4a O 37/20 – Messrolle

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3216

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 12. Mai 2022, Az. 4a O 37/20

  1. I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin an den nachfolgend bezeichneten Patenten eine Mitberechtigung einzuräumen und vor den aufgeführten Ämtern in die Eintragung einer Mitberechtigung in den Patentregistern der aufgeführten Länder einzuwilligen:
  2. Europäisches Patent EP 3 121 XXX B1, angemeldet am 24.05.2016 unter Nr. EP XXX.1 unter Inanspruchnahme der Priorität des deutschen Gebrauchsmusters Nr. DE 20 2015 XXX 099 U1, erteilt mit Wirkung vom 09.05.2018, beim Europäischen Patentamt (EPA) validiert und in Kraft stehend in
  3. (1) Deutschland, nationales Az. 50 2016 XXX 019.6, beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA),
  4. (2) Österreich, nationales Az. XXX, beim Österreichischen Patentamt,
  5. (3) Frankreich, nationales Az. EP 3 121 XXX, beim Institut national de la propriété industrielle,
  6. (4) Großbritannien, nationales Az. EP 3 121 XXX, beim United Kingdom Intellectual Property Office,
  7. (5) Italien, nationales Az. XXX, beim Ministero dello Sviluppo Economico.
  8. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend unter I. genannten Anmeldungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird, sowie sämtliche erzielten Erlöse sowie weiteren vermögenswerten Vorteile aus den Anmeldungen/Patenten und/oder aus deren Verwertung anteilig an die Klägerin herauszugeben.
  9. III. Hierzu wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten und nach Kalendermonaten aufgeschlüsselten Verzeichnisses in elektronischer Form über alle Verwertungshandlungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar durch Angabe
  10. (1) der Menge der seit dem 24.05.2016 in Deutschland, Österreich, Frankreich, Großbritannien und/oder Italien hergestellten, ausgelieferten, angebotenen, beworbenen, erhaltenen und/oder bestellten Erzeugnisse, die Gegenstand eines oder mehrerer der vorstehend unter I. genannten Patente sind, und/oder Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der von diesen Patenten jeweils beanspruchten Erfindung beziehen, sowie der Preise, die für diese bezahlt wurden,
  11. (2) der einzelnen Herstellungen solcher Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach Produktbezeichnungen, Herstellungsmengen und Herstellungszeiten, sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Hersteller;
  12. (3) der einzelnen Lieferungen solcher Erzeugnisse und/oder Mittel, aufgeschlüsselt nach Produktbezeichnungen, Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,
  13. (4) der einzelnen Angebote solcher Erzeugnisse und/oder Mittel, aufgeschlüsselt nach Produktbezeichnungen, Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger,
  14. (5) der betriebenen Werbung für solche Erzeugnisse und/oder Mittel, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  15. (6) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten sowie des erzielten Gewinns,
  16. (7) der Namen und Anschriften der Dritten, denen sie und/oder ein Dritter mit Ihrer Zustimmung eine Lizenz an den Anmeldungen/ Patenten eingeräumt und/oder sonst die Benutzung gestattet hat, sowie des Gegenstands, des Zeitraums und der sonstigen Bedingungen der Lizenz und/oder Gestattung und der dadurch erzielten Einnahmen und/oder sonstigen Vermögensvorteile,
  17. (8) den Namen und Anschriften der Dritten, mit denen sie Kauf- oder Austauschverträge, deren Gegenstand die Anmeldungen/ Patente und/oder daraus abgeleitete Rechte sind, geschlossen hat, sowie deren Bedingungen und die dadurch erzielten Einnahmen und/oder sonstigen Vermögensvorteile,
  18. (9) der Namen und Anschriften der Dritten, denen sie dingliche oder sonstige nicht unter vorstehende Ziffern (7) oder (8) fallende Rechte an den Anmeldungen/Patenten eingeräumt hat, sowie des Gegenstands dieser Rechte, des Zeitpunkts, der rechtlichen Grundlage und der Dauer ihrer Einräumung und des/der Begünstigten und seiner/ihrer Anschrift(en),
  19. (10) der Länder, in denen parallele Schutzrechtsanmeldungen und/oder Schutzrechte existieren, sowie der jeweiligen amtlichen Aktenzeichen und der Namen und Anschriften der jeweiligen Anmelder/Inhaber sowie der anwaltlichen Vertreter und
  20. (11) der sonstigen Verwertungshandlungen durch sie selbst und/oder durch Dritte, jeweils aufgeschlüsselt nach Verwertungsarten, Produktbezeichnungen, Verwendungsmengen, Verwertungszeiten und Verwendungspreisen, sowie der dadurch erzielten Einnahmen und/oder sonstigen Vermögensvorteile, sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Vertragspartner,
  21. wobei der Beklagten nachgelassen wird, die Auskünfte bezüglich der Namen und Anschriften statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichneten, der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die Kosten seiner Einschaltung trägt und ihn berechtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob darin eine oder mehrere bestimmte Personen oder Unternehmen enthalten sind.
  22. IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  23. V. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3.
  24. VI. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu Ziffer III. vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 80.000,00. Im Kostenpunkt ist das Urteil für beide Parteien vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  25. Tatbestand
  26. Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege der Vindikationsklage auf Übertragung verschiedener nationaler Teile des Europäischen Patents EP 3 121 XXX B1 (Anlage K 2, nachfolgend zusammenfassend: Streitpatent) sowie auf Einwilligung in die Umschreibung in den jeweiligen nationalen Patentregistern, hilfsweise die Einräumung einer Mitberechtigtung an dem Schutzrecht von mindestens 50 % in Anspruch. Weiter begehrt die Klägerin Schadenersatzfeststellung für die unberechtigte Anmeldung des Streitpatents sowie Auskunft und Rechnungslegung über die Verwertung der streitpatentgemäßen Lehre.
  27. Das in deutscher Verfahrenssprache erteilte Streitpatent trägt den Titel „Messrolle zur Messung der Bandzugspannung“ und wurde am 24.05.2016 unter Inanspruchnahme des Prioritätsdatums 21.07.2015 der DE 20 2015 XXX 099 U (nachfolgend: DE ‘099 vorgelegt in Anlage K 38) angemeldet. Das Europäische Patentamt veröffentlichte am 09.05.2018 den Hinweis auf die Erteilung des Streitpatents. Als dessen Erfinder sind die Herren A, B und C angegeben. Das Streitpatent steht in Deutschland, Österreich, Frankreich, Großbritannien und Italien in Kraft (vgl. Anlagenkonvolut K 39).
  28. Anspruch 1 des Streitpatents lautet wie folgt:
  29. „Messrolle (10) zur Messung der Bandzugspannung mit einer Hohlwelle mit einer in einem Wellenmantel ausgebildeten radialen Aufnahmebohrung (13, 43, 60) zur Aufnahme zumindest einer Sensoranordnung (14, 33, 36, 37) umfassend einen Sensor (17, 38), und zur Aufnahme eines am äußeren Wellenumfang in der Aufnahmebohrung angeordneten Kontaktbodens (15),
  30. dadurch gekennzeichnet, dass die Aufnahmebohrung als Durchgangsbohrung in der Hohlwelle ausgebildet ist und die in der Aufnahmebohrung angeordnete Sensoranordnung zusätzlich zum Sensor einen Stützkörper (16, 39, 51) zur Abstützung des Sensors in der Aufnahmebohrung und eine Vorspanneinrichtung (19, 34, 47, 62) zur kraftschlüssigen Verbindung des Sensors mit der Welle umfasst, derart, dass der Sensor mit seinen axialen Enden (23, 24) zwischen dem Kontaktboden und dem Stützkörper angeordnet ist.“
  31. Hinsichtlich der Unteransprüche wird auf die in Anlage K 2 vorgelegte Streitpatentschrift verwiesen.
  32. Zur Veranschaulichung werden nachfolgend die Figuren 1 und 3 des Streitpatents verkleinert eingeblendet, wobei nach Abs. [0025] der Streitpatentbeschreibung Figur 1 einen Querschnitt durch eine Messrolle (Bezugsziffer 10) mit einer in einem Wellenmantel ausgebildeten Aufnahmebohrung (13) zur Aufnahme einer in Figur 3 dargestellten Sensoranordnung zeigt:
  33. Nach Abs. [0028] der Streitpatentbeschreibung umfasst die vorstehend gezeigte Sensoranordnung 14 einen Sensor 17, der zwischen dem Kontaktboden 15 der Aufnahmebohrung 13 und einem Stützkörper 16 angeordnet ist. Dabei ist der Sensor 17 mit seinem unteren axialen Ende 24 auf dem Stützkörper 16 angeordnet, der ebenfalls axial verschiebbar in der Aufnahmebohrung 13 angeordnet ist und mittels einer Vorspanneinrichtung 19 axial in der Aufnahmebohrung 13 verstellbar ist. Laut Abs. [0029] der Streitpatentbeschreibung ist der Sensor 17 in Figur 3 mit seinem oberen, hier durch einen Kugelkopf gebildeten axialen Ende 23 benachbart dem Bodenelement 15 und mit seinem unteren axialen Ende 24 benachbart dem Stützkörper 16 zwischen dem Bodenelement 15 und dem Stützkörper 16 angeordnet, so dass er mit einer definierten Vorspannkraft beaufschlagt werden kann.
  34. Die Beklagte ist eine deutsche Kommanditgesellschaft, die Planheitsmessrollen entwickelt und fertigt. Sie ist Inhaberin verschiedener Schutzrechte auf dem technischen Gebiet des Streitpatents.
  35. Die Klägerin ist eine deutsche GmbH, deren Unternehmensgegenstand u.a. auf die Entwicklung, Produktion und Verkauf von Sensoren und Sensorsystemen gerichtet ist, einschließlich der Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsaufträgen sowie Projektgeschäften in diesem Bereich. Sie ist Inhaberin der deutschen Patentanmeldungen DE 10 2014 XXX 001 A1 (nachfolgend: DE‘001; Anlage K 7) und DE 10 2014 XXX 274 A1 (nachfolgend: DE‘274 Anlage K 8), die nach dem Prioritätsdatum des Streitpatents offengelegt wurden und bislang nicht zu einer Patenterteilung geführt haben.
  36. Die am 12.03.2014 angemeldete und am 17.09.2015 offengelegte DE‘001 (Anlage K7) trägt den Titel „Messvorrichtung zur Messung einer Normalkraft oder Flächenlast innerhalb eines begrenzten Abschnitts der Nutzfläche eines Messkörpers“. Die Zusammenfassung auf dem Deckblatt der DE‘001 lautet:
  37. „Die Erfindung betrifft eine Messrolle (M) zur ortsempfindlichen Messung einer Bandzugspannung über die Bandbreite z. B. beim Walzen, Stanzen oder Wickeln von Bandmaterial aus Metall, Papier oder Kunststoff dadurch gekennzeichnet, dass ein rundlaufender Hohlzylinder (7), bestehend aus einem inneren Sensorträger (1) und einem darauf stoffschlüssig aufgebrachten Mantel (2) mit geschlossener und verschleißarmer Mantelfläche, gegen Lockerung beim Betrieb (z. B. Vibrationen) gesicherte Sensoren (6) enthält. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung einer solchen Messrolle.“
  38. Zur Veranschaulichung des Gegenstands der DE‘001 werden nachfolgend deren Figuren 1 und 6 verkleinert eingeblendet:
  39. Die Patentanmeldung der Klägerin DE‘274 (Anlage K 8) trägt den Titel „XXX“ und wurde unter dem 17.02.2014 angemeldet und am 20.08.2015 offengelegt. Deren Gegenstand wird auf dem Deckblatt wie folgt zusammengefasst:
  40. „(57) Zusammenfassung: Messvorrichtung zur Messung einer Normalkraft und der Flächenlast innerhalb eines begrenzten Abschnitts der Nutzfläche eines Messkörpers, wie z. B. einer Planheitsmessrolle dadurch gekennzeichnet, dass die Komponente der Messvorrichtung aus einem kugelförmigen Kopplungselement (1), einem Krafteinleitungselement (3), einem druckempfindlichen Sensorelement (4), einem Stützelement (5), einem Gegenlagerelement (6), sowie einem einstellbaren federnden Druckelement (7) in einem Gehäuse (2) bestehen.“
  41. Zur Veranschaulichung des Gegenstands der DE‘274 wird nachfolgend deren Figur 1 verkleinert eingeblendet:
  42. Im Jahre 2013 kam es zwischen den Parteien zu einer Forschungs- und Entwicklungskooperation, welche die Applikation von Piezofasersensoren der Klägerin in eine Planmessrolle der Beklagten betraf. Im Verlauf dieser Kooperation schlossen die Parteien unter dem 12.11.2013 eine Geheimhaltungsvereinbarung (Anlage B 2), deren Präambel wie folgt lautet:
  43. „Die Vertragsparteien führen im Hinblick auf ihre künftige und/oder bereits bestehende Zusammenarbeit Gespräche. Diese Gespräche dienen der weiteren Klärung zur Durchführung eines gemeinsamen Projektes („CFK-Messrolle“) zur Applikation der D [= die Klägerin] Piezofasersensoren in einer Planheitsmessrolle, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass die Sensoren in eine Faserkomposit-Struktur integriert sind, welche gleichzeitig den tragenden Rollenkörper bildet oder alternativ als sensitive Hülle auf einer Tragstruktur ausgebildet ist. Im Falle der Realisierung des Projekts (d.h. zunächst Herstellung eines funktionsfähigen und im Walzwerk einsatztauglichen Prototypen) liefert D [= die Klägerin] für die Aufgabenstellung optimierte Sensorelemente sowie das know-how zur sach- und fachgerechten Sensorintegration, AB [= die Beklagte] appliziert diese Sensorelemente in Zusammenarbeit mit einem Fertigungspartner für Faserkomposit-Bauteile in eine von AB [= die Beklagte] konstruierte Messrolle. Das Projekt wird im Folgenden als Zusammenarbeit bezeichnet.“
  44. Im Zuge der Kooperation zwischen den Parteien kam es zu einem umfassenden E-Mailaustauch sowie zu Treffen zwischen den Mitarbeitern der Parteien, für deren Inhalt auf die überreichten Anlagen verwiesen wird.
  45. Der Mitarbeiter der Beklagten, Herr E, fasste gegenüber einem der Geschäftsführer der Klägerin, Herrn F, die Spezifikationen für die Sensoranforderungen mit E-Mail vom 12.08.2013 zusammen. Am 20.02.2014 übersandte die Klägerin an die Beklagte Vorabskizzen für den Sensoreinbau in die Walzen mit Dokumentation des Einbaus zum gelieferten Demonstrator (Anlagen K 17 – 19). Am 14.03.2014 lieferte die Klägerin eine Messrolle mit zwei Sensoren an die Beklagte und übersandte am 17.03.2014 eine zusammenfassende Dokumentation hierzu (Anlage K 22). Mit E-Mail vom 30.07.2014 (Anlage K 60) übersandte die Klägerin der Beklagten zusammen mit einem Angebotsschreiben bzgl. der Sensorik in einer Planheitsmessrolle ein Datenblatt des in der Messrolle eingebauten Sensors (Anlage K 23).
  46. Am 15.12.2014 fand eine Präsentation der Klägerin gegenüber den Beklagten statt; für die präsentierte PowerPoint-Präsentation („Leichtlauf-Messrolle zur Qualitätsbestimmung von Metallfolien“) wird auf Anlage K 28 verwiesen; der dazugehörige Präsentationsbericht vom 30.01.2015 wurde als Anlage K 27 zur Akte gereicht. Am 13.01.2015 übersandte die Klägerin der Beklagten eine Skizze einer modifizierten Gewindehülse mit überstehenden Rand („Gewindehülse – 45°“; Anlage K 32) sowie unter dem 15.01.2015 eine Skizze mit vorgenommenen Veränderungen der Abmessungen im Hinblick auf die Skizze vom 13.01.2015 (Anlage K 33). Unter dem 20.01.2015 übersandte die Klägerin der Beklagten eine CAD-Zeichnung der Gewindehülse (Anlage K 34).
  47. Mit Schreiben vom 28.01.2015 (Anlage K 30) übersandte die Klägerin der Beklagten einen Sensor-Dummy, der insbesondere wegen eines fehlenden Kabels nicht funktionsfähig war. Weiterhin übersandte die Klägerin am 13.02.2015 sechs funktionsfähige Sensoren (vgl. Lieferschein in Anlage K 61). Ein Bild (von S. 26 der Klageschrift) eines jedenfalls äußerlich baugleichen Sensors wird nachfolgend zur Veranschaulichung eingeblendet:
    Weiter wird eine Abbildung einer Hülse, die baugleich zu den der Beklagten übersandten ist (ebenfalls S. 26 der Klageschrift entnommen), nachfolgend eingeblendet:
  48. Die von der Beklagten übergebenen Muster – also die Messrolle mit zwei Sensoren, der Sensor-Dummy oder die am 13.02.2015 gelieferten sechs Sensoren – waren nicht aufschraubbar.
  49. Am 21.07.2015 meldete die Klägerin das für das Streitpatent prioritätsbegründende Gebrauchsmuster DE‘099 an und am 24.05.2016 das Streitpatent. Mit E-Mail vom 12.02.2016 (Anlage K 37) erklärte die Beklagte die Zusammenarbeit mit der Klägerin für beendet, nachdem bereits seit Sommer 2015 kein Informationsaustausch zwischen den Parteien mehr erfolgt war.
  50. Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe ein Anspruch auf Übertragung der Rechte an dem Streitpatent zu. Hierzu behauptet sie, die hierin geschützte Erfindung sei von den Herren G ersonnen worden. Sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 sowie aller Unteransprüche des Streitpatents gingen allein auf Erfindungsbeiträge der Klägerin zurück; lediglich die dem Anspruch 1 zugrunde liegende Aufgabe stamme von der Beklagten. Weiterhin behauptet die Klägerin, sie habe die streitgegenständliche Erfindung der Beklagten im Zuge der Zusammenarbeit offenbart. Aus der angeblichen Aufgabenverteilung zwischen den Parteien ergebe sich, dass allenfalls das Merkmal einer „Messrolle zur Messung der Bandzugspannung mit einer Hohlwelle“ auf die Beklagte zurückgehe. Die Erfindung sei mit der von der Klägerin am 15.12.2014 vorgeschlagenen Konstruktion bereits fertiggestellt gewesen.
  51. Die Merkmale der Sensoranordnung habe die Klägerin der Beklagten durch die Übersendung der Muster-Sensoren offenbart. Der Aufbau des Sensors in der „Messrolle mit zwei Sensoren“, des „Sensor-Dummy“ (28.01.2015) und der übersandten sechs Sensoren habe jeweils der nachfolgend eingeblendeten Zeichnung nebst Bezugszeichenerläuterung entsprochen, welche Seite 27 der Klageschrift entnommen ist:
  52. Die beiden Sensoren in der Messrolle mit zwei Sensoren hätten dem Aufbau gemäß der in der DE‘274 gezeigten Ausführungsform entsprochen, von der sich die übersandten Sensoren höchstens dahingehend unterschieden hätten, dass das Gehäuse 2 oben komplett offen gewesen sei und dadurch die Kugel erst im eingebauten Zustand durch den Kontaktboden festgeklemmt worden sei.
  53. Zwar habe die Klägerin – unstreitig – die vorstehende Zeichnung der Beklagten nicht gezeigt; allerdings hätte sich der Aufbau für die Beklagte bei einer Öffnung der übersandten Muster ergeben. Hierzu behauptet sie, die Beklagte müsse die Sensoren in der „Messrolle mit zwei Sensoren“ (14.03.2014), des „Sensor-Dummy“ (28.01.2015) und der sechs Sensoren (15.02.2015) durch das Entfernen des in der Messrolle verwendeten Klebers und Öffnen des Sensors Kenntnis vom Sensoraufbau erlangt haben. Die Ausgestaltung des Innenlebens der an die Beklagte übergegebenen Muster-Sensoren hätte diese auch ohne deren Öffnung mittels einer Computertomographie ersehen können. Die Klägerin behauptet, die Computertomographieaufnahmen in Anlage K 63 stammten von einem Rückstellmuster, der dem Aufbau der der Beklagten übergebenen Sensoren entspreche.
  54. Weiterhin habe Herr G dem Mitarbeiter der Beklagten, Herrn E in einem Telefonat den Aufbau der übersendeten Sensoranordnung erläutert; hiervon sei auszugehen, wenn die Beklagte dies nicht bestreite.
  55. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei ein Sensor im Sinne des Streitpatents nicht nur das Bauteil, an dem das Anschlusskabel montiert sei. Vielmehr sei ein Sensor ein technisches Bauteil, das unter anderem physikalische Eigenschaften, beispielsweise Druck, qualitativ oder quantitativ erfassen und in ein weiterverarbeitbares elektrisches Signal umformen könne. Damit zeigten die Zeichnung auf S. 27 KL, die Patentanmeldung DE‘274 (Anlage K 8) und die Computertomographieaufnahmen (Anlage K 63) jeweils eine streitpatentgemäße Sensoranordnung und nicht nur einen Sensor. Als Sensor sei das Piezoelement (Bezugsziffer 4; S. 27 KL) bzw. das „druckempfindliche Sensorelement (4)“ für sich genommen anzusehen. Entsprechend sei das Bauteil mit der Bezugsziffer 5 (Drehteil 2 (Druckstück)) in der Zeichnung von S. 27 KL bzw. das „Stützelement 5“ in der DE‘274 ein erfindungsgemäßer Stützkörper, da er sich unmittelbar an das Piezoelement 4 bzw. das druckempfindliche Sensorelement 4 anschließe und dieses in der Aufnahmebohrung abstütze. Dieser Stützkörper wirke in der Zeichnung auf S. 27 KL mit dem VA Druckstück 6 (= „federndes Druckelement 7“ in der DE‘274) zusammen, das mit einer Mutter 7 gesichert ist und damit eine streitpatentgemäße Vorspanneinrichtung darstelle.
  56. Betrachte man im Rahmen einer alternativen Merkmalszuordnung die Gesamtheit der Bauteile mit den Bezugsziffern 5, 6, 9 und 1 in der Zeichnung auf S. 27 KL bzw. die Bauteile mit den Bezugsziffern 2, 5, 6 und 7 der DE‘274 als streitpatentgemäße Vorspanneinrichtung mit Stützkomponenten, stammten die Merkmale des Hauptanspruchs und der Ansprüche 8 bis 11 des Streitpatents von der Klägerin.
  57. Weitere Merkmale des Hauptanspruchs und des Unteranspruchs 3 habe die Klägerin der Beklagten mit E-Mail vom 20.02.2014 (Anlage K 17 – K 19) sowie mit der Präsentation der am 14.03.2014 übergebenen „Messrolle mit zwei Sensoren“ und Dokumentation deren Konstruktion (Anlage K 21, K 22) offenbart. Hieraus ergäbe sich die Herstellung einer Hohlwelle mit zwei Durchgangsbohrungen, in die Gewindehülsen eingebracht werden, die wiederum der Aufnahme einer Gewindehülse nebst Sensor dienten. Das Vorsehen einer in einem Wellenmantel ausgebildeten radialen Aufnahmebohrung und deren Ausbildung als Durchgangsbohrung in der Hohlwelle, habe damit die Klägerin vorgeschlagen.
  58. Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass der Beklagten die japanische Druckschrift JP 2 243 182 (die eine Durchgangsbohrung zeigt) bekannt gewesen sei. Die DE‘001 (Anlage K 7) zeige durchaus eine Durchgangsbohrung, die jedoch nachträglich durch einen äußeren Mantel wieder verschlossen werde, was aber der Einordnung als Durchgangsbohrung gemäß dem Streitpatent nicht entgegenstehe.
  59. Die Klägerin habe mit den Anlagen K 17 – K 22 und der Übergabe der „Messrolle mit zwei Sensoren“ im Februar / März 2014 auch die auf den Kontaktboden bezogenen Merkmale des Hauptanspruchs des Streitpatents offenbart. In den Anlagen K 18 / K 22 sei – insoweit unstreitig – beschrieben, Formteile in die Aufnahmebohrungen einzusetzen und dann eine Decklage von mindestens 2 mm aufzubringen und anschließend die Formteile zu entfernen. Die Aufnahmebohrungen der Hohlwelle dienten der Aufnahme einer Gewindehülse, wobei der hierin enthaltene Sensor zwischen dem Stützkörper und der Decklage, die dem Kontaktboden entspreche, angeordnet sei. Die Decklage erfülle die Funktion des Kontaktbodens ebenso gut wie der Deckel einer Gewindehülse. Es sei bedeutungslos, ob der Durchmesser des Kontaktbodens größer sei als jener des Sensors oder der Aufnahmebohrung. Ein solcher Durchmesser habe sich weder in den Ansprüchen noch in der Beschreibung des Streitpatents niedergeschlagen. Die Offenbarung der Anordnung des Kontaktbodens in der Aufnahmebohrung gegenüber der Beklagten sei durch die Präsentation am 15.12.2014 (Anlage K 28) erfolgt, zunächst noch in Bezug auf einen nicht überstehenden Deckel der Gewindehülse gebildeten Kontaktboden.
  60. Mit Übersendung der Konstruktionszeichnung am 13.01.2015 (S. 4 Anlage K32) sei auch die Offenbarung in Bezug auf einen durch den überstehenden Deckel der Gewindehülse gebildeten Kontaktboden erfolgt. Auch die „Gewindehülse – 45°“, mit überstehenden Deckel stamme von Dr. G von der Klägerin.
  61. Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass ein Mitarbeiter der Beklagten am 22.10.2014 die technische Zeichnung gemäß Anlage B9 erstellt hat. Die Zeichnung in Anlage B 9 haben ohnehin mit der streitgemäßen Erfindung nichts zu tun.
  62. Auch die Lehre der Unteransprüche des Streitpatents stamme von der Klägerin.
  63. Die Klägerin meint, hilfsweise stehe ihr jedenfalls ein Anspruch auf Einräumung und Eintragung der Mitberechtigung an dem Streitpatent zu. Ferner stehe ihr Schadensersatz und als Annex hierzu ein Anspruch auf Auskunft zu.Die Klägerin beantragt:
  64. I. Die Beklagte wird verurteilt, die nachfolgend bezeichneten Patente auf die Klägerin zu übertragen und vor den aufgeführten Ämtern in die Umschreibung in den Patentregistern der aufgeführten Länder einzuwilligen:
  65. Europäisches Patent EP 3 121 XXX B1, angemeldet am 24.05.2016 unter Nr. EP XXX.1 unter Inanspruchnahme der Priorität des deutschen Gebrauchsmusters Nr. DE 20 2015 XXX 099 U1, erteilt mit Wirkung vom 09.05.2018, beim Europäischen Patentamt (EPA) validiert und in Kraft stehend in
  66. (1) Deutschland, nationales Az. 50 2016 XXX XXX, beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA)
  67. (2) Österreich, nationales Az. XX, beim Österreichischen Patentamt
  68. (3) Frankreich, nationales Az. EP 3 121 XXX, beim Institut national de la propriété industrielle
  69. (4) Großbritannien, nationales Az. EP 3 121 XXX, beim United Kingdom Intellectual Property Office
  70. (5) Italien, nationales Az. XXX, beim Ministero dello Sviluppo Economico
  71. Hilfsweise:
    Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin eine Mitberechtigung, deren prozentualer Anteil mindestens 50 Prozent beträgt, an den vorstehend bezeichneten Patenten einzuräumen und in die Eintragung der Klägerin als Mitinhaberin der Schutzrechtsanmeldungen bzw. erteilten Patente im Register gegenüber den vorgenannten Behörden einzuwilligen.
  72. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend unter I genannten Anmeldungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird, sowie sämtliche erzielten Erlöse sowie weiteren vermögenswerten Vorteile aus den Anmeldungen/Patenten und/oder aus deren Verwertung anteilig an die Klägerin herauszugeben.
  73. III. Hierzu wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten und nach Kalendermonaten aufgeschlüsselten Verzeichnisses in elektronischer Form über alle Verwertungshandlungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar durch Angabe
  74. (1) der Menge der seit dem 24.05.2016 in Deutschland, Österreich, Frankreich, Großbritannien und/oder Italien hergestellten, ausgelieferten, angebotenen, beworbenen, erhaltenen und/oder bestellten Erzeugnisse, die Gegenstand eines oder mehrerer der vorstehend unter I genannten Patente sind, und/oder Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der von diesen Patenten jeweils beanspruchten Erfindung beziehen, sowie der Preise, die für diese bezahlt wurden,
  75. (2) der einzelnen Herstellungen solcher Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach Produktbezeichnungen, Herstellungsmengen und Herstellungszeiten, sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Hersteller;
  76. (3) der einzelnen Lieferungen solcher Erzeugnisse und/oder Mittel, aufgeschlüsselt nach Produktbezeichnungen, Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,
  77. (4) der einzelnen Angebote solcher Erzeugnisse und/oder Mittel, aufgeschlüsselt nach Produktbezeichnungen, Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger,
  78. (5) der betriebenen Werbung für solche Erzeugnisse und/oder Mittel, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  79. (6) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten sowie des erzielten Gewinns,
  80. (7) der Namen und Anschriften der Dritten, denen sie und/oder ein Dritter mit Ihrer Zustimmung eine Lizenz an den Anmeldungen/ Patenten eingeräumt und/oder sonst die Benutzung gestattet hat, sowie des Gegenstands, des Zeitraums und der sonstigen Bedingungen der Lizenz und/oder Gestattung und der dadurch erzielten Einnahmen und/oder sonstigen Vermögensvorteile,
  81. (8) den Namen und Anschriften der Dritten, mit denen sie Kauf- oder Austauschverträge, deren Gegenstand die Anmeldungen/ Patente und/oder daraus abgeleitete Rechte sind, geschlossen hat, sowie deren Bedingungen und die dadurch erzielten Einnahmen und/oder sonstigen Vermögensvorteile,
  82. (9) der Namen und Anschriften der Dritten, denen sie dingliche oder sonstige nicht unter vorstehende Ziffern (7) oder (8) fallende Rechte an den Anmeldungen/Patenten eingeräumt hat, sowie des Gegenstands dieser Rechte, des Zeitpunkts, der rechtlichen Grundlage und der Dauer ihrer Einräumung und des/der Begünstigten und seiner/ihrer Anschrift(en),
  83. (10) der Länder, in denen parallele Schutzrechtsanmeldungen und/oder Schutzrechte existieren, sowie der jeweiligen amtlichen Aktenzeichen und der Namen und Anschriften der jeweiligen Anmelder/Inhaber sowie der anwaltlichen Vertreter und
  84. (11) der sonstigen Verwertungshandlungen durch sie selbst und/oder durch Dritte, jeweils aufgeschlüsselt nach Verwertungsarten, Produktbezeichnungen, Verwendungsmengen, Verwertungszeiten und Verwendungspreisen, sowie der dadurch erzielten Einnahmen und/oder sonstigen Vermögensvorteile, sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Vertragspartner,
  85. wobei die Beklagte zum Nachweis der Angaben gemäß (1) bis (11) Kopien entsprechender Belege, nämlich Rechnungen, hilfsweise Auftragsbestätigungen, Lieferscheine, Zollpapiere, Registerauszüge oder Verträge, und zum Nachweis der Angaben gemäß (7) bis (9) und (11) zusätzlich Kopien entsprechender Verträge sowie zum Nachweis der Angaben gemäß (10) zusätzlich Kopien entsprechender Patentschriften, hilfsweise entsprechender Patentanmeldungen, vorzulegen hat, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen; und
  86. wobei der Beklagten nachgelassen wird, die Auskünfte bezüglich der Namen und Anschriften statt der Klägerin einem ihr zu bezeichneten, der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die Kosten seiner Einschaltung trägt und ihn berechtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob darin eine oder mehrere Bestimmt Personen oder Unternehmen enthalten sind.
  87. Die Beklagte beantragt,
  88. die Klage abzuweisen.
  89. Das Streitpatent stehe allein der Beklagten zu, da die streitgegenständliche Lehre von deren Mitarbeitern Philipp H, B und A erfunden worden sei. Gemäß der Aufgabenverteilung zwischen den Parteien habe es der Klägerin allein oblegen, einen geeigneten Sensor zu entwickeln. Demgegenüber habe die Beklagte durch ihren Mitarbeiter Herrn E die Aufgabe herausgearbeitet, wie die Sensoranordnung auszusehen habe. Nachdem die Klägerin daran gescheitert sei, eine zufriedenstellende Lösung für den Einbau des Sensors in die Planheitsmessrolle bereitzustellen, habe die Beklagte eine eigenständige technische Lösung entwickelt, die Gegenstand des Streitpatents sei.
  90. Die technische Lehre des Oberbegriffs von Anspruch 1 des Streitpatents habe die Beklagte aus dem Stand der Technik gekannt. Die übrigen Merkmale beruhten auf einer eigenen erfinderischen Leistung der Beklagten oder seien vorbekannt. Das Merkmal der Ausbildung der Aufnahmebohrung als Durchgangsbohrung in der Hohlwelle sei der Beklagten aus der Druckschrift JP 2 243 XXX B2 bekannt gewesen. Die Verwendung einer Hohlwelle mit Aufnahmebohrung gehe nicht auf einen schöpferischen Beitrag der Klägerin zurück, da eine solche Konstruktion längst innerbetrieblicher Stand der Technik der Beklagten und dem Fachmann schon seit Jahrzehnten bekannt gewesen sei. Bereits im Jahre 2004 seien bei der Beklagten Entwicklungsarbeiten für die Anordnung von Sensoren in Hohlwellen als Planheitsmessrollen durchgeführt worden, die auch in einem Gebrauchsmuster und einem Patent geschützt worden seien. Die Verwendung von Hohlwellen sei im Stand der Technik bekannt und für den Fachmann naheliegend gewesen. Im Übrigen habe die Beklagte die Verwendung einer Hohlwelle mit E-Mail vom 12.08.2013 vorgegeben (Anlage B 3).
  91. Die Beklagte bestreitet den von der Klägerin behaupteten inneren Aufbau der von ihr übergebenen Sensor-Muster mit Nichtwissen. Die Beklagte habe die ihr von der Klägerin übergebenen Muster und Sensoren (etwa die Messrolle mit zwei Sensoren, den Sensor-Dummy oder die am 13.02.2015 gelieferten sechs Sensoren) niemals geöffnet, demontiert oder „reverse engineered“, um so deren inneren Aufbau herauszufinden. Ebenso wenig habe sie aufwändige computertomografischen Aufnahmen der übergebenen Muster angefertigt, um deren inneren Aufbau herauszufinden. Auch habe der Geschäftsführer der Klägerin Herrn E von der Beklagten die streitpatentgemäße Sensoranordnung nicht in einem Telefonat offenbart.
  92. Unabhängig vom bestritten Aufbau der Muster zeigten weder die Zeichnung auf S. 27 der Klageschrift noch die DE‘274 die streitpatentgemäße Erfindung. Ein Sensor sei aus Sicht des Fachmanns ein Element, das zu einem Messsystem verbaut werden könne und mit einem Anschlusskabel versehen sei. Die von der Beklagten vorgenommene Auftrennung zwischen Piezoelement als Sensor und den weiteren Sensorelementen sei künstlich und entspreche nicht der Sichtweise des Streitpatents. Zum Umfang eines Sensors gehörten alle Teile, die zum Einbau und Anschluss erforderlich seien, wie Abs. [0017] der Streitpatentschrift bestätige. Dagegen zeige die Zeichnung von S. 27 der Klageschrift, die der Konstruktion in Figur 1 der DE‘274 entsprechen solle, lediglich einen Sensor, nicht aber eine streitpatentgemäße Sensoranordnung. Das Sensorelement – in Form eines dünnen Piezoelements – (Bezugsziffer 4 in der DE‘274 und in der Skizze S. 27 Klageschrift) sei nicht als Sensor im Sinne des Streitpatents zu verstehen.
  93. Weiterhin könne ein Stützkörper im Sinne des Streitpatents nur ein stützendes Bauteil sein, das sich unmittelbar an den Sensor anschließe und an dem das Anschlusskabel montiert sei. Demgegenüber zeige das Muster der Beklagten nur ein Piezomaterial bzw. ein Sensorelement, nicht aber einen Sensor. Da die von der Klägerin übersendeten Muster – unstreitig – über ein Außengewinde verfügten, bedürften diese keines streitpatentgemäßen Stützkörpers und offenbarten einen solchen auch nicht.
  94. Die Klägerin habe der Beklagten stets eine einfache Einschraubhülse gezeigt, in die der Sensor eingeschraubt werden sollte. Damit habe sie keine Vorspanneinrichtung im Sinne des Streitpatents offenbart. Das VA-Druckstück (Bezugsziffer 6) in der Zeichnung auf S. 27 der Klageschrift bzw. das Gegenlagerelement 6 in der DE‘274 seien jeweils keine merkmalsgemäße Vorspanneinrichtungen, da sich diese – anders als es das Streitpatent vorsehe – nicht unmittelbar an einen streitpatentgemäßen Stützkörper anschlössen.
  95. Zudem sei in den in Anlage K 62a/b gezeigten Sensoren ein integriertes Federelement vorhanden; dagegen könne bei der streitpatentgemäßen Konstruktion auf ein solches integriertes Federelement verzichtet und ein starrer Sensor verwendet werden.
  96. Schöpferische Beiträge zur streitpatentgemäßen Erfindung seien weder dem als Anlage K 23 vorgelegten Datenblatt noch der als Anlage K 28 vorgelegten Präsentation zu entnehmen. Diese könnten keine Miterfinderschaft begründen, da es für den Fachmann zum allgemeinen Stand der Technik gehört habe, bei Sensoranordnungen für Planheitsmessrollen Piezosensoren zu verwenden.
  97. Die Klägerin habe der Beklagten weiterhin keine Anordnung eines Sensors zwischen Kontaktboden und Stützkörper offenbart. Kontaktböden im Sinne eines Deckels seien lange vor der Zusammenarbeit der Parteien innerbetrieblicher Stand der Technik der Beklagten und dem Fachmann auch allgemein bekannt gewesen. Herr H von der Beklagten habe bereits am 22.10.2014 eine Zeichnung angefertigt, nach der die Montagehülle einen Deckel bzw. einen Kontaktboden aufweise und von der eine Kopie in Anlage B 9 vorgelegt wurde. Hiernach weise die Montagehülse einen Deckel bzw. einen Kontaktboden, der den „doppelten“ Radius des Sensors aufweise. Führe man diese Montagehülse in die Aufnahmebohrung ein, ergebe sich der Kontaktboden gemäß dem Streitpatent, was der Darstellung in deren Figur 5 entspreche. Mit dem größeren Radius werde ein Durchrutschen beim Einsetzen von außen verhindert, während die Konstruktion der Klägerin vom 15.12.2014 von beiden Seiten eingesetzt werden könne. Auch die Idee, dass der Durchmesser des Kontaktbodens sich vom Durchmesser mit den Ausmaßen des Sensors unterscheide, stamme also von der Beklagten. Der überstehende Deckel sei von ganz entscheidender Bedeutung für die Erfindung des Streitpatents. Dem stehe nicht entgegen, dass dies in der Streitpatentschrift nicht ausdrücklich beansprucht werde.
  98. In den Anlagen K 18, K 19 und K 22 (zum Herstellungsprozess) sei kein erfindungsgemäßer Kontaktboden gezeigt. Die hierin beschriebene Decklage sei kein Kontaktboden, sondern eine die gesamte Messwelle umlaufende Beschichtung, die mit der Kontaktschicht 55 des Streitpatents vergleichbar sei.
  99. Auch am 15.12.2014 habe die Klägerin eine Gewindehülse mit einem Radius präsentiert, deren oberer Abschluss nicht größer sei als der Durchmesser der Gewindehülse bzw. der Sensoranordnung. Eine modifizierte Gewindehülse habe die Klägerin erst nach der Kritik der Beklagten in der Besprechung am 15.12.2014 vorgelegt. Die von der Klägerin am 13.01.2015 übersendete Konstruktion mit einem überstehenden Deckel („Gewindehülse 45°“; Anlage K 32) mit einem überstehenden Rand sei auf Anweisung der Beklagten von der Klägerin konstruiert worden.
  100. Die Klägerin habe nicht schlüssig dargelegt, dass sie zur Lehre auch nur eines Unteranspruchs beigetragen habe.
  101. Das Gericht hat den Parteien und den Prozessbevollmächtigten von Amts wegen gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen über den von der Justiz des Landes NRW zur Verfügung gestellten Virtuellen Meetingraum (VMR) vorzunehmen. Davon haben die Prozessbevollmächtigten Gebrauch gemacht.
  102. Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
  103. Entscheidungsgründe
  104. Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
  105. A.
    Die Klage ist zulässig. Das angerufene Gericht ist auch auf für die von der Klägerin begehrte Übertragung der ausländischen Teile des Streitpatents zuständig. Nach der Erteilung eines europäischen Patents bestimmt sich die Zuständigkeit der nationalen Gerichte nach den allgemeinen Bestimmungen (vgl. BeckOK PatR/Schnekenbühl, 22. Ed. 15.10.2021, PatG § 8 Rn. 64). Die internationale Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 63 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts (Brüssel Ia-VO). Die Beklagte hat ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen, weshalb das Landgericht nach § 143 PatG in Verbindung mit der Verordnung über die Zuweisung von Patentstreitsachen, Gebrauchsmusterstreitsachen und Topografieschutzsachen an das Landgericht Düsseldorf vom 30.08.2011 national und damit auch international zuständig ist.
  106. B.
    Die Klage ist nur teilweise begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übertragung des Streitpatents, sondern nur auf die hilfsweise beantragte Einräumung einer Mitberechtigung hieran. Deren prozentuale Höhe musste nicht bestimmt werden, da sie jedenfalls unterhalb von 50 % liegt und damit die von der Klägerin verlangte hälftige Mitberechtigung nicht festgestellt werden kann. Allerdings stehen der Klägerin Ansprüche auf Schadensersatz sowie auf Auskunft und Rechnungslegung zu.
  107. I.
    Nach Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜG kann der nach Art. 60 Abs. 1 EPÜ Berechtigte – also der Erfinder oder sein Rechtsnachfolger –, dessen Erfindung von einem Nichtberechtigten angemeldet worden ist, vom Inhaber die Übertragung eines auf diese Erfindung erteilten europäischen Patents verlangen. Im Gegensatz zu § 8 PatG besteht der Anspruch aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜG nicht zugunsten des durch widerrechtliche Entnahme Verletzten; im Übrigen sind die Voraussetzungen aber identisch (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 10. Aufl. 2017, Anhang 1 Rn. 38), so dass grundsätzlich auch auf Rechtsprechung und Literatur zu § 8 PatG zurückgegriffen werden kann.
  108. 1.
    Voraussetzung für den Anspruch auf Übertragung des Patents ist die Wesensgleichheit der Erfindung des Berechtigten mit dem Gegenstand des Patents des Nichtberechtigten (BGH, GRUR 1971, 210 – Wildverbissverhinderung), d. h. sie müssen nach Problemstellung und Lösung übereinstimmen, was objektiv anhand der tatsächlichen Lösung der technischen Probleme zu bestimmen ist(BGH, GRUR 1981, 186 – Spinnturbine II; Benkard PatG/Melullis, 11. Aufl. 2015, PatG § 8 Rn. 21). Dafür ist in erster Linie zu untersuchen, inwieweit beide Lehren übereinstimmen, wozu eine Gesamtschau vorzunehmen ist (BGH, GRUR 2016, 265 Rn. 22 – Kfz-Stahlbauteil). Abänderungen im Rahmen des Fachkönnens, die den Kern der Erfindung unberührt lassen, sind aber hinsichtlich der Wesensgleichheit unschädlich (vgl. BGH, GRUR 1981, 186 – Spinnturbine II; Benkard PatG/Melullis, 11. Aufl. 2015, PatG § 8 Rn. 21). Schließlich ist es verfehlt, die einzelnen Merkmale des Patentanspruchs darauf hin zu untersuchen, ob sie für sich genommen im Stand der Technik bekannt sind, und sie bejahendenfalls für einen schöpferischen Beitrag eines Miterfinders auszuschließen (BGH, GRUR 2011, 903 Rn. 21 – Atemgasdrucksteuerung; OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.05.2018 – I-2 U 79/16 – Rn. 59 f. bei Juris = BeckRS 2018, 47496).
  109. Miterfinder ist derjenige, der zu der unter Schutz gestellten Erfindung einen schöpferischen Beitrag geleistet hat (BGH, GRUR 2001, 226, 227 – Rollenantriebseinheit; BGH, GRUR 1977, 784, 787 – Blitzlichtgeräte). Der Beitrag des Miterfinders braucht dabei nicht selbstständig erfinderisch zu sein; es ist nicht erforderlich, dass er für sich allein betrachtet alle Voraussetzungen einer patentfähigen Erfindung erfüllt. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Einzelbeitrag die erfinderische Gesamtleistung mitbeeinflusst hat, also nicht unwesentlich in Bezug auf die Lösung ist (BGH, GRUR 2004, 50, 51 – Verkranzungsverfahren; BGH, GRUR 2001, 226, 227 – Rollenantriebseinheit). Eine Leistung kommt nur dann nicht mehr als schöpferischer Beitrag in Betracht, wenn sie nach Modifikation der Patentansprüche außerhalb des patentrechtlich geschützten Gegenstandes liegt und deshalb eine Miterfinderschaft an diesem nicht mehr begründen kann (BGH, GRUR 2016, 265, 268 – Kfz-Stahlbauteil; GRUR 2011, 903 – Atemgasdrucksteuerung). Rein handwerkliches Mitarbeiten und technische Hilfsleistungen genügen ebenso wenig wie Hinweise auf technische Zwangsläufigkeiten, die sich für den Durchschnittsfachmann aus der gestellten Aufgabe aufdrängen, oder Ratschläge mit allgemein geläufigen Erkenntnissen. Bei einer Gesamtleistung von geringerer Erfindungshöhe, bei der die einzelnen Anteile der mehreren Beteiligten das jeweilige Maß durchschnittlichen Fachkönnens auf dem betreffenden Gebiet kaum übersteigen, kann es gerechtfertigt sein, nur sehr geringe Anforderungen an den Erwerb einer Mitberechtigung zu stellen, anderenfalls ließe sich ein individueller Erfinder für eine solche Erfindung überhaupt nicht ermitteln (vgl. BGH, GRUR 1966, 558, 559 f. – Spanplatten). So kann es genügen, eine in einem Unteranspruch beschriebene Ausbildung des im Hauptanspruch dargestellten Gegenstandes entwickelt zu haben. Da die geistige Mitarbeit, die das Vorliegen eines schöpferischen Beitrages begründet, bei der Problemlösung stattfinden muss, genügt es aber nicht, dass lediglich eine Aufgabe gestellt oder noch nicht Gestalt angenommene Ideen vermittelt werden. Auch das Beisteuern eines Ausführungsbeispiels nach Vorliegen der fertigen Erfindung genügt ebenso wenig wie deren Ausgestaltung mit einer aus dem Stand der Technik entnommenen bekannten Maßnahme oder die Mithilfe bei der Abfassung der Anmeldungsunterlagen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.05.2018 – I-2 U 79/16 Rn. 59).
  110. Die Frage, ob ein Vorschlag über das rein Handwerkliche hinausgeht und ihm schöpferische Qualität im geforderten Sinne zuzubilligen ist, beurteilt sich nach objektiven Kriterien und nicht vom (ggf. unzureichenden) subjektiven Kenntnisstand des Urhebers. Zwar sind Kombinationserfindungen denkbar, die sich dadurch auszeichnen, dass als Solches jeweils vorbekannte Elemente mit synergistischem Effekt zu einer neuen technischen Lehre kombiniert werden. Unter derartigen Umständen kann – und wird regelmäßig – das Beisteuern eines der wechselwirkenden Elemente, obwohl für sich betrachtet im Stand der Technik geläufig, einen schöpferischen Rang haben. Anders verhält es sich hingegen, wenn objektiv Bekanntes im Sinne einer Aggregation bloß übertragend zu einer schon anderweitig vorhandenen Erfindung addiert wird, indem z. B. für gattungsgemäße Gegenstände im Sinne bevorzugter Ausführungsformen gebräuchliche Ausstattungsmerkmale ohne wechselwirkenden Effekt auf den erfindungsgemäßen Gegenstand angewandt werden. Wird in einer solchen Konstellation nur Vorbekanntes beigetragen, enthält der Vorschlag noch nicht einmal handwerkliches Gedankengut. Das gilt selbstverständlich auch dann, wenn derjenige, der den Vorschlag unterbreitet, in Unkenntnis darüber ist, dass sein Beitrag tatsächlich nichts Neues enthält, sondern längst Stand der Technik ist. Wer eine Miterfinderstellung reklamiert, ist nach allgemeinen Grundsätzen für diejenigen Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig, die seine die beanspruchte Quote rechtfertigende schöpferische Mitwirkung bei der Erfindung ergeben (OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.05.2018 – I-2 U 79/16 Rn. 60; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.04.2012 – I-2 U 24/11 = BeckRS 2013, 11916).
  111. 2.
    Sowohl der Anspruch auf Übertragung als auch der auf Einräumung einer Mitberechtigung setzen voraus, dass die Anmeldung die gleiche Erfindung betrifft, d. h. diejenige, die nicht nur inhaltlich gleich ist, sondern auch auf den gleichen Erfinder zurückgeht. Der Übertragungsanspruch nach § 8 PatG bzw. Art. II § 5 IntPatÜG setzt voraus, dass sich der Anmelder die schöpferische Leistung des Erfinders, d. h. dessen konkrete Entwicklung zunutze gemacht hat. Fälle der Parallel- oder Doppelerfindung werden von der Vorschrift nicht erfasst; über sie lässt sich daher auch ein Recht des zeitlich früheren von mehreren unabhängig voneinander agierenden Erfindern gegenüber demjenigen von ihnen, der die Erfindung früher angemeldet hat, nicht durchsetzen (Benkard PatG/Melullis, 11. Aufl. 2015, PatG § 8 Rn. 22). Ein unabhängiger dritter Erfinder, dessen Leistungsergebnis nicht ausgenutzt wird, hat keine Ansprüche gegen den Anmelder (Benkard PatG/Melullis, 11. Aufl. 2015, PatG § 8 Rn. 8). Bei Doppelerfindungen steht das Recht auf das Patent demjenigen zu der seine Erfindung zuerst anmeldet (Moufang in Schulte, PatG, 9. Aufl. 2014, § 6 Rn. 25). Maßgeblich dafür ist allein der tatsächliche Kausalverlauf (BGH GRUR 2001, 823 – Schleppfahrzeug).
  112. 3.
    Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜG trägt die Klägerin. Wer behauptet, Alleinerfinder zu sein, muss nachweisen, dass die anderen vom Patentanmelder oder Patentinhaber genannten Personen nicht Erfinder sind (LG Hamburg, GRUR 1958, 77; Schäfers/Schwarz in Benkard, PatG, 11. Aufl. 2015, § 63 Rn. 19). Insoweit obliegt dem Kläger die Führung eines Negativbeweises, was nach allgemeinen Grundsätzen bedeutet, dass er ggf. einen von den Beklagten hierzu gehaltenen substantiierten Vortrag zu widerlegen hat (BGH, GRUR 2011, 903, 905 Rn. 24 – Atemgasdrucksteuerung). Dieser Beweis könnte jedoch auch dadurch geführt werden, dass der Kläger nachweist, dass er sämtliche schöpferischen Anteile an der Erfindung selbst beigetragen hat.
  113. II.
    Vor diesem Hintergrund bedarf es für die Beurteilung der Wesensgleichheit einer Erörterung der Lehre des Streitpatents.
  114. 1.
    Das Streitpatent, dem im Folgenden die Abs. ohne Quellenangabe entstammen, betrifft eine Messrolle zur Messung der Bandzugspannung. In seiner einleitenden Beschreibung schildert das Streitpatent, dass Messrollen zur Messung der Bandzugspannung, wie sie dem Oberbegriff von Anspruch 1 des Streitpatents entsprechen, insbesondere zur Messung der Bandzugspannung in einem Bandmaterial verwendet werden, das zur Herstellung von Folien dient, wie insbesondere der von Aluminiumfolien (Abs. [0002]).
  115. Aus der DE 10 2006 XXX 792 A1 ist eine Messrolle bekannt, die eine als Vollwelle ausgebildete Welle aufweist, die mit axialen, sich parallel und benachbart zur Wellenoberfläche erstreckenden Aufnahmebohrungen versehen ist, die zur Aufnahme einer Sensoranordnung dienen. Die Sensoranordnung umfasst einen Sensor, der zwischen Stützkörperpaarungen angeordnet ist, die jeweils zwei Stützkörper mit einander benachbarten Keilflächen aufweisen, die zur Einstellung einer auf den Sensor wirkenden Vorspannung gegeneinander verkeilt sind (Abs. [0003]). Hieran kritisiert das Streitpatent, dass die kraftschlüssige Positionierung der bekannten Sensoranordnungen in einer axialen, also sich über die gesamte Breite der Welle erstreckenden Bohrung durch die Verkeilung der Stützkörper gegeneinander einen entsprechend hohen Aufwand zur definierten Positionierung der Sensoranordnung bezogen auf die Breite der Messrolle erfordert. Insbesondere erweist sich die Reproduzierbarkeit einer Positionierung nach Austausch einer Sensoranordnung als überaus schwierig. Darüber hinaus erfordert die Anordnung der Sensoren zwischen den aus Keilelementen gebildeten Stützkörperanordnungen einen entsprechend großen Bohrungsdurchmesser, sodass zur Ausbildung der Messrolle die Verwendung einer Vollwelle mit entsprechend großer Masse erforderlich wird (Abs. [0004]).
  116. Aus der WO 2004/XXX A1 (Anlage B 4) ist eine Walze bekannt, bei der in einer sich axial in einer Hohlwelle erstreckenden Aussparung eine Sensoranordnung mit einer Reihenanordnung von Sensoren angeordnet ist, die auf einem gemeinsamen Stützkörper angeordnet sind, derart, dass die Sensoren mit ihren axialen Enden zwischen den Vorspanneinrichtungen und dem Stützkörper angeordnet sind. Zur Montage der bekannten Sensoranordnung wird diese mit dem Stützkörper in die axial ausgerichtete Sensoraufnahme eingeführt (Abs. [0005]).
  117. Die DE 94 18 XXX U1 (Anlage B 5) zeigt eine Messrolle, bei der in einer am äußeren Wellenumfang einer Hohlwelle angeordneten Aufnahmebohrung eine Sensoranordnung aufgenommen ist, wobei die Sensoranordnung einen Sensor und eine Vorspanneinrichtung umfasst und der Sensor zwischen einem Boden der Aufnahmebohrung und der Vorspanneinrichtung angeordnet ist (Abs. [0006]).
  118. Aus der EP 0 595 XXX A1 (Anlage B 6) ist eine Messrolle bekannt, die in einer am äußeren Wellenumfang einer Welle angeordneten radialen Aufnahmebohrung eine Sensoranordnung zeigt, die eine Vorspanneinrichtung und einen Sensor aufweist. Der Sensor ist dabei zwischen der Vorspanneinrichtung und einem Boden der Aufnahmebohrung aufgenommen (Abs. [0007]). Zur Veranschaulichung wird nachfolgend Figur 1 der EP 0 595 XXX A1 verkleinert eingeblendet:
  119. Aus der EP 1 566 XXX A1 (Anlage B 7) ist eine Messrolle bekannt, die am äußeren Wellenumfang einer als Hohlwelle ausgebildeten Welle eine radiale Aufnahmebohrung zur Aufnahme einer Sensoranordnung aufweist. Die Sensoranordnung umfasst einen Sensor und eine Vorspanneinrichtung, wobei der Sensor zwischen der Vorspanneinrichtung und einem Boden der Aufnahmebohrung angeordnet ist (Abs. [0008]).
  120. Vor diesem Hintergrund nennt es das Streitpatent in Abs. [0009] als seine Aufgabe, eine Messrolle vorzuschlagen, die eine exakte axiale Positionierung der Sensoranordnungen ermöglicht und sich darüber hinaus durch eine möglichst geringe Masse auszeichnet.
  121. 2.
    Zur Lösung schlägt das Streitpatent eine Messrolle nach Maßgabe von Anspruch 1 vor, der sich in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt darstellen lässt:
  122. 1 Messrolle (10) zur Messung der Bandzugspannung mit einer Hohlwelle
  123. 1.1 Die Messrolle umfasst eine in einem Wellenmantel ausgebildete radiale Aufnahmebohrung (13, 43, 60).
  124. 1.2 Die Aufnahmebohrung (13, 43, 60) dient zur Aufnahme zumindest einer Sensoranordnung (14, 33, 36, 37)
  125. 1.2.1 Die Sensoranordnung (14, 33, 36, 37) umfasst einen Sensor (17, 38).
  126. 1.3 Die Aufnahmebohrung (13, 43, 60) dient zur Aufnahme eines am äußeren Wellenumfang in der Aufnahmebohrung angeordneten Kontaktbodens (15).
  127. 2 Die Aufnahmebohrung (13, 43, 60) ist als Durchgangsbohrung in der Hohlwelle ausgebildet.
  128. 3 Die in der Aufnahmebohrung angeordnete Sensoranordnung (14, 33, 36, 37) umfasst zusätzlich zum Sensor (17, 38):
  129. 3.1 einen Stützkörper (16, 39, 51) zur Abstützung des Sensors (17, 38) in der Aufnahmebohrung und
  130. 3.2 eine Vorspanneinrichtung (19, 34, 47, 62) zur kraftschlüssigen Verbindung des Sensors (17, 38) mit der Welle,
  131. 4 derart, dass der Sensor (17, 38) mit seinen axialen Enden (23, 24) zwischen dem Kontaktboden (15) und dem Stützkörper (16, 39, 51) angeordnet ist.
  132. 3.
    Das Streitpatent beansprucht eine Messrolle zur Messung der Bandzugspannung. Die Messrolle umfasst eine Hohlwelle mit einer in einem Wellenmantel ausgebildeten radialen Aufnahmebohrung (Merkmal 1.1), die als Durchgangsbohrung in der Hohlwelle ausgebildet ist (Merkmal 2). Durch den Einsatz einer Hohlwelle statt einer Vollwelle spart die streitpatentgemäße Messrolle Gewicht ein.
  133. Die Aufnahmebohrung dient zur Aufnahme eines Kontaktbodens, wobei dieser Kontaktboden am äußeren Wellenumfang in der Aufnahmebohrung angeordnet ist (Merkmal 1.3). Die Aufnahmebohrung soll weiterhin zumindest eine Sensoranordnung (Merkmal 1.2) aufnehmen. Die Anordnung des Sensors in einer radialen als Durchgangsbohrung ausgeführten Aufnahmebohrung ermöglicht vorteilhaft eine exakte Definition der axialen Position des Sensors in der Hohlwelle (Abs. [0011]).
  134. Diese Sensoranordnung umfasst einen Sensor (Merkmal 1.2.1), einen Stützkörper zu dessen Abstützung in der Aufnahmebohrung (Merkmal 3.1) und eine Vorspanneinrichtung zur kraftschlüssigen Verbindung des Sensors mit der Welle (Merkmal 3.2). Stützkörper und Vorspanneinrichtung sind damit nicht Teil des Sensors, sondern bilden mit diesem die Sensoranordnung. Die Sensoranordnung enthält also nicht nur den Sensor, sondern hat darüber hinaus die Funktion, diesen in Bezug auf die Welle zu positionieren und kraftschlüssig mit der Welle zu verbinden, wozu ein Kontakt zum Kontaktboden erforderlich ist. Dies gewährleistet, dass der Sensor die auf die Messrolle einwirkenden Kräfte erfassen kann. Der Stützkörper und die Vorspanneinrichtung einer Sensoranordnung dienen also der Positionierung des Sensors. Merkmal 4 spezifiziert, wie die Sensoranordnung im Zusammenspiel mit der Aufnahmebohrung die Positionierung (kraftschlüssige Verbindung mit der Welle) des Sensors in der Aufnahmebohrung erreichen soll. Der Sensor soll mit seinen axialen Enden zwischen dem Kontaktboden (am äußeren Wellenumfang) einerseits und dem Stützkörper anderseits angeordnet sein. Damit muss der Stützkörper radial innen vom Sensor angeordnet sein. Die Vorspanneinrichtung der Sensoranordnung soll also den Stützkörper unter Vorspannung halten, damit diese wiederum den Sensor abstützen kann.
  135. Die Anordnung des Sensors zwischen einem im äußeren Wellenumfang angeordneten
    Kontaktboden der Aufnahmebohrung einerseits und dem Stützkörper anderseits ermöglicht eine insgesamt platzsparende Ausgestaltung der Sensoranordnung (Abs. [0011]). Hierdurch kann die Sensoranordnung in einem Wellenmantel untergebracht werden, ohne dass eine Vollwelle zur Ausbildung der Messrolle verwendet werden muss (Abs. [0011]); entsprechend sieht Merkmal 1 eine Hohlwelle vor. Die Ausbildung als Hohlwelle wiederum spart – entsprechend der Aufgabe –Gewicht ein.
  136. 4.
    Vor dem Hintergrund des Streits der Parteien bedürfen verschiedene Begriffe und Merkmale des Streitpatents einer weiteren Erörterung:
  137. a)
    Das Streitpatent unterscheidet zwischen Sensor und Sensoranordnung, wobei letztere neben dem Sensor selbst auch den Stützkörper und die Vorspanneinrichtung umfasst (wie sich aus Merkmalsgruppe 3 ergibt). Hinsichtlich der Ausgestaltung des Sensors selbst fordert das Streitpatent lediglich, dass er axiale Enden aufweisen muss, mit denen er zwischen Kontaktboden und Stützkörper angeordnet wird (Merkmal 4). Damit wird die Gestaltungsfreiheit des Fachmanns indes kaum eingeschränkt. Zwar differenziert der Anspruch 1 zwischen Sensor und Stützkörper. Gleichwohl müssen diese nicht zwei separate Bauteile sein. Vielmehr lehrt Unteranspruch 10, dass der Stützkörper integral mit dem Sensor ausgebildet ist. Eine solche integrale Ausbildung des Stützkörpers ist auch im Rahmen von Anspruch 1 zulässig, allerdings nicht zwingend.
  138. Das Streitpatent sieht als Sensor die Gesamtheit an Bauteilen an, die den zu messenden Wert erfassen, den der Sensor – etwa durch ein Kabel – weiterleitet. Dagegen ist ein Sensorelement, das zur Erfüllung dieser Aufgabe weiterer Bauteile bedarf, noch kein Sensor im Sinne des Streitpatents. Das Streitpatent selbst gibt eine Definition eines Sensors nicht unmittelbar vor. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist ein Sensor ein Bauteil, das eine physikalische Eigenschaft erfasst und in ein (meist elektrisches) Signal „übersetzt“. Im Einklang hierzu ordnet das Streitpatent in den Unteransprüchen 5 und 6 ein Anschlusskabel dem Sensor, nicht aber der gesamten Sensoranordnung zu. Dies zeigt, dass der Sensor ein fertiges Signal erzeugt. Auch der Sprachgebrauch des Streitpatents bei der Erörterung der Ausführungsbeispiele bestätigt dieses Verständnis. So beschreibt das Streitpatent in Abs. [0017] beispielshaft Sensoren, die mit einem federnden Kugelkopf versehen sind. Dies zeigt, dass zum Sensor im Sinne des Streitpatents jedenfalls auch ein solcher Kugelkopf gezählt werden kann. Dies wird zudem gestützt durch das Ausführungsbeispiel in Figur 3. Dieses Verständnis des Merkmals Sensor wird im Übrigen durch die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe (Abs. [0011]) gestützt, wonach eine exakte Positionierung einer Sensoranordnung innerhalb einer Messrolle ermöglicht werden soll. Das Streitpatent setzt damit einen bereits funktionsfähigen Sensor im Sinne einer Messvorrichtung voraus, welcher innerhalb der Messrolle positioniert werden soll.
  139. b)
    Der Stützkörper (Merkmal 3.1) wird vom Streitpatent über seine Funktion des Abstützens des Sensors bestimmt. Nähere Anforderungen an die körperliche Ausgestaltung bzw. Eigenschaften des Stützkörpers enthält der Wortlaut des Anspruchs hingegen nicht. Aus der Funktion des Merkmals folgt zugleich die zwingende Anforderung an die Positionierung des Stützkörpers. Damit dieser seine Funktion ausüben kann, muss dieser an den Sensor unmittelbar angeordnet sein, insbesondere dürfen keine weiteren Bauteile zwischen dem Stützkörper und dem Sensor liegen, da andernfalls der Stützkörper seine sensorstützende Funktion verlieren würde. Diese Auslegung wird durch das Ausführungsbeispiel in Abs. [0019] bzw. Unteranspruch 10 gestützt, wonach es als besonders vorteilhaft beschrieben wird, wenn der Stützkörper integral mit dem Sensor ausgebildet ist sowie das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3, in dem der Sensor mit seinem unteren axialen Ende auf dem Stützkörper angeordnet ist (Abs. [0028]).
  140. c)
    Nach Merkmal 1.3 muss der Kontaktboden am äußeren Wellenumfang – also radial außen – in der Aufnahmebohrung angeordnet sein. Der Kontaktboden muss also die Bohrung nach oben hin ausfüllen und nicht nur überdecken. Dies sieht der Fachmann in Abs. [0027] und Fig. 3 bestätigt, in dem radial außen des Kontaktbodens eine aus „einem Verbundwerkstoff gebildete Kontaktschicht 55“ vorhanden ist, die für den unmittelbaren Kontakt mit einer über die Messrolle 10 geführten Materialbahn bestimmt ist. Diese umlaufende Kontaktschicht 55 ist also zu unterscheiden von dem in die Aufnahmebohrung eingesetzten Kontaktboden.
  141. Eine bestimmte Größe des Kontaktbodens – absolut oder im Verhältnis zur Durchgangsbohrung – schreibt das Streitpatent in Anspruch 1 nicht vor. Dessen Lehre unterfällt insbesondere auch ein solcher Kontaktboden, der dem Radius der Aufnahmebohrung oder des Sensors entspricht. Der Radius des Kontaktbodens muss also nicht größer sein als der Radius des Sensors. Zwar entspricht eine solche Ausgestaltung dem Ausführungsbeispiel nach Figur 3. Hierauf kann aber der weitergehende Anspruchswortlaut nicht eingeschränkt werden (BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung; BGH, GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit).
  142. Soweit die Beklagte ausführt, ohne überstehenden Rand bestehe die Gefahr eines Durchrutschens der Sensoranordnung durch die Aufnahmebohrung, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch nach dem Vortrag der Beklagten erschwert der fehlende Überstand die Montage in der Messrolle, macht sie aber nicht unmöglich. Vorteile bei der Montage spricht das Streitpatent bereits nicht unmittelbar an. Dass ein überstehender Rand des Kontaktbodens vorteilhaft sein mag, erlaubt keine Beschränkung des weitergehenden Anspruchswortlauts. Vielmehr ist eine solche vorteilhafte Weiterbildung Gegenstand von Unteranspruch 12 (zu dessen Verständnis vergleiche die Ausführungen unten unter 5.k)), gegenüber dem der Hauptanspruch 1 aber weiter ist und gerade keinen überstehenden Rand verlangt.
  143. 5.
    Die Unteransprüche enthalten zusätzliche Merkmale für die Ausgestaltung einer streitpatentgemäßen Messrolle.
  144. a)
    Unteranspruch 2 spezifiziert das Zusammenspiel zwischen Stützkörper und Vorspanneinrichtung: Der Stützkörper soll in der Aufnahmebohrung axial verschiebbar sein, während die Vorspanneinrichtung eine axiale Stelleinrichtung ist, die unabhängig von dem Stützkörper ausgebildet ist und ihn axial verschieben kann. Diese auch in Abs. [0012] beschriebene Ausführungsform ermöglicht insbesondere bei Verwendung eines sogenannten „starren“ Kraftsensors, der keine integrierte Federvorspanneinrichtung aufweist, eine exakt reproduzierbare Einstellung der Vorspannung des Sensors (Abs. [0012]).
  145. b)
    Unteranspruch 3 ist auf Unteranspruch 2 zurückbezogen und konkretisiert die Ausgestaltung der Vorspanneinrichtung dahingehend, dass sie durch ein Innengewinde in der Aufnahmebohrung und ein Vorspannelement mit einem Außengewinde (das auf den Stützkörper wirkt) ausgebildet ist. Als Vorteil dieser Ausgestaltung nennt das Streitpatent die besonders platzsparende Realisierbarkeit der Vorspanneinrichtung (Abs. [0013]). Aufgrund der Anordnung des Innengewindes kann das Vorspannelement relativ zur Aufnahmebohrung und damit relativ zur Welle bewegt werden.
  146. c)
    Unteranspruch 4 ist auf die Ansprüche 1 bis 3 zurückbezogen und enthält gegenüber diesen das zusätzliche Merkmal, dass der Stützkörper mit einer Verdrehsicherung versehen ist. Diese soll verhindern, dass bei eine Drehung des Vorspannelements zur axialen Verschiebung des Stützkörpers die Drehung aufgrund von Reibungseffekten auf den Stützkörper übertragen wird (Abs. [0014]). So ist sichergestellt, dass der Stützkörper lediglich eine axiale Bewegung in der Aufnahmebohrung ausführen kann.
  147. d)
    Der auf Unteranspruch 4 zurückbezogene Unteranspruch 5 konkretisiert zum einen die Ausgestaltung der Verdrehsicherung, indem er vorschreibt, dass die Aufnahmebohrung über Führungsnut und der Stützkörper über einen hierin geführten Führungszapfen verfügt. Zum anderen weist Unteranspruch 5 der Verdrehsicherung eine zusätzliche Funktion zu, indem er lehrt, dass die Führungsnut zugleich der Durchführung eines Anschlusskabels des Sensors dienen soll. Hierdurch können ohne weiteres Sensoren bei der Sensoranordnung eingesetzt werden, die nicht mit einem zentral vom Boden des Sensors abgehenden Anschlusskabel, sondern mit einem seitlich und radial vom Sensor abgehenden Anschlusskabel versehen sind (Abs. [0015]).
  148. e)
    Unteranspruch 6 ist auf den vorstehend erläuterten Unteranspruch 5 zurückbezogen und verlangt, dass der Stützkörper mit einer Zugentlastung für das Anschlusskabel versehen ist, was auch von Abs. [0016] beschrieben wird. Ein Beispiel einer solchen Zugentlastung ist in der nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figur 5 mit der Bezugsziffer 30 gekennzeichnet:
  149. f)
    Unteranspruch 7 ist von Unteranspruch 6 abhängig und konkretisiert die Ausgestaltung der hierin gelehrten Zugentlastung. Nach Unteranspruch 7 ist diese durch einen an der Umfangswand des Stützkörpers angeordneten Ring gebildet. Der Ring soll das Anschlusskabel gegen die Umfangswand des Stützkörpers klemmen (Abs. [0016]). Ein Beispiel eines solchen Rings ist in der vorstehend gezeigten Figur 5 mit dem Bezugszeichen 31 beschriftet.
  150. g)
    Dagegen ist Unteranspruch 8 direkt auf den Hauptanspruch 1 zurückbezogen. Hiernach soll einerseits der Stützkörper längs verschiebbar in der Aufnahmebohrung aufgenommen sein, andererseits soll der Stützkörper eine Komponente der Vorspanneinrichtung bilden, die formschlüssig in der Aufnahmebohrung aufgenommen ist. Eine solche Ausgestaltung ist nach Abs. [0017] vorteilhaft bei der Verwendung von Sensoren, die mit einer integrierten Federvorspanneinrichtung versehen sind. Dies sind Sensoren, die zur Einstellung einer Mindestvorspannkraft durch axiale Verschiebung gegen die Wirkung der integrierten Federvorspanneinrichtung eingestellt werden müssen, also beispielsweise insbesondere Sensoren mit einem federnden Kugelkopf.
  151. h)
    Die Lehre von Unteranspruch 8 entwickelt der hierauf zurückbezogene Unteranspruch 9 weiter, indem er lehrt, den Stützkörper als einen Eingriffskörper mit radialen Verriegelungszapfen auszubilden. Die Verriegelungszapfen sollen in Verriegelungsnuten in der Wand der Aufnahmebohrung eingreifen können und so einen Bajonettverschluss ausbilden. Diese Ausgestaltung ist vorteilhaft bei Sensoren, die zur Überführung in einen betriebsbereiten Ausgangszustand nicht mit einer äußeren Vorspannkraft, sondern vielmehr mit einem Vorspannweg beaufschlagt werden müssen (Abs. [0018]). Zu solchen Sensoren gehören die bereits erwähnten Exemplare mit einem federnd abgestützten Kugelkopf (Abs. [0018]).
  152. Der Fachmann versteht Unteranspruch 9 auch als Alternative zu der in Unteranspruch 11 gelehrten Rastverbindung. Auch sind die Verbindungen in Unteranspruch 9 und Unteranspruch 11 nicht mit einer Schraubverbindung gleichzusetzen. Dem Fachmann sind Schraubverbindungen bekannt, wie Unteranspruch 3 zeigt. Gleichwohl lehrt das Streitpatent in den Unteransprüchen 9 und 11 keine solche Verbindung, sondern abweichend eine Bajonett- bzw. eine Rastverbindung.
  153. i)
    Gemäß dem von Unteranspruch 9 abhängigen Unteranspruch 10 soll der Stützkörper integral mit dem Sensor ausgebildet sein, was eine besondere kompakte Ausgestaltung ermöglicht (Abs. [0019]). Als Beispiel nennt das Streitpatent in Abs. [0035] Sensoren mit integraler Federvorspannung, wie sie in den Figuren 7 und 9 gezeigt sind. Eine integrale Ausbildung erfordert mehr als nur eine Verklebung von Stützkörper und Sensor, da eine solche Verbindung keine kompakte Ausgestaltung ermöglicht, sondern nur die Beweglichkeit zweier Bauteile zueinander verhindert. Vielmehr verlangt Unteranspruch 10, dass Sensor und Stützkörper in einem Bauteil verwirklicht werden.
  154. j)
    Unteranspruch 11 ist wiederum auf Unteranspruch 8 zurückbezogen, wonach der Stützkörper als eine Komponente der Vorspanneinrichtung ausgebildet sein soll. Dies konkretisiert Unteranspruch 11, indem der Stützkörper als ein in die Aufnahmebohrung eingreifender Eingriffskörper mit axial sich erstreckenden, elastischen Verriegelungsschenkeln ausgebildet sein soll. Diese elastischen Verriegelungsschenkel sollen mit in der Bohrungswand der Aufnahmebohrung ausgebildeten Rastaufnahmen zusammenwirken und so eine Rastverbindung ausbilden. Auch diese Ausführungsform dient besonders zur Verwendung von mit einem Vorspannweg beaufschlagten Sensoren (Abs. [0020]).
  155. k)
    Unteranspruch 12 ist sowohl auf den unabhängigen Anspruch 1 als auch auf andere Unteransprüche zurückbezogen. Er sieht vor, dass die Aufnahmebohrung als Sacklochbohrung ausgeführt ist, damit der Kontaktboden hierin aufgenommen werden kann. Der Bohrungsgrund bildet also den Kontaktboden aus, wodurch eine besonders einfache Ausführungsform der beanspruchten Messrolle gelehrt wird (Abs. [0021]).
  156. Zwar könnte der Wortlaut von Unteranspruch 12, gemäß dem die „Aufnahmebohrung als Sacklochbohrung ausgeführt ist“, auch dahingehend verstanden werden, dass die Aufnahmebohrung insgesamt als Sacklochbohrung ausgeführt wird. Ein solches Verständnis stünde aber im Widerspruch zu Merkmal 2, wonach die Aufnahmebohrung als Durchgangsbohrung in der Hohlwelle ausgebildet sein soll. Der Fachmann wird aber Unteranspruch 12 nicht so verstehen, dass dieser der Lehre des Hauptanspruchs zuwiderläuft und auf den Vorteil einer Durchgangsbohrung verzichtet. Vielmehr ist die angesprochene Sacklochbohrung eine weitere Bohrung innerhalb der Durchgangsbohrung, jedoch mit einem größeren Durchmesser. Die Sachlochbohrung für den Kontaktboden ist damit in einem Teil der als Durchgangsbohrung ausgestalteten Aufnahmebohrung ausgeführt. Eine solche Ausführungsform wird in Figur 3 des Streitpatents gezeigt, die nachfolgend ausschnittsweise und verkleinert eingeblendet wird:
  157. l)
    Schließlich ist Unteranspruch 13 – mit Ausnahme von Unteranspruch 12 – auf alle vorgenannten Unteransprüche zurückbezogen und sieht vor, dass der Kontaktboden als ein am radial äußeren Bohrungsende angeordnetes Bodenelement ausgebildet ist. Der Kontaktboden soll also durch ein Bodenelement verwirklicht werden. Auf diese Weise kann das Bodenelement in besonderer Weise auf den Sensor oder die Sensorumgebung abgestimmt werden (Abs. [0022]). Das Streitpatent führt weiter aus, dass es besonders vorteilhaft ist, wenn das Bodenelement als Ausgleichselement ausgebildet ist, mit einem vom Material der Hohlwelle abweichenden Temperaturausdehnungskoeffizienten, um beispielsweise Temperaturausdehnungen im Wellenmantel der Hohlwelle zu kompensieren (Abs. [0023]).
  158. III.
    Die Klägerin hat nicht den im Hauptantrag geltend gemachten Anspruch auf Übertragung des Streitpatents. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte die Erfindung (allein) der Klägerin angemeldet hat.
  159. 1.
    Die Klägerin ist grundsätzlich aktivlegitimiert, da sie unwidersprochen vorgetragen hat, die Herren G und F – bei denen es sich um die Geschäftsführer der Klägerin handelt – hätten ihr deren Rechte an der streitgegenständlichen Erfindung rechtsgeschäftlich übertragen.
  160. 2.
    Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin vermochte nicht darzulegen, dass sie der Beklagten die streitgegenständliche Erfindung vollständig offenbart hat, die diese dann für sich angemeldet hat.
  161. a)
    Die Kammer versteht den klägerischen Vortrag dahingehend, dass die Klägerin durch die Übersendung von Mustern (namentlich: der Messrolle mit zwei Sensoren, den Sensor-Dummy oder der sechs funktionsfähigen Sensoren), deren Aufbau der Zeichnung auf S. 27 KL bzw. der DE‘274 entsprechen soll, der Beklagten die Erfindung des Streitpatents in Gänze offenbart haben will. Dagegen betrifft der klägerische Vortrag zu den der Beklagten übersendeten Dokumenten – etwa Anlage K 18 und Anlage K 22 – jeweils nur die Offenbarung einzelner Merkmale des Streitpatents.
  162. b)
    Eine Offenbarung der Erfindung des Streitpatents in Gänze gegenüber der Beklagten kann die Kammer indes nicht feststellen. Es fehlt bereits an einer ausreichend substantiierten Darstellung, dass die Muster alle Merkmale des Streitpatents verwirklichen. Daneben erscheint fraglich, ob die Patentanmeldung DE‘274 und die Zeichnung auf S. 27 der Klageschrift eine Sensoranordnung zeigen.
  163. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, da jedenfalls nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin der Beklagten den Inhalt der Zeichnung auf S. 27 KL bzw. den Gegenstand der DE‘274 offenbart hat. Damit fehlt es bereits an dem entsprechenden, kompletten Wissenstransfer von der Klägerin an die Beklagte.
  164. aa)
    Es steht zwischen den Parteien nicht in Streit, dass die Zeichnung auf S. 27 KL der Beklagten nicht zur Verfügung gestellt wurde und die DE‘274 erst nach der Anmeldung der Prioritätsschrift des Streitpatents offengelegt worden ist. Auch hat die Klägerin nicht dargetan, dass sie der Beklagten ein sonstiges Dokument übersandt hat, aus dem der Aufbau der Sensoranordnung ersehen werden konnte.
  165. Weiterhin hat die Klägerin nicht ausreichend dargelegt, dass aus dem Datenblatt in Anlage K 23 sich ausreichend die Merkmale des Streitpatents für die Beklagte ergeben haben. Dieses enthält nur den Grundaufbau des Sensors, wobei es auch nach dem Vortrag der Klägerin weitergehende Gedanken des Fachmanns bedarf, um zu einer streitpatentgemäßen Sensoranordnung zu kommen. Gleiches gilt für die Präsentation in der Anlage K 28, aus der nicht einmal ansatzweise ein Sensoraufbau ersehen werden kann.
  166. Soweit sich die Klägerin auf die Übersendung von Mustern – also den Sensoren in der Messrolle mit zwei Sensoren, den Sensor-Dummy oder den sechs übersandten Sensoren – stützt, ist unstreitig, dass deren Aufbau von außen nicht erkennbar ist. Die Klägerin gibt weiterhin selbst an, dass ein einfaches Aufschrauben der übersendeten Sensoren nicht möglich war. Vielmehr hätte es eines Entfernen des Klebers („beispielsweise unter Hitzeeinwirkung oder erhöhtem Drehmoment“) und Abtragen der Decklage, Herauslösen des Sensors sowie der Entfernung des Abschlussdeckels und des Gegenlagerelements beiderseits erfordert.
  167. Dass die Beklagte einen solchen Aufwand betrieben hat, kann mangels Indizien hierfür nicht angenommen werden. Die Klägerin behauptet die Öffnung der Muster ins Blaue hinein ohne Angabe durchgreifender Anhaltspunkte. Gleiches gilt für das Durchführen einer Computertomographie, die ebenfalls nicht unterstellt werden kann. Die Beklagte kann hierzu auch nicht mehr vortragen, als die Behauptungen der Klägerin einfach zu bestreiten.
  168. Es besteht auch keine sekundäre Darlegungslast der Beklagten hinsichtlich der Öffnung und/oder CT-Untersuchung der übersandten Sensoren-Muster. Es ist kein einzelnes neues Merkmal vorgetragen worden, dass nur von der Klägerin kommen kann. Vielmehr besteht die Erfindung des Streitpatents aus einer Aggregation vorher bekannter Merkmale. Weiterhin spricht gegen eine sekundäre Darlegungslast, dass die Beklagte auch entsprechende Vorrichtungen in der Vergangenheit konstruiert hat. Es besteht also gerade keine Konstellation, bei der eine Partei nach der Zusammenarbeit mit der anderen Partei plötzlich und überraschend einen Gegenstand dieser Zusammenarbeit zum Patent angemeldet hat. Dagegen spricht schon die Aufgabenverteilung bei der Kooperation der Parteien, gemäß der die Klägerin nur für den Sensor selbst verantwortlich sein sollte. Weiterhin stammt die Lehre jedenfalls der meisten Unteransprüche nicht von der Klägerin (hierzu vgl. die Ausführungen unten), was ebenfalls dagegen spricht, dass die Beklagte hier die von der Klägerin offenbarte Lehre angemeldet haben könnte.
  169. Gegen eine Öffnung der Muster – und damit auch gegen eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu diesem Punkt – spricht ferner, dass die Klägerin der Beklagten noch in der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2022 vorgeworfen hat, den Aufbau der in der DE‘274 gezeigten Messanordnung falsch zu verstehen. Ohne ein Verständnis der dort gezeigten Messanordnung – die dem Aufbau der Muster entsprechen soll – ist es aber kaum möglich, dass die Beklagte deren Lehre übernommen hat. Das Streitpatent weist viele Unterschiede zum Gegenstand der DE‘274 auf. Eine (unterstellte) nachbauende Weiterentwicklung der DE‘274 setzt damit voraus, dass man deren Gegenstand verstanden hat.
  170. bb)
    Soweit sich die Klägerin auf ein Telefonat zwischen ihrem Geschäftsführer, Herrn Dr. G, und Herrn E von der Beklagten beruft, ist ihr Vortrag bereits unschlüssig. Die Klägerin teilt über den Inhalt des Gespräches keinen konkreten Inhalt mit. Im Übrigen trägt sie nur vor, dass Herr Dr. G „meint sich zu erinnern“, wobei davon auszugehen sei, dass das Gespräch stattgefunden habe, wenn es die Beklagte nicht bestreitet. Nachdem die Beklagte dies bestritten hat, meint die Klägerin nur, es möge Beweis erhoben werden. Es fehlt aber an einem ausreichenden Vortrag, der Grundlage einer Beweiserhebung sein könnte. Vorliegend wäre eine Beweiserhebung dagegen eine unzulässige Ausforschung.
  171. Im Übrigen wird als Beweismittel nur die Parteivernehmung des Geschäftsführers der Klägerin angeboten; der für eine Parteivernehmung von Amts wegen nach § 448 ZPO erforderlich „Anbeweis“ bzw. „Anfangsbeweis“ (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 448 ZPO, Rn. 4) ist aber nicht im Ansatz erbracht.
  172. IV.
    Die Klage ist im Hilfsantrag zum Antrag zu Ziffer I. nur teilweise begründet. Zwar steht der Klägerin eine Mitberechtigung am Streitpatent zu. Allerdings war die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin einen bezifferten Anteil der Mitberechtigung von mindestens 50 % verlangt hat, da ihr Anteil an der Erfindung des Streitpatents diesen Wert nicht erreicht.
  173. 1.
    Besteht keine Wesensgleichheit zwischen der Erfindung des Klägers und der von der Beklagten unter Schutz gestellten Lehre, kann unter Umständen als Minus zur Übertragung die Einräumung einer Mitberechtigung am Patent verlangt werden.
  174. a)
    Dem Vindikationsanspruch ist auch derjenige ausgesetzt, der keine vollständige und eventuell für sich allein schutzfähige Erfindung, aber einen wesentlichen Beitrag zu dem von ihm angemeldeten oder für ihn geschützten Gegenstand entnommen hat, sofern das Entnommene einen erfinderischen Beitrag, einen schöpferischen Anteil oder eine qualifizierte Mitwirkung an dem Gegenstand der Anmeldung oder des erteilten Schutzrechts darstellt (BGH, GRUR 2016, 265 Rn. 22 – Kfz-Stahlbauteil; BGH, NJW-RR 1995, 696, 698 – Gummielastische Masse I). Konstruktive Mithilfe bei der Realisierung der Erfindung genügt dagegen nicht, um Miterfinder zu werden. Solche Beiträge reichen nicht aus, um als (Mit-) Erfinder anerkannt zu werden, die den Gesamterfolg (gar) nicht beeinflusst haben und deshalb für die Lösung unwesentlich sind oder die nach den Weisungen eines Erfinders oder eines Dritten geschaffen wurden (BGH, GRUR 1978, 583, 585 – Motorkettensäge; BGH, GRUR 2004, 50, 51 – Verkranzungsverfahren; BGH, Urteil vom 18.06.2013 – X ZR 103/11 – Rn. 8 bei Juris – Verpackungsbehältnis; OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.05.2018 – I-2 U 79/16).
  175. Bei der Prüfung von schöpferischen Beiträgen zu Ausgestaltungen der Erfindung, die Gegenstand eines Unteranspruchs oder eines Ausführungsbeispiels sind, geht es nicht um die Ausgestaltung eines bekannten oder jedenfalls nahegelegten Gegenstands, sondern um das konkrete Erscheinungsbild der (patentfähigen) Erfindung. Die Unteransprüche verkörpern vielfach die Form, in der die Erfindung überhaupt gedanklich Gestalt angenommen hat, während die abstraktere Form des übergeordneten Anspruchs lediglich auf das Bemühen des Anmelders oder seines Patentanwalts zurückzuführen ist, die konkrete Erfindung im Interesse eines möglichst weitgehenden Patentschutzes in möglichst allgemeiner Form zum Patent anzumelden (BGH, GRUR 2011, 903 – Atemgasdrucksteuerung). Schließlich ist es verfehlt, die einzelnen Merkmale des Patentanspruchs darauf hin zu untersuchen, ob sie für sich genommen im Stand der Technik bekannt sind, und sie bejahendenfalls für einen schöpferischen Beitrag eines Miterfinders auszuschließen (BGH, GRUR 2011, 903 Rn. 21 – Atemgasdrucksteuerung; OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.05.2018 – I-2 U 79/16).
  176. Wie hoch bei Einräumung einer Mitberechtigung der Bruchteil zu bemessen ist, hängt von dem Anteil des Miterfinders an der im Patent unter Schutz gestellten Erfindung ab. Ausschlaggebend ist das Gewicht, das den Einzelbeiträgen der an der Erfindung Beteiligten zueinander und im Verhältnis zu der erfinderischen Gesamtleistung zukommt. Das kann nur erschöpfend beurteilt werden, wenn zunächst der Gegenstand der im Patent unter Schutz gestellten Erfindung ermittelt, sodann die Einzelbeiträge (Einzelleistungen) der Beteiligten am Zustandekommen dieser Erfindung festgestellt und schließlich deren Gewicht im Verhältnis zueinander und zur erfinderischen Gesamtleistung abgewogen werden (BGH, GRUR 1979, 540 – Biedermeiermanschetten). Für die Beurteilung der einzelnen Beiträge zu der im Streitpatent unter Schutz gestellten Erfindung im Verhältnis zueinander und zu der erfinderischen Gesamtleistung ist eine erschöpfende Betrachtung unter Ausschöpfung aller sich anbietenden Erkenntnisquellen geboten (vgl. BGH, GRUR 1979, 540 – Biedermeiermanschetten). Erst wenn sich auch dann keine letzte Klarheit über den Wert der einzelnen Beiträge der Parteien gewinnen lässt, kann unter Heranziehung der gesetzlichen Auslegungsregel des § 742 BGB der Bruchteilsanteil der Mitberechtigung festgelegt werden (BGH, GRUR 1979, 540 – Biedermeiermanschetten).
  177. b)
    Vorliegend hat die Klägerin hinsichtlich der Höhe des Miterfinderanteils nur beantragt, ihr eine Mitberechtigung von mindestens 50 % einzuräumen. Damit ist die Klage abzuweisen und nur eine anteilsmäßig nicht bezifferte Mitberechtigung einzuräumen, wenn sich – wie hier – ein Anteil der Klägerin an der Streiterfindung von 50 % oder mehr nicht feststellen lässt.
  178. aa)
    Vor dem Hintergrund des (hilfsweisen) Antrags der Klägerin ist zu beachten, dass die Einräumung einer Mitberechtigung und die Feststellung der Höhe des ideellen Anteils an einem Schutzrecht verschiedene Streitgegenstände darstellen.
  179. Die mit dem Hilfsantrag verlangte Einräumung der Mitberechtigung besteht in der Leistung, das Recht auf das Patent zu erlangen, der aus der Miterfinderstellung herrührt und zwar unabhängig von der Größe seines Erfindungsanteils (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.06.2020 – I-15 U 6/19). Mit der Einräumung einer Mitberechtigung besteht auch ein Anspruch auf Eintragung als Mitinhaber. Jedem Mitinhaber steht ein Recht zur Benutzung des Schutzrechts ohne Rücksicht auf die Größe seines Anteils zu. Sofern keine anderen Vereinbarungen getroffen worden sind, richtet sich das Verhältnis nach §§ 741 ff. BGB, wonach jeder Mitinhaber bezüglich der Gesamterfindung benutzungsberechtigt ist.
  180. Die hiervon zu trennende Feststellung des ideellen Anteils ist dagegen darauf gerichtet, die Verwaltung und Benutzung im Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen zu regeln, wofür der jeweilige Anteil der Miterfinder einen Anhalt bildet (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.06.2020 – I-15 U 6/19). Allein aus dem Umstand, dass ein Anspruch auf Mitberechtigung bestehen mag, kann daher ohne weiteres kein Interesse gefolgert werden, den genauen Anteil hieran festzustellen.
  181. bb)
    Vorliegend hat die Klägerin gerade keine Feststellung ihres konkreten Miterfinderanteils beantragt, sondern nur eine Einräumung einer Mitberechtigung von mindestens 50 %. Dies ist dahingehend zu verstehen, dass sie neben der Einräumung der Mitberechtigung die Feststellung begehrt, dass ihre Mitberechtigung einen Anteil von 50 % oder mehr am Streitpatent erreicht. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine konkrete Bezifferung durch das Gericht von ihr begehrt wird, wenn der Anteil mehr als 50 % beträgt. Liegt der Anteil – wie hier – unter 50 %, so ist die Klage insofern abzuweisen, da die beantragte bezifferte Mitberechtigung nicht erreicht wird. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin auch für einen Mitberechtigungsanteil von unter 50 % eine konkrete Bezifferung begehrt.
  182. 2.
    Vorliegend wird der von der Klägerin selbst vorgegebene Schwellenwert unterschritten, da ihr kein Anteil von 50 % oder mehr am Streitpatent zusteht. Dies ergibt sich bei Berücksichtigung ihrer Beiträge zum Hauptanspruch und der von ihr behaupteten Beiträge zu den Unteransprüchen. Insofern hat sie allenfalls einem Beitrag zu dem Gegenstand der Unteransprüche 8 und 12 substantiiert vorgetragen. Ob diese Unteransprüche tatsächlich auf die Klägerin zurückgehen, kann aber dahingestellt bleiben. Selbst wenn man dies hier zu Gunsten der Klägerin unterstellt, bliebe ihr Anteil ersichtlich unter 50 %.
  183. a)
    Es kann – wie bereits ausgeführt – nicht festgestellt werden, dass die Klägerin der Beklagten die gesamte Lehre des Hauptanspruchs des Streitpatents offenbart hat und die Beklagte sich diese hat schützen lassen. Vielmehr hat die Klägerin allenfalls zu einzelnen Merkmalen Beiträge geleistet, während die Lehre insgesamt von der Beklagten stammte. So hat die Klägerin nur zu den Merkmalen 1.3 und 4 hinsichtlich des Kontaktbodens einen Beitrag geleistet, der ihr eine Mitberechtigung am Streitpatent verschafft.
  184. aa)
    Ein Beitrag der Klägerin zu Merkmal 1 ist nicht ersichtlich. Die Verwendung einer Hohlwelle bei einer „Messrolle (10) zur Messung der Bandzugspannung“ (Anspruch 1) war im Stand der Technik bekannt und wurde – wie die Beklagte dargelegt hat – bei ihr auch schon vor der Zusammenarbeit der Parteien verwendet. Nach den Ausführungen der Beklagten entwickelte ein Mitarbeiter der Beklagten eine Planheitsmessrolle mit einer Hohlwelle, bei der von außen ein Piezofasersensor angebracht wurde, was letztlich in der Erteilung des EP 1 759 XXX B1 (Anlage B 14) mündete, die bereits unter dem 10.06.2006 angemeldet wurde. Auch die Spezifikation der Beklagten gegenüber der Klägerin sah eine Hohlwelle vor (vgl. Anlage B 3).
  185. bb)
    Die insoweit darlegungs- und beweisbelastet Klägerin hat vorgetragen, sie habe das Merkmal 1.1. sowie Merkmal 2 der Beklagten durch Übersendung der Skizzen (Anlage K 18) am 22.02.2014 sowie der Dokumentation (Anlage K 22) am 14.03.2014 offenbart. Eine Durchgangsbohrung im Sinne einer Aufnahmebohrung ist insbesondere auf den Skizzen, vorgelegt als Anlage K18 (dort S. 3 und 4) zu erkennen.
  186. Jedoch war zum Zeitpunkt der Übersendung dieser Unterlagen eine radiale Aufnahmebohrung bereits allgemein bekannt und führt demnach nicht zu einer Mitberechtigung (vgl. BGB GRUR 1979, 692, 693 – Spinnturbine). So offenbart die WO 2004/XXXA1 (veröffentlicht am 05.08.2004) eine Hohlwelle mit Aussparungen. Gleiches gilt für die am 23.02.1995 bekannt gemachte DE 94 18 XXX U1, die am 04.05.1994 veröffentlichte Anmeldung EP 0595 XXX sowie die EP 1 566 XXX A1 (insbesondere Figur 4), die am 24.08.2005 im Patentblatt veröffentlicht wurde.
  187. Auch die Ausgestaltung der Aufnahmebohrung als Durchgangsbohrung gemäß Merkmal 2 war im Stand der Technik bekannt, wie die Klägerin unter Verweis auf die japanische Patentschrift JP 3 243 XXX B2 aufgezeigt hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte diese Schrift kannte, da der Stand der Technik objektiv zu bestimmen ist und die JP-Schrift hierzu unstreitig gehörte. Im Übrigen erscheint die Ausgestaltung einer Aufnahmebohrung in einer Hohlwelle als Durchgangsbohrung (statt einer Sacklochbohrung) als einfache handwerkliche Maßnahme, die keine Mitberechtigung am Streitpatent verschaffen kann.
  188. cc)
    Jedoch hat die Klägerin einen Beitrag zu dem streitpatentgemäßen Kontaktboden geleistet.
  189. Nach Merkmal 1.3 soll der Kontaktboden am äußeren Wellenumfang in der Aufnahmebohrung angeordnet sein; weiterhin schreibt Merkmal 4 die Anordnung des Sensors mit seinen axialen Enden zwischen dem Kontaktboden und dem Stützkörper vor.
  190. (1)
    Allerdings offenbart das Verschließen der Aufnahmebohrung mit einer Decklage, wie es etwa in der Anlage K 19 beschrieben ist, nicht einen streitpatentgemäßen Kontaktboden. Nach Merkmal 1.3 soll der Kontaktboden in der Aufnahmebohrung angeordnet sein. Im Gegensatz dazu ist in der Anlage K 19 beschrieben, dass die Aufnahmebohrung vor Aufbringen der Decklage durch Platzhalter verschlossen wird. Die Decklage wird also über der Aufnahmebohrung eingebracht. Weiterhin verschließt die Decklage in Anlage K 19 nicht nur die Aufnahmebohrung; vielmehr wird die gesamte Messrolle (CFK-Rohr) mit der Decklage versehen. Die Decklage entspricht damit der Kontaktschicht im Streitpatent (dort Bezugsziffer 55), nicht aber dem Kontaktboden.
  191. (2)
    Jedoch hat die Klägerin substantiiert dargelegt, dass die Idee eines Kontaktbodens in Form eines nicht überstehenden Deckels einer Gewindehülse von ihr stammt, woraus eine Mitberechtigung am Streitpatent folgt. Die Klägerin hat einen solchen am 15.12.2014 präsentiert (vgl. die in Anlage K 28 vorgelegte Präsentation). Dem Beitrag zu dem streitpatentgemäßen Kontaktboden steht nicht entgegen, dass die Hülse keinen überstehenden Rand aufweist. Wie oben dargelegt, stellt das Streitpatent die Größe des Kontaktbodens relativ zur Aufnahmebohrung im Rahmen des Hauptanspruchs in das Belieben des Fachmanns. Für einen Beitrag zum Kontaktboden im Sinne des Streitpatents kommt es entsprechend nicht darauf an, wer die Modifikation einer Hülse mit überstehenden Deckel erfunden hat.
  192. (3)
    Die Beklagte hat demgegenüber nicht dargetan, dass eine Gewindehülse mit Deckel im Zusammenhang der Zusammenarbeit der Parteien von ihr ersonnen wurde, so dass das Merkmal des Kontaktbodens von der Klägerin stammt und die erforderliche Kausalität gegeben ist.
  193. Dem steht die in Anlage B 9 von der Beklagten vorgelegte Zeichnung einer Hülse mit überstehenden Rand nicht entgegen. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob die Datumsangabe der Zeichnung korrekt ist. Denn die Beklagte hat keinen ausreichenden Zusammenhang zwischen der Hülse und der Zusammenarbeit mit der Klägerin und der hierin zu entwickelnden Messrolle vorgetragen, sondern vielmehr ausgeführt, die Zeichnung stamme aus „hiervon unabhängig durchgeführten Entwicklungsarbeiten mit einem marktverfügbaren Standardsensor eines alternativen Herstellers“ (S. 30 DU = Bl. 184 GA). Dass die Beklagte die Idee hatte, die in Anlage B 9 gezeigte Hülse für die mit der Klägerin zu entwickelnde Messrolle zu verwenden, hat sie indes nicht vorgetragen. Es ist daher nicht ersichtlich, dass dieser Hülse die in Merkmal 1.3 vorgesehene Funktion zukommen sollte.
  194. (4)
    Dem Beitrag der Klägerin zum Kontaktboden bei einer streitpatentgemäßen Messrolle steht auch nicht entgegen, dass es schon früher Sensoren mit Druckkappen gab. Auch insoweit fehlt im Vortrag der Beklagten jeder Zusammenhang mit der Zusammenarbeit der Parteien und der hierin zu entwickelnden Messrolle.
  195. b)
    Ob die Klägerin einen Beitrag zu den Unteransprüchen 8 und 12 geleistet hat, kann hier dahingestellt bleiben, wohingegen ein Beitrag zu den übrigen Unteransprüchen nicht ersichtlich ist.
  196. aa)
    Die Klägerin hat den Vorschlag einer Gewindehülse mit überstehendem Deckel am 13.01.2015 (Anlage K 32) übersandt, was einer Unteranspruch 12 gemäßen Ausführungsform entspricht. Dass die Idee hierzu von der Klägerin stammt, wird durch die Zeichnung in Anlage B 9 nicht in Zweifel gezogen, da diese – wie oben dargelegt – keinen Bezug zur Lehre des Streitpatents hat. Allerdings hat die Beklagte vorgetragen, sie hätte die bisherige Konstruktion (Anlage K 28, ohne überstehenden Rand) kritisch kommentiert und der Klägerin „diese Konstruktion“ – also einen überstehenden Rand – offenbart und die Konstruktion in Anlage K 32 in einer Besprechung am 21.12.2014 angeregt, was die Klägerin bestreitet.
  197. Diese streitige Frage kann aber dahingestellt bleiben. Selbst wenn man unterstellt, dass Unteranspruch 12 von der Klägerin stammt, ließe sich insgesamt ein Anteil der Klägerin am Streitpatent von 50 % nicht ersehen. Auch dann beschränken sich die Beiträge der Klägerin insgesamt nur auf einen Teilaspekt, namentlich auf den Kontaktboden. Dass diesem eine Bedeutung von 50 % oder mehr an der Lehre des Streitpatents zukommt, ist nicht ersichtlich. Die Lehre des Streitpatents besteht im Hauptanspruch aus einer Aggregation von Merkmalen, in der keinem einzelnen Merkmal eine überwiegende Bedeutung zukommt. Unteranspruch 12 betrifft lediglich eine bevorzugte Weiterentwicklung eines dieser Merkmale (namentlich: des Kontaktbodens) und hat damit im Gesamtkontext des Streitpatents eine geringere Bedeutung als die einzelnen Merkmale des Hauptanspruchs.
  198. bb)
    Gleiches gilt für den Unteranspruch 8, dessen Offenbarung die Klägerin nur unter Bezugnahme auf ihre „alternative Merkmalzuordnung“ der Bauteile in der Zeichnung nach S. 27 KL bzw. in der DE‘274 begründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob man dieser Sichtweise folgt, da die Offenbarung dieser Zeichnung und der DE‘274 von der Klägerin nicht ausreichend dargetan wurde, wie oben erläutert wurde. Unabhängig davon würde ein Beitrag der Klägerin (auch) zu diesem Unteranspruch nicht dazu führen, dass ihr Miterfinderanteil auf mehr als 50 % ansteigt, da es sich hierbei nur um einen untergeordneten Teilaspekt im Rahmen einer bevorzugten Ausführungsform des Streitpatents handelt.
  199. cc)
    Zu den übrigen Unteransprüchen 2 – 7, 9 – 11 und 13 hat die Klägerin einen Beitrag bereits nicht ausreichend vorgetragen, unabhängig von der fehlenden Offenbarung des Gegenstands der Zeichnung von S. 27 der Klageschrift bzw. der DE‘274.
  200. (1)
    Unteranspruch 2 verlangt die Ausbildung der Vorspanneinrichtung als eine axiale Stelleinrichtung zur axialen Verschiebung des Stützkörpers in der Aufnahmebohrung. Das VA-Druckstück (Bezugsziffer 6 in der Zeichnung) bzw. das einstellbare federnde Druckelement (Bezugsziffer 7 in der DE‘274) – welche von der Klägerin als Vorspanneinrichtung angesehen werden – mögen zwar den Druck gegenüber dem Drehteil 2 (5) bzw. Stützelement (5) verändern können. Dass diese aber axial verschiebbar sind, lässt sich nicht ersehen.
  201. (2)
    Im Hinblick auf Unteranspruch 3 trägt die Klägerin nur ein Gewinde am Gehäuse der Messvorrichtung vor, mit der sie in eine Gewindehülse eingeschraubt werden kann. Die Hülse ist nicht die Aufnahmebohrung; das Innengewinde in der Hülse ermöglicht auch eine Relativbewegung nur gegenüber der Hülse, nicht unmittelbar der Aufnahmebohrung selbst. Ein solches Gewinde am Gehäuse ist nicht Teil des von der Klägerin als Vorspanneinrichtung angesehenen VA-Druckstücks (Bezugsziffer 6, S. 27 KL) bzw. das federnde Druckelement (Bezugsziffer 7 DE‘274). Weiterhin weist die Aufnahmebohrung bei dieser Ausgestaltung kein Innengewinde auf, wie es Unteranspruch 3 verlangt, sondern eben nur die Gewindehülse.
  202. (3)
    Zu der von Unteranspruch 4 gelehrten Verdrehsicherung hat die Klägerin keinen Beitrag geleistet.
  203. Es ist nicht ersichtlich, dass die von ihr angeführte Verklebung des Piezoelements mit dem Stützkörper vom Fachmann als eine Verdrehsicherung im Sinne des Streitpatents angesehen wird, unabhängig davon, ob der Aufbau der überreichten Sensoren der Beklagten bekannt geworden sind.
  204. Auch liegt keine Verdrehsicherung in dem die Bauteile 4 und 8 verbindenden Kabel. Dass dieses Kabel eine solche Funktion hat, ist nicht ersichtlich und wird auch von der DE‘274 nicht nahegelegt.
  205. (4)
    Ebenso wenig ist ein Beitrag der Klägerin zum Gegenstand des Unteranspruchs 5 ersichtlich, der einen Führungszapfen des Stützkörpers und eine Führungsnut vorsieht, die gleichzeitig zur Durchführung eines Anschlusskabels des Sensors dient. Selbst wenn man das Drehteil 2 (5) bzw. das Stützelement (5) als streitpatentgemäßen Stützkörper ansehen sollte, fehlt es an einem Führungszapfen und einer Führungsnut. Es ist nicht ersichtlich, dass der Fachmann aus dem eingezeichneten Kabel eine Führungsnut schließt oder diese sonst mitliest.
  206. (5)
    Der Gegenstand von Unteranspruch 6, der eine Zugentlastung des Stützkörpers für das Anschlusskabel des Sensors beansprucht, lässt sich weder in der Zeichnung auf S. 27 KL noch in der DE‘274, die jeweils den Aufbau der von der Kläger überreichten Sensoren zeigen sollen, erblicken.
  207. Soweit die Klägerin sich stattdessen auf die in Anlage K 63 vorgelegten Computertomographieaufnahmen gestützt hat, zeigen diese Unteranspruch 5 ebenfalls nicht. Die Klägerin behauptet, das Kabel sei am von der Klägerin als Stützkörper angesehenen Bauteil verklebt und durch eine Kabelschlaufe gesichert. Anders als die Klägerin meint, kann die Kabelschlaufe aber nicht als Zugentlastung des Anschlusskabels angesehen werden, da sie auf das Kabel wirkenden Zugkräften entgegen wirkt. Vielmehr wird durch die Verklebung die Bewegung des Kabels vollständig verhindert und dieses nicht nur von Zug entlastet.
  208. (6)
    Ein Beitrag der Klägerin zu Unteranspruch 7 ist nicht schlüssig vorgetragen. Dieser Unteranspruch sieht die Ausgestaltung der Zugentlastung als formelastischen Ring vor, der die Umfangswand des Stützkörpers umgibt und das Anschlusskabel an diese Umfangswand klemmt.
  209. Ein Beitrag hierzu ist selbst dann nicht ersichtlich, wenn man der Ansicht der Klägerin folgt und das Drehteil 2 (Druckstück) (5) bzw. dem Stützelement (5) als streitpatentgemäße Stützkörper ansieht und weiterhin unterstellt, dass die Aufnahmen in Anlage K 63 den Aufbau eines übergebenen Sensor-Musters entsprechen und die Beklagte diesen Aufbau kannte. Denn das formelastische Gummi würde das Kabel in der Anlage K 63 nicht gegen eine Umfangswand des (vermeintlichen) Stützkörpers klemmen, sondern nur von unten gegen die vermeintliche Vorspanneinrichtung. Auch hat das behauptete Gummi nicht die Form eines Rings.
  210. (7)
    Einen Beitrag zu Unteranspruch 9, der einen Bajonettverschluss zwischen Vorspanneinrichtung und Bohrungswand der Aufnahmebohrung vorsieht, hat die Klägerin nicht schlüssig vortragen. Vielmehr hat sie sich auf den Hinweis beschränkt, für einen Fachmann seien Bajonett- und Schraubverschluss austauschbar. Die Entwicklung eines Schraubverschlusses (wenn man dies unterstellen will) kann aber nicht als Beitrag zu der Lehre von Unteranspruch 9 angesehen werden, da das Streitpatent zwischen den verschiedenen Arten von Verschlüssen differenziert.
  211. (8)
    Auch wenn man das Drehteil 5 bzw. das Stützelement 5 als Stützkörper ansehen möchte, hätte die Klägerin hiermit keinen Beitrag zum Gegenstand von Unteranspruch 10 geleistet, der die integrale Ausgestaltung des Stützkörpers mit dem Sensor vorsieht. Eine integrale Ausgestaltung wird – wie oben dargelegt – nicht alleine durch die (behauptete) Verklebung zweier separater Bauteile erreicht.
  212. (9)
    Eine Unteranspruch 11 entsprechende Rastverbindung kann weder in der Zeichnung auf S. 27 KL, noch in der DE‘274 noch in den Computertomographieaufnahmen in Anlage K 63 ersehen werden. Anders als die Klägerin meint, kann ein Beitrag zu diesem Unteranspruch 11 auch nicht mit der vermeintlichen Austauschbarkeit zwischen Rastverbindung und Schraubverbindung begründet werden.
  213. (10)
    Einen Beitrag zu Unteranspruch 13, der die Ausbildung des Kontaktbodens als am radial äußeren Bohrungsende angeordneten Bodenelements lehrt, hat die Klägerin nicht dargelegt. Die Gleichsetzung des Deckels der Gewindehülse mit dem streitpatentgemäßen Bodenelement kann nicht nachvollzogen werden.
  214. c)
    Ausgehend von den dargestellten Beiträgen der Klägerin ergibt sich eine Mitberechtigung von unter 50 %. Die tatsächlich oder unterstellt von der Klägerin stammenden Merkmale bzw. Unteransprüche haben im Rahmen der gesamten Lehre des Streitpatents deutlich weniger Gewicht als die übrigen Aspekte, welche aber von der Beklagten stammten. Die Beiträge der Klägerin verkörpern auch nicht den Kern der Lehre des Streitpatents. Es handelt es sich vielmehr um vorteilhafte Einzelaspekte. Entscheidender für die Lehre des Streitpatents ist das Zusammenfügen der einzelnen Merkmale zu einem einheitlichen Gegenstand, was aber vorliegend von der Beklagten geleistet wurde.
  215. V.
    Aus dem Anspruch auf die Einräumung einer Mitberechtigung am Streitpatent folgen die weiteren, von der Klägerin geltend gemachten Rechtsfolgen:
  216. 1.
    Nach § 823 Abs. 1 BGB hat die Beklagte der Klägerin den aus der Verletzung ihrer Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehenden Schaden zu ersetzen. Der aus der ungerechtfertigten Alleinanmeldung der Schutzrechte hergeleitete Schadensersatzanspruch umfasst die Verpflichtung zum Ausgleich sämtlicher Vermögensnachteile, die die Klägerin in Folge der Anmeldung der Erfindung zum Patent allein im Namen der Beklagten und deren hieraus entstandene formelle Alleinberechtigung an den Patentanmeldungen erlitten hat und schließt einen der Klägerin entgangenen Ausgleich der Vorteile ein, die die Beklagte aus der Nutzung des Gegenstands der Anmeldungen gezogen hat (BGH, GRUR 2016, 1257, 1260 –Beschichtungsverfahren).
  217. Diese Verpflichtung ist antragsgemäß festzustellen, da die Klägerin ohne ihr Verschulden in Unkenntnis über das Ausmaß des Schadens ist und daher das erforderliche Feststellungsinteresse besitzt (§ 256 Abs. 1 ZPO).
  218. 2.
    Auskunft und Rechnungslegung kann die Klägerin nach § 242 BGB iVm § 259 Abs. 1 BGB verlangen (BGH, GRUR 2016, 1257, 1260 – Beschichtungsverfahren). Die Angaben sind erforderlich, um den Schadensersatz der Höhe nach beziffern zu können.
  219. Allerdings war der Klägerin kein Anspruch auf Belegvorlage zuzuerkennen, da sie die hierfür erforderliche Üblichkeit (§ 259 BGB) nicht im Ansatz vorgetragen hat.
  220. VI.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
  221. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 2 ZPO. Hinsichtlich des Tenors zu I. hatte nach § 894 ZPO die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit zu unterbleiben, während die Feststellung in Ziffer II. des Tenors nicht vorläufig vollstreckbar ist.
  222. VII.
    Der Streitwert wird auf 800.000,00 Euro festgesetzt. In Patentstreitsachen ist gemäß § 51 Abs. 1 GKG der Streitwert nach billigem Ermessen zu bestimmen, wobei es vorrangig auf das wirtschaftliche Gewicht der objektiv verfolgten Klägerinteressen ankommt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.04.2010 – I-2 W 10/10). Die Klägerin hat außergerichtlich als vergleichsweise Lösung vorgeschlagen, ihre (behaupteten) Rechte an der Erfindung gegen eine Einmalzahlung von EUR 800.000,00 zu übertragen. Dies legt nahe, dass ihr wirtschaftliches Interesse bei Klageeinreichung mindestens diesen Betrag erreicht.

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