4b O 61/21 – Pulverbehälter

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3280

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 15. Februar 2023, Az. 4b O 61/21

  1. I. Die Beklagte wird verurteilt,
  2. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
    Pulverbehälter für ein Pulverstrahlgerät mit einer Pulveraufnahme und einer Wirbelkammer, in der unter Druck stehendes und über mindestens einen Gaseintritt eintretendes Gas Pulver verwirbelt und als Pulver-Gas-Gemisch über eine Auslassöffnung mindestens eines Gasaustritts des Pulverbehälters abführt, wobei der Pulverbehälter einen Kupplungsbereich zum dichtenden Verbinden des sich im Kupplungsbereich angeordneten Gaseintritts und des sich im Kupplungsbereich angeordneten Gemischaustritts mit entsprechenden Anschlüssen eines Pulverstrahlgeräts aufweist,
    in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
    sofern der Kupplungsbereich des Pulverbehälters Kodiermittel aufweist, welche mit elektrischen Kontakten eines Aufnahmebereichs des Pulverstrahlgeräts derart zusammenwirken können, dass das Pulverstrahlgerät Informationen über die Art des Pulverbehälters erhält;
  3. 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 16.07.2014 die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe
    a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der hierfür bezahlten Preise,
    wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  4. 3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse seit dem 16.08.2014 angeboten hat, und zwar unter Angabe:
    a) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    b) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    c) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
  5. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter der Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 16.08.2014 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, soweit sie das Anbieten der Pulverbehälter betreffen.
  6. III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  7. IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 80% und die Beklagte zu 20%.
  8. V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 800.000 EUR und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  9. Tatbestand
  10. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 XXX XXX B1 (Klagepatent, korrigiert durch die B9-Schrift, die als Anlage KAP 1 vorliegt) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung der Erzeugnisse und Rückruf aus den Vertriebswegen sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
  11. Das Klagepatent wurde am 19. März 2007 von der A S.A. angemeldet. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am XXX veröffentlicht. Die korrigierte Patentschrift wurde am 14. Juli 2021 ausgegeben. Das Patent steht in Kraft. Die B GmbH legte beim Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage – das Klagepatent betreffend – ein, über die bislang nicht entschieden ist.
  12. Das Klagepatent, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist, bezieht sich auf einen Pulverbehälter für ein Pulverstrahlgerät. Der hier geltend gemachte Klagepatentanspruch 1 lautet:
  13. 1. Pulverbehälter (2) für ein Pulverstrahlgerät (1), mit einer Pulveraufnahme (14) und einer Wirbelkammer (24), in der unter Druck stehendes und über mindestens einen Gaseintritt (17) eintretendes Gas Pulver verwirbelt und als Pulver-Gas-Gemisch über eine Auslassöffnung (16) mindestens eines Gemischaustritts (15) des Pulverbehälters (2) abführt, wobei
    der Pulverbehälter (2) einen Kupplungsbereich (48) zum dichtenden Verbinden des sich im Kupplungsbereich (48) angeordneten Gaseintritts (17) und des sich im Kupplungsbereich (48) angeordneten Gemischaustritts (15) mit entsprechenden Anschlüssen (56, 57) eines Pulverstrahlgeräts (1) aufweist,
    dadurch gekennzeichnet,
    dass der Kupplungsbereich (48) des Pulverbehälters (2) Kodiermittel (22, 35) aufweist, welche mit elektrischen Kontakten (37) eines Aufnahmebereichs (49) des Pulverstrahlgeräts (1) derart zusammenwirken können, dass das Pulverstrahlgerät (1) Informationen über die Art des Pulverbehälters (2) erhält.
  14. Wegen des Wortlauts von Anspruch 13, der in Form eines „inbesondere“-Antrags geltend gemacht wird, wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
  15. Die folgenden Zeichnungen stammen aus der Klagepatentschrift und geben den Querschnitt durch eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Pulverbehälters (Figur 2) und die dreidimensionale Ansicht eines Einsatzes für diese Ausführungsform (Figur 8) wieder.
  16. Die Beklagte ist unter anderem im Groß- und Einzelhandel im Bereich medizinischer Geräte für die Dentalprophylaxe tätig. Sie wurde am 16.07.2014 im Handelsregister eingetragen.
  17. Die Firma C bot im Internet das Gerät „XXX“ des Unternehmens D Co., Ltd. (nachfolgend: „D“) an (angegriffene Ausführungsform), ein Gerät („XXX“) für das „Air Polishing“. Dabei werden unter Verwendung von Druckluft, Pulver und Wasser die Zähne poliert.
  18. Die Klägerin mahnte daraufhin im Januar 2021 die C wegen Designverletzung und unlauterer Nachahmung ab. Auf die Frage der Klägerin teilte der Zeuge Herr E per Email vom 18. Januar 2021 (Anlage K 2) mit: „Der Importeur, von dem wir unsere Ware beziehen ist: F GmbH.“ Daraufhin mahnte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 28. Januar 2021 auch die Beklagte ab. Die Abmahnung blieb ohne Erfolg. Stattdessen meldeten sich mit Schreiben vom 8. Februar 2021 die anwaltlichen Vertreter von D bei der Klägerin und wiesen die Ansprüche gegen die anderen beiden Unternehmen als unberechtigt zurück. Im Zuge dessen stellten sie die Beklagte als ihren direkten Vertriebspartner und die C als Untervertriebspartner der Beklagten dar.
  19. Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform und des Pulverbehälters sind nachfolgend wiedergegeben. Das erste Bild stammt aus dem Internetauftritt der D und zeigt Teile des angegriffenen Geräts mit dem Pulverbehälter rechts. Die drei weiteren Bilder stammen von der Klägerin und geben nach ihrer Behauptung den Pulverbehälter, seine Einzelteile und die Unterseite wieder. Die rote Markierung stammt von der Klägerin. Zuletzt ist eine von der Klägerin gefertigte Zeichnung eingeblendet, die den Aufbau des Pulverbehälters der angegriffenen Ausführungsform schematisch wiedergibt.
  20. Die Klägerin behauptet, sie sei ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent. Die Beklagte habe die angegriffene Ausführungsform importiert, angeboten und geliefert. Jedenfalls habe die C das Produkt von der Beklagten bezogen bzw. würde es bei einer entsprechenden Anfrage von ihr beziehen.
    Sie ist zudem der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die Lehre des Klagepatents. Die Kombination von Pulveraufnahme und Wirbelkammer qualifiziere den Typ des Pulverbehälters. Es handele sich um einen Pulverbehälter, in dem sowohl Pulver aufgenommen und gespeichert werde, als auch eine Verwirbelung zu einem Pulver-Gas-Gemisch stattfinden könne. Das sei bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall.
    Im Übrigen werde die Nichtigkeitsklage keinen Erfolg haben.
  21. Die Klägerin beantragt,
  22. I. die Beklagte zu verurteilen,
  23. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
    Pulverbehälter für ein Pulverstrahlgerät mit einer Pulveraufnahme und einer Wirbelkammer, in der unter Druck stehendes und über mindestens einen Gaseintritt eintretendes Gas Pulver verwirbelt und als Pulver-Gas-Gemisch über eine Auslassöffnung mindestens eines Gasaustritts des Pulverbehälters abführt, wobei der Pulverbehälter einen Kupplungsbereich zum dichtenden Verbinden des sich im Kupplungsbereich angeordneten Gaseintritts und des sich im Kupplungsbereich angeordneten Gemischaustritts mit entsprechenden Anschlüssen eines Pulverstrahlgeräts aufweist,
    in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
    sofern der Kupplungsbereich des Pulverbehälters Kodiermittel aufweist, welche mit elektrischen Kontakten eines Aufnahmebereichs des Pulverstrahlgeräts derart zusammenwirken können, dass das Pulverstrahlgerät Informationen über die Art des Pulverbehälters erhält;
    (Anspruch 1 des EP 1 XXX XXX B1)
  24. insbesondere,
    eine Kombination aus einem Pulverstrahlgerät und einem solchen Pulverbehälter zur Vermischung eines Pulvers mit einem unter Druck stehenden Gas,
    in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen
    sofern das Pulverstrahlgerät Zuführungen für das unter Druck stehende Gas und eine Ableitung, die mit einer Austrittsdüse verbunden ist, an der ein Pulver-Gas-Gemisch und gegebenenfalls Wasser unter Druck austritt, aufweist und wobei das Pulverstrahlgerät mindestens einen Aufnahmebereich mit mindestens einem Gemischanschluss und mindestens einem Gasanschluss zum auswechselbaren Verbinden des Pulverbehälters mit dem Pulverstrahlgerät aufweist, und die Kodiermittel des Pulverbehälters mit elektrischen Kontakten des Aufnahmebereichs derart zusammenwirken, dass das Pulverstrahlgerät Informationen über die Art des Pulverbehälters erhält,
    (Anspruch 13 des EP 1 XXX XXX B1)
  25. 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 16.07.2014 die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe
    a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der hierfür bezahlten Preise,
    wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  26. 3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 16.08.2014 begangen hat, und zwar unter Angabe:
    a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
    b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  27. 4. die in dem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in dem Eigentum der Beklagten befindlichen, unter Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse auf ihre Kosten zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre Kosten herauszugeben;
  28. 5. die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern schriftlich unter Hinweis auf die mit dem hiesigen Urteil von der Kammer festgestellte Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 XXX XXX B1 mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
  29. II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter der Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 16.08.2014 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  30. Die Beklagte beantragt,
  31. die Klage abzuweisen,
  32. hilfsweise den Rechtsstreit bis zum Ausgang des erstinstanzlichen Nichtigkeitsverfahrens gegen das Klagepatent vor dem Bundespatentgericht (Aktenzeichen 6 Ni 38/21(EP)) auszusetzen.
  33. Die Beklagte sieht schon nicht die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf als gegeben an, weil die Klägerin eine verletzende Handlung in Nordrhein-Westfalen nicht behauptet.
    Sie bestreitet, dass die von der Klägerin vorgelegten Abbildungen die angegriffene Ausführungsform zeigten. Sie ist der Ansicht, dass – selbst wenn dies der Fall sei – die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatentanspruchs keinen Gebrauch mache. Das Klagepatent differenziere zwischen einem Mitreißen des Pulvers durch das einströmende, unter Druck stehende Gas, dem Mischen und dem Verwirbeln von Gas unter Pulver. Dementsprechend müsse zwischen der Pulveraufnahme, einer Mischkammer und einer Wirbelkammer unterschieden werden. Gerade in letzterer müsse die Verwirbelung von Gas und Pulver erfolgen. Für die Verwirbelungscharakteristik und die Führung des Gas-Pulver-Gemisches sei auch die Form des Deckels von Bedeutung. Letztlich sei unter der Wirbelkammer der Bereich zu verstehen, in dem die Flussstruktur des Pulver-Gas-Gemisches durch ein Zusammenwirken mit dem Deckel verändert und das Gemisch zielgerichtet der Auslassöffnung zugeführt werde. Eine solche Verwirbelung und Führung finde bei der angegriffenen Ausführungsform jedoch nicht statt. Aus der von der Klägerin angefertigten schematischen Zeichnung der angegriffenen Ausführungsform ergebe sich stattdessen, dass die Zuleitung des Pulver-Gas-Gemisches zur Ausgangsöffnung dadurch erreicht werde, dass es am oberen Ende durch ein abgewinkeltes Element umgeleitet werde.
    Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, ihr sei im Falle der Patentverletzung ein Verschulden nicht vorzuwerfen, weil das Klagepatent korrigiert worden sei und eine Prüfung einer Patentverletzung erst ab Veröffentlichung der korrigierten Fassung hätte erfolgen können.
    Im Übrigen werde sich das Klagepatent als nicht rechtsbeständig erweisen, so dass die Verhandlung auszusetzen sei.
  34. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
  35. Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 20. Dezember 2022 und ergänzendem Beschluss vom 10. Januar 2023 durch Vernehmung der Zeugen Herr und Frau E. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2023 verwiesen.
  36. Entscheidungsgründe
  37. Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
  38. A
    Die Klage ist zulässig.
  39. Das Landgericht Düsseldorf ist gemäß §§ 12, 17 ZPO in Verbindung mit § 1 der Verordnung über die Zuweisung von Gemeinschaftsmarken-, Gemeinschaftsgeschmacksmuster-, Patent-, Sortenschutz-, Gebrauchsmusterstreitsachen und Topographieschutzsachen NW zuständig, weil die Beklagte im Landgerichtsbezirk Bochum und damit in Nordrhein-Westfalen ihren Sitz hat.
  40. B
    Die Klage ist teilweise begründet.
  41. Die Klägerin hat gegen die Beklagte im tenorierten Umfang Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 PatG und §§ 242, 259 BGB. Im Hinblick auf ein Inverkehrbringen und Gebrauchen sowie ein Einführen und Besitzen zu diesen Zwecken bestehen die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz ebenso wenig wie Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 und 3 PatG.
  42. I.
    Die Klägerin ist als ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent Inhaberin der zugesprochenen Ansprüche. Mit Lizenzvertrag vom 26. Mai 2010 räumte die Inhaberin des Klagepatents, die A S.A., der Klägerin eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent ein. Das einfache Bestreiten der ausschließlichen Lizenz durch die Beklagte ist unerheblich, nachdem die Klägerin den Lizenzvertrag als Anlage K 11 als pdf-Datei vorgelegt hat, aus dem sich die Einzelheiten des Vertragsschlusses und der getroffenen Regelungen ergeben.
  43. II.
    Die dem Klagepatent zugrundeliegende Erfindung betrifft einen Pulverbehälter zur Vermischung eines Pulvers mit einem unter Druck stehenden Gas (Abs. [0001]; Absätze ohne Bezugsangabe sind solche der Klagepatentschrift).
  44. In der Klagepatentschrift wird zum Stand der Technik ausgeführt, dass Pulverstrahlgeräte oder auch dentale Abrasivstrahlgeräte beispielsweise aus der EP 1 XXX XXX A2 bereits bekannt seien, bei denen ein in einem Behälter bevorratetes Dentalpulver gemeinsam mit einem gasförmigen Trägermedium an eine Düsenanordnung eines über eine Ableitung angeschlossenen Handstücks, in der Regel unter Beimischung von unter Druck stehenden Wassers, angeliefert werde. Dabei werde ein bevorzugt auswechselbarer Pulverbehälter an einem Pulverstrahlgerät derart befestigt, dass eine in dem Pulverbehälter bevorratete Pulvermenge kontinuierlich in eine Mischkammer übertragen, das Pulver mit dem durch die Mischkammer hindurchgeleiteten Luftstrom vermischt und als Pulver-Luft-Gemisch einem Handstück und einer dort angeordneten Austrittsdüse zur Zahnbehandlung zugeführt werde. Ein solches gattungsgemäßes Pulverstrahlgerät werde etwa in der EP 0 XXX XXX B1 offenbart, bei dem sich der Pulverbehälter in dem Pulverstrahlgerät befinde und von oben jeweils neu mit Pulver gefüllt werden könne (Abs. [0002]). Ein Gerät mit prinzipiell gleicher Ausbildung wie das Gerät gemäß der EP 0 XXX XXX B1 offenbare die EP 1 XXX XXX A2, bei dem der Pulverbehälter fest in dem Pulverstrahlgerät eingebaut sei (Abs. [0003]).
  45. Aus der EP 0 XXX XXX B1 sei hingegen ein auswechselbar am Pulverstrahlgerät angeordneter Fluidbehälter bekannt. Für die Verschraubung des Fluidbehälters sei außen am Pulverstrahlgerät eine Verschlusseinrichtung mit einem Aufsatzteil ausgebildet (Abs. [0004]). Die US 1 XXX XXX offenbare einen Pulverbehälter, in dem das Pulver mit Hilfe einer motorisch angetriebenen Förderschnecke dem gasförmigen Trägermedium unterhalb der Auslassöffnung des Pulverbehälters beigemischt werde (Abs. [0005]).
  46. Aus der EP 0 XXX XXX B2 sei hingegen ein Pulverbehälter bekannt, in dessen Mitte eine lang gestreckte Röhre eingebaut sei, die am unteren Ende zwei Einlassöffnungen aufweise, durch die einerseits unter Druck stehendes Gas und andererseits in der um die Röhre angeordnete Pulverkammer befindliches Pulver eintreten könnten, so dass das Pulver durch das einströmende Gas innerhalb der lang gestreckten Röhre nach oben mitgerissen, mit dem Gas vermischt und am oberen Ende des Pulverbehälters über eine Auslassöffnung abgeführt werde (Abs. [0006]).
  47. Die WO 00/XXX XXX betreffe einen Pulverbehälter, der unter anderem aus einem Kanister und einem Abschlussdeckel bestehe, die eine Pulveraufnahme umgäben, die auch als Wirbelkammer dienen könne. Der Deckel weise einen Gaseintritt und einen Gemischaustritt auf. Blindlöcher dienten zum Anschrauben des Pulverbehälters an das Gehäuse des Pulverstrahlgeräts, die Luftzuleitung und die Pulver-Gas-Gemischableitungen seien jedoch separat anzuschließen (Abs. [0007]).
  48. Die vorbekannten Pulverbehälter und Düsenanordnungen – so die Klagepatentschrift – wiesen verschiedene Nachteile auf. So könne ein in dem Pulverstrahlgerät fest eingebauter Pulverbehälter nur zusammen mit dem Gerät selbst gereinigt werden; eine aseptische Reinigung des Inneren des Behälters sei kaum möglich. Darüber hinaus müsse der Pulverbehälter wieder befüllt werden mit der Folge, dass mit dem Behälter verbundene Verschlüsse, Dichtungen etc. mit der Zeit verschmutzen und das gesamte Pulverstrahlgerät unbrauchbar wird. Außerdem seien die bekannten Pulverstrahlgeräte nur für eine bestimmte Pulverart und -größe geeignet. Die entsprechenden Zuführ- und Düsenanordnungen seien bei Verwendung kleinerer oder größerer Korngrößen für das Pulver oder andere Pulverzusammensetzungen ungeeignet, so dass zu viel oder zu wenig Pulver zugeführt werde oder die Gefahr der Verstopfung der Luftzufuhrleitung bestehe (Abs. [0008]). Weiterhin könnten für ein bestimmtes Pulverstrahlgerät nur ganz bestimmte Pulverbehälter verwendet werden, die exakt auf die Förder- oder Düsenanordnung des Pulverstrahlgeräts abgestimmt seien. Die entsprechende Fördermenge des Pulver-Gas-Gemisches könne nur durch eine Druckänderung des zugeführten Gases oder eine Änderung der Zuführung des Pulvers beeinflusst werden, wobei die Pulverzuführung in aller Regel von der Geschwindigkeit des Gases, d. h. dem Gasdruck und der entsprechenden Düsenanordnung abhängig sei (Abs. [0009]).
  49. Davon ausgehend formuliert das Klagepatent verschiedene Aufgaben, die unter anderem darin bestehen, die bekannten Pulverbehälter und damit verbundene Einsätze und Düsenanordnungen derart zu verbessern, dass verschiedene Pulversorten und -größen sowie -gemische hintereinander oder sogar gleichzeitig mit ein und demselben Pulverstrahlgerät verwendet werden können (Abs. [0010]). Weiterhin soll ein Pulverstrahlgerät angegeben werden, das besonders benutzerfreundlich ist und ein schnelles Auswechseln der unterschiedlichen Pulversorten und -größen ermöglicht, ohne dass das Gerät oder die entsprechenden Pulverbehälter aufwändig gereinigt und gesäubert werden müssen. Weiterhin ist es eine Aufgabe der Erfindung, Pulverbehälter anzugeben, die für unterschiedliche Pulversorten und -arten einstellbar sind, indem der Pulverbehälter einfach und benutzerfreundlich auf das entsprechende Pulver ein- bzw. umstellbar ist (Abs. [0011]).
  50. Diese Aufgaben werden gelöst durch einen Pulverbehälter für ein Pulverstrahlgerät mit den Merkmalen von Anspruch 1.
  51. 1. Pulverbehälter (2) für ein Pulverstrahlgerät (1),
    1.1 mit einer Pulveraufnahme (14) und
    1.2 einer Wirbelkammer (24);
    2. in der Wirbelkammer
    2.1 verwirbelt unter Druck stehendes und über mindestens einen Gaseintritt (17) eintretendes Gas Pulver und
    2.2 führt es als Pulver-Gas-Gemisch über eine Auslassöffnung (16) mindestens eines Gemischaustritts (15) des Pulverbehälters (2) ab;
    3. der Pulverbehälter (2) weist einen Kupplungsbereich (48) auf;
    4. der Kupplungsbereich (48) des Pulverbehälters (2)
    4.1 dient dem dichtenden Verbinden des sich im Kupplungsbereich (48) angeordneten Gaseintritts (17) und des sich im Kupplungsbereich (48) angeordneten Gemischaustritts (15) mit entsprechenden Anschlüssen (56, 57) eines Pulverstrahlgeräts (1),
    4.2 weist Kodiermittel (22, 35) auf, welche mit elektrischen Kontakten (37) eines Aufnahmebereichs (49) des Pulverstrahlgeräts (1) derart zusammenwirken können, dass das Pulverstrahlgerät (1) Informationen über die Art des Pulverbehälters (2) erhält.
  52. III.
    Der Klagepatentanspruch benennt nicht alle einzelnen Bauteile, die für die Zufuhr des Pulvers und der Druckluft, die Verwirbelung des Pulvers mittels Druckluft und den Austritt des Pulver-Gas-Gemischs aus dem Behälter erforderlich sind. Der Kern der Erfindung betrifft stattdessen den Kupplungsbereich, der in der Merkmalsgruppe 4 näher beschrieben wird. Im Übrigen beschränkt sich die Darstellung des Pulverbehälters auf eine Pulveraufnahme, eine Wirbelkammer und einen zugehörigen Gaseintritt und Gemischaustritt mit Auslassöffnung.
  53. Die Funktion der Pulveraufnahme lässt sich aus dem Begriff selbst ableiten und besteht darin, das Pulver aufzunehmen, das heißt zu lagern und allgemein für das Pulverstrahlgerät zur weiteren Verwendung bereitzustellen. Die Funktion der Wirbelkammer ergibt sich aus der Merkmalsgruppe 2. Mit der Wirbelkammer wird ein Raum bereitgestellt, in dem das in den Pulverbehälter eingeführte Gas das Pulver verwirbeln und dem Gemischaustritt zuführen kann.
  54. Auch wenn die Begriffe Pulveraufnahme und Wirbelkammer zu der Annahme verleiten, der Pulverbehälter – ein von einer Außenwand umgebener Hohlraum zur Lagerung und Verwirbelung des Pulvers für das Pulverstrahlgerät – weise zwei oder mehr voneinander unterscheidbare Räume oder Kammern auf, ist dieses Verständnis nach dem Wortlaut des Anspruchs nicht zwingend. Stattdessen lässt dieser auch eine Auslegung zu, wonach in dem vom Pulverbehälter gebildeten Hohlraum lediglich funktional zwei Bereiche unterschieden werden können, die der Aufnahme des Pulvers einerseits und der Verwirbelung des Pulvers durch das eintretende Gas andererseits dienen.
  55. Für diese Auslegung spricht bereits das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3, das eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Pulverbehälters darstellt. Die Pulveraufnahme (14) wird durch eine Wandung gebildet, die einen Hohlraum ausbildet, in dem sich das Pulver befindet. Zugleich umfasst dieser einheitliche Hohlraum aber auch die Wirbelkammer (24). Ausdrücklich heißt es in der Beschreibung des Klagepatents, dass „die Wirbelkammer 24 durch die Pulveraufnahme 14 und den oberen Bereich des Gehäuses 11 unterhalb des Deckels 8 gebildet wird“ (Abs. [0045]). Die Wirbelkammer ist damit Teil der Pulveraufnahme und kann von dieser allenfalls funktional unterschieden werden.
  56. Gleiches gilt für das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2. Die Pulveraufnahme (14) und die Wirbelkammer (24) werden in diesem Beispiel durch den Einsatz (20) nicht räumlich voneinander getrennt. Dieser Einsatz (20) ist in Figur 8 dargestellt und besteht im Wesentlichen aus der Steigleitung (46), von der im oberen Bereich lediglich drei Stützstege (44) abgehen, die die Segmente (45) halten (vgl. Abs. [0008]). Die Wirbelkammer und die Pulveraufnahme werden insofern durch einen einheitlichen Hohlraum gebildet, der lediglich durch die Stützstege (44) des Einsatzes (20) vertikal geringfügige Hindernisse aufweist. Dass sie die Pulveraufnahme und die Wirbelkammer räumlich voneinander trennen und unterscheiden sollen, lässt sich der Klagepatentschrift nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich.
  57. Bereits die verschiedenen Ausgestaltungen des Pulverbehälters in den beiden genannten Ausführungsbeispielen machen deutlich, dass sich der Klagepatentanspruch mit den Merkmalsgruppen 1 und 2 nicht auf eine bestimmte Form des Pulverbehälters und der Verwirbelung der Pulvers beschränken möchte. Damit greift die Lehre des Klagepatents die unterschiedlichen Gestaltungen aus dem Stand der Technik auf, ohne sich von ihnen durch den Aufbau von Pulveraufnahme und Wirbelkammer im Einzelnen abzugrenzen. Infolgedessen sind Ausgestaltungen, in denen wie in der EP 0 XXX XXX B1 oder der EP 1 XXX XXX A2 lediglich Gas in einen Pulverbehälter eingeführt, Pulver verwirbelt und das Pulver-Gas-Gemisch über eine Auslassöffnung abgeführt wird, ebenso umfasst wie die Ausgestaltungen gemäß EP 1 XXX XXX A2 und EP 0 XXX XXX B2, die eine Mischkammer oder eine gesonderte Röhre, in der das Pulver mit dem Gas gemischt wird, aufweisen (vgl. Abs. [0002], [0003] und [0006]). Das gilt vor allem auch für die WO 00/XXX XXX, die eine Gestaltung aus einem Kanister mit einem Deckel und darin installiertem Venturirohr offenbart, die sowohl eine Pulveraufnahme umgeben als auch als Wirbelkammer dienen können (Abs. [0007]). Soweit das Klagepatent diesen vielfältigen Stand der Technik fortbildet, geschieht dies mittels des Kupplungsbereichs.
  58. Der Klagepatentanspruch nennt über die Pulveraufnahme und die Wirbelkammer hinaus keine weiteren möglichen Bestandteile für die Pulverzufuhr, den Gaseintritt, die Verwirbelung und den Austritt des Pulver-Gas-Gemischs. Ein Deckel, eine Mischkammer, eine Steigleitung, ein Einsatz oder dergleichen, die im Zusammenhang mit bevorzugten Ausführungsformen genannt sind, sind nicht Gegenstand des Klagepatentanspruchs und können diesen daher nicht beschränken. Vor allem bedarf es keiner gesonderten Mischkammer und auch keiner besonderen Gestaltung eines Deckels, um das Pulver-Gas-Gemisch dem Auslass zuzuführen. Das Merkmal 2.2 verlangt lediglich, dass das Pulver-Gas-Gemisch durch das eintretende Gas auch über eine Auslassöffnung aus dem Pulverbehälter abgeführt wird. So lange der Pulverbehälter also so konzipiert ist, dass das verwirbelte Pulver in Form des Pulver-Gas-Gemischs aus dem Behälter austritt, ist dies nach der Lehre des Klagepatents ausreichend.
  59. IV.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs. Dies ist zwischen den Parteien für alle Merkmale mit Ausnahme der Merkmale 1.1 und 1.2 und der Merkmalsgruppe 2 unstreitig. Die angegriffene Ausführungsform weist aber auch eine Pulveraufnahme und eine Wirbelkammer im Sinne der Merkmalsgruppen 1 und 2 auf.
  60. 1.
    Was die räumlich-körperliche Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform angeht, ist von den von der Klägerin vorgelegten Abbildungen und Zeichnungen auszugehen. Mit ihnen hat die Klägerin den Aufbau der angegriffenen Ausführungsform und ihre Funktionsweise – jedenfalls dem Prinzip nach – konkret dargelegt. Dafür ist nicht erforderlich, dass aus den Abbildungen das Modell des Pulverbehälters ersichtlich ist. Denn der Vortrag der Klägerin geht dahin, dass der Pulverbehälter, wie er sich in den Abbildungen und Zeichnungen darstellt, angegriffen sein soll. Das einfache Bestreiten der Beklagten, die Abbildungen und Zeichnungen zeigten nicht die angegriffene Ausführungsform, ist demgegenüber unerheblich. Wenn sie der Auffassung ist, das Produkt XXX von D sei tatsächlich anders aufgebaut, hätte es ihr oblegen, eine abweichende Gestaltung oder Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform darzulegen. Daran fehlt es.
  61. 2.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Merkmalsgruppen 1 und 2.
  62. Unstreitig kann in dem angegriffenen Pulverbehälter Pulver aufgenommen werden, so dass dieser eine Pulveraufnahme im Sinne von Merkmal 1.1 aufweist. Oberhalb des Pulvers befindet sich in dem Pulverbehälter die Wirbelkammer im Sinne von Merkmal 1.2.
  63. Der Pulverbehälter arbeitet nach dem im Ausführungsbeispiel der Figur 2 dargestellten Prinzip bzw. ist dem in der EP 0 XXX XXX B2 dargestellten Funktionsprinzip ähnlich. Dies wird aus der von der Klägerin angefertigten Prinzipskizze deutlich. Demnach mündet ein Rohr oder eine Düse von außen in den Pulverbehälter und bildet den Gaseintritt. An das Rohr- oder Düsenende schließt sich eine Art Steigleitung an. Zwischen dem Rohr- oder Düsenende und dem Beginn der Steigleitung befindet sich ein Spalt, an dem das Pulver ansteht. Wird nun über das Rohr oder die Düse Gas eingeblasen, reißt es am Spalt das anstehende Pulver durch die Steigleitung mit nach oben. Dort tritt das Pulver-Gas-Gemisch aus der Steigleitung aus und wird durch den permanenten Luftstrom zwangsläufig weiter verwirbelt, bis es jedenfalls teilweise über eine Auslassöffnung den Pulverbehälter verlässt. Damit ist die Merkmalsgruppe 2 verwirklicht. Der Bereich oberhalb des Pulvers, vor allem zwischen dem Ende der Steigleitung und der Auslassöffnung, ist als Wirbelkammer zu qualifizieren. In welchem Umfang das Pulver hier noch verwirbelt wird und ob es durch den Deckel oder dessen Rippen in Richtung Auslass geführt wird, ist nach zutreffender Auslegung ebenso unbeachtlich wie ein erstes Mischen oder Verwirbeln in der Steigleitung. Unzweifelhaft ist, dass das aus der „Steigleitung“ austretende Pulver-Gas-Gemisch aus der Auslassöffnung austritt, da andernfalls das Gerät nicht funktionstüchtig wäre.
  64. V.
    Die Beklagte benutzte die Lehre des Klagepatents im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG. Allerdings lässt sich nur ein Anbieten, nicht aber ein Inverkehrbringen oder Gebrauchen feststellen.
  65. 1.
    Die Beklagte bot die angegriffene Ausführungsform gemäß § 9 S. 2 Nr. 1 PatG in der Bundesrepublik Deutschland an.
  66. Das Anbieten im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG umfasst alle Handlungen, die nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand der Nachfrage zur Verfügung stellen oder das Zustandekommen eines Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen. Maßgebend ist, ob derjenige, gegenüber dem die als mögliches „Anbieten“ zu qualifizierende Handlung vorgenommen wird, bei verständiger Würdigung der gegebenen objektiven Umstände annehmen muss, der „Anbietende“ sei bereit ihm im Falle einer Bestellung den in Rede stehenden Gegenstand zur Verfügung zu stellen ((Benkard/Scharen, PatG 11. Aufl.: § 9 Rn 41 m.w.Nw.).
  67. Dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform in dieser Weise in der Bundesrepublik Deutschland anbot, steht aufgrund der Zeugeneinvernahme fest.
  68. Nach der Aussage des Zeugen Herrn E bot die Beklagte der C, nachdem sich diese eigentlich für ein anderes Produkt interessiert hatte, im Oktober 2020 das angegriffene Gerät XXX von D an. Darauf ging die C ein. Sie handelte mit der Beklagten die Preise für die angegriffene Ausführungsform aus und legte den Verkaufspreis fest. Die C bewarb daraufhin die angegriffene Ausführungsform ab November 2020 im Internet. Die dafür erforderlichen technischen Daten und Unterlagen, wie etwa die Gebrauchsanleitung, stellte gemäß den Bekundungen des Zeugen Herrn E ebenfalls die Beklagte zur Verfügung. Im Falle einer Bestellung des Gerätes bei der C hätte diese die angegriffene Ausführungsform von der Beklagten erhalten. Die Beklagte war damals seit bereits einiger Zeit für die C die Lieferantin von Produkten von D.
  69. Die Aussage des Zeugen Herrn E, an dessen Glaubwürdigkeit keine Zweifel bestehen, ist aufgrund der genauen Darstellung des Geschäftsvorgangs und seiner Hintergründe – darunter auch das Verhältnis der Beklagten zur Herstellerin D und die Zeiträume, in denen diese Unternehmen die C belieferten – glaubhaft. Sie ist konsistent zu dem Inhalt der bereits am 18. Januar 2021 an die anwaltlichen Vertreter der Klägerin versendeten Email (Anlage K 2), in der der Zeuge mitteilte, dass die Beklagte der Importeur sei, von dem die C die Ware beziehe. Der Zeuge Herr E hat bestätigt, dass diese Email von ihm stamme, und die Zusammenhänge erläutert. Zudem hat er in der Beweisaufnahme den Ausdruck von Emailverkehr mit der Beklagten vorgelegt, darunter zwei Emails vom 12. November 2020, in denen die C bei der Beklagten nach einer Gebrauchsanleitung für das Gerät XXX und der Dateigröße fragt und die Beklagte durch eine XXX – nach der Mitteilung der Beklagten die als Zeugin benannte Frau XXX – antwortet.
  70. Die Aussage der Zeugin Frau E war hingegen weitgehend unergiebig, ist aber ohne Widerspruch zur Aussage des Zeugen Herrn E geblieben. Der Zeugin Frau E war zwar der Name der Beklagten ein Begriff und dass die C Produkte von der Beklagten – darunter Ultraschallscaler – bezog. Die Einzelheiten der Geschäftsbeziehungen waren ihr jedoch nicht bekannt, da sie bei der C nicht für den Einkauf zuständig war. Die Zeugin Frau E kannte die Vorgänge allenfalls aus den Mitteilungen ihres Ehemannes. Insofern lässt sich ihrer Aussage jedenfalls entnehmen, dass die Beklagte in der fraglichen Zeit in einer Lieferbeziehung zur C stand. Ob aber ihre Erklärung, die Beklagte habe ihnen das angegriffene Gerät angeboten, auf der Erinnerung der Zeugin Frau E an ein Gespräch mit ihrem Ehemann Ende des Jahres 2020 beruhte oder doch nur aus einer Mitteilung ihres Ehemanns im Zuge der Vorbereitung des Beweistermins stammte, lässt sich nicht sicher feststellen. Sie selbst hat im weiteren Verlauf der Vernehmung erklärt, sich an die Zeit – gemeint war das Ende des Jahres 2020 – nicht genau erinnern zu können. Weder zum Gerät XXX hat sie sich konkret äußern können, noch von wem das Luftreinigungsgerät angeboten wurde.
  71. Andere Erkenntnisse stehen der Kammer nicht zur Verfügung. Auf die Vernehmung der von ihr benannten Zeugin Frau XXX hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung verzichtet.
  72. 2.
    Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland auch in den Verkehr brachte oder gebrauchte.
  73. Mit Ausnahme der Behauptung des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform an die C hat die Klägerin keine weiteren konkreten Benutzungshandlungen der Beklagten vorgetragen. Aber auch die Lieferhandlungen an die C lassen sich nicht feststellen. Die Aussagen der Zeugen Herr und Frau E sind in der Hinsicht nicht ergiebig. Der Zeuge Herr E hat bekundet, dass die C die angegriffene Ausführungsform bei der Beklagten nicht bestellt und auch nie ein Gerät erhalten habe. Zwar habe die Beklagte in Aussicht gestellt, ein oder zwei Vorführgeräte zur Verfügung zu stellen, dazu sei es aber nie gekommen. Dem Zeugen Herrn E war auch nicht bekannt, ob die Beklagte die angegriffene Ausführungsform an andere Abnehmer geliefert hatte. Der Zeugin Frau E waren die Vorgänge im Einzelnen nicht bekannt, weil sie selbst nicht mit dem Einkauf befasst war und ihr Wissen im Wesentlichen auf den Informationen ihres Ehemannes, des Zeugen Herrn E, basierte.
  74. VI.
    Da die Beklagte die geschützte Erfindung benutzte, ohne dazu berechtigt zu sein, ergeben sich unter Berücksichtigung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen die nachstehenden Rechtsfolgen.
  75. 1.
    Die Beklagte ist der Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet.
  76. Die Unterlassungspflicht bezieht sich nicht nur auf das Anbieten, sondern auch auf das Inverkehrbringen und Gebrauchen der angegriffenen Ausführungsform. Denn das Anbieten begründet regelmäßig eine Erstbegehungsgefahr für andere, dem Anbieten nachfolgende Benutzungshandlungen.
  77. 2.
    Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte in Bezug auf deren Angebotshandlungen dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG. Weitergehende Schadensersatzansprüche bestehen nicht.
  78. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
  79. Die Beklagte beging die Patentverletzung schuldhaft. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Davon ist auch angesichts des Umstandes auszugehen, dass die ursprünglich am 14. Juli 2012 veröffentlichte Klagepatentschrift (B1-Schrift, ersichtlich aus der Anlage 4 zur Anlage K 3 „berichtigt“) fehlerhaft war und auf den Antrag der Klägerin erst im Juli 2021 eine korrigierte Fassung (B9-Schrift, vorgelegt als Anlage KAP 1) ausgegeben wurde. Aus dem Vergleich der im Erteilungsverfahren von der Patentinhaberin eingereichten geänderten Ansprüche (vgl. Anlage K 6) und der beiden Patentschriften wird deutlich, dass im Erteilungsverfahren lediglich versäumt wurde, die Worte „dass die Kodiermittel (22, 35)“ hinter den Worten „Kodiermittel (22, 35) aufweist, welche“ (vgl. Merkmal 4.2) zu streichen. Dadurch ist der Sinn des Klagepatentanspruchs nicht derart entstellt, dass der Leser eine irrige Vorstellung von seinem Gegenstand erhalten würde. In allen Fällen wird deutlich, dass sich das nachfolgende Merkmal (Merkmal 4.2) auf die Kodiermittel bezieht. Etwas anderes trägt auch die Beklagte nicht vor.
  80. Schließlich ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Dieser ist seinem Umfang nach allerdings nur auf die Benutzungshandlung des Anbietens beschränkt, da sich diese tatsächlich feststellen lässt. Darüber hinaus gehende Benutzungshandlungen können – wie ausgeführt – nicht festgestellt werden.
  81. 3.
    Der Klägerin steht gegen die Beklagte im tenorierten Umfang auch ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu.
  82. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG (Ziff. I. 2. des Tenors). Die mit dem entsprechenden Antrag geforderten Angaben sind unabhängig davon zu erteilen, welche Verletzungshandlungen die Beklagte beging. Jede Art der Benutzung patentverletzender Erzeugnisse löst den Anspruch aus § 140b PatG uneingeschränkt aus.
  83. Mit dem Anspruch aus §§ 242, 259 BGB verhält es sich anders. Dieser dient als Annexanspruch zum Schadensersatzanspruch der Bezifferung des entstandenen Schadens. Anknüpfungspunkt für die Auskunft können daher nur die tatsächlich begangenen Benutzungshandlungen sein, so dass der Anspruch begrenzt ist auf die Auskunft über den Umfang der Angebotshandlungen (Ziff. I. 3. des Tenors). Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
  84. 4.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung patentverletzender Erzeugnisse gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 und 3 PatG. Da nicht feststeht, dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform jemals in den Verkehr brachte oder auch nur einführte und besaß, sind Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung, die Vertriebshandlungen bzw. den Besitz der Erzeugnisse voraussetzen, zu verneinen.
  85. C
    Eine Aussetzung der Verhandlung kommt nicht in Betracht.
  86. Nach § 148 ZPO kann das Gericht bei der Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens einen Rechtsstreit aussetzen. Die Anhängigkeit einer Nichtigkeitsklage stellt für sich genommen jedoch noch keinen Grund für eine Aussetzung dar. Diese ist im Rahmen der zu treffenden Ermessenentscheidung vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage oder dem erhobenen Einspruch nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2016, 105 – Verbindungsstück).
  87. Im Streitfall ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das Klagepatent auf die Nichtigkeitsklage hin vernichtet wird.
  88. 1.
    Die Beklagte stützt ihren schriftsätzlichen Vortrag zur Aussetzung im Wesentlichen darauf, dass die Lehre des Klagepatents durch die Patentschrift JPH06-XXX neuheitsschädlich vorweggenommen sei. Allerdings hat die Beklagte weder die Entgegenhaltung im Original, noch die deutsche Übersetzung vorgelegt. Der Abschrift der Nichtigkeitsklage (Anlage NK 4) war lediglich jeweils die erste Seite der Patentschrift und der Übersetzung beigefügt. Eine Beurteilung, ob die Lehre des Klagepatents angesichts der JPH06-XXX neu ist, ist der Kammer so nicht möglich. Die Kammer war auch nicht gehalten, gemäß der Anregung der Beklagten die Akten aus dem Parallelverfahren der 4a Zivilkammer beizuziehen, da nicht ersichtlich ist, welche weiteren Erkenntnisse daraus gewonnen werden könnten, die der Beklagten bislang nicht vorliegen. Denn sie hat vorgetragen, Einsicht in die Akte des Nichtigkeitsverfahrens beim Bundespatentgericht gehabt zu haben. Dann muss es ihr auch möglich sein, die entsprechenden Anlagen vorzulegen. Im Übrigen kann das Verfahren der 4a Zivilkammer nicht vorgreiflich sein, sondern allenfalls das Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht.
  89. Ungeachtet dessen lässt sich aber auch dem schriftsätzlichen Vortrag der Beklagten zur JPH06-XXX nicht feststellen, dass diese Entgegenhaltung die Lehre des Klagepatentanspruchs neuheitsschädlich vorwegnimmt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass offenbart wird, dass auch der Gemischaustritt im Kupplungsbereich angeordnet ist (Merkmal 4.1). Nach dem Vortrag der Beklagten kann davon ausgegangen werden, dass nach der JPH06-XXX verschiedene Behandlungsinstrumente verwendet werden können, indem eine Behandlungsinstrumenteneinheit A vom Befestigungssockel B entfernt und eine andere Behandlungsinstrumenteneinheit mit dem Sockel gekoppelt werden kann. Ferner kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Behandlungsinstrument auch um ein Behandlungsinstrument zur Zahnreinigung durch Entfernen von Plaque usw. handeln kann. Für dieses Instrument ist – so die Beklagte – offenbart, dass „sein flexibler Schlauch bekanntlich mit einem Reinigungsgaserzeugungsbehälter verbunden [ist], der eine Druckluftzufuhr von außen aufnimmt und der dieser Druckluft ein in seinem Inneren gelagertes Schleifmittel, wie Pulver o. dgl., beimischt. Folglich ist in dieser Anordnung der Reinigungsgaserzeugungsbehälter mit dem Befestigungssockel verbunden.“
  90. Demnach mag der Reinigungserzeugungsbehälter mit dem Befestigungssockel verbunden und in dem entsprechenden Kupplungsbereich von Behälter und Sockel der Gaseintritt angeordnet sein (Merkmal 4.1). Dass aber auch der Gemischaustritt sich im Kupplungsbereich befindet und das Pulver-Gas-Gemisch über einen entsprechenden Anschluss im Befestigungssockel abgeführt wird, ist nicht offenbart. Stattdessen muss der Gemischaustritt außerhalb dieses Bereichs liegen, da das Behandlungsinstrument über seinen flexiblen Schlauch, in den das Gas-Pulver-Gemisch gelangen muss, mit dem Behälter verbunden ist, der seinerseits mit dem Befestigungssockel verbunden ist. Aus den von der Beklagten zitierten Textstellen ergibt sich auch nicht, dass die Anschlüsse a1 bis a6 und c1 bis c3 überhaupt geeignet sind, das Pulver-Gas-Gemisch aus dem mit dem Sockel verbundenen Behälter aufzunehmen und dem Behandlungsinstrument unabhängig vom Behälter zuzuführen.
  91. 2.
    Soweit die Beklagte weiterhin das Fehlen der erfinderischen Tätigkeit als weiteren Nichtigkeitsgrund anführt, fehlt es in dieser Hinsicht an schriftsätzlichem Vortrag. Es ist Aufgabe der Beklagten darzulegen, welche Nichtigkeitsgründe aus ihrer Sicht erfolgversprechend sind, und dies für die Kammer in ihren Schriftsätzen entsprechend aufzubereiten. Die Kammer ist hingegen nicht gehalten, sich den im Nichtigkeitsverfahren geleisteten Vortrag der Parteien, die nicht einmal zwingend identisch mit den Parteien des Verletzungsverfahren sind, zusammenzusuchen und damit auseinanderzusetzen in der vagen Erwartung, dass einer der Nichtigkeitsgründe Erfolg haben könnte.
  92. D
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
  93. Streitwert: 1.000.000 EUR

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