Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3184
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 25. November 2021, Az. 4b O 65/20
- I. Die Beklagte wird verurteilt,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, die an dem jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
- Abnehmern in der Bundesrepublik Deutschland Druckmaschinen anzubieten und/ oder an solche zu liefern,
- welche geeignet sind, ein Verfahren zum Herstellen einer dekorativ bedruckten Oberfläche auf einem flächigen Werkstück mit folgenden Schritten durchzuführen:
- – Vorbehandeln eines flächigen, im wesentlichen aus Holz oder Holzbestandteilen bestehenden Werkstückes durch Auftrag von mindestens einer flüssigen Grundschicht,
- – teilweises oder vollständiges Trocknen der mindestens einen aufgetragenen flüssigen Grundschicht,
- – digitales Tintenstrahldrucken im Durchlauf auf das vorbehandelte flächige Werkstück, wobei beim Tintenstrahldrucken Tintenstrahldruckköpfe Tröpfchen mit einer variablen Tröpfchengröße ausgeben und das Werkstück mit unterschiedlich großen Tröpfchen bedruckt wird, wobei die kleinste Tröpfchengröße ˂ 20 pl ist und die kleinen Tröpfchen von den größeren Tröpfchen sich um mindestens den Faktor zwei unterscheiden,
- wobei
- – das Drucken mit UV-härtender Druckfarbe erfolgt, und
- – die mindestens eine flüssige Grundschicht als Farbempfangsschicht in Form eines UV-härtenden Acrylatlacks aufgebracht wird und die nachfolgende Trocknung durch eine UV-Strahlenaushärtung erfolgt.
- (Anspruch 1 von EP 2 313 XXX);
- 2. der Klägerin Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der zu Ziffer 1. genannten, seit dem 11. August 2012 benutzten Erzeugnisse zu erteilen, und zwar unter Vorlage einer geordneten, elektronisch auswertbaren Aufstellung unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
- c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten zu Ziffer 1. bezeichneten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden
- wobei hinsichtlich der Angaben jeweils in Kopie die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen) oder, falls keine Rechnungen ausgestellt wurden, Lieferpapiere, vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer 1. in Form des Anbietens bezeichneten Handlungen seit dem 11. August 2012 begangen hat, und zwar unter Vorlage einer geordneten, elektronisch auswertbaren Aufstellung unter Angabe der
- a) einzelnen Angebotshandlungen, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in dem Verzeichnis enthalten ist,
- b) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der jeweiligen Domain, Zugriffszahlen und Schaltungszeitraum,
- c) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, einschließlich Bezugspreisen, und des erzielten Gewinns.
- II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr, der Beklagten, durch die zu Ziffer I. 1. in Form des Anbietens, seit dem 11. August 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
- III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- IV. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 25 % und die Beklagte 75 %.
- V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages und für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 330.000,00, wobei für die Vollstreckung durch die Klägerin folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden:
- Ziffer I. 1.: EUR 250.000,00
- Ziffer I. 2. und I. 3.: EUR 48.500,00
- Ziffer IV.: 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
- Tatbestand
- Die Klägerin macht als im Patentregister eingetragene Inhaberin (vgl. Handelsregisterauszug vom 16.03.2021, Anlage TW B3 zur Replik vom 23.03.2021) gegen die Beklagte auf die Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 2 313 XXX (im Folgenden: Klagepatent) gestützte Ansprüche auf Unterlassen, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung einer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach geltend.
- Am 24.11.2020 schloss die Klägerin mit der „C“ eine als „Exclusive Collaboration, Co-Promotion and Sublicense Agreement“ bezeichnete Vereinbarung (in teilgeschwärzter Fassung vorgelegt mit Anlage TW B21), die auf eine Kooperation zwischen der Klägerin und der soeben genannten Partnerin abzielt.
- Das Klagepatent, das eine Priorität vom 19.08.2009 in Anspruch nimmt, wurde am 11.08.2010 angemeldet. Die Offenlegung der Anmeldung datiert vom 27.04.2011, die Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung vom 11.07.2012. Der erteilte Hauptanspruch 1 lautet wie folgt (Wiedergabe erfolgt nach der als Anlage TW B1 vorliegenden „B1-Schrift“ des Klagepatents):
- „Verfahren zum Herstellen einer dekorativ bedruckten Oberfläche auf einem flächigen Werkstück mit folgenden Schritten:
- – Vorbehandeln eines flächigen, im wesentlichen aus Holz oder Holzbestandteilen bestehenden Werkstückes durch Auftrag von mindestens einer flüssigen Grundschicht (12, 22);
- – Teilweises oder vollständiges Trocknen der mindestens einen aufgetragenen flüssigen Grundschicht (12, 22);
- – Digitales Tintenstrahldrucken im Durchlauf auf das vorbehandelte flächige Werkstück, wobei beim Tintenstrahldrucken Tintenstrahldruckköpfe Tröpfchen mit einer variablen Tröpfchengröße ausgeben und das Werkstück mit unterschiedlich großen Tröpfchen bedruckt wird, wobei die kleinste Tröpfchengröße ˂ 20 pl ist und die kleinen Tröpfchen von den größeren Tröpfchen sich um mindestens den Faktor zwei unterscheiden.“
- Auf einen gegen die Erteilung des Klagepatents erhobenen Einspruch hielt das EPA den hier maßgeblichen Klagepatentanspruch 1 in einer Entscheidung vom 02.12.2014 in der folgenden beschränkten Fassung aufrecht (Änderungen gegenüber der erteilten Anspruchsfassung sind unterstrichen; vgl. zu der nachfolgend wiedergegebenen geänderten Anspruchsfassung die als Anlage B1 vorgelegte „B2-Schrift“ des Klagepatents):
- „Verfahren zum Herstellen einer dekorativ bedruckten Oberfläche auf einem flächigen Werkstück mit folgenden Schritten:
- – Vorbehandeln eines flächigen, im wesentlichen aus Holz oder Holzbestandteilen bestehenden Werkstückes durch Auftrag von mindestens einer flüssige Grundschicht (12, 22);
- – Teilweises oder vollständiges Trocknen der mindestens einen aufgetragenen flüssigen Grundschicht (12, 22);
- – Digitales Tintenstrahldrucken im Durchlauf auf das vorbehandelte flächige Werkstück, wobei beim Tintenstrahldrucken Tintenstrahldruckköpfe Tröpfchen mit einer variablen Tröpfchengröße ausgeben und das Werkstück mit unterschiedlich großen Tröpfchen bedruckt wird, wobei die kleinste Tröpfchengröße ˂ 20 pl ist und die kleinen Tröpfchen von den größeren Tröpfchen sich um mindestens den Faktor zwei unterscheiden,
- wobei
- – das Drucken mit UV-härtender Druckfarbe erfolgt, und
- – die mindestens eine flüssige Grundschicht (11, 12) als Farbempfangsschicht in Form eines UV-härtendes Acrylatlacks aufgebracht wird und die nachfolgende Trocknung durch eine UV-Strahlenaushärtung erfolgt.“
- Wegen der in Form von „Insbesondere-Anträgen“ streitgegenständlichen Unteransprüche 2, 5 – 10 und 12 wird auf die Klagepatentschrift (Anlage B1) Bezug genommen.
- Die Entscheidungsbegründung des EPA vom 27.01.2015 liegt als Anlage TW B2 vor. Eine gegen die Entscheidung gerichtete Beschwerde wurde zurückgenommen. Eine vorläufige Stellungnahme der Beschwerdekammer vom 19.06.2019 liegt als Anlage B10 vor.
- Gegen das Klagepatent ist eine von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage anhängig, über die noch nicht entschieden worden ist.
- Das Klagepatent steht in Kraft.
- Die Beklagte bietet über die Internetseiten mit der Adresse https://B.com und http://www.Dseries.com Druckmaschinen der Serie „D“ in unterschiedlichen Ausführungen, etwa mit den Zusätzen: „X“ oder „X“ „X“ an (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Screenshots des in Bezug genommenen Internetauftritts liegen als Anlage TW B5 vor. Die ziffernmäßigen Zusätze in der Bezeichnung der angegriffenen Ausführungsform geben die maximale Breite der bedruckbaren Werkstücke in Millimetern an, für die Verletzungsdiskussion relevante Unterschiede sind damit hingegen nicht in Bezug genommen. Bei sämtlichen angegriffenen Geräten gelangt ein Druckkopf des Typs „E“ zur Anwendung.
- Die angegriffene Ausführungsform kann in eine Produktionsstraße integriert werden, in der die zu verarbeitenden Werkstücke zuvor mit einer flüssigen Grundschicht versehen werden. Die flüssige Grundschicht wird dann durch Abschleifen getrocknet. Im Anschluss daran erfolgt das Bedrucken von Werkstoffen durch die angegriffene Ausführungsform im Wege eines digitalen Tintenstrahldruckverfahrens.
- In einem Prospekt der Beklagten mit dem Titel „D Series digital printing solution“ (Anlage TW B6) werden die Eigenschaften der angegriffenen Ausführungsform wie folgt tabellarisch zusammengefasst:
- .
- Die Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform wird in dem genannten Prospekt skizzenhaft wie folgt dargestellt (Anlage TB B6, S. 6):
- .
- Bei der angegriffenen Ausführungsform gelangt das sog. Piezo-Druckverfahren zum Einsatz (nachfolgend skizzenhaft dargestellt; Skizze entspricht derjenigen nach Anlage B4),
- ,
- bei welchem das Anlegen einer elektrischen Spannung an in der Düse eines Druckkopfs angeordnete sog. Piezoelemente dazu führt, dass sich die Piezoelemente verformen und Tinte aus der Düse gepresst wird. Die Wellenform der Stromimpulse nimmt dabei Einfluss auf die Tröpfchengröße.
- Die Klägerin behauptet unter Bezugnahme auf den von ihr und der C im November 2020 abgeschlossenen Vertrag, sie partizipiere auch nach der Vereinbarung mit der C wirtschaftlich an der Benutzung des Klagepatents. Die Beklagte bestreitet dieses Vorbringen insgesamt mit Nichtwissen.
- Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform, welche die Beklagte auf der Messe „F“ in X ausgestellt und an die Firma G mit Sitz in X geliefert habe, mache von der Lehre des Klagepatents mittelbar wortsinngemäß Gebrauch.
- In diesem Zusammenhang behauptet sie, die kleinste von der angegriffenen Ausführungsform verwendete Tröpfchengröße belaufe sich – wie in dem die angegriffene Ausführungsform betreffenden Prospekt unstreitig angegeben – auf 12 pl und unterfalle so dem vom Klagepatent mit „kleiner als 20 pl“ vorgegebenen Bereich.
- Dass die angegriffene Ausführungsform tatsächlich auch Tröpfchen in dieser klagepatentgemäßen Größe verwenden würde, ergebe sich weiter auch aus einer Rückrechnung des von der Beklagten für die angegriffene Ausführungsform angegebenen Tintenverbrauchs (gesondert vorgelegt als Anlage TW B13). Sie selbst habe auch durch eine Inaugenscheinnahme einer angegriffenen Ausführungsform (Typ: „X“) festgestellt, dass diese mittels des verwendeten Druckkopfs „E“ Tröpfchen kleiner als 20 pl drucken könne. Auch habe sich bei einer Inaugenscheinnahme der angegriffenen Ausführungsform gezeigt, dass für die Tröpfchengröße maßgebliche Parameter (Temperatur, Spannung) veränderbar seien.
- Des Weiteren erweise sich aber auch das von der Beklagten zum Nachweis des Gegenteils vorgelegte Privatgutachten des Testlabors H GmbH (im Folgenden auch: H-Gutachten) als ungeeignet. Selbst wenn man dieses zugrunde lege, ergebe sich bei zutreffender Berechnungsmethode, dass die angegriffene Ausführungsform in der Lage sei, Tröpfchengrößen jedenfalls zwischen 14,9 pl und 31,7 pl zu drucken.
- Die Klägerin behauptet weiter, die von der angegriffenen Ausführungsform verwendeten kleinen Tröpfchen würden sich auch mindestens um den Faktor zwei von den größeren Tröpfchen unterscheiden.
- Das Klagepatent werde sich schließlich auch im Rahmen der erhobenen Nichtigkeitsklage als rechtsbeständig erweisen.
- Nach der Rücknahme des auf Rückruf gerichteten Antrags beantragt die Klägerin nunmehr noch,
- I. die Beklagte zu verurteilen,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, die an dem jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
- Abnehmern in der Bundesrepublik Deutschland Druckmaschinen anzubieten und/ oder an solche zu liefern,
- welche geeignet sind, ein Verfahren zum Herstellen einer dekorativ bedruckten Oberfläche auf einem flächigen Werkstück mit folgenden Schritten durchzuführen:
- – Vorbehandeln eines flächigen, im wesentlichen aus Holz oder Holzbestandteilen bestehenden Werkstückes durch Auftrag von mindestens einer flüssigen Grundschicht,
- – teilweises oder vollständiges Trocknen der mindestens einen aufgetragenen flüssigen Grundschicht,
- – digitales Tintenstrahldrucken im Durchlauf auf das vorbehandelte flächige Werkstück, wobei beim Tintenstrahldrucken Tintenstrahldruckköpfe Tröpfchen mit einer variablen Tröpfchengröße ausgeben und das Werkstück mit unterschiedlich großen Tröpfchen bedruckt wird, wobei die kleinste Tröpfchengröße ˂ 20 pl ist und die kleinen Tröpfchen von den größeren Tröpfchen sich um mindestens den Faktor zwei unterscheiden,
- wobei
- – das Drucken mit UV-härtender Druckfarbe erfolgt, und
- – die mindestens eine flüssige Grundschicht als Farbempfangsschicht in Form eines UV-härtendes Acrylatlacks aufgebracht wird und die nachfolgende Trocknung durch eine UV-Strahlenaushärtung erfolgt.
- (Anspruch 1 von EP 2 313 XXX);
- 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 11. August 2012 begangen hat, und zwar in einer geordneten, elektronisch auswertbaren Aufstellung unter Angabe
- a) der Menge der erhaltenen und bestellten zu Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
- b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermenge, -zeiten und –preisen und unter Angabe von Typenbezeichnungen sowie aufgeschlüsselt nach den Namen und den Anschriften der gewerblichen Abnehmer;
- c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in dem Verzeichnis enthalten ist;
- d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der jeweiligen Domain, Zugriffszahlen und Schaltungszeiträume;
- e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, einschließlich Bezugspreisen, und des erzielten Gewinns,
- wobei
- – hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und lit. b) jeweils in Kopie die Einkaufs- oder Verkaufsbelege (Rechnungen) oder, falls keine Rechnungen ausgestellt wurden, Lieferpapiere vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 11. August 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
- Wegen der weiteren in Form von „Insbesondere-Anträgen“ gestellten Anträge wird auf die Klageschrift (Bl. 23 – Bl. 26 GA) verwiesen.
- Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- hilfsweise:
die Klage bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent anhängige Nichtigkeitsklage (Az.: 3 Ni 34/20) auszusetzen. - Die Beklagte ist der Auffassung, eine Verletzung des Klagepatents liege nicht vor.
- In diesem Zusammenhang behauptet die Beklagte unter Verweis auf ein Gutachten der H GmbH (Anlage B2a), die angegriffene Ausführungsform würde tatsächlich lediglich erheblich größere Tröpfchen als die klagepatentgemäß mit weniger als 20 pl vorgegebene Größe verwenden. Die kleinste verwendete Tröpfchengröße liege – in Abhängigkeit von dem Tintenhersteller und der Tintenfarbe – zwischen 23,6 ± 0,3 (Tinte „TOYO“ in schwarzer Farbe) und 25,3 ± 0,3 (Tinte „TOYO“ in der Farbe „türkis“).
- Es sei für die Abnehmer nicht möglich, die angegriffene Ausführungsform mit geringeren Tröpfchengrößen zu betreiben. Tröpfchen mit einem Volumen von weniger als 20 pl würden bei der angegriffenen Ausführungsform dazu führen, dass das Druckbild gestört werden würde. Die angegriffene Ausführungsform sei daher so voreingestellt, dass sie nur Tröpfchen mit einem Volumen von deutlich mehr als 20 pl verwende. Es seien insbesondere „Firmware“-Parameter voreingestellt, so dass etwa stets die gleiche Wellenform der an die Piezoelemente im Druckkopf geschickten Stromimpulse für das Auslösen der Tröpfchenabgabe verwendet würde. Auch werde die für die Tinte geeignete Ausgangsspannung auf -8,2 V oder -7,4 V sowie die Temperatur festgelegt. Diese voreingestellten Parameter seien benutzerseitig nicht veränderbar. Der Benutzer könne lediglich eine Feinpositionierung der Druckdüsen vornehmen.
- Des Weiteren würden sich die Tröpfchen der angegriffenen Ausführungsform allesamt um weniger als den Faktor zwei unterscheiden. Die Tröpfchengrößen würden tatsächlich zwischen 25,37 und 44 pl liegen und sich insofern um deutlich weniger als den Faktor zwei unterscheiden.
- Schließlich sei das Klagepatent – wie sich im Rahmen der gegen dieses anhängige Nichtigkeitsklage ergeben werde – auch nicht rechtsbeständig.
- Entscheidungsgründe
- Die Klage hat teilweise, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, Erfolg.
-
A.
Die Klage ist zulässig. - Gegen die Zulässigkeit steht weder eine fehlende Bestimmtheit der Klageanträge noch eine fehlende Prozessführungsbefugnis der Klägerin.
-
I.
Die Klageanträge sind gemessen an § 253 Abs. 2 ZPO hinreichend bestimmt. - Die Klägerin hat – wie dies auch bereits bei verständiger Würdigung ihres Vorbringens in der Klageschrift analog §§ 133, 157 BGB zum Ausdruck kommt – ausdrücklich klargestellt, dass sie sich gegen Druckmaschinen der Serie „D“ „single pass“ wendet, unabhängig davon, welche ziffernmäßige Zusatzbezeichnung diese trägt. Im Hinblick auf die Verletzungsdiskussion relevante Unterschiede resultieren auch aus dieser Zusatzbezeichnung nicht, die sich – nach den eigenen Angaben der Beklagten – lediglich dazu verhält, mit welcher maximalen Breite (Millimeter) die zu bedruckenden Werkstücke zugeführt werden können. Dies berücksichtigend bedarf es einer Konkretisierung der Anträge nicht, sondern ist die angegriffene Ausführungsform – im Einklang mit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts – dadurch hinreichend beschrieben, dass der Wortlaut des Klagepatentanspruchs wiedergegeben wird.
-
II.
Die Klägerin ist auch prozessführungsbefugt. - Die Prozessführungsbefugnis ist gegeben, wenn der Kläger berechtigt ist, über das behauptete (streitige) Recht einen Prozess als Partei im eigenen Namen zu führen (BGH, GRUR 2005, 502, 503 – Leistungsschutzrechte der Mitglieder des Bayreuther Festspielorchesters, m. w. N.).
- Dies ist im Hinblick auf den im Patentregister eingetragenen Inhaber des Klageschutzrechts der Fall.
- Die Berechtigung zur Prozessführungsbefugnis ergibt sich im Patentrecht aus der Eintragung im Patentregister, vgl. § 30 Abs. 3 S. 2 PatG. Danach gilt der eingetragene Patentinhaber nach Maßgabe des Gesetzes als berechtigt und verpflichtet. Aus dieser formalen Stellung folgt somit eine Legitimationswirkung; der genannte Patentinhaber gilt als Berechtigter, und zwar auch für den Verletzungsprozess (Benkard/Schäfers, PatG, 11. Auflage 2015, § 30 Rn. 8a).
-
B.
Die Klage ist teilweise begründet. - Da eine Rechtsverletzung in Form der Benutzungshandlung des „Anbietens“ feststellbar ist, stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassen sowie auf Auskunftserteilung vollumfänglich zu, Art 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1, § 140b Abs. 1, 3 PatG. Ein Anspruch auf Rechnungslegung besteht lediglich teilweise, gleiches gilt im Hinblick auf die Feststellung einer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2, §§ 242, 259 BGB. Weitergehende Ansprüche der Beklagten bestehen in Ermangelung einer feststellbaren Verletzung des Klagepatents durch Lieferungshandlungen der Beklagten nicht.
- Eine Aussetzung der Verhandlung ist nicht geboten, § 148 Abs. 1 ZPO.
-
I.
Die Klägerin verfügt über die für die Geltendmachung der anhängigen Ansprüche erforderliche Sachbefugnis. - Der gem. § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG im Patentregister eingetragene grundsätzlich prozessführungsführungsbefugte Patentinhaber kann auch nach der Erteilung einer ausschließlichen Lizenz an einen Dritten eigene Ansprüche gerichtlich verfolgen, wenn ihm aus der Lizenzvergabe fortdauernde materielle Vorteile erwachsen (BGH, GRUR 2011, 711, Rn. 13 – Cinch-Stecker).
- So ist es vorliegend.
- Nach der Vorlage des Lizenzvertrags in teilgeschwärzter Fassung (Anlage TW A21) steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin in der beschriebenen Art und Weise an der Benutzung des Klagepatents wirtschaftlich partizipiert.
- Eine wirtschaftliche Beteiligung der Klägerin ergibt sich zuvorderst daraus, dass die Klägerin ausweislich Art. 2.4 und Art. 2.6 Satz 2 des Vertrags unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht zur eigenen Lizenzvergabe behält.
- Die Überzeugung der Kammer ist nicht dadurch erschüttert, dass – worauf die Beklagte hingewiesen hat – es in einer Pressemitteilung vom 12.01.2021, die sich mit dem Vertragsschluss zwischen der Klägerin und der C befasst, heißt, dass „As patentierte digitale Druck- und Strukturierungstechnologien nur mit einer I4F Lizenz erhältlich sind“ (Anlage B11, 1. Spiegelstrich unterhalb der Überschrift).
- Zum einen ist zu beachten, dass die Ausführungen nach dem vorgelegten vertraglichen Konstruktion grundsätzlich zutreffend erscheinen. Denn die Lizenzvergabe erfolgt danach grundsätzlich durch die C (vgl. Artt. 2.1, 2.2), die hier in Bezug genommenen Regelungen nach Artt. 2.4 und 2.6 sehen spezielle Sachverhalte vor, bei denen die Lizenzvergabe durch die Klägerin erfolgt. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Pressemitteilung vorliegend dazu dient, den grundsätzlich nicht juristisch geschulten Adressatenkreis über den Vertragsschluss zu informieren. Insoweit scheinen Zusammenfassungen des Regelungsinhalts, die dessen juristischen Aussagegehalt nicht vollständig treffen, nicht ungewöhnlich. Für die hier maßgebliche Frage der Sachbefugnis der Klägerin bleibt indes der in Auszügen vorgelegte Vertrag maßgeblich.
-
II.
Das Klagepatent mit der Bezeichnung „Verfahren zum Herstellen einer bedruckten Oberfläche auf einem flächigen Werkstück“ nimmt einleitend vorbekannte Verfahren, um flächige Werkstücke dekorativ zu beschichten, in Bezug (Abs. [0001] des Klagepatents; Abschnitte ohne Bezeichnung sind nachfolgend solche der „B2-Schrift“ des Klagepatents). Eine dekorative Beschichtung könne beispielsweise ein Druck einer nachgebildeten Holzstruktur oder ein Steinfliesenmotiv sein (Abs. [0001]). Bei flächigen Werkstücken könne es sich um Holzwerkstoffplatten, z.B. MDf-Platten (mitteldichte Faserplatten), HDF-Platten (hochdichte Faserplatten) oder Spannplatten handeln (Abs. [0001]), die in ihrer Oberfläche für die Nutzung als Möbelteile, Küchenfronten oder Fußboden (z.B. Laminatfußboden) dekorativ beschichtet werden müssten (Abs. [0001]). - Auch beschreibt das Klagepatent Versuche im Stand der Technik als vorbekannt, mittels derer günstiges Holz mit wenig sichtbaren Strukturen (z. B. Kiefernholz) durch farbliches Bedrucken in seiner optischen Anmutung so verändert werde, dass es einem teureren und z.B. stärker gemaserten Holz ähnele (Abs. [0002]).
- Als flächiges Werkstück definiert das Klagepatent in Abschnitt [0003] sowohl ein plattenförmigen Werkstoff, z.B. eine Spannplatte, sonstige Holzfaserplatten oder auch Zementfaserplatten oder ähnliches, als auch ein in Form von Rollen- oder Bahnware vorliegendes Werkstück, etwa Furnierrolle. Insgesamt, so das Klagepatent weiter, werde ein flächiges Werkstück als ein im wesentlichen zweidimensionales zu bedruckendes Werkstück verstanden.
- Aus dem so dargestellten Technikstand seien zwei Problemkreise erkennbar (Abs. [0004]).
- Sofern der dekorative Druck von sog. indirekten Tiefdruckmaschinen ausgeführt werde, bei denen die Druckfarbe von einer gravierten Tiefdruckwalze über eine zum Ausgleichen von Toleranzen im Werkstück zwischengeschaltete Gummiwalze übertragen werde und dann auf der Werkstückoberfläche verbleibe, erweise sich eine mangelnde Flexibilität als nachteilig (Abs. [0004]). Denn ein Wechsel des Dekors führe bei diesen Verfahren zwangsläufig zu einem Wechsel der Gravurwalze und/ oder der Druckfarbe (Abs. [0004]).
- Vorbekannt ist dem Klagepatent zufolge auch bereits der Einsatz digitaler Tintenstrahltechnologien, so etwa in der US 2002/0061389 (Abs. [0005]). Im Hinblick auf diese kritisiert das Klagepatent jedoch, dass hierbei bei dem direkten Drucken auf die Werkstückoberfläche mit relativ großen Tropfen (üblicherweise ˃ 40 pl Tröpfchenvolumen) feine Strukturen nicht erzeugt werden könnten (Abs. [0005]). Außerdem werde die Farbe der großvolumigen Tröpfchen im Falle von offenporigem Holz von diesen aufgenommen und verlaufe in Richtung der Holzmaserung (Abs. [0005]).
- Dadurch sei die Auswahl zu druckender Holzdekore oder Holzanmutungen auf die Furnier- oder Holzoberfläche stark eingeschränkt (Abs. [0006]).
- Aber auch bei dem Digitaldruck auf vorbehandelte weißgrundierte Flächen stelle sich das große Tröpfchenvolumen im Tintenstrahldruck als Problem dar. Eine gute Auflösung und damit ein natürlich wirkendes Druckbild seien hierbei nur zu erhalten, wenn die Fläche mehrfach jeweils um eine halbe Tröpfchengröße oder weniger versetzt bedruckt werde (Abs. [0007]). Das geschehe nach dem Stand der Technik mit einem sich bewegenden Druckkopf, der über das stehende zu bedruckende Medium mehrfach in- und her bewegt werde (Abs. [0007]). Alternativ werde bei einem einfachen Druck über die Fläche mit großen Tröpfchenvolumen die schlechte Qualität teilweise bewusst hingenommen (Abs. [0007]).
- Vor dem Hintergrund des dargestellten Stands der Technik macht es sich das Klagepatent zur Aufgabe (technisches Problem), ein Verfahren zum dekorativen Bedrucken von flächigen Werkstücken bereitzustellen, bei dem ein sehr naturgetreues Aussehen durch eine hohe Auflösung des Druckbildes bei gleichzeitig industriellen Produktionskapazitäten erhalten werden könne (Abs. [0008]).
- Diese Aufgabe wird klagepatentgemäß durch ein Verfahren nach Klagepatentanspruch 1 gelöst, das in gegliederter Form wie folgt dargestellt werden kann:
- 1. Verfahren zum Herstellen einer dekorativ bedruckten Oberfläche
- 2. auf einem flächigen Werkstück
- 3. mit folgenden Schritten:
- 3.1 Vorbehandeln eines flächigen, im Wesentlichen aus Holz oder Holzbestandteilen bestehendes Werkstücks durch Auftrag von mindestens einer flüssigen Grundschicht,
- 3.2 teilweises oder vollständiges Trocknen der mindestens einen aufgetragenen flüssigen Grundschicht,
- 3.3 digitales Tintenstrahldrucken im Durchlauf auf das vorbehandelte flächige Werkstück,
- 3.3.1 wobei beim Tintenstrahldrucken Tintenstrahldruckköpfe Tröpfchen mit einer variablen Tröpfchengröße ausgeben und
- 3.3.2 das Werkstück mit unterschiedlich großen Tröpfchen bedruckt wird,
- 3.3.3 wobei die kleinste Tröpfchengröße ˂ 20 pl ist und
- 3.3.4 die kleinen Tröpfchen von den größeren Tröpfchen sich um mindestens den Faktor zwei unterscheiden,
- 3.3.5 wobei das Drucken mit UV-härtender Druckfarbe erfolgt, und
- 3.4 die mindestens eine flüssige Grundschicht
- 3.4.1 als Farbempfangsschicht in Form eines UV-aushärtendem Acrylatlacks aufgebracht wird und
- 3.4.2 die nachfolgende Trocknung durch eine UV-Strahlenaushärtung erfolgt.
- III.
Angesichts des Streits der Parteien bedürfen die Merkmale 3.3.3 und 3.3.4 sowie die Merkmalsgruppe 3.4. einer Erörterung. - 1.
Merkmal 3.3.3, - „wobei die kleinste Tröpfchengröße ˂ 20 pl ist“,
- dessen Auslegung zwischen den Parteien, anders als dessen Verwirklichung durch die angegriffene Ausführungsform, nicht in Streit steht – sieht vor, dass die kleinste Tröpfchengröße, die beim digitalen Tintenstrahldrucken ausgestoßen wird, ein Volumen von ˂ 20 pl fasst.
- Damit enthält der für die Anspruchsauslegung gem. Art. 69 Abs. 1 Satz 1 EPÜ maßgebliche Anspruchswortlaut eine ziffernmäßige Vorgabe in Form einer Maximalgrenze. Die kleinste Tröfpchengröße liegt klagepatentgemäß unter 20 pl.
- Mit dieser Vorgabe erfährt der erfindungswesentlich angestrebte Erfolg eine Umsetzung, eine hohe Auflösung des Druckbildes und damit ein naturgetreues Aussehen zu schaffen und gleichzeitig eine hohe Produktionskapazität zu erreichen (Abs. [0008]). Denn durch die Bereitstellung einer auch (vgl. insoweit Merkmale 3.3.1 und 3.3.2) geringen Tröpfchengröße – vorbekannte Tröpfchengrößen lagen nach den Einführungen des Klagepatents üblicherweise über 40 pl (Abs. [0005], Sp. 1, Z. 45) – können feine Strukturen ausgebildet werden, auf die es für ein natürlich wirkendes Druckbild ankommt (Abs. [0011], Sp. 2, Z. 46 – Z. 51). Die Kombination aus kleinen und größeren Tröpfchen macht es zudem entbehrlich, die Fläche – anders als im Stand der Technik (Abs. [0007], Sp. 2, Z. 2 – Z. 7) – mit einem sich hin- und her bewegenden Druckkopf mehrfach zu bedrucken (Abs. [0034], Sp. 7, Z. 7f.).
- Der Fachmann versteht die numerische Angabe derart, dass allenfalls geringfügige Abweichungen, nicht aber solche von einigen Prozenten von der geschützten Lehre erfasst sind. Das ergibt sich daraus, dass – wie von der Beklagten unwidersprochen vorgetragen – Abweichungen in diesem Umfang im Druckbereich aus Sicht des Fachmannes nicht akzeptabel seien.
- 2.
Merkmal 3.3.4, - „die kleinen Tröpfchen von den größeren Tröpfchen sich um mindestens den Faktor zwei unterscheiden“,
- beschreibt das Verhältnis zwischen „kleinen“ Tröpfchen und „größeren“ Tröpfchen derart, dass diese um mindestens den Faktor zwei differieren. Das so beschriebene Verhältnis liegt klagepatentgemäß zwischen (irgendwelchen) kleineren und (irgendwelchen) größeren Tröpfchen vor.
- a)
Dem Klagepatent kommt es in diesem Zusammenhang auf die Variabilität der Tröpfchengröße an (Abs. [0010], Sp.00 2, Z. 41 – Z. 45), weshalb das Merkmal bei der gebotenen technisch-funktionalen Betrachtung eine „Spannbreite“ der möglichen Tröpfchengröße wiederspiegelt. Dies trägt zur Lösung der Aufgabe bei, ein Bild mit einer sehr hohen Auflösung zu schaffen, dass wiederum zu optisch ansprechenden Produkten führt (Abs. [0008] und Abs. [0011], Sp. 2, Z. 58 – Z. 51). Gleichermaßen trägt es dazu bei, dass feine und gröbere Strukturen erzeugt werden können, ohne dass ein mehrfaches Bedrucken des Werkstücks – wie im Stand der Technik vorbekannt (Abs. [0007], Sp. 2, Z. 2f.) – erforderlich wird (Abs. [0021], Sp. 4, Z. 38 – Z. 42). - Hiervon ausgehend ist maßgeblich, dass (irgendwelche) kleineren Tröpfchen in dem von Merkmal 3.3.4 beschriebenen Verhältnis zu (irgendwelchen) größeren Tröpfchen stehen, weil immer dann die angestrebte Spannbreite gegeben ist. Die von der Beklagten aufgeworfene Auslegungsfrage, zwischen welchen Tröpfchen das Verhältnis nach Merkmal 3.3.4 klagepatentgemäß besteht, unterstellt, dass nach der Lehre des Klagepatents stets drei sich unterscheidende Tröpfchengrößen zur Anwendung gelangen. Das Klagepatent verhält sich aber zu einer Mindestanzahl variabler Tröpfchengrößen nicht – Merkmal 3.3.1 ist insoweit weit gefasst, als es lediglich von einer „variablen“ Tröpfchengröße spricht. Etwas anderes folgt auch nicht aus Merkmal 3.3.2, denn ein Bedrucken mit unterschiedlich großen Tröpfchen liegt bereits dann vor, wenn zwei unterschiedliche Tröpfchengrößen ausgestoßen werden. In dem Ausführungsbeispiel nach Figur 5, unter anderem beschrieben in Abschnitt [0021], und in demjenigen nach Abs. [0032] finden auch lediglich zwei unterschiedliche Tröpfchengrößen Erwähnung. In Abschnitt [0034] werden Ausprägungen mit 3 – 8 Graustufen (= Anzahl der verschiedenen Tröpfchengrößen) „lediglich“ als besonders bevorzugt beschrieben (Sp. 7, Z. 12 – Z. 16). Dies berücksichtigend ist aber die geschützte Lehre auch auf ein Tintenstrahldrucken zu lesen, bei welchem lediglich zwei unterschiedliche Tröpfchengrößen zum Einsatz gelangen und bei denen sich die Frage, zwischen welchen Tröpfchen ein Faktor von mindestens zwei liegt, gar nicht stellt. Auch bei diesen Ausgestaltungen liegt aber dann das klagepatentgemäße Verhältnis im Sinne von Merkmal 3.3.4 vor. Berücksichtigt man, dass das Klagepatent mit dem Merkmal 3.3.4 eine (Mindest)Spannbreite vorgibt, kann aber eine Ausgestaltung mit zwei Tröpfchen, die das klagepatentgemäße Verhältnis erfüllt, nicht dadurch aus der geschützten Lehre herausführen, dass eine weitere Tröpfchengröße hinzukommt, die den von Merkmal 3.3.4 vorgegebenen Abstand zu anderen verwendeten Tröpfchengrößen nicht aufweist.
- b)
Im Ergebnis läuft das hier dargelegte Verständnis darauf hinaus, dass sich stets auch die kleinsten Tröpfchen zu den größten Tröpfchen derart verhalten, dass sich diese – wie von Merkmal 3.3.4 vorgesehen – um mindestens den Faktor zwei unterscheiden. Denn wenn zwischen kleineren (nicht im Sinne von „kleinsten“) und größeren (nicht im Sinne von größten) Tröpfchen ein Unterschied von einem Faktor 2 (oder mehr) besteht, trifft dies immer auch auf das Verhältnis zwischen den „kleinsten“ und den „größten“ Tröpfchen zu. Gleichwohl ist aber ausreichend, dass die Beziehung nach Merkmal 3.3.4 zwischen irgendwelchen kleineren und größeren Tröpfchengrößen festgestellt werden kann, worauf der Anspruchswortlaut selbst auch einen Hinweis enthält, indem er nicht von den „kleinsten“ Tröpfchen spricht, sondern von „kleineren“ Tröpfchen. Bei einem so ausgestalteten Verfahren handelt es sich dann um eine besonders bevorzugte Ausführungsform, weil diese die sich aus Merkmal 3.3.4 ergebende Mindestspannbreite dadurch erhöht, dass das dort beschriebene Verhältnis nicht (erst) zwischen den kleinsten und größten Tröpfchen besteht, sondern bereits zwischen kleineren und größeren Tröpfchen. Die Spannbreite ist dann weiter als vom Klagepatent verlangt. - Das so gekennzeichnete Verhältnis zwischen kleineren und größeren Tröpfchen findet auch einen Ausdruck in Abschnitt [0021],
- „Beispielhaft sind zwei Tröpfchen 56 für ein großes Tröpfchenvolumen von z.B. mehr als 40 pl sowie ein kleineres Tröpfchen 57 für z. B. weniger als 20 pl dargetsellt. Die Tröpfchengröße der Tröpfchen 56 und 57 kann für die Gestaltung des Druckbildes um den Faktor 2 bis 10 verschieden sein.“ (Sp. 4, Z. 32 – Z. 37),
- auch hier spricht das Klagepatent im Übrigen von „kleineren“ Tröpfchen, obwohl es sich zugleich auch um die kleinsten Tröpfchen handelt.
- 3.
Merkmalsgruppe 3.4, - „3.4 die mindestens eine flüssige Grundschicht
- 3.4.1 als Farbempfangsschicht in Form eines UV-aushärtendem Acrylatlacks aufgebracht wird und
- 3.4.2 die nachfolgende Trocknung durch eine UV-Strahlenaushärtung erfolgt“,
- stellt sich bei systematischer Betrachtung als weitergehende Konkretisierung der Merkmal 3.1 und 3.2 dar
- Merkmal 3.1 beschreibt die Vorbehandlung eines flächigen Werkstücks mit einer flüssigen Grundschicht, die Merkmal 3.4.1 „als Farbempfangsschicht in Form eines UV-aushärtenden Acrylatlacks“ definiert. Auch diese trägt ausweislich des Abschnitts [0028] (Sp. 5, Z. 40 – Z. 45) dazu bei, dass wesentlich kleinere Tröpfchengrößen (vgl. dazu Merkmal 3.3.3) verwendet werden können. Des Weiteren verhindert sie ein Verlaufen der einzelnen Tröpfchen, wodurch die Ausbildung sehr feiner Strukturen ermöglicht wird (Abs. [0028], Sp. 5, Z. 45 – Z. 48).
- Merkmal 3.4.2 beschreibt den Trocknungsvorgang nach Merkmal 3.2 genauer mittels einer UV-Strahlenaushärtung. Sofern es in dem Anspruchswortlaut des Merkmals 3.4.2 „nachfolgend“ heißt, wird damit auf der Grundlage der hier vorgenommenen systematischen Betrachtung keine gegenüber den Merkmalen 3.1 und 3.2 abweichende Reihenfolge in Bezug genommen. Merkmal 3.2 spricht davon, dass es zu einem teilweisen oder vollständigen Trocknen der mindestens einen aufgetragenen flüssigen Grundschicht kommt. Erst im Anschluss kommt es – ausweislich der Merkmalsgruppe 3.3 – zum digitalen Tintenstrahldrucken. Daraus ergibt sich für den Fachmann, dass es jedenfalls vor dem digitalen Tintenstrahldrucken zu einer teilweisen Trocknung der flüssigen Grundschicht kommt. Da diese aber schon nach dem Anspruchswortlaut lediglich „teilweise“ erfolgt und keine technisch-funktionalen Argumente erkennbar sind oder vorgebracht werden, weshalb auch ein nach dem Tintenstrahldrucken stattfindender Trocknungsvorgang dem angestrebten Erfolg entgegensteht, sind auch Verfahrensweisen erfasst, bei denen es zu einem späteren Zeitpunkt zu einem weiteren Trocknungsvorgang kommt. Derartige Verfahren sind etwa auch in Abschnitt [0017] und Abschnitt [0018] beschrieben.
-
IV.
Eine Verletzung des Klagepatents im Sinne des § 10 PatG durch die Beklagte liegt in Form der Benutzungshandlung des Anbietens vor, nicht hingegen kann eine das Klagepatent verletzende Benutzungshandlung in Form des Lieferns festgestellt werden. - Nach § 10 Abs. 1 PatG ist es jedem Dritten verboten, ohne Zustimmung des Patentinhabers in der Bundesrepublik Deutschland anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindungen berechtigten Personen, Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
- Diese Voraussetzungen liegen hier nur teilweise, im Hinblick auf die Benutzungshandlung des Anbietens vor (dazu unter Ziffer 1.), nicht hingegen hinsichtlich der Benutzungshandlung des Lieferns (dazu unter Ziffer 2.).
- 1.
Die Beklagte hat das Klagepatent dadurch im Sinne des § 10 PatG verletzt, dass sie die angegriffene Ausführungsform in dem als Anlage TW B6 vorgelegten Katalog bewarb. - a)
Die Beklagte hat die angegriffene Ausführungsform durch den in Rede stehenden Produktkatalog (Anlage TW B6) zur Benutzung der Erfindung angeboten. - aa)
Der Angebotsbegriff des § 10 PatG unterscheidet sich nicht von demjenigen des § 9 PatG (OLG Karlsruhe, GRUR 2014, 59 (62)). Das Anbieten im Sinne des § 9 PatG ist nicht nur einem dem Herstellen, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen oder Besitzen vorausgehende Vorbereitungs-, sondern vielmehr eine eigenständige Benutzungsart, die selbstständig zu beurteilen und für sich selbst anspruchsbegründend ist (BGH, GRUR 2006, 927, Rn. 14 – Kunststoffbügel). Der Angebotsbegriff des § 9 Satz 2 PatG umfasst alle Handlungen, die nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand der Nachfrage zur Verfügung stellen, oder das Zustandekommen eines Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen (a.a.O.). - Ein Mittel ist dann geeignet, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, wenn dieses im Zusammenhang mit weiteren Elementen in eine Gestaltung gebracht werden kann, die von allen Merkmalen des unter Patentschutz stehenden Gegenstandes (bzw. Verfahrens) Gebrauch macht und damit eine Benutzungshandlung im Sinne von § 9 PatG verwirklicht (vgl. BGH, GRUR 2005, 848 (850) – Antriebsscheibenaufzug). Ob die erforderliche Eignung des Mittels vorliegt, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, beurteilt sich nach der objektiven Beschaffenheit des Gegenstands, der angeboten oder geliefert werden soll oder worden ist (a.a.O.). Es genügt, dass der Gebrauch des Mittels anlässlich einer den Patentanspruch verwirklichenden Benutzungshandlung nach § 9 bei objektiver Betrachtung nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt (Scharen, in: Benkard, PatG, 11. Auflage, 2015, § 10, Rn. 5).
- bb)
Orientiert an diesem Maßstab liegt eine Angebotshandlung der Beklagten vor, mit welcher die angegriffene Ausführungsform zur Benutzung der Erfindung angeboten wurde. - Die Parteien sind zu Recht nicht im Streit darüber, dass das Bewerben eines Produkts in einem Katalog, der sich vorliegend unstreitig auch an Abnehmer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland richtet, geeignet ist, das Kaufinteresse an eben diesem Produkt zu wecken oder zu fördern, so dass auf diese Art und Weise eine Produktnachfrage im Sinne des Angebotsbegriffs generiert wird. Denn aus objektivierter Sicht des angesprochenen Kundenkreises bringt die Beklagte mit dem Prospekt gerade zum Ausdruck, dass sie bereit ist, die beworbene Druckmaschine zur Verfügung zu stellen.
- Die Parteien sind hingegen unterschiedlicher Auffassung darüber, ob die in Rede stehende Werbung ein Produkt zum Gegenstand hat, mittels dessen die klagepatentgemäße Lehre zur Benutzung gelangt.
- Auch dies ist zu bejahen.
- (1)
Die angegriffene Ausführungsform, so wie sie in dem streitgegenständlichen Prospekt beworben wird, stellt ein Verfahren zum Herstellen einer dekorativ bedruckten Oberfläche (Merkmal 1) auf einem flächigen Werkstück bereit (Merkmal 2). Dies ergibt sich bereits aus der Einführung auf Seite 2 des Prospekts (Anlage TW B6), dort Seite 1, 1. Absatz, wo es heißt: „printing technology of printing digital images“. Aus dem angeführten Passus folgt zugleich, dass es sich um ein digitales Tintenstrahldruckverfahren handelt, die Abbildung auf Seite 5 des Prospekts (Anlage TW B6) unten legt zudem nahe, dass das Drucken „im Durchlauf auf das vorbehandelte flächige Werkstück“ erfolgt (Merkmal 3.3). - Das durch die angegriffene Ausführungsform bearbeitete Werkstück kann – wie etwa Seite 2 des Prospekts oder die Abbildung auf Seite 6 (unten) des Prospekts (Anlage TW B6) verdeutlichen – im Wesentlichen aus Holz bestehen (Teilmerkmal 3.1). Die Skizze auf Seite 6 (oben) des Prospekts (Anlage TW B6; vgl. auch Wiedergabe der Skizze im unstreitigen Teil des Tatbestandes), die das Verfahren der angegriffenen Ausführungsform grob schematisch darstellt, enthält zudem einen Verfahrensschritt („base coat“), wonach eine flüssige Grundschicht auf das Werkstück aufgetragen wird (Teilmerkmal 3.1).
- Es ist auch davon auszugehen, dass die Grundschicht aus Sicht des von der hier in Rede stehenden Werbung angesprochenen Fachmanns zumindest teilweise getrocknet wird (Merkmal 3.2). Der Inhalt des Prospekts offenbart, dass die angegriffene Ausführungsform in eine Produktionsstraße eingebunden werden kann, wobei die Klägerin insoweit von der Beklagten unbestritten vorgetragen hat, dass hierbei jedenfalls auch eine Reihenfolge wählbar ist, wonach die (teilweise) Trocknung der flüssigen Grundschicht – wie vom Klagepatent vorgesehen – vor Einleitung des digitalen Tintenstrahldruckens stattfindet.
- Im Hinblick auf die hier zuvor erörterten Merkmale ist die Beklagte dem Aussagegehalt der Werbung auch nicht entgegengetreten.
- (2)
Auch die Merkmale 3.3.5 und 3.4.1 ergeben sich bei der gebotenen Gesamtbetrachtung unmittelbar aus der angegriffenen Werbung, letzteres auch obwohl die angegriffene Werbung keine ausdrückliche Angabe eines „Acrylatlacks“ als Grundschicht enthält. - Aus der angegriffenen Werbung ergibt sich, dass bei dem Verfahren nach der angegriffenen Ausführungsform eine „UV-härtende Druckfarbe“ zum Einsatz gelangt (Merkmal 3.3.5). Denn auf Seite 5 des hier in Rede stehenden Katalogs (Anlage TW B6; siehe auch die Wiedergabe der Tabelle im unstreitigen Teil des Tatbestandes) heißt es zu dem Punkt „Inks“ (Tinte): „UV for single pass technology“.
- Die flüssige Grundschicht kann – ausweislich der bereits in Bezug genommenen Skizze (Anlage TW B6, S. 6, oben) – „UV-basiert“ sein. Dem angesprochenen Adressatenkreis, unter anderem im Hinblick auf die Herstellung von Fußböden- und Deckenpaneelen fachkundige Personen, ist weiter bekannt, dass für Fußböden- und Deckenpaneelen marktüblich Acrylatlack als Grundschicht zum Einsatz gelangt (Merkmal 3.4.1). Dies berücksichtigend erschließt sich dessen Verwendungsmöglichkeit dem fachkundigen Leser des Prospekts, dem mitgeteilt wird, dass eine „UV-basierte“ Grundschicht verwendet werden kann, allein aufgrund der Befassung mit dem Werbemittel. Hiergegen hat die Beklagte vorgebracht, dass die Marktüblichkeit für eine „Offenbarung“ im Sinne einer objektiven Eignung zur Benutzung in diesem Zusammenhang nicht ausreichend sei, weshalb es eines Rückgriffs auf die tatsächliche Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform bedürfe. Das gilt aber – wie nachfolgend (unter Ziff (4), (b)) noch ausgeführt wird – dann nicht, wenn der angesprochene Adressatenkreis der angegriffenen Werbung bereits sämtliche Merkmale entnimmt. Weiter sind Zweifel an dem hier angenommenen Aussagegehalt der Werbung auch nicht aufgrund des Einwands der Beklagten begründet, wonach die Verwendung von Acrylatlack deshalb nicht als „selbsterklärend“ erachtet werden könne, weil dann die Aufnahme der Merkmalsgruppe 3.4 nicht zur Aufrechterhaltung des Klagepatents hätte führen können. Bezugspunkt der hier maßgeblichen Betrachtung ist die objektive Eignung zur Benutzung der Erfindung durch den beworbenen Gegenstand. Hierfür kommt es auf den objektiv anhand des angesprochenen Adressatenkreises zu ermittelnden Aussagegehalt der angegriffenen Werbung an, der regelmäßig – so auch hier – nicht deckungsgleich mit dem Verständnis des Fachmannes von der geschützten Lehre im Prioritätszeitpunkt ist.
- Dass die Trocknung der Grundschicht bei der Verwendung von UV-aushärtendem Acrylatlack durch eine UV-Strahlaushärtung erfolgt (Merkmal 3.4.2), ergibt sich gleichermaßen aus dem Wissen darüber, dass als Grundschicht typischerweise ein UV-aushärtender Acrylatlack zum Einsatz gelangt.
- (3)
Dass bei der beworbenen angegriffenen Ausführungsform Tintenstrahldruckköpfe zum Einsatz gelangen, die Tröpfchen mit einer variablen Tröpfchengröße ausgeben (Merkmal 3.3.1), und das Werkstück mit unterschiedlich großen Tröpfchen bedruckt wird (Merkmal 3.3.2), folgt aus der hier bereits in Bezug genommenen tabellarischen Aufstellung auf Seite 5 des Katalogs (Anlage TW B6; siehe auch die Wiedergabe der Tabelle im unstreitigen Teil des Tatbestandes), bei der unter dem Punkt „drop size“ unterschiedliche Tröpfchengrößen (in pl) angegeben sind. - (4)
Soweit zwischen den Parteien die Verwirklichung der Merkmale 3.3.3 und 3.3.4 im Hinblick auf die Ausgestaltung der tatsächlich gelieferten angegriffenen Ausführungsform in Streit stehen, ist dies mit Blick auf den sich aus der Prospektwerbung ergebende Aussagegehalt unerheblich. - (a)
Nach der tabellarischen Aufstellung auf Seite 5 des Katalogs ist die bei der angegriffenen Ausführungsform verwendete Tröpfchengröße („drop size“) mit „0-12-24-36 pl“ beschrieben. Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass auch eine Tröpfchengröße von ˂ 20 pl zum Einsatz gelangt (Tröpfchengröße: 12 pl) (Merkmal 3.3.3) und dass sich kleinere Tröpfchen (12 pl) von größeren Tröpfchen (24 pl) um mindestens den Faktor zwei unterscheiden (Merkmal 3.3.4). - (b)
Darauf, ob die angegebene Tröpfchengröße, insbesondere eine solche von 12 pl, bei der gelieferten angegriffenen Ausführungsform tatsächlich zur Anwendung gelangt – was die Beklagte bestreitet –, kommt es für die hier in Rede stehende Angebotshandlung nicht an. Maßgeblich ist, wie sich die werbende Darstellung der angegriffenen Ausführungsform aus der objektivierten Empfängersicht darstellt. - (aa)
Insoweit ist Ausgangspunkt der Überlegung, dass es sich bei der Angebotshandlung um eine – neben dem Liefern – eigenständige Benutzungsform handelt. Dem steht eine Wertung entgegen, wonach der Aussagegehalt einer Produktwerbung stets davon abhängig ist, wie das beworbene Produkt tatsächlich ausgestaltet ist. Dass es darauf grundsätzlich nicht ankommen kann, zeigt auch die Rechtsprechung, wonach das Anbieten eines patentverletzenden Gegenstands bereits dann in die dem Patentinhaber vorbehaltenen Rechte eingreift, wenn ein schutzrechtsverletzender Gegenstand (noch) gar nicht existiert (m. w. Nachw. Scharen, in: Benkard, PatG, 11. Auflage, 2015, § 9, Rn. 40). - (bb)
Etwas anderes gilt – worauf sich die Beklagte bezogen hat – in dem Fall, in dem sich aus der werbenden Darstellung orientiert an deren Aussagegehalt nicht sämtliche Erfindungsmerkmale ergeben. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. - Es ist anerkannt, dass sich aus einem Angebot, etwa einem Werbeprospekt, nicht sämtliche Merkmale der geschützten Lehre ergeben müssen und dass die Frage der Patentverletzung in diesen Fällen auch aus außerhalb des Werbemittels liegenden Umständen gewonnen werden kann (BGH, GRUR 2003, 1031 (1032) – Kupplung für optische Geräte), wobei ein solcher Umstand insbesondere die tatsächliche Ausgestaltung des mit der Werbung in Bezug genommenen Produkts sein kann (a.a.O.). Für diesen Fall ist anerkannt, dass es auch dann auf die tatsächliche Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ankommt, wenn sich der Werbung einzelne Anspruchsmerkmale positiv entnehmen lassen (Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 13. Auflage, 2021, Kap. A., Rn. 308). Ein Anspruchsmerkmal, das sich in diesem Fall aus der Werbung als vorhanden ergibt, dem Produkt tatsächlich jedoch fehlt, führt dann zur Nichtverletzung (a.a.O.).
Die Eignung der beworbenen angegriffenen Ausführungsform zur Benutzung der klagepatentgemäßen Lehre ergibt sich vorliegend indes – im Hinblick auf sämtliche Merkmale des hier geltend gemachten Klagepatentanspruchs 1 – bereits unmittelbar aus der angegriffenen Werbung selbst. Eines Rückgriffs auf weitere objektive Gegebenheiten, insbesondere auf die tatsächliche Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform, bedarf es vor diesem Hintergrund nicht, weshalb auch nicht erheblich ist, dass die im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelieferte angegriffene Ausführungsform Merkmale des klagepatentgemäßen Verfahrens nicht umsetzt (hier insbesondere die Merkmale 3.3.3 und 3.3.4; dazu nachfolgend ausführlich unter Ziffer 2.).
- Die Kammer lässt in diesem Zusammenhang nicht außer Acht, dass der BGH die Frage aufgeworfen hat (ohne diese abschließend beantwortet zu haben), ob – entgegen der hier vorgenommenen Wertung – ausnahmsweise dann etwas anderes gilt, wenn bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise kein Zweifel bestehen kann, dass die Herstellung und/oder Lieferung des patentgemäßen Erzeugnisses nicht in Betracht kommt (BGH, GRUR 2003, 1031 (1033) – Kupplung für optische Geräte).
- Selbst wenn danach eine andere Bewertung gerechtfertigt sein kann, liegt eine solche Ausnahmekonstellation hier aber nicht vor. Zwar mag die Beklagte bisher grundsätzlich nicht geneigt sein, eine angegriffene Ausführungsform mit einer Tröpfchengröße auch von 12 pl im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten. Gleichwohl besteht eine solche Möglichkeit aber technisch. Denn der bei der angegriffenen Ausführungsform verwendete Druckkopf des Typs „E“ kann eine solche Tröpfchengröße nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten ausstoßen. Dass die angegriffene Ausführungsform Tröpfchen mit der angegebenen Größe nicht ausstößt, hängt nach dem Vorbringen der Beklagten „lediglich“ von dem Steuerungssystem ab, dessen Parameter so voreingestellt sind, dass eine geringere Tröpfchengröße als 20 pl nicht ausgeworfen wird. Die Tatsache, dass sich in der Schweiz eine sog. „Beta-Test“-Maschine befindet, die tatsächlich auch mit einer geringeren Tröpfchengröße als 20 pl funktioniert, zeigt aber, dass einem solchen Betrieb grundsätzlich keine tatsächlichen Hinderungsgründe entgegenstehen.
- b)
Bei der beworbenen angegriffenen Ausführungsform handelt es sich auch um ein wesentliches Mittel der Erfindung. - Ein Mittel bezieht sich auf ein Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem solchen bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken (BGH, GRUR 2004, 758 (761) – Flügelradzähler). Da der Patentanspruch maßgeblich für den Umfang der geschützten Lehre ist, sind regelmäßig alle im Patentanspruch benannten Merkmale wesentliche Elemente der Erfindung (a. a. O.), soweit sie nicht ausnahmsweise zum erfindungsgemäßen Leistungsergebnis nichts beitragen (BGH, GRUR 2007, 769 – Pipettensystem). Im Zusammenhang mit einem Verfahrensanspruch bedeutet dies, dass eine im Patentanspruch genannte Vorrichtung, die zur Ausführung des Verfahrens verwendet wird, sich regelmäßig auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht (BGB, GRUR 2007, 773 – Rohrschweißverfahren). Aber auch ein im Anspruch nicht genanntes Mittel ist wesentlich, wenn es geeignet ist, mit einem wesentlichen, nämlich im Patentanspruch erwähnten Erfindungselement so funktional zusammenzuwirken, dass es zu einer Verwirklichung des Erfindungsgedankens kommt (BGH, 2004, 758 (760 f.) – Flügelradzähler).
- Nach dieser Maßgabe stellt die angegriffene Druckmaschine ein wesentliches Element im Sinne des § 10 PatG dar. Denn mit dieser wird ein digitales Tintenstrahldrucken, wie Merkmal 3.3 es vorsieht, umgesetzt.
- c)
Ausgehend von der angegriffenen Werbung wird der Abnehmer auch zur Verwendung der angegriffenen Ausführungsform (im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland) entsprechend dem klagepatentgemäßen Verfahren bestimmt. - Die Bestimmung des Mittels zur unmittelbaren Patentverletzung kann nicht nach objektiven Maßstäben bemessen werden, sondern hängt von der subjektiven Willensrichtung des Angebotsempfängers oder Belieferten ab: Plant dieser den Einsatz des Mittels für die Benutzung der Erfindung, dann liegt die Bestimmung vor; plant der Angebotsempfänger dies nicht, fehlt es an der Bestimmung des Mittels zur unmittelbaren Patentverletzung (BGH, GRUR 2005, 848 (851) – Antriebsscheibenaufzug). Der erkennbare Handlungswille des Angebotsempfängers oder Belieferten ist entscheidend dafür, ob der angebotene oder gelieferte Gegenstand bestimmt ist, zur Benutzung der Erfindung verwendet zu werden (a.a.O.). Erkennt der Angebotsempfänger oder Belieferte aus den Umständen, unter denen er das Angebot oder die Lieferung des Mittels erhält, die Eignung des Mittels, patentverletzend verwendet zu werden, und bildet er den Willen, das Mittel auf diese Weise zu benutzen, ist das Tatbestandsmerkmal des Bestimmtseins des Mittels, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, erfüllt (a.a.O.). Der Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung ist jedoch nicht erst dann erfüllt, wenn der Abnehmer die Bestimmung zur patentverletzenden Verwendung des Mittels tatsächlich bereits getroffen hat (BGH, GRUR 2006, 839, Rn. 22 – Deckenheizung). Insbesondere bei einem vom Gesetz einbezogenen unaufgeforderten ersten Angebot wird eine Bestimmung der Mittel für eine patentgemäße Benutzung durch den Abnehmer im Sinne einer bereits getroffenen Entscheidung regelmäßig fehlen (BGH, ebd., Rn. 23). Der Tatbestand ist bereits dann als verwirklicht anzusehen, wenn aus der Sicht des Dritten bei objektiver Betrachtung nach den Umständen die hinreichend sichere Erwartung besteht, dass der Abnehmer die angebotenen oder gelieferten Mittel zur patentverletzenden Verwendung bestimmen wird (BGH, ebd., Rn. 22).
- Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
- aa)
Die werbende Darstellung nennt unter anderem Tröpfchengrößen von „12 pl“ und „24 pl“. Der Adressat der Werbematerialien wird auf diese Weise über eine das Klagepatent verletzende Benutzungsmöglichkeit informiert. Es steht zu erwarten, dass der Abnehmer sämtliche der in dem Werbemittel angegebenen Tröpfchengrößen auszuschöpfen gedenkt. Denn die patentfreie und die patentverletzende Verwendungsmöglichkeit schließen sich nicht etwa im Sinne einer Alternativität aus (so bei BGH, GRUR 2005, 848 (853] – Antriebsscheibenaufzug), sondern patentfreie und -verletzende Verwendungsmöglichkeiten bestimmen gemeinsam das „Leistungsspektrum“ der beworbenen Maschine. Dies rechtfertigt die Annahme, dass der Abnehmer die gesamte ihm mitgeteilte Spannbreite an Tröpfchengrößen zu verwenden beabsichtigt, weil dies die Druckqualität erhöht und das Drucken feiner Strukturen ermöglicht. - bb)
Der Streit der Parteien darüber, dass der Abnehmer von dem Einstellen einer kleinen Tröpfchengröße kleiner 20 pl Abstand nehme, weil sich damit keine akzeptablen Druckergebnisse erzielen lassen würden und es zu einer Störung des Druckbildes komme sowie darüber, dass das komplexe Zusammenspiel zwischen den Eigenschaften einer Tinte einerseits und den Einstellungen einer Druckmaschine andererseits für den Abnehmer nicht beherrschbar sei, steht der Annahme der subjektiven Verwendungsbestimmung nicht entgegen. Zunächst geht der Abnehmer, dem mitgeteilt wird, dass eine Druckmaschine eine Tröpfchengröße von 12 pl ausstoßen kann, nicht davon aus, dass dadurch ein völlig unbrauchbares Druckbild entsteht. So hat es auch die Beklagte nicht vorgetragen, die lediglich anbringt, dass es in Bereichen am Anfang und am Ende des Werkstücks zu einem verschlechterten Druckbild kommen könne. Schließlich braucht es auch bei dem Adressaten der Werbung noch keiner konkreten Vorstellung darüber, wie er einen Druck mit den ihm beschriebenen Tröpfchengrößen konkret umsetzt. Der Vortrag der Beklagten, dass es sich bei den insoweit erforderlichen Einstellungen der Steuerparameter um eine komplexe Angelegenheit handele, lässt jedenfalls nicht den Rückschluss zu, dass der potenzielle Abnehmer von einer Verwendung der ihm mitgeteilten Tröpfchengröße von vornherein Abstand nimmt, weil er sich – auch mit sachverständigem Rat – nicht dazu in der Lage sieht, entsprechende Einstellungen vorzunehmen. - d)
Aus den vorherigen Ausführungen (unter lit. c)) folgt zugleich, dass die Verwendungsbestimmung des Abnehmers für die Beklagte nach der hier in Rede stehenden werbenden Darstellung auch offensichtlich ist. - 2.
Es ist hingegen nicht feststellbar, dass die Beklagte eine angegriffene Ausführungsform, mittels derer das klagepatentgemäße Verfahren zur Anwendung gelangt, in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geliefert hat. - Die Darlegung der Verletzung des Klagepatents durch eine bestimmte, von dem Beklagten benutzte Ausgestaltung obliegt im Patentverletzungsprozess nach den allgemeinen Grundsätzen dem Kläger, der Rechte aus der Verletzung seines Schutzrechts herzuleiten gedenkt. In diesem Zusammenhang genügt zunächst – ohne Gegenvortrag des vermeintlichen Verletzers – die konkrete Behauptung, die angegriffene Ausführungsform mache von jedem Merkmal des Patentanspruchs Gebrauch (OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.01.2017, Az.: I-2 U 41/12, GRUR-RS 2017, 102029, Rn.104). Bestreitet der Beklagte daraufhin die Verwirklichung einzelner Merkmale – wofür zunächst – spiegelbildlich zu dem klägerischen Vortrag pauschaler Vortrag genügt – ist der Kläger gehalten, seinen Verletzungsvorwurf weiter auszuführen (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Tut er dies, erhöhen sich auch für den Beklagten die Anforderungen an sein Bestreiten. Das bedeutet aber nicht, dass der Beklagte dann, wenn es an substantiiertem Klägervortrag fehlt, das Gericht und den Kläger über den wirklichen Verletzungstatbestand unterrichten muss (OLG Düsseldorf, a.a.O.).
- Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier bei Würdigung des gesamten unstreitigen Sachvortrags der Parteien, den vorgelegten Unterlagen und dem jeweiligen streitigen Sachvortrag unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlung analog § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO Folgendes:
- a)
Die Tatsache, dass die Beklagte in Unterlagen, die ihrem Verantwortungsbereich unterfallen, auf Eigenschaften der angegriffenen Ausführungsform hingewiesen hat, wonach diese Tröpfchen von „12pl-24pl-36pl“ ausstößt, begründet grundsätzlich ein Indiz dafür, dass mittels der angegriffenen Ausführungsform ein Verfahren gemäß der Lehre des Klagepatents umsetzbar ist, diese mithin zur Benutzung der geschützten Lehre objektiv geeignet ist. Dieses Indiz ist jedoch vorliegend unter Berücksichtigung des Beklagtenvorbringens für die Feststellung einer das Klagepatent verletzenden Lieferungshandlung nicht ausreichend. - aa)
Auf den Inhalt des als Anlage TW B6 vorgelegten Katalog der Beklagten ist bereits im Zusammenhang mit der Benutzungshandlung in Form des „Anbietens“ Bezug genommen worden (dazu ausführlich unter Ziffer 1.). Vergleichbare Angaben, die ebenfalls unstreitig aus der Sphäre der Beklagten stammen, ergeben sich aus Präsentationsunterlagen eines auf dem Symposium der DIPA („Digital Printing Accosciation“) am 25.07.2019 gehaltenen Vortrags des Herrn I, einem Mitarbeiter der Beklagten. Dort (Anlage TW B15, S. 13) heißt es unter der Rubrik „Technische Daten“ zu dem Punkt Druckkopftechnologie: - „Drop on Demand with 3 drop sizes, 12/24/36 pl“.
- Schließlich wird die angegriffene Ausführungsform auch im Rahmen des Ausstellerauftritts der Beklagten zur Messe F aus dem Jahre 2019, im Hinblick auf ihre Tröpfchengröße mit „J“ beschrieben (vgl. Auszug der Website zur Messe F, Anlage TW B16, S. 3, Tabelle zu dem Punkt „drop size“).
- bb)
Die Beklagte, die sich darauf beruft, die teils veralteten Angaben, seien von dem Hersteller des Druckkopfs Seiko übernommen worden, stellt nicht in Abrede, dass der bei der angegriffenen Ausführungsform verwendete Druckkopf („E“) grundsätzlich geeignet ist, mit einer Tröpfchengröße von 0, 12, 24 oder 36 pl betrieben zu werden. Sie räumt dies vielmehr unter Bezugnahme auf eine Auskunft des Druckkopfhersteller Seiko vom 18.09.2020 (Anlage B7a; deutsche Übersetzung: Anlage B7b) ein. Jedoch sei es – was die Klägerin im Grundsatz auch nicht bestreitet – so, dass die reale Tröpfchengröße stets von Betriebsbedingungen (bspw. Temperatur, Art der Tinte, Steuersignal, Wellenform der Stromimpulse, Spannung (Amplitude), Länge und Abstand der Stromimpulse usw.) beeinflusst werde, weshalb es einer Anpassung dieser Betriebsbedingungen bedürfe, um die angegebene Tröpfchengröße hervorzubringen. Die angegriffene Ausführungsform sei jedoch im Hinblick auf solche Parameter (insbesondere Wellenform der Stromimpulse, Ausgangsspannung oder Temperatur), derart voreingestellt, dass eine Tröpfchengröße kleiner 20 pl nicht ausgegeben werde. Diese voreingestellten Parameter seien auch durch die Benutzer nicht veränderbar. Zur Substantiierung ihres Vorbringens bezieht sich die Beklagte auf das Gutachten der H GmbH (Anlagenkonvolut B2a; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut B2b), in dem Messungen anhand eines an die Firma „K“ („K“) gelieferten Modells der angegriffenen Ausführungsform vorgenommen worden sind, die aufzeigen sollen, dass mit den hinterlegten (und zuvor festgelegten) Parametern eine Tröpfchengröße kleiner als 20 pl, insbesondere eine solche von 12 pl, nicht erzeugt werden kann. Die Messungen des Labors haben vielmehr – in Abhängigkeit von dem Tintenhersteller und der Tintenfarbe – kleinste Tröpfchengrößen zwischen 23,6 ± 0,3 (Tinte „TOYO“ in schwarzer Farbe) und 25,3 ± 0,3 (Tinte „TOYO“ in der Farbe „türkis“). - cc)
Auf der Grundlage des so dargestellten Beklagtenvorbringens besteht die Möglichkeit, dass die in Bezug genommenen Äußerungen in den Unterlagen der Beklagten unrichtig sind. Dies steht der Annahme einer klagepatentverletzenden Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform allein auf der Grundlage der Werbematerialien auch dann entgegen, wenn sich – was hier nicht zur Überprüfung steht – das Verhalten der Beklagten als wettbewerbsrechtlich bedenklich darstellen mag. Dies gilt umso mehr, als sich auch die Klägerin – mit Ausnahme einer in der Schweiz befindlichen Vorrichtung (dazu nachfolgend unter lit. b)) – auf keine von ihr (im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland) untersuchte angegriffene Ausführungsform bezieht und aufzeigt, dass diese einen Druckvorgang, wie beworben, umsetzt. - Es ist auch deshalb der Beklagten in diesem Zusammenhang unter Verweis auf § 138 Abs. 2 ZPO nicht vorzuwerfen, dass sie sich über von der Klägerin erklärte Tatsachen unzureichend erklärt hat, indem sie sich zur Substantiierung ihres Vorbringens ausschließlich auf das Modell „K“ der angegriffenen Ausführungsform stützt, das Gegenstand der Messungen in dem H-Gutachten war.
- Die Substantiierungslast des Bestreitenden hängt davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner vorgetragen hat: Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2021, 21416, Rn. 63). Dabei obliegt es zunächst der darlegungsbelasteten Partei, ihr Vorbringen zu konkretisieren und zu detaillieren (a.a.O.). Je detaillierter ihr Vorbringen ist, desto höher sind die Substantiierungsanforderungen gem. § 138 Abs. 2 (a.a.O).
- Hiervon ausgehend musste die Beklagte sich zunächst, soweit die Klägerin sich allein auf den Aussagegehalt der Werbematerialien gestützt und Vortrag zu eigenen Untersuchungen der angegriffenen Ausführungsform im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch die Klägerin unterblieben ist, nicht weitergehend erklären. Aus demselben Grund musste auch die Beklagte zu den Messungen des H-Gutachtens und etwaigen auf diesen aufbauenden Berechnungen nicht weiter ausführen. Auch ist nicht ausreichend, dass die Klägerin als primär darlegungsbelastete Partei die Untersuchungen des H-Gutachtens als fehlerhaft rügt.
- b)
Die Klägerin hat ihren Vortrag zur rechtswidrigen Lieferungshandlung zuletzt im Wesentlichen auf eine in der Schweiz (patentfreies Ausland) bei einem Kunden der Beklagten („L“) befindliche Maschine des Typs „X“ gestützt. Aber auch insoweit ist eine Verletzungshandlung unter Berücksichtigung des Beklagtenvorbringens nicht ausreichend dargetan. - aa)
Im Hinblick auf diese in der Schweiz befindliche Maschine ist unstreitig, dass die Tröpfchengröße bestimmende in der Steuerungssoftware hinterlegte Parameter (insbesondere Temperatur und Spannung) veränderbar sind, und ein Druck mit einer Tröpfchengröße kleiner 20 pl möglich ist. - Die so beschriebenen Eigenschaften der hier in Rede stehenden Maschine sind gleichwohl ungeeignet, klagepatentverletzende Lieferungshandlungen der angegriffenen Ausführungsform im Gebiet der Bundesrepublik aufzuzeigen.
- Bei der in Rede stehenden Maschine handelt es sich um eine solche, die Tests einer sog. Beta-Software mit der Print Flat Technologie der Firma M dient. Dies hat auch die Klägerin mit dem ihr in der mündlichen Verhandlung nachgelassenen Schriftsatz vom 05.10.2021 im Grundsatz nicht in Abrede gestellt. Die Klägerin beruft sich vielmehr darauf, dass die soeben genannte Software ihrerseits nicht in der Lage sei, Eingriffe in die Hardwareparameter der angegriffenen Ausführungsform (z.B. Temperatur, Spannung der Druckköpfe, Einstellung der Tröpfchengröße) zu bewirken, und dass die Veränderbarkeit der Parameter der angegriffenen Ausführungsform bereits vor dem Aufspielen der Beta-Software inne gewohnt habe.
- Für die hier in Streit stehende Tatsachenfrage ist jedoch unerheblich, ob die Veränderbarkeit der Parameter allein durch die Software, deren Test mit der Beta-Maschine beabsichtigt wird, herbeigeführt wird, oder ob die Steuerungssoftware der Maschine selbst eine Einstellbarkeit der Parameter zulässt. Das Vorbringen der Beklagten, dass es sich um eine zu Testzwecken eingerichtet Maschine handelt, schließt den Umstand mit ein, dass die Maschine nicht nur mit der zu Testzwecken aufgespielten Software versehen ist, sondern dass auch Eigenschaften der Maschine selbst abweichend zu den serienmäßig hergestellten angegriffenen Ausführungsformen ausgestaltet sind, um die angestrebten Tests im Hinblick auf die Software vornehmen zu können. Ein solches Verständnis lässt auch der Beklagtenvortrag in dem Schriftsatz vom 14.09.2021 zu. Denn darin heißt es, bei der in der Schweiz untersuchten Maschine handele es sich um eine von dem Serienmodell X abweichende, spezielle, weltweit einzigartige Maschine, die nur für Betatests vorgesehen sei. Die Maschine sei unter anderem mit einer speziellen Kamera und spezieller Beta-Software ausgestattet, die Maschine habe abweichende Eigenschaften und Einstellungsmöglichkeiten.
- bb)
Es sind auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die in der Schweiz untersuchte Maschine eine Veränderbarkeit der in der Steuerungssoftware hinterlegten Parameter völlig losgelöst von den Testzwecken vorsah, so dass die Schlussfolgerung angezeigt wäre, dass es sich bei der Maschine mit den hier in Rede stehenden Eigenschaften um eine in Serie hergestellte Vorrichtung handelt. Insbesondere ergeben sich solche Anhaltspunkte nicht aus der bloßen Tatsache, dass die Auslieferung der Maschine selbst bereits im Jahre 2017 erfolgte, wohingegen die „Beta-Software“ erst zu einem späteren Zeitpunkt (Marktverfügbarkeit erstmals im Jahre 2018) installiert worden ist. Die entsprechende Einrichtung der Maschine mit der Veränderbarkeit der Steuerungsparameter kann gleichwohl im Hinblick auf die angestrebten Tests erfolgt sein. Auch handelt es sich bei der als Anlage TW B22 vorgelegten Bedienungsanleitung um eine solche, die konkret die in der Schweiz befindliche Maschine betrifft (vgl. die auf dem Deckblatt der als Anlage TW B22 vorgelegten Bedienungsanleitung mit der Ziffernkombination „20325“ angegebene Seriennummer („Serial No.“), so dass auch insoweit aus deren Inhalt keine Rückschlüsse auf die Beschaffenheit anderer Druckmaschinen gezogen werden können. - Selbst dann, wenn die Einstellungsmöglichkeit der Parameter der Steuerungssoftware nicht im Hinblick auf die Tests der Beta-Software vorgesehen war, ergeben sich auf dieser Grundlage keine Rückschlüsse dafür, dass Druckmaschinen mit den entsprechenden Eigenschaften auch im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vertrieben werden bzw. vertrieben worden sind.
- c)
Die Klägerin hat weiter noch auf eine Lieferung einer Druckmaschine durch die Beklagten innerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland an die Firma G abgestellt. Die Kammer entnimmt auch diesem Vortrag keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Lieferung einer angegriffenen Ausführungsform, die objektiv geeignet ist, einen Druckvorgang im Sinne der Lehre des Klagepatents umzusetzen. - Die Klägerin hat auf den Vortrag der Beklagten, dass die gelieferte Maschine speziell und ausschließlich für das Bedrucken von Papier und Wellpappe ausgelegt sei, und diese deshalb neben den hier ohnehin in Streit stehenden Merkmalen (Merkmal 3.3.3 und Merkmal 3.3.4) auch weitere Verfahrensschritte nicht zur Anwendung bringe, insbesondere das Auftragen einer flüssigen Grundschicht auf ein aus Holz oder Holbestandteilen bestehendes Werkstück (Merkmal 3.1) als Farbempfangsschicht in Form eines UV-aushärtendem Acrylatlacks (Merkmal 3.4.1) sowie der nachfolgenden Trocknung durch eine UV-Strahlenaushärtung (Merkmal 3.4.2), nichts vorgebracht, was eine Merkmalsverwirklichung nahelegt. Vielmehr hat die Klägerin auf das soeben in Bezug genommene Beklagtenvorbringen ihre Untersuchungsergebnisse im Hinblick auf die Beta-Testmaschine in der Schweiz vorgebracht und sich zum Führen des Verletzungsnachweises auf diese konzentriert.
- d)
Die Kammer vermag von einer Verletzungshandlung in Form des Lieferns auch auf der Grundlage der von der Klägerin vorgenommenen Plausibilitätsprüfung, ob Angaben der Beklagten zum Tintenverbrauch zu den von ihr behaupteten Tröpfchengrößen „passen“ (Berechnungen vorgelegt als Anlage TW B13), nicht auszugehen. - Die Klägerin legt ihren Überlegungen die Abbildung einer Systemeinstellung aus dem Werbeprospekt nach Anlage TW B6 (dort S. 6; Abbildung nachfolgend wiedergegeben) zugrunde:
- .
- Der obere Teil der in Bezug genommenen Skizze enthält Angaben zur Größe des zu bedruckenden Bereiches („Size“ in Pixel und Millimeter) sowie die für unterschiedliche Farben („Y“, „M“, „C“, „K“) zum Bedrucken dieses Bereichs kalkulierte Druckfarbenmenge (in ml/m2). Das Balkendiagramm im unteren Teil der Skizze (von der Klägerin „rot“ umkreist) gibt eine prozentuale Verteilung von Druckfarben auf vier Graustufen wieder.
- Ausgehend von dieser Skizze nimmt die Klägerin einen Ausgangswert für die Menge an Pixeln/m2 (200.880.402) an, den sie aus der Angabe zur Druckbildgröße in dem oberen Teil der Skizze sowie daraus herleitet, dass die Maschine mit 360 dpi druckt. Im Anschluss daran ermittelt sie den Anteil, den jede Graustufe (Tröpfchengröße) für eine bestimmte Druckfarbe an der Gesamtmenge der Pixel/m2 einnimmt, indem sie die sich ihrer Meinung nach aus dem unteren Balkendiagramm ergebende Verteilung einer Druckfarbe auf die vier Graustufen zugrunde legt. Hiervon ausgehend berechnet sie die Menge an Druckfarbe, der es pro m2 bedarf, indem sie die errechnete Pixelmenge/m2 einmal mit der von der Beklagten angegebenen Tröpfchengröße (0-25-37-43) multipliziert und ein anderes Mal – zum Vergleich – mit den aus dem Werbeprospekt hervorgehenden Angaben der Tröpfchengröße („0-14-28-42“). Hierbei zeige sich, dass der in dem oberen Teil der hier in Rede stehenden Skizze angegebene Verbrauch für eine Druckfarbe (in ml/m2) sich mit den von der Beklagten angegebenen Tröpfchengrößen nicht plausibel darstellen lasse, während der für eine Tintenfarbe genannte Verbrauchswert mit dem errechneten Wert sehr gut übereinstimme, wenn man die Angaben aus dem Werbeprospekt zugrunde lege.
- Diesem Ergebnis lässt sich jedoch ein verlässlicher Aussagegehalt für die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die angegriffene Ausführungsform tatsächlich mit der in dem Werbemittel angegebenen Tröpfchengröße druckt, schon im Ausgangspunkt nicht beimessen, da die Beklagte vorbringt, die prozentuale Verteilung der Druckfarbe in dem unteren Balkendiagramm beziehe sich nicht auf das konkrete Druckbild, das durch die Angaben in dem oberen Teil der Skizze beschrieben werde. Die Beklagte führt insoweit aus, das obere Fenster zeige den für den gesamten Druckauftrag prognostizierten Tintenverbrauch, während das Balkendiagramm ein Histogramm sei, das das Farbprofil in einem zuvor vom Benutzer ausgewählten Teilbereich des Gesamtdrucks zeige. Eine solche Anzeige diene der Detailanalyse einzelner Bereiche des Druckbilds, etwa um Problemzonen im Druckbild zu analysieren.
- Ausgehend von diesem Vortrag lassen sich die Gesamtpixelanzahl pro m2 (200.880.442), die die Klägerin aus den Angaben für das konkrete Druckmittel errechnet hat, und die Druckfarbenverteilung, wie sie das Balkendiagramm im unteren Teil der Skizze zeigt, nicht in das von der Klägerin angenommene Verhältnis zueinander setzen.
- Das Vorbringen der Beklagten stellt sich auch nicht als prozessrechtlich unerheblich dar. Auch wenn es sich um eine Skizze aus der Sphäre der Beklagten handelt, ist es an der Klägerin, wenn sie sich den Aussagegehalt dieser Skizze zunutze machen möchte, auf Gegenvortrag der Beklagten darzutun, dass diese die vorgenommenen Rückschlüsse zulässt. Ausgehend von dem Beklagtenvorbringen kann die skizzenhafte Darstellung jedenfalls nicht zwingend im Sinne der klägerischen Interpretation verstanden werden. Denn nach dem Beklagtenvortrag besteht jedenfalls die Möglichkeit, dass sich das Balkendiagramm lediglich auf einen von dem Benutzer ausgewählten Teilbereich bezieht. Dies berücksichtigend ist es an der Klägerin aufzuzeigen, dass das Histogramm nicht lediglich auf einem Teilausschnitt nach Benutzerauswahl beruht. Die Kammer räumt ein, dass dies für die Klägerin schwierig sein mag, diese Schwierigkeit ist jedoch Ausdruck der primären Darlegungslast, die die Klägerin hier trifft.
- e)
Soweit die Klägerin weiter noch Messungen zum Tintengewicht bei einem von der Beta-Testmaschine durchgeführten Druckvorgang vorlegt (vgl. Anlage TW B20), ergeben sich aus diesen aus den bereits (unter lit. b)) ausgeführten Gründen schon keine geeigneten Anhaltspunkte für einen Verletzungsvorwurf. - Sofern die Klägerin schließlich Herrn N als Zeuge zum Beweis der Tatsache, dafür angeboten hat, „dass die angegriffene Ausführungsform in der Lage ist, Tröpfchen ˂ 20 pl sowie um mindestens den Faktor zwei größere Tröpfchen zu drucken“ (vgl. Replikschriftsatz vom 23.03.2021, S. 13, Bl. 176 GA), entnimmt die Kammer dem Beweisantritt keine über den hier bereits gewürdigten Klägervortrag hinausgehende Tatsachen. Vor diesem Hintergrund war die auf eine Ausforschung gerichtete Beweisaufnahme zu unterlassen.
-
V.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu. - 1.
Die Klägerin kann von der Beklagten sowohl ein auf die Benutzungshandlung des „Anbietens“ als auch auf die Benutzungshandlung des „Lieferns“ gerichtetes Unterlassen verlangen, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG. - a)
In Bezug auf das Angebot der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich die Gefahr weiterer Rechtsverletzungen daraus, dass die Beklagte diese Benutzungsart im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit schon vorgenommen hat, weshalb zu vermuten ist, dass sie dieses Verhalten auch in Zukunft wiederholen wird (OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.04.2017, Az.: I-2 U 51/16, Rn. 102, zitiert nach BeckRS 2017, 109833) - b)
Hinsichtlich der Benutzungshandlung des „Lieferns“ besteht eine Erstbegehungsgefahr, die ebenfalls aus der festgestellten Angebotshandlung folgt. - Grundsätzlich schafft jede Angebotshandlung eine Begehungsgefahr auch für das Inverkehrbringen der angegriffenen Ausführungsform. Grund hierfür ist, dass der Geschäftsbetrieb des jeweiligen Unternehmens auch auf diese Benutzungsarten ausgerichtet ist bzw. diese Benutzungsarten vom üblichen Geschäftsbetrieb eines solchen Unternehmens umfasst sind, so dass regelmäßig auch mit diesen zu rechnen ist. Darüber hinaus ist ohne anderweitige Anhaltspunkte nach der Lebenserfahrung regelmäßig die Annahme gerechtfertigt, dass es auch bereits zu anderweitigen Benutzungshandlungen (z.B. Inverkehrbringen) gekommen ist. Welche konkrete Benutzungsart vom Patentinhaber im Einzelfall aufgedeckt wird, hängt häufig vom Zufall ab. In einem solchen Fall bestehen daher regelmäßig keine Bedenken, die Verurteilung auf Unterlassung auf alle in § 9 (hier: § 10) PatG genannten Benutzungsarten (bei reinen Handelsunternehmen mit Ausnahme der Benutzungsvariante des Herstellens) zu beziehen, auch wenn eine Verletzungshandlung nur für eine dieser Benutzungsarten nachgewiesen wird (vgl. auch BGH, GRUR 1960, 423 (424) – Kreuzbodenventilsäcke).
- Diese Grundsätze rechtfertigen auch vorliegend eine Verurteilung zur Unterlassung wegen der Benutzungshandlung des Inverkehrbringens unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr.
- Zwar ist für die Vergangenheit eine Lieferungshandlung der angegriffenen Ausführungsform im Gebiet der Bundesrepublik durch die Beklagte nicht feststellbar, gleichwohl stehen zukünftig Verletzungshandlungen in Form der Lieferung aus den nachfolgend genannten Gründen zu befürchten.
- Der für die angegriffene Ausführungsform verwendete Druckkopf „E“ ist grundsätzlich geeignet, eine Tröpfchengröße auszustoßen, die kleiner als 20 pl ist (Merkmal 3.3.3) und die sich im Verhältnis zu einer anderen ausgestoßenen Tröpfchengröße derart verhält, dass sich die beiden Tröpfchengrößen mindestens um den Faktor zwei unterscheiden (Merkmal 3.3.4). Der Annahme, dass durch die angegriffene Ausführungsform tatsächlich ein Verfahren zur Anwendung gelangt, dass die Lehre des Klagepatents umsetzt, steht vorliegend „lediglich“ entgegen, dass die Beklagte vorbringt, die angegriffene Ausführungsform werksartig derart eingestellt zu haben, dass die Parameter, die die Tröpfchengröße bedingen, durch den Benutzer unveränderbar seien und dass Tröpfchengrößen kleiner 20 pl nicht erzeugt würden. Wie aber die in der Schweiz befindliche „Beta-Testmaschine“ zeigt, kann eine Veränderbarkeit dieser Parameter grundsätzlich installiert werden.
- Auf dieser Grundlage erkennt die Kammer auf Seiten der Beklagten auch kein entgegengesetztes Verhalten, das der Annahme einer Erstbegehungsgefahr entgegenstehen könnte (hierzu grundsätzlich: Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, Kommentar, 39. Auflage, 2021, § 8, Rn. 1.31). Das gilt umso mehr, als auch die Beklagte nicht erklärt hat, dass an einem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in klagepatentverletzender Art und Weise für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland jegliches Interesse fehlt. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte vorgetragen hat, bei dem als Anlage TWB6 vorgelegten Katalog handele es sich um einen Werbeauftritt aus dem Jahre 2015, auch noch in folgenden Jahren ihr zurechenbare Unterlagen verwendet hat, in denen sie die bei der angegriffenen Ausführungsform verwendeten Tröpfchengrößen mit „J“ angegeben hat (vgl. zu diesen zuvor ausführlich unter Ziffer IV., 2. a)).
- c)
Der Beklagten kann auch ein Unterlassen des Anbietens und Lieferns der angegriffenen Ausführungsform schlechthin untersagt werden. - Im Hinblick auf die Benutzungshandlung des Anbietens gilt dies bereits deshalb, weil Streitgegenstand des hiesigen Verletzungsverfahrens eine Werbehandlung ist, in der die angegriffene Ausführungsform patentverletzend beworben wird. Eine allein patentfreie Verwendungsmöglichkeit der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich hingegen – da die anspruchsgemäß vorgegebene Tröpfchengröße sowie das Verhältnis der Tröpfchengrößen zueinander Erwähnung finden – nicht.
- Auch war die Beklagte im Hinblick auf etwaige Lieferungshandlungen schlechthin zur Unterlassung zu verurteilen, weil es die Beklagte – wie sie selbst vorträgt – selbst in der Hand hat, durch eine softwaretechnische, benutzerseitig irreversible Abänderung der Steuerung dafür zu sorgen, dass die Maschine nur in nicht-patentverletzender Weise betrieben werden kann.
- 2.
Der Klägerin steht im Hinblick auf die Benutzungshandlung des Anbietens ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zu, Art. 64 Abs. 1 i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG. - Die Beklagte beging die Patentverletzung schuldhaft. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 Abs. 2 BGB.
- Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist.
- Für die Feststellung der Schadenersatzpflicht genügt es, wenn neben der mittelbaren Patentverletzung dargetan wird, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstanden ist (BGH, GRUR 2006, 839, Rn. 29 – Deckenheizung; ders., GRUR 2013, 713, Rn. 21 – Fräsverfahren). Die erforderliche Wahrscheinlichkeit, dass der Berechtigte aufgrund einer mittelbaren Patentverletzung einen Schaden erlitten hat, ist freilich in der Regel zu bejahen, wenn zumindest eine rechtswidrig und schuldhaft begangene mittelbare Patentverletzung stattgefunden hat (BGH, GRUR 2013, 713, Rn. 21 – Fräsverfahren). Dies gilt auch dann, wenn die mittelbare Patentverletzung – wie hier – nicht durch Liefern, sondern (nur) durch Anbieten eines der in § 10 Abs. 1 PatG genannten Mittel begangen wurde (BGH, ebd., Rn. 22 ff.).
- Eine andere Würdigung ist vorliegend auch nicht deshalb angezeigt, weil hier nicht festgestellt werden konnte, dass die angegriffene Ausführungsform die beworbenen Eigenschaften tatsächlich aufweist. Dieser Umstand beseitigt die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nicht. Dies muss schon deshalb gelten, weil eine andere Sichtweise einer Betrachtung entgegensteht, wonach die Benutzungsform des Anbietens eine eigenständige Benutzungshandlung darstellt.
- Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
- 3.
Die Beklagte ist gem. Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140b Abs. 1, 3 PatG vollumfänglich zur Auskunftserteilung verpflichtet, weitergehende Angaben im Wege der Rechnungslegung sind der Klägerin hingegen lediglich beschränkt auf die Benutzungshandlung des Anbietens zuzugestehen, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 242, 259 BGB. - Die Vorschrift des § 140b Abs. 1 PatG setzt ihrem Wortlaut nach lediglich das Vorliegen einer rechtswidrigen Benutzungshandlung („Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt […]“) voraus. Eine solche liegt hier mit der festgestellten Angebotshandlung vor. Tatsachen, die die Auskunftserteilung unverhältnismäßig im Sinne von § 140b Abs. 4 PatG erscheinen lassen, sind weder vorgetragen noch erkennbar.
- Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung sind jedoch auf die Benutzungshandlung des Anbietens beschränkt, da im Hinblick auf die Benutzungshandlung des Lieferns eine Rechtsverletzung nicht festgestellt werden kann.
-
VI.
Eine Aussetzung der Verhandlung gem. § 148 Abs. 1 ZPO ist nicht geboten. - Nach § 148 ZPO kann das Gericht bei der Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens einen Rechtsstreit aussetzen. Die Vorgreiflichkeit ist aufgrund der Verletzung des Klagepatents hinsichtlich des anhängigen Nichtigkeitsverfahrens gegeben. Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage stellt jedoch ohne weiteres noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen. Die Patenterteilung ist auch für die (Verletzungs-) Gerichte bindend. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage bzw. den Einspruch vor dem jeweiligen Patentamt zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent nicht als Einwand im Verletzungsverfahren geführt werden. Jedoch darf dies nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits im Rahmen der nach § 148 ZPO zu treffenden Ermessenentscheidung ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage oder dem erhobenen Einspruch nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2015 – Az. 2 U 64/14, S. 29 f.).
- Das ist vorliegend nicht der Fall.
- Die Kammer vermag eine Vernichtung des Klagepatents mit der für eine Aussetzung nach obiger Maßgabe erforderlichen Wahrscheinlichkeit weder unter dem Aspekt der fehlenden Neuheit noch unter dem Gesichtspunkt fehlender erfinderischer Tätigkeit anzunehmen.
- 1.
Eine Vernichtung des Klagepatents wegen fehlender Neuheit gem. §§ 81 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1, § 3 PatG steht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten. - Eine Entgegenhaltung ist dann neuheitsschädlich, wenn sich die gesamte als Erfindung beanspruchte Lehre des Klagepatents aus dieser Schrift, deren Gesamtinhalt zu ermitteln ist, für den Fachmann am Prioritätstag in einer Weise ergibt, dass ihm die dort vorgestellte technische Lösung unmittelbar und eindeutig sämtliche Merkmale der Erfindung offenbart (BGH, GRUR 2009, Rn. 25 – Olanzapin). Dabei beschränkt sich die technische Lehre bei Patentschriften nicht auf den Inhalt der Ansprüche, sondern schließt die gesamte technische Information ein, die ein Durchschnittsfachmann Ansprüchen, Beschreibung und Abbildung entnehmen kann (a. a. O.).
- An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend sowohl im Hinblick auf die US 2008/0074XXX A1 (im Folgenden: D1, vorgelegt mit dem Anlagenkonvolut B9a; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut B9b) als auch im Hinblick auf die EP 1 952 XXX A2 (im Folgenden: D7, vorgelegt mit dem Anlagenkonvolut B9a; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut B9b).
- Im Hinblick auf die genannten Entgegenhaltungen vermag die Kammer jeweils eine eindeutige und unmittelbare Offenbarung des Merkmals 3.3.4 nicht zu erkennen.
- a)
Die D1 offenbart jedenfalls das Merkmal 3.3.4 nicht eindeutig und unmittelbar. - Die von der Beklagten insoweit zunächst in Bezug genommenen Abschnitte [0059] und [0088] der D1 offenbaren zwar eine Tröpfchengröße von „0,1 pl bis 100 pl“/ „0,5 pl bis 50 pl“ bzw. von „1 pl bis 100 pl“, die Kammer vermag indes nicht zu erkennen, dass diese bei einem Druckvorgang zur Anwendung gelangen und zudem dann noch um den Faktor 2 auseinanderliegen. Ebenso verhält es sich im Hinblick auf die Abschnitte [0410] und [0419], die eine Tröpfchengröße von „6 pl bis 42 pl“ offenbaren, ohne offenzulegen, ob es sich dabei um eine Spannbreite von Tröpfchengrößen bei einem Druckvorgang handelt. Mit Blick auf Abschnitt [0419] fällt zwar auf, dass dieser von der konkreten Verwendung zweier Tröpfchengrößen, einer von 6 pl und einer weiteren von 24 pl, spricht. Der in Bezug genommene Passus selbst deutet aber darauf hin, dass diese Tröpfchengrößen jeweils bei unterschiedlichen Druckvorgängen zur Anwendung gelangen. Denn dort ist von der Herstellung „einfarbiger Bilder“ (das heißt mehrere Bilder) die Rede. Die Tröpfchengröße von 6 pl steht in einem Zusammenhang mit einem Bild von Punkten mit 150 dpi in Haupt- und Nebenabtastrichtung (Abs. [0419] a. A.), wohingegen die Tröpfchengröße von 24 pl im Zusammenhang mit einem Vollbild mit 600 dpi in Haupt- und 300 dpi in Nebenabtastrichtung steht (Abs. [0419] a. E.).
- Der Offenbarungsgehalt des von der Beklagten ebenfalls angeführten Abschnitts [0420] unterliegt zwar den soeben beschriebenen Bedenken nicht, denn dort wird ein konkreter Druckvorgang in Bezug genommen, bei dem vier Töne von 6 bis 24 pl zur Anwendung gelangen. Das heißt, dass jedenfalls ein Ton mit 6 pl und ein solcher mit 24 pl vorhanden ist, auf die das von Merkmal 3.3.4 vorgegebene Verhältnis eines Unterschieds um den Faktor 2 offensichtlich zutrifft. Indes hat die Klägerin hiergegen vorgebracht, dass dieser Druckvorgang nicht in einem Zusammenhang mit dem Bedrucken eines Werkstücks steht, das im Wesentlichen aus Holz oder Holzbestandteilen besteht, wie Merkmal 3.1 der geschützten Lehre dies vorgibt. Zwar ist anzuerkennen, dass die Entgegenhaltung grundsätzlich unterschiedliche Materialien vor Augen hat (vgl. Abs. [0143]). Insoweit hat die Klägerin jedoch plausibel dargelegt, dass die Abschnitte [0410]ff., die sich mit „Bildaufzeichnung und Bewertung“ befassen, in einem Zusammenhang mit Abschnitt [0292] und Abschnitt [0294] zu lesen sind (vgl. insoweit auch die Bezugnahme in Abschnitt [0411] auf „ABB. 2“), auf die sich die Abschnitte [0292]ff. beziehen). Dort, insbesondere in Abschnitt [0294], ist ausgeführt, dass als Aufzeichnungsmedium für die Bildaufzeichnung (Abs. [0292]: „Inline-Etikettendruck“) ein nicht durchlässiges Medium günstig sei. Als ein solches ist der Druckschrift zwar auch Holz bekannt (vgl. Abs. [0143] in Abgrenzung zu Abs. [0142]), indes findet dieses in der beispielhaften Aufzählung nach Abschnitt [0294] keine Erwähnung. Inwiefern der Fachmann gleichwohl auch Holz deshalb in die Betrachtung mit einbezieht, weil es ein nicht durchlässiges Medium ist, ist für die auf dem Gebiet der Erfindung technisch fachunkundige Kammer nicht erkennbar.
- b)
Auch im Hinblick auf die D7 kann eine eindeutige und unmittelbare Vorwegnahme des Merkmals 3.3.4 nicht angenommen werden. - Die Kammer sieht eine eindeutige und unmittelbare Vorwegnahme des Merkmals insbesondere nicht darin, dass in Abschnitt [0347] der D7 beschrieben wird, dass variable, unterschiedliche Tröpfchengrößen Verwendung finden und in Abschnitt [0088] und Abschnitt [0132] der D7 Tröpfchen mit 12 pl und in Abschnitt [0432] mit 10 pl beschrieben sind. Denn daraus geht schon nicht hervor, wie sich die unterschiedlichen Tröpfchengrößen bei einem Druckvorgang im Verhältnis zueinander verhalten. Die Kammer vermag in diesem Zusammenhang auch nicht festzustellen, dass der Fachmann auf der Grundlage des zitierten Abschnitts das nicht explizit offenbarte Verhältnis der Tröpfchengrößen zueinander auf der Grundlage seines Fachwissens derart mitliest, dass diese sich mindestens um den Faktor zwei unterscheiden, ohne in eine unzulässigerweise rückschauende Betrachtung zu verfallen. Auch die Beklagte führt insoweit keine konkreten Tatsachen an, außer dass dem Fachmann klar sei, dass die Tröpfchen um mehr als den Faktor zwei auseinanderliegen können. Das allein reicht indes für die Annahme eines „Mitlesens“ des Merkmals durch den Fachmann nicht aus.
- c)
Soweit die Beklagte weiter auch die Druckschriften D2 – D6 in Bezug nimmt, trägt sie im Hinblick auf diese einen von der D1 abweichenden Offenbarungsgehalt nicht vor, weshalb die Ausführungen unter lit. a) für diese Entgegenhaltungen entsprechend gelten. - 2.
Das Vorbringen der Beklagten lässt es auch nicht hinreichend wahrscheinlich erscheinen, dass das Klagepatent mangels Erfindungshöhe vernichtet wird, §§ 81 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1, § 4 PatG. - Gem. § 4 Satz 1 PatG gilt eine Erfindung als auf einem erfinderischen Schritt beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Art und Weise aus dem Stand der Technik ergibt.
- Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass sich die geschützte Lehre ausgehend von der D7 aus einer Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen bzw. aus einer Kombination mit der D1 – D6 ergibt.
- a)
Die Kammer kann nicht erkennen, dass der Fachmann ausgehend von der D7 durch Kombination mit seinem allgemeinen Fachwissen in naheliegender Art und Weise zu der geschützten Lehre, insbesondere zu einem Größenunterschied zwischen den kleineren und größeren Tröpfchen um mindestens den Faktor 2 (Merkmal 3.3.4), gelangt. - Die Beklagte stützt sich im Wesentlich darauf, dass der Fachmann wisse, dass er zur Herbeiführung einer möglichst hohen Auflösung möglichst kleine Tröpfchen verwenden müsse und bezieht sich weiter – unter Bezugnahme auf die vorläufige Stellungnahme der Beschwerdekammer vom 19.06.2019 (Anlage B10, dort insbesondere Pkt. 9.2 und Pkt. 9.3) – darauf, dass der Fachmann wisse, dass ein Drucken mittels variabler Tröpfchengröße eine Änderung der Farbintensität bewirke.
- Die Kammer vermag auf dieser Grundlage jedoch nicht davon auszugehen, dass der Fachmann ohne weiteres zu einem Tröpfchenverhältnis, wie von Merkmal 3.3.4 beschrieben, gelangt. Dies ist auch den in Bezug genommenen Ausführungen der Technischen Beschwerdekammer nicht zu entnehmen. Auch das in diesem Zusammenhang von der Beklagten eingeführte „User Manual“ zu dem Druckkopf „XAAR 1001“ (Anlage B9a, dort Anlage D11b; deutsche Übersetzung: Anlage B9b, Anlage D11b) lässt eine solche Annahme nicht zu. Dort (auf Seite 9) ist zwar eine Tröpfchenspannbreite von 6 pl – 42 pl angegeben. Nicht ersichtlich ist indes, wie sich die einzelnen Tröpfchengrößen bei einem Druckvorgang zueinander verhalten. Gleiches gilt im Hinblick auf die Abbildung auf Seite 49 der D11b, im Hinblick auf welche lediglich eine variable Tröpfchengröße mit „7 non-zero levels“ offenbart wird. Hinzukommt, dass das hier in Rede stehende Dokument als „vertraulich“ bezeichnet und deshalb der Veröffentlichungszeitpunkt unklar ist.
- b)
Die Kammer vermag schließlich auch auf der Grundlage einer Kombination der D7 mit der D1 (bzw. D2 – D6) nicht davon ausgehen, dass der Fachmann in naheliegender Art und Weise zur klagepatentgemäßen Lehre gelangt. - Dies gilt bereits deshalb, weil die Kammer nicht erkennen kann, dass die D1 ein Tröpfchenverhältnis entsprechend Merkmal 3.3.4 im Zusammenhang mit einem Werkstück, das im Wesentlichen aus Holz besteht, offenbart. Hiervon ausgehend ist weiter nicht erkennbar, inwiefern der Fachmann Anlass hat, die D7, die als Werkstückmaterial auch Holz offenbart (Abs. [0434]), mit der D1 zu kombinieren und das dort offenbarte Größenverhältnis auf Werkstücke aus Holz überträgt.
-
C.
Weder der nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 05.10.2021 noch der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 11.10.2021 geben Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 156 Abs. 1 ZPO. - Soweit der soeben genannte Schriftsatz der Klägerin neues Tatsachenvorbringen enthält, vermag auch dieses eine Verletzungshandlung in Form des Lieferns nicht hinreichend darzutun. Zu dieser Würdigung ist die Kammer – wie aufgezeigt – auch ohne etwaiges neues Tatsachenvorbringen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 11.10.2021 gelangt. Eine Wiedereröffnung der Verhandlung zur gegenseitigen Stellungnahme der Parteien zu dem in den jeweiligen Schriftsätzen enthaltenen Vortrag ist vor diesem Hintergrund nicht angezeigt.
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D.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt., § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. - Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 Satz 1, 2 ZPO.
-
E.
Der Streitwert wird gem. § 51 Abs. 1 Satz 1 GKG auf EUR 400.000,00 festgesetzt.