Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3297
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 25. Mai 2023, I-15 U 57/22
Vorinstanz: 4b O 107/20
- 1. Auf die Berufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das am 7. April 2022 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (4b O 107/20) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
- I. Es wird festgestellt,
- 1. dass der Klageantrag,
- die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an einem ihrer Geschäftsführer zu vollziehen war, zu unterlassen,
- Kunststoffkanten, welche dazu geeignet sind, in einem Verfahren zur Herstellung eines Möbelpaneels in Gestalt einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff verwendet zu werden, bei dem auf einem Paneelkorpus eine Kunststoffkante aufgebracht wird, wobei eine Oberfläche der Kunststoffkante aufgeschmolzen und die Kunststoffkante sodann mit ihrer aufgeschmolzenen Oberfläche auf den Paneelkorpus gefügt wird,
- im Geltungsbereich des deutschen Teils des EP[…] Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland (nur Beklagte zu 1)) anzubieten und/oder (alle Beklagten) zu liefern,
- bei denen durch die Laserbeaufschlagung nur eine dünne Schicht aufgeschmolzen und mit dem Paneelkorpus verschmolzen wird, während die restliche, dickere Schicht der Kunststoffkante im festphasigen Zustand gehalten wird,
- ohne im Falle des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass das Aufschmelzen der Oberfläche der Kantenbänder mittels Lasers und anschließendem Fügen auf einen Panelkorpus einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff bzw. kurz: dass das Laserfügen in Deutschland für die Klägerin patentrechtlich geschützt ist und daher der separaten Zustimmung der Klägerin bedarf,
- in der Hauptsache erledigt ist.
- 2. dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher dieser dadurch entstanden ist, dass die Beklagte zu 1) in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis 8. Juni 2021 und die Beklagten zu 2) und 3) in der Zeit vom 24. Februar 2020 bis 8. Juni 2021
- Kunststoffkanten, welche dazu geeignet sind, in einem Verfahren zur Herstellung eines Möbelpaneels in Gestalt einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff verwendet zu werden, bei dem auf einem Paneelkorpus eine Kunststoffkante aufgebracht wird, wobei eine Oberfläche der Kunststoffkante aufgeschmolzen und die Kunststoffkante sodann mit ihrer aufgeschmolzenen Oberfläche auf den Paneelkorpus gefügt wird,
- im Geltungsbereich des deutschen Teils des EP[…] Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland (nur Beklagte zu 1)) angeboten und/oder (alle Beklagten) geliefert haben,
- bei dem durch die Laserbeaufschlagung nur eine dünne Schicht aufgeschmolzen und mit dem Paneelkorpus verschmolzen wird, während die restliche, dickere Schicht der Kunststoffkante im festphasigen Zustand gehalten wird,
- ohne im Falle des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass das Aufschmelzen der Oberfläche der Kantenbänder mittels Lasers und anschließendem Fügen auf einen Panelkorpus einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff bzw. kurz: dass das Laserfügen in Deutschland für die Klägerin patentrechtlich geschützt ist und daher der separaten Zustimmung der Klägerin bedarf,
- wobei sich die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1) für die Handlungen in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012 auf die Herausgabe dessen beschränkt, was sie auf Kosten der Klägerin erlangt hat.
- II. Die Beklagten werden verurteilt,
- 1. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I.2. bezeichneten Handlungen begangen haben, die Beklagte zu 1) seit 1. Januar 2013 bis zum 8. Juni 2021, die Beklagten zu 2) und 3) seit 24. Februar 2020 bis zum 8. Juni 2021, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden; - wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege, nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine in elektronischer Form vorzulegen sind, in denen geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
- wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- 2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I.2. bezeichneten Handlungen begangen haben, die Beklagte zu 1) für die Zeit ab 1. Januar 2009 bis zum 8. Juni 2021, die Beklagten zu 2) und 3) für die Zeit ab 24. Februar 2020 bis zum 8. Juni 2021, und zwar unter Angabe
- a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, wobei diejenigen Lieferungen und Abnehmer besonders kenntlich zu machen sind, welche die Kunststoffkanten patentgemäß verwendet haben;
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger;
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie der dafür aufgewandten Kosten;
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns. - III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- 2. Die Kosten der ersten und der zweiten Instanz werden den Beklagten zu 70 % und der Klägerin zu 30 % auferlegt.
- 3. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
- Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR […] und die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
- 4. Die Revision wird nicht zugelassen.
- Gründe
- A.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP[…] (vorgelegt als Anlage K 1a; nachfolgend: Klagepatent), welches am 8. Juni 2001 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 13. Juni 2000 angemeldet und dessen Anmeldung unter dem 19. Dezember 2001 offengelegt wurde. Den Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents machte das Europäische Patentamt am 22. September 2004 im Patentblatt bekannt. - Das Klagepatent wurde in einem Nichtigkeitsverfahren durch das Bundespatentgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 22. September 2015 (vorgelegt als Anlage K 2) in der aus der berichtigten Patentschrift DE […] ersichtlichen Fassung (Anlage K 1b) eingeschränkt aufrechterhalten. Das Klagepatent ist zum 8. Juni 2021 wegen Ablaufs der Schutzdauer erloschen.
- Es betrifft ein Paneel, insbesondere eine Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff, mit einer auf den Paneelkorpus aufgebrachten Kunststoffkante. Ferner betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Paneels. Der für das vorliegende Verfahren maßgebliche unabhängige Verfahrensanspruch 6 lautet wie folgt:
- „Verfahren zur Herstellung eines Möbelpaneels in Gestalt einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff, bei dem auf einem Paneelkorpus (30) eine Kunststoffkante (10) aufgebracht wird, wobei eine Oberfläche der Kunststoffkante (10) aufgeschmolzen und die Kunststoffkante sodann mit ihrer aufgeschmolzenen Oberfläche auf den Paneelkorpus (30) gefügt wird, dadurch gekennzeichnet, dass durch Laserbeaufschlagung nur eine dünne Schicht (12) der Kunststoffkante (10) aufgeschmolzen und mit dem Paneelkorpus verschmolzen wird, während die restliche dickere Schicht (11) der Kunststoffkante (10) im festphasigen Zustand gehalten wird.“
- Die Beklagte zu 1), die vor ihrer Verschmelzung bis zum September 2018 unter […] GmbH firmierte und als deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) seit dem 24. Februar 2020 im Handelsregister eingetragen sind, fertigt und vertreibt unter anderem das Kantenband „[…]“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Die angegriffene Ausführungsform eignet sich neben anderen gängigen Fügeverfahren auch zur Verarbeitung im Laserverfahren, d.h. sie kann mittels Laser auf einem Paneelkorpus im Weg der Aufschmelzung angebracht werden.
- Noch unter ihrer alten Firmierung bewarb die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform bis April 2019 auf ihrer Internetpräsenz (nachfolgend auch: alte Internetseite) wie folgt, wobei die nachfolgend eingeblendeten Textstellen dem als Anlage K 3 zur Akte gereichten Ausdruck dieser Seite vom 29. August 2018 entnommen sind:
- […]
- Die vorstehend wiedergegebenen Angaben/Textstellen befanden sich sämtlich auf der die angegriffene Ausführungsform betreffende Unterseite des alten Internetauftritts, wobei diese Unterseite derart grafisch ausgestaltet war, dass der Betrachter sie nicht auf einer Seite und somit auf einen Blick erfassen konnte, sondern er (nach unten) scrollen musste, um die letztgenannten Textstellen zur Kenntnis nehmen zu können (vgl. zum Aufbau der Seite auch die der Plattform www.web.archive.org entnommenen Screenshots der Unterseite vom […]; vorgelegt als Anlagen BK 1 bis BK 3).
- Neben dem Internetauftritt bewarb die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) die angegriffene Ausführungsform zudem in ihrem Newsletter […] wie aus den Anlagen K 16 und K 24 ersichtlich. Auf einem von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) im Jahr 2013 betriebenen Messestand bewarb diese die angegriffene Ausführungsform mit Blick auf einen möglichen Einsatz im Laserverfahren wie aus der Anlage B 17 ersichtlich.
- In den seitens der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) im Zeitraum vom Mai bis Juli 2016 erstellten Dokumenten wie einem Angebotsschreiben, zweier Auftragsbestätigungen, einem Lieferschein und mehreren Rechnungen, die sämtlich Bezug nehmen auf die angegriffene Ausführungsform und die als Anlagen B 9 und B 11 bis B 16 zur Akte gereicht wurden, finden sich mit Blick auf das Laserfügen Hinweise auf die Klägerin, wie sie der nachfolgend teilweise abgebildeten Auftragsbestätigung (Anlage B 11) und der ebenfalls teilweise abgebildeten Rechnung (Anlage B 13) entnommen werden können:
- […]
- Entsprechende inhaltsgleiche Hinweise finden sich auch auf einer Vielzahl von weiteren von der Beklagten zu 1) bzw. ihrer Rechtsvorgängerin versandten Angebotsschreiben, Auftragsbestätigungen, Lieferscheinen und Rechnungen betreffend den Zeitraum Juli 2016 bis Dezember 2020 (Anlagenkonvolut BK 4).
- Auf einer zuvor unter dem 25. Februar 2016 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) an die Klägerin versandten Rechnung (vorgelegt als Anlage K 17) fehlte ein entsprechender Hinweis.
- Zudem beschrieb die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) die angegriffene Ausführungsform noch in der als Anlage K 23 vorgelegten „[…]“ Verarbeitungsinformationen sowie in den weiteren Veröffentlichungen, die als Anlagen B 10, K 5, K 25 und K 26 zur Akte gereicht wurden. Nachfolgende Seiten 3 und 4 sind der von der Klägerin am 8. Februar 2022 über die Internetseite der Beklagten zu 1) heruntergeladenen Anlage K 23 entnommen, wobei die farblichen Hervorhebungen durch die Klägerin vorgenommen wurden:
- […]
- Die angegriffene Ausführungsform ist seitens der Beklagten zu 1) zudem seit Mai 2019 über ihre Internetweite (nachfolgend auch: neue Internetseite) wie folgt beworben worden:
- […]
- Die Klägerin sieht in dem Angebot und dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland eine mittelbare Verletzung ihres Klagepatents und hat die Beklagten deshalb zunächst auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach in Anspruch genommen. Nach Ablauf des Klagepatents hat sie den Rechtsstreit mit Blick auf ihr Unterlassungsbegehren einseitig für erledigt erklärt und die übrigen Ansprüche in zeitlicher Hinsicht bis zum Schutzrechtsablauf beschränkt.
- Sie hat vor dem Landgericht geltend gemacht, dass die Beklagten – soweit sie überhaupt auf einen für die Klägerin bestehenden Patentschutz hingewiesen hätten – ihren Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen seien. Insbesondere seien die von ihr verwendeten Warnhinweise sowohl mit Blick auf die grafische Ausgestaltung wie auch ihrem Inhalt nach nicht geeignet, einer Patentverletzung durch die Kunden hinreichend entgegenzuwirken. So sei insbesondere auch auf der Umverpackung ein entsprechend grafisch hervorgehobener Warnhinweis anzubringen und im Übrigen von der Beklagten zu 1) zu fordern, dass sie mit ihren Kunden eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abschließe.
- Die Beklagten, die Klageabweisung beantragt haben, sind erstinstanzlich einer mittelbaren Benutzung des Klagepatents dem Grunde nach nicht entgegengetreten, haben jedoch die Ansicht vertreten, sich stets rechtstreu verhalten zu haben. Insbesondere seien die jeweils vorhandenen Warnhinweise ausreichend gewesen, einer Verletzung des Klagepatents in Form des Verfahrensanspruchs 6 entgegenzuwirken. Hierbei sei insbesondere zur berücksichtigen, dass Abnehmer der angegriffenen Ausführungsform ausschließlich fachkundige Unternehmen seien, die auch mit Blick auf entsprechend hohe Investitionskosten und langfristige Lieferbeziehungen Werbeaussagen ernster nehmen würden, als etwa ein Verbraucher. Zudem informiere die Beklagte zu 1) ihre Kunden seit 10 Jahren aktiv über das Klagepatent.
- Mit Urteil vom 7. April 2022 hat das Landgericht in der Sache wie folgt erkannt:
- I. Es wird festgestellt,
- 1. dass der Klageantrag,
- die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an einem ihrer Geschäftsführer zu vollziehen war, zu unterlassen,
- Kunststoffkanten, welche dazu geeignet sind, in einem Verfahren zur Herstellung eines Möbelpaneels in Gestalt einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff verwendet zu werden, bei dem auf einem Paneelkorpus eine Kunststoffkante aufgebracht wird, wobei eine Oberfläche der Kunststoffkante aufgeschmolzen und die Kunststoffkante sodann mit ihrer aufgeschmolzenen Oberfläche auf den Paneelkorpus gefügt wird,
- im Geltungsbereich des deutschen Teils des EP[…] Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland (nur Beklagte zu 1)) anzubieten und/oder (alle Beklagten) zu liefern,
- bei denen durch die Laserbeaufschlagung nur eine dünne Schicht aufgeschmolzen und mit dem Paneelkorpus verschmolzen wird, während die restliche, dickere Schicht der Kunststoffkante im festphasigen Zustand gehalten wird,
- ohne im Falle des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass das Aufschmelzen der Oberfläche der Kantenbänder mittels Lasers und anschließendem Fügen auf einen Panelkorpus einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff bzw. kurz: dass das Laserfügen in Deutschland für die Klägerin patentrechtlich geschützt ist und daher der separaten Zustimmung der Klägerin bedarf,
- und
- ohne im Falle des Lieferns auf der Verpackung des Kantenbands ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass das Aufschmelzen der Oberfläche der Kantenbänder mittels Lasers und anschließendem Fügen auf einen Panelkorpus einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff bzw. kurz: dass das Laserfügen in Deutschland für die Klägerin patentrechtlich geschützt ist und daher der separaten Zustimmung der Klägerin bedarf,
- in der Hauptsache erledigt ist.
- 2. die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher dieser dadurch entstanden ist, dass die Beklagte zu 1) in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis 8. Juni 2021 und die Beklagten zu 2) und 3) in der Zeit vom 24. Februar 2020 bis 8. Juni 2021
- Kunststoffkanten, welche dazu geeignet sind, in einem Verfahren zur Herstellung eines Möbelpaneels in Gestalt einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff verwendet zu werden, bei dem auf einem Paneelkorpus eine Kunststoffkante aufgebracht wird, wobei eine Oberfläche der Kunststoffkante aufgeschmolzen und die Kunststoffkante sodann mit ihrer aufgeschmolzenen Oberfläche auf den Paneelkorpus gefügt wird,
- im Geltungsbereich des deutschen Teils des EP[…] Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland (nur Beklagte zu 1)) angeboten und/oder (alle Beklagten) geliefert haben,
- bei dem durch die Laserbeaufschlagung nur eine dünne Schicht aufgeschmolzen und mit dem Paneelkorpus verschmolzen wird, während die restliche, dickere Schicht der Kunststoffkante im festphasigen Zustand gehalten wird,
- ohne im Falle des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass das Aufschmelzen der Oberfläche der Kantenbänder mittels Lasers und anschließendem Fügen auf einen Panelkorpus einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff bzw. kurz: dass das Laserfügen in Deutschland für die Klägerin patentrechtlich geschützt ist und daher der separaten Zustimmung der Klägerin bedarf,
- und
- ohne im Falle des Lieferns auf der Verpackung der Kunststoffkanten ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass das Aufschmelzen der Oberfläche der Kantenbänder mittels Lasers und anschließendem Fügen auf einen Panelkorpus einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff bzw. kurz: dass das Laserfügen in Deutschland für die Klägerin patentrechtlich geschützt ist und daher der separaten Zustimmung der Klägerin bedarf,
- wobei sich die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1) für die Handlungen in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012 auf die Herausgabe dessen beschränkt, was sie auf Kosten der Klägerin erlangt hat.
- II. Die Beklagten werden verurteilt,
- 1. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu I. 2. bezeichneten Handlungen begangen haben, die Beklagte zu 1) seit 1. Januar 2013 bis zum 8. Juni 2021, die Beklagten zu 2) und 3) seit 24. Februar 2020 bis zum 8. Juni 2021, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden; - wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege, nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine in elektronischer Form vorzulegen sind, in denen geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
- wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- 2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu I. 2. bezeichneten Handlungen begangen haben, die Beklagte zu 1) für die Zeit ab 1. Januar 2009 bis zum 8. Juni 2021, die Beklagten zu 2) und 3) für die Zeit ab 24. Februar 2020 bis zum 8. Juni 2021, und zwar unter Angabe
- a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, wobei diejenigen Lieferungen und Abnehmer besonders kenntlich zu machen sind, welche die Kunststoffkanten patentgemäß verwendet haben;
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger;
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie der dafür aufgewandten Kosten;
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns. - III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
- Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte zu 1) bzw. ihre Rechtsvorgängerin die angegriffene Ausführungsform nicht nur für eine patentfreie Verwendung beworben habe, sondern gleichrangig auch für einen Einsatz beim Laserfügen, lägen – neben den unstreitig vorliegenden objektiven Voraussetzungen – dem Grunde nach auch die subjektiven Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung vor, da die Beklagten gewusst hätten, dass jedenfalls ein Teil ihrer Kunden die Lasertechnologie zum Anbringen des Kantenbandes einsetze. Soweit die Parteien darüber stritten, ob die seitens der Beklagten verwendeten Warnhinweise die sichere Erwartung einer patentgemäßen Verwendung durch die Abnehmer ausschließe, müsse zwischen den einzelnen beanstandeten Handlungen unterschieden werden.
- Mit Blick auf den alten Internetauftritt der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1), wie er der Anlage K 3 entnommen werden könne, seien die Warnhinweise, insbesondere der Sternchenhinweis am Ende der Internetseite, nicht geeignet gewesen, die Abnehmer von einer Verwendung der angegriffenen Ausführungsform auch im Rahmen des Laserfügens und damit von einer Patentverletzung abzuhalten. Der erste Hinweis im Fließtext auf Seite 3 der Anlage K 3 weise keine Verbindung zur Lehre des Klagepatents auf, vielmehr erschöpfe er sich in der Wiedergabe einer Selbstverständlichkeit. Der am Ende der Internetseite befindliche Sternchenzusatz, der zum Schlagwort „Lasertechnologie*“ gehöre, genüge bereits auf Grund seiner Positionierung nicht, da der Betrachter diesen Zusatz erst aktiv suchen müsse und es damit vom Zufall abhinge, ob er ihn überhaupt zur Kenntnis nehme.
- Mangels Fehlen eines Warnhinweises seien die beiden als Anlagen K 16 und K 24 zur Akte gereichten Newsletter sowie die als Anlage K 25 und K 26 vorgelegten Veröffentlichungen als patentverletzende Angebotshandlungen zu qualifizieren. Soweit die Beklagten einen Warnhinweis auf ihrem Messestand angebracht hätten (Anlage B 17), genüge dieser zwar den inhaltlichen Anforderungen an einen Warnhinweis, auf Grund der im Verhältnis zum Piktogramm „Laser“ deutlich kleineren grafischen Gestaltung sei aber nicht sichergestellt, dass der Betrachter diesen Hinweis wahrnehme.
- Anders verhalte es sich indes mit Blick auf die neue, ab Mai 2019 abrufbare Homepage der Beklagten zu 1), wie sie der Anlage B 8 entnommen werden könne. Zwar seien auch hier die Schlagworte „Laser“ und „Laserstrahl“ mit einem Sternchenzusatz versehen, indes sei in beiden Fällen der Warnhinweis in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang angebracht, vorliegend direkt unterhalb des jeweiligen Absatzes. Auch inhaltlich sei der Warnhinweis nicht zu beanstanden, da sowohl auf den patentrechtlich geschützten Einsatz beim Laserfügen wie auch auf die Patentinhaberin verwiesen werden. Damit seien die Anforderungen an einen klaren und gut sichtbaren Warnhinweis erfüllt.
- Gleiches gelte für die Warnhinweise, welche in den geschäftlichen Dokumenten wie Angebotsschreiben (Anlagen B 9) enthalten seien, sowie für die als Anlage B 10 vorgelegte Broschüre. Soweit die Beklagten die angegriffene Ausführungsform auch lieferten, genüge ein Warnhinweis auf Auftragsbestätigungen (B 11 und B 14), Lieferscheinen (Anlagen B12 und B 16) und Rechnungen (Anlagen B 13 und B 15) indes nicht, vielmehr sei ein entsprechender Warnhinweis auch auf der Umverpackung anzubringen.
- Entgegen der Ansicht der Klägerin könne von den Beklagten neben dem Anbringen von Warnhinweisen nicht auch noch die Abnahme eines Vertragsstrafeversprechens seitens ihrer Abnehmer verlangt werden, da es sich insoweit um einen weitreichenden Eingriff in den Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1) handele, der nur unter besonderen Umständen gerechtfertigt sei, insbesondere dann, wenn anzunehmen sei, dass die Abnehmer die Warnhinweise nicht ernst nehmen würden.
- Soweit die Beklagten zu 2) und 3) dem Grunde nach für Verletzungshandlungen der Beklagte zu 1) hafteten, könnten entsprechende Angebotshandlungen nach Bestellung der beiden zu Geschäftsführern der Beklagten zu 1) im Februar 2020 nicht festgestellt werden, da alle patentverletzenden Angebotshandlungen davor stattgefunden hätten. Anders sei dies mit Blick auf die Lieferhandlungen zu bewerten, da die Beklagten nicht vorgetragen hätten, welche (Warn-)Maßnahmen sie (auch) bei den Lieferungen im Jahr 2020 getroffenen haben wollen.
- Das Landgericht hat ferner angenommen, dass für solche Ansprüche, die vor dem 1. Januar 2013 entstanden sind, die seitens der Beklagten erhobene Verjährungseinrede greife mit der Folge, dass die Klägerin insoweit auf einen Restschadensersatzanspruch beschränkt sei.
- Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts vom 7. April 2022 Bezug genommen, § 540 ZPO.
- Gegen dieses am Tag der Verkündung zugestellte Urteil haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 3. Mai 2022, beim Oberlandesgericht am gleichen Tage eingegangen, Berufung eingelegt. Mit ihrer Berufung wenden sie sich nur insoweit gegen das Urteil des Landgerichts, als dieses eine Verurteilung und Feststellungen für den Zeitraum ab dem 25. Mai 2016 umfasst. Die Beklagten verfolgen insoweit ihre Klageabweisungsbegehren weiter.
- Unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens begründen sie die Berufung im Wesentlichen wie folgt:
- Sie hätten das Klagepatent jedenfalls seit Mai 2016 weder durch Angebots- noch durch Lieferhandlungen verletzt. Insoweit behaupten sie, die Beklagte zu 1) habe den Vertrieb der (von ihr auch hergestellten) angegriffenen Ausführungsform bereits im Januar 2019 mit Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland insoweit eingestellt, als Lieferungen nur noch an solche Kunden erfolgt seien, die keine Laserbekanntungsanlage verwendet hätten. Dabei habe die Beklagte zu 1) nur bei zwei Bestellungen aus dem Jahr 2020, wie sie in der Anlage K 12 aufgeführt seien, übersehen, dass diese von einem inländischen Kunden stammten, der eine Laserbekantungsanlage einsetzte.
- Weiter sei zu berücksichtigten, dass sämtliche vom Landgericht als patentverletzend eingestuften Handlungen aus einem Zeitraum vor Mai 2016 stammten. Einzig die ebenfalls vom Landgericht als patentverletzend angenommene alte Internetpräsenz sei bis April 2019 betrieben worden und somit auch bis dahin abrufbar gewesen. Das Landgericht habe den Warnhinweis auf der alten Internetseite allein aus formalen und nicht aus inhaltlichen Gründen als unzureichend beanstandet, dabei indes verkannt, dass der Interessent und Betrachter der Internetseite den Warnhinweis keinesfalls nur zufällig hätte finden können. Insoweit sei der Ausdruck der Internetseite in Form der Anlage K 3 irreführend, da der Ausdruck den Eindruck erwecke, dass diese Seite grafisch langgestreckt aufgebaut gewesen sei. Der Aufbau der Seite habe indes vielmehr der Gestaltung der neuen Internetseite entsprochen, wie er der Anlage B 8 zu entnehmen sei und was sich auch aus den Screenshots der Anlagen BK 1 bis BK 3 ergebe. Zudem habe die Beklagte zu 1) mittels zweier Sternchen („*“) darauf hingewiesen, dass es bei dem Laserfügen Besonderheiten zu beachten gebe. Hierbei sei das Landgericht zunächst noch zutreffend davon ausgegangen, dass Angebote, die sich an interessierte Fachkreise richteten, mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen würden. Dies gelte dann aber auch für die beanstandete alte Internetseite, zumal die Kunden der Beklagten zu 1) durch die Anschaffung entsprechender Fertigungsstraßen – insoweit unstreitig – erhebliche Investitionen tätigten und sie daher für etwaige Warnhinweise besonders sensibilisiert seien. Hinzu käme, dass die Beklagte zu 1) ihre Kunden seit dem Jahr 2012 bereits im Rahmen von ersten Geschäftsanberaumungsgesprächen durchgehend auf das Klagepatent hingewiesen und ferner seit Mai 2016 jedes Angebots-, Rechnungs- und/oder Lieferschreiben betreffend die angegriffene Ausführungsform einen [..]-System der Beklagten zu 1) hinterlegten und dadurch automatisch generierten Warnhinweis enthalten habe. Die Annahme, dass dieser automatisch erzeigte Warnhinweis im Einzelfall ggf. händisch wieder entfernt worden sei, sei lebensfremd.
- Verfehlt sei auch die Ansicht des Landgerichts, dass zusätzlich zu den Hinweisen in bzw. auf den Lieferscheinen und Rechnungen auch noch ein weiterer Warnhinweis auf der Umverpackung der angegriffenen Ausführungsform erforderlich sei. Soweit das Landgericht – ebenso wie die Klägerin – Bezug nehme auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe, sei der dieser Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt mit dem hiesigen Fall nicht vergleichbar. In dem vom Oberlandesgericht Karlsruhe entschiedenen Fall sei es um den Vertrieb von Satellitenrecievern an Endverbraucher gegangen, die entsprechenden Warnhinweisen in beigelegten Informationsblättern in der Regel wenig bis gar keine Aufmerksamkeit schenkten, so dass ein expliziter Warnhinweis auch auf der Umverpackung erforderlich sei. Anders sei es hingegen bei fachkundigen Unternehmen, die stets sämtliche Hinweise in Werbe- und Angebotsunterlagen zur Kenntnis nehmen würden. Weiterhin biete eine (weitere) Warnung auf der Umverpackung auch keinen Mehrwert, da die Umverpackung nur von den Mitarbeitern in der Produktion und nicht von den Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen werde. Diese würden in erster Linie auf Warnhinweise in Angebotsschreiben reagieren.
- Auch ohne expliziten Vortrag sei für das Landgericht zu erkennen gewesen, dass die Beklagte auch bei den im Jahr 2020 erstellten Angeboten und Lieferungen entsprechende Warnhinweise angebracht habe. Jedenfalls hätte das Landegericht die Beklagten auf den fehlenden diesbezüglichen Vortrag hinweisen müssen.
- Die Beklagten beantragen,
- unter Abänderung des am 7. April 2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf – Az.: 4b O 107/20 –
- 1. festzustellen, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher dieser dadurch entstanden ist, dass die Beklagte zu 1) in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 24. Mai 2016
- Kunststoffkanten, welche dazu geeignet sind, in einem Verfahren zur Herstellung eines Möbelpaneels in Gestalt einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff verwendet zu werden, bei dem auf einem Paneelkorpus eine Kunststoffkante aufgebracht wird, wobei eine Oberfläche der Kunststoffkante aufgeschmolzen und die Kunststoffkante sodann mit ihrer aufgeschmolzenen Oberfläche auf den Paneelkorpus gefügt wird,
- im Geltungsbereich des deutschen Teils des EP[…] Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und/oder geliefert hat,
- bei dem durch die Laserbeaufschlagung nur eine dünne Schicht aufgeschmolzen und mit dem Paneelkorpus verschmolzen wird, während die restliche, dickere Schicht der Kunststoffkante im festphasigen Zustand gehalten wird,
- ohne im Falle des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass das Aufschmelzen der Oberfläche der Kantenbänder mittels Lasers und anschließendem Fügen auf einen Panelkorpus einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff bzw. kurz: dass das Laserfügen in Deutschland für die Klägerin patentrechtlich geschützt ist und daher der separaten Zustimmung der Klägerin bedarf,
- und
- ohne im Falle des Lieferns auf der Rechnung und dem Lieferschein zu den Kunststoffkanten ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass das Aufschmelzen der Oberfläche der Kantenbänder mittels Lasers und anschließendem Fügen auf einen Panelkorpus einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff bzw. kurz: dass das Laserfügen in Deutschland für die Klägerin patentrechtlich geschützt ist und daher der separaten Zustimmung der Klägerin bedarf, wobei sich die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1) für die Handlungen in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012 auf die Herausgabe dessen beschränkt, was sie auf Kosten der Klägerin erlangt hat;
- 2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagte zu 1) seit 1. Januar 2013 bis zum 24. Mai 2016 die zu 1. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe
- a. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
- c. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
- wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege, nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine in elektronischer Form vorzulegen sind, in denen geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
- wobei es der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte zu 1) dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- 3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte zu 1) seit 1. Januar 2009 bis zum 24. Mai 2016 die zu 1. bezeichneten Handlungen begangen haben, und zwar unter Angabe
- a. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, wobei diejenigen Lieferungen und Abnehmer besonders kenntlich zu machen sind, welche die Kunststoffkanten patentgemäß verwendet haben;
- b. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger;
- c. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie der dafür aufgewandten Kosten;
- d. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns; sowie
- 4. die Klage im Übrigen abzuweisen.
- Die Klägerin beantragt,
- die Berufung zurückzuweisen;
- hilfsweise
- Ziffer I.2. des Tenors mit der Maßgabe zu bestätigen, dass es im vorletzten Absatz heißt:
- „ohne im Falle des Lieferns auf der Verpackung der Kunststoffkanten oder in der Rechnung und dem Lieferschein ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass das Aufschmelzen der Oberfläche der Kantenbänder mittels Lasers und anschließendem Fügen auf einen Panelkorpus einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff bzw. kurz: dass das Laserfügen in Deutschland für die Klägerin patentrechtlich geschützt ist und daher der separaten Zustimmung der Klägerin bedarf,“.
- Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil als zutreffend.
- Sie bestreitet weiter mit Nichtwissen, dass die Beklagten zu 1) ihre Rechnungen und Lieferscheine seit Mai 2016 stets mit einem Warnhinweis versehen und dass sie ihre Kunden seit dem Jahr 2012 im Rahmen von Geschäftsanberaumungsgesprächen stets auf das Klagepatent hingewiesen haben will.
- Sie meint ferner, dass ein (weiterer) Warnhinweis auf der Verpackung in jeden Fall erforderlich sei, da es der innerbetrieblichen Übung in Unternehmen entspreche, dass Mitarbeiter in der Produktion, selbst wenn es sich nur um Auszubildende handeln sollte, ihre Vorgesetzten über etwaige Warnhinweise informierten. Diese würde dies dann umgehend an die Geschäftsleitung und/oder die (patent-)anwaltlichen Vertreter weitergeben. Unabhängig davon seien die vermeintlich vorhandenen Warnhinweise auf den Rechnungen und Lieferscheinen formal ungenügend, da sie entgegen der vom BGH in seiner Entscheidung „Kraftfahrzeugfelgen II“ niedergelegten Auffassung nicht hervorgehoben und damit blickfangmäßig angebracht seien. Wie ein entsprechender Warnhinweis auszusehen habe, zeige auch die neue Internetseite der Beklagten zu 1), die mit Blick auf den Datenschutz ein Pop-up-Fenster enthielte.
- Ausweislich der als Anlage K 43 vorgelegten Aufstellung der Beklagten seien mit der angegriffenen Ausführungsform auch in den Jahren 2020 und 2021 erhebliche Umsätze generiert worden, so dass auch eine Haftung der Beklagten zu 2) und 3) anzunehmen sei.
- Die Klägerin hat in ihrer fristgerecht bei Gericht eingegangenen Erwiderung auf die Berufungsbegründung der Beklagten mit Blick auf ihren hilfsweise gestellten Antrag erklärt, dass es sich um eine Anschlussberufung handelt, falls der Senat eine entsprechende Notwendigkeit für dieses Rechtsmittel sehe.
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
- B.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache nur im tenorierten Umfang Erfolg. - I.
Die Berufung der Beklagten, mit der diese sich nur gegen die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung im Zeitraum ab dem 25. Mai 2016 bis zum Schutzrechtsablauf am 8. Juni 2021 wenden, hat nur teilweise Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht auch für diesen Zeitraum patentverletzende Angebotshandlungen festgestellt, die die ausgeurteilten Ansprüche auf Schadensersatzfeststellung sowie Auskunft und Rechnungslegung stützen. Einer Abänderung des Urteils bedurfte es indes insoweit, als Warnhinweise auf der (Um-)Verpackung der angegriffenen Ausführungsform nicht erforderlich sind und im streitgegenständlichen Zeitraum keine patentverletzenden Lieferhandlungen der Beklagten festgestellt werden können. Infolgedessen war auch die auf die einseitig gebliebene Teilerledigungserklärung der Klägerin vom Landgericht getroffene Feststellung, dass der auf Unterlassung gerichteter Klageantrag in der Hauptsache erledigt ist, entsprechend abzuändern. - 1)
Das Landgericht hat zunächst zutreffend angenommen, dass die objektiven Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung nach § 10 Abs. 1 PatG durch das Anbieten und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform vorliegen, es sich bei dieser um ein wesentliches Element der Erfindung, hier des unabhängigen Verfahrensanspruchs 6, handelt, welche von der Beklagten zu 1) im Inland angeboten und geliefert wurde und das auf Grund seiner objektiven Eignung in dem geschützten Verfahren im Inland eingesetzt werden kann. Die Beklagten haben hiergegen nichts erinnert, weswegen sich hierzu weitere Ausführungen des Senats erübrigen. - 2)
Auch die subjektiven Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung liegen vor, jedenfalls soweit die angegriffene Ausführungsform bis April 2019 in der aus der Anlage K 3 bzw. BK 1 bis BK 3 ersichtlich Form über die alte Internetseite sowie in der bis zum Schutzrechtsablauf im Internet abrufbaren Verarbeitungsinformation der Anlage K 23 angeboten wurde. - a)
Gemäß § 10 Abs. 1 PatG stellt das Anbieten und/oder Liefern eines wesentlichen Elementes der Erfindung nur dann eine die Rechtsfolgen der §§ 139ff. PatG auslösende mittelbare Patentverletzung dar, wenn der Verletzer weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, dass dieses Mittel dazu geeignet und bestimmt ist, im Rahmen der geschützten Lehre verwendet zu werden. - Damit sind grundsätzlich zwei Alternativen eröffnet, das nach dem gesetzlichen Tatbestand erforderliche subjektive Moment festzustellen. Entweder ist dem Dritten bekannt, dass der Abnehmer die Mittel zur patentgemäßen Benutzung bestimmt hat, oder aus der Sicht des Dritten ist bei objektiver Betrachtung nach den Umständen mit hinreichender Sicherheit zu erwarten (ist „offensichtlich”), dass der Abnehmer die angebotenen oder gelieferten Mittel zur patentverletzenden Verwendung bestimmen wird (BGH, GRUR 2006, 839 – Deckenheizung). Kenntnis und Offensichtlichkeit sind damit zwei Wege, einen Tatbestand festzustellen, der es – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung – rechtfertigt, dem Dritten die in dem Angebot oder der Lieferung liegende objektive Gefährdung des Ausschließlichkeitsrechts des Patentinhabers auch subjektiv als Verletzungshandlung zuzurechnen (BGH, GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat; OLG Düsseldorf Urt. v. 5. März 2020, Az. I-15 U 52/19 jeweils m.w.N.).
- Ob ein Mittel dazu „bestimmt“ ist, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, wird nicht an Hand objektiver Maßstäben bemessen, sondern hängt von der subjektiven Willensrichtung des Angebotsempfängers oder Belieferten ab. Denn die Bestimmung zur Benutzung der Erfindung ist ein in der Sphäre des Abnehmers liegender Umstand, der die alleinige Verfügungsmacht über den gelieferten Gegenstand besitzt und der daher allein die Entscheidung treffen kann, wie das ihm angebotene und/oder gelieferte Mittel verwendet wird. Sie setzt daher einen entsprechenden Handlungswillen des Angebotsempfängers oder Belieferten im Zeitpunkt der Vornahme einer mittelbaren Patentverletzung durch den Anbietenden oder Lieferanten voraus (BGH, GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug; GRUR 2006, 839 – Deckenheizung; OLG Düsseldorf, Urt. v. 23. Juni 2022, Az. I-2 U 34/21, GRUR-RS 2022, 16149 – Trocknungsverfahren; Urt. v. 19. Februar 2015, Az. I-15 U 39/14, GRUR-RR 2016, 97 – Primäre Verschlüsselungslogik; Urt. v. 13. Februar 2014, Az. I-2 U 93/12, BeckRS 2014, 5736 – Folientransfermaschine).
- Die Darlegungs- und Beweislast für die Verwendungsbestimmung des Abnehmers trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der Kläger (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23. Juni 2022, Az. I-2 U 34/21, GRUR-RS 2022, 16149 – Trocknungsverfahren; Urt. v. 19. Februar 2015, Az. I-15 U 39714, GRUR-RR 2016, 97 – Primäre Verschlüsselungslogik; Voß/BeckOK, PatR, 27. Edition 2023, Vor §§ 139-142b PatG, Rz. 126; Scharen, GRUR 2001, 995). Da dieses Tatbestandsmerkmal schwer darzulegen und zu beweisen ist, lässt sich § 10 Abs. 1 PatG entnehmen, dass es zum Nachweis des Handlungswillens des Abnehmers und der Kenntnis und des Wollens des Anbietenden oder Lieferanten genügt, dass das Bestimmtsein der Mittel zur unmittelbar patentverletzenden Verwendung – im Zeitpunkt des Angebots bzw. der Lieferung – auf Grund der Umstände offensichtlich ist. Dies ist der Fall, wenn bei objektiver Betrachtung aus Sicht des Anbietenden bzw. Liefernden die hinreichend sichere Erwartung besteht bzw. bestehen muss, dass der Abnehmer die angebotenen oder gelieferten Mittel zur patentverletzenden Verwendung bestimmen wird (BGH, GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat; GRUR 2006, 839 – Deckenheizung; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. Februar 2015, Az. I-15 U 39/14, GRUR-RR 2016, 97 – Primäre Verschlüsselungslogik; Urt. v. 7. Juli 2016, Az. I-2 U 5/14, GRUR-RS 2016, 21120 – Ceroxid-Nanodispersionen; Urt. v. 13. Februar 2014, Az. I-2 U 93/12, BeckRS 2014, 5736 – Folientransfermaschine; OLG Karlsruhe, Urt. v. 8. Mai 2013, Az. 6 U 34/12, GRUR 2014, 59 – MP2-Geräte).
- In diesem Rahmen kann vom Verletzungsgericht auf objektive Indizien sowie auf Erfahrungen des täglichen Lebens zurückgegriffen werden (BGH, GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug; GRUR 2006, 839 – Deckenheizung; GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat; OLG Düsseldorf, Urt. v. 23. Juni 2022, Az. I-2 U 34/21, GRUR-RS 2022, 16149 – Trocknungsverfahren; Urt. v. 19. Februar 2015, Az. I-15 U 39714, GRUR-RR 2016, 97 – Primäre Verschlüsselungslogik). Von Bedeutung sind dabei insbesondere das Maß der Eignung des Mittels für den patentgemäßen Gebrauch und für andere, patentfreie Zwecke, die übliche Verwendung und Anwendungshinweise des Liefernden (OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. Februar 2015, Az. I-15 U 39/14, GRUR-RR 2016, 97 – Primäre Verschlüsselungslogik; Urt. v. 13. Februar 2014, Az. I-2 U 93/12, BeckRS 2014, 5736 – Folientransfermaschine). So ist eine Verwendungsbestimmung abgesehen von den Fällen ausschließlich patentgemäß einsetzbarer Mittel regelmäßig zu bejahen, wenn der Lieferant in einer Gebrauchsanweisung, Bedienungsanleitung oder dergleichen auf die Möglichkeit der patentgemäßen Verwendung hinweist oder diese gar empfiehlt (BGH, GRUR 2006, 839 – Deckenheizung; GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat). Gleiches kann gelten, wenn ein Mittel infolge seiner technischen Eigenart und Zweckbestimmung auf eine zu einem Patenteingriff führende Benutzung zugeschnitten und zu einem entsprechenden Gebrauch angeboten wird (BGH, GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug). Ist das Mittel sowohl patentgemäß als auch patentfrei einsetzbar, kommt es auf den Inhalt der Gebrauchsanweisung oder dergleichen an (BGH, GRUR 2001, 228 – Luftheizgerät; GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug; GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat).
- Bedeutung gewinnen könne in diesem Zusammenhang zudem Vorkehrungen des Anbietenden bzw. Lieferanten, aus denen erkennbar ist, dass er das Mittel nicht für eine Verwendung im Zusammenhang mit der patentierten Erfindung anbietet oder liefert (Rinken/Schulte, PatG, 11. Auflage 2022, § 10 Rz. 22). Als derartige Vorkehrungen können sich Warnhinweise darstellen, die geeignet und ausreichend sind, um hinreichend sicher erwarten zulassen, dass Patentverletzungen zukünftig verhindert werden. Erteilt der Anbietende bzw. Lieferant derartige Warnhinweise, kann eine Verwendungsbestimmung nicht mehr ohne weiteres angenommen werden (Scharen/Benkard, PatG, 11. Auflage 2015, § 10 Rz. 8). Es müssen dann vielmehr weitere Tatsachen hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass die Angebotsempfänger oder Abnehmer die Warnhinweise missachten bzw. unberücksichtigt lassen. Als weitere taugliche Maßnahme kann im Einzelfall auch der Abschluss einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtungsvereinbarung mit dem Abnehmer bzw. Belieferten in Betracht kommen, die ggf. mit der Zahlung einer Vertragsstrafe an den Schutzrechtsinhaber für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsvereinbarung verbunden wird (OLG Düsseldorf, Urt. v. 25. Februar 2021, Az. I-2 U 1/20; Rinken/Schulte, a.a.O., § 10, Rz. 40). Welche Maßnahmen im Einzelfall geboten und angemessen sind, hängt von den jeweiligen tatrichterlich zu würdigenden Umständen ab, wobei insbesondere von Bedeutung ist, wie groß die Wahrscheinlichkeit einer patentgemäßen Benutzung ist, welche Vorteile mit ihr verbunden sind und wie die Beweismöglichkeiten für den Schutzrechtsinhaber einzuschätzen sind (BGH, GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat).
- b)
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe und des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren erweisen sich für den hier noch streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 25. Mai 2016 bis zum Schutzrechtsablauf und mit Blick auf die Verletzungshandlung des Anbietens eines wesentlichen Mittels im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG nur die alte Internetseite der Beklagten sowie die Verarbeitungsinformation der Anlage K 23 als nicht tauglich, die Verwendung der angegriffenen Ausführungsform im Rahmen des patentgemäßen Laserfügens hinreichend sicher auszuschließen. - aa)
Die Beklagte zu 1) bzw. ihre Rechtsvorgängerin hat – was auch das Landgericht festgestellt hat – die angegriffene Ausführungsform durchgängig für alle gängige Fügetechnologien und explizit auch für den klagepatentgemäßen Einsatz beim Laserfügen beworben. Damit war es für die Beklagten offensichtlich, dass es bei ihren Abnehmern bzw. den von ihr belieferten Unternehmen auch zu einer patentgemäßen Verwendung der angegriffenen Ausführungsform kommen wird. In Streit steht daher zwischen den Parteien auch nur, ob die Beklagten hinreichende Maßnahmen getroffen haben, der Patentverletzung durch ihre Abnehmer entgegenzuwirken. Zu Recht hat das Landgericht mit Blick darauf, ob die von den Beklagten gewählten Warnhinweise ausreichend sind, zwischen den verschiedenen, den Beklagten seitens der Klägerin vorgeworfenen Handlungen differenziert. - bb)
Die Beklagten haben das Urteil des Landgerichts nur insoweit angefochten, als es eine Verurteilung der Beklagten ab dem 25. Mai 2016 umfasst. Deshalb bedarf es keiner weiteren Ausführungen des Senats zu Handlungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) vor diesem Zeitpunkt, da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass – mit Ausnahme der nachfolgend noch zu thematisierenden alten Internetseite – diese Handlungen noch in den entscheidungserheblichen Zeitraum fortgewirkt haben. - cc)
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die bis in den April 2019 hinein abrufbare alte Internetseite der Beklagten zu 1) bzw. ihrer Rechtsvorgängerin (Anlagen K 3 bzw. BK 1 bis BK 3) und die dort vorhandenen (Warn-)Hinweise als nicht hinreichend für den Ausschluss der Verwendungsbestimmung erachtet. - (1)
Wie dem einleitenden Absatz der alten Internetseite entnommen werden kann, hat die Beklagte zu 1) bzw. ihre Rechtsvorgängerin die angegriffene Ausführungsform als kompatibel mit „allen zur Zeit gängigen Fügetechnologien* und Wärmequellen“ beworben. Dabei solle die angegriffene Ausführungsform neben der „Lasertechnologie*, Plasma-, NIR und der neuen Mikrowellen-Technik“ auch für die „Verarbeitung mit dem Hot-Air-Verfahren ideal“ abgestimmt sein. Die Internetseite differenziert insoweit nicht zwischen den einzelnen Fügetechnologien, die vielmehr als ‚gleichrangig‘ angesehen werden. Durch die Angabe, dass die angegriffene Ausführungsform für sämtliche dieser Fügeverfahren abgestimmt sei, enthält die Werbung damit einen ausdrücklichen Hinweis auf die patentgemäße Nutzungsmöglichkeit. Ob die angegriffene Ausführungsform bei den Adressaten der Werbung und damit den Kunden der Beklagten zu 1) auch im Rahmen des Aufschmelzens des Kantenbandes mittels Laser eingesetzt wird, hängt in erster Linie davon ab, welche Fügetechnologie bei den Kunden vorhanden ist bzw. welche Maschinen und Vorrichtung dort eingesetzt werden (sollen). - (2)
Dieser offensichtliche Umstand wird nicht durch die auf der Internetseite vorhandenen (Warn-)Hinweise verhindert, die entweder inhaltlich nicht den Anforderungen an einen Warnhinweis genügen und/oder hinsichtlich derer nicht die Feststellung getroffen werden kann, dass sie von den Kunden der Beklagten mit hinreichender Sicherheit zur Kenntnis genommen werden. - (2.1.)
Grundsätzlich sind Warnhinweise derart auf der Ware oder in entsprechenden Dokumenten und Werbeunterlagen anzubringen, dass diese ihre (Warn-)Funktion auch mit der erforderlichen Sicherheit erfüllen können. Inhaltlich setzt ein ordnungsgemäßer Warnhinweis daher voraus, dass der Adressat in ihm verständlichen Worten darauf aufmerksam gemacht wird, dass eine bestimmte Verwendung des beworbenen und gelieferten Gegenstandes Schutzrechte Dritter verletzt und er daher auf deren Zustimmung angewiesen ist (zum Ausreichen allgemein gehaltener Warnhinweise: OLG Düsseldorf, Urt. v. 25. Februar 2021, Az. I-2 U 1/20; Urt. v. 7. Juli 2016, Az. I-2 U 5/14, GRUR-RS 2016, 21120 – Ceroxid-Nanodispersionen; Urt. v. 17. November 2005, Az. I-2 U 35/04 – Kaffee-Filterpads). Neben den inhaltlichen Anforderungen, die an einen ordnungsgemäßen Warnhinweis zu stellen sind, muss der Warnhinweis in formaler Hinsicht gut sichtbar und in einem räumlich-inhaltlichen Zusammenhang mit der Darstellung der patentgemäßen Verwendung angebracht werden (BGH, GRUR 2018, 1246 – Kraftfahrzeugfelgen II). - Für die Frage, welche inhaltliche und formale Ausgestaltung der Warnhinweis aufweisen muss, um seine Funktion zu erfüllen, muss im jeweiligen Einzelfall auch der Empfängerhorizont des Adressatenkreises des Warnhinweises berücksichtigt werden. Hierbei ist insbesondere zwischen solchen Warnhinweisen zu differenzieren, die von privaten Verbrauchern zur Kenntnis genommen werden, und solchen Warnhinweisen, die sich an (Fach-)Unternehmen richten. Während sich ein Endverbraucher, dem in der Regel gemäß § 11 Nr. 1 PatG kein Vorwurf einer Patentverletzung gemacht werden kann, nur sehr wenige bis gar keine Gedanken darüber macht, ob ein vom ihm erworbenes Produkt ggf. in die Schutzrechte Dritter eingreift (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 25. Februar 2009, Az. 6 U 182/06, BeckRS 2010, 6213), stellt sich dies bei einem Unternehmen anders dar. Denn Fachunternehmen werden schon aus eigenen wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen regelmäßig bemüht sein, Patentverletzungen zu vermeiden (BGH, GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat).
- Ist ein Warnhinweis vorhanden, obliegt es – entsprechend den oben gemachten Ausführungen zur Darlegungs- und Beweislast für die Verwendungsbestimmung – der klagenden Partei darzutun und ggf. zu beweisen, dass der Warnhinweis nicht geeignet ist, zukünftige Patentverletzungen der Angebotsempfänger sicher zu verhindern. Daraus folgt, dass es grundsätzlich an der Klägerin ist, unter Darlegung von Tatsachen vorzubringen, wie der Verkehr bzw. das Fachpublikum das beanstandete Angebot versteht. Insoweit genügt ein schlichtes Bestreiten der von den Beklagten behaupteten Wirkungen des Warnhinweises in der Regel nicht, insbesondere wenn es sich bei der Bestreitenden um ein Fachunternehmen handelt, welches selbst über eigene Kenntnisse und ein eigenes Verständnis des Warnhinweises verfügt.
- (2.2.)
Die vorliegend streitgegenständliche alte Internetseite richtet sich nach den unangefochtenen Feststellungen des Landgerichts unstreitig an gewerbliche Abnehmer wie Großschreinereien und Unternehmen der Möbelindustrie. Da diese Unternehmen im Umgang mit geschäftlichen Texten geübt sind und wissen, dass „*“-Hinweise üblicherweise an anderen Stellen aufgelöst werden, kommt es für das Verständnis der beanstandete Warnhinweise vorliegend auf die Sicht eines aufmerksamen Fachunternehmens an, die diesen Warnhinweisen zumindest eine gesteigerte Bedeutung zumessen. - (2.3.)
Auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes genügen die beiden auf der alten Internetseite vorhandenen (Warn-)Hinweise letztlich jedoch nicht, um die Verwendungsbestimmung durch die Fachunternehmen als Abnehmer auszuschließen. - Soweit im Verlauf der alten Internetseite die Lasertechnologie im Fließtext zunächst erneut erwähnt wird, findet sich dort der Hinweis: „Dies ist neben der bekannten Lasertechnologie – hier müssen in Deutschland zurzeit die gültigen Patente berücksichtigt werden* – auch die Plasmatechnik […]“. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass dieser erste, im Fließtext enthaltene allgemeine Hinweis auf Patentschutz in Deutschland keinen inhaltlich hinreichenden Warnhinweis darstellt. Denn zum einen erschöpft sich der Hinweis auf die rechtliche Selbstverständlichkeit, dass gültige Patente mit Schutzwirkung für Deutschland zu beachten sind. Zum anderen fehlt es diesem Hinweis an einem Bezug zu dem jeweiligen Patent bzw. zumindest zur Patentinhaberin, deren Zustimmung vor der Benutzung einzuholen ist. Insoweit ist schon unklar, ob mit diesem Hinweis Patente Dritter oder ggf. eigene Patente der Beklagten zu 1) bzw. ihrer Rechtsvorgängerin gemeint sind.
- Die Auflösung des „*“-Hinweises am Ende der Internetseite, der besagt, dass in Deutschland für das Laserfügen patentrechtlicher Schutz für die Klägerin besteht und deren Zustimmung für die Benutzung erforderlich ist, entfaltet ebenfalls keine ausreichende Warnfunktion. Zwar wird – wovon auch das Landgericht zutreffend ausgegangen ist – der Hinweis den inhaltlichen Anforderungen an einen entsprechenden Warnhinweis hinreichend gerecht, da er jedenfalls erkennen lässt, für wen in Deutschland Patentschutz mit Blick auf den Einsatz der angegriffenen Ausführungsform beim Laserfügen besteht, so dass dem Adressaten der Internetseite hinreichend bewusst ist, an wen er sich ggf. mit einer Anfrage zu wenden hat, wenn er die angegriffene Ausführungsform mittels Laser verarbeiten will. Unerheblich ist insoweit auch, dass das konkrete Patent, hier das Klagepatent, nicht näher spezifiziert wird, da von einem Fachunternehmen, welches von der eine bestimmte Technologie betreffenden Internetwerbung adressiert wird und im Umgang mit Patenten eine gewisse Übung hat, erwartet werden kann, entsprechende Schutzechte unter Kenntnis des Inhabers und der Technologie selbst in ausreichendem Maße zu identifizieren. Selbst wenn ein Unternehmen das Klagepatent nicht ohne Weiteres hätte finden können, so hätte es entsprechende Angaben mit einer einfachen Anfrage bei der im Warnhinweis genannten Klägerin in Erfahrung bringen können.
- Die fehlende Eignung des „*“-Hinweises als Warnhinweis folgt – anders als das Landgericht meint – auch nicht allein aus seiner Positionierung am Ende der Internetseite. Denn bei einem Fachpublikum kann – wie zuvor ausgeführt – regelmäßig davon ausgegangen werden, dass es Texte in seiner Gesamtheit zur Kenntnis nimmt und etwaigen Verweisen, wie sie üblicherweise über „*“ oder Fußnoten angezeigt werden, folgt und somit auch deren Inhalt zur Kenntnis nimmt. Indes gilt es vorlegend zu berücksichtigen, dass sich die Auflösung des „*“-Hinweises ganz am Ende der Internetseite befindet und der Betrachter somit zunächst erst bis an das Ende der Seite scrollen muss, um den Warnhinweis überhaupt zur Kenntnis nehmen zu können. Dies gilt unabhängig davon, ob der Ausdruck der Anlage K 3, bei der sich der Hinweis erst auf der siebten Seite findet, der tatsächlichen grafischen Gestaltung der beanstandeten Internetseite entsprochen hat. Denn auch bei den seitens der Beklagten zuletzt vorgelegten Anlagen BK 1 bis BK 3 findet sich der Hinweis erst auf der zweiten Seite, woraus folgt, dass der Betrachter, der die Internetseite aufgerufen hat, zu dem Hinweis scrollen musste.
- Die fehlende Eignung des Warnhinweises ergibt sich vorliegend jedoch aus der Kombination mit dem Umstand, dass er neben der Positionierung am Ende der Seite auch vom Schriftbild her kleiner ausgestaltet ist als der Rest der Internetseite. Als Mindestvoraussetzung ist von einem Warnhinweis zu fordern (BGH, GRUR 2018, 1246 – Kraftfahrzeugfelgen II; OLG Düsseldorf. Urt. v. 25. Februar 2021, Az. I-2 U 1/20; Urt. v. 7. Juli 2016, Az. I-2 U 5/14, GRUR-RS 2016, 21120 – Ceroxid-Nanodispersionen; Urt. v. 17. November 2005, Az. I-2 U 35/04 – Kaffee-Filterpads), dass dieser gut sichtbar ausgestaltet wird, was jedenfalls voraussetzt, dass er drucktechnisch nicht versteckt bzw. schlecht sichtbar abgedruckt ist. Entsprechendes ist insbesondere dann anzunehmen ist, wenn der Warnhinweis kleiner gedruckt wird als der Rest des Textes und damit für den Leser schlechter sichtbar ist. Daher führt vorliegend die Kombination aus gewählter Schriftgröße und Positionierung des Warnhinweises dazu, dass nicht sichergestellt ist, dass der Adressat der Werbung den Hinweis auch zur Kenntnis nimmt.
- dd)
Dem Landgericht ist mit Blick auf die neue Internetseite (Anlage B 8), die seit Mai 2019 abrufbar gewesen ist, darin beizutreten, dass die dort vorhandenen Warnhinweise ausreichend sind, um einer Verwendungsbestimmung entgegenzuwirken. - Soweit sowohl am Anfang der Internetseite als auch unterhalb des Piktogramms „Laser“ auf der zweiten Seite der Anlage B 8 hinter den Wörtern „Laser“ bzw. „Laserstrahl“ jeweils ein „*“ angebracht ist, so findet sich unmittelbar am Ende des jeweiligen (Ab-)Satzes der Hinweis, dass in Deutschland für das Laserfügen patentrechtlicher Schutz für die Klägerin besteht und deren Zustimmung für die Benutzung erforderlich ist. Dieser Hinweis entspricht sowohl in inhaltlicher wie auch formaler Hinsicht den Anforderungen, die an einen ordnungsgemäßen Warnhinweis zu stellen sind. Inhaltlich entspricht der Hinweis dem Warnhinweis auf der alten Internetseite, der aus vorstehend dargelegten Gründen inhaltlich nicht zu beanstanden ist. Anders als bei der alten Internetseite bestehen mit Blick auf die formale Ausgestaltung keine Bedenken. So findet sich der Hinweis jeweils in einem unmittelbaren räumlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Erwähnung der Laserfügetechnologie, so dass der Adressat den „*“-Verweis nicht erst (am Ende der Seite oder anderswo) suchen muss. Zudem ist der Hinweis auch drucktechnisch gut zu erkennen, da ein kleiner Absatz zu dem Text besteht mit der Folge, dass der Hinweis nicht im Fließtext untergeht. Schließlich ist der Hinweis – anders als der Warnhinweis auf der alten Internetseite – in der gleichen Schriftgröße und -type wie der Rest des Textes und damit gut sichtbar gehalten.
- Demgegenüber nicht erforderlich ist im vorliegenden Fall, dass der Warnhinweis – wie die Klägerin meint – drucktechnisch herausgehoben auszugestalten wäre, etwa durch die Wahl einer größeren Schriftart und/oder einer besonderen farblichen Hervorhebung. Die seitens des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Urt. v. 25. Februar 2009, Az. 6 U 182/06, BeckRS 2010, 6213) aufgestellten Anforderungen an eine blickfangmäßige Herausstellung des Warnhinweises lassen sich nicht pauschal auf den vorliegenden Fall übertragen, da dieser Entscheidung ein anders gelagerter Sachverhalt zu Grunde lag. Dort ging es darum, durchschnittlich interessierte und entsprechend aufmerksame Verbraucher von einem möglichen patentverletzenden Einsatz von Satellitenreceivern abzuhalten. Aus dem Umstand, dass ein privater Endverbraucher sich regelmäßig keine Gedanken um eine für ihn mit nachteiligen Folgen verbundene Patentverletzung machen muss (§ 11 Nr. 1 PatG), folgt, dass ein entsprechender Warnhinweis regelmäßig nur dann von ihm zur Kenntnis genommen wird, wenn er zum einen auch auf der Umverpackung angebracht ist und zum anderen auf Grund seiner besonderen Ausgestaltung auch unübersehbar auf einen Blick wahrgenommen wird. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der private Endverbraucher in dem gekauften Produkt beiliegenden Unterlagen nach Warnhinweisen betreffend eine etwaige Patentverletzung sucht. Dagegen ist davon auszugehen, dass ein Fachunternehmen und seine verantwortlich handelnden Mitarbeiter und Entscheidungsträger Werbebroschüren und sonstigen Angebots- und Begleitunterlagen mehr Aufmerksamkeit als der Endverbraucher schenken und insbesondere zur Vermeidung von kosten- und zeitintensiven Rechtsstreitigkeiten auch Warnhinweisen innerhalb der Werbung bzw. den Begleitunterlagen mehr Bedeutung zumessen. Insoweit vermag der Senat der Ansicht der Klägerin, ein Endverbraucher sei im Privaten wie in seiner Rolle als Arbeitnehmer gleich aufmerksam, nicht zu teilen, da eine Person, die berufliche Konsequenzen vermeiden möchte, im Zweifel mit Blick auf die Wahrnehmung ihrer Aufgaben in einem bzw. für ein Unternehmen einen anderen Maßstab ansetzt als bei rein privaten Angelegenheiten, wie dem Kauf eines Alltagsgegenstandes. Daher ist vorliegend eine blickfangmäßige Hervorhebung eines Warnhinweises mit Blick auf Fachkreise entbehrlich.
- Soweit die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 22. Februar 2023 unter Verweis auf die letzte Seite der als Anlage B 8 zur Akte gereichten neuen Internetpräsenz der Beklagten erstmals bestreitet, dass diese Seite in der aus der Anlage ersichtlichen Fassung auch schon vor dem Jahr 2021 online war, so ist dieses Bestreiten gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verspätet. Denn die Anlage B 8 war bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Vorbringens der Beklagten und das Landgericht hat auf Grund des unwidersprochen gebliebenen Vorbringens der Beklagten tatbestandlich festgestellt, dass diese neue Seite im Mai 2019 online stellt wurde. Abgesehen davon geht das Bestreiten der Klägerin auch fehl. Dass in der Anlage B 8 auf Seite 3 unter dem Punkt „Die drei aktuellsten News“ insgesamt drei Veranstaltungen aufgeführt sind, die sämtlich im Zeitraum von Januar bis Mai 2021 stattgefunden haben, besagt nur, dass der Ausdruck der Homepage in einem Zeitraum nach Mai 2021 erfolgte. Nicht aber, dass es die Internetpräsenz vorher nicht gab.
- ee)
Der als Anlage K 23 zur Akte gereichten und unstreitig bis nach Ablauf des Klagepatents über die Internetseite der Beklagten zu 1) abrufbaren Verarbeitungsinformation „[…}“ fehlt es ebenfalls an einem hinreichenden Warnhinweis zum Ausschluss der Verwendungsbestimmung. - Bei der Verarbeitungsinformation handelt es sich – entgegen der Ansicht des Landgerichts – um eine Angebotshandlung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG. Die Angebotshandlung nach § 10 Abs. 1 PatG wird nicht anders definiert als ein patentverletzendes Anbieten im Sinne von § 9 PatG (vgl. Schulte/Schulte/PatG, a.a.O., § 10, Rz. 9). Danach ist unter einem Anbieten nicht nur ein Anbieten zum Verkauf zu verstehen, sondern jede Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (st. Rspr. vgl. BGH, GRUR 2003, 1031 – Kupplung für optische Geräte). Hierfür genügt jede Art des Anbietens, sei es schriftlich, (fern-)mündlich, über das Internet, durch Ausstellen, Vorführen oder auf andere Art (Scharen/Benkard, a.a.O., § 9, Rz. 40). Maßgebend ist, ob derjenige, gegenüber dem die als mögliches „Anbieten“ zu qualifizierende Handlung vorgenommen wird, bei verständiger Würdigung der gegebenen objektiven Umstände annehmen muss, der „Anbietende“ sei bereit, ihm im Falle einer Bestellung den in Rede stehenden Gegenstand zur Verfügung zu stellen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30. Oktober 2014, Az. I-2 U 3/14, BeckRS 2014, 21755). Ausreichend ist eine Handlung, die einem bestimmten oder beliebigen Dritten erkennbar macht, dass eine Veräußerung oder Gebrauchsüberlassung beabsichtigt ist, und die Empfänger anregen soll, ein Erzeugnis zu Eigentum oder zur Benutzung zu erwerben. Umfasst sind auch vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter Schutz stehenden Gegenstand ermöglichen oder fördern sollen, das die Benutzung dieses Gegenstandes einschließt. Es genügen daher auch Handlungen, die vertragsrechtlich als bloße Aufforderungen zur Abgabe von Angeboten angesehen werden (Scharen/Benkard, a.a.O., § 9, Rz. 41).
- Die Verarbeitungsinformation der Anlage K 23 konnte – insoweit unstreitig – von der Klägerin noch am 8. Februar 2022 von der Internetseite der Beklagten zu 1) heruntergeladen werden, wo sie bereits während der Laufzeit des Klagepatents abrufbar war. Auf den Seite 3 und 4 wird mehrfach die Einsatzmöglichkeit der angegriffenen Ausführungsform im Rahmen des Laserfügens beschrieben und auf der letzten Seite die Kontaktdaten der Beklagten zu 1) genannt. Der Leser der Verarbeitungsinformation wird somit auf die Möglichkeit des patentgemäßen Einsatzes der angegriffenen Ausführungsform explizit hingewiesen und ihm wird zudem mitgeteilt, an wen er sich wenden muss, um die angegriffene Ausführungsform erwerben zu können. Insoweit ist die Verarbeitungsinformation – auch ohne die Einbeziehung weiterer Informationsquellen wie die Internetseite – jedenfalls als vorbereitende Handlung für ein späteres Geschäft zu qualifizieren. Zwar dürfte ein Kunde, der die Verarbeitungsinformation über die neue Internetseite der Beklagten heruntergeladen hat, zuvor den Warnhinweis auf dieser Seite wahrgenommen haben. Indes ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dieses Dokument nicht auch auf anderen Wegen zu Kunden der Beklagten zu 1) gelangt ist, etwa durch die Weitergabe durch Dritte, so dass der Warnhinweis auf der neuen Internetseite allein nicht ausreicht, um die Verwendungsbestimmung durch die Anlage K 23 auszuschließen. Ferner ist nicht auszuschließen, dass die Verarbeitungsinformation noch bei Bestandskunden in Verwendung war, die von der neuen Internetseite und dem dortigen Warnhinweis keine Kenntnis genommen haben.
- Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass in dem Dokument hinter dem Wort Laser jeweils ein „*“ angebracht ist und dieser Verweis vermeintlich auf der Seite 4 in der Fußzeile aufgeklärt wird. Denn zum einen ist bereits nicht vorgetragen, welchen Inhalt dieser vermeintliche Warnhinweis auf Seite 4 hat. In der Anlage K 23 ist der vermeintliche Hinweis schon wegen seiner gelblichen Hervorhebung nicht zu entziffern. Unabhängig von seinem Inhalt ist der Hinweis aber auch auf Grund seiner Positionierung nicht geeignet, eine Warnfunktion auszuüben. Denn der Hinweis findet sich nicht auf der Seite 3, auf der das Laserfügen insgesamt viermal erwähnt wird, sondern erst eine Seite später, wo der Verkehr diesen Hinweis nicht (mehr) erwartet.
- ff)
Die Warnhinweise in den vorgelegten Angebotsschreiben (Anlage B 9 und Anlagenkonvolut BK 4), welche einen Zeitraum von Juli 2016 bis Dezember 2020 abdecken, sind hinreichend, um eine Verwendungsbestimmung auszuschließen. - In den aus den vorstehend genannten Anlagen ersichtlichen Angebotsschreiben, die der Sphäre der Beklagten zu 1) bzw. ihrer Rechtsvorgängerin entstammen und die jeweils die angegriffene Ausführungsform betreffen, findet sich ein Warnhinweis, der inhaltlich weitestgehend dem Warnhinweis auf der neuen Internetseite entspricht. Der teilweise vorhandene Zusatz, dass für zum Laserfügen alternative Fügetechnologien kein Patentschutz für die Klägerin bestehe, beeinträchtigt die Warnfunktion mit Blick auf das für den hiesigen Rechtsstreit allein maßgebliche Laserfügen nicht. Denn auch diesen Hinweisen kann der Adressat hinreichend verständlich entnehmen, dass er für den Einsatz der angegriffenen Ausführungsform beim Laserfügen die Zustimmung der Klägerin benötigt. Aus den vorstehend zur neuen Internetseite ausgeführten Gründen sind die Warnhinweise auch in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden, da sie sich ebenfalls in einem engen räumlichen und sachlichen Zusammenhang zur Nennung der angegriffenen Ausführungsform finden und drucktechnisch die gleiche Größe und den gleichen Schrifttyp aufweisen. Der Warnhinweis auf den Angebotsschreiben ist auch dem Grunde nach geeignet, die Entscheidungsträger in den Kundenunternehmen der Beklagten zu 1), insbesondere deren Geschäftsführung, zu erreichen und vor einer Patentverletzung zu warnen, da entsprechende (Angebots-)Unterlagen in der Regel als Grundlage für Investitionsentscheidungen herangezogen werden und damit auch eine entsprechende Beachtung durch die Entscheidungsträger erfahren.
- Die Beklagten haben zur Überzeugung des Senats zudem hinreichend belegt, dass sämtliche seit Mai 2016 von ihnen versandten Angebotsschreiben identische Warnhinweise beinhaltet haben. Die Klägerin hat zwar gemäß § 138 Abs. 4 ZPO in prozessual zulässiger Art und Weise die Behauptungen der Beklagten, die aus den vorstehenden Anlagen ersichtlichen Warnhinweise seien im Mai 2016 in das […]-System der Beklagten zu 1) aufgenommen worden, so dass diese seit diesem Zeitpunkt automatisch, d.h. ohne Zutun des jeweiligen, das Angebotsschreiben erstellenden Mitarbeiters, auf allen Schreiben betreffend die angegriffene Ausführungsform erschienen seien und auch eine nachträgliche händische Entfernung der Hinweise nicht der lebensnahen Wahrscheinlichkeit entspreche, mit Nichtwissen bestritten. Die Beklagten haben jedoch durch die stichprobenartige Vorlage einer Vielzahl von Angebotsschreiben aus dem Zeitraum Mai 2016 bis Dezember 2020, die sämtlich einen entsprechenden Warnhinweis enthalten haben und deren Inhalt und Zugang von der Klägerin nicht bestritten wurden, für den Senat nachvollziehbar aufgezeigt, dass ihr Vortrag, der Warnhinweis sei automatisch von dem […]-System erzeugt und nicht nachträglich wieder entfernt worden, den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Der Senat vermochte auf Grund des Fehlens entsprechender Anhaltspunkte nicht festzustellen, dass es insoweit Fälle gegeben hat, bei den in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum Angebotsschreiben erzeugt und versandt wurde, die keinen Warnhinweis enthielten. Insoweit bedurfte es auch keiner Einvernahme der durch die Beklagten benannten Zeugen […] und […], die bestätigen sollten, dass der Textbaustein mit dem Warnhinweis im Mai 2016 in das […]-System der Beklagten aufgenommen worden sein soll.
- c)
Eine Verwendungsbestimmung mit Blick auf die Verletzungshandlung des Lieferns lässt sich für den streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 25. Mai 2016 bis zum Schutzrechtsablauf nicht feststellen. - aa)
Grundsätzlich ist auch im Hinblick auf das Liefern, welches eine neben dem Anbieten eine eigenständige Verletzungshandlung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG darstellt, erforderlich, dass die Abnehmer eine Verwendungsbestimmung getroffen haben, mithin durch das Liefern der angegriffenen Ausführungsform ein Einsatz beim Laserfügen zu erwarten steht. Die Klägerin hat indes nicht vorgetragen und in Folge dessen das Landgericht auch hierzu nichts festgestellt, dass die Beklagten bei bzw. mit der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform – etwa mittels Gebrauchsanweisung, Bedienungsanleitung oder Ähnlichem – auf die Einsatzmöglichkeit beim Laserfügen hingewiesen haben. Gleichwohl haben die Kunden der Beklagten zu 1) die angegriffene Ausführungsform zum Einsatz in den bei ihnen vorhandenen Maschinen bestellt und sich daher zuvor über deren Einsatzmöglichkeiten informiert. Daher konnten die Beklagten davon auszugehen, dass die angegriffene Ausführungsform bei Lieferung auch patentgemäß genutzt wird. Der Streit der Parteien konzentriert sich daher – zu Recht – im Wesentlichen auf die Frage, ob die Beklagten durch Warnhinweise in Auftragsbestätigungen, Lieferungen und/oder Rechnungen einer Patentverletzung durch ihre Abnehmer hinreichend entgegengewirkt haben. Dies ist vorliegend der Fall. - Die Beklagte hat hinreichend dargelegt, dass sie auch bei sämtlichen im Zeitraum ab dem 25. Mai 2016 von ihr versandten (Liefer-)Dokumenten einen inhaltlich und formal hinreichenden Warnhinweis beigefügt hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorstehenden Ausführungen des Senats zu den Angebotsschreiben Bezug genommen, die auch für die Lieferdokumente gelten. Sowohl den Anlagen B 11 bis B 16 wie auch dem Anlagenkonvolut BK 4 sind Auftragsbestätigungen, Lieferscheine und Rechnungen zu entnehmen, die sämtlich über den bereits beschriebenen Warnhinweis verfügen. Anhaltspunkte dafür, dass entsprechende Dokumente ohne diesen Hinweis versandt wurden, sind nicht dargetan und lassen sich auch nicht erkennen.
- bb)
Es bedurfte – entgegen der Ansicht der Klägerin und des Landgerichts – keines (weiteren) Warnhinweises auf der jeweiligen (Um-)Verpackung der angegriffenen Ausführungsform. Es ist nicht ersichtlich, dass einem entsprechenden Warnhinweis auf der Umverpackung neben den bereits vorhandenen Warnhinweisen auf Auftragsbestätigungen, Lieferscheinen und Rechnungen vorliegend mit Blick auf die Verwendungsbestimmung bzw. deren Ausschluss ein Mehrwehrt zukommt. - Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Warnhinweis auf der (Um-)Verpackung geeignet ist, den Käufer eines Produktes, insbesondere einen Endverbraucher, auf die Schutzrechtslage hinzuweisen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 25. Februar 2021, Az. I-15 U 1/20). Dabei darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass es für die Frage, ob ein Warnhinweis im Einzelfall geeignet ist, eine Patentverletzung bei den Abnehmern des Warnenden zu verhindern, auch darauf ankommt, dass diejenige Person gewarnt wird, d.h. den Warnhinweis zur Kenntnis nehmen (kann), die über den späteren Einsatz des Mittels und damit über eine eventuelle Patentverletzung entscheidet. Bei einem Unternehmen kommt es daher darauf an, dass diejenigen Personen Kenntnis von dem Warnhinweis erhalten, die über den Einsatz des Produktes entscheiden und/oder die sich für die Einhaltung der Schutzrechtslage verantwortlich zeichnen, was in der Regel der Geschäftsführung und/oder von ihr insoweit beauftragten Mitarbeitern obliegt. Daher unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch von dem Sachverhalt, der der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe zu Grunde lag (Urt. v. 25. Februar 2009, Az. 6 U 182/06, BeckRS 2010, 6213). Dort ging es um die Warnung von Endverbrauchern, bei denen in der Regel nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie neben der Verpackung auch dem Produkt beiliegenden Unterlagen und insbesondere den dort enthaltenen Warnhinweisen die gebotene Beachtung schenken.
- Ein Warnhinweis auf der Umverpackung der angegriffenen Ausführungsform wäre von den Entscheidungsträgern der Kunden der Beklagten zu 1) nicht wahrgenommen worden. Die Klägerin geht – wie mit Schriftsatz vom 22. Februar 2023 vorgebracht – selbst davon aus, dass die angegriffene Ausführungsform bei Anlieferung von denjenigen Mitarbeitern der Kunden der Beklagten zu 1) in Empfang genommen und ausgepackt wird, die im Lager bzw. der Produktion arbeiten. Dabei handelt es sich jedoch nicht um diejenigen, die eine Entscheidung über den Einsatz der angegriffenen Ausführungsform auch für das Laserfügen treffen, da diese Entscheidung durch die Geschäftsführung bzw. die für die technischen Fragen zuständigen Mitarbeiter eines Unternehmens getroffen wird bzw. bei Lieferung bereits getroffen worden ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Anschaffung und der Betrieb von Fügeanlagen mit erheblichen wirtschaftlichen Investitionen verbunden sind. Nicht nachvollzogen werden kann der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Verdacht der Klägerin, die Mitarbeiter im Lager (und selbst Azubis) würden sich auf Grund vermeintlicher interner Anweisungen und der allgemeinen Lebenserfahrung bei Kenntnisnahme eines Warnhinweises unverzüglich an ihre Vorgesetzten wenden, die dies der Geschäftsführung und deren (Patent-)Anwälten melden. Ein entsprechender Erfahrungssatz ist dem Senat nicht bekannt.
- 3)
Ausgehend von den vorstehend gemachten Ausführungen haften vorliegend auch die Beklagten zu 2) und 3) für solche Angebotshandlungen, die die seitens der Beklagten zu 1) bereitgestellte Verarbeitungsinformation gemäß Anlage K 23 betreffen. - a)
Für die von einer Gesellschaft begangene Patentverletzung hat bzw. haben deren gesetzliche(r) Vertreter grundsätzlich persönlich einzustehen, weil er/sie kraft seiner/ihrer Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat/haben (OLG Düsseldorf, Urt. v. 11. Januar 2018, Az. I-15 U 66/17; Urt. v. 11. Juni 2015, Az. I-2 U 64/14). - Da es einem Unternehmen grundsätzlich obliegt, vor Herstellung und Vertrieb technischer Erzeugnisse zu prüfen, ob sie in den Schutzbereich eines Patentes oder anderes Schutzrechts fallen, ist der gesetzliche Vertreter des Unternehmens aufgrund seiner Verantwortung für die Organisation und Leitung des Geschäftsbetriebes und wegen der Gefahr, dass die Produktion oder Vertriebstätigkeit des Unternehmens die fortlaufende Verletzung technischer Schutzrechte Dritter zur Folge hat, grundsätzlich gehalten, die gebotenen Überprüfungen zu veranlassen oder den Geschäftsbetrieb in einer Weise zu organisieren, die eine Erfüllung dieser Pflicht durch dafür verantwortliche Mitarbeiter gewährleistet. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass grundlegende Entscheidungen über die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft nicht ohne seine Zustimmung erfolgen und dass die mit Entwicklung, Herstellung und Vertrieb betrauten Mitarbeiter der Gesellschaft die gebotenen Vorkehrungen treffen, um eine Verletzung fremder Patente zu vermeiden. Der gesetzliche Vertreter haftet daher persönlich, wenn er die ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen unterlässt, die Geschäftstätigkeit des Unternehmens so einzurichten und zu steuern, dass hierdurch keine technischen Schutzrechte Dritter verletzt werden (BGH, GRUR 2016, 257 – Glasfasern II – m.w.N.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28. April 2017, Az. I-15 U 68/15, BeckRS 2017, 110549 – Prozesskartusche; Urt. v. 11. Juni 2015, A. I-2 U 64/14, BeckRS 2015, 18679 – Verbindungsstück). Aufgrund seiner satzungsgemäßen Funktion ist er in der Regel Täter und nicht bloß Gehilfe (vgl. BGH, GRUR 2012, 1145 – Pelikan; OLG Hamburg, Urt. v. 14. Dezember 2005, Az. 2 U 19/05, GRUR-RR 2006, 182).
- Wenn es bereits zu einer schuldhaften Patentverletzung gekommen ist, bedarf es regelmäßig keines näheren Sachvortrages des Verletzten dazu, dass der gesetzliche Vertreter seine Pflichten schuldhaft verletzt hat. Vielmehr trägt dieser eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wie er den ihm obliegenden Pflichten konkret nachgekommen ist. (BGH, GRUR 2016, 257 – Glasfasern II; OLG Düsseldorf Urt. v. 28. April 2017, Az. I-15 U 68/15, BeckRS 2017, 110549 – Prozesskartusche; Urt. v. 11. Januar 2018, Az. I-15 U 66/17). Der Geschäftsführer haftet dem Verletzten daher grundsätzlich bei jedweder Schutzrechtsverletzung deliktisch auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz. Dies entspricht jahrzehntelanger, vom für das Patentrecht zuständigen X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gebilligter Rechtsprechung der Senate des Oberlandesgerichts Düsseldorfs und anderer Instanzgerichte (OLG Düsseldorf, Urt. v. 11. Juni 2015, Az. I-2 U 64/14, BeckRS 2015, 18679 – Verbindungsstück).
- b)
Die neue, bis zum Schutzrechtsablauf des Klagepatents abrufbare Internetseite der Beklagten zu 1) bietet keinen hinreichenden Anhalt dafür, dass die Abnehmer der Beklagte zu 1) eine Verwendungsbestimmung getroffen haben, für die auch die Beklagten zu 2) und 3) einzustehen haben. Denn die dort vorhandenen Warnhinweise sind – wie oben ausgeführt – ausreichend, um eine patentverletzende Verwendung der angegriffenen Ausführungsform durch Dritte hinreichend vorzubeugen. Gleiches gilt für die seit der Bestellung der Beklagten zu 2) und 3) zu den Geschäftsführern der Beklagten zu 1) von dieser versandten Angebotsschreiben und übermittelten Lieferdokumente, die sämtlich ausreichende Warnhinweise enthielten. Darauf, dass die alte Internetseite einen ausreichenden Warnhinweis nicht enthielt, kommt es für die Haftung der Beklagten zu 2) und 3) nicht an, da diese Internetseite vor deren Bestellung zu Geschäftsführern abgeschaltet wurde. - Demgegenüber war die Verarbeitungsinformation nach der Anlage K 23 – wie zuvor ebenfalls ausgeführt – auf Grund eines fehlenden bzw. nicht hinreichenden Warnhinweises nicht geeignet, eine patentgemäße Verwendung auszuschließen. Diese Verarbeitungsinformation war auch – insoweit unstreitig – während der Zeit der Tätigkeit der Beklagten zu 2) und 3) als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) über deren Internetseite abrufbar, wofür die Beklagten zu 2) und 3) einzustehen haben.
- 4)
Aus den vorstehend genannten Gründen stehen der Klägerin daher die vom Landgericht ausgeurteilten Ansprüche auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grund nach sowie der vorbereitenden Auskunft und Rechnungslegung aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB bis zum Ablauf des Klagepatents zu, wobei es insoweit der Abänderung und Klarstellung bedurfte, als es nur patentverletzende Angebotshandlungen gab. -
II.
Der eventualiter seitens der Klägerin gestellte Antrag, Ziffer I.2. des landgerichtlichen Tenors dahingehend zu bestätigen, dass neben der Verpackung auch auf Rechnungen und Lieferscheinen ausdrücklich und unübersehbar auf das Klagepatent hingewiesen werden muss, bedurfte keiner Entscheidung. - Insoweit bedurfte es vorliegend insbesondere nicht der – seitens der Klägerin hilfsweise erklärten – Einlegung einer im Übrigen form- und fristgemäßen Anschlussberufung nach § 524 ZPO. Der Berufungsbeklagte, der das Rechtsmittel der Berufung gegen das vom Gegner angegriffene Urteil selbst nicht eingelegt hat, muss sich der Hauptberufung anschließen, wenn er ohne eigenes Rechtsmittel mehr erreichen will als Verwerfung oder Zurückweisung der Hauptberufung (BGH, Urt. v. 7. Mai 2015, Az. VII ZR 145/12, NJW 2015, 2812; Heßler/Zöller, a.a.O., § 524 Rz. 2). Ein entsprechendes „mehr“ will die Klägerin vorliegend indes mit ihrem Hilfsantrag nicht erreichen, da es ihr mit Blick auf den tenorierten Warnhinweis auf der Umverpackung auf eine Bestätigung der landgerichtlichen Entscheidung im Sinne einer entsprechenden Zurückweisung der Berufung ankommt. Die Berufung der Beklagten hat indes insoweit Erfolg, da es eines (zusätzlichen) Warnhinweises auf der Verpackung aus rechtlichen Gründen nicht bedarf. Soweit die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag die Aufnahme eines ausdrücklichen und unübersehbaren Warnhinweises auf Rechnungen und Lieferscheinen im Rahmen der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform begehrt, so ist dies bereits Gegenstand des Begehrens der Beklagten mit der Folge, dass ein entsprechender Antrag der Klägerin nicht vonnöten ist.
-
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. - Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
- Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
- Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR […] festgesetzt.