I-2 U 14/19 – Repeater 2

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3316

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 10. August 2023, I-2 U 14/19

Vorinstanz: 4c O 76/17

  1. I. Auf die Berufung wird das am 14.02.2019 verkündete Urteil der 4c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.
    Die Klage wird abgewiesen.
  2. II. Die Kosten des Rechtsstreits (beider Instanzen) werden der Klägerin auferlegt. Vorab hat die Beklagte jedoch die Kosten der Beweisaufnahme zu tragen, soweit sie im Zusammenhang mit dem zweiten und dritten Ergänzungsgutachten des Sachverständigen entstanden sind.
  3. III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  4. Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des für den Gegner vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
  5. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
  6. V. Der Streitwert wird auf 5.000.000,- € festgesetzt.
  7. Gründe
  8. I.
    Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents X XXX XXX, das – unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 22.01.1999 – am 20.01.2000 angemeldet und dessen Erteilung am 22.12.2004 veröffentlicht worden ist. Die Schutzdauer des Klagepatents ist am 20.01.2020 – während des Berufungsrechtszuges – abgelaufen. Eine von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht mit Urteil vom 09.10.2019 (BPatG-Urteil) als unbegründet abgewiesen (5 Ni 6/17 (EP)). Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist beim Bundesgerichtshof erfolglos geblieben (BGH-Urteil vom 20.01.2022 – X ZR 20/20).
  9. Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Einstellung der Verstärkung eines Repeaters. Anspruch 1 lautet in deutscher Verfahrenssprache wie folgt:
  10. Vorrichtung zur Einstellung der Verstärkung eines einen Downlink-Pfad (6) und einen Uplink-Pfad (7) aufweisenden Repeaters (1), vorzugsweise eines mobilen Repeaters, mit einer automatischen Pegelregelung (18, 19, 20), die bei Überschreiten eines Soll-Pegels (Sp) im Downlink-Pfad (6) simultan die Verstärkung im Downlink-Pfad (6) und im Uplink-Pfad (7) reduziert,
  11. gekennzeichnet durch
  12. einen zusammen mit einem Regelverstärker (20) und mit einem im Downlink-Pfad (6) angeordneten ersten Dämpfungsglied (18) einen Regelkreis bildenden Detektor (19), der ein im Downlink-Pfad (6) erzeugtes Ausgangssignal (Sv) empfängt und dessen Pegel überwacht, wobei eine vom Regelverstärker (20) generierte Stellgröße (SG) simultan dem ersten Dämpfungsglied (18) und einer Verarbeitungseinrichtung (21, 23, 24) zugeführt ist, die ein im Uplink-Pfad (7) angeordnetes zweites Dämpfungsglied (22) mittels eines Steuersignals (ST) derart einstellt, dass die Verstärkung im Uplink-Pfad (7) der Verstärkung im Downlink-Pfad (6) entspricht.
  13. Die nachstehende Figur 1 der Klagepatentschrift zeigt ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung.
  14. Zum Produktsortiment der Beklagten zählen nach den unangefochtenen Feststellungen des Landgerichts Repeater zum Einsatz in Eisenbahn- und Metrolinien sowie zugehörigen Bahnhöfen und Betriebszentralen. Die Serie D-1 (angegriffene Ausführungsform) betrifft Repeater für den stationären Einsatz mit einer Glasfaseranbindung sowie solche für den mobilen Einsatz.
  15. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die besagten Repeater dem Wortsinn nach von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen, weswegen sie die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen, Vernichtung sowie Feststellung ihrer Schadenersatzpflicht in Anspruch nimmt. Zur Begründung ihres Verletzungsvorwurfs stützt sich die Klägerin auf die Ergebnisse eines von ihr im Vorfeld des Rechtsstreits angestrengten Besichtigungsverfahrens (LG Düsseldorf, 4c O 22/16), in dem Patentanwalt Dipl.-Ing. S als gerichtlicher Sachverständiger unter dem 02.12.2016 ein schriftliches Gutachten (GutA, Anlage K 12) erstattet hat.
  16. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klage weitgehend – nämlich abgesehen von Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Schadenersatzansprüchen für die Zeit vom 22.01.2005 bis 31.12.2008 – stattgegeben und wie folgt gegen die Beklagte erkannt:
  17. I. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland

    Vorrichtungen zur Einstellung der Verstärkung eines einen Downlink-Pfad und einen Uplink-Pfad aufweisenden Repeaters, vorzugsweise eines mobilen Repeaters, mit einer automatischen Pegelregelung, die bei Überschreiten eines Soll-Pegels im Downlink-Pfad simultan die Verstärkung im Downlink-Pfad und im Uplink-Pfad reduziert

    anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, wenn diese aufweisen:

    einen zusammen mit einem Regelverstärker und mit einem im Downlink-Pfad angeordneten ersten Dämpfungsglied einen Regelkreis bildenden Detektor, der ein im Downlink-Pfad erzeugtes Ausgangssignal empfängt und dessen Pegel überwacht, wobei eine vom Regelverstärker generierte Stellgröße simultan dem ersten Dämpfungsglied und einer Verarbeitungseinrichtung zugeführt ist, die ein im Uplink-Pfad angeordnetes zweites Dämpfungsglied mittels eines Steuersignals derart einstellt, dass die Verstärkung im Uplink-Pfad der Verstärkung im Downlink-Pfad entspricht.
    II. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot gemäß Ziffer I. wird der Beklagten ein Ordnungsgeld von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist.

  18. III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser seit dem 1. Januar 2009 durch die Handlungen gemäß Ziffer I. entstanden ist und zukünftig noch entsteht.
  19. IV. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin – gegliedert nach Kalendervierteljahren – schriftlich in geordneter Form Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 1. Januar 2009 begangen hat, und zwar unter Angabe

    a) der einzelnen Lieferungen (unter Vorlage der Rechnungen und hilfsweise Lieferscheine) mit
    aa) Liefermengen, -zeiten und –preisen,
    bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen, wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer,
    cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
    b) der einzelnen Angebote (unter Vorlage schriftlicher Angebote) mit
    aa) Angebotsmengen, -zeiten und –preisen,
    bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen, wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer,
    cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    c) der nach den einzelnen Faktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten sowie des erzielten Gewinns,
    d) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, jeweils mit der Anzahl der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,

    wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die Kosten trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

  20. V. Die Beklagte wird verurteilt, die sich in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen Repeater gemäß Ziffer I. an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
  21. VI. Die Beklagte wird verurteilt, die unter Ziffer I. bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen
    a) zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit Zustimmung der Beklagten Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe des Erzeugnisses eine Rückzahlung des ggf. bereits bezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rücknahme zugesagt wird, und
    b) endgültig zu entfernen, indem die Beklagte diese Erzeugnisse an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst.
  22. VII. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  23. VIII. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten zu 90 % und der Klägerin zu 10 % auferlegt.
  24. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Begehren auf (vollständige) Klageabweisung weiterverfolgt.
  25. Sie macht geltend, dass im Downlink-Pfad die Signalstärke fortlaufend geregelt werde und dass die bei den mobilen Repeatern verwendete AGC (Automatic Gain Control) überdies die Einstellung eines zeitlichen Versatzes der Signalstärkeanpassung im Uplink-Pfad erlaube, was der technischen Anweisung des Klagepatents widerspreche, (erst) bei Überschreiten eines Soll-Pegels im Downlink-Pfad die Signalverstärkung zu reduzieren, und zwar simultan auch im Uplink-Pfad. Die mobilen Repeater seien nicht mit einem AAM-Modul ausgestattet. Bei ihnen existiere kein Regelkreis im patentgemäßen Sinne.
  26. Im Hinblick auf die stationären Repeater behauptet sie zuletzt, dass diese zwar mit einem AAM-Modul ausgerüstet seien, nicht jedoch – wie zunächst im Rechtsstreit vorgebracht – mit einer AGC im Downlink-Pfad, so dass das im Regelkreis des Downlink-Pfades erzeugte Steuersignal (Stellgröße) nicht der Verarbeitungseinrichtung zugeführt werde. Die Steuerungssignale im Downlink-Pfad und im Uplink-Pfad seien unabhängig voneinander; es existiere keine Linkabzweigung, wie sie das Nichtigkeitsurteil des Bundespatentgerichts fordere. Zuletzt hat die Beklagte zudem bestritten, dass die stationären Repeater überhaupt in der Lage sind, im Kommunikationssystem eine Transparenz herzustellen.
  27. Mit Rücksicht auf den zwischenzeitlichen Ablauf des Klagepatents haben die Parteien den Unterlassungsanspruch übereinstimmend und mit wechselseitigen Kostenanträgen für in der Hauptsache erledigt erklärt. Mit Zustimmung der Beklagten hat die Klägerin ihre Klage außerdem insoweit zurückgenommen, als das Landgericht (Tenor zu VI.b) zur Entfernung der Verletzungsgegenstände aus den Vertriebswegen verurteilt hat.
  28. Die Beklagte beantragt im Übrigen,
  29. das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
  30. Die Klägerin beantragt,
  31. die Berufung zurückzuweisen.
  32. Sie tritt dem Vorbringen der Beklagten im Einzelnen entgegen und verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend. Mit Blick auf die stationären Repeater ergebe sich die Merkmalsverwirklichung in Bezug auf die kennzeichnenden Merkmale aus dem AAM-Modul, wobei sie insoweit auf die Anlage GA-22-6 und das dortige Blockschaltbild verweist. Die mobilen Repeater verfügten zwar nicht über ein AAM-Modul. Die angegriffenen Geräte seien gleichwohl patentgerecht. Die Benutzung der den Regelkreis betreffenden Anspruchsmerkmale folge technisch zwingend aus der unstreitigen Verwendung eines AGC sowie aus den Vergabeunterlagen der E und der Anlage K 11. Zumindest liege eine äquivalente Verletzung vor.
  33. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst Anlagen Bezug genommen.
  34. Der Senat hat Ergänzungsgutachten des bereits im vorausgegangenen selbständigen Beweisverfahren eingeschalteten Sachverständigen Patentanwalt Dipl.-Ing. S eingeholt, die dieser unter dem 09.11.2020 (ErgGutA I), 01.11.2021 (ErgGutA II) und 28.04.2023 (ErgGutA III) erstattet hat. Außerdem hat der Senat den Sachverständigen im Verhandlungstermin vom 25.07.2023 mündlich angehört (vgl. Sitzungsniederschrift vom gleichen Tage; AnhProt.).

    II.
    Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

  35. Nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens lässt sich nicht feststellen, dass die Repeater der Serie D-1 von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen. Der Klägerin stehen deshalb die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
  36. 1.
    Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Einstellung der Verstärkung eines Repeaters.
  37. a)
    Repeater werden vor allem im Mobilfunkbereich eingesetzt, um Kommunikationssignale, die zwischen einer stationären Basisstation und einem mobilen Netzendgerät (Mobilfunkgerät) ausgetauscht werden, zu verstärken und dadurch die Reichweite des Signals zu vergrößern, wenn dieses aufgrund hoher Signaldämpfung von dem beabsichtigten Kommunikationsteilnehmer (z.B. einem bestimmten Mobilfunkgerät) sonst nicht empfangen werden könnte. Der Repeater nimmt drahtlose Signale von einem der beiden Kommunikationsteilnehmer (z.B. der Basisstation) auf, verstärkt sie und sendet sie anschließend an den anderen Kommunikationsteilnehmer (z.B. ein Mobilfunkgerät) weiter. Der Kommunikationsstrang zwischen Basisstation und Mobilfunkgerät verläuft in beiden Richtungen. Im sog. Downlink-Pfad werden die von der Basisstation empfangenen Signale verstärkt und an die oder jede zu versorgende Mobilstation weitergeleitet, während der sog. Uplink-Pfad – umgekehrt – dazu dient, die von einer Mobilstation kommenden Signale verstärkt an die Basisstation weiterzusenden (BPatG-Urteil S. 8 unter Verweis auf Abs. [0014] der Klagepatentschrift; BGH-Urteil, S. 4 Rz. 6, S. 7 Rz. 12). Üblicherweise fügt der Repeater den von ihm empfangenen Signalen keine Informationen hinzu, sondern leitet die Kommunikationssignale mit demselben (originären) Informationsgehalt an die Mobil- bzw. Basisstation weiter.
  38. Für die Funkverbindung zwischen Basisstation und Mobilfunkgerät soll der Signalverstärker (Repeater) unsichtbar bleiben (sog. Transparenz). Dies gelingt üblicherweise, indem der Downlink-Pfad und der Uplink-Pfad auf eine stets gleiche Signalverstärkung eingestellt sind.
  39. Damit es zu keiner Übersteuerung der Verstärker kommt und nicht über einen maximalen Pegel hinausgegangen wird, sind in den Verstärkern oder Verstärker-Pfaden des Repeaters Schutzschaltungen vorgesehen, die das Ausgangssignal im Falle einer Übersteuerung automatisch durch Verringern der effektiven Verstärkung des Ausgangssignals auf einen maximalen Wert zurückregeln, der unterhalb des die Regelung auslösenden Schwellwertes liegt. Derartige Schutzschaltungen sind als automatische Pegelregelung bekannt und werden als Automatic Level Control (ALC) bezeichnet.
  40. In mobilen Verkehrsmitteln (wie beispielsweise Eisenbahnzügen) eingesetzte Repeater haben die Besonderheit, dass sich die Streckendämpfung des zwischen der Basisstation und der Mobilstation übertragenen Kommunikationssignals infolge der Fortbewegung des Repeaters ständig ändert. Tritt eine Übersteuerung im Downlink-Pfad auf, so wird die Pegelregelung im Downlink aktiv, wodurch die zur Pegelüberschreitung führende Signalverstärkung – wie beschrieben – entsprechend reduziert wird. Nachteilig daran ist, dass das zuvor noch vorhandene Gleichgewicht der Signalverstärkung in beiden Richtungen (Downlink und Uplink) in einem solchen Fall gestört ist und die gewünschte Transparenz (Unsichtbarkeit der Signalverstärkung) verloren geht.
  41. Es ist daher das Anliegen des Klagepatents, eine Vorrichtung für (insbesondere mobile) Repeater zur Verfügung zu stellen, mit der die Signalverstärkung in beiden Übertragungsrichtungen bestmöglich angepasst werden kann (vgl. Absatz [0005]; BGH-Urteil S. 5 Rz. 9).
  42. b)
    Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Patentanspruch 1 des Klagepatents die Kombination folgender technischer Merkmale vor (vgl. BGH-Urteil, Seiten 6-7):
  43. 1. Vorrichtung zur Einstellung der Verstärkung eines Repeaters (1), der einen Downlink-Pfad (6) und einen Uplink-Pfad (7) aufweist.
    2. Es ist eine automatische Pegelregelung (18, 19, 20) vorgesehen.
    3. Die Vorrichtung
    a) reduziert bei Überschreiten eines Soll-Pegels (Sp) im Downlink-Pfad (6) simultan die Verstärkung im Downlink-Pfad (6) und im Uplink-Pfad (7),
    b) umfasst
    aa) einen Detektor (19), der zusammen mit einem Regelverstärker (20) und einem im Downlink-Pfad (6) angeordneten ersten Dämpfungsglied (18) einen Regelkreis bildet,
    bb) eine Verarbeitungseinrichtung (21, 23, 24) und
    cc) ein im Uplink-Pfad (7) angeordnetes zweites Dämpfungsglied (22).
    4. Der Detektor (19) empfängt ein im Downlink-Pfad (6) erzeugtes Ausgangssignal (Sv) und überwacht dessen Pegel.
    5. Der Regelverstärker (20) generiert eine Stellgröße (SG), die simultan sowohl dem ersten Dämpfungsglied (18) im Downlink-Pfad (6) als auch der Verarbeitungseinrichtung (21, 23, 24) zugeführt ist.
    6. Die Verarbeitungseinrichtung (21, 23, 24)
    a) stellt mittels eines Steuersignals (ST) das zweite Dämpfungsglied (22) im Uplink-Pfad (7) ein ,
    b) und zwar derart, dass die Verstärkung im Uplink-Pfad (7) der Verstärkung im Downlink-Pfad (6) entspricht.
    c)
    Auch wenn sich die Erfindung vordringlich der Signalverstärkung bei mobilen Repeatern verschreibt, ist das Klagepatent hierauf nicht beschränkt, sondern erfasst gleichermaßen stationäre Repeater (BGH-Urteil, S. 7 Rz. 13).
  44. Die Merkmale (2) und (3a) umschreiben dabei zunächst allgemein die Funktionsweise einer automatischen Pegelregelung dahin, dass im Downlink-Pfad fortlaufend die Ist-Werte des von der Basisstation ausgesandten Kommunikationssignals erfasst und an einem voreingestellten Sollwert gemessen werden. Überschreitet der überwachte Ist-Wert des Pegels im Downlink-Pfad den Sollwert, so wird die Signalverstärkung nicht nur im überwachten Downlink-Pfad, sondern gleichermaßen – und simultan – auch im Uplink-Pfad herabgesetzt.
  45. Damit, wie dies schaltungstechnisch im Einzelnen zu bewerkstelligen ist, befassen sich die kennzeichnenden Merkmale (3b) bis (6):
  46. aa)
    Was zunächst den Downlink-Pfad anbetrifft, ist vorgesehen, dass in ihm ein Ausgangssignal erzeugt wird, dessen Pegel auf eine Überschreitung des maximalen Sollwertes überwacht wird (Merkmal 4). Bei dem zur Regelung herangezogenen Signal kann es sich nicht um das originäre Kommunikationssignal handeln, das im Downlink-Pfad von der Basisstation in Richtung Mobilfunkgerät versandt wird, sondern muss es sich um ein davon verschiedenes, auf irgendeine Weise bearbeitetes (z.B. gewandeltes) Signal handeln (GutA S. 13).
  47. (1)
    Das Klagepatent ist weder auf eine AGC (Automatic Gain Control = automatische Verstärkungsregelung) noch auf eine ALC (Automatic Level Control = automatische Pegelregelung) beschränkt, noch ist eine der beiden Konstruktionen ausgeschlossen. Beide finden im Patentanspruch keine Erwähnung; der Anspruchswortlaut stellt vielmehr – rein ergebnisorientiert – allein darauf ab, dass die Signalverstärkung im Falle eines unzulässig hohen Pegels automatisch herabgesetzt wird. Vom Patentanspruch erfasst ist dementsprechend jedwede Regelung (wie immer sie konstruktiv umgesetzt sein mag), die infolge eines Ist-Wert/Soll-Wert-Vergleichs dazu führt, dass die durch den Repeater veranlasste Signalverstärkung bei Überschreiten eines Signalsollwertes im Downlink-Pfad auf eine (für das Kommunikationsnetz unschädliche) niedrigere Signalstärke reduziert und gleichzeitig aus Transparenzgründen auch der Uplink-Pfad entsprechend nachgeregelt wird. Für diesen erfindungsgemäßen Zweck hat es keine Bedeutung, ob eine ALC oder eine AGC zum Einsatz kommt.
  48. (2)
    Eine patentgemäße Signalüberwachung geschieht auch dann, wenn nicht nur singulär bei Überschreiten des voreingestellten Grenzwertes korrigierend in die Signalverstärkung eingegriffen, sondern die Signalverstärkung kontinuierlich beeinflusst wird, indem das Kommunikationssignal bei Vorliegen eines Eingangssignals mit niedrigem Pegel um ein höheres Maß verstärkt wird, während die Signalverstärkung bei Vorliegen eines Eingangssignals mit hohem Pegel entsprechend niedriger ausfällt. Auch bei dieser Art der fortlaufenden Signalstärkenanpassung wird selbstverständlich ein Schwellwert beachtet, der zum Schutz des Kommunikationsnetzes vor Überlastung nicht übertroffen werden darf und der aufgrund der kontinuierlichen Signalverstärkungsregelung auch tatsächlich nicht überschritten wird. Der Schwellwert liefert die unverzichtbare Grundlage und Orientierung für die kontinuierliche Signalverstärkungsregelung. Denn wenn dem System nicht vorgegeben und bekannt wäre, welcher Signalpegel erwünscht ist und im Kommunikationsbetrieb angestrebt wird, könnte angesichts der über die Zeit variierenden Signalstärken keine sinnvolle, nämlich von Fall zu Fall erforderliche stärkere oder geringere Signalverstärkung stattfinden, derer es jedoch bedarf, um den mit der kontinuierlichen Signalstärkenregelung angestrebten Signalpegel aufrechtzuerhalten.
  49. So gesehen hat das Landgericht Recht in seiner Annahme, dass mit einem System, das umfassendere Regelungsaufgaben erledigt als sie das Klagepatent verlangt, indem zusätzlich auch auf solche Kommunikationssignale eingewirkt wird, die mit Rücksicht auf ihren Pegel an sich kein Eingreifen einer Schutzschaltung erfordern, auch diejenigen Regelungsaufgaben erfüllt werden, die bei Auftreten von Signalen mit hohem Pegel einen Übersteuerungsschutz bedingen, so dass das Leistungsspektrum der patentgemäßen Schutzregelung als Teilmenge vollständig in denjenigen Signalverstärkungsregelungen enthalten ist, die bei einer umfassenden Verstärkungsregelung bereitgestellt werden.
  50. (3)
    Die Pegelüberwachung des Ausgangssignals ist Aufgabe eines Detektors (Merkmal 4), der zusammen mit einem Regelverstärker und einem im Downlink-Pfad angeordneten ersten Dämpfungsglied einen Regelkreis bildet (Merkmal 3b aa).
  51. Detektor und Regelverstärker müssen nicht im Downlink-Pfad angeordnet sein. Ausweislich des Anspruchswortlauts ist allein erforderlich, dass das erste Dämpfungsglied im Downlink-Pfad positioniert ist. Zu den weiteren Bestandteilen des Regelkreises (Detektor und Regelverstärker) findet sich eine dahingehende Anweisung nicht; sie haben bloß (irgendwo im Repeater) vorhanden zu sein und mit dem ersten Dämpfungsglied einen funktionstüchtigen Regelkreis zu bilden.
  52. Das Dämpfungsglied ist im Falle einer Sollwertüberschreitung – wie sein Name bereits besagt – dazu vorgesehen, die Signalverstärkung im Downlink-Pfad herabzusetzen (zu „dämpfen“). Die Lücke in der Kausalkette zwischen dem Detektor (der Ist-Werte erfasst, damit sie mit dem zur Regelung hinterlegten Soll-Wert verglichen werden können) und dem ersten Dämpfungsglied (welches die Signalstärke im Bedarfsfall auf einen Betrag unterhalb des Sollwertes reduziert) schließt der Regelverstärker. Er generiert aus den Daten des Detektors eine Stellgröße zur Signalverstärkung, die dem ersten Dämpfungsglied zugeführt wird, um dieses (im Sinne einer Dämpfung des aktuellen Pegels) zu steuern (Sp. 2 Z. 19-22; BGH-Urteil S. 9 Rz. 17). Die Stellgröße bezeichnet (repräsentiert) denjenigen Betrag, um den die Signalstärke und damit auch die Verstärkung herabgesetzt werden soll.
  53. (4)
    Dazu, ob die Schaltungsanordnung und/oder Signalverarbeitung analog oder – jedenfalls bereichsweise – digital organisiert ist, macht Patentanspruch 1 keine einschränkenden Vorgaben, weswegen beide Varianten für die Zwecke der Erfindung zugelassen sind und in Betracht kommen (BGH-Urteil S. 11 Rz. 21). Die insoweit grundsätzlich frei gewählte Organisationsform bestimmt demgemäß die Bedingungen einer simultanen Signalverstärkungsregelung im Downlink- und im Uplink-Pfad. Sie hat „gleichzeitig“ im Rahmen dessen stattzufinden, was die im Einzelfall gegebenen baulichen und verarbeitungstechnischen Rahmenbedingungen der Schaltung erlauben (BPatG-Urteil, S. 9). Freilich ist sich der Fachmann darüber im Klaren, dass den Anforderungen einer Transparenz des Repeaters im Kommunikationsnetz Genüge getan werden muss, so dass er bei der Wahl seiner Schaltung und Signalverarbeitung darauf bedacht sein wird, dass die Verstärkung im Downlink-Pfad und im Uplink-Pfad (d.h. ihr Wirksamwerden) zeitlich nicht so weit auseinanderfallen, dass es zu einer unerwünschten Nachregelung der Sendeleistung seitens der Basisstation oder seitens des Mobilfunkgerätes kommt (GutA S. 15).
  54. bb)
    Damit die Signalverstärkung im Uplink-Pfad in der gewünschten, die Transparenz wahrenden bzw. wiederherstellenden Weise heruntergeregelt werden kann, ist auch dieser Pfad mit einem (zweiten) Dämpfungsglied ausgerüstet (Merkmale 3b cc). Es wird durch das Steuersignal einer Verarbeitungseinrichtung gesteuert (Merkmal 6a), der vom Regelverstärker diejenige Stellgröße (= Maß, um welches die Signalverstärkung herabgesetzt werden muss) zugeführt wird, die zur gleichen Zeit auch das erste Dämpfungsglied im Downlink-Pfad erhält (Merkmal 5). Aufgrund dieser (identischen) Stellgröße als Grundlage für die Betätigung des ersten und des zweiten Dämpfungsglieds ist sichergestellt, dass die Signalverstärkung sowohl im Downlink- als auch im Uplink-Pfad auf einen gleichen Wert heruntergeregelt wird (Merkmal 6b; BPatG-Urteil, S. 9 unten; ErgGutA I S. 3).
  55. (1)
    Das Erreichen einer gleichen Signalverstärkung in beiden Pfaden verlangt keine Verwendung identischer Stellgrößen. Dass eine solche weder notwendig noch in jedem Fall hinreichend ist, ist dem Fachmann in Anbetracht der Tatsache deutlich, dass der Downlink- und der Uplink-Pfad in aller Regel nicht vollkommen gleich und symmetrisch aufgebaut sein werden (ErgGutA I S. 4). Dementsprechend stellt auch der Patentanspruch nur darauf ab, dass diejenige Stellgröße, die einerseits dem ersten Dämpfungsglied im Downlink-Pfad und andererseits der das zweite Dämpfungsglied im Uplink-Pfad einstellenden Verarbeitungseinrichtung zugeführt wird, dazu führt, dass die (gedämpfte) Signalverstärkung im Uplink-Pfad der (gedämpften) Signalverstärkung im Downlink-Pfad entspricht. Wesentlich ist hiernach das Resultat einer identischen Signalverstärkung in beiden Pfaden und nicht, ob hierfür gleiche oder unterschiedliche Stellgrößen für die Regelung der beiden Dämpfungsglieder zum Einsatz kommen (ErgGutA I S. 4 f.; vgl. auch Abs. [0010] der Klagepatentschrift). Schon der Anspruchswortlaut lässt keinen vernünftigen Zweifel daran, dass das Steuersignal für das zweite Dämpfungsglied nicht identisch mit der Stellgröße für das erste Dämpfungsglied sein muss, weil die Merkmale (5) und (6) darauf abstellen, dass der Verarbeitungseinrichtung zwar dieselbe Stellgröße wie dem ersten Dämpfungsglied mitgeteilt wird (damit das Maß der erforderlichen Dämpfung der Signalverstärkung kommuniziert wird), dass die Verarbeitungseinrichtung aufgrund dessen jedoch ein Steuersignal generiert, welches dazu führt, dass die (gedämpfte) Signalverstärkung im Uplink-Pfad der (gedämpften) Signalverstärkung im Downlink-Pfad entspricht. Würde dieselbe Stellgröße zum Einsatz kommen müssen, könnte die Stellgröße unmittelbar auch dem zweiten Dämpfungsglied übermittelt werden; derartiges ordnet der Patentanspruch jedoch nicht an, sondern verfügt, dass eine Verarbeitungseinrichtung zwischengeschaltet ist, die aus der ihr mitgeteilten Stellgröße für das Maß der Signaldämpfung dasjenige Steuersignal generiert, welches dafür sorgt, dass sich im Uplink-Pfad dieselbe Signalverstärkung wie im Downlink-Pfad ergibt. Das Steuersignal ist daher aus der Sicht des Klagepatents etwas qualitativ ganz Anderes als die Stellgröße, und es hat so beschaffen zu sein, dass sich eine mit dem Downlink-Pfad betragsmäßig identische Signaldämpfung einstellt. In dem einen Fall kann dies bedingen, dass das Steuersignal der Stellgröße für das erste Dämpfungsglied gleicht, im anderen Fall kann dies – wegen einer konstruktiv abweichenden Umgebung im Uplink-Pfad – erfordern, dass sich das Steuersignal in geeigneter Weise von der Stellgröße für das erste Dämpfungsglied unterscheidet. Kein anderes Verständnis liegt auch dem Nichtigkeitsurteil des BPatG zugrunde (Urteil S. 9, 11).
  56. (2)
    Die Merkmale (3a) und (5) stehen dabei in einem technischen Zusammenhang dergestalt, dass die gleichzeitige Übermittlung der vom Regelverstärker generierten Stellgröße an das erste Dämpfungsglied im Downlink-Pfad und an die Verarbeitungseinrichtung (Merkmal 5) die schaltungstechnische Voraussetzung dafür schafft, dass beim Überschreiten eines Soll-Pegels im Downlink-Pfad die Verstärkung im Downlink-Pfad und im Uplink-Pfad simultan gedämpft wird (Merkmal 3a). Dies leuchtet auch unmittelbar ein, weil sich die Wirkung einer gleichzeitigen Signaldämpfung ganz offensichtlich nicht erreichen lässt, wenn die die Dämpfung in beiden Pfaden bestimmende Stellgröße die maßgeblichen Bauteile (das erste Dämpfungsglied für den Downlink-Pfad und die Verarbeitungseinrichtung für den Uplink-Pfad) mit einem unzulässigen (die Transparenz gefährdenden) zeitlichen Versatz erreicht. Aus fachmännischer Sicht stellt es dabei – neben dem rechtzeitigen Signaleingang bei der Verarbeitungseinrichtung – eine technische Selbstverständlichkeit dar, dass im Anschluss an die Übermittlung der Stellgröße an die Verarbeitungseinheit innerhalb der eine Gleichzeitigkeit der Signalverstärkung wahrenden Zeitspanne von der Verarbeitungseinrichtung nachfolgend auch das für den Uplink-Pfad geeignete Steuersignal generiert und dieses dem zweiten Dämpfungsglied zugeführt werden muss.
  57. (3)
    Regelverstärker und Verarbeitungseinrichtung müssen keine separaten Komponenten sein, sondern können in einem übergreifenden Bauelement (wie einem Microcontroller) zusammengefasst sein. Das Klagepatent verhält sich in seinem Hauptanspruch nicht näher zu irgendwelchen konstruktiven Details betreffend die Ausgestaltung des Regelverstärkers und der Verarbeitungseinrichtung. Beide sind ausschließlich über die ihnen zugedachte technische Funktion definiert und jenseits dessen vollkommen dem Belieben des Fachmanns überlassen. Die maßgeblichen Funktionen – 1. die des Generierens einer Stellgröße und dessen gleichzeitige Zuführung an das erste Dämpfungsglied sowie eine Verarbeitungseinrichtung (= Regelverstärker); 2. die des Generierens eines Steuersignals aus der übermittelten Stellgröße zur Einstellung des zweiten Dämpfungsglieds dergestalt, dass die Signalverstärkung im Uplink-Pfad derjenigen im Downlink-Pfad entspricht (= Verarbeitungseinrichtung) – können daher auf jede erdenkliche Weise und ohne weiteres unter dem Dach einer gemeinsamen Baueinheit verwirklicht werden, solange innerhalb der Gesamtvorrichtung nur Funktionselemente auszumachen sind, die die betreffenden Aufgaben übernehmen. Diese Funktionselemente können durch unterschiedliche diskrete Bauteile, aber auch durch eine geeignete Software oder auf sonst jedwede geeignete Weise bereitgestellt werden.
  58. 2.
    Dass die stationären Repeater D-1 von sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 Gebrauch machen, lässt sich nicht feststellen.
  59. Nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen und den erhobenen Beweisen (§ 286 Abs. 1 ZPO) bleibt offen, ob die stationären Repeater das Merkmal 6. verwirklichen, d.h. bei ihnen eine Verarbeitungseinrichtung mittels eines Steuersignals dafür sorgt, dass ein zweites Dämpfungsglied im Uplink-Pfad derart eingestellt wird, dass die Verstärkung im Uplink-Pfad (7) der Verstärkung im Downlink-Pfad (6) entspricht.
    a)
    Allerdings hat die Beklagte – was bei der Beweiswürdigung zu ihren Lasten zu berücksichtigen ist – wiederholt ihren Vortrag gewechselt, wobei die Vortragswechsel – wie nachstehend im Einzelnen dargestellt wird – in einem auffälligen und daher aussagekräftigen zeitlichen Zusammenhang zu einer der Beklagten nachteiligen Prozesslage stehen. Nachdem die Beklagte eine andere plausible Erklärung für ihren wechselnden Vortrag auch im Verhandlungstermin vom 25.07.2023 schuldig geblieben ist, lässt ihr Prozessverhalten nach der Überzeugung des Senats den Schluss zu, dass die Beklagte mit ihrem jeweils neuen, bisherigem Sachvortrag widersprechenden Bestreiten darauf abzielt, einer ihr ungünstigen Prozesslage auszuweichen und der ihr bei dem betreffenden Sach- und Streitstand drohenden Verurteilung durch neue, anderweitige Behauptungen zu entgehen. Ihr Sachvortrag ist dabei nicht an der Wahrheit orientiert, sondern allein von der Absicht getragen, immer dann, wenn ein Nichtverletzungsargument widerlegt ist und sich als aussichtslos herausgestellt hat, mit neuen Behauptungen ein anderes Argument ins Spiel zu bringen, um der (vermeintlich) drohenden Abweisung ihres Rechtsmittels zu entkommen.
  60. aa)
    Wie die Klägerin im Schriftsatz vom 14.11.2022 (S. 2-9) detailliert dargelegt hat – worauf der Senat zunächst wegen der Einzelheiten verweist – entsprach es dem eigenen Sachvortrag der Beklagten nicht nur in erster Instanz (vgl. nur LGU S. 7/8, 15, 16), sondern gleichermaßen ihrem anfänglichen Vorbringen im Berufungsrechtszug (vgl. Berufungsbegründung S. 5, 7-11; Replikschriftsatz S. 3, 6), dass die angegriffenen Ausführungsformen – und mithin auch die stationären Repeater – im Downlink-Pfad eine AGC mit gain trailing-Funktion eingesetzt haben, um einen Transparenzverlust bei der Kommunikation zwischen Basisstation und Mobilgerät zu vermeiden. Nur beispielhaft sind nachfolgend die besonders aussagekräftigen Textstellen im Sachvortrag der Beklagten im Wortlaut wiedergegeben, die nicht zuletzt deshalb Gewicht haben, weil sie sich auf ein eigenes umfangreiches Privatgutachten eines Sachverständigen stützen, dessen überlegene Sachkunde die Beklagte ausdrücklich hervorhebt (Replik S. 3 oben):
  61. Bei der angegriffenen Ausführungsform der Beklagten wird bei tiefen Pegeln im Downlink die Verstärkung gleichzeitig im Down- und im Uplink mittels AGC („Automatic Gain Control = automatische Verstärkungsregelung, die zum Ziel hat, den Pegel an einer definierten Stelle in der Verarbeitungskette nicht zu überschreiten, vgl. Gutachten des (Anm.: Privat-) Sachverständigen Dr. C, Anlage B 1 unter Absatz 44) angehoben.
    (Klageerwiderung S. 4 unten, ohne Differenzierung zwischen den Repeatertypen)
  62. Die in den angegriffenen Ausführungsformen der Beklagten verwendete, oben unter Ziffer 1.2. beschriebene AGC benötigt sowohl Kenntnis des erzeugten Ausgangspegels als auch Berücksichtigung des Pegels des Empfangssignals. Dies geht aus der D-GDU-Systembeschreibung hervor (siehe Anlage GA-22-7 aus Anlage K 12 auf Seite 25). Darin wird beschrieben, dass die Funktion der Kompensation der Uplink-Verstärkung basierend auf der Verstärkung im Downlink „gain trailing“, zu Deutsch etwa „nachlaufende Verstärkung, genannt wird und mit einer AGC realisiert wird.
    (Klageerwiderung S. 5 unten, ohne Differenzierung zwischen den Repeatertypen)
  63. Insbesondere wird bei der angegriffenen Ausführungsform der Beklagten für die Kompensation der Uplink-Verstärkung basierend auf der Verstärkung im Downlink die „gain trailing“-Funktion verwendet, die mit einer AGC realisiert wird. … Die in der angegriffenen Ausführungsform der Beklagten verwendete AGC benötigt sowohl Kenntnis des erzeugten Ausgangspegels als auch Berücksichtigung des Pegels des Empfangssignals.
    (Klageerwiderung S. 8, ohne Differenzierung zwischen den Repeatertypen)
  64. In völliger Abkehr dazu geht es bei den angegriffenen Ausführungsformen um den Schutz vor Transparenzverlust, wenn die Verstärkung mittels AGC bei niedrigen Pegeln erhöht wird. Insbesondere wird bei den angegriffenen Ausführungsformen der Beklagten zur Kompensation der Uplink-Verstärkung basierend auf der Verstärkung im Downlink die Funktion „gain trailing“, zu deutsch etwa „nachlaufende Verstärkung“, verwendet. Wie aus der D-GDU- Systembeschreibung hervorgeht, basiert die gain trailing-Funktion auf einer AGC und nicht auf einer ALC. Aus der D-GDU-Systembeschreibung geht auch hervor, dass der Transparenzverlust insbesondere dann bekämpft werden muss, wenn die Verstärkung wegen niedrigen Pegeln erhöht wird – deshalb wird die gain trailing-Funktion dort eingesetzt.
    (Klageerwiderung S. 9/10, ohne Differenzierung zwischen den Repeatertypen)
  65. Selbst wenn der Beklagten zugute gehalten wird, dass sie der Auffassung gewesen sein mag, Gegenstand des Klageangriffs seien ausschließlich mobile Repeater (vgl. Duplik S. 11, 1. Absatz a.E.), hat das Landgericht im angefochtenen Urteil (S. 6, 2. Absatz) eindeutig festgestellt, dass die Klägerin sowohl die stationären als auch die mobilen Repeater der Serie D-1angreift, sowie ausgeführt, dass die Klägerin im Rahmen der Verletzungsdiskussion damit argumentiert hat, dass jedenfalls die von der Beklagten für den Downlink-Pfad ins Spiel gebrachten AGC den Verletzungsvorwurf tragen (LGU S. 7, 1. Absatz), und dass die Beklagte sich in Bezug auf beide Repeatervarianten mit dem Argument verteidigt hat, das Klagepatent setze zwingend eine ALC voraus, weswegen die Verwendung einer AGC im Downlink-Pfad nicht patentgemäß sein könne (LGU S. 8 1. Absatz). In den Entscheidungsgründen hat das LG seine Verurteilung für beide Repeater-Typen damit gerechtfertigt, dass das Klagepatent keine ALC (wie im Uplink-Pfad der angegriffenen Ausführungsformen unstreitig vorhanden) verlange, sondern der Einsatz einer AGC, wie er für den Downlink-Pfad von der Beklagten zugestanden werde, ebenfalls patentgemäß sei (LGU S. 15-16, 18).
  66. Gegen das landgerichtliche Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 04.03.2019 zwar einen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt, diesen jedoch ausschließlich gegen die tatbestandliche Feststellung gerichtet, dass zum Vertriebssortiment der Beklagten Re-peater der Produktfamilie D, zu der insbesondere die Serie D-1 und im speziellen Repeater des Typs D-1 … zählen, wobei sie eine Richtigstellung dahingehend begehrt hat, dass die Repeater D und D-1 nicht derselben Produktfamilie angehören, sondern verschiedene, nebeneinander stehende Produktfamilien repräsentieren. Aus der Tatsache des Berichtigungsantrages und seines Inhalts lässt sich der Schluss ziehen, dass das landgerichtliche Urteil nach der Auffassung der Beklagten im Übrigen, d.h. hinsichtlich des Klageangriffs gegen stationäre und mobile Repeater und der Verteidigung für beide Varianten mit einer im Downlink-Pfad verbauten AGC mit gain trailing-Funktion zur Vermeidung eines ansonsten drohenden Transparenzverlustes, den Sach- und Streitstand des Prozesses zutreffend wiedergibt.
  67. Der Inhalt der Berufungsbegründung – die aus der Zeit nach gescheiterten Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien datiert (BB S. 2/3) – bestätigt diesen Befund nachdrücklich, wie die nachfolgenden, lediglich beispielhaften Textzitate belegen:
  68. Falsch ist außerdem, dass das Merkmal M2 bereits durch die ALC-Technik im Uplink-Pfad und die AGC-Technik im Downlink-Pfad verwirklicht werde. (S. 5 unten)

    Der Fachmann erkennt aus der Beschreibung des Klagepatents (…), dass unter einer „automatischen Pegelregelung“ eine in der Nachrichtentechnik bezeichnete Automatic Level Control (ALC) zu verstehen ist. Laut dem Merkmal M2 soll nun diese ALC … bei Überschreitung eines Soll-Pegels im Downlink-Pfad simultan die Verstärkung im Downlink-Pfad und im Uplink-Pfad reduzieren. Dem Absatz 0009 des Klagepatents entnimmt der Fachmann, dass bei Ansprechen der automatischen Pegelregelung im Downlink-Pfad gleichzeitig die Verstärkung im Uplink-Pfad eingestellt wird.
    Wie auf Seite 2 der Anlage BK7 zu sehen ist, wird unter dem Punkt „Features“ die Funktionalität „Gain trailing algorithm“ aufgeführt, mit nachfolgender Erläuterung:
    Gain trailing algorithm UL gain follows DL by a user programmable offset, used for onboard applications
    Gain trailing algorithm UL (Uplink) folgt DL (Downlink)-Verstärkung mit einem benutzerprogrammierbaren Versatz (deutsche Übersetzung)
    Der „Gain trailing algorithm“ besitzt also die Funktionalität, dass die Verstärkung des Uplinks (UP gain) der Verstärkung im Downlink (DL gain) mit einem durch den Benutzer programmierbaren Versatz folgt („follows … by offset“). Die „gain trailing“-Funktion, zu deutsch etwa „nachlaufende Verstärkung“, basiert auf einer AGC und nicht auf einer ALC.
    (S. 6)
    Unzutreffend ist die Ansicht des Landgerichts, wonach das Merkmal M3 bereits durch die AGC-Technik im Downlink-Pfad verwirklicht sein soll. Insbesondere beschränken sich die Ausführungen des Landgerichts darauf, dass einem Detektor der AGC-Technik zumindest die gleiche Funktion wie der eines Detektors im Sinne von Merkmal M3 zukommen würde (…).
    Das Landgericht geht überhaupt nicht auf die Tatsache ein, dass M3 auch fordert, dass der Detektor zusammen mit einem Regelverstärker und mit einem explizit im Downlink-Pfad angeordneten Dämpfungsglied einen Regelkreis bilden muss.
    Das Landgericht verkennt hierbei, dass bei der angegriffenen Ausführungsform eine AGC-Technik mit dem sog. „Gain trailing algorithm“ im Downlink zur Anwendung kommt. Der „Gain trailing algorithm“ besitzt die Funktionalität, dass die Verstärkung des Uplinks (UL gain) der Verstärkung im Downlink (DL gain) mit einem durch einen Benutzer programmierbaren Versatz folgt (…).
    (S. 7)
    Wie vorstehend zu den Merkmalen M2 und M3 ausgeführt wurde, handelt es sich bei der AGC-Technik der angegriffenen Ausführungsform mit „gain trailing“-Funktion um eine automatische “nachlaufende Verstärkung“ mit einem gewollten Versatz … .
    (S. 9)
    Mangels irgendeiner Differenzierung kann der Sachvortrag der Beklagten nur dahin verstanden werden, dass die Behauptung einer AGC mit gain trailing-Funktion im Downlink-Pfad auf sämtliche angegriffenen Ausführungsformen, somit unterschiedslos auf mobile wie stationäre Repeater zutrifft. Dass dem so ist, findet eine erste Bestätigung darin, dass die Berufungsbegründung an anderer Stelle (vgl. S. 7, 11) zwischen mobilen und stationären Repeatern differenziert, und bestätigt sich zusätzlich an der Replik der Beklagten vom 31.01.2020, in der die obigen technischen Ausführungen sinngemäß und teils sogar wörtlich – auch und gerade für stationäre Repeater – wiederholt werden (S. 4 unten – S. 6 oben). Aussagekräftig sind vor allem die Bemerkungen auf S. 4 unten und S. 6 oben:
    Doch auch die stationären Repeater der angegriffenen Ausführungsform D-1 stellen keine Verletzungsform dar, denn selbst wenn man dem Sachverständigen bei der Verwirklichung der Merkmale M3, M5 und M6 folgen mag (quod non), so ist auch bei stationären Repeatern der angegriffenen Ausführungsform D-1 das Merkmal M2 nicht verwirklicht, wie nachfolgend gezeigt wird.
    Simultan/Gleichzeitig
    Auf Seite 20 des Sachverständigengutachtens verweist der Gerichtsgutachter hinsichtlich der Simultanität/Gleichzeitigkeit bei dem Merkmal M2 zur Erläuterung des „gain trailing“ auf Seite 28 der Anlage GA-22-7. Aus dieser Anlage GA-22-7 schließt der Gerichtsgutachter alleinig, dass eine Simultanität/Gleichzeitigkeit im Sinne des Merkmals M2 gegeben sei. Jedoch bezieht sich die Anlage GA-22-7 nicht auf die angegriffene Ausführungsform D-1, sondern auf die … unterschiedliche Serie des Typs D.
    (S. 4)
    Der „Gain trailing algorithm“ besitzt also die Funktionalität, dass die Verstärkung des Uplinks (UL gain) der Verstärkung im Downlink (DL gain) mit einem durch einen Benutzer programmierbaren zeitlichen Versatz folgt (…). Eine Gleichzeitigkeit ist also gerade nicht vorgesehen. Die „gain trailing“-Funktion … basiert auf einer AGC und nicht auf einer ALC.
    (S. 6)
    Soweit die Beklagte an der zuerst zitierten Stelle bemängelt, dass der Sachverständige sich für seine Überlegungen auf Anlage GA-22-7 gestützt hat, die tatsächlich jedoch eine andere Produktserie betrifft und deshalb ohne Aussagekraft für die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform sei, liegt darin kein beachtliches (eine Beweiserhebung erst notwendig machendes) Bestreiten der auf das Gutachten gestützten Klagebehauptung zur Ausstattung und Wirkungsweise der stationären Repeater.
  69. Dementsprechend hat der Senat in seiner ersten Berufungsverhandlung vom 05.03.2020 ausweislich des Sitzungsprotokolls umfangreich sein Verständnis von der technischen Lehre des Klagepatents dargelegt und die Beklagte vor diesem Hintergrund – unter ausdrücklichen Hinweis auf die Wahrheitspflicht im Zivilprozess – um abschließende Klarstellung gebeten, welches oder welche einzelne(n) Anspruchsmerkmal(e) – differenziert nach mobilen und stationären Repeatern – von ihr bestritten werden soll(en). Der Senat hat dabei deutlich gemacht (Prot. S. 3 unten), dass die Ausrüstung der angegriffenen Repeater im Downlink-Pfad mit einer AGC als unstreitig angesehen wird.
  70. Die Beklagte hat gegen diesen Ausgangspunkt keinerlei Einwände erhoben, sondern die angebliche Nichtverletzung des Klagepatents durch die stationären Repeater allein damit begründet, dass das im Regelkreis des Downlink-Pfades erzeugte Steuersignal nicht der Verarbeitungseinrichtung zugeführt werde, sondern die Steuersignale für beide Pfade unabhängig voneinander seien, ohne dass insbesondere eine Linkabzweigung existiere (Prot. S. 3/4).
  71. Demgemäß hat der Senat am 05.03.2020 eine sachverständige Beweiserhebung u.a. dazu beschlossen, ob die besagte Einlassung der Beklagten anhand der zu den stationären Repeatern vorliegenden Produktunterlagen plausibel ist oder ob der Akteninhalt den sicheren Schluss darauf zulässt, dass dem ersten Dämpfungsglied im Downlink-Pfad und der Verarbeitungseinrichtung für das zweite Dämpfungsglied im Uplink-Pfad simultan die im Regelverstärker generierte Stellgröße für die Variation der Signalverstärkung zugeführt wird.
  72. Mit Ergänzungsgutachten vom 17.11.2020 hat der Sachverständige in Bezug auf die stationären Repeater der Beklagten – gestützt auf das AAM-Blockschaltbild gemäß Anlage GA-22-6 – Folgendes festgestellt (ErgGutA I S. 8/9):
  73. … Der Microcontroller empfängt ein Ausgangssignal von dem Detektor (…) … und erzeugt die Stellgröße (…) …, die dem ersten Dämpfungsglied (…) zugeführt wird.
    Gleichzeitig bildet derselbe Microcontroller die Verarbeitungseinrichtung … . Aus der … Abbildung geht nämlich hervor, dass das Steuersignal (…) von dem Microcontroller an das zweite Dämpfungsglied (…) übertragen wird, wobei das Steuersignal erkennbar das einzige Signal zum Einstellen des zweiten Dämpfungsgliedes ist.
    Da also der anspruchsgemäße Regelverstärker und die anspruchsgemäße Verarbeitungseinrichtung durch ein- und dieselbe körperliche Vorrichtung der angegriffenen Ausführungsform – nämlich den Microcontroller – gebildet werden, ist die Zuführung der Stellgröße von dem Microcontroller zu demselben Microcontroller – … – bei der angegriffenen Ausführungsform, in trivialer Weise verwirklicht. Diese Zuführung findet auf ebenso triviale Weise auch simultan statt.
  74. In ihrer Stellungnahme vom 29.01.2021 zum Ergänzungsgutachten befasst sich die Beklagte auf den Seiten 6-14 mit den stationären Repeatern. Sie macht geltend, dass der Regelverstärker ausweislich der schaltungstechnischen Darstellung in Anlage GA-22-6 nicht unmittelbar im Downlink-Pfad angeordnet sei, nämlich in der Signalstrecke zwischen der Empfangsantenne der Basisstation und der Versorgungsantenne des Mobilfunkgerätes (S. 7-10), dass Regelverstärker und Verarbeitungseinrichtung baulich separate Komponenten zu sein hätten und also nicht durch ein- und denselben Microcontroller gebildet werden könnten (S. 10-13), und dass die Anlage GA-22-6 keinen stichhaltigen Beleg dafür liefern könne, dass die Zuführung derselben Stellgröße simultan erfolge, weil immerhin die nicht ausgeräumte Möglichkeit bestehe, dass die vom Regelverstärker generierte Stellgröße vorübergehend zwischengespeichert werde, bevor eine Weiterleitung an die Verarbeitungseinrichtung erfolge, und dass die betreffende Stellgröße zuvor inhaltlich verändert worden sein könne (S. 13-14). Mit keinem einzigen Wort wird hingegen in Abrede gestellt, dass die stationären Repeater über eine AGC mit gain-trailing-Funktion verfügen, die einen Verlust der Transparenz verhindert.
  75. Mit Beschluss vom 19.04.2021 hat der Senat außerdem darauf hingewiesen, dass die vorstehend wiedergegebenen theoretischen Überlegungen zu einer möglichen Zwischenspeicherung der Stellgröße und ihrer inhaltlichen Veränderung (deren technischer Sinn sich ohnehin nicht erschließt), kein beachtliches Bestreiten darstellen, das zu einer Beweiserhebung zwingen würde. Dementsprechend gehen auch die wiederholten Beanstandungen der Beklagten fehl, der Sachverständige habe den Unterlagen keine unverrückbaren Beweise dafür entnehmen können, dass eine Stellgröße für die transparenzwahrende Signalverstärkung im Downlink- und im Uplink-Pfad simultan an das erste Dämpfungsglied und an die Verarbeitungseinrichtung gegeben werde. Solcher Nachweise bedarf es so lange nicht, wie die Behauptung der Klägerin, derartiges geschehe bei der angegriffenen Ausführungsform, nicht beachtlich bestritten ist.
  76. Nachdem der Sachverständige in einem zweiten Ergänzungsgutachten vom 01.11.2021 die umfangreichen Fragen der Parteien, die diese für die zunächst vorgesehene mündliche Anhörung des Gutachters eingereicht hatten (Schriftsatz der Klägerin vom 29.04.2021; Schriftsatz der Beklagten vom 29.04.2021, S. 9-12), beantwortet hat, trägt die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 30.12.2021 (S. 18-20) vor, dass die stationären Repeater im Downlink-Pfad nicht mit einer AGC, sondern – wie aus Anlage GA-22-5 (S. 50, 1. Absatz) ersichtlich sei – mit einer ALC ausgestattet sein sollen. Diese Behauptung wird zwar durch die angeführte Unterlage gestützt, die eine Ausstattung der AAM mit ALC erwähnt. Sie steht jedoch in diametralem Gegensatz zu dem gesamten vorhergehenden unzweideutigen Vorbringen der Beklagten, die stets vehement darauf beharrt hat, dass im Downlink-Pfad keine (vom Klagepatent angeblich geforderte) ALC, sondern stattdessen eine (aus der Sicht des Klagepatents unzureichende) AGC mit gain trailing-Funktion vorgesehen ist, wofür – worauf der Sachverständige bei seiner Anhörung am 25.07.2023 hingewiesen hat (AnhProt. S. 4) – auch die Anlage GA-22-8 spricht. Angesichts dieses klaren schriftsätzlichen Vortrages und der gleichlautenden Einlassung in der Berufungsverhandlung kann die Beklagte redlicherweise nicht darauf verweisen, dass sich aus – immerhin – ihren umfangreichen Unterlagen das Gegenteil von dem erschließen soll, was sie selbst zu ihrer Rechtsverteidigung geltend gemacht hat. Es bleibt daher dabei, dass die Beklagte ihren Parteivortrag im Anschluss an das ihr ungünstige Ergänzungsgutachten gewechselt hat, ohne dafür eine schlüssige Erklärung zu liefern.
  77. Im Verhandlungstermin vom 11.08.2022 hat die Beklagte die Ausstattung des Downlink-Pfades mit einer ALC wiederholt (Prot. S. 1) und auf Nachfrage (Prot. S. 2-3) das schriftsätzliche Bestreiten einer simultanen Stellgrößenübertragung bei der angegriffenen Ausführungsform klarstellend dahin erläutert, dass im Downlink- und im Uplink-Pfad die Signalverstärkungsregelung unabhängig voneinander, lediglich unter Nutzung desselben Microcontrollers, stattfinde. Der Uplink-Pfad sei mit eigenen Einrichtungen, insbesondere einem eigenen Detektor, ausgestattet, weswegen die Signalverstärkungsregelung im Uplink-Pfad nicht auf die im Downlink-Pfad generierte Stellgröße angewiesen sei (Prot. S. 3 Mitte). Auf Nachfrage des Senats hat sich die Beklagte bereit erklärt, schriftsätzlich die baulichen und schaltungstechnischen Bedingungen im Einzelnen vorzutragen, die bei der angegriffenen stationären Ausführungsform die Transparenz gewährleisten sollen (Prot. S. 3 unten).
  78. Mit Schriftsätzen vom 02.09.2022 (S. 2-4) und 22.12.2022 (S. 8-10) hat die Beklagte – unter Beifügung eines von ihr farblich bearbeiteten und zusätzlich beschrifteten Schaltbildes (S. 3) – die angeblichen konstruktiven Details ihrer stationären Repeater dargestellt und in diesem Zusammenhang – worin noch kein Bestreiten einer dahingehenden Geräteausstattung bei der angegriffenen Ausführungsform liegt – ergänzend darauf hingewiesen, dass es bei stationären Repeatern überhaupt keiner Maßnahmen bedürfe, um einen Transparenzverlust zu vermeiden (S. 4).
  79. In seinem dritten Ergänzungsgutachten vom 28.04.2023 hat der Sachverständige die Ausführungen der Beklagten begutachtet und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Darlegungen weitgehend detaillos, technisch sinnlos und unverständlich sind, was ihn zu der Beurteilung geführt hat, dass das Vorbringen der Beklagten nicht ansatzweise erkennen lässt, wie die Gewährleistung der Transparenz in beiden Signalpfaden unabhängig voneinander erfolgen könnte, weswegen es bei der bisherigen sachverständigen Bewertung zu verbleiben habe, dass die stationären Repeater die Merkmale des Klagepatents benutzen. Dass die stationären Repeater etwa keine Transparenz gewährleisten würden, sei dem Sachvortrag der Beklagten – was auch dem Verständnis des Senats vom damaligen Sach- und Streitstand entspricht – nicht zu entnehmen.
  80. bb)
    Die letzte Bemerkung ist insofern von Belang, als die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 15.06.2023 zum dritten Ergänzungsgutachten keinen Versuch unternimmt, ihren vom Sachverständigen als gänzlich unzureichend bewerteten Sachvortrag zu einer vom Klagepatent abweichenden Transparenzregelung nachzubessern, und der Kritik des Sachverständigen auch nicht entgegentritt, sondern sie widerspruchslos hinnimmt, jedoch statt dessen – erstmals – bestreitet, dass bei den stationären Repeatern überhaupt Maßnahmen getroffen worden sind, um einen Transparenzverlust zu vermeiden (S. 4 oben).
  81. Abgesehen davon, dass dieses Bestreiten auffällig ein vom Sachverständigen in seinem dritten Ergänzungsgutachten thematisiertes Nichtverletzungsargument aufgreift, dessen Geltendmachung sich unmittelbar daraus erklärt, dass nach dem damaligen Stand des Rechtsstreits alle anderen Einwände der Beklagten gegen die Verletzungsklage absehbar zum Scheitern verurteilt waren, so dass eine Aufrechterhaltung der Verurteilung wegen der stationären Repeater drohte, verträgt sich das jetzige Bestreiten ganz offensichtlich nicht mit der im Verhandlungstermin vom 11.08.2022 gegebenen Zusage der Beklagten, freiwillig Klarheit darüber herzustellen, auf welche technische Weise bei der angegriffenen Ausführungsform eine Transparenz hergestellt werden soll, wenn nicht auf die im Downlink-Pfad generierte Stellgröße für die Signalverstärkung zurückgegriffen wird. Denn wenn bei den stationären Repeatern – wie nun behauptet – gar keine Transparenz herrschen würde, ist es von vornherein vollkommen sinnlos, die Prozessbeteiligten darüber aufzuklären, wie es bei der angegriffenen Ausführungsform gelingen soll, Transparenz im Downlink- und im Uplink-Pfad unabhängig voneinander herzustellen.
  82. Vor diesem Hintergrund ist der Schriftsatz der Beklagten vom 15.06.2023 (S. 12 ff.) zu würdigen.
  83. Soweit die Beklagte dort – erstmals – einwendet, die stationären Repeater kämen ausschließlich beim Bündelfunk in ganz bestimmten Frequenzbereichen zum Einsatz, für die es keiner Transparenzvorkehrungen bedürfe, ergibt sich daraus schon nicht die – allem bisher Vorgetragenen widersprechende – Behauptung, die stationären Repeater seien außerstande, einen Transparenzverlust zu vermeiden. Derartiges folgt auch nicht aus Anlage GA-22-5. Wenn es dort sinngemäß heißt, dass die AAM-Module für alle Frequenzbänder im Bereich von 68 – 500 MHz eingesetzt werden, so betrifft auch dies lediglich den von der Beklagten (nach dem strengen Wortlaut der Formulierung nicht einmal ausschließlich) vorgesehenen Einsatzzweck und besagt damit nichts völlig Eindeutiges zu der davon zu unterscheidenden objektiven Leistungsfähigkeit des Produktes. Denn es kann gute Gründe geben, einen Transparenzverlust auch dort zu vermeiden, wo er nicht unbedingt erforderlich ist, z.B. im Interesse einer handhabbaren Produktpalette und ihrer vielseitigen Verwendbarkeit für unterschiedliche Einsatzgebiete. Dass (patentgemäße) Transparenzvorkehrungen bei einem Einsatz des Repeaters im Bündelfunk schädlich wären und deswegen zu unterbleiben hätten, behauptet die Beklagte selbst nicht.
  84. Unerheblich ist gleichfalls die weitere Behauptung (Anm.: Unterstreichung hinzugefügt):
  85. Nach den Angaben des Geschäftsführers der Beklagten und Berufungsklägerin basierend auf den Aussagen des Produktmanagements der Beklagten sind in den angegriffenen stationären Repeatern mit AAM-Modul (Anlage GA-22-6) keine Funktionen verbaut, die dazu bestimmt sind, basierend auf ein Ansprechen im Downlink-Pfad einen Transparenzverlust zu verhindern.
    (S. 12 unten)
    Da es sich beim Klageschutzrecht um ein Sachpatent handelt, das umfassenden Schutz gegen jede Vorrichtung vermittelt, die aufgrund ihrer technischen Ausstattung objektiv in der Lage ist, die Anspruchsmerkmale zu verwirklichen, völlig unabhängig davon, ob von dieser Eignung Gebrauch gemacht wird oder nach den Anweisungen des Verletzers Gebrauch gemacht werden soll, ist es rechtlich ohne Bedeutung, ob die stationären Repeater mit Vorrichtungen ausgestattet sind, die einen Transparenzverlust vermeiden sollen. Relevant ist allein die technische Eignung der Repeater hierzu, welche die Beklagte mit der vorstehend zitierten Behauptung nicht in Abrede stellt.
  86. An späterer Stelle (S. 14 oben) formuliert die Beklagte zwar (Anm.: Unterstreichung hinzugefügt):

    Die angegriffenen stationären Repeater mit AAM-Modul sind weder für Mobilfunksysteme für Mobiltelefone/Smartphones, also beispielsweise GSM, LTE, UMTS, ausgelegt noch für diese Art von Mobilfunksystemen geeignet. Des Weiteren kommen die angegriffenen stationären Repeater mit AAM-Modul nicht für Mobilfunksysteme für Mobiltelefone/Smartphones, also beispielsweise GSM, LTE, UMTS, in Tunnelsystemen oder Gebäuden zum Einsatz.

  87. was sich als (erhebliches) Bestreiten einer technischen Eignung der Repeater zur Vermeidung eines Transparenzverlustes verstehen lässt. Für den neuen, allem Bisherigen widersprechenden Sachvortrag liefert die Beklagte jedoch abermals keine plausible Erklärung; der Hinweis auf „Angaben ihres Geschäftsführers, der sich auf Aussagen des Produktmanagements verlassen haben will“, ist nichtssagend, inhaltsleer und schon deswegen – abgesehen vom äußerst fraglichen Wahrheitswert – ungeeignet. Es wäre jedoch Sache der Beklagten gewesen, nachvollziehbar den Vortragswechsel zu erläutern. Solches leistet die Beklagte – auch auf die ausdrückliche Nachfrage im Verhandlungstermin vom 25.07.2023 – nicht.
  88. b)
    Der Mangel an Wahrheitsliebe im Sachvortrag der Beklagten führt indessen nicht unter allen Umständen dazu, dass von dem Gegenteil dessen auszugehen wäre, was (wahrheitswidrig) behauptet worden ist. Bisweilen werden Prozesse von Seiten der Partei und/oder ihres Anwaltes, gemessen an einem von Beginn an klaren, vollständigen und wahrheitsgemäßen Vortrag (§ 138 ZPO), bloß schlecht geführt, so dass erst im Laufe eines auch langen Rechtsstreits der wirkliche Sachverhalt ans Licht gelangt.
  89. Hinzu kommt, dass auch die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin sich vorhalten lassen muss, über Jahre hinweg ausschließlich auf die ersichtlich lückenhaften Erkenntnisse des Besichtigungsverfahrens vertraut zu haben, anstatt die Zeit des Verletzungsprozesses zu nutzen, um z.B. durch einen Testkauf (notfalls über Mittelsleute) ihre Erkenntnislage für den laufenden Rechtsstreit zu verbessern. Die Klägerin selbst behauptet nicht, dass derartige Aufklärungsmaßnahmen ihr unmöglich oder unzumutbar gewesen wären. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich.
  90. c)
    Bei der gegebenen Ausgangslage gibt den Ausschlag, dass der Sachverständige bei seiner Anhörung am 25.07.2023 nachvollziehbar dargelegt hat, dass die zu den angegriffenen stationären Repeatern vorliegenden Geräteunterlagen, die aus nicht rechtsstreitbefangener Zeit stammen und denen von daher nicht mit der Skepsis einer prozesstaktischen Verfälschung ihres Inhalts begegnet werden kann, mit demjenigen Sachvortrag zur Nichtverletzung kompatibel sind, den die Beklagte zuletzt geleistet hat.
  91. aa)
    Anlage GA-22-5, die sich ausweislich ihrer Überschrift auf die Produktgruppe … und damit auf die angegriffenen Ausführungsformen bezieht, vermerkt auf Seite 1, linke Spalte, dass die D-1 sowohl für stationäre als auch für mobile Anwendungen verwendet werden kann. Wörtlich heißt es:
  92. It is intended to be used for onboard applications such as in trains, outdoor coverage extension, in-building and in-tunnel applications.
  93. (Es ist dafür vorgesehen, für Anwendungen an Bord wie in Zügen, Abdeckungserweiterung im Freien sowie für Anwendungen innerhalb von Gebäuden und Tunneln verwendet zu werden.)
  94. An gleicher Stelle wird auf zwei prinzipielle Konfigurationsmöglichkeiten für die D-1 hingewiesen –
  95. The D-1 is available in two different configurations:
    – Fibre fed remote unit
    – Radio repeater unit
  96. (Die D-1 ist in zwei verschiedenen Konfigurationen erhältlich:
    – Glasfasergespeiste Ferneinheit
    – Funkrepeatereinheit) -,
  97. womit Anlage GA-22-5 sowohl mobile (= Funkrepeatereinheit) als auch stationäre (glasfasergespeiste) Einheiten betrifft.
  98. Unter der Überschrift „Features“ (Merkmale) beschreibt Anlage GA-22-5, Seite 2 die „gain trailing“-Funktion wie folgt:
  99. Gain trailing algorithm: UL gain follows DL gain by a user programmable offset; used for onboard applications
  100. (Verstärkungsfolgealgorithmus: Die Signalverstärkung im Uplink folgt der Signalverstärkung im Downlink mit einem Versatz, welcher von dem Anwender programmiert werden kann; verwendet für Anwendungen an Bord)
  101. Irgendein Hinweis darauf, dass die – allgemein für die D-1 und damit für beide Geräteausführungen – beschriebene Funktionalität auf die stationäre Anwendungsvariante nicht zutrifft, findet sich nicht.
  102. Für das „gain trailing“ sind – in Abhängigkeit von dem durch den Anwender programmierten Versatz – zwei Fälle zu unterscheiden.
  103. Handelt es sich um einen Versatz ungleich Null, so folgt die Signalverstärkung im Uplink derjenigen im Downlink mit einem Versatz. Wie der Sachverständigen bei seiner mündlichen Anhörung am 25.07.2023 ausgeführt hat, ist für den Fachmann klar, dass es sich bei dem vom Benutzer wählbaren „Versatz“ nicht um einen zeitlichen Nachlauf (der Signalverstärkung im Uplink-Pfad gegenüber der Signalverstärkung im Downlink-Pfad) handelt, sondern um einen Pegelversatz, der insbesondere in Dezibel ausgedrückt werden kann (AnhProt. S. 4). Folgerichtig schlägt Anlage GA-22-7 einen – genau so verstandenen – Versatz im Bereich zwischen 3 und 5 Dezibel für mobile Repeater vor und begründet auch dessen Zweckmäßigkeit. Anlage GA-22-7 betrifft zwar nicht die angegriffenen Ausführungsformen; die gegebene technische Begründung hat jedoch allgemeine Gültigkeit und macht deshalb auch für die Baureihe D-1 technischen Sinn. Bei einem „gain trailing“ mit einem Versatz ungleich Null folgt die Signalverstärkung im Uplink derjenigen im Downlink mit dem voreingestellten Pegelabstand, so dass sich die Signalverstärkungen in beiden Pfaden – eben wegen des Pegelversatzes – nicht entsprechen.
  104. Beträgt der Versatz – im Sinne der zweiten Wahlalternative – Null, dann ist die Signalverstärkung im Uplink-Pfad mit derjenigen im Downlink identisch, womit in jedem Fall Transparenz im Sinne des Klagepatents gewährleistet ist.
  105. Der Hinweis „verwendet für Anwendungen an Bord“ in Anlage GA-22-5 ist nach den Ausführungen des Sachverständigen bei seiner Anhörung am 25.07.2023 so zu verstehen, dass das „gain trailing“ mit einem Versatz ungleich Null aus den in Anlage GA-22-7 beschriebenen Gründen dann verwendet wird, wenn die D-1 in einem Zug eingesetzt wird, was der Ausführungsform eines mobilen Repeaters entspricht (AnhProt. S. 4). Dem Text ist demgegenüber nicht zu entnehmen, dass die Variante mit einem Versatz von Null, bei der die Verstärkung im Uplink derjenigen im Downlink entspricht und also Transparenz gegeben ist, bei stationären Repeatern etwa nicht verwendet würde. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, dass nämlich gerade bei einem stationären Einsatz der Versatz auf „Null“ eingestellt werden soll, so dass kein „gain trailing“ stattfindet und folglich die Transparenz beibehalten wird. Erst recht ist der Hinweis auf „Anwendungen an Bord“ nicht so zu verstehen, dass die Eignung zum „gain trailing“ bei einer anderen Anwendung als „an Bord“ nicht mehr vorhanden wäre.
  106. bb)
    Das Vorstehende findet eine Bestätigung in Anlage GA-22-3, die anstelle der D-1 zwar die D-2 betrifft. Abgesehen von der Identität in der Funktionalität beider Varianten – D-1 und D-2- gemäß Datenblatt entspricht es jedoch dem eigenen Vortrag der Beklagten, dass die Zahl „…“ in der Produktbezeichnung der angegriffenen Ausführungsformen lediglich die Anordnung in einem Rack mit … Zoll betrifft, was bei der D-2 nicht der Fall ist (S. 4 der Berufungsbegründung):
  107. Der Repeater des Typs D-1 der angegriffenen Ausführungsform basiert auf der Produktfamilie D-2, daher auch D(1)-2. Die 1 steht auch hier lediglich für die Anordnung des Repeaters in einem …“ Zoll Rack.
  108. Aus der Kopfzeile der Anlage GA-22-3 ist zu erkennen, dass die D-2 in einem Gehäuse angeordnet ist, wobei zwei Gehäusearten dargestellt sind. Das deckt sich mit dem Hinweis in der linken Spalte auf die Möglichkeit eines Gehäuses mit einer aktiven Kühlung oder eines solchen mit einer passiven Kühlung:
  109. The digital repeater units D-2 for up to 5 independent frequency bands in the active cooled housing and up to 3 frequency bands in the passive cooled housing has been designed to extend radio coverage in various radio networks.
  110. (Die digitalen Repeatereinheiten D-2 für bis zu 5 unabhängige Frequenzbänder in dem aktiv gekühlten Gehäuse und bis zu 3 Frequenzbänder in dem passiv gekühlten Gehäuse wurden entworfen, um in verschiedenen Funknetzwerken die Funkabdeckung auszuweiten.)
  111. Demgegenüber zeigt Anlage GA-22-4 für die D-1 eine Anordnung für ein Rack. Anlage GA-22-5 bezeichnet dieses Gehäuse der D-2 – in Abgrenzung von der Variante D-1 für das Rack – als Gehäuse für die Verwendung im Freien (S. 3 (49)):
  112. Note that the DRM units for the …” rack feature a heat sink for front to back cooling while the DRMs for the outdoor housing are directly mounted onto the latter and do not feature any heat sink and no …” front plate.
  113. (Beachten Sie, dass die DRM-Einheiten für den … Zoll Rack eine Wärmesenke für die Kühlung von vorne bis hinten aufweisen während die DRMs für das Gehäuse für die Verwendung im Freien direkt auf dem Letzteren montiert sind und weder eine Wärmesenke noch eine … Zoll Frontplatte aufweisen.)
  114. Auch im weiteren Verlauf des Dokuments GA-22-5 werden die beiden Varianten – … Zoll Rack einerseits und Gehäuse für die Verwendung im Freien – gegenübergestellt, wobei es nach den Darlegungen des Sachverständigen bei seiner Anhörung auf der Hand liegt, dass die Variante D-2 mit dem Gehäuse für die Verwendung im Freien besonders für die stationäre Anwendung geeignet ist. Für die Funktionalität des „gain trailing“ relevante technische Unterschiede zwischen der D-2 und der D-1 sind demgegenüber nicht ersichtlich (AnhProt. S. 4).
  115. cc)
    Das Vorhandensein eines „gain trailing“ bei der stationären angegriffenen Ausführungsform ist schließlich auch der Anlage GA-22-8 zu entnehmen. Bei ihr handelt es sich um eine Bedienungsanleitung („User Manual“) bzw. einen Leitfaden zur Schnellkonfiguration („Quick Configuration Guide“). Auf Seite 4 (…) ist beschrieben, dass gemäß den Voreinstellungen die AGC eingeschaltet ist, das „gain trailing“ ebenfalls eingeschaltet ist und der Versatz des „gain trailing“ Null beträgt. Aus der Bedienoberfläche nach Figur 13 geht hervor, dass für den Versatz des „gain trailing“ die Einheit Dezibel (dB) vorgesehen ist. Zwar verweist die Überschrift wiederum auf die D-2 und nicht auf die streitgegenständliche D-1; dennoch sind die obigen Feststellungen auf letztere übertragbar. Bereits aus dem Dokumententitel „D-D-1-QuickStart_UserManual_VB“ erschließt sich, dass die Ausführungsvariante D-1 erfasst ist. Das leuchtet auch ein, weil sich die D-1 und die D-2 – wie bereits festgestellt – im Wesentlichen durch ihr Gehäuse unterscheiden und ausweislich der Anlagen GA-22-3 und GA-22-4 zwischen beiden Varianten – D-2 und D-1 – kein Unterschied hinsichtlich der Bedienmöglichkeiten besteht, wie sie jeweils auf Seite 2 der Unterlage unter der Überschrift „Features“ (Merkmale) und dem Unterpunkt „Access“ (Zugang) aufgeführt sind.
  116. dd)
    Trotz dieser der Klägerin günstigen Ausgangslage ist jedoch unklar geblieben, ob ein „gain trailing“ durch das AAM stattfindet, mit dem die stationären Repeater ausgestattet sind. Nur das AAM, wie es in den Anlagen GA-22-5 und GA-22-6 beschrieben ist, bildet jedoch eine Grundlage für die Verwirklichung der auf das erste und das zweite Dämpfungsglied bezogenen Anspruchsmerkmale 3.b) aa), 3.b) cc), 5 und 6.a). Dass das AAM für Signalpfade verwendet wird, bei denen ein „gain trailing“ stattfindet, lässt sich mit der erforderlichen Sicherheit nicht feststellen.
  117. Anlage GA-22-8 zeigt die vorgenannte Einstellmöglichkeit des „gain trailing“ lediglich für DRMs (AnhProt. S. 4). Als mögliche Kommunikationsprotokolle sind in diesem Zusammenhang GSM, UMTS, LTE sowie LTE 20 MHz genannt, d.h. Mobilfunkprotokolle verschiedener Generationen, die potenziell nebeneinander im Einsatz sind und deshalb von einem Repeater sämtlich bedient werden müssen. Wie aus Anlage GA-22-4 hervorgeht, verwenden die besagten Protokolle ausschließlich Frequenzen im Bereich oberhalb von 790 MHz.
  118. Für einen Einsatz in diesem Frequenzbereich ist das AAM nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten jedoch nicht eingerichtet, sondern lediglich für einen Betrieb in einem niedrigeren Frequenzbereich. Dies deckt sich mit den Angaben in den Anlagen GA-22-5 und GA-22-6, die besagen, dass das AAM für die Frequenzbänder bis 500 MHz eingesetzt wird. In diesem Frequenzbereich arbeitet etwa das von Sicherheitsbehörden verwendete Protokoll TETRA, nicht aber eines der Protokolle GSM, UMTS, LTE oder LTE 20 MHz (AnhProt. S. 4/5).
  119. Soweit also ein „gain trailing“ für die Protokolle GSM, UMTS, LTE oder LTE 20 MHz durch die angegriffene Ausführungsform stattfindet, findet dies ohne die erkennbare Verwirklichung der Merkmale 3.b) aa), 3.b) cc), 5 und 6.a) statt, die nur für das AAM belegt sind, durch das der jeweilige Signalpfad für die zugehörigen Frequenzen nicht führt. Bei den Protokollen GSM, UMTS, LTE oder LTE 20 MHz wird die Sendeleistung zwar sowohl im Uplink als auch im Downlink auf der Grundlage der jeweils durch Basisstation oder Mobilgerät empfangenen Signale dynamisch angepasst, woraus sich auch bei einem stationären Repeater (AnhProt. S. 5) die Notwendigkeit ergibt, Veränderungen der Dämpfung oder der Verstärkung gleichzeitig im Downlink und im Uplink vorzunehmen und damit einen Transparenzverlust zu vermeiden. Durch das „gain trailing“ mit dem voreingestellten Versatz von 0 wird solches auch erreicht. Daraus ist jedoch lediglich zu schließen, dass das „gain trailing“ für die genannten Mobilfunkprotokolle offenkundig ohne Mitwirkung des AAM implementiert ist, womit noch nicht ersichtlich ist, dass die Implementierung außerhalb des AAM auf eine Weise geschieht, die sämtliche Anspruchsmerkmale des Klagepatents verwirklicht.

    Für Kommunikationsprotokolle in demjenigen Frequenzbereich, in dem das AAM zum Einsatz kommt, ist schon nicht ersichtlich, dass ein „gain trailing“ technisch überhaupt sinnvoll ist. So hat der Sachverständige bei seiner Anhörung ausgeführt, dass beim Protokoll TETRA die Sendeleistung der Basisstation im Downlink konstant ist (AnhProt. S. 5). In einer derartigen Situation sind Maßnahmen zum Verhindern des Transparenzverlusts nicht erforderlich.

  120. ee)
    Aber selbst wenn ein „gain trailing“ mit dem Pegelversatz Null auch für die niedrigen Frequenzbereiche des AAM verwirklicht wäre, ist nicht feststellbar, dass das „gain trailing“ durch die Schaltung im AAM umgesetzt ist.
  121. 3.
    Für die mobilen Repeater des Typs D-1 lässt sich ebenfalls nicht hinreichend sicher feststellen, dass sie die Merkmale des Klagepatents verwirklichen. Jedenfalls das Vorhandensein eines einstellbaren Dämpfungsgliedes im Uplink-Pfad ist ungeklärt geblieben.
  122. a)
    Wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat, existieren keine stichhaltigen, tatrichterliche Feststellungen erlaubenden Anhaltspunkte dafür, dass die Repeater der Beklagten über ein zweites einstellbares Dämpfungsglied im Uplink-Pfad verfügen, dessen Signaldämpfung willkürlich veränderbar ist (ErgGutA I S. 10-12). Die Vergabeunterlagen besagen in diesem Zusammenhang nichts (ErgGutA I S. 11); auch ist die Verwendung eines einstellbaren Dämpfungsgliedes keine technisch zwingende Voraussetzung für die vom Klagepatent vorgesehene simultane Regelung der Signalverstärkung im Downlink- und im Uplink-Pfad. Derselbe technische Erfolg lässt sich vielmehr auch auf ganz andere Weise, beispielsweise durch die Reihenschaltung eines konstanten Dämpfungsglieds mit einem einstellbaren Verstärker erreichen. Der Hinweis der Klägerin, das Blockschaltbild nach Anlage BK 15 biete für eine solche Ausführungsvariante keinerlei Anhalt, weil keine Steuersignalleitungen zu den beiden Dämpfungsgliedern und auch kein Steuereingang in die Verstärker gezeigt seien, über welche die Verstärker ein Steuersignal vom FPGA (Field Programmable Gate Array) erhalten könnten und hierüber einstellbar wären, verfängt nicht. Es ist schon zweifelhaft, ob aus dem Schweigen des Blockschaltbildes (als lediglich übersichtsartiger Prinzipdarstellung) zu einer bestimmten technischen Ausstattung verlässlich darauf geschlossen werden kann, dass es außer demjenigen, was im Blockschaltbild gezeigt ist, keine weiteren technischen Ausstattungsdetails gibt. Wie der Sachverständige bei seiner Anhörung am 25.07.2023 ausgeführt hat, besitzt das Blockschaltbild keine solche Detailtiefe, die es rechtfertigt zu erwarten, dass aus ihr hervorgeht, welche Art von Verstärker (einstellbar oder nicht variabel) verwendet wird und welche Signalleitungen vorgesehen sind (AnhProt. S. 6).
  123. Letztlich kann dies jedoch auf sich beruhen. Der Einwand der Klägerin könnte selbst bei Abwesenheit eines einstellbaren Verstärkers allenfalls dann schlüssig sein, wenn es außer der Kombination zwischen einem konstanten Dämpfungsglied und einem einstellbaren Verstärker keine weitere technische Möglichkeit zur einstellbaren Signaldämpfung geben würde, so dass aus der Abwesenheit der vom Sachverständigen beispielhaft genannten Alternativlösung zwingend darauf geschlossen werden könnte, dass ein einstellbares Dämpfungsglied zum Einsatz kommen muss. Dass es keine zweite Alternativlösung gibt, die die besagte Schlussfolgerung auf das Vorliegen eines einstellbaren Dämpfungsgliedes verbietet, wäre dabei von der Klägerin darzulegen gewesen. Denn ihr obliegt es, den Verletzungssachverhalt vorzutragen. Wenn sie die Verwendung eines zweiten einstellbaren Dämpfungsgliedes im Uplink-Pfad nicht dartun kann (dazu sogleich), ist es an ihr, schlüssige Anhaltspunkte für einen mittelbaren Verletzungsnachweis darzulegen. Die Klägerin behauptet jedoch nicht einmal, dass es technisch und wirtschaftlich sinnvoll nur zwei Möglichkeiten zur patentgerechten Signaldämpfung gibt (nämlich die Verwendung eines einstellbaren Dämpfungsgliedes oder der Einsatz eines einstellbaren Verstärkers), und keine dritte. Damit trägt die – zugunsten der Klägerin einmal unterstellte – Erkenntnis, dass bei der angegriffenen Ausführungsform kein einstellbarer Verstärker verwendet wird, nicht den Schluss, dass infolgedessen ein einstellbares Dämpfungsglied zum Einsatz kommen muss. Letztlich wird sich eine mittelbare Beweisführung vollkommen verbieten, weil selbst mit sachverständiger Hilfe nicht theoretisch aufzuklären sein wird, ob die Beklagte nicht einen weiteren, erfinderischen alternativen Lösungsweg gefunden hat, der beispielsweise ihr betriebsgeheimes Know-how sein könnte, so dass auch ein Sachverständiger nicht in der Lage wäre, guten Gewissens auszuschließen, dass die angegriffene Ausführungsform eine simultane Signaldämpfung ohne ein einstellbares Dämpfungsglied und ohne einen einstellbaren Verstärker umsetzt.
  124. Es hat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung, ob als Dämpfungsglied nur ein analoges Bauteil verstanden werden kann oder ob von dem Begriff gleichermaßen digitale Ausführungsvarianten erfasst werden. Selbst wenn man letzteres zugunsten der Klägerin annehmen wollte, bleibt jedenfalls festzustellen, dass die Klägerin nichts Substanzielles zur konkreten Ausgestaltung der angegriffenen mobilen Repeater vorträgt, aus dem sich mit der gebotenen Gewissheit herleiten ließe, dass bei ihnen eine simultane Dämpfung der Signalstärke im Uplink-Pfad mithilfe eines einstellbaren digitalen Dämpfungsgliedes bewerkstelligt wird. Es ist schon nicht restlos klar, worin die Klägerin vorliegend überhaupt ein einstellbares digitales Dämpfungsglied sehen will. Sollte sich die Klägerin auf ein von der angegriffenen Ausführungsform verwendetes FPGA beziehen, greift dieser Hinweis schon deshalb zu kurz, weil es sich bei einem FPGA um eine prinzipiell frei programmierbare „Blackbox“ handelt, deren technische Einordnung als Bauteil bestimmter Funktion und Wirkung erst dadurch möglich wird, dass die Art und Weise seiner Programmierung bekannt ist. Dazu trägt die Klägerin – mangels näherer Kenntnis über die angegriffenen Ausführungsformen – selbst nichts vor.
  125. Sie nimmt stattdessen Bezug auf die Einlassung der Beklagten in deren Berufungsreplik vom 31.01.2020, der zufolge die angegriffenen mobilen Repeater sog. DRM`s (Digital Radio Module) verwenden, wie dies aus Anlage BK 15 ersichtlich ist. Dieser Vortrag führt schon deshalb nicht weiter, weil sich die (von der Klägerin zu eigen gemachte) Einlassung der Beklagten auf die Downlink-Seite bezieht, während es im Rahmen des Merkmals (6a) um die Geräteausstattung des Repeaters im Uplink-Pfad geht.
  126. Aber selbst wenn die Beklagteneinlassung in gleicher Weise für die Uplink-Seite gelten sollte, ergibt sich kein anderes Resultat. Nachdem die Klägerin nichts Gegenteiliges behauptet, ist mit dem Beklagtenvortrag in der Replik von folgender Signalverarbeitung im FPGA auszugehen: Im DRM des Downlink-Pfades wird das analog vom Geber ausgesandte Signal in ein digitales Signal umgewandelt und anschließend (in digitaler Form) dem FPGA zugeführt. Nach der Signalverarbeitung im FPGA (zu der die Beklagte zulässigerweise nichts Näheres mitteilt) wird das (wie auch immer) verarbeitete digitale Signal über einen Verstärker der DRM (zu dessen Funktionsweise sich die Beklagte zulässigerweise gleichfalls nicht weiter verhält) wieder nach außen abgegeben. Dass eine variable Signaldämpfung erfolgt, ergibt sich hieraus ebenso wenig wie die Verwendung eines einstellbaren Dämpfungsgliedes oder die Verwendung eines variablen Verstärkers. Es wäre daher an der Klägerin gewesen darzulegen, dass und warum angesichts der Beklagteneinlassung von beidem auszugehen sein soll.
  127. Sollte die angegriffene Ausführungsform ein konstantes digitales Dämpfungsglied mit einem nachgeschalteten einstellbaren Verstärker kombinieren, bleibt immer noch festzuhalten, dass das digitale Dämpfungsglied bei einer solchen Sachlage eben kein einstellbares wäre, wie es der eindeutige Wortlaut des Patentanspruchs fordert.
  128. b)
    Soweit die Klägerin in der vorgenannten Kombination (konstantes Dämpfungsglied + einstellbarer Verstärker), dessen Vorhandensein sie an anderer Stelle (Blockschaltbild) bestreitet – erstmals – eine äquivalente Ausführungsform sieht, kann ihr jedenfalls deshalb nicht gefolgt werden, weil die Voraussetzung eines Naheliegens der Abwandlung bei Orientierung am Patentanspruch nicht gegeben ist.
  129. Wenn sich die angegriffene Ausführungsform eines konstanten – statt eines im Patentanspruch geforderten einstellbaren – Dämpfungsgliedes bedienen sollte, unternimmt die Beklagte mit der von ihr verwirklichten Technik das genaue Gegenteil von dem, wozu das Klagepatent den Fachmann anhält. Die technische Lehre des Patentanspruchs wird mithin nicht auf technisch andere Weise umgesetzt, sondern sie wird ignoriert, womit es an der erforderlichen Orientierung am Patentanspruch fehlt. Dass dem so ist, erhellt – abgesehen von dem Gegensatzpaar eines einstellbaren und eines konstanten (= nicht einstellbaren) Dämpfungsgliedes – auch daran, dass die Beklagte denselben technischen Erfolg einem ganz anderen Lösungskonzept zur Gewährleistung einer simultan gleichen Signalverstärkung in beiden Pfaden verdankt. Während das Klagepatent darauf setzt, den Gleichlauf der Signalstärke dadurch herbeizuführen, dass im Bedarfsfall die gegebene Signalverstärkung gedämpft (herabgesetzt) wird, beschreitet die angegriffene Ausführungsform den – grundlegend anderen – Weg, die Signalstärke, bedingt durch das konstante Dämpfungsglied, bedarfsunabhängig herabzusetzen und im Bedarfsfall mithilfe eines einstellbaren Verstärkers anschließend wieder auf das richtige Maß zu steigern. Abgesehen vom letztendlich gleichen technischen Erfolg hat dies mit dem, was das Klagepatent lehrt, nichts zu tun.
  130. Die sinngemäß gleichen Überlegungen haben – was vorsorglich auszuführen ist – für die stationären Repeater zu gelten, soweit sie den Frequenzbereich und die Kommunikationsprotokolle betreffen, die außerhalb des Frequenzbereichs des AAM liegen.
  131. III.
    1.
    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 91a, 96, 269 Abs. 3 ZPO, wobei für den erledigten Unterlassungsteil die Kostenquote der streitigen Entscheidung gilt, weil es der Billigkeit entspricht, für die Kostenlast auf den ohne die Erledigungserklärungen zu erwartenden Prozessausgang abzustellen.
  132. Abweichend von der Kostenverteilung nach Maßgabe des Prozesserfolges und –verlustes sind die Kosten der im Berufungsverfahren unternommenen Beweiserhebung, soweit sie im Zusammenhang mit dem zweiten und dritten Ergänzungsgutachten des Sachverständigen entstanden sind, allein von der Beklagten zu tragen, weil die betreffenden sachverständigen Ermittlungen und die damit verbundenen Gutachter- und Parteikosten maßgeblich durch deren in entscheidenden Punkten wahrheitswidrigen Sachvortrag veranlasst sind, der die Klageabweisung nicht trägt. Der Senat macht insoweit von der in § 96 ZPO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Verteidigungsmittels derjenigen Partei aufzuerlegen, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie (wie die Beklagte) in der Hauptsache obsiegt. Damit wird dem Sanktionscharakter von § 96 ZPO sowie dem darin zum Ausdruck kommenden Veranlasserprinzip (BGH, NJW 2019, 2464) Rechnung getragen (vgl. KG, Urteil vom 10. Februar 2021 – 25 U 160/19), welches es hier ganz besonders deshalb verbietet, die unterlegene Klägerin auch mit den unnützen Kosten der beiden letzten Ergänzungsgutachten zu belasten, weil ihre Erkenntnismöglichkeiten zur genauen Ausstattung und Funktionsweise der stationären Repeater wegen der außerordentlichen Komplexität des technischen Sachverhaltes von vornherein begrenzt waren, was der prozessrechtlichen Pflicht der Beklagten zu jederzeit vollständigem und wahrheitsgemäßem Vortrag (§ 138 ZPO) spezielles Gewicht verleiht. Betroffen von der Kostentragungspflicht der Beklagten sind die Kosten für das zweite und dritte Ergänzungsgutachten sowie die Partei- und Sachverständigenkosten für den Verhandlungstermin vom 11.08.2022.
  133. 2.
    Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
  134. 3.
    Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Insbesondere steht die Patentauslegung des Senats in völliger Übereinstimmung mit dem Verständnis des BGH in seinem Nichtigkeitsberufungsurteil vom 20.01.2022.
  135. 4.
    Die Erledigung des Unterlassungsbegehrens rechtfertigt keine Streitwertreduzierung. Nachdem die Beklagte Angebot und Vertrieb der angegriffenen Repeater bis zum Schutzrechtsablauf fortgesetzt hat (vgl. Protokoll vom 05.03.2020, S. 1/2), schlägt der ursprüngliche Unterlassungsanspruch mit fortschreitender Zeitdauer in einen jeweils wertgleichen Schadenersatzanspruch um.

Schreibe einen Kommentar