Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3296
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. April 2023, I-15 U 78/22
Vorinstanz: 4b O 52/21
- I. Die Klageerweiterungen betreffend den bezifferten Zahlungsantrag für die Jahre 2016 und 2017 (Antrag Ziffer 2.) und die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (Antrag zu Ziffer 3.) werden als unzulässig abgewiesen.
- II. Im Übrigen wird auf die Berufung des Klägers – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das am 28. Juni 2022 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
- „1. Die Beklagte wird verurteilt,
dem Kläger Auskunft zu geben und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) und ihre verbundenen Gesellschaften (§§ 15 ff. AktienG) die dem deutschen Patent DE[…] („[…]“; vorliegend als Anlage […]) zugrunde liegende Diensterfindung (= „Streiterfindung“) betreffend
eine Sanitärarmatur mit einem Anschlussgewinde, das eine Aufnahmenut aufweist, die in ihrem Nutgrund mit einer Rändelung versehen ist, wobei in der Aufnahmenut ein Dichtring angeordnet ist, wobei der der Aufnahmenut benachbarte Gewindegang auf der dem freien Ende des Anschlussgewindes abgewandten Seite gekürzt ist, und wobei der Dichtring einen Sockel aufweist, auf dem ein Steg angeordnet ist, welcher von beidseitig angeordneten Stufen gebildet ist
ab dem 1. Januar 2022 genutzt hat/haben, unter Angabe der
a) Herstellungsmengen und -zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten sowie Netto- und Bruttopreisen unter Ausweisung etwaiger Abzüge,
c) Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,wobei die vorgenannten Angaben gesondert pro Kalenderjahr und pro Produkttyp (mit Artikelnummer) zu erfolgen haben;
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“
- III. Die Kosten der Berufung werden dem Kläger zu 90 % und der Beklagten zu 10 % auferlegt.
- Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.
- IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR […] und der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
- V. Die Revision wird nicht zugelassen.
- VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR […] festgesetzt, wobei davon auf die Berufung der Beklagten EUR […] und auf die Berufung des Klägers EUR […] entfallen. Mit Blick auf die Berufung des Klägers entfallen auf den Antrag zu Ziffer 1. EUR […], auf den Antrag zu Ziffer 2. EUR […], auf den Antrag zu Ziffer 3. EUR […] und auf den Antrag zu Ziffer 4. EUR […].
- Gründe
- A.
Der Kläger macht – unter anderem im Wege der Stufenklage – gegen die Beklagte Ansprüche auf Arbeitnehmererfindervergütung geltend. - Die Beklagte stellt Armaturen für die Gebäudeinstallation her und vertreibt insbesondere auch Eckregulierventile und Geräteanschluss-Armaturen. Der Kläger war in der Zeit vom 1. September 2006 bis zum 30. September 2020 bei ihr als Qualitätssicherungsfachkraft in der Abteilung Qualitätsmanagement beschäftigt und meldete im Jahr 2009 – zusammen mit weiteren Miterfindern – gegenüber der Beklagten eine Dienst-erfindung betreffend eine Sanitärarmatur mit einem Anschlussgewinde (nachfolgend: Streit- oder Diensterfindung). Mit dem als Anlage […] vorgelegten Schreiben vom 1. September 2009 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger gemäß Arbeitnehmererfindergesetz für den Fall der Schutzfähigkeit die uneingeschränkte Inanspruchnahme der Streiterfindung.
- Unter dem 2. September 2009 wurde die Streiterfindung als deutsches Patent angemeldet. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 10. November 2011 unter der Nummer DE […] (nachfolgend: Streitpatent). Unter Inanspruchnahme der Priorität des Streitpatents wurde am 27. August 2010 sodann das europäische Patent EP[…] angemeldet. Die Veröffentlichung der Erteilung erfolgte am 10. November 2011 (Streitpatent) bzw. 13. Juli 2016 (EP[…]). Beide Schutzrechte stehen in Kraft.
- Die Lehre des Streitpatents wird von der Beklagten in ihren Produkten umgesetzt und seit dem Jahr 2011 unter der markenrechtlich geschützten Bezeichnung „[…]“ vermarktet.
- Mit Schreiben vom 19. März 2021 (vgl. Anlage […]) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Gegenstand Streiterfindung von ihr benutzt werde und schlug eine nach der Lizenzanalogie zu berechnende jährliche Vergütung mit einem Lizenzsatz in Höhe von 0,5% vor.
- Mit anwaltlichem Schreiben vom 14. April 2021 erklärte der Kläger, dass mit diesem Vergütungsangebot insoweit Einigkeit bestehe, als dass sich „die gesetzlichen Vergütungsansprüche nach der Methode der Lizenzanalogie berechnen, keine Abstaffelung erfolgt sowie der Miterfinderanteil 25 % und die Wertzahl c = 5 (Stellung im Betrieb; RL Nr. 34) betragen“. Im Übrigen wies der Kläger das Vergütungsangebot als unzureichend zurück und forderte die Beklagte auf, über die Nutzung der dem Streitpatent zugrunde liegende Erfindung Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, insbesondere unter Angabe von Herstellungsmengen und -zeiten sowie Liefermengen, -zeiten und -preisen und Angaben zu den Abnehmern.
- Mit dem als Anlage […] zur Akte gereichten Schreiben vom 27. Mai 2021 machte die Beklagte Angaben zum Gesamtumsatz und Nutzungsumfang für die Jahre 2016 bis 2020, wobei sie eine weitergehende Auskunft für den Zeitraum vor 2016 unter Verweis auf die aus ihrer Sicht bereits eingetretenen Verjährung ablehnte.
- Mit „Stufen- und Zahlungs-Klage“ vom 28. Juni 2021 hat der Kläger auf der ersten Stufe zunächst Auskunft und Rechnungslegung betreffend die Nutzung der Streiterfindung in dem Zeitraum 1. September 2009 bis 31. Dezember 2021 begehrt, wobei er dabei die Nutzungen für die beiden Jahre 2016 und 2017 explizit ausgenommen hat. Insoweit hat er auf Grundlage der seitens der Beklagten vorprozessual getätigten Auskünfte (als Antrag zu Ziffer 3.) Zahlung einer Erfindervergütung für diese beiden Jahre in einer Gesamthöhe von EUR […] nebst Zinsen begehrt. Nachdem die Beklagte den zu Ziffer 3. geltend gemachten Zahlungsanspruch in einer Höhe von EUR […] anerkannt hatte, ist am 13. Januar 2022 durch das Landgericht ein entsprechendes Teil-Anerkenntnisurteil (Az. 4b O 52/21) ergangen. Mit Verfügung vom 7. Februar 2022 hat das Landgericht den Parteien ferner mitgeteilt, dass nur eine Verhandlung und Entscheidung über den Klageantrag zu Ziffer 1. beabsichtigt sei.
- Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung für Nutzungen des Streitpatents vor dem Jahr 2016 seien nicht verjährt. Denn die Beklagte habe den Kläger von der Erteilung des auf der Streiterfindung beruhenden Schutzrechts (Streitpatent) nicht informiert und daher gegen ihre Verpflichtung zur unaufgeforderten Auskunftserteilung und Rechnungslegung verstoßen. Die Erhebung der Einrede der Verjährung sei aus diesem Grunde jedenfalls treuwidrig. Ferner sei die für die Jahre 2016 bis 2020 erteilte Auskunft unvollständig, da er zur Überprüfung auch Angaben über Lieferungen, Herstellungsmengen und -zeiten sowie der Benennung der Abnehmer benötige. Hierzu bestehe auch konkreter Anlass, denn die Beklagte sei seit Januar 2012 ihrer Festsetzungspflicht nicht nachgekommen und habe zudem Erlösschmälerungen in beträchtlicher Höhe behauptet. Aufgrund der mangelnden Sorgfalt bei der bisherigen Auskunftserteilung sei die Beklagte auch verpflichtet, Rechnung zu legen. Dennoch nehme der Kläger die aus seiner Sicht unvollständige Auskunft für die Jahre 2016 und 2017 hin, um auf dieser Grundlage seinen Vergütungsanspruch für diese beiden Jahre beziffern zu können.
- In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der Kläger sodann beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen,
- 1. dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) und ihre verbundenen Gesellschaften (§§ 15 ff. AktienG) die dem deutschen Patent DE[…] („[…]“; Anlage […]) zugrunde liegende Diensterfindung (= „Streiterfindung“) betreffend
- eine Sanitärarmatur mit einem Anschlussgewinde, das eine Aufnahmenut aufweist, die in ihrem Nutgrund mit einer Rändelung versehen ist, wobei in der Aufnahmenut ein Dichtring angeordnet ist, wobei der der Aufnahmenut benachbarte Gewindegang auf der dem freien Ende des Anschlussgewindes abgewandten Seite gekürzt ist, und wobei der Dichtring einen Sockel aufweist, auf dem ein Steg angeordnet ist, welcher von beidseitig angeordneten Stufen gebildet ist
- im Zeitraum vom 01.09.2009 bis zum 31.12.2021 genutzt hat/haben, unter Angabe der
- a) Herstellungsmengen und -zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen,
-zeiten sowie Netto und Bruttopreisen unter Ausweisung etwaiger Abzüge,
c) Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer, - wobei die vorgenannten Angaben gesondert pro Kalenderjahr und pro Produkttyp (mit Artikelnummer) zu erfolgen haben und wobei Nutzungen der Streiterfindung in den Jahren 2016 und 2017 ausgenommen sind;
- 2. dem Kläger nach Erbringung der Auskunft/Rechnungslegung gemäß Ziffer 1 eine angemessene Erfindervergütung (§ 9 ArbEG) zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Europäischen Zentralbank ab 28.02. des auf ein Nutzungsjahr folgenden Jahres zu zahlen;
- 3. an den Kläger […] € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus […] € seit dem 28.02.2017 und aus weiteren […] € seit dem 28.02.2018 abzüglich […] € zu zahlen.
- Die Beklagte hat beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- hilfsweise,
- von der vorläufigen Vollstreckbarkeit gemäß § 712 Abs. 1 Satz 2 ZPO abzusehen bzw. dem Beklagten gemäß § 712 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden.
- Sie hat dem Auskunftsbegehren des Klägers die Einrede der Verjährung entgegengehalten. Zudem hat sie die Ansicht vertreten, dass sie den Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch des Klägers mit ihrem Schreiben vom 27. Mai 2021 für den Zeitraum 2018 bis 2020 vollständig erfüllt habe, da kein Anspruch auf Aufschlüsselung der Angaben nach Liefer-/Herstellungsmengen und -zeiten sowie der Benennung von Abnehmern bestehe. Einer Plausibilitätskontrolle durch den Kläger bedürfe es nicht, denn er habe für die Nutzungsjahre 2016 und 2017 deutlich gemacht, dass es ihm auf Basis der bislang übermittelten Informationen durchaus möglich sei, seinen Vergütungsanspruch zu beziffern.
- Mit Teilurteil vom 28. Juni 2022 (Az. 4b O 52/21) hat das Landgericht dem Antrag zu Ziffer 1. auf erster Stufe teilweise stattgegeben und die Beklagte für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2021 zur Auskunft und Rechnungslegung verurteilt, wobei es antragsgemäß die Nutzungen für die beiden Jahre 2016 und 2017 ausgenommen hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat sich zudem eine Entscheidung über den Antrag zu Ziffer 3. zusammen mit der Entscheidung über die weitere Stufe (Klageantrag zu Ziffer 2.) vorbehalten.
- Zur Begründung hat es angeführt:
- Dem Kläger stünden gegen die Beklagte für den Zeitraum 2018 bis 2021 Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung in der tenorierten Form zu, die sich aus §§ 9, 12 ArbNErfG i.V.m. §§ 242, 259 BGB ergeben würden. Mangels spezialgesetzlicher Regelungen gewähre die Rechtsprechung dem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitnehmererfinderrechts und auf Grundlage von Treu und Glauben einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gegen seinen Arbeitgeber, der von einer Diensterfindung Gebrauch macht. Denn ohne Kenntnis der mit der Erfindung erzielten Umsätze und der Unterlagen, aufgrund derer die Vergütung vom Arbeitgeber ggf. berechnet worden ist, könne der Erfinder weder das Bestehen eines Vergütungsanspruchs feststellen, noch die Höhe eventuell gezahlter Vergütungsbeträge überprüfen und den Umfang seiner Vergütungsansprüche berechnen.
- Da dem Kläger durch die unstreitig unbeschränkte Inanspruchnahme seiner dem Streitpatent zu Grunde liegender Erfindung grundsätzlich ein Vergütungsanspruch zustehe, könne dieser auch eine entsprechende Auskunft und Rechnungslegung verlangen. Dabei richte sich der Inhalt und Umfang des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsübung und Abwägung der beiderseitigen Interessen aus dem Zweck der Rechnungslegung. Grundsätzlich müsse die Auskunft alle Angaben enthalten, die der Arbeitnehmer benötige, um seine Erfindervergütung berechnen sowie beurteilen zu können, ob und in welchem Umfang ihm ein Vergütungsanspruch zustehe. Alle für die Bemessung seiner Vergütung in Betracht zu ziehenden Tatsachen und Bewertungsfaktoren seien ihm deshalb mitzuteilen, wobei ihm zudem auch die Kontrolle der mitgeteilten Angaben auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit ermöglicht werden müsse. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch finde allerdings eine Grenze in den Kriterien der Erforderlichkeit und Angemessenheit. Dies bedeute, dass der Arbeitnehmererfinder von seinem Arbeitgeber nicht unbeschränkt alle Angaben verlangen könne, die zur Bestimmung und Überprüfung der angemessenen Erfindervergütung nur irgendwie hilfreich und nützlich sind oder sein können, sondern nur solche Angaben, die zur Ermittlung der angemessenen Vergütung unter Berücksichtigung seiner berechtigten Interessen erforderlich seien.
- Ausgehend von diesen Grundsätzen könne der Kläger die tenorierten Angaben verlangen, da sie dem Kläger im vorliegenden Fall erst ein Minimum an Plausibilisierung und Überprüfbarkeit der erteilten Angaben ermöglichten. Dass der Kläger mit Blick auf die Jahre 2016 und 2017 eine Vergütung berechnet habe, stehe der Verpflichtung zur Erteilung der zusätzlichen Angaben für die Folgejahre nicht entgegen, da der Kläger auch die Auskünfte für 2016 und 2017 stets als unzureichend beanstandet habe. Dem stünden auch keine berechtigten Geheimhaltungsinteressen auf Seiten der Beklagten entgegen, da der Kläger schon kein Wettbewerber sei, er jedenfalls aber den Abschluss einer entsprechenden Geheimhaltungsvereinbarung angeboten habe.
- Demgegenüber seien die Ansprüche des Klägers betreffend den Zeitraum vor 2016 verjährt. Mangels anderweitiger Spezialregelungen gelte für die vorliegend streitgegenständlichen Ansprüche die allgemeine Verjährungsfrist des § 195 BGB. Da dem Kläger spätestens seit Markteinführung des „[…]“ Dichtrings im Jahr 2011 die Nutzung der Streiterfindung durch die Beklagte – auch auf Grund seiner Stellung im Unternehmen der Beklagten – bekannt gewesen sei, hätte er bereits ab diesem Zeitpunkt Vergütungsansprüche verjährungshemmend geltend machen können bzw. müssen.
- Die Erhebung der Verjährungseinrede stelle auch keine unzulässige bzw. missbräuchliche Rechtsausübung dar. Der Umstand, dass die Beklagte zunächst ihrer Festsetzungspflicht hinsichtlich der konkreten Höhe der Arbeitnehmererfindervergütung nicht nachgekommen sei, führe – für sich allein – nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit der erhobenen Verjährungseinrede. Denn nach § 12 ArbNErfG sei die Festsetzung der Art und Höhe der Vergütung eine dem Arbeitgeber auferlegte Obliegenheit, deren Nichtbeachtung für den Arbeitgeber keine nachteiligen Rechtsfolgen zeitige. Zudem halte allein die Nichtfestsetzung der Vergütung den Kläger nicht davon ab, innerhalb unverjährter Zeit den Klageweg zu beschreiten, denn dieses Verhalten der Beklagten begründe gerade keinen Vertrauenstatbestand dahin, dass sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung zukünftig nicht berufen werde. Auch dass der Kläger während seiner Angehörigkeit zum Betrieb der Beklagten aufgrund der Untätigkeit der Beklagten gezwungen gewesen wäre, verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen, begründe ein treuwidriges Verhalten der Beklagten nicht.
- Da der Arbeitnehmer die Zahlung der Erfindervergütung grundsätzlich nur jahresweise verlangen könne und der Auskunftsanspruch infolgedessen regelmäßig erst ab dem 1. März eines jeden Jahres für den Umfang der Nutzungen im Vorjahr bestehe, seien Auskunftsansprüche für die Jahre bis einschließlich 2015 spätestens im Jahr 2016 entstanden, so dass die Verjährungsfrist Ende des Jahres 2016 begonnen und mit Ablauf des Jahres 2019 geendet habe.
- Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf das Teil-Urteil vom 28. Juni 2022 Bezug genommen, § 540 ZPO.
- Gegen dieses den Parteien am selben Tag zugestellte Teil-Urteil haben sowohl der Kläger (mit Schriftsatz vom 22. Juli 2022) als auch die Beklagte (mit Schriftsatz vom 14. Juli 2022) form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
- Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine vom Landgericht zurückgewiesenen Klageansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung für den Zeitraum 1. September 2009 bis 31. Dezember 2015 sowie seinen bezifferten Zahlungsantrag für die Jahre 2016 und 2017 weiter. Im Wege der Klageerweiterung begehrt der Kläger nunmehr zudem Auskünfte und Rechnungslegung für einen Zeitraum ab dem 1. Januar 2022 sowie Belegvorlage zusätzlich durch die Vorlage von Rechnungen bzw. Lieferscheinen für diesen Zeitraum. Ferner begehrt er – auf zweiter Stufe der Stufenklage – die Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der mit Schreiben vom 10. Oktober 2022 erteilten Auskünfte an Eides statt.
- Die Beklagte hat sich mit ihrer Berufung gegen ihre Verurteilung zur Auskunft und Rechnungslegung für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2018 gewandt. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 10. Oktober 2022 (vgl. Anlage […]) an den Kläger eine aktualisierte und ergänzte Auskunft und Rechnungslegung für den Zeitraum 2018 bis 2021 übersandt hatte, haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 27. April 2023 unter Bezugnahme auf ihre Schriftsätze vom 15. Januar 2023 (Kläger) und 2. März 2023 (Beklagte) den Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gemäß Tenor I. des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2022 für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2021 – unter Verwahrung gegen die Kostenlast – in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Daraufhin hat die Beklagte ihre Berufung nicht weiter verfolgt.
- Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung unter Bezugnahme auf und in Erweiterung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor, dass das Landgericht zu Unrecht die Rechtsmissbräuchlichkeit der seitens der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede verneint habe. Das ArbNErfG stelle – unabhängig vom Fehlen einer gesonderten Verjährungsvorschrift – ein Schutzgesetz zu Gunsten des Arbeitnehmers dar und der Arbeitgeber dürfe nicht dafür privilegiert werden, dass er seiner in § 12 ArbNErfG kodifizierten Festsetzungspflicht langjährig zuwiderhandele. Unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer über das Bestehen eines Vergütungsanspruchs dem Grunde nach unterrichten müsse, sei er jedenfalls gesetzlich verpflichtet, ein Vergütungsangebot unter Mitteilung aller Vergütungsparameter zu unterbreiten. Erst dann könne und müsse der Arbeitnehmer entscheiden, ob er den Arbeitsfrieden durch verjährungshemmende bzw. -unterbrechende Maßnahmen riskieren wolle. Ein Arbeitgeber, der zudem gegen seine Pflicht nach § 15 Abs. 1 S. 2 ArbNErfG zur Meldung der Patenterteilung verstoße, könne mit Blick auf die Verjährungseinrede nicht besser gestellt werden, als ein Arbeitgeber, der seinen Obliegenheiten nachkomme.
- Der juristisch unerfahrene Kläger habe erst durch das Schreiben der Beklagten vom 19. März 2021 (Anlage […]) von dem Bestehen eines Vergütungsanspruchs erfahren. Daher müsse sich die Beklagte auch einen bis zu diesem Schreiben von ihr erzeugten Vertrauenstatbestand auf Seiten des Klägers entgegenhalten lassen. Ferner belege die unberechtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger den Umstand, dass dieser mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bei der früheren Geltendmachung von Arbeitnehmererfindervergütungsansprüchen hätte rechnen müssen.
- Aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit habe der Senat zudem die Befugnis, den in unzulässiger Art und Weise vom Landgericht zurückgestellten Zahlungsantrag „an-sich-zu-ziehen“ und über ihn zu entscheiden.
- Die ergänzende Auskunft der Beklagten vom 10. Oktober 2022 stehe in zahlreichen Widersprüchen zu der früheren Auskunft und Rechnungslegung vom 27. Mai 2021 und gebe deshalb gewichtigen Grund zu der Annahme, nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden zu sein, weshalb ein Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bestehe. Wie der Anlage […] entnommen werden könne, wichen die Angaben zu den „Netto“-Umsätzen zwischen den Auskünften gemäß Anlagen […] und […] bei einer Vielzahl von Positionen und in erheblichem Maße voneinander ab.
- Mit der Berufung würden die Ansprüche aus Auskunft und Rechnungslegung ohne eine zeitliche Befristung weiter verfolgt, wobei die entsprechenden Ansprüche für das Jahr 2022 seit dem 1. März 2023 fällig seien.
- Mit Blick auf die Frage der Kostenlast für den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil der Klage bringt der Kläger vor, dass der Umstand, dass er die unvollständige Auskunft für die Jahre 2016 und 2017 hingenommen und für die Zeiträume davor und danach ausdrücklich auf vollständige Auskunft und Rechnungslegung bestanden habe, keine Selbstbeschränkung zur Folge habe. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken der Akzeptierung der auf die Nutzungsjahre 2016 und 2017 beschränkten Teilauskunft habe er stets herausgestellt und diese Risiken ausdrücklich vergütungserhöhend geltend gemacht. Auch auf Grund der hartnäckigen, über zehn Jahre andauernden Vernachlässigung der im ArbNErfG geregelten Mitwirkungspflichten durch die Beklagte sei auf Seiten des Klägers ein erhöhter Kontrollbedarf entstanden mit der Folge, dass die Berufung der Beklagten (bis zur überstimmenden Teilerledigungserklärung) unbegründet gewesen sei.
- Nach übereinstimmender Teilerledigungserklärung betreffend die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2021, beantragt der Kläger,
die Beklagte zu verurteilen,
1. dem Kläger Auskunft zu geben und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) und ihre verbundenen Gesellschaften (§§ 15 ff. AktienG) die dem deutschen Patent DE[…] („[…]“; vorliegend als Anlage […]) zugrunde liegende Diensterfindung (= „Streiterfindung“) betreffend - eine Sanitärarmatur mit einem Anschlussgewinde, das eine Aufnahmenut aufweist, die in ihrem Nutgrund mit einer Rändelung versehen ist, wobei in der Aufnahmenut ein Dichtring angeordnet ist, wobei der der Aufnahmenut benachbarte Gewindegang auf der dem freien Ende des Anschlussgewindes abgewandten Seite gekürzt ist, und wobei der Dichtring einen Sockel aufweist, auf dem ein Steg angeordnet ist, welcher von beidseitig angeordneten Stufen gebildet ist
- ab 01.09.2009 bis zum 31.12.2015 und ab dem 01.01.2022 genutzt hat/haben, unter Angabe der
- a) Herstellungsmengen und -zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten sowie Netto- und Bruttopreisen unter Ausweisung etwaiger Abzüge,
c) Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer, - wobei die vorgenannten Angaben gesondert pro Kalenderjahr und pro Produkttyp (mit Artikelnummer) zu erfolgen haben;
- 2. an den Kläger […] € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus […] € seit dem 28.02.2017 und aus weiteren […] € seit dem 28.02.2018 abzüglich […] € zu zahlen;
- 3. vor dem zuständigen Amtsgericht durch ihren gesetzlichen Vertreter an Eides statt zu versichern, dass sie die Auskünfte gemäß ihrem Schreiben vom 10.10.2022 nebst Anlagen (= Anlage […]) so vollständig und richtig erteilt hat, wie sie dazu imstande ist;
- 4. bei der Auskunft/Rechnungslegung für erfindungsgemäße Nutzungen ab 01.01.2022 auch Rechnungen und für den Fall, dass keine Rechnungen vorhanden sein sollten, Lieferscheine vorzulegen (gem. OLG Düsseldorf Urteil vom 06.10.2022 Az. 2 U 52/22 GRUR-RS 2022, 34795).
- Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen; - die Klageerweiterung abzuweisen.
- Die Beklagte trägt in Verteidigung des ihr günstigen Teils der landgerichtlichen Entscheidung vor, für den Einwand des Rechtsmissbrauchs sei kein Raum. Insbesondere habe es dem Kläger freigestanden, als verjährungshemmende Maßnahme mit ihr über seine Vergütungsansprüche mit der Folge zu verhandeln, dass sie, die Beklagte, auch bereits früher ein Vergütungsangebot unterbreitet hätte. Nicht nachvollziehbar sei die Behauptung des Klägers, der bis zum Schreiben vom 19. März 2021 seitens der Beklagten vermeintlich unterbliebene Hinweis auf die Erteilung des Streitpatents habe zu einem Vertrauenstatbestand geführt, da der Kläger seine Ansprüche bereits gut fünf Monate zuvor mit patentanwaltlichem Schreiben vom 18. November 2020 geltend gemacht habe. Es komme auch nicht drauf an, dass dem Kläger vertiefte Kenntnisse vom Arbeitnehmererfinderrecht fehlten. Entscheidend sei vielmehr allein, dass der Kläger Kenntnis bzw. eine grob fahrlässige Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände gehabt habe. Kenntnisse über die Erteilung des Schutzrechts seien – anders als Kenntnisse über die Miterfindereigenschaft, den Charakter als Diensterfindung, die erfolgte Inanspruchnahme sowie die Tatsache der Verwertung der Erfindung durch den Arbeitgeber – nicht erforderlich.
- Ferner behauptet sie, die Abweichungen in den beiden Auskünften seien dadurch bedingt, dass in der letzten Auskunft nur der allein vergütungsrelevante Umsatz der Beklagten enthalten sei, während die ursprüngliche Auskunft auch nicht vergütungspflichtige Umsätze mit umfasst habe. Negative Mengenangaben und Umsätze seien durch Rücksendungen und entsprechende Rückerstattungen zu erklären. Die Richtigkeit der Auskunft sei zudem durch ihren Wirtschaftsprüfer im Rahmen einer Wirtschaftsprüfung vom 14. September 2022 bestätigt worden.
- Sie werde ihrer Auskunft- und Rechnungslegungsverpflichtung auch für das Jahr 2022 nachkommen, indes würde die nunmehr zusätzlich geforderte Belegvorlage durch die erforderlichen, händisch vorzunehmenden Schwärzungen einen – insoweit von dem Kläger nicht in Abrede gestellten – Kostenaufwand von ca. EUR xx.xxx,xx verursachen. Dies stelle einen unverhältnismäßigen Aufwand dar.
- Mit Blick auf die zu treffende Kostenentscheidung betreffend den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil bringt die Beklagte vor, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass der Kläger für den Zeitraum 2018 bis 2020 überhaupt und im Weiteren – mit Blick auf den Zeitraum 2018 bis 2021 – auch die vom Tenor umfassten weiteren Angaben habe verlangen können. Durch die außergerichtlich für den Zeitraum 2018 bis 2020 mitgeteilten Angaben zu Stückzahlen und Umsätzen sei der Auskunftsanspruch des Klägers vollumfänglich wegen Erfüllung ausgeschlossen. Das Vorgehen des Klägers habe gezeigt, dass er – mit Blick auf die entsprechenden Auskünfte für die Jahre 2016 und 2017 – die vermeintlich ihm zustehende Vergütung habe berechnen können. Nicht nachvollzogen werden könne, wieso ihm dies für die übrigen Jahre 2018 bis 2020 nicht möglich gewesen sei, zumal er die Angaben für die Jahre 2016 und 2017 angenommen und nicht zurückgewiesen habe. Insoweit sei es nicht sie, sondern der Kläger, der sich widersprüchlich und damit rechtsmissbräuchlich verhielte. Auch ließen sich – entgegen der Ansicht des Landgerichts – die von der Rechtsprechung zur Patentverletzung und zum Lizenzvertragsrecht entwickelten Grundsätze betreffend die Auskunft und Rechnungslegung durch einen Patentverletzer/Lizenznehmer nicht ohne weiteres auf die Vergütung eines Arbeitnehmers übertragen.
- Darüber hinaus sei das Landgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass sie dem Kläger auch Angaben zu Herstellungsmengen und -zeiten, Lieferungen, Abnehmern sowie Nutzungen durch verbundene Unternehmen schulde. Soweit das Landgericht die Angabe von Liefer- und Herstellungsmengen mit der Plausibilitätsprüfung begründet habe, habe es verkannt, dass im vorliegenden Fall kein Kontrollbedarf bestehe, da der Kläger die Angaben für die Jahre 2016 und 2017 trotz Fehlen der Kontrollangaben akzeptiert habe. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sich der wirtschaftliche Wert einer Diensterfindung in den vertriebenen und nicht in den hergestellten Produkten niederschlage, daher seien die herstellungsbezogenen Angaben von vornherein ohne Belang für den Arbeitnehmer. Mit Bezug auf die Angaben zu Abnehmern gelte es ferner zu berücksichtigen, dass es sich dabei um Geschäftsgeheimnisse der Beklagten und ihrer Kunden handele und der Kläger gegenüber den Abnehmern der Beklagten keine Geheimhaltung versprochen habe. Auskünfte über die Verwertung der Diensterfindung bei anderen Konzernunternehmen seien für die Erfindervergütung unerheblich. Die Beklagte habe ihrer Auskunftserteilung die wirtschaftlichen Vorteile zugrunde gelegt, die sie mit der Verwertung der Erfindung erzielt habe. Umfasst seien dabei auch solche Nutzungssituationen, in denen die Beklagte das erfindungsgemäße Produkt an konzernverbundene Unternehmen verkauft und hierfür von den Konzernunternehmen einen internen Verrechnungspreis erhalten habe. Diesen wirtschaftlichen Vorteil, auf den es nach dem allgemeinen Vergütungsgrundsatz nach § 9 ArbNErfG allein ankomme, sei in den Angaben über den erzielten Umsatz in der Spalte „Umsatz netto netto“ bereits enthalten. Weitergehende Angaben zu Nutzungen durch konzernverbundene Unternehmen könne der Kläger demgegenüber nicht verlangen. Weiterhin würden sich negative Umsätze mit der Mengenangabe „null“ durch Sonderverkaufsaktionen und Rabatten ergeben.
- B.
Die nur noch zur Entscheidung stehende zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klageerweiterungen haben – soweit sie nicht unzulässig sind – nur insoweit Erfolg, wie der Kläger Auskunft und Rechnungslegung für einen Zeitraum ab dem 1. Januar 2022 in der tenorierten Form begehrt. - I.
Die Klageerweiterungen des Klägers sind nur teilweise zulässig. - 1)
Soweit der Kläger eine Entscheidung über den von ihm (nunmehr zu Ziffer 2) geltend gemachten bezifferten Zahlungsantrag begehrt, stellt dies in der Berufungsinstanz prozessual eine Klageerweiterung dar, die indes bereits unzulässig ist, da der Senat derzeit (noch) nicht in prozessual zulässiger Art und Weise über den Zahlungsantrag entscheiden kann. - Der Kläger hat – wie dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 24. Mai 2022 entnommen werden kann – seinen bezifferten Zahlungsantrag bereits in erster Instanz (dort noch als Antrag zu Ziffer 3.) zur Entscheidung gestellt. Das Landgericht hat in Folge über diesen Antrag jedoch nicht entschieden, sondern sich – wie dem ersten Absatz auf Seite 7 des Teilurteils vom 28. Juni 2022 entnommen werden kann – eine Entscheidung über diesen Antrag zusammen mit der späteren Entscheidung über die Höhestufe der Stufenklage vorbehalten. Entscheidet das Gericht der ersten Instanz (ggf. fehlerhaft) über einen Anspruch nicht, so kann dies von der betroffenen Partei mit einem Rechtsmittel gerügt werden, wobei die zur Einlegung des Rechtsmittels befähigende Beschwer nicht in der getroffenen, sondern in der unterlassenen Entscheidung über einen gestellten Antrag liegt (BAG, Urt. v. 23. Juni 1993, Az. 2 AZR 56/93, NJW 1994, 1428). Der Gläubiger des Anspruchs, über den die Ausgangsinstanz nicht entschieden hat, kann diesen in der Berufungsinstanz im Wege der Klageerweiterung weiter verfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 20. August 2009, Az. VII ZR 205/07, NJW 2010, 227; Feskorn/Zöller, Kommentar zur ZPO, 34. Auflage 2022, § 321, Rz. 3).
- Eine bezifferte Teilklage kann – prozessual grundsätzlich zulässig – mit einer zunächst unbezifferten Stufenklage verbunden werden (BGH, Urt. v. 26. April 1989, Az. IVb ZR 48/88, NJW 1989, 2821). Über den bezifferten Zahlungsantrag kann indes gesondert nur entschieden werden, wenn die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils nach § 301 ZPO vorliegen (Greger/Zöller, a.a.O., § 254, Rz. 4a). Die grundlegenden Voraussetzungen zum Erlass eines Teilurteils gelten gemäß § 525 ZPO auch für den Erlass eines Teilurteils in der Rechtsmittelinstanz.
- Wie das Landgericht in seiner Verfügung vom 7. Februar 2022 zutreffend ausgeführt hat, fehlt es mit Blick auf den Zahlungsantrag vorliegend an den Voraussetzungen des § 301 ZPO. Neben der Teilbarkeit des Streitgegenstandes als grundlegende Bedingung ist es für den Erlass eines Teilurteils erforderlich, dass die Entscheidung über den jeweiligen Teil der Klage unabhängig davon ist, wie über den Rest des im Anschluss noch anhängigen Streitgegenstandes entschieden wird (vgl. BGH, Urt. v. 12. April 2016, Az. XI ZR 305/14, NJW 2016, 2662; Urt. v. 11. Mai 2011, Az. VIII ZR 42/10, NJW 2011, 2736; Urt. v. 16. August 2007, Az. IX ZR 63/06, MDR 2007, 1394). Ein Teilurteil darf daher nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist (BGH, Urt. v. 28. Januar 2022, Az. V ZR 99/21, ZfBR 2022, 555; Hinweisbeschl. v. 21. September 2017, Az. I ZR 230/16, GRUR-RS 2017, 136054 – Windows; Urt. v. 3. November 2016, Az. I ZR 101/15, GRUR 2017, 520 – Micro Cotton; Urt. v. 20. Juni 2013, Az. VII ZR 103/12, NJW-RR 2014, 23; Urt. v. 11. Mai 2011, Az. VIII ZR 42/10, NJW 2011, 2736). Eine solche Gefahr besteht insbesondere, wenn in dem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich im weiteren Verfahren über die sonstigen Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (Feskorn/Zöller, a.a.O., § 301, Rz. 12; Cepl/Cepl/Voß, Prozesskommentar Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 3. Auflage 2022, § 301, Rz. 6; Voß/BeckOK, Kommentar zum PatG, 27. Edition 2023, Vor §§ 139, Rz. 195). Dies gilt auch, soweit es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen, noch das Gericht gemäß § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (BGH 12. April 2016, Az. XI ZR 305/14, MDR 2016, 1408; Urt. v. 13. April 2016, Az. XII ZB 578/14, FamRZ 2016, 1044; Urt. v. 23. September 2015, Az. I ZR 78/14, GRUR 2015, 1201 – Sparkassen-Rot; Urt. v. 20. Juni 2013, Az. VII ZR 103/12, NJW-RR 2014, 23). Es genügt also eine Präjudizialität dergestalt, dass der durch Teilurteil beschiedene und der noch rechtshängige Anspruch von gemeinsamen Vorfragen abhängen (BGH, Urt. v. 21. August 2014, Az. VII ZR 24/12, MDR 2014, 1138; Urt. v. 26. April 2012, Az. VII ZR 25/11, NJW-RR 2012, 849; Urt. v. 28. November 2002, Az. VII ZR 270/01, NJW-RR 2003, 303). Es reicht zudem aus, dass es zu einer widersprechenden Entscheidung (erst) infolge einer späteren Änderung der Beurteilung durch das entscheidende Gericht oder einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht kommen kann (BGH Hinweisbeschluss v. 21. September 2017, Az. I ZR 230/16, GRUR-RS 2017, 136054 – Windows; Urt. v. 23. September 2015, Az. I ZR 78/14, GRUR 2015, 1201 – Sparkassen-Rot/Santander-Rot; Feskorn/Zöller, a.a.O., § 301, Rz. 12; Voß/BeckOK, a.a.O., Vor §§ 139, Rz. 195).
- Mit Blick auf den Zahlungsantrag zu Ziffer 2., der die vom Kläger bezifferte Arbeitnehmererfindervergütung für die Jahre 2016 und 2017 umfasst, sind insbesondere auch Fragen betreffend die einzelnen Parameter wie Lizenzsatz und Anteilsfaktor zu klären, die für die Berechnung der Vergütung von erheblicher Relevanz sind. Diese Fragen gelten gleichermaßen für etwaige Vergütungsansprüche betreffend andere Zeiträume, die Gegenstand der derzeit noch unbezifferten Zahlungsstufe der Stufenklage sind und über die daher zu einem späteren Zeitpunkt (erneut) entschieden werden muss. Dies birgt jedenfalls die Gefahr, dass mit Blick auf die Vergütungsparameter einander widersprechende Entscheidungen getroffen werden können.
- Da die prozessualen Voraussetzungen für eine gesonderte Entscheidung über den bezifferten Zahlungsantrag nicht vorliegen, kommt es – anders als der Kläger meint – auf die Frage eines etwaiges An-sich-ziehen der Sache durch den Senat nicht an. Die diesbezüglich vom Kläger mit Schriftsatz vom 22. August 2022 in Bezug genommene BGH-Rechtsprechung sowie die ferner in Bezug genommene Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Köln und München betreffen andere Sachverhaltskonstellationen und vermögen daher nichts daran zu ändern, dass vorliegend die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht.
- 2)
Soweit der Kläger auf der ersten Stufe seiner Stufenklage nach § 254 ZPO nunmehr auch Auskunft und Rechnungslegung für einen Zeitraum ab dem Jahr 2022 begehrt, erweist sich dieses Begehren als zulässig. Dabei handelt es sich jedoch – anders als der Kläger meint – nicht um die Weiterverfolgung seines erstinstanzlichen Begehrens. Zwar war der mit Klageschrift vom 28. Juni 2021 zu Ziffer 1. angekündigte Antrag auf Auskunft und Rechnungslegung mangels Angabe eines Endzeitpunktes zeitlich nicht beschränkt, der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 24. Mai 2022 diesen Antrag jedoch mit der Maßgabe gestellt, dass er Auskunft und Rechnungslegung für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis zum 31. Dezember 2021 begehrt. Damit waren Ansprüche für den Zeitraum ab 2022 nicht (mehr) streitgegenständlich. Das Begehren des Klägers auf Auskunft und Rechnungslegung für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2022 erweist sich vorliegend jedoch als Klageerweiterung in Ansehung der §§ 533, 264 Nr. 2 ZPO als grundsätzlich zulässig (vgl. BGH, Urt. v. 15. Dezember 2022, Az. I ZR 135/21, NJOZ 2023, 89; Urt. v. 21. März 2018, Az. VIII ZR 68/17, NJW 2018, 3448; Urt. v. 19. März 2004, V ZR 104/03, NJW 2004, 2152; Heßler/Zöller, a.a.O., § 533, Rz. 3). - 3)
Unzulässig ist demgegenüber die vom Kläger mit Schriftsatz vom 15. Januar 2023 erklärte Klageerweiterung bzw. -teilumstellung mit Blick auf das Begehren der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (zweite Stufe der Stufenklage). - Bei den einzelnen Stufen der Stufenklage nach § 254 ZPO (Auskunft/Rechnungslegung, Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und bezifferter Zahlungs-/Leistungsantrag) handelt es sich grundsätzlich um prozessual eigenständige Teile eines einheitlichen Verfahrens (BGH, Urt. v. 20. November 1979, Az. VI ZR 248/77, NJW 1980, 1106, 1107; Urt. v. 5. Mai 1994, Az. III ZR 98/03, NJW 1994, 2895; Becker-Eberhard/MüKo, Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 254, Rz. 8). Eine innere Verbindung der einzelnen Stufen besteht nur insoweit, als dass der vorgeschaltete Auskunftsanspruch und der ggf. nachfolgende bzw. zwischengeschaltete Anspruch auf Versicherung an Eides statt lediglich Hilfsmittel zur konkreten Bezifferung des durchzusetzenden Leistungsanspruchs sind (BGH, Urt. v. 8. November 1978, Az. VIII ZR 199/77, NJW 1979, 925; Greger/Zöller, a.a.O., § 254, Rz. 5). Über die erste bzw. die ersten beiden Stufen ist – sofern die Klage insgesamt zulässig ist und materiell-rechtlich ein Hauptanspruch besteht – in der vorgegebenen Reihenfolge und im Wege der abgesonderten Antragstellung jeweils durch Teilurteil zu entscheiden (Zigann/Werner/Cepl/Voß, a.a.O., § 254, Rz. 10; Greger/Zöller, a.a.O., § 254, Rz. 10).
- Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger im Berufungsverfahren betreffend das mit Blick auf die Auskunftsstufe ergangene Teilurteil überhaupt in prozessual zulässiger Art und Weise von dieser Stufe auf die nächste Stufe (Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder Leistungsstufe) übergehen kann. Denn Voraussetzung für das Übergehen auf die nächste Stufe ist jedenfalls die (vollständige) Beendigung der vorherigen Stufe, da der gleichzeitige Streit über verschiedene Stufen einer einheitlichen Klage mit dem Grundsatz der sukzessiven Verhandlung unvereinbar ist, auch wenn er in verschiedenen Instanzen geführt wird (BGH, Urt. v. 8. Mai 1985, Az. IVa ZR 138/83, MDR 85, 825; i.E. auch: Bacher/BeckOK, Kommentar zur ZPO, 47. Edition 2022, § 254, Rz. 30).
- Hier fehlt es im derzeitigen Verfahrensstadium an dem Abschluss der ersten Stufe, da die Parteien auch in der Berufung noch über solche Ansprüche streiten, die die erste Stufe betreffen, nämlich soweit es um die Verpflichtung der Beklagten zur Auskunft und Rechnungslegung für den Zeitraum 1. September 2009 bis 31. Dezember 2015 und ab dem 1. Januar 2022 geht. Daher ist es dem Kläger verwehrt, bereits jetzt – mit Blick auf den von der zuletzt erteilten Auskunft abgedeckten Zeitraum betreffend die Jahre 2018 bis 2021 und damit für einen Teil der ursprünglichen Stufenklage – auf die nächste Stufe zu wechseln.
-
II.
Die Berufung des Klägers, mit der er auf der ersten Stufe sein auf Auskunft und Rechnungslegung gerichtetes Begehren für den Zeitraum 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2015 weiter verfolgt, ist unbegründet. Denn der Durchsetzung der Ansprüche des Klägers für diesen Zeitraum steht – wovon das Landgericht zu Recht ausgegangen ist – die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede entgegen. Der vom Kläger gegen die Einrede erhobene Einwand des Rechtsmissbrauchs wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB greift nicht durch. - 1)
Wie das Landgericht unter Darlegung der rechtlichen Grundätze auf den Seiten 14 und 15 seines Urteils zutreffend ausgeführt hat, unterliegen die streitgegenständlichen Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung als Hilfsansprüche zu dem Vergütungsanspruch (Hauptanspruch) einer eigenständigen Verjährung, die sich mangels Vorhandenseins spezialgesetzlicher Bestimmungen nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 194ff. BGB bemisst (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 9. August 2007, Az. I-2 U 41/06, BeckRS 2008, 7987; Urt. v. 28. Februar 2014, Az. I-2 U 109/11, BeckRS 2014, 5729 – m.w.N.). - Danach beginnt die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB mit Schluss des Jahres, in dem die Ansprüche entstanden sind (was grundsätzlich ihre Fälligkeit voraussetzt) und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Tatsachen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt bzw. grob fahrlässig nicht erlangt hat (§ 199 Abs. 1 BGB). Die haftungsbegründenden Tatsachen zu „Tat“ und „Täter“ müssen so vollständig und sicher bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt sein, dass sie einen zwar nicht risikolosen, aber doch einigermaßen aussichtsreichen Erfolg einer Klage versprechen und dem Verletzten daher bei verständiger Würdigung der Sachlage eine Klage zuzumuten ist (BGH, Urt. v. 25. April 2012, Az. I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279, 1284 – Das große Rätselheft). In Bezug auf den vorbereitenden Auskunftsanspruch des Arbeitnehmererfinders reicht es jedenfalls aus, dass der Arbeitnehmer Kenntnis von der Inanspruchnahme und der Benutzung der Erfindung durch den Arbeitgeber hat, wobei dahinstehen kann, ob letztere Kenntnis überhaupt erforderlich ist, da bereits die Inanspruchnahme den Vergütungsanspruch dem Grunde nach entstehen lässt und der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch lediglich die Darlegung einer gewissen Wahrscheinlichkeit für den Vergütungsanspruch verlangt, wofür bereits der Nachweis einer (unbeschränkten) Inanspruchnahme ausreicht (OLG Düsseldorf, Urt. v. 28. Februar 2014, Az. I-2 U 109/11, BeckRS 2014, 5729).
- Nach den unangefochtenen Feststellungen des Landgerichts hatte der Kläger seit September 2009 Kenntnis von der Inanspruchnahme der Diensterfindung durch die Beklagte. Dagegen, dass der Kläger spätestens im Jahr 2011 durch Markteinführung des unter der Bezeichnung „[…]“ vertriebenen (neuen) Dichtrings zudem Kenntnis von der Benutzung seiner Diensterfindung erlangt hatte, erinnert die Berufung nichts. Daraus folgt, dass der Kläger spätestens im Jahr 2011 alle erforderlichen Kenntnisse besaß, die ihn zur Geltendmachung seines Vergütungsanspruchs befähigt haben. Dies führt unter Berücksichtigung der weiteren, unbeanstandeten Annahme des Landgerichts, dass der Vergütungsanspruch des Klägers im vorliegenden Fall – wie üblich – auf jährlicher Basis entsteht und Auskunft in Folge dessen erst ab dem 1. März des jeweiligen Folgejahres verlangt werden kann (OLG Düsseldorf, Urt. v. 28. Februar 2014, Az. I-2 U 109/11, BeckRS 2014, 5729), dazu, dass der Auskunftsanspruch für das Jahr 2015 (und damit erst Recht alle Ansprüche betreffend den Zeitraum 2009 bis 2014) spätestens im Jahr 2016 fällig geworden ist und Verjährung damit mit Ablauf des Jahres 2019 eingetreten ist. Demgegenüber sind die (ursprünglich bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung streitgegenständlichen) Ansprüche für die Jahre 2018 bis 2021 nicht verjährt, da Ansprüche für das Jahr 2018 erst im Folgejahr 2019 fällig geworden sind und daher Verjährung erst mit Ablauf des Jahres 2022 eingetreten wäre. Der Kläger hat der Verjährung dieser Ansprüche mit Erhebung der hiesigen Klage im Jahr 2021 daher rechtzeitig entgegengewirkt. Entsprechendes gilt erst Recht für Ansprüche betreffend die Folgejahre.
- 2)
Die Erhebung der Einrede der Verjährung erweist sich – auch unter Berücksichtigung des weiteren Berufungsvorbingens des Klägers – nicht als unzulässige Rechtsausübung durch die Beklagte. - a)
Das im allgemeinen Schuldrecht in § 242 BGB niedergelegte Prinzip von Treu und Glauben stellt einen das gesamte Rechtsleben beherrschenden Grundsatz dar, wonach jedermann in Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten mit der gebotenen Rücksicht und sozial angemessen zu handeln hat (vgl. Sutschet/BeckOK, Kommentar zum BGB, 65. Edition 2023, § 242, Rz. 1). Welche konkreten Anforderungen an die betroffenen (Vertrags-)Parteien sich aus Treu und Glauben ergeben, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden (Grüneberg/Grüneberg, Kommentar zum BGB, 80. Auflage 2021, § 242, Rz. 38 m.w.N.). - Der Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens kann auch für die Frage, ob die Verjährungseinrede erfolgreich erhoben werden kann, von Relevanz sein. So kann es dem Anspruchsgegner verwehrt sein, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen, wenn er durch sein Verhalten dazu beigetragen hat, dass der Anspruchsteller seinen Anspruch nicht vor Eintritt der Verjährung klageweise geltend machen konnte. Auf eine diesbezügliche (Verhinderungs-)Absicht des Anspruchsgegners kommt es dabei nicht an, maßgeblich ist vielmehr jedes Verhalten des Anspruchsgegners, das den Anspruchsteller faktisch davon abgehalten hat, rechtzeitig verjährungshemmende oder – unterbrechende Maßnahmen zu ergreifen (vgl. BGH, Urt. v. 14. November 2013, Az. IX ZR 215/12 NJW-RR 2014, 1020 zur Verjährungseinrede im Rahmen eines steuerrechtlichen Mandats). Ferner ist die Ausübung eines Rechts in der Regel missbräuchlich, wenn der Berechtigte es gerade durch ein gesetz-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erworben hat (Grüneberg, a.a.O., Rz. 43 m.w.N.) oder der Gläubiger aus dem gesamten Verhalten des Schuldners für diesen erkennbar das Vertrauen schöpfte und schöpfen durfte, dass der Schuldner die Verjährungseinrede nicht erheben, sondern sich auf sachliche Einwände beschränken werde (BAG, Urt. v. 22. April 2004, Az. 8 AZR 620/02, NJOZ 2005, 2318 – Verjährung von Vergütungsansprüchen).
- b)
Eine derartige Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor, auch nicht unter Berücksichtigung der für den Bereich des Arbeitnehmererfinderrechts geltenden Regelungen und anerkannten Gepflogenheiten. - Für diesen Bereich und die dem Arbeitnehmererfinder zustehende Vergütung ist anerkannt, dass den Arbeitgeber keine Unterrichtungs- und Belehrungspflichten über die sich aus dem ArbNErfG ergebenden Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers treffen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 9. August 2007, Az. I.2 U 41/06, BeckRS 2008, 7987). Denn die Fürsorgepflicht umfasst bereits keine grundsätzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer über die sich aus dem ArbNErfG ergebenden Rechte zu belehren, insbesondere nicht über die Folgen einer Versäumung gesetzlicher Fristen. Der Arbeitgeber muss seinen Arbeitnehmer auch nicht bei der Geltendmachung gegen ihn selbst gerichteter Ansprüche unterstützen; er ist nicht zu einem Handeln gegen seine eigenen berechtigten Interessen verpflichtet. Eine Ausnahme besteht allenfalls dann, wenn der Arbeitgeber einer Bitte seines Arbeitnehmers um Rechtsauskunft nachkommt oder erkennt, dass der Arbeitnehmer sich in einem Irrtum über seine Rechte befindet, insbesondere wenn der Arbeitgeber den Irrtum des Arbeitnehmers durch eigenes schuldhaftes Verhalten herbeigeführt hat (OLG Düsseldorf, Urt. v. 25. August 2005, GRUR-RR 2006, 118 – Drehschwingungstilger). Derartiges ist vorliegend weder vorgetragen noch sonst wie zu erkennen.
- Das Landgericht ist zudem zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der Festsetzungspflicht nach § 12 Abs. 3 ArbNErfG um eine Obliegenheit des Arbeitsgebers handelt, deren Nichtbeachtung den Arbeitnehmererfinder grundsätzlich zur (schlussendlich gerichtlichen) Geltendmachung seiner Ansprüche befähigen soll, im Übrigen für den Arbeitgeber jedoch keine pauschalen nachteiligen Folgen im Sinne eines Rechtsverlusts zeitigt. Insbesondere führt die Nichtbeachtung der Festsetzungsobliegenheit nicht automatisch, d.h. nicht ohne das Vorliegen weiterer, den Rechtsmissbrauch begründender Umstände, dazu, dass dem Arbeitgeber das Berufen auf die Verjährungseinrede allgemein verwehrt werden kann.
- Kommt eine Vereinbarung über die Vergütung in angemessener Frist nach Inanspruchnahme der Diensterfindung nicht zustande, so obliegt es dem Arbeitgeber nach § 12 Abs. 1 S. 1 ArbNErfG die Vergütung durch eine begründete, grundsätzlich empfangsbedürftige Willenserklärung festzusetzen und anschließend auch entsprechend der Festsetzung zu zahlen (vgl. Kronisch/Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, 5. Auflage 2022, § 12 ArbNErfG, Rz. 5; Schoob/Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 2. Auflage 2022, § 12 ArbNErfG, Rz. 5). Unerheblich ist, aus welchen Gründen eine Verständigung zwischen dem Arbeitgeber und dem Diensterfinder nicht zustande gekommen ist. Es spielt daher auch keine Rolle, ob überhaupt Verhandlungen zwischen den Parteien geführt wurden oder welche der Parteien dafür verantwortlich war, dass eine Verständigung nicht erfolgte (vgl. Keukenschrijver/Busse/Keukenschrijver, Kommentar zum PatG, 8. Auflage 2016, § 12 ArbNErfG, Rz. 15; Engemann/Boemke/Kursawe, Kommentar zum ArbNErfG, 1. Auflage 2015, § 12, Rz. 63). Missachtet der Arbeitgeber seine Festsetzungsobliegenheit nach § 12 Abs. 3 ArbNErfG, so macht er sich ggf. gegenüber dem Diensterfinder schadensersatzpflichtig mit der Folge, dass er etwaige (Vermögens-)Schäden seines Arbeitnehmers, die auf Grund der Nichtfestsetzung der Vergütung diesem entstehen, auszugleichen hat. Entsprechendes gilt allerdings nur dann, wenn der Diensterfinder erfolglos unter Fristsetzung die Festsetzung angemahnt hat und zu diesem Zeitpunkt der Vergütungsanspruch des Diensterfinders bereits fällig ist (Engemann/Boemke/Kursawe, a.a.O., § 12, Rz. 72). Etwas anderes kann im Einzelfall gelten, wenn der Diensterfinder seinen Arbeitgeber ausdrücklich um eine Auskunft über die Rechtslage gebeten hat (vgl. Kronisch/Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, a.a.O., § 12 ArbNErfG, Rz. 11). Derartiges ist vorliegend weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich. Der Kläger hat überdies erstmals mit Schreiben vom 18. November 2020 die Festsetzung seiner Vergütung angemahnt.
- Soweit der Kläger zur Begründung des Rechtsmissbrauchs zuletzt noch auf den – vermeintlichen – Verstoß der Beklagten gegen § 15 Abs. 1 ArbNErfG Bezug genommen hat, so vermag er auch damit nicht durchzudringen. Nach § 15 Abs. 1 ArbNErfG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zugleich mit der Anmeldung der Diensterfindung zur Erteilung eines Schutzrechts Abschriften der Anmeldeunterlagen zu geben und ihn von dem Fortgang des Verfahrens zu unterrichten. Insoweit obliegt es dem Arbeitgeber, seinen Arbeitnehmer über die Erteilung des angemeldeten Patents zu unterrichten. Allerdings handelt es sich bei der, die gegenseitigen Rechte und Pflichten beim Erwerb von Schutzrechten regelnden, Vorschrift des § 15 ArbNErfG nur um eine Konkretisierung der Fürsorge- und Treuepflicht im Arbeitsverhältnis (Schwab, Kommentar zum Arbeitnehmererfindungsrecht, 4. Auflage 2018, § 15, Rz. 5). Eine entsprechende Pflichtverletzung führt allenfalls dazu, dass sich der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig macht (vgl. Keukenschrijver/Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 15 ArbNErfG, Rz. 10 – m.w.N.). Da der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer grundsätzlich nicht bei der Geltendmachung gegen ihn selbst gerichteter Ansprüche unterstützen muss, führt die vermeintliche Nichtmitteilung der Patenterteilung damit auch nicht dazu, dass das die Erhebung des Verjährungseinwandes treuwidrig ist. Unabhängig davon hat der Kläger durch sein eigenes Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass die vermeintliche Unkenntnis über die Patenterteilung ihn nicht von der Geltendmachung von Vergütungsansprüchen abgehalten hat. Denn obwohl er nach eigenem Vortrag erstmals durch das als Anlage […] zur Akte gereichte Schreiben vom 19. März 2021 von der Erteilung des Streitpatents erfahren haben will, so hat er gegenüber der Beklagten bereits unter dem 18. November 2020 und damit ein knappes halbes Jahr vorher – unter Einschaltung eines Patentanwalts – Ansprüche geltend gemacht. Das vermeintlich fehlende Wissen um die Patenterteilung war damit nicht kausal für die zögerliche Rechtsverfolgung.
- Weder vorgetragen, noch ersichtlich ist, dass die Beklagte vorliegend einen von ihr erkannten (oder sogar bewusst oder unbewusst erzeugten) Irrtum auf Seiten des Klägers ausgenutzt hat. Ein solcher Irrtum bzw. eine unklare Rechtslage, der bzw. die im Einzelfall weitergehende Informationspflichten des Arbeitgebers auszulösen vermag, liegt insbesondere nicht in dem Umstand begründet, dass die unbeschränkte Inanspruchnahme der Diensterfindung (nur) „für den Fall der Schutzfähigkeit“ erklärt wurde. Anders könnte der Fall nur dann liegen, wenn die Schutzfähigkeit zu irgendeinem Zeitpunkt von den Parteien als kritisch erachtet worden wäre und der Kläger daher berechtigterweise eine Rückmeldung seines Arbeitgebers zum Stand des Erteilungserfahrens erwarten durfte. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall ist.
- Insoweit kann auch dahinstehen, ob es sich – wie der Kläger meint – bei den §§ 12 Abs. 3, 15 Abs. 1 ArbNErfG um (Arbeitnehmer-)Schutzgesetze handelt. Dafür streitet, dass diese beiden Normen dem Arbeitgeber bestimmte Obliegenheiten/Pflichten auferlegen, die nicht zuletzt das Ziel haben, dem Arbeitnehmer zu seinem Recht auf Vergütung zu verhelfen. Der Verstoß gegen diese (vermeintlichen) Schutzgesetze führt indes dazu, dass dem Kläger – wie zuvor ausgeführt – ggf. ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen kann. Es gibt jedoch weder im Bereich des Arbeitnehmererfinderrechts noch im allgemeinen Zivilrecht einen Grundsatz, der besagt, dass der Verstoß gegen ein Schutzgesetz (automatisch) dazu führt, dass dem Schuldner die Berufung auf die Verjährungseinrede verwehrt werden kann. Derartiges erscheint auch nicht sachgerecht, da es sich bei der Einrede der Verjährung um ein Rechtsinstitut handelt, dass nicht nur dem Schutz des Schuldners dient, sondern auch den Interessen des Gläubigers und der Allgemeinheit an Rechtssicherheit und -frieden (vgl. Grothe/MüKo, Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2021, § 194, Rz. 7). Wäre die Verjährungseinrede bei Verletzung eines Arbeitnehmerschutzgesetzes stets ausgeschlossen, so könnte der Arbeitnehmer ggf. auch Jahrzehnte später noch Vergütungsansprüche gegen seinen Arbeitgeber geltend machen, was ihm eine privilegierte Position verschaffen würde, für die es keine Rechtfertigung gibt. Darin liegt – anders als der Kläger meint – auch keine Privilegierung des Arbeitgebers, da es dem Arbeitnehmer grundsätzlich freisteht, innerhalb der Regelverjährung seine Ansprüche beim Arbeitgeber zumindest anzumelden und durch geeignete Maßnahmen, wie etwa Verhandlungen im Sinne von § 203 BGB, die Verjährung zu hemmen. Ob im vorliegenden Fall dem Kläger zumutbar gewesen wäre, während des zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten seine Ansprüche einzuklagen und so den Betriebsfrieden ggf. nachhaltig zu stören, kann dahinstehen, da dem Kläger jedenfalls – wie zuvor beschrieben – auch weniger einschneidende Maßnahmen zur Verfügung standen, von denen er indes ebenso keinen Gebrauch gemacht hat.
- Der Verweis des Klägers auf Rechtsprechung des BGH außerhalb des Arbeitnehmererfinderrechts sowie die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung des BAG und EuGH betrifft zwar dem Grunde nach auch die Problematik des Rechtsmissbrauchs des Verjährungseinwandes, indes lagen all diesen Entscheidungen gänzlich anders gelagerte Sachverhalte zu Grunde, die es in den jeweiligen Fällen rechtfertigten, dem Schuldner die Einrede der Verjährung zu versagen. So treffen den Arbeitgeber mit Blick auf den Urlaubsanspruch seines Arbeitnehmers etwa andere, viel weitreichendere Obliegenheiten und Mitwirkungspflichten, als es §§ 12 und 15 ArbNErfG statuieren. Gleiches gilt für die Frage, in welchem Umfang der Arbeitgeber seinen Angestellten über Änderungen an der Gesellschaftsstruktur unterrichten, oder der Arbeitgeber für seine Angestellten tarifvertragliche Ansprüche erfüllen muss.
-
III.
Die Klageerweiterung mit Blick auf Auskunft und Rechnungslegung für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2022 ist im tenorierten Umfang begründet, wobei der Kläger insbesondere auch die von ihm begehrten Angaben zu Herstellungs- und Liefermengen sowie Abnehmern verlangen kann. Demgegenüber kann er zusätzlich eine Belegvorlage (Rechnungen bzw. Lieferscheine) nicht verlangen. - 1)
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger – wovon auch die Parteien übereinstimmend ausgehen – durch die Inanspruchnahme seiner Diensterfindung durch die Beklagte ein arbeitnehmererfinderrechtlicher Vergütungsanspruch dem Grunde nach zusteht. - Aus den ebenfalls zutreffenden rechtlichen Erwägungen (Seiten 7 bis 9 des landgerichtlichen Urteils), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird und denen sich der Senat nach eigener Überprüfung anschließt, ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Kläger daher aus §§ 9, 12 ArbNErfG i.V.m. §§ 242, 259 BGB auch die den Zahlungsanspruch vorbereitenden Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung zustehen. Da der Auskunftsanspruch der Vorbereitung, namentlich Bezifferung des Anspruchs auf Zahlung der vom Arbeitgeber geschuldeten Erfindervergütung dient, und die Erfindervergütung maßgeblich von der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Diensterfindung durch den Arbeitgeber abhängt, für die wiederum die wirtschaftlichen Vorteile bedeutsam sind, die der Arbeitgeber aus der Verwertung der Diensterfindung tatsächlich zieht, und weil der Arbeitnehmererfinder typischerweise außerstande ist, sich hierüber aus eigener Kenntnis ein verlässliches Bild zu machen, entspricht es gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 16. April 2002, X ZR 127/99, GRUR 2002, 801 – Abgestuftes Getriebe), dass dem Arbeitnehmererfinder gegenüber seinem Arbeitgeber als Hilfsmittel zur Ermittlung der Höhe seiner Erfindervergütung ein Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch zusteht, dessen Inhalt und Umfang sich unter Beachtung von § 242 BGB nach den Umständen und unter Einbeziehung der Verkehrsübung bestimmt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 6. Oktober 2022, Az. I-2 U 52/22, GRUR-RS 2022, 34795 – Schmiermittelinjektor; Urt. v. 21. Oktober 2021, Az. I-2 U 6/21, GRUR-RR 2022, 156 – Lacosamid; Urt. v. 13. September 2007, Az. I-2 U 113/05, BeckRS 2008, 7887).
- 2)
Der Kläger kann im Rahmen der Auskunft neben kalendarisch aufgeschlüsselter Angaben zu der Menge/Stückzahlen der (von der Lehre der Diensterfindung Gebrauch machenden) Produkte und dem diesbezüglich erwirtschafteten Umsatz auch Angaben zur Herstellungsmengen- und -zeiten sowie Liefermengen und -zeiten verlangen. Gleiches gilt für Angaben zu Abnehmern der Beklagten. - a)
Die vom Arbeitgeber zu erteilende Auskunft muss grundsätzlich alle Angaben enthalten, die der Arbeitnehmer benötigt, um seine Erfindervergütung berechnen sowie beurteilen zu können, ob und in welchem Umfang ihm ein Vergütungsanspruch zusteht. Alle für die Bemessung seiner Vergütung in Betracht zu ziehenden Tatsachen und Bewertungsfaktoren sind ihm deshalb mitzuteilen, wobei ihm die Kontrolle der mitgeteilten Angaben auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit ermöglicht werden muss (BGH, Urt. v. 13. November 1997, Az. X ZR 132/95, GRUR 1998, 689 – Copolyester II; Urt. v. 17. November 2009, Az. X ZR 137/07, GRUR 2010, 223 – Türinnenverstärkung). - Der Arbeitnehmererfinder kann von seinem Arbeitgeber jedoch nicht unbeschränkt alle Angaben verlangen, die zur Bestimmung und Überprüfung der angemessenen Erfindervergütung „irgendwie“ hilfreich und nützlich sind oder sein können, sondern nur solche Angaben einfordern, die zur Ermittlung der angemessenen Vergütung unter Berücksichtigung seiner berechtigten Interessen notwendig sind. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber insbesondere Angaben verweigern, die für ihn mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wären, der in keinem vernünftigen Verhältnis zu der dadurch erreichten genaueren Bemessung der dem Arbeitnehmer zustehenden angemessenen Vergütung mehr steht, oder die zu geben ihm wegen eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses nicht oder nicht ohne besondere Schutzvorkehrungen zuzumuten ist (BGH, Urt. v. 16. April 2002, Az. X ZR 127/99, GRUR 2002, 801 – Abgestuftes Getriebe; Urt. v. 13. November 1997, Az. X ZR 132/95, GRUR 1998, 689 – Copolyester II). Dabei besteht zwischen den Kriterien der Erforderlichkeit und der Zumutbarkeit eine Wechselwirkung: Je bedeutsamer die verlangten Angaben für den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers sind, desto intensivere Bemühungen um Aufklärung sind dem Arbeitgeber zumutbar; je stärker der Arbeitgeber durch ein Auskunftsverlangen belastet wird, desto sorgfältiger muss geprüft werden, inwieweit die Angaben zur Ermittlung einer angemessenen Vergütung unumgänglich sind. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus das legitime Bedürfnis des Diensterfinders, die vom Arbeitgeber gemachten Angaben auf ihre Plausibilität und Richtigkeit überprüfen zu können, bevor er sie seiner Vergütungsberechnung zugrunde legt. Angaben, die diesem berechtigten Zweck dienen, sind deshalb gleichfalls auskunftspflichtig (OLG Düsseldorf, Urt. v. 6. Oktober 2022, Az. I-2 U 52/22, GRUR-RS 2022, 34795 – Schmiermittelinjektor).
- b)
Ausgehend von diesen Grundätzen kann der Kläger von der Beklagten nicht nur (pauschale) Angaben zu Stückzahlen verlangen, sondern vielmehr auch, dass diese Angaben auf die einzelnen Lieferungen aufgeschlüsselt werden und zwar durch Auskunft über die jeweiligen Liefermengen und -zeiten sowie Netto- und Bruttopreise unter Ausweisung etwaiger Abzüge. - Wie zuvor dargestellt, hängt die Höhe des Vergütungsanspruchs des Arbeitnehmers maßgeblich von der wirtschaftlichen Verwertbarkeit seiner Diensterfindung bzw. dem wirtschaftlichen Erfolg seines Arbeitgebers ab, der sich in erster Linie durch die abgesetzten erfindungsgemäßen Produkte und den dadurch erzielten Umsatz bzw. Gewinn manifestiert. Zwar mögen die pauschalen Angaben der jährlich abgesetzten Stückzahlen (sowie des damit erzielten Umsatzes) dem Kläger vorliegend die Berechnung seiner Vergütung dem Grunde nach zulassen, jedoch ermöglicht es erst die weitere Aufschlüsselung der Lieferungen dem Kläger, die Angaben zu den Stückzahlen (auf Grundlage seiner eigenen, im Betrieb der Beklagten erworbenen Kenntnisse) nachzuvollziehen und ggf. auf ihre Richtigkeit und Plausibilität hin zu überprüfen. Weder vorgetragen noch ersichtlich ist insoweit, wieso diese Aufschlüsselung, die dem Kläger einen erheblichen Mehrwert für die Plausibilitätsprüfung bietet, für die Beklagte mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden sein sollte, da sie die Liefermengen sowieso zur Angabe der Gesamtabsatzmenge (Stückzahlen) ermitteln muss.
- c)
Der Kläger kann von der Beklagten gleichfalls auch Angaben zu Herstellungsmengen und -zeiten verlangen. - Der Beklagten ist insoweit zuzugeben, dass die Angaben zu den Herstellungsmengen für die Berechnung der Erfindervergütung keine unmittelbare Relevanz haben, da sich der wirtschaftliche Wert der Diensterfindung maßgeblich in den abgesetzten und nicht in den hergestellten Stückzahlen niederschlägt. Entsprechendes ergibt sich unmittelbar aus dem Umstand, dass die Produktion eines erfindungsgemäßen Gegenstandes zunächst mit Kosten für den Arbeitgeber verbunden ist, die erst durch den Vertrieb wieder amortisiert werden können.
- Dies bedeutet indes nicht, dass die Angaben zu den Herstellungsmengen und -zeiten dem Arbeitnehmererfinder keinen relevanten Mehrwert bieten. Aus den zuvor beschriebenen wirtschaftlichen Erwägungen wird der Arbeitgeber in der Regel bemüht sein, nur so viele Produkte herzustellen, wie er realistischer Weise auch absetzen kann, da nicht abgesetzte bzw. absetzbare Produkte seinen Gewinn schmälern. Dabei wird gleichwohl regelmäßig ein bestimmter Produktionsüberschuss vorhanden sein, da eine Vorhersage des zukünftigen Absatzes auf Grund der Vielzahl möglicher Einflussfaktoren häufig schwierig ist. Der vorstehend beschriebene kausale Zusammenhang zwischen Herstellungs- und Liefermengen ermöglicht es dem Arbeitnehmer daher auch, die Angaben des Arbeitsgebers zu den Lieferungen auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. In Fällen, in denen etwa die Herstellungsmengen über einen längeren Zeitraum in einem (wirtschaftlich) nicht nachvollziehbaren Missverhältnis zu den tatsächlich abgesetzten Produkten stehen, bieten die Angaben zu Herstellungsmengen dem Arbeitnehmer einen anderweitig ggf. nicht zu erlangenden Hinweis darauf, dass die Angaben zu den Lieferungen (ob bewusst oder ungewollt) fehlerhaft sind.
- Ob der Arbeitnehmer grundsätzlich, d.h. in jedem Fall, oder nur ausnahmsweise neben den Angaben zu Liefermengen auch zusätzliche Angaben zu Herstellungsmengen verlangen kann, braucht im vorliegend Fall nicht entschieden zu werden. Der BGH hat in der Entscheidung „Türinnenverstärkung“ (Urt. v. 17. November 2009, Az. X ZR 137/07, GRUR 2010, 223, Rz. 44) die von der Vorinstanz (Berufungsgericht) ausgesprochene Verurteilung zur Angabe von Herstellungsmengen und -zeiten nicht beanstandet und einen entsprechenden Anspruch des Arbeitnehmers angenommen. Soweit er in seiner Entscheidung die Frage aufwirft, ob mit Blick auf das für den Vergütungsanspruch interessante Produktionsvolumen stets Auskunft über beide Bereiche (Liefer- und Herstellungsmengen) erforderlich ist, so nimmt er dies jedenfalls für die Fälle an, in denen der Arbeitgeber seiner gesetzlichen Verpflichtung nach § 12 ArbNErfG zur Festsetzung der Vergütung über einen langen Zeitraum nicht nachgekommen und daher auf Seiten des Arbeitnehmers ein berechtigtes Misstrauen entstanden ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 24. Oktober 2013, Az. I-2 U 63/12, BeckRS 2013, 18744). Das OLG Karlsruhe hat zuletzt eine Pflicht zur Angabe von Herstellungs- und Lieferdaten zudem nicht nur für die vorstehende genannte Fallkonstellation des langen Zuwartens des Arbeitgebers angenommen, sondern auch dann, wenn für den Arbeitnehmererfinder aus nachvollziehbaren Gründen (wie den Verkauf des Schutzrechts) Anlass für Plausibilitätskontrollen besteht (vgl. Urt. v. 13. Oktober 2021, AZ. 6 U 130/19, GRUR-RR 2022, 108 – Arbeitnehmervergütung). In diesen Fällen kann der Arbeitnehmererfinder nicht darauf verwiesen werden, sich mit Angaben zu begnügen, deren Wahrheitsgehalt er in keiner Weise nachprüfen kann, wobei ihm durch die Angabe von Herstellungs- und Lieferdaten erst eine hinreichend sichere Plausibilitätskontrolle ermöglicht wird. Entsprechendes gilt für den vorliegenden Fall, da die Beklagte die dem Kläger unstreitig zustehende Vergütung über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren nicht festgesetzt und auch erst auf den Druck des vom Kläger angestrengten gerichtlichen Verfahrens nähere Angaben zu der wirtschaftlichen Verwertung gemacht hat. Ferner hat sie auch mit Blick auf die Angaben zu den Herstellungsmengen und -zeiten nicht vorgebracht, dass diese Angaben unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würden.
- Dem steht vorliegend auch nicht die von der Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des Landgerichts Hamburg (Teilurt. v. 7. Mai 2020, Az. 327 O 146/18, GRUR-RS 2020, 15486 – Datenübertragungssystem für Luftfahrzeuge) entgegen. Das Landgericht Hamburg hat – wie sich aus der von der Beklagten in Bezug genommen Rz. 88 des Teilurteils ergibt – in Übereinstimmung mit den Auffassungen des BGH und des Senats angenommen, dass Angaben zu Herstellungsmengen unmittelbar keinen Einfluss auf die (nach den Grundsätzen zur Lizenzanalogie vorzunehmende) Ermittlung der Erfindervergütung haben. Mit Blick auf den Gesichtspunkt eines gesteigerten Kontrollbedürfnisses hat das Landgericht Hamburg für den von ihm zu entscheidenden Sachverhalt angenommen (Rz. 90), dass keine besonderen Umstände, etwa widersprüchliche oder fehlerhafte Angaben der Beklagten ersichtlich waren, die ein besonderes Kontrollbedürfnis des Klägers hinsichtlich der hier in Rede stehenden Angaben hätte begründen können. In diesem wesentlichen Punkt unterscheidet sich indes der Sachverhalt von der Sachverhaltskonstellation, über die der BGH („Türinnenverstärkung“) zu entscheiden hatte und über die vorliegend der Senat zu entscheiden hat, da jeweils besondere, die Angabe von Herstellungsmengen rechtfertigenden Umstände vorlagen bzw. vorliegen. Diese sind in dem langjährigen Zuwarten der Beklagten mit der Festsetzung der Vergütung begründet.
- Nichts anderes gilt schließlich unter Berücksichtigung der von der Beklagten ebenfalls in Bezug genommenen Entscheidung „Lacosamid“ (OLG Düsseldorf, Urt. v. 21. Oktober 2021, Az. I-2 U 6/21, GRUR-RS 2021, 37464). Der 2. Zivilsenat des OLG Düsseldorf hat in dieser Entscheidung – in Bestätigung der ständigen Rechtsprechung – (nur) ausgeführt, dass sich der Auskunftsanspruch des Arbeitsnehmers nach den Kriterien der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit richtet und sodann die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung des dortigen Beklagten zur Auskunft unter Angaben von Herstellungsmengen und -zeiten ausdrücklich gebilligt.
- d)
Der Kläger kann zudem von der Beklagten auch die weiter begehrten Angaben zu den Abnehmern verlangen. - Wie auch mit Blick auf die vorliegend von der Beklagten geschuldeten Angaben zu Herstellungsmengen und -zeiten, dienen die vom Kläger begehrten Angaben zu den Abnehmern ebenfalls dazu, dass er die übrigen Angaben der Beklagten auf ihre Plausibilität und Richtigkeit hin überprüfen kann, etwa in dem er Lieferungen an ihm aus seiner Tätigkeit bekannte Abnehmer mit den gemachten Angaben abgleicht. Insoweit ist ferner zu berücksichtigen, dass die Interessenlage des Arbeitnehmererfinders vergleichbar ist mit der Interessenlage eines Patentinhabers, der gegen einen Verletzer vorgeht und der entsprechende Auskünfte auf Grund der gesetzlichen Regelung des § 140b PatG verlangen kann. Von dieser gesetzlichen Anspruchsgrundlage sind gemäß Abs. 3 Nr. 1 insbesondere auch Angaben über Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer umfasst.
- Der Auskunft und Rechnungslegung über die Abnehmer der Beklagten stehen vorliegend weder Geheimhaltungsinteressen noch Datenschutzgründe entgegen. Bei Kunden bzw. Abnehmern eines Unternehmens handelt es sich zwar regelmäßig um ein Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 2 Nr. 1 GeschGehG (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 13. Oktober 2021, Az. 6 U 130/19, GRUR-RR 2022, 108). Eine Offenlegung ist jedoch gemäß § 3 Abs. 2 GeschGehG jedenfalls durch den Anspruch auf Auskunft über die Abnehmer gestattet, den das Gesetz in § 242 BGB nach Treu und Glauben vorsieht (ebenso: LG Mannheim, Teilurt. v. 19. November 2019, Az. 2 O 2/19, GRUR-RS 2019, 29036). Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Geschäftsbeziehung der Beklagten zu ihren Kunden nicht nur um ein Geschäftsgeheimnis der Beklagten handeln kann, sondern die Kunden selbst ein schutzwürdiges Interesse an Geheimhaltung ihrer Eigenschaft als Abnehmer und der abgenommenen Mengen haben könnten. Denn einem Besteller ist bewusst, dass eine Vertragsabwicklung im Rahmen eines arbeitsteiligen Produktionsprozesses dazu führt, dass Informationen aus seinem Bereich an die Mitarbeiter seines Vertragspartners gelangen, die den Bestell- und Produktionsvorgang bearbeiten. Es besteht kein Grund, solche Mitarbeiter von derartigen Informationen auszuschließen, die einen Anspruch auf Arbeitnehmererfindervergütung und Rechnungslegung haben (OLG Karlsruhe, Urt. v. 13. Oktober 2021, Az. 6 U 130/19, GRUR-RR 2022, 108; BGH, Urt. v. 13. November 1997, Az. X ZR 6/96, GRUR 1998, 684 – Spulkopf). Hinzu tritt, dass es sich bei dem Kläger als Empfänger der Angaben um einen ehemaligen Mitarbeiter der Beklagten handelt, der vorliegend in keinem Wettbewerbsverhältnis zu ihr steht und somit auch nicht zu befürchten ist, dass er die Angaben zu anderen Zwecken als die Berechnung seiner Erfindervergütung verwendet (vgl. LG Mannheim, Teilurt. v. 19. November 2019, Az. 2 O 2/19, GRUR-RS 2019, 29036).
- Auch der Datenschutz steht einer Nennung der Abnehmer nicht entgegen. Es kann dahingestellt bleiben, ob es bei einer Benennung der Abnehmer überhaupt personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DSGVO verarbeitet werden. Diese Informationen müssen sich nämlich auf „natürliche Personen“ beziehen. Selbst wenn sich unter den Abnehmern der Beklagten nicht nur juristische, sondern auch natürliche Personen befinden sollten – was vorliegend nicht dargelegt ist –, so ist die Verarbeitung zulässig gemäß Art. 6 Abs. 1 1 lit. f DSGVO. Danach ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Erkennt ein Gericht auf gesetzlicher Grundlage einen Auskunftsanspruch zu, so sind diese Voraussetzungen – wie auch im vorliegenden Fall – regelmäßig erfüllt (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 13. Oktober 2021, Az. 6 U 130/19, GRUR-RR 2022, 108; OLG München, Teilurt. v. 24. Oktober 2018, Az. 3 U 1551/17, GRUR-RR 2019, 137 – Vertragshändlervertrag; OLG Düsseldorf GRUR-RS 2020, 44647 – Zündkerze; Voß/Fricke/BeckOK, a.a.O., § 140b Rn. 21).
- Die Aufnahme eines Wirtschaftsprüfervorbehaltes kommt vorliegend ebenfalls nicht in Betracht. Die Einräumung des Wirtschaftsprüfervorbehalts setzt eine Abwägung der beiderseitigen Interessen voraus (BGH, Beschl. v. 13. Februar 1981, Az. I ZR 111/78, GRUR 1981, 535 – Wirtschaftsprüfervorbehalt). In diese Abwägung muss auch einfließen, dass dadurch die Prozessführung der Partei, die Auskunft zur Vorbereitung weiterer Ansprüche begehrt, beeinträchtigt wird. Sie kann, wenn ihr eine Auskunft nur unter einem Wirtschaftsprüfervorbehalt zugesprochen wurde, die Entscheidung über ihr weiteres prozessuales Vorgehen nicht mehr auf eine umfassende eigene Kenntnis des Sachverhalts stützen, sondern ist teilweise auf ihr nur von Dritten zugänglich gemachte Kenntnisse angewiesen. Das braucht der Anspruchsberechtigte nur dann hinzunehmen, wenn seinem Anspruch deutlich höhergewichtige Belange aufseiten des Auskunftspflichtigen gegenüberstehen. Dies ist von der Beklagten als Auskunftsverpflichtete darzulegen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 13. Oktober 2021, Az. 6 U 130/19, GRUR-RR 2022, 108; BGH, Beschl. v. 13. Februar 1981, Az. I ZR 111/78, GRUR 1981, 535 – Wirtschaftsprüfervorbehalt), was vorliegend nicht erfolgt ist.
- e)
Soweit sich die Beklagte in der Berufung erstmals gegen die vom Kläger begehrte Auskunft und Rechnungslegung auch über Nutzungen ihrer verbundenen Gesellschaften (§§ 15ff AktG) wendet, so dringt sie auch damit nicht durch. - Die Nutzungen von solchen Unternehmen, die mit der Beklagten gesellschaftsrechtlich verbunden sind, können für die vom Kläger beanspruchte Erfindervergütung grundsätzlich relevant sein, da diese Nutzungen ggf. in die Berechnung der Vergütung einzustellen sind. Ob und in welchem Umfang diese Nutzungen im konkreten Fall Einfluss auf die Höhe der Erfindervergütung haben, kann der Kläger erst nach Erteilung der entsprechenden Auskünfte abschätzen. Daher ist das ob und der Umfang der Relevanz dieser Nutzungen für die Erfindervergütung auch erst Gegenstand der späteren Höhestufe. Daraus folgt, dass der Arbeitnehmer auf der ersten Stufe grundsätzlich auch Auskünfte über Nutzungen konzernverbundener Gesellschaften verlangen kann (BGH, Urt. v. 17. November 2009, Az. X ZR 137/07, GRUR 2010, 223 – Türinnenverstärkung; Urt. v. 16. April 2002, Az. X ZR 127/99, GRUR 2002, 801 – Abgestuftes Getriebe; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6. Oktober 2022, Az. I-2 U 52/22, GRUR-RS 2022, 34795 – Schmiermittelinjektor; Urt. v. 21. Oktober 2021, Az. I-2 U 6/21, GRUR-RS 2021, 37464 – Lacosamid).
- f)
Der grundsätzlichen Verpflichtung der Beklagten zur Leistung der Auskunft und Rechnungslegung für die Jahre ab 2022 unter Beifügung der vorstehend genannten weiteren Angaben steht auch nicht entgegen, dass der Kläger die pauschalen Angaben der Beklagten für das Jahr 2016 und 2017 bereits vorprozessual – zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens – akzeptiert hat und hinsichtlich der weiteren Auskünfte der Beklagten für das Jahr 2018 bis 2021 zwischenzeitlich eine Teilerledigungserklärung abgegeben worden ist. - Zunächst erscheint bereits zweifelhaft, ob durch die Annahme des Klägers überhaupt Erfüllung im Sinne von § 362 BGB eingetreten ist. Dies würde nämlich voraussetzen, dass die geschuldete Leistung vollständig bewirkt wurde (vgl. BGH, Urt. v. 11. April 2018, Az. IV ZR 215/16, NJW 2018, 1971 m.w.N.), was mit Blick auf den Auskunftsanspruch bedeutet, dass die Angaben nach dem erklärten Willen des Schuldners die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen müssen, wobei eine mögliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Erfüllung nicht entgegensteht (BGH, Beschl. v. 22. Oktober 2014, XII ZB 385/13, NJW 2014, 3647; Urt. v. 3. September 2020, Az. III ZR 138/18, NJW 2021, 765; Fetzer/MüKo, BGB, a.a.O., § 362, Rz. 38; Looschelders/BeckOK, Großkommentar zum BGB, Std. März 2023, § 362, Rz. 71). Letztlich bedarf dies jedoch keiner abschließenden Klärung. Selbst wenn durch die unvollständige Auskunft und Rechnungslegung der Beklagten Erfüllung im rechtlichen Sinne eingetreten wäre, bedeutet dies im Umkehrschluss nicht, dass die Beklagte auch für den Zeitraum ab dem Jahr 2022 nur pauschale Angaben zu Stückzahlen und Umsätzen machen muss bzw. dass das Verlangen des Klägers auf weitere Angaben für diesen Zeitraum rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB ist. Der Kläger hat im Übrigen sowohl in der ersten Instanz wie auch im Berufungsverfahren ausdrücklich betont, dass er die Auskunft und Rechnungslegung für die Zeiträume 2016/2017 und 2018 bis 2021 wegen Fehlens der begehrten weiteren Angaben als unzureichend erachtet und er bei der Bezifferung seiner Zahlungsansprüche für die Jahre 2016 und 2017 das Fehlen dieser Angaben mit eingepreist habe. Insbesondere hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt anerkannt, dass er die weiteren Informationen nicht benötigt. Die Annahme der Auskunft durch den Kläger aus prozesstaktischen Gründen kann bereits dem Grunde nach keine Privilegierung der Beklagten mit Blick auf weitere (zukünftige) Ansprüche des Klägers nach sich ziehen. Es besteht auch – unabhängig von der Vergütung für den Zeitraum 2016 bis 2021 – weiterhin das Bedürfnis des Klägers, die Angaben der Beklagten für den Zeitraum ab 2022 auf ihre Plausibilität und Richtigkeit hin überprüfen zu können, was nur durch die weiteren Angaben möglich ist. Dieses berechtigte Bedürfnis stellt einen sachlichen Grund für das Verlangen des Klägers dar.
- g)
Der Kläger hat demgegenüber gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Belegvorlage für die Nutzungen betreffend den Zeitraum ab dem Jahr 2022. - Auch mit Blick auf die Belegvorlage ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass sich der Umfang der Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht nach den Umständen des Einzelfalls richtet und insbesondere die gegenläufigen Interessen des Arbeitnehmererfinders auf vollständige Unterrichtung und die des Arbeitsgebers, keine unzumutbaren Belastungen ausgesetzt zu sein, gegeneinander abzuwägen sind. Allgemein gilt, dass je stärker der Arbeitgeber durch ein Auskunfts- und Rechnungslegungsverlangen belastet wird, desto sorgfältiger muss geprüft werden, inwieweit die Angaben zur Ermittlung einer angemessenen Vergütung unumgänglich sind. Daraus folgt, dass es im Einzelfall angezeigt sein kann, den Arbeitgeber auch zur (zusätzlichen) Vorlage von entsprechenden Belegen zu verpflichten, ein korrespondierender genereller Anspruch des Arbeitnehmers indes aber nicht besteht. Dies steht im Übrigen im Einklang mit der Entscheidung „Schmiermittelinjektor“ des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urt. v. 6. Oktober 2022, Az. I-2 U 52/22, GRUR-RS 2022, 34795), auf welche der Kläger zur Begründung seines Anspruchs auf Belegvorlage pauschal Bezug nimmt. Dieser Entscheidung ist keineswegs zu entnehmen, dass generell bzw. losgelöst von den dargestellten Kriterien ein Anspruch auf Belegvorlage besteht.
- Unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze erweist sich die vom Kläger zusätzlich begehrte Belegvorlage vorliegend jedenfalls als unverhältnismäßig. Insoweit gilt es in die Interessenabwägung einzustellen, dass neben den Kosten für die Vervielfältigung der Belege (Kopie bzw. Ausdruck) auch noch weitere, erhebliche (Personal-)Kosten auf Seiten der Beklagten anfallen, da die einzelnen Belege durchgesehen, vielfach teilgeschwärzt und anschließend erneut vervielfältigt werden müssen. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass ihr allein für das Jahr 2022 ein Kostenaufwand für die Belegvorlage in Höhe von EUR xx.xxx,xx entstehen würde. Der Senat vermag – auch mangels Vortrags des Klägers – nicht zu erkennen, welchen Mehrwert die Belegvorlage dem Kläger bieten könnte, der diesen finanziellen Aufwand rechtfertigen könnte. Insoweit fehlt es derzeit nicht zuletzt an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die Angaben der Beklagten zu Herstellungs- und Liefermengen in einem solchen Maß unrichtig sein könnten, die die zusätzliche Belegvorlage erfordern. Soweit der Kläger – zur Begründung seines Antrages auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung betreffen die Auskunft vom 10. Oktober 2022 – vermeintliche Ungereimtheiten in den Angaben der Beklagten betreffend den Zeitraum 2018 bis 2021 vorgebracht hat, ist die Beklagte dem mit Schriftsatz vom 2. März 2023 entgegengetreten. Der Kläger hat daraufhin nur noch einen Fehler bei einer Gutschrift sowie Rundungsfehler im Cent-Bereich gerügt. Diese vermeintlichen Ungenauigkeiten können die mit hohen Kosten verbundene Belegvorlage bereits auf Grund ihrer geringen Relevanz vorliegend nicht rechtfertigen.
-
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. - Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
- Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.