
Die Beklagte hat eine Pflicht aus dem mit der Klägerin abgeschlossenen LA verletzt. - aa)
Nach dem LA war die Beklagte zwar nicht daran gehindert, die Schutzrechte der streitigen Patentfamilien an GE zu übertragen. Sie hätte jedoch sicherstellen müssen, dass GE die Verpflichtung, die sie, die Beklagte, gegenüber der Klägerin aus Ziff. 6.2 des LA hat, übernimmt, und zwar so, dass für die Klägerin ein eigenes, in schriftlicher und eindeutiger Form niedergelegtes Forderungsrecht gegenüber GE begründet wird. - (1)
Das Landgericht hat festgestellt, dass die Beklagte nicht aufgrund von Ziff. 6.2 des LA an einer Übertragung der streitigen Patentfamilien an GE gehindert war. Nachdem die Klägerin keine Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt hat, bedarf es insoweit grundsätzlich keiner weiteren Ausführungen. - Weil die diesbezügliche Auslegung der Ziff. 6.2 und 10.4.1 des LA allerdings auch die Grundlage für deren – auf die Berufung der Beklagten zu erörterndes – weitergehendes Verständnis bildet, ist festzustellen, dass der Senat die Sichtweise des Landgerichts teilt. Entscheidend ist an dieser Stelle, dass die in Ziff. 10.4.1 geregelte Berechtigung der Beklagten zur Übertragung der lizenzierten Schutzrechte an Dritte keinen Beschränkungen unterliegt, auch nicht für den Fall, dass die Beklagte bereits zu dem Schluss gelangt ist, das jeweilige Schutzrecht selbst nicht fortführen zu wollen. Zwar ließe sich auf den ersten Blick annehmen, dass für den Fall einer Aufgabeabsicht der Beklagten die Regelung in Ziff. 6.2, wonach die Beklagte in diesem Fall sicherstellen muss, „dass keine dritte Partei derartige Licensed IP erwirbt …“ spezieller und gegenüber Ziff. 10.4.1 vorrangig ist mit der Folge, dass in diesem Fall eine Übertragung an Dritte nicht mehr zulässig ist. Bei näherer Betrachtung liegt jedoch bereits eine Aufgabeabsicht im Sinne der Ziff. 6.2 nicht vor, wenn die Beklagte vorrangig die Übertragung an einen Dritten beabsichtigt und nur für den Fall, dass der Dritte das Schutzrecht nicht übernimmt, dessen Aufgabe. Dass genau dieses der Fall ist, hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 11.10.2019 (Anlage K 6), wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.
- (2)
Wie das Landgericht ebenfalls zu Recht angenommen hat, musste die Beklagte bei der Übertragung der streitigen Patentfamilien an GE sicherstellen, dass diese ihre, der Beklagten, vertragliche Bindungen gegenüber der Klägerin aus Ziff. 6.2 des LA übernimmt. Dies hatte – insoweit bedürfen die landgerichtlichen Ausführungen einer Präzisierung – in einer Weise zu erfolgen, durch die für die Klägerin ein eigenes, in schriftlicher und eindeutiger Form niedergelegtes Forderungsrecht gegenüber GE begründet wird. Dieses Verständnis entspricht einer nach den Grundsätzen von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfolgten Auslegung des Vertrages entsprechend §§ 133, 157 BGB. Es steht im Einklang mit dem Gebot der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. BGH, NJW 2001, 2535, 2536; GRUR 2002, 280, 281 – Rücktrittsfrist; GRUR 2003, 173, 175 – Filmauswertungspflicht; NJW-RR 2003, 1053, 1054; GRUR 2011, 946 Rn. 18 – KD) und der Berücksichtigung des durch die Parteien beabsichtigten Zwecks des Vertrages (BGH, GRUR 2011, 946 Rn. 18 – KD). - (a)
Bei Ermittlung der beiderseitigen Interessenlage ist zunächst die rechtliche Ausgangssituation zu betrachten, die bei einer Übertragung der von der Beklagten an die Klägerin lizenzierten Schutzrechte an einen Dritten (= GE) besteht und vor deren Hintergrund die Parteien die Ziff. 6.2 und 10.4.1 des LA vereinbart haben. - Hier gilt, dass – jedenfalls soweit deutsches Recht anwendbar ist – aufgrund des Sukzessionsschutzes (§ 15 Abs. 3 PatG) bei Übertragung der Patente von der Beklagten an GE zwar die der Klägerin erteilte Lizenz übergeht und die Klägerin diese GE entgegenhalten kann. Der Sukzessionsschutz begründet aber keinen Eintritt des neuen Berechtigten (= GE) in den bestehenden Lizenzvertrag (OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2009, Az.: I-2 U 6/04, BeckRS 2010, 22208; Urt. v. 24.09.2015, Az.: I-2 U 30/15, BeckRS 2015, 18754 Rn. 7; BeckOK Patentrecht-Loth/Hauck, 28. Edition Stand: 15.04.2023, § 15 Rn. 102; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 15. Auflage 2023, Abschn. E Rn. 230; Haedicke/Timmann-Haedicke, 2. Auflage 2020, § 11 Rn. 169; anders Benkard-Ullmann/Deichfuß, 11. Auflage 2015, § 15 Rn. 115, die von einer gesetzlichen Vertragsübernahme, beschränkt auf die wechselseitigen lizenzvertragstypischen Pflichten ausgehen; vgl. ferner McGuire, GRUR 2014, 28, 32 ff.). Der Lizenzvertrag besteht also auch nach dem Übergang der Patente zwischen Klägerin und Beklagter fort (vgl. BGH, GRUR 2016, 201 Rn. 53 – Ecosoil, zum MarkenG). Folge dessen ist, dass die Beklagte, auch wenn sie die Schutzrechte berechtigterweise an einen Dritten übertragt, dadurch nicht ohne weiteres aus ihren eigenen Pflichten entlassen ist. Der zwischen Klägerin und Beklagter geschlossene Vertrag bleibt vielmehr von einer Übertragung der Schutzrechte grundsätzlich unberührt und die Beklagte ist der Klägerin gegenüber weiterhin in dem dort geregelten Sinne verpflichtet, mag die Erfüllung bestimmter Pflichten auch infolge der Übertragung unmöglich werden.
- (b)
Vor dem Hintergrund dieser Ausgangslage ist die Regelung in Ziff. 10.4.1 zu betrachten, in der es in deutscher Übersetzung heißt: - „Der Verkäufer/Lizenzgeber kann alle Rechte oder Ansprüche aus diesem Lizenzvertrag an eines seiner verbundenen Unternehmen übertragen. Darüber hinaus ist der Verkäufer/Lizenzgeber berechtigt, das lizenzierte IP und/oder diesen Lizenzvertrag auf ein verbundenes Unternehmen oder einen Dritten zu übertragen. Diese Vereinbarung ist für die Rechtsnachfolger und zulässigen Abtretungsempfänger jeder Partei bindend und berechtigt diese.“
- (Hervorhebungen hinzugefügt)
- Aus dem damit eindeutig festgehaltenen Willen der Parteien, dass die Vereinbarung (= LA) den Erwerber der Schutzrechte bindet, lässt sich zunächst die Pflicht der Beklagten entnehmen, bei Übertragung der Schutzrechte an einen Dritten sicherzustellen, dass dieser in die der Klägerin gegenüber bestehenden Verpflichtungen eintritt. Ob dies in einer Weise zu erfolgen hat, durch die ein eigenes Forderungsrecht der Klägerin begründet wird, und ob die Beklagte dadurch von ihren Pflichten gegenüber der Klägerin frei wird, lässt sich der Klausel nicht unmittelbar entnehmen und ist durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln.
- Der Annahme einer Auslegungsbedürftigkeit lässt sich zunächst nicht entgegenhalten, dass die Parteien bei Vertragsschluss anwaltlich beraten waren und man deshalb annehmen könnte, dass, hätten die Parteien die Notwendigkeit der Begründung eines eigenen Forderungsrechts regeln wollen, sie dies deutlich in ihre Vereinbarung aufgenommen hätten. Denn die Klausel ist so gefasst, dass beide Sichtweisen grundsätzlich möglich sind und sich – ohne ausdrückliche Erwähnung der genannten Rechtsfolgen – auch ihr Gegenteil nicht eindeutig entnehmen lässt. So könnte die Formulierung, die Vereinbarung sei für die Rechtsnachfolger „bindend“, durchaus für eine auch gegenüber der Klägerin bestehende Verbindlichkeit sprechen und ist letztlich in beide Richtungen nicht eindeutig. Darüber hinaus träte – ginge man mangels ausdrücklicher Regelung davon aus, die Pflichten der Beklagten gegenüber der Klägerin bestünden unverändert fort – die Situation ein, dass der Beklagten eine Übertragung der Schutzrechte an Dritte zwar ausdrücklich erlaubt wäre, sie in diesem Fall aber ihre der Klägerin gegenüber bestehenden Pflichten nicht mehr erfüllen könnte und sich damit grundsätzlich schadenersatzpflichtig machen würde. Dies spricht zumindest gegen die Schlussfolgerung, aufgrund der anwaltlichen Mitwirkung am Vertragsschluss sei von einer deutlichen (und juristisch korrekten) Benennung aller etwaigen Rechtsfolgen auszugehen.
- Die Anwendung der oben dargestellten Auslegungsgrundsätze ergibt sodann, dass die Beklagte ihre der Klägerin gegenüber bestehenden Pflichten aus Ziff. 6.2 des LA in einer Weise an den Dritten übertragen muss, durch die ein eigenes Forderungsrecht der Klägerin begründet wird und die Beklagte hierdurch ihrerseits von ihren Pflichten gegenüber der Klägerin frei wird. Ein solches Verständnis wird der bei Vertragsschluss bestehenden Interessenlage der Parteien unter Berücksichtigung des Zwecks des Vertrages bei verständiger Würdigung am besten gerecht.
- Danach entsprach es grundsätzlich dem Interesse der Klägerin, sich für die Durchsetzung ihrer Rechte nicht an die Beklagte wenden zu müssen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil mit der Verpflichtung aus Ziff. 6.2 des LA auch ein Erlöschen der lizenzierten Schutzrechte und die damit verbundene Verschlechterung ihrer Situation als Lizenznehmerin verhindert werden soll. Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn die Klägerin für die Durchsetzung ihrer Rechte gegenüber GE auf die Beklagte angewiesen wäre, zumal dies aufgrund der in der Klausel enthaltenen Frist von drei Monaten zeitnah erfolgen muss, um ein Erlöschen der Schutzrechte zu vermeiden. Im Interesse der Beklagten lag es bei verständiger Würdigung insbesondere, dass sie selbst aus ihrer Verpflichtung der Klägerin gegenüber nach Ziff. 6.2 des LA entlassen ist, weil sie diese nach Weiterübertragung der Schutzrechte nicht mehr erfüllen kann. Von ihren Pflichten befreit werden kann die Beklagte offensichtlich aber nur dann, wenn die Klägerin ihre Rechte selbst dem Dritten gegenüber einfordern kann. Vertraglich niedergelegte Absicht der Beklagten war es zudem, die Aktivitäten im Windkraftgeschäft einzustellen (Präambel (B) des zeitgleich abgeschlossenen APA), was ebenfalls dafür spricht, dass der Beklagten bei verständiger Würdigung an einem endgültigen Ausscheiden aus den Verpflichtungen nach einer Übertragung der Schutzrechte an einen Dritten gelegen war.
- Dem dargestellten Interesse der Klägerin wird allerdings nur dann entsprochen, wenn sie ihre Rechte GE gegenüber effektiv durchsetzen kann, beispielsweise im Wege einer einstweiligen Verfügung oder in einem Urkundenprozess. Dies wiederum setzt voraus, dass über die Verpflichtung von GE ihr gegenüber keine vernünftigen Zweifel aufkommen können. Vergleichen lässt sich die Lage der Klägerin mit derjenigen, in der eine Bankbürgschaft als Vollziehungssicherheit bereitgestellt wird. Dem begünstigten Schuldner ist es in dieser Situation nicht zuzumuten, auf seine Kosten und auf sein Risiko einen Prozess mit dem Bürgen über das Vorliegen eines Sicherungsfalls zu führen; vielmehr ist es Sache des Vollstreckungsgläubigers, von vornherein klare Verhältnisse durch eine eindeutig abgefasste Bürgschaftszusage zu schaffen (OLG Düsseldorf, GRUR 2020, 1126 Rn. 11 – Vollziehungssicherheit). Wie in diesem Fall steht auch die Klägerin außerhalb der vertraglichen Beziehungen, in der die fraglichen Regelungen abgeschlossen werden. Sie ist darauf angewiesen, dass sie GE ohne umfangreiche Beweisaufnahme oder Streitigkeiten über Auslegungsfragen in Anspruch nehmen kann. Denn zum einen gerät die wirksame Rechtsverfolgung aufgrund der, wie erläutert, zeitkritischen Regelung anderenfalls insgesamt in Gefahr. Zum anderen ist es der Klägerin mangels eigener Beteiligung an den Verträgen zwischen Beklagter und GE nicht möglich, zu etwaigen Nebenabreden oder inneren Absichten vorzutragen, womit bei unklaren Regelungen die erfolgreiche Durchsetzung insgesamt fraglich wird. Nur mit einer eindeutigen (rechtsklaren) und schriftlichen Regelung ihres eigenen Forderungsrechts ist der Klägerin in dieser Situation eine effektive Durchsetzung möglich. Der Beklagten wiederum ist es ohne weiteres möglich, mit GE eine solche Regelung zu treffen, weshalb sie auch nicht übermäßig belastet wird.
- Zusammengefasst werden durch ein Verständnis, wonach die Beklagte ihre Pflichten gegenüber der Klägerin so an GE weitergeben muss, dass die Klägerin ein eigenes und in dem dargestellten Sinne effektiv durchsetzbares Forderungsrecht erhält und die Beklagte in diesem Fall von ihren Pflichten der Klägerin gegenüber frei wird, die Interessen beider Parteien bestmöglich gewahrt und der Zweck der getroffenen Vereinbarungen erfüllt.
- (c)
Für die von der Beklagten sicherzustellende Begründung eines eigenen Forderungsrechts der Klägerin gegenüber GE gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Erstens kann ein solches dadurch begründet werden, dass GE als Erwerber vollständig in die Rechtsstellung der Beklagten als Veräußerer eintritt. Eine solche Vertragsübernahme kann nur durch ein einheitliches Rechtsgeschäft zwischen der verbleibenden Vertragspartei (= Klägerin), der ausscheidenden Vertragspartei (= Beklagte) und der übernehmenden Vertragspartei (= GE) vollzogen werden, d.h. unter Mitwirkung aller Beteiligter (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.09.2015, Az.: I-2 U 30/15, BeckRS 2015, 18754 Rn. 16). Zweitens kann ein eigenes Forderungsrecht der Klägerin auch ohne ihre Mitwirkung entstehen, wenn zwischen der Beklagten und GE ein Vertrag zu Gunsten Dritter
(= der Klägerin) geschlossen wird, § 328 Abs. 1 BGB. - bb)
Dass sie ihre Pflichten aus Ziff. 6.2 des LA in dem soeben dargestellten Sinne an GE übertragen hat, hat die insoweit darlegungsbelastete Beklagte nicht darzutun vermocht. - (1)
Darlegungs- und beweisbelastet ist die Beklagte. Bei der Übertragung der Verpflichtungen aus dem LA auf den Dritten handelt es sich um eine erfolgsbezogene Leistungspflicht, auf deren Verletzung die in § 362 BGB (Erfüllungseinwand) angelegte Beweislastverteilung auch im Rahmen des Schadenersatzanspruchs aus § 280 BGB anzuwenden ist und in deren Rahmen von dem Gläubiger nicht mehr zu verlangen ist als die pauschale Behauptung, dass der geschuldete Erfolg nicht eingetreten ist (dazu im Einzelnen BeckOGK-Riehm, Stand: 01.07.2022, § 280 Rn. 342). Nachdem die Klägerin nicht nur die fehlende Übertragung behauptet, sondern zusätzlich vorgetragen hat, sich an GE gewandt und von dieser keine Antwort erhalten zu haben, war es daher an der Beklagten, die Übertragung der Pflichten in der geschuldeten Art und Weise darzutun und Unterlagen, soweit sie sich auf diese berufen will, in einer Form vorzulegen, die eine ausreichende Beurteilung des Sachverhalts durch das Gericht ermöglichen. - Selbst wenn man aber annehmen würde, dass die primäre Darlegungs- und Beweislast für die Pflichtverletzung bei der Klägerin läge, kämen dieser jedenfalls vor dem Hintergrund der Sphärentheorie Beweiserleichterungen zugute, weil die Schadensursache aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten hervorgegangen ist (vgl. dazu Schulze, BGB, 11. Auflage 2021, § 280 Rn. 13). Mehr als das erwähnte Vorbringen wäre auch bei dieser Sichtweise von der Klägerin nicht zu verlangen und es wäre ebenfalls an der Beklagten, die vollständig in ihrer Sphäre liegende Übertragung der Pflichten an GE darzulegen.
- (2)
Auf der Grundlage des Vortrages der Beklagten ist nicht feststellbar, dass sie die gegenüber der Klägerin bestehenden Pflichten in einer Weise auf GE übertragen hat, die für die Klägerin ein eigenes, in schriftlicher und eindeutiger Form niedergelegtes Forderungsrecht gegenüber GE begründet. - Eine Vertragsübernahme scheidet schon mangels einer Beteiligung der Klägerin an den zwischen der Beklagten und GE geschlossenen Vereinbarungen aus. Die Vereinbarungen können aber auch nicht als Vertrag zugunsten Dritter, der Klägerin, verstanden werden.
- (a)
Die Übertragung der Rechte an GE hat sich nach dem Vorbringen der Beklagten auf folgendem Weg vollzogen: - Am 21./25.02.2019 schlossen GE und die Beklagte einen – von der Beklagten weiterhin nur in teilgeschwärzter Fassung vorgelegten – Lizenzvertrag (Anlage B 21), dessen Ziff. 6.3 bis 6.5 auszugsweise in deutscher Übersetzung lauten:
- „6.3 In Bezug auf die als Nicht-Ausschließliches Lizenziertes Geistiges Eigentum gewährten und in Anhang 1.2.1 mit der internen Referenz des Lizenzgebers als … MD-XXA, MD-XXB, MD-XXC und … ausgewiesenen Patentrechte weist der Lizenzgeber darauf hin, dass der Lizenzgeber einer vertraglichen Bindung gegenüber einem Dritten unterliegt, diese Rechte auf den besagten Dritten zu übertragen, falls der Lizenzgeber beabsichtigt, diese einzelnen Rechte aufzugeben oder einzustellen, und Lizenzen zu kündigen, die der Lizenzgeber womöglich anderen Parteien erteilt hat. Die Parteien vereinbaren, dass, falls der Lizenznehmer dem Lizenzgeber nicht binnen eines Monats nach Erhalt eines Angebots über die Übertragung des betreffenden einzelnen Rechts aus diesen Patentfamilien vom Lizenzgeber auf den Lizenznehmer sowie von Einzelheiten zu bestehenden Belastungen, Rechten, vertraglichen Verpflichtungen und Verbindlichkeiten, die der Lizenzgeber gegenüber Dritten hat, schriftlich Mitteilung macht, der Lizenzgeber die einzelnen Rechte, die der Lizenznehmer im Rahmen der betroffenen Patente gemäß diesem Vertrag genießt, mit einer Frist von zwei Monaten kündigen darf. …
- 6.4 Falls der Lizenznehmer beschließt, einzelne Rechte aus dem Nicht-Ausschließlichen Lizenzierten Geistigen Eigentum zu übernehmen, bietet der Lizenzgeber die Übertragung des betreffenden Nicht-Ausschließlichen Lizenzierten Geistigen Eigentum unter dem Vorbehalt bestehender Belastungen, Rechte, vertraglicher Verpflichtungen, und Verbindlichkeiten gegenüber Dritten an. Vorbehaltlich Ziffer 6.2 verständigen sich die Parteien dann gesondert über die Einzelheiten zur Ausfertigung von Abtretungsunterlagen, …
- 6.5 Falls der Lizenznehmer beschließt, einzelne Rechte aus dem Nicht-Ausschließlichen Lizenzierten Geistigen Eigentum zu übernehmen, … In diesem Fall können dem Lizenznehmer einzelne Rechte an dem Nicht-Ausschließlichen Lizenzierten Geistigen Eigentum übertragen werden, die unter dem Vorbehalt von Belastungen, Rechten, vertraglichen Verpflichtungen, und Verbindlichkeiten gegenüber Dritten stehen können, und der Lizenznehmer wird den betreffenden Belastungen, Rechten, vertraglichen Verpflichtungen, und Verbindlichkeiten, die der Lizenzgeber gegenüber Dritten hat, nachkommen.“
- Mit E-Mail vom 08.11.2019 (Anlage B 22), die im Rahmen eines in der Berufungsinstanz näher ausgeführten Mailwechsels erfolgte, übersandte eine Mitarbeiterin der Muttergesellschaft der Beklagten den Lizenzvertrag zwischen Klägerin und Beklagter an GE. In der E-Mail heißt es auszugsweise in deutscher Übersetzung:
- „Hallo E,
- Deinem Wunsche nachkommend habe ich den Lizenzvertrag zwischen der B GmbH und der C GmbH für deine Bewertung beigefügt. …“
- Mit E-Mail vom 22.11.2019 an die Beklagte teilte ein Mitarbeiter von GE mit, an welchen Schutzrechten diese interessiert sei (Anlage B 1).
- Schließlich schlossen die Beklagte und GE unter dem 03./18.03.2020 einen Abtretungs- und Übertragungsvertrag (Anlage B 2), in dem es unter der Überschrift „Abtretung“ in Ziff. 3 in deutscher Übersetzung auszugsweise wie folgt heißt:
- „Gemäß den im Vertrag über den Kauf und die Übertragung von Vermögensgegenständen (Asset Purchase Agreement) vom 22. Februar 2019 und der ergänzenden Dokumentation, einschließlich des IP-Kauf- und Lizenzvertrags (IP Purchase and License Agreement) zwischen den Parteien oder deren verbundenen Unternehmen, (der „Asset Purchase Agreement“) vorgesehenen Rechten und Pflichten und im Austausch gegen eine darin bezeichnete angemessene Gegenleistung, deren Hinlänglichkeit von den Parteien bestätigt ist, überträgt B, im eigenen Namen und im Namen der verbundenen Unternehmen, vorbehaltlich bestehender Lizenzen und Belastungen, die gesondert gekennzeichnet worden sind, an GE sämtliche Rechte, Titel und Beteiligungen an den in Anhang 1 (die „Übertragenen Patente“) aufgeführten und beschriebenen Patenten, Patentanmeldungen und Erfindungen, …“
- (Hervorhebungen hinzugefügt)
- (b)
Auf der Grundlage dieses – im Folgenden als wahr unterstellten – Vortrages lässt sich ein eigenes Forderungsrecht der Klägerin, welches diese risikolos gegenüber GE durchsetzen kann, nicht erkennen. - Bei der Beurteilung, ob der Klägerin ein eigenes Forderungsrecht gegenüber GE eingeräumt ist (§ 328 Abs. 1 BGB), ist der erkennbare Wille der Vertragsparteien – Beklagte und GE – zugrunde zu legen. Nach § 328 Abs. 2 BGB ist in Ermangelung einer besonderen Bestimmung aus den Umständen des Falls, insbesondere auch dem Zweck des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht auf Leistung erwerben sollte. Ferner sind die Interessenlage sowie die sonstigen Begleitumstände zu beachten, welche den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (BGH, NJW 2022, 3631 Rn. 51). Vorliegend lässt sich aus den in diesem Sinne ermittelten Umständen des Vertragsschlusses eine derartige Rechtsposition der Klägerin nicht entnehmen.
- Zwar wird in Ziff. 6.3 des Lizenzvertrages (Anlage B 21) die vertragliche Bindung der Beklagten gegenüber der – wenn auch nicht namentlich benannten – Klägerin aus Ziff. 6.2 des LA erwähnt. Die Konsequenz eben jener vertraglichen Bindung der Beklagten ist nach Ziff. 6.3 des Lizenzvertrages (Anlage B 21) aber lediglich ein Kündigungsrecht der Beklagten für den Fall, dass GE nicht binnen eines Monats nach Erhalt eines Übertragungsangebots in näher bestimmter Weise schriftlich Mitteilung macht. Ob weitergehende Schlüsse aus der Klausel gezogen werden könnten, wenn die Beklagte den Lizenzvertrag in ungeschwärzter Form vorgelegt hätte und insbesondere die Ziff. 6.1 und 6.2 der fraglichen Regelung bekannt wären, kann offen bleiben. Die insoweit verbleibenden Unklarheiten gehen zu Lasten der darlegungsbelasteten Beklagten.
- In den Ziff. 6.4 und 6.5 des Lizenzvertrages (Anlage B 21) wird für die Übertragung von Schutzrechten zwar ein Vorbehalt hinsichtlich bestehender Belastungen, Rechten, vertraglichen Verpflichtungen und Verbindlichkeiten gegenüber Dritten formuliert. Es handelt sich dabei aber erkennbar noch nicht um die Übertragung oder ein von GE nur noch anzunehmendes Angebot einer späteren Übertragung. Beiden Klauseln lässt sich vielmehr entnehmen, dass eine spätere – gesonderte – Übertragung beabsichtigt ist. Überdies finden weder die Person der Klägerin noch die im Einzelnen bestehenden Pflichten – abgesehen von der insoweit nicht aussagekräftigen Erwähnung der streitigen Patentfamilien in Ziff. 6.3 – in dem Lizenzvertrag Erwähnung.
- Auch dem Abtretungs- und Übertragungsvertrag (Anlage B 2) lässt sich nicht mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass ein eigenes Forderungsrecht der Klägerin in Bezug auf die Verpflichtungen aus dem LA begründet wird. Wie die Beklagte grundsätzlich zu Recht ausführt, verweist der Vertrag hinsichtlich der bestehenden Lizenzen und Belastungen derjenigen Schutzrechte, die an GE übertragen werden, auf außerhalb der Vertragsurkunde liegende Umstände („vorbehaltlich bestehender Lizenzen und Belastungen, die gesondert gekennzeichnet wurden…“). Dem Vortrag der Beklagten lässt sich entnehmen, dass hiermit die vorherige Mitteilung in Bezug genommen sein soll, die mit der E-Mail gemäß Anlage B 22 erfolgt ist. Auch in Verbindung mit der E-Mail, mit der der Lizenzvertrag mit der Klägerin an GE gesandt wurde, ist indes nicht zu erkennen, dass der Klägerin das Recht eingeräumt werden sollte, sich selbst an GE zu wenden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des in der Berufungsinstanz erstmals vorgelegten weiteren E-Mail-Verkehrs zwischen der Beklagten und GE, weshalb offen bleiben kann, ob die Beklagte mit diesem von der Klägerin bestrittenen Vorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO gehört werden kann. Hinweise darauf, dass GE mehr als dasjenige zu übernehmen bereit war, was sich aufgrund des Sukzessionsschutzes ohnehin ergibt, enthalten die E-Mails nicht.
- Selbst wenn aber nach dem Willen der Vertragsparteien – GE und Beklagte – die Übernahme sämtlicher Verpflichtungen der Beklagten gegenüber der Klägerin aus dem zuvor übersandten Lizenzvertrag gewollt gewesen sein sollte, wäre dies jedenfalls nicht rechtsklar und (vollständig) schriftlich und damit in einer Weise erfolgt, die es der Klägerin ermöglicht, ihr Recht gegenüber GE rechtssicher durchzusetzen. Die Klägerin könnte sich nicht auf die schriftlichen Vereinbarungen berufen, sondern wäre stets auf den Vortrag und gegebenenfalls Beweis solcher Umstände angewiesen, die sich ihrer eigenen Kenntnis entziehen.
- (c)
Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass sie selbst GE – notfalls gerichtlich – in Anspruch nehmen könnte, steht dies der Annahme einer Pflichtverletzung nicht entgegen. Denn die Beklagte schuldete die Übertragung der Pflichten auf GE, wie unter aa) (2) ausgeführt, gerade in einer Weise, durch die ein eigenes Forderungsrecht der Klägerin begründet wird. - Der Vortrag der Beklagten vermag im Übrigen nicht aufzuzeigen, dass die Klägerin mit einem Anspruch gegen die Beklagte insbesondere gegen ein Erlöschen der Schutzrechte hinreichend abgesichert wäre. Die Beklagte beruft sich darauf, die Klägerin habe keine Umstände dafür vorgetragen, die belegten, dass GE beabsichtige, die Schutzrechte aufzugeben und sie erklärt sich mit Nichtwissen dazu, dass es seitens GE keine inhaltliche Reaktion auf die Kontaktaufnahme der Klägerin gegeben habe. Die Klägerin ist indes in Ermangelung einer eigenen vertraglichen Beziehung zu GE gar nicht in der Lage, rechtzeitig von einer drohenden Aufgabe der Schutzrechte Kenntnis zu erlangen und sodann die Beklagte – mit ausreichend konkretisiertem Vorbringen – in Anspruch zu nehmen.
- (d)
Die „praktische Erwägung“ der Beklagten, wonach auch die Klägerin GE den Streit verkündet habe und demnach prozessual dieser gegenüber geschützt sei, wenn der Senat der Auffassung der Beklagten folge und die Klägerin unterliege, stellt das dargestellte Ergebnis ebenfalls nicht in Frage. Weder folgt der Senat an dieser Stelle der Auffassung der Beklagten noch könnten die prozessualen Wirkungen einer Streitverkündung überhaupt Einfluss auf die materielle Rechtslage nehmen. - c)
Das Verschulden der Beklagten wird vermutet, vgl. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Anhaltspunkte für eine Widerlegung dieser Vermutung sind nicht erkennbar. - d)
Der Eintritt eines Schadens ist auch hinreichend wahrscheinlich. Es erscheint als durchaus naheliegende Gefahr, dass sich die Rechtsposition der Klägerin als Lizenznehmerin dadurch verschlechtert, dass GE Schutzrechte aufgibt, ohne diese der Klägerin zuvor zur Übernahme anzubieten. Angesichts eines fehlenden eigenen Forderungsrechts kann die Klägerin dieser Gefahr gegenüber GE weder im Vorfeld wirksam begegnen (z.B. eine Sequestration der Lizenzschutzrechte im vorläufigen Rechtsschutz) noch kann sie GE bei einer drohenden Aufgabe rechtzeitig in Anspruch nehmen. Dass der Klägerin Ansprüche gegenüber der Beklagten verbleiben mögen, kann zwar auf der Sekundärebene für Ausgleich sorgen, den möglichen Eintritt eines Schadens aber unter Umständen nicht mehr verhindern. Überdies können der Klägerin in Folge der Pflichtverletzung der Beklagten Rechtsverfolgungskosten entstanden sein und noch entstehen. - e)
Der Durchsetzbarkeit des Anspruchs der Klägerin steht schließlich nicht die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) entgegen, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat. - Der Anspruch der Klägerin ist mit der Übertragung der Rechte an GE ohne ausreichende Auferlegung der Pflichten gegenüber der Klägerin, somit mit dem Abschluss der Abtretungs- und Übertragungsvereinbarung zwischen Beklagter und GE am 03./18.03.2020 entstanden. Unabhängig von dem genauen Zeitpunkt, zu dem die Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat, hat die regelmäßige Verjährungsfrist frühestens mit dem Schluss des Jahres 2020 zu laufen begonnen (§ 199 Abs. 1 BGB) und beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Die mit der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung am 18.03.2021 eingetretene Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 2 ZPO) ist damit jedenfalls rechtzeitig erfolgt.
- Die Anwendbarkeit einer kürzeren Verjährungsfrist ist nicht ersichtlich, insbesondere ergibt sich diese nicht aus Ziff. 13.3 des APA. Die dort geregelte Verjährung von 18 Monaten nach dem Abschlussdatum betrifft ausschließlich Ansprüche der Klägerin „gemäß oder in Verbindung mit den Abschnitten 11 und 12 dieses Vertrages“. Dass ein solcher Anspruch hier in Rede stehen könnte, ist nicht erkennbar und lässt sich auch dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen, weshalb sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen. Soweit die Beklagte darauf abstellt, sie mache sich eine von der Klägerin in der Klageschrift geäußerte Auffassung zu eigen, wonach auch die hier in Rede stehenden Ansprüche von der Verjährung erfasst sind, greift dies nicht durch. Selbst wenn dem Vorbringen der Klägerin der ihm von der Beklagten beigemessene Bedeutungsgehalt zu entnehmen wäre, handelte es sich dabei lediglich um eine Rechtsauffassung, die das Gericht nicht bindet und die sich die Beklagte auch nicht in einer prozessual bedeutsamen Weise zu eigen machen kann.
- 2.
Die Klägerin hat ferner einen Anspruch auf Auskunft gegen die Beklagte über die zwischen dieser und GE getroffenen Vereinbarungen und Absprachen sowie geführte Korrespondenz (Tenor zu 1. LGU). Der Auskunftsanspruch folgt, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, aus § 242 BGB. - Die Klägerin ist in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang ihres Rechts – ihre eigene Rechtsposition gegenüber GE – im Ungewissen, während die Beklagte die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer erteilen kann. Soweit mit dem ersten Feststellungsbegehren (Tenor zu 2. LGU) bezogen auf die Pflicht nach Ziff. 6.2 des LA bereits festgestellt wurde, dass die Beklagte GE nicht in schriftlicher und eindeutiger (rechtsklarer) Form und unter Begründung eines eigenen Forderungsrechts der Klägerin vertraglich verpflichtet hat, den Lizenzvertrag mit dieser zu übernehmen, lässt dies die Erforderlichkeit der Auskunftserteilung nicht entfallen. Denn die Klägerin hat auch ein schutzwürdiges Interesse daran, Kenntnis über etwaige sie betreffende Vereinbarungen zwischen GE und der Beklagten zu erlangen, die – betreffend die Pflicht aus Ziff. 6.2 des LA – den oben dargestellten Anforderungen nicht gerecht werden oder die andere Regelungsbereiche des LA betreffen. Dies gilt erst recht deshalb, weil, wie bereits dargestellt, die Lizenzierung zugunsten der Klägerin aufgrund des Sukzessionsschutzes (§ 15 Abs. 3 PatG) gegenüber GE als neuer Patentinhaberin fortbesteht und deshalb zwar keine vertragliche, aber doch eine rechtliche Beziehung der Klägerin zu GE ohnehin besteht.
- Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (S. 23 LGU) verwiesen, denen sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt. An der Gültigkeit dieser Ausführungen hat sich auch insoweit nichts geändert als das Landgericht davon ausgeht, dass jedenfalls deshalb keine Erfüllung eingetreten ist, weil die Beklagte nicht vorgetragen hat, die zum Zwecke der Rechtsverteidigung vorgelegten Unterlagen sollten auch der Erfüllung des Auskunftsanspruchs dienen. Auch in der Berufungsinstanz hat die Beklagte solches, auch auf den Hinweis des Klägervertreters in der Sitzung vom 17.08.2023, eine Erfüllung des Auskunftsanspruchs sei aus eben diesem Grund nicht eingetreten, nicht geltend gemacht.
- 3.
Die Klägerin kann schließlich die Feststellung verlangen, dass die Beklagte ihr sämtlichen Schaden zu ersetzen hat, der dadurch entstanden ist, dass die Beklagte ihr hinsichtlich der unstreitigen Patentfamilien die für die Umschreibung erforderlichen Erklärungen nicht bis zum 09.01.2020 zur Verfügung gestellt hat. Ein entsprechender Schadenersatzanspruch steht ihr aus Ziff. 6.2 des LA i.V.m. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB zu. - a)
Die Beklagte hat ihre aus Ziff. 6.2 des LA folgende Pflicht verletzt, der Klägerin innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Mitteilung ihres Aufgabewillens die für die Umschreibung der Schutzrechte bzw. Schutzrechtsanmeldungen erforderlichen Erklärungen zur Verfügung zu stellen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auch insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (S. 24 LGU) verwiesen, denen sich der Senat anschließt. Soweit die Beklagte darauf verweist, nach Ziff. 6.2, Abs. 3 des LA habe die Klägerin die Pflicht für die Vorbereitung und Durchführung einer Übertragung bzw. Abtretung übernommen, trifft dies zwar zu. Dies entbindet die Beklagte aber nicht von ihrer nach Ziff. 6.2, Abs. 1 bestehenden Pflicht zur Übertragung der Schutzrechte und damit insbesondere der Zurverfügungstellung von Umschreibungserklärungen, zumal nur sie es ist, die die erforderlichen Erklärungen bereitstellen kann. Dass die Klägerin innerhalb der dreimonatigen Frist etwaige Mitwirkungsobliegenheiten verletzt hat, was es der Beklagten unmöglich gemacht hätte, die Erklärungen zur Verfügung zu stellen, ist auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien nicht zu erkennen. Solches folgt auch nicht daraus, dass der patentanwaltliche Vertreter der Klägerin die Unterzeichnung eines mit E-Mail vom 02.12.2019 übersandten Abtretungs- und Übertragungsvertrages (Anlage B 3, in deutscher Übersetzung vorgelegt als Anlage B 3a) ablehnte. Nach dem LA schuldete die Beklagte die Übertragung, was bei sachgerechtem Verständnis der Regelung nach den oben dargestellten Auslegungsgrundsätzen das Bereitstellen einseitiger Umschreibungserklärungen voraussetzt. Auf die Unterzeichnung einer zweiseitigen Vereinbarung musste sich die Klägerin hingegen, unabhängig von ihrem Inhalt, nicht einlassen. - b)
Die Beklagte befand sich mit dem Ablauf der am 09.01.2020 endenden dreimonatigen Frist daher im Verzug (§ 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB) und ist der Klägerin, weil die Pflichtverletzung auch schuldhaft erfolgt ist, zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens verpflichtet. Der Eintritt eines Schadens ist auch hinreichend wahrscheinlich. Jedenfalls die Entstehung zusätzlicher Rechtsverfolgungskosten erscheint als naheliegende Gefahr, überdies ist auch ein infolge einer mit Verzögerung erfolgten Umschreibung von Schutzrechten entstandener Schaden denkbar. - c)
Die Neufassung des landgerichtlichen Tenors – dem konkretisierten Antrag der Klägerin entsprechend – war erforderlich, um den Bestimmtheitsanforderungen gerecht zu werden. Dass alle der im neu formulierten Antrag der Klägerin, erstmals mit Schriftsatz vom 08.08.2023, konkret benannten Umschreibungserklärungen nach Ablauf der Frist noch nicht zur Verfügung standen, hat die Beklagte nicht bestritten und gilt damit als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO. Ein Bestreiten der Beklagten ist insbesondere ihrem Schriftsatz vom 10.08.2023 nicht zu entnehmen, in dem sie das Vorbringen als nicht unstreitig bezeichnet und auf einen früheren Schriftsatz verweist, der jedoch seinerseits, schon weil die fehlenden Umschreibungserklärungen zu diesem Zeitpunkt noch nicht konkret benannt waren, kein Bestreiten enthält. - 4.
Der von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 13.07.2023 höchst vorsorglich gestellte Antrag auf Erlass einer Vorlageanordnung gemäß § 142 ZPO hinsichtlich des Lizenzvertrages in ungeschwärzter Fassung bleibt ohne Erfolg. Angesichts der Darlegungs- und Beweislast der Beklagten bedurfte es einer solchen Anordnung im Zusammenhang mit dem Feststellungsbegehren (Tenor zu 2. LGU) nicht. Soweit die Klägerin die Vorlage auch im Zusammenhang mit dem Auskunftsbegehren (Tenor zu 1. LGU) beantragt, bedurfte es einer solchen mit Blick auf den Erfolg des Begehrens ebenfalls nicht. - 5.
Der in dem Schriftsatz vom 12.07.2023 gestellte Antrag der Beklagten auf Anordnung von Geheimnisschutz für eine etwaige Vorlageanordnung bleibt, weil es bereits an den Voraussetzungen einer solchen Anordnung fehlt, ebenfalls ohne Erfolg. Im Übrigen hat bereits das Landgericht die Beklagte in einem Hinweisbeschluss vom 03.01.2022 (Bl. 224 ff. GA-LG) zu Recht darauf hingewiesen, dass die Geheimhaltungsklausel, auf die sich die Beklagte erstinstanzlich berufen hat (siehe Schriftsatz der Beklagten vom 15.09.2021, S. 5 f., Bl. 204 f. GA), bereits nach ihrem eigenen Vortrag der Offenlegung und Verwendung von Informationen nicht entgegensteht, wenn dies zum Zwecke eines Gerichtsverfahrens erforderlich ist. Weiterer Vortrag hierzu ist auch in der Berufungsinstanz nicht erfolgt. - 6.
Der von der Beklagten in der Berufungsreplik vom 30.05.2023 gestellte Antrag auf Anordnung einer Geheimhaltungspflicht und Verwendungsbeschränkung nach den Vorschriften des GeschGehG für zu erteilende Auskünfte bleibt erfolglos. Es fehlt bereits an einer über den soeben unter 5. erwähnten Antrag hinausgehenden Begründung, weshalb auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen werden kann. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass, wie der Senat bereits mit Beschluss vom 04.01.2023 (GRUR 2023, 677 – Geheimnisschutz II), entschieden hat, als streitgegenständliche Informationen im Sinne des § 16 Abs. 1 GeschGehG sämtliche von Kläger und Beklagtem in das Verfahren eingeführten Informationen gelten. Aufgrund eines titulierten Anspruchs zu erteilende Auskünfte sind hiervon schon dem Wortlaut nach nicht umfasst. - III.
- Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.
- Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 13.07.2023 ihr Feststellungsbegehren mit dem „insbesondere“-Teil auf die fehlende Übertragung weiterer – über Ziff. 6.2 hinausgehender – Rechte und Pflichten gestützt hat, handelt es sich um eine (unzulässige) Anschlussberufung, die die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2023 durch Umstellung ihres Antrags zurückgenommen hat.
- Hinsichtlich der anteiligen Kosten für den übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten Teil des zweiten Feststellungsbegehrens (Patentfamilie MP-XXK) entspricht es billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, diese der Klägerin aufzuerlegen, weil die Klage insoweit von Anfang an unbegründet war.
- Einer Korrektur der Kostenentscheidung erster Instanz bedurfte es nicht.
- Der Ausspruch über den Verlust des Rechtsmittels der Klägerin beruht auf § 516 Abs. 3 ZPO.
- Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO).